Buchstabensuppe 2018 10

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Oktober 2018

Oh Spree-Athen, oh Spree-Athen, viel Blut, viel Blut hast Du geseh’n… Volker Kutschers Kriminalromane rund um seinen Polizeikommissar Gereon Rath und die aufwändige Verfilmung („Berlin Babylon”) des ersten Bandes haben einen wahren Boom an Romanen und Sachbüchern über die kriminelle Seite der Weimarer Republik und vor allem ihrer Metropole Berlin ausgelöst. Den Verlagen - heißen sie nun Kiepenheuer & Witsch, Rowohlt oder Gmeiner muss konzediert werden: die Qualität der von ihnen herausgebrachten Bücher passt meistens. Nun hat DVA mit „Berlin Hauptstadt des Verbrechens” von Nathalie Boegel, einer Mitarbeiterin der Geschichtsredaktion des SPIEGEL, einen gut geschriebenen und informativen Band über die kriminelle Wirklichkeit der 20er und 30er Jahre herausgebracht, der zugleich Sozialgeschichte der deutschen Hauptstatdt ist. In knappen Kapiteln wird spürbar, welche menschlichen Katastrophen und moralischen

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Verheerungen der 1. Weltkrieg auf die Bevölkerung einer Großstadt hatte. Psychisch zerrüttete, in einem darnieder liegenden wirtschaftlichem Umfeld zu entwürdigenden Beschäftigungen gezwungene Kriegsheimkehrer waren ebenso ein Trägersubstrat der Kriminalität wie die Vergnügungstempel der Kriegsgewinnler, die endlich so richtig die Sau rauslassen konnten. Die Liberalität der bei breiten Schichten des Bürgertums verhassten Republik befreite es andererseits von der miefigen Zwangsmoral des Kaisserreichs. Und so blühte eine „Vergnügungsindustrie”, zu der Prostitution ebenso gehörte wie Glücksspiel und Kokain. Boegel widmet dem bei Kutscher (und in nahezu allen anderen) Berlin-Krimis als graue Eminenz wirkenden Kriminalkommissar Ernst Gennat (genannt “der Buddha”) ein ausführliches Kapitel. Der schwer übergewichtige Kriminalist bereicherte die Ermitt-

Wir vom Literaturbuffet mögen Bücher – und noch etwas mehr schätzen wir Bücher aus unabhängigen Verlagen und Zeitschriften sowie weitere Projekte, die mit Herz und Liebe und Freude am Werk produziert werden. Deswegen haben wir uns gedacht, wir widmen fortan eine Seite unserer BuchstabenSuppe Verlagen, Zeitschriften und Projekten, die aus unabhängiger Feder gestaltet werden und die wir Ihnen, liebe Kund*innen, gerne vorstellen wollen. Damit Sie diese Seite auch rasch erkennen, haben wir folgendes Symbol dafür gebastelt: Viel Freude damit! Es wird auch gemunkelt, dass es ein begleitendes Gewinnspiel geben soll! Aber das verrät vielleicht in Bälde Ed McMerkat...

lungsarbeit ebenso um standardisierte Methoden, wie er ein hocheffizientes System der Informationsverknüpfung schuf. Seine Erfolge waren zahlreich und so legendär, dass nicht einmal die Nazis nach ihrer Machtergreifung den unangepassten Demokraten loswerden konnten, ohne schwerwiegende Probleme befürchten zu müssen. Neben ersten Serienmördern (ein Begriff, den übrigens auch Ernst Gennat geprägt hat), Großbetrügern und Kassenschränkern beschäftigt sich die Autorin auch mit der kriminellen Seite des Aufstiegs der NSDAP – SA und SS als kriminelle Vereinigungen. Ein höchst lesenswertes Buch, bei dem lediglich einige erstaunliche typographische Spielereien irritieren. Warum ohnehin durch Einrückung kenntlich gemachte Zitate auch noch in halber Zeilenhöhe grau unterlegt werden mussten, erschließt sich mir nicht. Auch ein ärgerlicher Copy-Paste Fehler stört den Lesefluss – ist aber vielleicht eine Aufforderung an Leserinnen und Leser, selbst detektivisch aktiv zu werden. Den Wert des Buches mindern diese „Störfaktoren“ aber nicht. Kurt Lhotzky Nathalie Boegel Berlin ­ Hauptstadt des Verbrechens DVA 288 Seiten, EUR 20,60 978­3­421­04832­5

