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Alle Jahre wieder, diesmal halt zu Ostern:
Indiebookday!
März 2016
Nehmen wir die Fäden in die Hand ... Nun steht der Indiebookday schon wirklich vor der Tür. Die Fäden wurden gesponnen und verknotet und vernetzt und nun haben wir eine schöne Veranstaltungsrunde mit vielerei spannenden Beiträgen, von Geschichten zu Projekten zu Einblicken und Erklärungen und Bandbreiten. Nehmen wir die Fäden in die Hand, die Bücher binden lassen, als Gegendstand des Alltags in seiner Vielseitigkeit. Zelebrieren wir gemeinsam die unabhängigen Verlage und Buchhandlungen. Ab 12 Uhr startet der 15minütige Takt, der uns 10 verschiedene Verlage, Bücher und ein Magazin näher bringen wird. Wir danken den vielen spannenden Zusagen und freuen uns auf alle, die diesen Tag gemeinsam zu einem Feier:Tag machen!
Indiebook special Seiten 2 und 3 Zusätzliche Informationen zu unseren Veranstaltungen finden Sie auf unserer Homepage!
VERANSTALTUNGEN
Clara Felis:
Sind wir nicht alle ein bisschen Indie? Lasst uns den Indiebookday am 26.03. feiern! Der Indiebookday wird seit 2013 gefeiert und ist eine Initiative des Mairisch Verlages, der sich wiederum den Record Store Day als Inspiration nahm, der dazu aufrief an einem bestimmten Tag, in einen Plattenladen zu gehen um Platten von kleinen Labels zu kaufen. Beim Indiebookday geht es darum die Vielseitigkeit unabhängiger Verlage und Buchhandlungen zu zelebrieren. Als Anleitung steht auf der Homepage des Indiebookdays, dass jede Person in eine
Buchhandlung gehen, dort ein Buch eines unabhängigen Verlages erwerben und dann das Cover mit #indiebookday im sozialen Netzwerk des Vertrauens posten soll. Wir im Literaturbuffet haben diese Idee etwas anders umgesetzt: wir bringen heuer 10 verschiedene Menschen von unterschiedlichen Verlagen in einem nachmittagsfüllenden Programm zusammen und lassen uns von und über ihre Bücher und Verlage erzählen. 15 Minuten sind pro Programmpunkt vorgesehen. Danach kann jede Person selber entscheiden, welches Cover das jeweilig
Beste war und mit nach Hause nehmen oder verschenken, um sich selbst und anderen eine Freude zu machen. Denn in Zeiten der Großkonzerne und ihren weltweit agierenden Ketten, die das Stadtbild vereinheitlichen, ist ein unabhängiger Einzelhandel unentbehrlich und bringt Frischluft ins Getriebe des Einheitsbrei. Deswegen ist es so wichtig ein Augenmerk auf die vielseitige unabhängige Verlagslandschaft zu werfen. Wir freuen uns darauf diese Bandbreite in einem Ausschnitt zu präsentieren, gäbe es doch unzählige weitere.
„Vorwort" zum Indiebookday im Literaturbuffet Nehmen wir die Fäden in die Hand, die Bücher binden lassen, als Gegendstand des Alltags in seiner Vielseitigkeit. Die Kritik, das Mandeln auf Bäumen wachsen, wird bisweilen als Utopie gehandelt, ist aber Realität und bringt Einblicke in (un)bequeme Wahrheiten. Den Walen wird Gesang zugesprochen, im Atlier der Fische ist die Sprachlosigkeit die aufgeschlagene Edition über Geschichten, die das Leben weltweit schreibt. Es ist immer Klever die Zimmer zu beschreiben, bevor sie sich im Nichts
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auflösen, Wien hat gedichtsmäßig viel zu bieten. Immer wieder mit der Spitze draufzeigen, dass Toleranz allein nicht reicht. Freuen wir uns auf einen queere Bandbreite, die überall die Buntheit der Menschen fördert. Die Sprache ist eine Klangvielfalt für die Worte, Zweisprachiges gelingt einstimmig einfacher in Büchern und auf Papier und braucht doch den Klang für die Vorstellung. Es gibt nicht nur zwei Geschlechter, das zeigt uns Zaglossus und auch Schnecken. Kein Meer ist oft mals nicht mehr, aber das Meer kommt bestimmt. Kafka schrieb einst Milena Briefe. Nach
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der Ermordung Hitlers blieben nur T-Shirts übrig. Mal sehen, was sie von Zeitreisen halten. Sonderzahlen sind besonders und einzigartig und brauchen einen Ausblick im Einblick und überspielen dabei Illusionen. Die Satire ist nicht auf dem Holzweg, sondern der standhafte Baum in Zeiten, die sich verändern. Die Dinge sind Tinx und Tinx sind Dinge und Sprachverspieltheiten in Pop-UpVariationen oder Projektionen. Wir freuen uns und danken jetzt schon für die spannenden Berichte!
