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kunsT: pORTRaiT aneTa kajZeR

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ORTung schWabach

ORTung schWabach

im freiflug über die leinWand

die berliNer maleriN aNeta Kajzer Hat ruNd füNf mONate als stiPeNdiatiN im atelier- uNd galerieHaus defet gewOHNt. die laufeNde ausstelluNg im iNstitutsraum PräseNtiert das KraftvOlle ergebNis.

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Die Leinwände sind selten kleinformatig, meistens menschengroßen, immer hochformatig. Und es sind bei Weitem nicht alle: Was die Besucherinnen und Besucher in der Ausstellung „Deep Blue Purple“ präsentiert bekommen – farbenprächtige Ölbilder, deren Motive oft wie Schlieren aus den Rahmen zu wabern scheinen – stellt zwar einen gewichtigen Teil der Werke dar, die Aneta während ihrer Residency in der Künstlerinnenwohnung des Defethauses geschaffen hat, aber nicht annähernd alle. Es habe wenig anderes zu tun gegeben, sagt sie darauf angesprochen, achselzuckend. Anetas Aufenthalt in Nürnberg fiel größtenteils in die Zeit des Lockdowns, der wie ein schwarzes Loch die meisten öffentlichen Ablenkungsmöglichkeiten verschluckte, vom Technoclub bis zum Lieblingslokal und alles dazwischen. Sie war dadurch vermutlich stärker im Austausch mit ihrer Atelierwohnung im obersten Geschoss des Atelierhauses, ein Zufluchtsort mit hohen Decken, einem großen Arbeitswohnzimmer und einer atemberaubenden Dachterrasse mit Blick Richtung Fernsehturm. Durch die Arbeitsmöglichkeit auf der Terrasse habe sie ihre Farben exzessiver verdünnen können, sagt sie lachend, weil die entstehenden Dämpfe leichter verfliegen. Sie werde sich in Berlin erst wieder an das Arbeiten im Innenraum gewöhnen müssen, und an die Einschränkung der Verdünner, auch aus gesundheitlichen Gründen. Die Geschichte fügt sich gut ein in den Eindruck von fließenden, spontanen Farbarealen, die in den Portraits zusammenlaufen. Portraits? Aneta hat geschmunzelt, aber nicht widersprochen, als ich von Portraits sprach, überall in den Bildern scheinen Figuren versteckt zu sein, die einen fixieren, oder sich gegenseitig.

aNeta Kajzer. fOtO: NeveN allgeier

Sie plane diese Kreaturen beim Malen nicht ein, sagt sie, aber wenn sie die auftauchenden Lebewesen entdeckt, hilft sie ihnen auf die Welt. Oft genügt dafür ein kleiner Farbklecks für das Auge; die durchscheinenden Charakterköpfe der Schlangen, Einzeller, Drachen und Katzen sind dabei von verblüffender Lebendigkeit. Alle sechs Monate wird das MARIANNE-DEFET-MALEREI-STIPENDIUM vergeben: Drei Nürnberger Institutionen – die Kunsthalle, der Kunstverein Albrecht-Dürer-Gesellschaft und das Institut für moderne Kunst – wählen im Wechsel eine Stipendiatin oder einen Stipendiaten für den Aufenthalt aus, als Unterstützung der Arbeit vor Ort werden neben der Wohnung auch diverse Malmaterialien gestiftet. Durch die autarke Wohnung mit Küche und Schlafplatz ist die Defet-Residency dann auch von anderer Art als die neu gegründete und aktuell mit Lisa Wölfel ihre erste Teilnehmerin beherbergende curt-Artist-Residency, denn hier teilen sich die Kunstschaffenden die Räume mit den curt-Mitarbeiter*innen – wenn diese im Büro sind. Grundsätzlich geht es Aneta Kajzer beim Malen um die Farbe, ihre Konsistenz und Wirkung im freien Zusammenspiel der Formen; nicht selten sind ihre Bilder mehrmals übermalt, bis sie ein Stadium erreicht haben, in dem die Farbflächen die richtige Wirkung und Größe

www.kunstpalais.de 19. 6. – 14. 11. 21 Erlangen

All<Rage Devan Shimoyama

haben, und in dem die berühmt-berüchtigten Bildbereiche entstehen, nach denen so viele Malerinnen und Maler jagen: Oft zufällig entstandene Areale, in denen eine besondere Textur, ein einzigartiges Motiv oder eine herausragende Form materialisiert; es sind die weißen Wale der Malerei, an die auch Aneta ihr Herz gehängt hat. So wimmelt es in den Bildern von Farbe, Textur und all den Tierwesen, die, eng umschlungen, umeinander herumkriechen, ganz ohne Kontaktbeschränkungen und Scheu. So waren die süßen Viecher wohl auch eine Zeit lang Mitbewohner in Anetas Atelierwohnung, ein bisschen Gesellschaft in kontaktarmen Zeiten. Und ihnen täte die Künstlerin es auch gerne gleich: Was ihr aktuell besonders fehlt? Endlich wieder tanzen gehen, das konnte ich gut verstehen.

aNeta Kajzer www.anetakajzer.de

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