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BUCHTIPPS

Finster wie die Sonne Kit und Laura verbindet eines - die Liebe zu Sonnenfinsternissen. Jene, die sie gemeinsam 1999 in Cornwall bei einem Open-Air-Festival erleben, entscheidet über ihr künftiges Leben. Das Naturschauspiel öffnet Herzen und Hirne, sie sind sich so nah, dass sie wissen, dass sie füreinander bestimmt sind. Nach der Sonnenfinsternis haben sie ein zweites einschneidendes Erlebnis, das ihr Leben ein für allemal verändern wird: Sie werden Zeugen einer Vergewaltigung. Zumindest glauben sie das. Aber sind die Dinge wirklich so, wie sie scheinen? Ist Beth ein Opfer und Jamie ein brutaler Sexattentäter? Oder ist Jamie das Opfer eines Missverständnisses und Beth ein etwas überspanntes, mit psychischen Probleme behaftetes Hippiegirl? Erin Kelly entwickelt in Rückblenden und

aus verschiedenen Erinnerungsfetzen eine beklemmende Geschichte über Schein und Wirklichkeit, gesellschaftliche Vorurteile und die Zwiespältigkeit der Justiz, über Liebe und Vertrauen, Lüge und Verantwortungsgefühl. Fast kammerspielartig ist die „Besetzung” dieses Psychothrillers, alles scheint überschaubar und ist doch ganz schrecklich verwickelt. Ein bemerkenswerter Kriminalroman. Kurt Lhotzky Erin Kelly vier zwei eins Aus dem Englischen von Susanne Goga­Klinkenberg Fischer Scherz 477 Seiten, EUR 15,50 978­3­651­02571­4

Schein und Sein einer Gesellschaft und dazwischen die Frau Leïla Slimani kennen die meisten wohl als Autorin des Romans „Dann schlaf auch du", der letzten Herbst erschienen ist und davon handelt, wie eine Nanny die ihr anvertrauten Kinder umbringt und wie es dazu kam. Eine psychologische Spurensuche der Protagonistin und deren Umfeld. Auch in ihrem neuen Buch „Sex und Lügen. Gespräche mit Frauen aus der islamischen Welt", das gleichzeitig eine Reportage ist und Innenansichten sowohl der Gesprächspartnerinnen als auch Slimanis selbst bietet, beschäftigt sie sich mit einem Tabuthema, und zwar der Sexualität der Frau in ihrem Herkunftsland Marokko. Sie beschreibt in ihrem Werk Schein und Sein der Gesellschaft und die Diskrepanz zwischen unberührten und befleckten Frauengeschichten. Auf der einen Seite stehen die äußerst from-

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men Menschen und auf der anderen jene, die versuchen innerhalb ihres Korsetts, das die Religion, die Erwartungen der Familie und der Gesellschaft um sie schnürt, frei zu agieren. Slimani lässt dabei Frauen zu Wort kommen, die sich ihr offenbaren und ihre Geschichten erzählen. Die Kapitel sind dabei so aufgebaut, dass Slimani zunächst erzählt, wie sie ihre Gesprächspartnerinnen kennengelernt hat und welche Geschichte sie ihr erzählt haben. Danach verflechtet sie die Geschichten mit ihren Ansichten und Überlegungen zu Marokko, der Scheinheiligkeit der Gesellschaft, dem Islam, den Gesetzen. Daraus entspinnt sich ein breitgefächertes Bild von Marokko, bzw. der islamischen Welt, das sich nicht leicht fassen lässt und deren leidtragendenden Figuren oft die Frauen sind. Dabei ist zu betonen, dass sie die Frauen nicht als

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Opfer sieht, sondern das ganze Konstrukt der Gesellschaft mit ihrer schwammigen Grenzen an der Rolle der Frau ausgetragen wird. So schreibt Slimani abschließend unter anderem: „Die Frau ist Mutter, Schwester, Gattin, Tochter, nur kein Individuum. Sie ist Garant der Familieneher und, schlimmer noch, der nationalen Ehre. Ihre Tugendhaftigkeit ist eine öffentliche Angelegenheit." Ein wichtiges Buch, um sich mehr Wissen und Verständnis in einem Bereich anzueignen, der schon so sehr mit Schubladen und Vorurteilen besetzt ist, das es schwer ist, sich eine eigene Meinung zu bilden oder eine Meinung zu haben, ohne selbst in eine Schublade gesteckt zu werden oder andere Menschen vor den Kopf zu stoßen. Clara Felis-Rubey Leïla Slimani Sex und Lügen. Gespräche mit Frauen aus der islamischen Welt. Aus dem Französischem von Amelie Thoma. btb Verlag 208 Seiten, EUR 12,40 978­3­442­71681­4