VERANSTALTUNGEN
Liebe Freundinnen und Freunde der "Indies" auch wenn die Spontaneität noch so gut organisiert ist - dazwischen kommen kann immer irgend etwas. Daher kann es evtl. beim Ablauf kleinere Änderungen geben. Wir ersuchen Sie, wir ersuchen euch daher, vor dem "großen Tag" immer wieder auf unserer Homepage vorbeizuschauen (www.literaturbuffet.com). Dort werden will allfällige Änderungen gebührend kundtun! Danke für Ihr, danke für euer, Verständnis!
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BUCHTIPPS
„Ein Gespenst geht um in Europa ...“ Die Anfangsworte des "Manifests der Kommunistischen Partei", in dem Karl Marx und Friedrich Engels 1847/48 die Grundlagen und Ziele jener revolutionären Arbeiterogranisation, der sie angehörten - dem Bund der Kommunisten - öffentlich darlegten, sind mittlerweile ebenso sprachliches Allgemeingut geworden wie der Schlusssatz: "Proletarier aller Länder vereinigt euch".
Karl Marx / Friedrich Engels Gesammelte Werke Anaconda-Verlag 826 Seiten, EUR 9,95
Mit dem "Ende der Geschichte" war es doch noch nichts...
Im Anaconda-Verlag Köln ist Anfang März eine neue, von Kurt Lhotzky herausgegebene, einbändige Auswahl aus den Schriften der beiden sozialistischen Theoretiker erschienen. Natürlich - es hat früher, als es noch den ProgressVerlag in Moskau und den Dietz-Verlag in der DDR gegeben hat, einige MarxEngels-Auswahleditionen gegeben. Aber seit dem Fall der Berliner Mauer und der Wiedereinführung des Kapitalismus in Europa herrschte ein literarisches Vakuum, wenn es um die "Klassiker" ging. Kein Wunder, triumphierten doch in den Verlagen Autoren wie Francis Fukushima, die "das Ende der Geschichte" verkündeten, oder ideologische Gralshüter der "übergebliebenen" Weltmacht USA wie Zbigniew Kazimierz Brzezinski, die "den Kommunismus" und damit gleich "den Marxismus" zu Grabe trugen. Das "Gespenst" ging aber offenbar immer noch um, denn die Literatur über und vor allem gegen den Marxismus nahm in den Folgejahren eher zu als ab. Und je brüchiger das "Ende der Geschichte" wurde und der "endgültige Sieg des Kapitalismus" nach der Japankrise 1991, der Pfundkrise 1992, der beschönigend "Tequila-Krise" genannten Krise in Mexiko 1994/95, der Asienkrise 1997/98, den Krisen in Russland und Argentinien, dem Platzen der Dotcom-
blase 2000 und der Subprime-Krise 2007, die sich zur veritablen Weltwirtschaftskrise auswuchs, kaum mehr als Triumpf zu verkaufen war, erwachte auch wieder das Interesse an Literatur und Theorien, die all diese Erscheinungen erklären konnten. Also kehrten auch wieder Bücher auf die Regale zurück, die sich freundlicher mit der Theorie von Marx und Engels auseinandersetzen. Wobei nicht wenige davon in die Kategorie der sperrigen akademischen Marxologie fallen. Vor allem aber taten sich überall in der Welt politische und soziale Brüche auf, die bei grundlegenden Kenntnissen der Marxschen Theorie leichter zu begreifen waren als durch die Lektüre "angesehener" heutiger deutscher Politikwissenschafter oder Zeithistoriker. Ziel der vorliegenden Marx-EngelsAuswahl ist es, die wesentlichen "Urtexte" der beiden Herren heutigen Lesern wieder zugänglich zu machen. Texte, die nicht nur vom theoretischen Gehalt her lesenswert sind, sondern auch stilistisch hohe literarische Qualitäten aufweisen. Der Preis von 9,95 EUR und die schöne Ausstattung des Bandes machen ihn auch für ein wenig begütertes und jüngeres Publikum erschwinglich. Also für jene Zielgruppe, für die Marx und Engels zu Lebzeiten geschrieben haben.
