Buchstabensuppe 4 2016

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September 2016

Sabine Gruber Verweile im Augenblick Sabine Grubers jüngster Roman ist … ja, was eigentlich? Ein Roman über „Kriegsfotografen“? Ein Roman über eine langsam verstorbene Liebesbeziehung? Ein Roman über Mitleid, Verantwortung? Über Sprachlosigkeit angesichts der Gräuel der Gegenwart? Auf jeden Fall ist es ein großartiges Buch. Bruno Daldossi, rund um die 60, ist auf dem Rückzug aus seinem Beruf. Als „war photographer“ hat er die Schauplätze von Straßenkämpfen irgendwo im Irak genauso gesehen wie das Leiden der Zivilbevölkerung in Sarajewo, langsam wahnsinnig werdende tschetschenische Aufständische in ihrem eisigen Unterstand in den Bergen des Kaukasus, verstümmelte Leichen in Afghanistan. Der Südtiroler hat seine „homebase“ in Wien, aber seiner Freundin Marlis, einer Zoologin, die sich der Rettung der Bären verschrieben hat, sind im Laufe ihrer durch ständige Kriegseinsätze ihres Lebenspartners unterbrochenen Beziehung die Gelassenheitsreserven abhanden gekommen, wie sie Bruno sagt. Denn immer sind es die grausigen Bilder, die sich zwischen sie drängen. „Das Leiden anderer betrachten“ ist an Daldossi nicht spurlos vorbeigegangen – wie der (reale) bedeutende Photoreporter James Nachtwey ist er vom „war photographer“ zum „anti-war photographer“ geworden; er ist kein Fotograf von „KriegsPornos“ (um noch einmal Susan Sontag zu zitieren) – er will mit seinen schockierenden Fotos (die schockierendsten werden ohnehin nie gezeigt) etwas bewegen. Er zahlt einen hohen Preis: Marlis verlässt ihn, gerade in dem Augenblick, wo er sein Leben neu einrichten will; aber wie soll er das schaffen – er ist Alkoholiker, fällt ständig aus der Realität des Augenblicks in Erinnerungen an andere, furchtbare Augenblicke. Kann es für einen wie Daldossi eine Rückkehr in die Normalität geben?

Er reist nach Venedig, will sich mit Marlis aussprechen, und wacht übel verkatert in einem Hotel auf, in das ihn seine Ex befördert hat: Gegenüber der Wohnung ihres neuen Freundes hat er auf sie gewartet, und sich buchstäblich bis zur Besinnungslosigkeit besoffen. Nicht er findet Marlis, sie findet ihn, und zwar in einem Zustand, der alles bestätigt, was sie zur Trennung mit Bruno bewegt hat. Johanna, Journalistin und Exfrau eines schreibenden (nicht fotografierenden) Kollegen, soll eine Repoprtage über die Situation auf Lampedusa schreiben. Bruno hat sie vor seiner Abreise nach Venedig in Wien getroffen – nun folgt er ihr. Wer sich jetzt eine seichte Liebesgeschichte erwartet, täuscht sich gewaltig. So einfach macht es Sabine Gruber weder ihren Protagonisten noch den Leserinnen und Lesern. Sabine Gruber macht uns mit höchst realistischen gebrochenen Charakteren bekannt. Hier wird nicht moralisiert (nichts wäre leichter, als das Klischee vom versoffenen Kriegsreporte à la Ernest Hemingway zu bedienen), der Tod einer Liebesbeziehung ernst und ohne parteiische Seitenhiebe beschrieben, ein zutiefst unglücklicher, weil ethischen Prinzipien folgender, Fotograf porträtiert, ohne ihn auf ein Podest zu stellen. Ja, hier wird der Leserin, dem Leser allerhand abverlangt. Trotzdem ist „Daldossi oder das Leben des Augenblicks“ kein pessimistisches Buch, es lässt das Publikum nicht ohne Hoffnung zurück. Sabine Gruber hat die Schicksale vieler großer Fotografinnen und Fotografen in dieses Buch hinein verwoben, es ist auch eine berührende Hommage an diejenigen, die mit ihren Bildern aufrütteln und etwas bewegen wollen. Vielleicht wird man Bruno Daldossi nicht lieben lernen – aber man wird ihn ein bisschen besser verstehen. Und auch Marlis. Und warum ihre Beziehung zerbrochen ist.

Sabine Gruber Daldossi oder das Leben des Augenblicks C.H.Beck 316 Seiten, EUR 22,60