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Fensterln war gestern die schöne neue Welt der Adventkalender Es lässt sich nicht mehr verheimlichen und/oder verdrängen: Wieder einmal steht Weihnachten viel dichter vor der Tür, als uns das vielleicht recht ist. In den Supermärkten stapeln sich bereits Lebkuchen und Christbaumbehang, selbst hartnäckige Osterhasen haben sich in das rote Nikolauskostüm geworfen und starren Richtung 6. Dezember. Zeit also, die richtigen Accessoires für die Vorweihnachtszeit zu besorgen. Dazu gehören natürlich die (jeseits aller Religionen) beliebten Adventkalender. Nicht nur Kinder freuen sich, wenn sie den täglichen Countdown zu einem großen Ereignis zelebrieren dürfen. Hier eine kleine Auswahl von etwas ausgefalleneren Adventkalendern, die wir heuer für Sie eingelagert haben: Beginnen wir mit dem „Adventkalender für Fotografen”: Wer sich hinter einem der 24 Türchen die neueste spiegellose Kamera von der Fotokina in Köln oder das urcoole Objektiv von…. ups, keine Schleichwerbung!... erwartet, wird leider enttäuscht. Das wäre beim Preis von 39,95 € auch etwas viel erwartet. Wer aber einem Fotografen (oder einer Fotografin) im Freundes- und Familienkreis eine vorweihnachtliche Freude machen will, liegt mit dem Produkt aus dem FRANZIS-Verlag absolut richtig: Überraschende Gadgets (deren Sinn sich nicht zwangsläufig sofort erschließt) finden sich ebenso wie kleine Zettelchen mit URLs, bei denen sich ganz legal Apps, ebooks und Software für Freunde der Lichtmalerei herunterladen lassen. Wer eine Etage tiefer beginnen will, greift zum Retro-Kamera-Adventkalender: In 24 Tagen zur funktionstüchtigen Kamera im Look der zweiäugigen Rolleiflexapparate -

durchaus sinnvoll, die Bastelei auf 24 Häppchen zu verteilen. Daneben gibts Adventkalender, bei denen sich wirklich funktionierende Radios oder das Modell des Porsche 911 zusammenbauen lassen. Für die jüngeren Zielgruppen gibt’s auch wieder „Aktiv-Kalender”. Kriminalistisch interessierte Mädchen ab 8 können mit dem !!!-Kalender das „Rätsel der alten Villa” lösen. Eine spannende Geschichte

Rocky Beach? Junge Detektivinnen und Detektive finden nicht nur massenhaft Rätselfragen, auch kleine Gimmicks helfen, das Geheimnis zu entschleiern. Langweilig wird es im Dezember also nicht. Last but not least bieten wir natürlich auch die guten alten traditionellen, also flachen, Adventkalender an. Von etwas flippig bis nostalgisch sollte für alle Geschmäcker was zu finden sein. So gesehen kann also durchaus noch „gefensterlt” werden. Kurt Lhotzky

Adventkalender für Fotografen Franzis Verlag EUR 39,95 4019631707390 Retro­Kamera­Adventskalender Franzis Verlag EUR 29,95 4019631670397 Die drei !!! Adventskalender Kosmos Verlag EUR 19,99 4002051630973 Die drei ??? Adventskalender Kosmos Verlag EUR 19,99 4002051630997

und die Möglichkeit, den mysteriösen Vorgängen auf die Spur zu kommen, garantieren 24 bewegte Tage bis zum Fest. Die altbekannten drei Fragezeichen sind auch heuer wieder für den Advent gerüstet: Was passiert im seltsamen alten Hotel in

Besuchen Sie uns im Internet oder bei einer unserer Veranstaltungen! www.literaturbuffet.com – von dort geht's auch weiter zu Facebook und google+. Aber Ihr persönlicher Besuch ist uns natürlich noch lieber! Alle Veranstaltungen finden, wenn nicht ausdrücklich anders angegeben, bei freiem Eintritt in Lhotzkys Literaturbuffet, Eingang Rotensterngasse 2, 1020 Wien, statt. Wir ersuchen aus organisatorischen Gründen um Platzreservierungen! www.literaturbuffet.com | office@literaturbuffet.com | +43 6991 585 16 68