Mehr zum Thema im Literaturbuffet Seit den 70er Jahren hatte sich in vornehmlich universitären Kreisen eine Art "Engels-Bashing" breitgemacht. Leicht naserümpfend machten sich jene, die schon im zehnten Jahr am "Kapital", Band 1, herumkauten, über den "Popularisator" Engels lustig, warfen ihm Plattheit und Verfälschung des Mesiters Marx vor. Elmar Altvaters kleines Büchlein ist eine gut und pointierte Antwort auf diese Tendenzen und führt gut in das besonders oft attackierte En-
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gelssche Werk "Dialektik der Natur" ein. Besonders gelungen ist der Brüsckenschlag zu aktuellen Problemstellungen, die sich aus der forcierten Umweltzerstörung ergeben. Elmar Altvater Engels neu entdecken. Das hellblaue Bändchen zur Einführung in die "Dialektik der Natur" und die Kritik von Akkumulation und Wachstum Hamburg: VSA 2015; 190 S.; 12,40 €
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Friedrich Engels, 1840
BUCHTIPPS
Karl Marx - sein Leben, sein Jahrhundert Jonathan Sperber, Professor für Geschichte an der Universität Missouri, ist ein ausgewiesener Kenner der Revolutionen in Europa 1848 - 1851. Sein Buch "The European Revolutions 1848 - 1851" ist eine knappe und trotzdem unerhört anregende, Gesamteuropa umfassende, Darstellung der großen sozialen und politischen Erschütterungen, die unter anderem wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der sozialistischen Theorie im 19. und 20. Jahrhundert hatten. Nun hat Sperber als "Auskopplung" seiner allgemeinen Beschäftigung mit dieser Zeit eine Marx-Biographie geschrieben, die in vielerlei Hinsicht bemerkenswert ist. Sperber kommt nicht aus der sozialistischen Bewegung, aber er ist ein seriöser akademischer Historiker (etwas, was heutzutage, denkt man an gewisse Institute in Deutschland, ja keine Selbstverständlichkeit ist). Ausgesprochen wohltuend ist sein unaufgeregter Blick auf Karl Marx, der mit einigen der in der bürgerlichen, antimarxistischen Literaturbeliebten Legenden aufräumt. Etwa Marx, der ewige Schnorrer, der seinem Freund Engels auf der Tasche lag. Sperber weist nach, dass der, selbst mit seiner Familie im Londoner Exil elend lebende, Marx mit enormen Anstrengungen anderen politischen Flüchtlingen materiell unter die Arme griff; deutlich werden die Konturen einer Persönlichkeit sichtbar, die keines-
wegs ein Stubenhocker war, sondern mit beiden Beinen in den praktisch-organisatorischen Kämpfen ihrer Zeit stand. Allerdings zeigen sich auch hier Schwächen, die das Buch durchziehen: Die Beschäftigung mit den theoretischen Auseinandersetzungen, in denen Marx (und Engels) fochten, bleibt an der Oberfläche kleben. Grundlegende politische Positionen, wie etwa die Haltung zu Ferdinand Lassalle und dessen Agieren, werden so wie rein persönliche Empfindlichkeiten interpretiert. Das selbstgesteckte Ziel Sperbers, Marx als einen "rückwärtsgewandten Denker", quasi den Erben und Exegeten der großen bürgerlichen französischen Revolution, zu situieren, kann er (zum Glück) nicht einlösen, dazu ist der Autor zu seriös. Vielmehr wird deutlich, wie sehr das Werk Marxens in's 20. und 21. Jahrhundert herüber reicht. Trotz allem: Eine empfehlenswerte Lektüre für alle, die Marx kennenlernen wollen und auch jene, die ihn schon kennen. Wer eine Verdammung oder Anbetung der porträtierten Persönlichkeit sucht, wird nicht auf seine Rechnung kommen. Wer Stoff für eigene kritische Überlegungen sucht, hat einige vergnügliche Lesestunden vor sich. Kurt Lhotzky
Jonathan Sperber Karl Marx - Sein Leben und sein Jahrhundert Beck, 634 Seiten EUR 30,80
Ein polemischer Blick auf die Geschichtschreibung des 20. Jahrhunderts Die Schlachten des 20. Jahrhunderts auf den Gebieten der Politik, Wirtschaft, Philosophie und Kunst sind nicht entschieden. Hundert Jahre nach dem Ersten Weltkrieg und der russischen Revolution bedrohen Wirtschaftskrisen, soziale Ungleichheit, Krieg und Diktatur wieder die Menschheit. Im Gegensatz zum Postmodernismus, der die Geschichts- schreibung als rein subjektives „Narrativ“ auffasst, betont David North, dass die gründliche materialistische Kenntnis der Geschichte eine Voraussetzung für das Überleben der Menschheit bildet. In 15 brillanten, polemischen Essays geht er auf die wichtigsten politischen und theoretischen Kontoversen des vergangenen Jahrhunderts ein. North spielt seit mehr als 40 Jahren eine führende Rolle in der internationalen sozialistischen Bewegung und ist Chefredakteur der World Socialist Web Site.