Kurt Lhotzky

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BUCHTIPPS

Gerda Taro und Robert Capa in Zeiten von Liebe und Krieg Die spanische Journalistin Susana Fortes erzählt in ihrem Roman „Warten auf Robert Capa“, gestützt auf reichhaltige fotohistorische Literatur, , die Geschichte der Liebes- und Arbeitsbeziehung zwischen Gerda Taro (eigentlich Gerta Pohorylles, geboren 1910 in Stuttgart) und Robert Capa (eigentlich Endre Ernö Friedmann, geboren 1913 in Budapest). Fortes wagt die Gratwanderung, sich in die Gedankenwelt ihrer Protagonisten hinein zu versetzen. So entsteht ein faszinierendes Bild einer "amour fou" zumindestens seitens Capas - in den "Zeiten von Liebe und Krieg". Endre lernt Gerta 1934 in Paris kennen dorthin war die Tochter eines polnischjüdischen Kaufmanns 1933 mit ihrer Schweizer Freundin Ruth Cerf geflüchtet, nachdem sie mit viel Glück im März 1933 der Gestapo entkommen konnte, die sie wegen ihrer politischen Kontakte verhaftet hatte. Endre, gerade 21, war seinerseits im faschistischen Horthy-Ungarn der Polizei in die Hände gefallen, die ihn wegen seiner Aktivitäten in der linken Schülerbewegung brutal misshandelte. Vor die Wahl gestellt, in Haft zu bleiben oder das Land zu verlassen, ging er zuerst nach Berlin, wo er an der Deutschen Hochschule für Politik Fotografie erlernte und beim Deutschen Photodienst Dephot landete. 1932 erregte eine Fotoserie internationale Aufmerksamkeit: Der 19jährige hatte als einziger die Gelegenheit genutzt, im Auftrag der Dephot beim ersten öffentlichen Auftritt des aus Russland vertriebenen Revolutionärs Leo Trotzki Fotos zu machen. Nach der Machtergreifung der Nazis übersiedelte Endre kurzfristig nach Wien und dann eben in die französische Hauptstadt. In Paris gab es eine wachsende, künstlerisch und politisch hochaktive, Exilbewegung. Denn der Faschismus breitete sich metastasenartig in Europa aus. Dort lernten sich Endre und Gerta kennen, Bald bahnte sich zwischen ihnen eine Beziehung an - nicht nur eine erotische, sondern auch eine künstlerische. Durch Endre kam Pohorylle mit der Fotografie in Berührung, und sie wollte dieses neue Terrain betreten und sich frei darin bewegen - ihr Freund lehrte sie Technik, Bildaufbau und das "Warten auf den richtigen Augenblick". Es waren die Jahre der Leica und der Rolleiflex - handliche kleine Kameras machten es möglich, nahezu überall zu fotografieren. Mit Hilfe ihres Freundes hatte Gerta mittlerweile eine Arbeit in einer Bildagentur gefunden, Endre machte teilweise vielbeachtete Fotoreportagen wie jene über die Lage im Saarland vor der Abstimmung

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über die Zukunft dieses zwischen Frankreich und Nazideutschland umstrittenen Territoriums. Auch Paris war damals kein sicherer Hafen für Flüchtlinge. Faschistische Banden wie die Action Francaise und die Croix de Feu verbreiteten antisemitische Propaganda und griffen Mitglieder und Funktionäre der Linksparteien an. Mit dem Sieg der französischen Volksfront 1936 schien sich der Wind zu drehen. Die 40-Stunden-Woche wurde eingeführt, erstmals konnten die französischen Arbeiter bezahlten Urlaub machen, die faschistischen Ligen wurden verboten.

Dann kam der 17. Juli 1936: In Spanien putschten die Generale Franco, Queipo de Llano und Mola gegen die junge Republik und stützten sich auf die faschistischen Organisationen des Landes sowie Teile der Monarchisten. Gerda, die mittlerweile zur inoffiziellen Managerin ihres Freundes geworden war, war im Jahr zuvor ein echter "scoop" geglückt: Gemeinsam mit Endre hatten sie die Kunstfigur "Robert Capa" geschaffen - einen jungen, gutsituierten amerikanischen Fotojournalisten aus besten Kreisen, der nach Paris gekommen war, um Leben in die Szene zu bringen. Aus Gerta Pohorylle wurde Gerta Taro - vom Klang her eine Referenz an die vor ihr bewunderte Greta Garbo. Zwar wurde der "Schwindel", der eher ein practical joke war,

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aufgedeckt: Das änderte nichts daran, dass der angebliche Amerikaner um etliches mehr für seine Fotos erhielt als der kleine ungarische Fotograf Endre Friedmann. 1935 hatte Capa erstmals eine Reportage in Spanien fotografiert - nun waren er und Gerta entschlossen, nach Spanien zu gehen, um über den Krieg gegen die Faschisten zu berichten. Am 8. August, knapp drei Wochen nach dem Putsch, flogen sie nach Barcelona und hatten zum ersten Mal Glück: Die Maschine stürzte beim Landeanflug beinahe ab, die Bruchlandung war eine ziemliche Katastrophe, aber Robert und Gerta gehörten zu den wenigen unverletzten Passagieren. Sie verstanden sich als Partei - hier, in Spanien, wurde die Grenzlinie gegen die faschistische Flut gezogen, und ihre Kameras waren scharfe Waffen in dieser Auseinandersetzung. Gerta Taros Fotos unterschieden sich deutlich von denen Roberts. Nicht nur, weil sie mit der Rolleiflex im Format 6 x 6 arbeitete, und er mit dem Leica-Kleinbild 24 x 36. Gerda "komponierte" ihre Bilder - sie war nicht langsam, aber nicht so spontan wie Robert (der wohl auch deswegen kein Problem damit hatte, wenn sich durch Beschneiden der Fokus seiner Fotos änderte). Beide waren waghalsig - sie fotografierten nicht wie andere im Hinterland, sie gingen ganz nach vorn, auf den Barrikaden in Madrid genauso wie auf den Schlachtfeldern Kataloniens und Brunetes. Sie wollten der Welt die Wahrheit über diesen schrecklichen Krieg entgegen schreien, sie wollten aufrütteln - aber die westlichen "Demokratien", allen voran die befreundete französische Volksfront, ließen das kämpfende spanische Volk im Stich. Am 5. September 1936 machte Robert Capa jenes Foto, das ihn weltberühmt machte: Der fallende Soldat - die Aufnahme eines Milizionärs im Moment seines Todes, getroffen von einer Kugel der Faschisten. Das Foto erschien in allen großen Zeitungen und Zeitschriften, wurde eine fotografische Ikone. Sehr glaubhaft beschreibt Susana Fortes die Verzweiflung Capas über dieses Bild, die bohrenden Zweifel, ob der Milizionär noch am Leben wäre, wenn er, Capa, nicht auf der Suche nach dem "besten Bild" gewesen wäre. Das besondere am Roman Fortes ist sein "hybrider" Charakter. Manchmal glaubt man, eine Monographie über Taro und Capa zu lesen, dann folgen Einschübe mit inneren Monologen der beiden, Beschreibungen ihres gemeinsamen Lebens, ihrer sexuellen Ekstase und ihrer Entfremdungen voneinander, auch immer wieder Vorgriffe in der Geschichte, bis nach Vietnam 1954, wo Robert Capa sein gewaltsames Ende ereilte.