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VERANSTALTUNGEN

VERANSTALTUNGEN >> Dienstag, 9.10. 2018, 19.00 Uhr

Lukas Pellmann präsentiert seinen dystopischen Krimi: „Prater“

Valerie Kepler hat erfreuliche Nachrichten für ihren Mann Jan: Sie ist schwanger. Doch die Umstände im Wien des Jahres 2028 sind weniger erfreulich. Eine Trinkwasserkatastrophe verwüstete sechs Jahre zuvor zwei Wiener Bezirke. Den Menschen blieb nur die Flucht über die Donau, in die Bezirke Leopoldstadt und Brigittenau. Als sich die übrigen Stadtteile einer fairen Verteilung der Flüchtlinge verweigerten, kippte die hilfsbereite Stimmung. Sechs Jahre später hat sich Wien in eine Ansammlung loser Stadtstaaten verwandelt. Aus der Leopoldstadt wurde der autoritär regierte Prater, dessen Herrscher rigoros gegen geflüchtete Danubier vorgeht. Jan Kepler stieg zu einem ranghohen Mitarbeiter der Abteilung für direkte Wahrheit auf. Und aus Valerie wurde eine Frau, die als gebürtige Danubierin im Prater keine Zukunft für sich und ihr Baby sieht. Prater transferiert die gegenwärtigen Herausforderungen, vor denen Österreich und die Europäische Union stehen, auf eine lokale Zukunftsebene. Es entsteht ein dystopisches Szenario, das sich genauso in Berlin-Kreuzberg oder im Zürcher Industriequartier abspielen könnte.

Lukas Pellmann Prater TEXT/RAHMEN 296 Seiten, EUR14,30 978­3­9504510­4­7

>> Donnerstag, 11.10. 2018, 19.00 Uhr

Günther Zäuner liest (unter anderem) aus “Halbseidenes kaiserliches Wien. 12 Krimis aus dem Fin de Siecle" Wieder ist Günther Zäuner, einer der produktivsten Wiener Kriminalautoren, bei uns zu Gast. Der Autor wirft tiefe Einblicke in die (Halb)Welt der untergehenden Habsburgermonarchie - und da gab’s genug Skandalöses, was das Bild von der guten alten Zeit kräftig relativiert. Wie immer bei Zäuner werden aber auch Freunde der aktuellen sozialkritischen Kriminalliteratur auf ihre Rechnung kommen: Es gibt Ausschnitte aus "A negativ. Wenn das Blut versiegt" zu hören. Der neue Kokoschansky, in dem sich der Journalist mit der Pharmaindustrie anlegt. Auslöser dafür der Unfall seines Sohnes, der leider die seltene Blutgruppe A - besitzt. Weltweit sind davon nur drei Prozent der Menschen betroffen. Günther Zäuner Halbseidenes kaiserliches Wien 12 Krimis aus dem Fin de siécle Verlag Federfrei 250 Seiten, 12,90 EUR

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VERANSTALTUNGEN

>> Mittwoch, 17.10. 2018, 19.00 Uhr

Die Herausgeber präsentieren Else Feldmanns Reportagen “Flüchtiges Glück” Else Feldmanns Berichte und Reportagen aus der Zwischenkriegszeit sind eine Schatzkiste voll mit den wundervollsten, traurigsten und wahrhaftigsten Geschichten, die das Leben in der Großstadt zwischen 1919 und 1938 schreiben konnte. Mit einem ebenso warmherzigen wie schonungslosen Blick erzählt die engagierte Sozialreporterin der Arbeiterzeitung von flüchtigen Momenten des Glücks, von der Armut, dem Elend, den Hoffnungen und Träumen in den Proletarierbezirken. Diese erstmals in Buchform publizierten Texte heben Else Feldmanns Werk mühelos auf eine Stufe mit dem von Max Winter, Heinrich Zille oder Käthe Kollwitz. Else Feldmann, 1884 in Wien geboren, 1942 im polnischen Vernichtungslager Sobibor ermordet. Wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und verfasste Erzählungen, Romane, Theaterstücke und sozialkritische Reportagen. 1933 Mitbegründerin der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller. 1934 wurden ihre Werke von den Nationalsozialisten verboten. In der Edition Atelier erschienen: „Travestie der Liebe“ (hg. von Alexander Kluy)