Auch wenn bestimmte Positionen North' nach Meinung des Rezensenten falsch sind (etwa die Ablehnung der Gewerkschaften), hat das Buch speziell in seinen historischen Kapiteln einen großen Wert. Wie beim oben rezensierten Buch Sperbers ist auch hier der kritische Leser, die kritische Leserin gefordert. Unbestritten sind die mitunter polemischen Essays anregend und diskutierenswert. Und, nebenbei: Ein bisschen Polemik hat ja bekanntlich noch niemandem geschadet. Und bereitet mehr Lesevergnügen als faserschmeichlerisches Konsensgejodel ... Kurt Lhotzky David North Die russische Revolution und das unvollendete 20. Jahrhundert Mehring, 485 Seiten EUR 30,80
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VERANSTALTUNGEN
V e r a n s t a lt u n g e n M ä r z / Ap r i l 2 0 1 6 Dienstag, 15. 3. 2016, 19.00 Uhr: Kurt Lhotzky präsentiert: "Ein Gespenst geht um ..." Kaum zwei andere Denker haben ihr eigenes und die folgenden Jahrhunderte so nachhaltig geprägt wie Karl Marx (1818 – 1883) und Friedrich Engels (1820 – 1895) . Viele Male totgesagt, verboten, revidiert, quasi religiös kanonisiert, in den Elfenbeinturm der akademischen Marxologie gesperrt, tauchen die Lehren von Marx und Engels bis zum heutigen Tage immer und überall dort auf, wo gesellschaftliche Umbrüche stattfinden. Diese Auswahl soll allen Interessierten die Möglichkeit bieten, Marx und Engels „mit ihren eigenen Worten“ kennen zu lernen. Die vorliegende Ausgabe ist keine „wissenschaftliche Edition“. Mit wenigen Ausnahmen – außer, es handelt sich um Anmerkungen von Marx und Engels selbst – wurde auf Fußnoten oder Erläuterungen verzichtet. Mein Ziel war es, einen möglichst breiten Einblick in das theoretische und praktische Werk von Karl Marx und Friedrich Engels zu bieten. Die Auswahl folgt daher nicht den Bedürfnissen mancher Ökonomen oder Politikwissenschaftler, die nahezu bibelexegetische Textinterpretationen liefern, wenn es um Marx und Engels geht – jede, jeder Interessierte soll sich selbst an Hand von Quellentexten ein Bild vom „Marxismus“ machen können; die beiden Verfasser dieser Texte haben ja schließlich „für die Massen“ geschrieben und nicht für professorale Debattierklubs. Karl Marx / Friedrich Engels Gesammelte Werke Anaconda-Verlag 826 Seiten, EUR 9,95
Samstag, 26. 3. 2016, 12.00 Uhr: Indiebookday Ausführliche Informationen zu Teilenhmerinnen und Teilnehmern sowie das Programm finden Sie auf den Indiebookday-Sonderseiten!
Dienstag, 12.4. 2016, 19.00 Uhr: Walter Fanta Krieg. Wahn. Sex. Liebe. Der Herausgeber der digitalen Musil-Edition Walter Fanta präsentiert ein (mögliches Ende) des immer wieder zitierten und selten gelesenen Klassikers des 20. Jahrhunderts. Nähere Informationen im Hauptartikel auf der nächsten Seite! Walter Fanta Krieg. Wahn. Sex. Liebe. Drava-Verlag 376 Seiten, EUR 29,00
· VORANKÜNDIGUNG Montag, 18.4. 2016, 19.00 Uhr: Topsy Küppers präsentiert ihr Buch "Mein Ungustl" Ein sehr persönliches Buch der Schauspielerin und Chanteuse Topsy Küppers über ihren Kampf gegen den "Ungustl". So nennt sie den Tumor. der sich in ihrem Darm eingenistet hat. Mehr in der nächsten Buchstabensuppe!
Alle Veranstaltungen finden, wenn nicht ausdrücklich anders angegeben, bei freiem Eintritt in Lhotzkys Literaturbuffet, Eingang Rotensterngasse 2, 1020 statt. Wir ersuchen aus organisatorischen Gründen um Platzreservierungen!