BUCHTIPPS Dennoch ist "Warten auf Robert Capa" ein geglückter Roman, nicht nur eine Hommage an zwei große Persönlichkeiten der Fotografie des 20. Jahrhunderts. So, wie das Foto vom fallenden Milizionär das Leben Capas veränderte, veränderte sich auch die Beziehung zwischen ihm und Gerta Taro. Sie liebten einander, aber sie ginge genug getrennte Wege. Nicht nur bei Susana Fortes, auch in der Realität scheint Robert viel schwerer mit diesem Leben und der Unabhängigkeit der Partnerin fertig geworden zu sein. Eifersucht auf Kollegen plagte ihn, während sie in Spanien war und er in Frankreich im gemeinsamen Atelier arbeitete, das ein Treffpunkt von Kollegen wie Cartier-Bresson, Brassai oder Künstlern wie Giacometti war. Umgekehrt ertrug Gerta es nur schwer, in Paris den notwendigen Tagegeschäften nachzugehen, während Robert irgendwo an der Front unterwegs war. Am 25. Juli 1937 verbrachte Gerta den ganzen Tag in den vordersten Linien an der Brunete-Front. Es war ein schrecklicher Tag für die Antifaschisten. Den ganzen Tag über feuerte die Artillerie der Faschisten, deutsche Kampfflieger der Legion Condor bombardierten die republikanischen

Stellungen, Tiefflieger mähten flüchtende Gegner nieder. Am Abend war ein Rückzug unvermeidlich, und gemeinsam mit ihrem kanadischen Kollegen Ted Allan schaffte es Taro gerade noch, am Trittbrett eines Pressewagens mitgenommen zu werden. Und dann rammte im allgemeinen Chaos der Flucht ein Panzer der eigenen Truppen den Wagen, zermalmte ihn ,und mit ihm Gerta Taro, die aber - trotz ihrer schwersten Verletzungen - am Leben blieb. Sie starb am nächsten Tag im Militärlazarett in El Escorial. Ihre letzten Worte sollen ihrer Kamera gegolten haben ob diese gefunden worden sei, fragte sie die Krankenschwester. Als diese verneinte, sagte sie: "Wie schade, sie war fast neu". Die Beisetzung Gerta Taros in Paris, am Friedhof Père Lachaise, war eine antifaschistische Massenkundgebung. Zehntausende folgten dem Sarg, unter ihnen Schriftsteller wie Pablo Neruda oder Louis Aragon. Der völlig gebrochene Robert Capa wurde von seinem Freund Henri CartierBresson gestützt und war in Tränen aufgelöst. Vierzehn Tage sperrte er sich in seinem Atelier ein um zu trauern und damit fertig zu werden, dass er in der Stunde ihres Todes

nicht bei seiner Gefährtin gewesen war. Ich kann Susana Fortes Buch allen Leserinnen und Lesern empfehlen, die ein fesselndes und berührendes Buch über zwei große Fotografinnen/Fotografen lesen wollen. Es ist aber auch ein "voraussetzungsloses" Buch für alle, die eine dramatische und bewegende Liebesgeschichte lesen wollen. Susana Fortes Warten auf Robert Capa ebersbach und simon 255 Seiten, EUR 20,40 Kurt Lhotzky Der ungekürzte Text dieses Artikels findet sich auf meinem Fotoblog https://wordpress .com/post/complexi tyinaframe.wordpre ss.com/1091

Übersetzer und Skeptiker Tim Parks über Literatur Tim Parks, bei uns unter anderem durch die “Duxckworth-Trilogie” bekannt, ist 1954 in Manchester geboren und unterrichtet heute Literarisches Übersetzen an der Universität Mailand. Immerhin hat er Machiavelli, Italo Calvino und Alberto Moravia ins Englische übertragen. Sein Buch “Worüber wir sprechen, wenn wir über Bücher sprechen” ist eine EssaySammlung über Literatur, Sprache, Übersetzungen, die Rezeption von Literatur und die Größen und Gefahren der “Weltliteratur”, Tendenzen am Buchmarkt … Tim Parks greift Themen auf, die kontroversiell sind. Seine Fragestellungen eröffnen überraschende Perspektiven, die in der Diskussion oft ausgeblendet werden, Etwa im Essay “E-Books sind für Erwachsene”: “Indem es sämtliche Spielarten der Erscheinung und des Gewichts des physischen Objekts, das wir in der Hand halten, eliminiert und alles entfernt, was nicht Konzentration auf die eine Stelle ist, an der wir uns in der Abfolge der Wörter gerade befinden (sobald eine Seite gelesen ist, verschwindet sie und die nächste Seite muss erst noch erscheinen), müsste uns das E-Book eigentlich näher zum Kern der literarischen Erfahrung heranführen als das Buch aus

Papier. Ganz sicher ermöglicht es uns einen nüchterneren und direkteren Umgang mit den Wörtern, die vor uns auftauschen und wieder verschwinden, als das herkömmliche gedruckte Buch, es verschafft uns nicht die fetischistische Befriedigung, unsere Wände mit berühmten Namen zu pflastern. Als habe man uns von allem Überflüssigen und Ablenkenden im Umfeld des Textes befreit, damit wir uns auf den Genuss der eigentlichen Wörter konzentrieren können. So gesehen ist der Übergang vom Papierbuch zum E-Book dem Augenblick nicht unähnlich, an dem wir von illustrierten Kinderbüchern zur Erwachsenenversion der Buchseite wechseln, die nur noch aus Texte besteht. Es ist ein Medium für Erwachsene”. (S. 30f). Durchaus zum Nachdenken können auch seine kritischen Betrachtungen über das erdrückende Gewicht der englischsprachigen Literatur an der weltweiten Buchproduktion anregen: Statt spezifische, durch kulturelle Traditionen geprägte Romane zu schreiben, greifen viele Autorinnen und Autoren zu dem, was er als “englisches Skelett” bezeichnet, und modellieren es dann mit “nationalem Fleisch” zum literarischen Endprodukt. Ob das der Sinn einer “Weltliteratur” ist?