Else Feldmann Flüchtiges Glück Herausgegeben von Adolf Opel und Marino Valdez Edition Atelier 68 Seiten, EUR 20,00 978­3­903005­44­0

>> Donnerstag, 25.10. 2018, 19.00 Uhr

Antonio Fian und Stefan Reiser lesen Minidramen Stefan Reiser, Geboren 1981 im Innviertel. Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft in Wien. Seit 2007 freischaffend: Stücke, Produktionen, Inszenierungen, zahlreiche Aufführungen u. a. in Wien, Graz, Villach und Schärding. Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften (Die Rampe, kolik, Landstrich, etcetera, Sterz, Wienzeile) und Anthologien (u. a. Facetten, Jenny, 17er-Edition, Funkhaus-Anthologie). Einige Auszeichnungen, darunter Dramatikerstipendien (2011, 2016) und Aufenthaltsstipendien (Wartholz, 2011; Rom, 2016) des Bundes sowie der Kunstsammlung des Landes OÖ (Gmunden, 2017; Krumau, 2018). Einladungen zu Text trifft Regie (Staatstheater Mainz, 2011), zum Forum junger Autoren Europas (Staatstheater Wiesbaden, 2012) und zur DramatikerInnenbörse des internationalen Theaterfestivals Luaga & Losna (Nenzing, 2018). Antonio Fian, geboren 1956 in Klagenfurt, lebt seit 1976 in Wien. Er ist Autor von Romanen, Erzählungen, Essays und den sog. Dramoletten, mit denen er in unregelmäßigen Abständen in der Tageszeitung »Der Standard« (in erster Linie) das österreichische Kultur- und Geistesleben kommentiert. Für sein Werk wurde ihm 1990 der österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik, außerdem u. a. der Johann-Beer-Literaturpreis (2009), der Humbert-Fink-Literaturpreis (2014) und der Reinhard-Priessnitz-Preis (2018) verliehen. Mit seinem Roman Das Polykrates-Syndrom (Droschl, 2014) war er auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Grazer Autorinnen Autorenversammlung

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BUCHTIPPS

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INFORMATIONSBOX: Der Verbrecher Verlag ist ein unabhängiger Verlag und wurde 1995 von Werner Labisch und Jörg Sundermeier gegründet. Seit 2016 leitet Sundermeier den Verlag gemeinsam mit Kristine Listau. Das Programm ist breit gefächert, der Schwerpunkt liegt auf der Belletristik, zudem veröffentlicht der Verbrecher Verlag Sach- und Kunstbücher sowie eine Stadtbuch- und eine Filmliteratur-Reihe. In der Stadtbuch-Reihe erscheinen Anthologien zu Städten wie Berlin, München, Köln, Frankfurt am Main oder Marburg an der Lahn. Die Stadtbücher sind keine Reiseführer, sondern bieten vielfältige Einblicke in die Kultur, Geschichte, aber auch in die Kneipenszene und das Bohemeleben einer Stadt. Die Filmliteratur-Reihe »Filit« widmet sich dem Werk einzelner Regisseure, dem Verhältnis von Literatur und Film oder Themen

wie etwa »Blindheit im Kino«. Sie entsteht in Zusammenarbeit der Deutschen Kinemathek mit dem Verbrecher Verlag. Im Bereich Sachbuch und Politik erscheinen Bücher zum Nationalsozialismus, Rechtsextremismus, aber auch zur Theorie der Kulturindustrie, zu Film- und Musikgeschichte und vielem mehr. Kunstbücher und Comics gehören ebenfalls zum Programm, teils Ausstellungskataloge mit weiterführenden Texten etwa von Tatjana Doll und Claudia Reinhardt oder der Berliner Nationalgalerie, teils Bildgeschichten von Katrin Funcke, Jim Avignon oder Oliver Grajewski. Unser Motto lautet: »Verbrecher Verlag – gute Bücher!« http://www.verbrecherverlag.de