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BUCHTIPPS
Walter Fanta:
Krieg. Wahn. Sex. Liebe. Das Finale des Romans „Der Mann ohne Eigenschaften“ von Robert Musil Weshalb hat Musil seinen Roman Der Mann ohne Eigenschaften nicht abgeschlossen? Welche Enden hätte er gefunden, was ist aus den Konzeptionen zu erkennen? Oder gibt es nicht überhaupt doch ein Ende, in den Bergen von Manuskripten verborgen, die der Autor hinterlassen hat? Die Frage nach dem Finale des »Mann ohne Eigenschaften« gibt ein Rätsel auf. Walter Fanta, Herausgeber der digitalen Musil-Edition, hat sich zwanzig Jahre lang mit der Entzifferung und der textgenetischen Erforschung von Musils Manuskripten befasst und aus der Deutung der Notizen, die erst halb verschriftlichte Spuren von bloß Gedachtem repräsentieren, Lösungen des Rätsels entwickelt. Musils Nachlass
stellt tatsächlich ein Labyrinth dar, einen gigantischen prädigitalen Hypertext, eine riesige Spielanlage, in der ein Autor als ›Herr des Spiels‹ und zugleich Knecht unterschiedlicher Spielverläufe, die sich verselbstständigt haben, ein jahrzehntelanges philosophischliterarisches Experiment betreibt. Für das Finale seines Romans hat sich Musil in den vielen Phasen des Schreibens 1919–1942 viele Ausgänge erdacht, am Ende konnte er sich für keinen entscheiden.
Walter Fanta Krieg. Wahn. Sex. Liebe. Drava-Verlag 376 Seiten, EUR 29,00
Rechts: Eine Manuskriptseite des 2. Buchs vom "Mann ohne Eigenschaften"
Suspense, und doch kein Thriller. Aber: brillant! Wenn wir an einem Samstagnachmittag im Juni den Autor Michael Turner dabei begleiten, wie er durch die Hintertür das Haus seiner Nachbarn , der Nelsons, betritt, um sich einen kleinen Schraubenschlüssel zurückzuholen, den er hergeborgt hat, verdichtet sich mit jedem Schritt das dumpfe Gefühl einer Katastrophe, die auf uns lauert. Der walisische Autor Owen Sheers hat einen berührenden, spannenden, intensiven Roman über Liebe, Verlust und Täuschung geschrieben. Die Geschichte, die er uns erzählt, ist komplex, und wir erfahren in einer scheinbaren Nebenhandlung, welche Auswirkungen der hochtechnisierte Drohnenkrieg nicht nur auf seine anvisierten Opfer, sondern auch auf die, welche "den Knopf drücken", hat. Nebenbei - das ist jetzt schon der zweite,
meiner Meinung nach hervorragende, Roman in diesem Frühjahr, in dem eine Fotografin eine Schlüsselrolle spielt. Für die Sprachpuristen - der Titel "I saw a man" bezieht sich auf ein Gedicht von Hugh Mearns und ist somit hoffentlich gestattet ... Yesterday, upon the stair, I met a man who wasn't there. He wasn't there again today, I wish, I wish he'd go away. Kurt Lhotzky Owen Sheers I Saw A Man DVA 304 Seiten, € 20.60
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BUCHTIPPS
Mit Juli Zeh in die Abgründe der deutschen Provinz
Eine ziemlich windige Dorfgeschichte Endlich ist es da! Das neue Buch von Juli Zeh. Wir haben´s schon mal vorab gelesen. Juli Zeh begibt sich in ihrem neuen Buch Unterleuten unter die Menschen. Was ganz harmlos als Dorfgeschichte beginnt – verortet in dem fiktiven kleinen Ort Unterleuten, nahe Berlin – entspinnt sich als umfangreicher und virtuoser Gesellschaftsroman. Aus über 10 Perspektiven, welcher jeweils ein Kapitel gewidmet ist, wird das Zusammenleben in Unterleuten beschrieben. Und es wird immer mehr klar, es ist nicht alles so friedlich wie es scheint. So einige Intrigen liegen verdeckt unter der Idylle der brandenburgischen Landschaft und des Naturschutzgebietes, in dem es letzte Vorkommen der unter Artenschutz stehenden Kampfläufer gibt. Die Bewohner von Unterleuten, bestehend aus seit Generationen dort Ansässigen sowie seit kurzem auch einigen jungen Stadtflüchtigen (wie es auch die Autorin selbst ist), leben, so wird klar, in einem sehr feinen Gefüge mit- und in manchem auch gegeneinander.