Tim Parks Worüber wir sprechen, wenn wir über Bücher sprechen Kunstmann-Verlag, 240 Seiten, EUR 20,60 Kurt Lhotzky

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Das "Parlament der Unsichtbaren" und die "Stimme des Volkes" Pierre Rosanvallon ist Professor für Geschichte am Collège de France und Directeur d'Études an der École des Hautes Études en Sciences Sociales. Was hat ein Historiker, der zum „Olymp“ der französischen Wissenschaft aufgestiegen ist, mit uns zu tun? Eine ganze Menge. Zunächst: der 1948 geborene Rosanvallon ist insofern gut geerdet, als er noch während seines Studiums in der Gewerkschaft CFDT aktiv wurde und einer der Vorkämpfer der Selbstverwaltungskonzepte dieser Gewerkschaftszentrale wurde. Mit wachsender Sorge musste er in den letzten Jahren miterleben, wie rechtspopulistische Bewegungen in Frankreich und europaweit auf dem Vormarsch sind. Eine seiner Diagnosen: Viele „kleine Leute“laufen den Populisten in die Arme, weil die traditionellen politischen Eliten (und auch die Gewerkschaften) immer abgehobener werden und gar nicht mehr wissen, welche Sorgen und Alltagsprobleme die Menschen haben. Die Rechtspopulisten geben zwar keine Antworten – sie tun aber so, als wären sie die Verteidiger der in der Gesellschaft zu kurz gekommenen, sie bieten Sündenböcke („die Ausländer“, „die Flüchtlinge“, „die EU-Bonzen“) an und versuchen, das Misstrauen gegen die bisherigen Politikformen zu schüren und für sich zu nützen.

Rosanvallon hat ein Webportal geschaffen - „Raconter la vie“, „Das Leben erzählen“ der allen eine Tribüne bieten soll, die sich von der französischen Politik nicht mehr vertreten fühlen. Und das Angebot wird genutzt. Die Ansprüche sind hoch – wer über sein Leben und sein Schicksal berichten will, soll das umfassend und nicht nur in Stichworten tun, „große“ Literatur wird nicht erwartet, aber lesbare Darstellungen des Alltags. Auch Schriftsteller und Sozialwissenschafter sind eingeladen, das Projekt zu unterstützen – Ziel ist es, eine lebendige, pulsierende Bestandsaufnahme des „Lebens der einfachen Menschen“ zu erarbeiten. In Frankreich hat dieser Zugang zur „Alltagspolitik“ Wurzeln, die bis in das 19. Jahrhundert zurückgehen. Nun wird das Reden und Schreiben über das Leben der arbeitenden, arbeitslosen, migrantischen, lernenden Menschen alleine nichts verändern können. Dieser erzählerische Zugang kann aber ein Baustein in einem Bewusstwerdungsprozess sein, in dem Menschen sehen, dass sie zählen, dass sie Subjekte und nicht nur Objekte der Politik sind. „Das Parlament der Unsichtbaren“ ist das „Manifest“ dieser Bewegung. Ihr österreichisches Gegenstück lebt und gedeiht und kann unter www.importundexport.at besucht werden.

Pierre Rosanvallon Das Parlament der Unsichtbaren edition import/export 78 Seiten, EUR 9,90 Kurt Lhotzky

Literarischer Gegenkommentar Die Auseinandersetzung "Richtige Literatur im Falschen? Schriftsteller Kapitalismus - Kritik" ist das Thema einer Tagung im Brecht Haus Berlin aus dem Jahre 2015 gewesen, zu der Enno Stahl und Ingar Solty geladen hatten. Die Fragestellung bezieht sich auf die Verantwortung der Literatur gegenüber einem kapitalistischen System und in wie weit sie Teil dieses Systems ist oder sich auch dagegen stellen kann, bzw. wie kann die politische Gegenwart literarisch festgehalten werden und was kann sie leisten. Der vorliegende Band hält die Tagung sowie die transkribierten Protokollen der Diskussionen fest. Die Gliederung beinhaltet die theoretischen Vorträge der einzelnen Themen wie eine Einführung zu Kapitalismus und die Veränderung des kapitalistischen Systems hin zur globalen Krise. Dazwischen gibt es immer wieder Überlegungen zur Position des Schriftstellers und der Literatur im deutschsprachigen wie auch im internationalen Kontext. Es ist eine

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spannende Auseinandersetzung, die gerade durch die Transkription der Diksussionen einen lebhaften Eindruch hinterlässt. Da es nicht nur theoretische Ansätze gibt, sondern auch gleich nach eienr Umsetzung fordert, bzw. durch die Gespräche teilweise vorhanden ist. Neben Enno Stahl und Ingar Solty kommen u.a. Ann Cotten, Joachim Helfer, Kathrin Röggla und Raul Zelik zu Wort. So ist dieser Band nicht nur ein trockentheoretisches Kompendium, sondern gleichzeitig ein Ausrufezeichen welche Wertigkeit und Wichtigkeit Literatur als Gegenwartskommentar zur politischen Situation zukommt. Die Meinung der einzelnen Teilnehmer kann natürlich hinterfragt werden, die lesende Person wird nicht immer mit allem übereinstimmen, aber die Wahrheit hat bekanntlich viele Gesichter und hier werden einige vorgestellt, die in den Alltag eingebaut werden können und zu einer Veränderung beisteuern.