ZUM BEISPIEL: Leipzig. Sommer. Universität, Fußball-WM und Volksküche. Gute Freunde. Eine Geburtstagsfeier. Anna sagt, sie wurde vergewaltigt. Jonas sagt, es war einvernehmlicher Geschlechtsverkehr. Aussage steht gegen Aussage. Nach zwei Monaten nah an der Verzweiflung zeigt Anna Jonas schließlich an, doch im Freundeskreis hängt bald das Wort „Falschbeschuldigung“ in der Luft. Jonas’ und Annas Glaubwürdigkeit und ihre Freundschaften werden aufs Spiel gesetzt. Bettina Wilpert widmet sich in ihrem überaus gelungenen Debüt dem Thema der Vergewaltigung in seiner Komplexität. Ohne Scheu geht sie ehrlich und direkt an die verschiedenen Fragestellungen heran: Fragen der Rollenverteilung von Opfer und Täter, die je nach Kontext und Darstellung des Vorgefallenen stark variieren kann, des gesellschaftlichen Tabus über sexuelle Gewalt zu sprechen, der psychologischen wie gesellschaftlichen Folgen für das Opfer wie für den/die Täter/in ab dem Moment der Anzeige, der Veränderung des sozialen Umfelds in dem die betroffenen Personen leben ... Wilpert gelingt es, eine multiperspektivische Geschichte zu entwerfen, deren Ton einen von den ersten Zeilen an nicht mehr loslässt. Ab dem Moment, da sich Anna von ihrer Schwester überreden lässt, zur Polizei zu gehen, um Anzeige zu erstatten, verändert sich alles." Linus Rübe, Buchstabensuppe 18 03. "nichts, was uns passiert" wurde von der Jury auf die Hotlist 2018 gewählt und ebenso auf die Shortlist des "aspekte"-Literaturpreises für das beste literarische Debüt des Jahres 2018. Bettina Wilpert nichts, was uns passiert Verbrecher Verlag 170 Seiten, EUR 19,60 9783957323071

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Bekanntlich nahm es Bertolt Brecht, wie viele Künstler der Moderne, mit dem geistigen Eigentum nicht immer so genau. So benutzte er für die »Dreigroschenoper«, die 1928 Premiere hatte, einige Lieder von François Villon, die in der Übersetzung von Karl Anton Klammer erschienen waren, ohne die Quelle anzugeben. Das veranlasste Alfred Kerr im Mai 1929 im Berliner Tageblatt zu scharfen Vorwürfen gegen Brecht, der daraufhin seine »Laxheit in Fragen geistigen Eigentums« einräumte. Die Brecht-Erben haben sich diese »Laxheit« im Umgang mit Brechts eigenem Werk bisher nicht zu eigen gemacht. Das zeigte zuletzt die Kontroverse um die »Baal«-Inszenierung von Frank Castorf 2015. Doch was passiert, wenn in zehn Jahren die urheberrechtliche Schutzfrist auf die Werke Brechts abläuft? Die hier versammelten Beiträge verfolgen Brecht als Urheber, als Nutzer fremder Textvorlagen und als Koautor und thematisieren das Urheberrecht von Autorinnen und Autoren in Zeiten grenzenloser Verbreitung von so genanntem Content. Der Band dokumentiert die Brecht-Tage 2016, die am Literaturforum im Brecht-Haus stattgefunden haben. Mit Beiträgen von Sebastian Baumgarten, Rainer Dresen, Katharina de la Durantaye, friendly fire, Albrecht Götz von Olenhusen, Annett Gröschner, Carl Hegemann, Alexander Karschnia, Sabine Kebir, Uwe Kolbe, LIGNA, Jürgen Marten, Rupprecht Podszun, Cornelius Puschke, Ulrike Almut Sandig, Philipp Theisohn, Regula Venske und Klaus Völker u. a. Christian Hippe und Annett Gröschner (Hg.) Laxheit in Fragen geistigen Eigentum Brecht und Urheberrecht 232 Seiten, EUR 24,70 9783957322760


BUCHTIPPS FÜR JUNGE LESERINNEN UND LESER

Ohne Worte eine Geschichte erzählen Im Bilderbuch „Mein Weg mit Vanessa“ gibt es keine Worte. Es gibt nur Bilder, die eine Geschichte vorgeben, deren Inhalt aber die lesende Person oder die lesenden Personen selbst erfinden können. Im Groben geht es um ein Mädchen, wahrscheinlich Vanessa, das neu in eine Stadt und in eine Klasse kommt. Sie ist alleine und wird dann auf dem Schulhof von einem Mitschüler angeschrieen. Niemand sieht es. Glaubt sie, und fühlt sich noch mehr allein. Weil sich alle anderen schon kennen, sie aber niemanden und damit keine Ansprechperson und keinen Rückhalt hat. Die Szene wurde aber beobachtet, von einem anderen Mädchen, vielleicht ist sie auch Vanessa. Jedenfalls überlegt sich das