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Auch wenn unmöglich zusammenzufassen und noch unmöglicher vorwegzunehmen, sei der Ausgangspunkt der Handlung grob umrissen: in der Gegend um Unterleuten soll ein Windpark errichtet werden. Dem Glückspilz, der die Kunde ins Dorf tragen soll, wo er sich keine große Zustimmung erhofft, stellt sich jedoch nicht nur das Problem, dass in dem Widmungsgebiet auch das Schutzgebiet der seltenen Vögel liegt, sondern auch die Schwierigkeit, dass keiner der Grundbesitzer alleine ein Stück Land besitzt, dass für den Zweck groß genug ist. Weswegen mindestens einer an einen anderen verkaufen und gleichzeitig gewillt sein muss dem Aufstellen der Windräder zuzustimmen. Wie viel Potential dieses Rollenspiel für Spekulieren, Erpressen, Freunderlwirtschaften, verdeckten Abmachungen und Hintergehung bietet, muss nicht extra betont werden. Juli Zeh hat sich somit eine große Bühne entworfen auf der sie ihr ganzes Können von Dramaturgie und Fabulierkunst ausbreiten kann.
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In jedem Kapitel lernt man nicht nur den jeweiligen Charakter und seine Stellung innerhalb des Netzes an Beziehungen und Abhängigkeiten näher kennen (die bis in DDR-Zeiten zurückgehen), sondern erfährt auch Schritt für Schritt, wie das Geschehene in Wahrheit wohl ausgesehen hat. Man glaubt sich der Wahrheit ein Stückchen näher, aber auch nur, bis sich einem im Weiteren ein wieder anderen Blick auf die Dinge erschließt. So setzt sich nach und nach ein Möglichkeitsteppich der einzelnen Ereignisse zusammen, die einen nicht nur herrlich unterhalten, sondern in allem auch nach Zeh´scher Manier wunderbar spitzfindig, scharf beobachtet und gesellschafts- und zeitkritisch sind. Lesend taucht man voller Vergnügen in das von Zeh entworfene und sezierte Soziotop ein, von dem man schon während des Lesens hofft, dass einmal eine Serie daraus gedreht wird. Linus Rübe Juli Zeh Unterleuten Luchterhand, 640 S., € 25,70
BUCHTIPPS FÜR JUNGE LESERINNEN UND LESER
"Du, Papa, wo kommen eigentlich die kleinen Bücher her?"
Ein Buch gegen Intoleranz und Unmenschlichkeit Früher haben Rahaf und Hassan in der syrischen Stadt Homs gewohnt und es schön gehabt. Aber dann kamen immer öfter die Flugzeuge und man musste immerzu Angst haben. Da haben die Eltern beschlossen wegzugehen in ein anderes Land. Wie sie über Ägypten in einem viel zu kleinen Schiff nach Italien gereist sind und von dort weiter nach Deutschland – das alles hat sich Kirsten Boie von Rahaf und Hassan erzählen lassen und erzählt es uns weiter. Auch von einer schimpfenden Frau im Zug und einem freundlichen Schaffner. Und von Emma, die in der neuen Schule Rahafs Freundin wird. Daniel Napp nimmt die lesende Person mit auf die Entdeckungsreise wie Bücher entstehen. Wir begleiten dabei Petra Fuchs, Kinderbuchautorin, welche Entwicklungen ein Buch erlebt von der Idee zum Schreiben, zur Illustration, zum Lektorieren, zum Druckprozess, zur Buchhandlung, um nur wenige zu nennen. Das Buch verkleidet sich als Bilderbuch, ist aber vom Inhalt anspruchsvoll, auch wenn eine kleine Maus auf jeder Seite
wichtige Fachbegriffe erklärt. Ein gemeinsames Lesen und Entdecken ist wohl die spannenste Reise. Clara Felis
Daniel Napp Das schlaue Buch vom Büchermachen Gerstenberg Verlag 2016, 14,40 EUR 14,40
Wir bringen diese bewegende Geschichte zweisprachig heraus, damit viele Flüchtlingskinder sie in ihrer Sprache lesen können. Außerdem hilft ein kleiner Sprachführer im Anhang beim Deutsch- und Arabisch-Lernen. Jan Bircks Bilder begleiten den knappen Text auf eindrückliche und warmherzige Weise. Ein schweres und brisantes Thema, eine wohltuende Geschichte, ein schönes Buch. Kirsten Boie Bestimmt wird alles gut Klett, 48 S., € 10,30
Ein liebenswerter kleiner mausiger Ikarus
Flip ist eine kleine Maus und wünscht sich nichts sehnlicher eine Fledermaus zu werden und durch die Lüfte zu fliegen. Dabei scheut er nicht davor, das Kopfüberschlafen zu probieren oder sich kreativste Flügelmöglichkeiten auszudenken. Auch wenn die Landung auf dem Boden hart ist. Doch die Mutter
findet immer wieder ermutigende Worte findet. Ein Buch für die großen und kleinen Träume, die Mut zur Umsetzung brauchen. Clara Felis Steve Smallman Wenn ich groß bin, werde ich Fledermaus Loewe Verlag EUR 13,40 www.literaturbuffet.com | office@literaturbuffet.com | +43 6991 585 16