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Ingar Solty & Enno Stahl Richtige Literatur im Falschen Verbrecher Verlag, 320 Seiten, EUR 21,60 Clara Felis


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O tempora, o Zores! Wir schreiben das Jahr 83 v. u. Z. Ganz Rom ist nach dem Tod des alten Feldherren Gaius Marius von Anhängern des soeben aus dem Osten, aus dem Mithridatischen Krieg, zurückgekehrten Feldherren Lucius Cornelius Sulla Felix überrannt worden. Ganz Rom? Nein! Ein in Gefangenschaft sitzender ehemaliger Sklave … aber wir greifen der Geschichte vor. Der Kriminalroman „Der Römer“ des Dänen Lasse Holm beginnt bereits acht Jahre zuvor, als Sextus Julius Caesar und Lucius Marcius Philippus Konsuln waren, wie die korrekte republikanische Jahreszählung lautet. In diesem Jahr wurde auch einer der Volkstribunen, ein gewisser Marcus Livius Drusus, ermordet. Der junge griechische Arzt Demetrios, wie wir später erfahren, ein entlaufener, besser gesagt: ein irgendwo vergessener Sklave, wird zu Hilfe gerufen, kann aber nur mehr die ärgsten Schmerzen des Sterbenden lindern. Doch er entdeckt, daß die für alle in Drusus' Haus Anwesenden, darunter einige prominente Senatoren, sichtbare Stichwunde nicht die Todesursache ist. Drusus wurde schon zuvor vergiftet. Aus ermittlungstechnischen Gründen behält Demetrios dies freilich für sich, wird er doch von Gaius Marius, dem Bezwinger der Kimbern und Teutonen, mit der Aufklärung des Mordes betraut. Wer den Dolch geführt hat, findet Demetrios bald heraus, zu schlußfolgern, wer für den Giftmord verantwortlich ist und vor allem, wie der Arzt das auch beweisen kann, benötigt noch gut 400 Seiten. Bis dahin vergehen auch an die sechs (bis zum offenen Ende der Erzählung eben sogar acht) Jahre und es ereignet sich sehr viel, das einige Schlaglichter auf die Verhältnisse im damaligen Rom und Italien zu werfen sich anschickt.

Laut Klappentext hat Lasse Holm auch ziemlich genau acht Jahre an seinem Krimi getüftelt, hat sich mit dem republikanischen Rom, den politischen und sozialen Zuständen dort leidlich vertraut gemacht. Tatsächlich greift er, in guter Tradition von Kriminalromanen, die in der Antike spielen (man denke etwa an Steven Saylor: „Das Lächeln des Cicero“ / „Roman Blood“, oder an Jean-Pierre Néraudau: „Das Geheimnis des römischen Gartens“ / „Le mystère du jardin

romain“), auf tatsächlich geschehene, nie oder nur mit beträchtlichen Vorbehalten geklärte Verbrechen zurück. Marcus Livius Drusus wurde im Jahre 91. v. u. Z. ermordet, aber niemand, zumindest soweit wir wissen,

wurde zur Rechenschaft gezogen. Holm schlägt eine eigene, ziemlich überraschende Lösung vor. Bis er zu dieser gelangt, vebringt sein Ermittler Demetrios den halben Bundesgenossenkrieg in Gefangenschaft von eben jenen Bundesgenossen Roms, zeugt mehrere Kinder mit mehreren Frauen jeglichen Standes, wird Leibarzt sowohl von Marius als auch von Sulla, Spitzel, Vermittler, verheiratet, geschieden, Adoptivvater, Freigelassener (also Ex-Sklave mit minderem Bürgerrecht), kurzum erlebt alle Höhen und Tiefen mehrer antiker Leben. So betrachtet sind vierhundert Seiten dann wieder erstaunlich knapp bemessen. Auch einen unverzeihlichen Fehler begeht Lasse Holm (oder die ansonsten stimmige Übersetzung durch André Wilkening): Drusus wird wiederholt als „Patrizier“ bezeichnet. Das ist ausgeschlossen, denn niemals könnte ein Patrizier, Angehöriger der gründerzeitlichen senatorischen Familien Roms, Volkstribun werden, war dieses Amt doch Plebejern (daher ja auch: tribunus plebis) vorbehalten. In seiner Heimat Dänemark war „Der Römer“ („Romeren“) ein Überraschungserfolg, worauf Holm zwei weitere Bände („Der Grieche“ / „Grækeren“; „Republikaneren“) nachlieferte und als „Demetrios Trilogie“, die den Todeskampf der Römischen Republik spiegelte, herausbrachte. „Der Grieche“ wird im Herbst bei Osburg erscheinen, wir dürfen auf neue Erkenntnisse über das Leben in Athen im Jahre 63 v. u. Z. gespannt sein. Lasse Holm Der Römer. Kriminalroman Osburg Verlag 422 Seiten, Eur 12,40

Martin Lhotzky

Die vier Jahreszeiten des Sommers Ein verschlafener Ort im schönen Frankreich erwacht jeden Sommer zu neuem Leben und wird zum Schauplatz der Liebe. In Le Touquet verbringen nicht nur glückliche Paare ihren Badeurlaub: von frisch verliebten Jugendlichen, die das erste Mal den Schmerz unerwiderter Liebe kennenlernen, über Paare die sich schon so lange lieben, dass sie es vergessen haben, bis hin zum betagten Ehepaar, das auch den allerletzten Schritt des Lebens gemeinsam gehen will. So unterschiedlich die Erzählungen sind, so kreuzen sie sich doch alle an verschiedenen Punkten und setzen sich letztendlich zu einem großen Mosaik zusammen, das die Urlaubsliebe und den Liebesurlaub in all ihren Facetten zeigt.