andere Mädchen etwas. Am nächsten Morgen sieht die Welt schon ganz anders aus. Aber vielleicht geht die Geschichte auch ganz anders. Wer weiß? Erzähl Du es mir! Anfangs sind die Bilder noch mit weniger Farbe gestaltet, doch im Lauf der Geschichte wird es farbenfroher. Und so manches andere gibt es auch noch zu entdecken. Clara Felis-Rubey Kerascoët Mein Weg mit Vanessa Aladin 40 Seiten, EUR 15,40 978­3­8489­0153­1

Den Rap finden Matti und Otto, schätzungsweise 10 – 11 Jahre alt, kommen zu dem Schluss, dass sie viel zu brav sind. Es wäre ihnen ja nicht aufgefallen, wenn sie in Musik nicht einen selbsterfundenen Rap hätten vorführen müssen. Richtig „gangstamäßig", wie es sich für die Berliner Jugend gehört. So beschließen sie, dass sie endlich auch mit dem „wilden Leben“ anfangen müssen. Ob und wie das funktioniert, wird in diesem Buch von Matti erzählt. Eine amüsante Lektüre, die wir für Kinder von ca. 8 – 11 Jahren empfehlen. Andrea Lhotzky

Silke Lambeck Mein Freund Otto, das wilde Leben und ich Gerstenberg 184 Seiten, EUR 13,40 978­3­8369­5625­3

Wer tötet den Drachen? Jasper Fforde hat mit seiner Reihe um Thursday Next schon den einen oder die andere Leserin begeistert. Nun wendet er sich mit der Trilogie um Jennifer Strange einem jüngeren Publikum zu. Der erste Band „Die letzte Drachentöterin“ bringt uns die Protagonistin näher – ein Findelkind, das mit 16 Jahren schon das Kazem Zaubereimanagement leitet, das Zauberer vermittelt und das in einer Zeit, in der die Zauberei nicht sonderlich begeistert und Zauberer nicht mehr das sind, was sie einmal waren oder dem Ruf nicht mehr folgen, der sie einmal umgeben hat. Doch dann ertönt eine Prophezeiung, die die Welt verändern wird: Jennifer wird den allerletzten Drachen töten! Eine Aufgabe, die sie ... na gut, zuviel soll natürlich nicht verraten werden. Ob sie diese Rolle überhaupt annehmen will, müssen Sie schon selbst herausfinden.

Jennifer kriegt es auf jeden Fall mit verschiedenen Lebewesen und mit Aufgaben zu tun, die sie bewältigen muss. Und das alles in einem Land, nicht unähnlich dem Vereinigten Königreich, hier freilich als das Un-Vereinigte Königreich. Dass da einiges im Argen liegt, versteht sich... Der Stil von Fforde changiert zwischen Douglas Adams, Terry Pratchett und Joanne K. Rowling. Zu empfehlen also für all jene, die sich für unterhaltsame, niveauvolle Fantasy begeistern können. Clara Felis-Rubey Jasper Fforde Die letzte Drachentöterin Aus dem Englischen Von Isabel Bogdan 252 Seiten, EUR 10,20 978­3­8466­0005­4

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DIE LETZTE SEITE

Ed McMerkats letzte Worte

Leider musste ich in letzter Zeit wiederholt feststellen, dass in gewissen Printmedien negative Aussagen über mich und meine Familie zu finden waren. Da berichteten etwa übelwollende „Journalisten“, ein Erdmann wäre lediglich zwischen 25 und 35 cm groß. „Lügenpresse“, sage ich da nur! Wenn ich mich aufplustere, glaubt jeder, ich bin kein Erd-, sondern ein Fassmann – also mindestens 2 Meter groß! Ich sehe mich daher leider gezwungen, die message control zu intensivieren. Gewisse Medien, zu denen leider auch die BUCHSTABENSUPPE gehört, werden sich etwas zusammenreißen müssen, wenn sie weiterhin meine brillanten Beiträge bringen wollen – unzensuriert.at, versteht sich! Generell muss dieser Wildwuchs unter dem Tarnmantel der „Pressefreiheit“ dringendst beseitigt werden. Wozu noch andere Meinungen bringen, wenn Ed McMerkat gesprochen hat? Das ist die rote Linie, die Grenze der Pressefreiheit, und die wird nicht