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BUCHTIPPS
Mussolini: Kein Zappelphilipp in Badehosen Während jedes Jahr neue, endgültige, noch bessere, mit vegetarischen Kochrezepten angereicherte, Biographien des GröFaZ erscheinen, bleibt außerhalb Italiens wenig Raum für die Beschäftigung mit Benito Mussolini. Je dämonischer der Braunauer 'rüberkommt. desto beinahe menschlicher erscheint der theatralische Italiener, den viele nur in der Badehose neben dem etwas pikiert blickenden Vater des Austrofaschismus Engelbert Dollfuss ausschreiten gesehen haben (Bild unten, 1933 in Riccone). Diese Lücke hat der Zeithistoriker Hans Woller nun geschlossen. Auf knapp 400 Seiten liefert er ein wohldokumentiertes Porträt des "ersten Faschisten". Denn immerhin hat Mussolini (1883 - 1945) diese Bewegung ins Leben gerufen, welche dann die Blaupause für Hitlers Nationalsozialismus, den österreichischen Klerikalfaschismus, die Falange Espanola und andere
einschlägige Bestrebungen vorgab. Woller legt Schicht für Schicht die Wahrheit hinter den Mythen über Mussolini frei - etwa über den Antisemitismus des Duce, seine imperialistischen Gelüste, die nicht nur in Leitartikel seiner Faschistenzeitung einflossen, sondern die grausamen Massenmorde in Libyen und später Abessinien hervorbrachten. Auch wenn das Buch keine Geschichte der faschistischen Bewegung insgesamt ist, erfährt der Leser, die Leserin doch genug, um Parallelen zu heutigen, beschönigend "rechtspopulistisch" genannten, Protestparteien und "Volksinitiativen" ziehen zu können. Besonders hervorzuheben ist der Stil von Wollers Buch. Endlich eine ernsthafte historische Biographie, die mit der narrativen Leichtigkeit (aber keinsfalls Leichtfertigkeit!), der englischen Historiker geschrieben ist. Kurt Lhotzky
Hans Woller Mussolini, der erste Faschist Beck 397 Seiten, EUR 27,40
Ebenfalls im Beck-Verlag erschienen ist in der Wissens-Reihe das Bändchen "Der italienische Faschshismus". Wer eine knappe Einführung in die Entstehungsgeschichte dieser gewalttätigen, gegen die Arbeiterbe- wegung und die parlamen- tarischen Institutionen gerichteten Bewegung sucht, findet hier die notwendigen Informationen. Eine Diskussion der verschiedenen
Faschismus-theorien kann der Band mit seinen schlanken 164 Seiten natürlich nicht bieten. Ein solider Einstieg in das spannende Themenfeld ist das Buch allemal! Kurt Lhotzky Wolfgang Schieder Der italienische Faschismus Beck 164 Seiten, EUR 9,20 www.literaturbuffet.com | office@literaturbuffet.com | +43 6991 585 16
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BUCHTIPPS
Rebellische Jugend Anno Domini 1914 Für seinen sensationellen Debütroman erhielt Leonhard Frank 1914 den Fontane-Preis. Die berührende Geschichte von zwölf Jugendlichen, die gegen die Welt der Erwachsenen rebellieren, spiegelte damals die Gefühle einer ganzen Generation wider und gilt bis heute als Meisterstück. Würzburg 1899. Eine Schar vierzehnjähriger Lehrjungen hat sich unter dem Anführer Oskar, dem „bleichen Kapitän“, zu einer „Räuberbande“ zusammengeschlossen. Die Abenteuerromantik der Romane von Karl May prägt ihr Denken. Irgendwann wollen sie Würzburg in Schutt und Asche legen, ein Hochseeboot kapern und damit in das Land ihrer Träume, nach Amerika – in den Wilden Westen – segeln. Dort glauben sie frei zu sein von Schule und Familie, von ihren Lehrherren, von all der Verständnislosigkeit und Heuchelei, die sie umgibt. Versammlungsort der Räuberbande ist ein unterirdischer Gang in den Weinbergen, wo gestohlene Weintrauben, Zigarren, eine Pistole und unzählige Hefte mit Räuber- und Indianergeschichten aufbewahrt sind, an deren Inhalt sich die Fantasie der Buben entzündet. Werden sie ihre Sehnsucht nach Abenteuern, nach Freiheit erfüllen können? Noch sitzen sie in ihrer Höhle beieinander und donnern gegen die Tyrannei dieser Welt. Leonhard Frank beschreibt das Ende der Kindheit anhand der unterschiedlichen Persönlichkeiten der Jungs, ihre kleinen Jugendsünden, ihre fantastischen Ideen und Zukunftsträume – ausgeliefert einer oft sadistischen Welt der Erziehungsberechtigten, streng und dienstbeflissen, ohne Verständnis für Flausen. Mit einem ausführlichen Nachwort von Michael Henke, Vorstand der Leonhard-Frank-Gesellschaft in Würzburg.