Grégoire Delacourt entführt den/die Leser/in mit seinen vier Lebens- und Liebesgeschichten an die malerische französische Küste und macht Lust auf Meer. Der Roman ist somit nicht nur als Urlaubslektüre geeignet, sondern auch als Appetitmacher auf einen heißen Sommer am Strand. Delacourt, Grégoire Die vier Jahreszeiten des Sommers Atlantik Verlag 185 Seiten, EUR 18,60 Viola Schoßleitner

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Spitzenthriller made in Germany Wenn Sie den Thriller „Heldenfabrik“ nicht gelesen haben, tut mir das leid. Dann haben Sie nämlich einen der intelligentesten Thriller der vergangenen Jahre verpasst. Aber die frohe Kunde folgt umgehend: das Buch ist lieferbar; und der Verfasser, der deutsche Historiker und Bestsellerautor Christian von Ditfurth, hat soeben mit „Zwei Sekunden“ einen weiteren Roman mit dem Protagonisten Hauptkommisar Eugen de Bodt und dessen etwas schrägem Team vorgelegt. Und noch was Positives: Sie müssen nicht unbedingt die „Heldenfabrik“ nachlesen, Sie werden „Zwei Sekunden“ auch so verstehen. Aber, ich wiederhole es ja nicht gerne: Sie haben dann was verpasst. Nein, ich werde Ihnen nur wenig von der Handlung des neuen Thrillers von Christian von Ditfurth verraten. Ich bin kein Spoiler. Nur soviel: Stellen Sie sich vor, Sie wären in der höchst undankbaren Situation, es auf einen Autokonvoi abgesehen zu haben, in dem der russische Präsident und die deutsche Bundeskanzlerin vom Flughafen in die Hauptstadt rast. Nicht als Paparazzo natürlich – sondern als der böse Bube, der die Lebenszeit der prominenten Autopassagiere verkürzen soll. Und plötzlich kommen Ihnen zwei Sekunden abhanden. Oder sie bleiben Ihnen über – je nachdem. Mit einem Wort – ein kurzer Augenblick kann über Erfolg oder Misserfolg entscheiden… Ein Attentat auf die deutsche Bundeskanzlerin alleine wäre schon ein guter Grund, in unserem Nachbarland alle Ermittlungsbehörden in Alarmstufe Rot zu versetzen. Aber wenn auch noch der russische Präsident ins Spiel kommt, hört sich

der Spaß endgültig auf. Da marschieren nicht nur alle Geheimdienste Russlands auf, da macht man gleich mit ein paar SpesnazEinheiten tabula rasa am Kaukasus. Denn Unschuldige gibt es zunächst einmal keine, und die Verdächtigen werden präventiv weggeräumt. Hauptkommissar de Bodt und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen direkt aus dem Kanzleramt den Auftrag, neben den offiziellen Ermittlungen an der Aufklärung zu arbeiten. Und de Bodt, niemals um ein gutes Hegel- oder Cicerozitat verlegen, lässt die ehrgeizigen Kollegen von den Sondereinheiten, den Kriminalämtern und Dreibuchstaben-Organisationen bald eher alt aussehen. Solide Erkenntnistheorie zahlt sich eben aus, könnte man philosophisch anmerken. Und, höchst dialektisch: Nichts ist so, wie es scheint. Wieder hat von Ditfurth einen genialvertrackten Thriller komponiert, rasant, witzig, intelligent, gespickt mit Dialogen, bei denen man vor Neid erblasst, dass einem solche Sätze in der Realität leider selbst nie eingefallen sind. Übrigens – der Bestseller, auf den ich oben angespielt habe, ist der Band „Deutsche Geschichte für Dummies“ aus dem WileyVerlag. Wer Geschichte so brillant aufbereiten kann, garantiert auch für fundierte Politthrillerunterhaltung. Wer jetzt fürchtet, dass die Action zu kurz kommt, irrt gewaltig: auch hier zieht von Ditfurth alle Register. Selbst waffentechnologisch vorgebildete Leserinnen und Leser werden gelegentlich staunen, was da alles zum Einsatz kommt.

Also: Wer einen Thriller der Weltklasse lesen will, der zudem interessante Denkanstöße zur Betrachtung der politischen Großwetterlage in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts mitliefert, kommt an „Zwei Sekunden“ nicht vorbei. Christian von Ditfurth Zwei Sekunden carl's books 459 Seiten, EUR 15,50 Kurt Lhotzky

Harry Potter ist zurück! (ab 24.09.) Harry Potter ist erwachsen geworden. Gegen die Herausforderungen, denen er und seine Freunde sich in ihrer Jugend stellen mussten, sehen seine jetzigen Probleme alt aus: Er kämpft mit typischen Problemen eines überforderten Familienvaters. So scheint es zumindest anfangs. Besonders sein jüngerer Sohn Albus Severus Potter macht ihm zu schaffen. Die Fußstapfen des berühmten Harry Potter sind beängstigend groß - zu groß für Albus. Er sieht sich nicht fähig, in diese zu treten und will aus der Verantwortung, die ihm sein berühmter Name aufhalst, ausbrechen. In dem Glauben, so gegen seinen Vater rebellieren zu können, macht er sich auf in sein eigenes Abenteuer um endlich aus

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dem Schatten seines Vaters zu treten. Dass er damit beweist, dass er seinem Vater wohl ähnlicher ist als er zugeben möchte, muss ihm erst klar werden. Zusammen mit MalfoySprössling Scorpius stürzt er sich in ein verheerendes Spiel mit der Zeit, das den vergangenen Sieg gegen die dunkle Magie und ihren Meister aufs Spiel setzt... Das als Theaterstück geschriebene Buch gewährt uns einen kurzen Einblick in das Leben von Harry, Ron und Hermine viele Jahre nach ihrem Sieg gegen Voldemort und verzaubert mit Storytelling in alter RowlingManier. Must-read für alle Potterheads!