überschritten. Hugh, ich habe gesprochen! Als nächster Schritt werden wir sämtliche Verlagsprodukte einer kritischen Prüfung unterziehen müssen – Bücher, in denen angeblich „wissenschaftliche“ Erkenntnisse über Erdmänner zu finden sind, dürfen nur noch gedruckt, verkauft und erworben werden, wenn sie mit meiner beglaubigten Unterschrift versehen sind. Widrigenfalls einige meiner guten Freunde nach dem Motto: „Tritt ein, bring Glück herein!“, bei Ihnen die Türe eintreten werden und Ihnen zeigen, wo der Erdmann die Spinne holt! Sie kringeln sich vor lachen? Sagen: „Kleiner Erdmann, was nun?“ – Na warten Sie! Sie haben mich noch nie hoch zu Ross gesehen! Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist!!! Ihr grimmiger Ed McMerkat P.S.: ‘tschuldigung, vergessen Sie alles, was Sie gerade gelesen haben. Der obige Text stammt nicht von mir, sondern von meinem Pressesprecher. Den kenne ich eigentlich fast kaum, so gut wie beinahe gar nicht. Auch wenn ich ein Erdmann bin ist mein Name Hase, und ich weiß von nichts. (Stimme aus dem Off: „Hase, Du bleibst hier!“)

Unsere Öffnungszeiten Dienstag – Freitag von 9.00 – 18.00 Samstag von 09.00 – 13.00 Sonntag & Montag geschlossen! Veranstaltungen finden, wenn nicht ausdrücklich anders angekündigt, immer in der Rotensterngasse 2, 1020 Wien, statt. Der Eintritt ist frei. Wir ersuchen um Platzreservierungen! Kontakt: Tel: +43 1 276 47 36 Fax: +43 1 276 47 36 Mobil: +43 6991 585 16 68 mail: office@literaturbuffet.com Web: www.literaturbuffet.com

Impressum Eigentümer, Verleger, Druck: Lhotzkys Literaturbuffet / Andrea Lhotzky Druckort: Wien Preisangaben ohne Gewähr Wer einen Druckfehler findet, darf ihn behalten!

55 große Fotografinnen zu entdecken! Boris Friedewald hat in „Meisterinnen des Lichts“ Porträts und Fotografien von 55 Fotografinnen aus zwei Jahrhunderten zusammengestellt. Gewiss, das Buch ist keine echte Neuerscheinung, sondern die preiswerte broschierte Ausgabe eines auf seine Art bahnbrechenden Werks. Es ist der erschwingliche Preis, der dem Buch hoffentlich jetzt eine größere Verbreitung beschert. Nicht zufällig rekurriert der Kunsthistoriker Friedewald in seiner Einleitung auf ein Zitat der großartigen Giséle Freund: „Das Auge macht das Bild, nicht die Kamera.“ Freund, selbst eine hervorragende Fotografin und zugleich eine hochkarätige Theoretikerin der Fotografie, ermöglicht uns mit dieser Perspektivsetzung ein tieferes Verständnis für den berühmten „weiblichen Blick“ in der Fotografie. Allzuoft fallen bei Diskussionen oder Darstellungen der Geschichte der „Lichtmalerei“ die Namen der großen männlichen Fotografen. Die großartigen Fotografinnen treten in den Hintergrund, sie werden buchstäblich nicht „beleuchtet“.

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„Meisterinnen des Lichts“ bietet ein „Best of“ – quer durch Zeiten und Länder führt uns der Autor, und wir erkennen, wie etwa die Mexikanerin Graciela Iturbide ihr Land und seine Menschen gesehen hat oder die Inderin Dayanita Singh das ihre. Manche große Namen fehlen zwar, wie Diane Arbus oder Gerda Taro, aber andererseits kann und will Friedewald nur eine Auswahl präsentieren. Und vielleicht ist es durchaus pädagogisch, die Irritation über das Fehlen amerikanischer und

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europäischer Fotografinnen von Weltrang durch die Vorstellung afrikanischer und asiatischer Künstlerinnen und Journalistinnen zu überwinden. Das Buch besticht durch Auswahl und Qualität der Abbildungen ebenso wie durch die brillant-klugen Texte. Kurt Lhotzky Boris Friedewald Meisterinnen des Lichts Prestel 166 Seiten, EUR 22,70 978­3­7913­8353­8


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