Leonhard Frank Die Räuberbande Milena 360 Seiten, EUR 30,--
SIGNIERSTUNDE
Margit Fischer Freitag, 18. März 2016
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DIE LETZTE SEITE
EDI ERDMANNS LETZTE WORTE Haben Sie als Kind auch so gerne gemalt? Ja? Mit Buntstiften oder mit Filzstiften? Na … ist ja auch egal. Erinnern Sie sich noch daran, wie es war eine neue Stiftebox zu öffnen und all die Farben zu bewundern? Es war ein bisschen so, als hätte man einen Regenbogen in der Tasche, den man jederzeit dazu benutzen konnte eine eigenen kleine Welt auf einem Blatt Papier zu schaffen? Ja? Und jetzt stellen Sie sich vor, wie das gewesen wäre, wenn Sie die Box geöffnet hätten, und nur ein einziger Buntstift darin gelegen hätte. Grau. Irgendein langweiliges, hässliches Grau. Obwohl … er könnte natürlich auch grün, rosa oder blau gewesen sein - völlig egal; es wäre immer nur ein einziger Stift gewesen. Viel gezeichnet hätten Sie damit jedenfalls nicht - die Zeichnungen hätten ja schließlich alle die gleiche Farbe gehabt. Natürlich klingt das nicht gerade verlockend. Zumindest für mich nicht. Wenn
Öffnungszeiten:
ich die Wahl zwischen fünfzig Schattierungen von Grau und einer Box voller verschiedenfarbiger Stifte hätte - ich wüsste, dass ich mich für den Regenbogen entscheiden würde. Und genauso handhabe ich es mit meinen Büchern. Es gibt viele tolle Verlage - große und kleine, spezialisierte und breit aufgestellte; und alle haben ihre Berechtigung. Warum sollten wir auch alle mit der selben Farbe malen? Der "Indiebookday” ist eine tolle Gelegenheit das Bunte in der Verlagswelt kennen zu lernen: Die unabhängigen Kleinverlage! Im Literaturbuffet haben Sie die einmalige Gelegenheit, am Samstag 26. März 2016, viele von ihnen zu erleben. In einem einzigartigen Aufgebot werden die Unterschiede zelebriert und Gemeinsamkeiten gefeiert, während im Viertelstundenrhythmus Autoren und Autorinnen aus ihren Werken lesen werden. Ich freue mich jedenfalls schon darauf und auf Ihren Besuch! Voranmeldung ist nicht nötig, kommen Sie einfach vorbei.
Montag - Freitag von 9.00 18.30 Samstag von 10.00 bis 16.00 Veranstaltungen: Veranstaltungen finden immer in der Rotensterngasse 2, 1020 Wien statt. Der Eintritt ist frei. Wir ersuchen um Platzreservierungen! Kontakt: Tel: +43 1 276 47 36 Fax: +43 1 276 47 36 Mobil: +43 6991 585 16 68 mail: office@literaturbuffet.com Web: www.literaturbuffet.com
Ihr Eduard Erdmann IV.
DAS LITERARISCHE KREUZWORTRÄTSEL Die Auflösung erfahren Sie nicht in der nächsten Nummer, sondern persönlich im Literaturbuffet oder auf unserer Homepage www.literaturbuffet.com
Impressum Eigentümer, Verleger, Druck: Lhotzkys Literaturbuffet / Andrea Lhotzky Druckort: Wien Preisangaben ohne Gewähr Wer einen Druckfehler findet, darf ihn behalten.
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