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Joanne K. Rowling Harry Potter und das verwunschene Kind Carlsen Verlag 336 Seiten, 20,60 EUR Viola Schoßleitner


BUCHTIPPS FÜR JUNGE LESERINNEN UND LESER

Sensationell makaber – für Kinder Humor ist etwas wunderbares. Allerdings ist es nicht immer wunderbar, wie sehr sich das, was wir witzig finden, von dem was andere witzig finden unterscheidet. Für den einen ist die Idee hinter „Scary Harry“ lustig – für den anderen ist es eine Tragödie Kinder mit Themen wie dem Tod zu konfrontieren. Deshalb ist es auch in den meisten Geistergeschichten so, dass deren Entstehung (oder „Geburt“, wenn man so will) gar nicht erst thematisiert wird. Doof, würde ich meinen. Besonders dann, wenn man weiß, wie witzig man das tun kann.

Geister wird er von Otto entdeckt. Jetzt ist es ja so, dass man – egal wie verschieden man grundsätzlich auch sein mag – leicht Freundschaft schließen kann, wenn man miteinander redet. Und genau das tun Harold, Otto und die Geister dann auch. Und so kommt es, dass Otto (stets an der Seite seiner Freundin Emily), Harold und die anderen bald in einem aufregenden Abenteuer: Auf der Suche nach Ottos entführten Hausgeistern. Dieses Buch ist witzig

Die Story Wenn einen in der Nacht ein kalter Lufthauch aus dem Schlaf reißt – wer sagt, dass es immer nur das offen stehende Fenster gewesen sein muss, dass ihn erzeugt hat? Gut … nur die wenigsten von uns haben Ottos Fähigkeiten, also werden sich wiederum die meisten von uns mit der profanen Erklärung zufrieden geben müssen, dass eben das Fenster die Schuld trägt. Dabei gibt es auch eine andere, weit furchteinflößendere Erklärung dafür. Geister. Ganz recht – Geister. Selbstverständlich spuken die meisten von ihnen nur aus einem von zwei Gründen. Entweder sie tun es ehrenhalber (versteht sich von selbst), oder sie tun es, weil sie auf einen der Sensenmänner sauer sind, der sie zu spät aus dem Diesseits abgeholt hat. Verständlich, will ich meinen. Also … beides eigentlich. Denn auch, wenn es ein tragisches Schicksal zu sein scheint nur von wenigen

Menschen überhaupt je wahrgenommen zu werden: Auch die Sensenmänner können nicht immer alles richtig machen. Wo war ich stehen geblieben? Ach ja. Ich wollte gerade von Harold erzählen. Der ist nämlich ein solcher Sensenmann. Und genau wie die Geister sollte kein Mensch ihn überhaupt sehen können, wenn er mit seinem Schmetterlingsnetz durch die Gegend streift um jene kleinen, leuchtenden, kugelförmigen Seelen einzusammeln, die sich sofort von unseren Körpern lösen, wenn wir gestorben sind. Und genauso wie die

Ich habe selten so ein witziges Buch gelesen. Was mich besonders begeistert hat war, dass die Charaktere sich nicht derart viele Blätter vor den Mund nehmen, wie das in anderen Kinderbüchern der Fall ist. Tot ist tot – das Thema ist nicht leicht abzuschwächen. Ein Versuch, der wunderbarer Weise erst gar nicht unternommen wird. Der abstruse, manchmal eben auch makabere Humor wird dabei auf schönste Art und Weise von den Illustrationen begleitet, die nicht nur fantasievoll sind, sondern selbst von unglaublichem Humor zeugen Sonja Kaiblinger & Fréderic Bertrand Scary Harry - Von allen guten Geistern verlassen Loewe Verlag 240 Seiten, EUR 13,40 Daniel Scepka

Die Wölfe vom Tal der flüsternden Winde Das Buch "Wolfsaga" von Käthe Recheis wurde erstmals 1994 veröffentlicht. Nun ist es wieder neu aufgelegt worden. Erzählt wird die Geschichte von einem Wolfsrudel, das im Tal der flüsternden Winde beheimatet ist. Sie leben ein friedliches Leben und handeln nach Waka, dem Gestz, welches das Zusammenleben der einzelnen Tiere regelt. Jedes Tier hat seinen Raum und seine Aufgaben. Eines Tages wird diese Idylle zerstört, da ein Wolf aus dem Norden alle Wölfe zu einem großen Wolfsrudel zusammenführen will. Jeder Wolf, der sich dagegen stellt, muss fliehen oder wird getötet. Das Rudel aus dem Tal der flüsternden Winde will sich dagegen wehren und sind daraufhin gezwungen zu fliehen, nachdem es zum Kampf zwischen den Leitwölfen und dem Wolf aus dem Norden kommt. Die lesende Person begleitet dem dezimierten Rudel auf der Flucht und erlebt

Sorgen, Nöte und Gastfreundschaft. Zentrale Figuren sind die Geschwister Imiak, Sternenschwester und Schiriki. Imiak ist der werdende Leitwolf. Sternenschwester hat ein besonderes Gespür für die Bedürfnisse ihrer Brüder. Schiriki ist der Träumer und Visionär. Alle drei halten ihre Familie zusammen und teilen sich die Aufgabengebiete auf, die es zu erfüllen gibt. "Wolfsaga" ist ein Buch über Freundschaft und Zusammenhalt, der sich ändert, sobald sich das Umfeld ändert. Es ist auch ein Abenteuer, das zeigt, dass Schwachsein nicht zwangsläufig eine Schwäche ist, sondern auch eine Stärke darstellt. Und gleichzeitig macht es Mut den eigenen Träumen zu folgen und nicht daran zu verzagen, auch wenn von außen die Träume in Frage gestellt werden. Träume und Fantasie werden immer wichtig sein.

Käthe Recheis & Karen Holländer Wolfsaga dtv Verlag 505 Seiten, EUR 10,30

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Clara Felis

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BUCHTIPPS FÜR JUNGE LESERINNEN UND LESER

Welche Person bist du? Wer möchtest du sein?

David Levithan im Doppelpack

David Levithan ist ein Jugendbuchautor, der homosexuell ist und dies auch in seinen Büchern thematisiert. Es ist aber nicht nur die Homosexualität, die seine Geschichte besonders machen, sondern seine Aufmerksamkeit jeder Person gegenüber und mit ihren besonderen Eigenheiten. So ist es nicht verwunderlich, dass er in seinem Buch "Letztendlich sind wir dem Universum egal", erschienen 2014 und nun als Taschenbuch erhältlich, eine Person charakterisiert, die jeden Tag im Körper eines anderen Menschen aufwacht.

wiederzufinden sind. Ein überaus lehrreiches und bewegendes Buch. Letztendlich geht es nur um dich Wie schwierig es sein kann, jeden Tag eine andere Person zu sein, wurde durch "Letztendlich sind wir dem Universum egal" etwas näher beschrieben. Wie schwierig es ist, eine Beziehung mit einer Person aufzubauen, die täglich einen anderen Körper hat, wird in "Letztendlich geht es nur um dich" beschrieben. Die Geschichte wird aus Rhiannons Perspektive erzählt. Die grundlegende Handlung ist bekannt, allerdings ist es spannend A aus den Augen Rhiannons jedes Mal zu begegnen und zu erfahren mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen hat. Wie ist es für Rhiannon an dem einen Tag einem Jungen gegenüberzusitzen, am nächsten Tag einem Mädchen und welche Unterschiede gibt es gefühlsmäßg? Welche Person ist liebenswerter, obgleich die selbe Person im Inneren zu finden ist? Welche Dinge machen eine Person aus? Diesen und anderen Fragen wird auf einfache und wunderbare Weise nachgegangen, denn alle Personen haben ihre liebenswerten Züge, auch wenn diese zu entdecken nicht immer leicht ist. Einen Versuch ist es wert!

Letztendlich sind wir dem Universum egal Die Person nennt sich A, ist etwa 16 Jahre alt und verliebt sich in Rhiannon, als A sich eines Tages im Körper ihres Freundes Justin wiederfindet. Eine äußerst schwierige Ausgangssituation, denn wie agieren, wenn tagtäglich ein andere äußere Erscheinung mit neuen Blickwinkel und Geschlecht aufwartet. Wie kann Rhiannon sich täglich auf's Neue auf A einlassen und woran wird ein Mensch, eine Person, ein Charakter festgemacht? Die lesende Person begleitet A durch die verschiedenen Körper, die mal männlich, mal weiblich, mal trans, mal dick, mal dünn, traurig oder heiter sind. Und innerhalb dieser äußeren Form ist auch immer A zu finden, wie wir durch Rhiannon kennen lernen. Besonders hervorzuheben sind die Beschreibungen aus dem Blickwinkel eines depressiven Mädchens und eines übergewichtigen Junges. Da sich A nicht dagegen wehren kann, in welchem Körper sich A für einen Tag bewegt, muss sich A jeweils auf den betreffenden Körper und die Person einlassen. Ebenso wie Rhiannon, der es nicht immer leicht fällt, A wieder zu erkennen. Wobei es Charakterzüge gibt, die A eigen und die in den jeweiligen Personen

David Levitan Letztendlich sind wir dem Universum egal Fischer Verlag 416 Seiten, EUR 10,30 David Levithan Letztendlich geht es nur um dich Fischer Verlag 383 Seiten, EUR 17,50 Clara Felis

Per Knopfdruck ins Abenteuer Wenn Du eine Fernbedienung fändest – würdest Du nicht auf den einzigen Knopf drücken? Würde es Dich nicht interessieren, ob der Knopf irgendetwas bewirkt? Eben. Und genau das ist der Punkt, an dem „Mein Freund, der Roboter“ beginnt spannend zu werden. Denn die besagte Fernbedienung entführt Tim in ein wundersames Land der Roboter, in dem böse Maschinen nur darauf warten endlich den Sprung in die Menschenwelt machen zu können. Sie lauern auf jemanden wie Tim, der die Fernbedienung – in Wahrheit ein Toröffner, der ein Portal zwischen den beiden Welten erzeugt – zu ihnen bringt.

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Um ein Haar hätte sich das Warten auf ihn auch gelohnt. Denn seine fiesen Widersacher, die mit der Fernbedienung nichts weniger vorhaben als die Menschen-Welt zu erobern, haben bereits eine Hälfte davon in ihre Gewalt gebracht. Zum Glück taucht „Beta“ auf – ein riesenhafter Roboter, der Tim nicht nur dabei unterstützt seinen Feinden den Toröffner wieder abzujagen, sondern ihm auch ein guter Freund ist. Warum? Manche Kinder lesen gerne Comics. Und manche Kinder lesen ausschließlich Comics. Für beide kann ich mir gut vorstellen, dass diese Misch-Form (also ein quasi exzessiv bebilderter Text) ein toller Übergang sein

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könnte. Die Geschichte selbst ist dabei so einfach wie möglich gehalten und lässt viele Fragen offen. Was für einen erwachsenen Leser vielleicht eher unvollständig ist, ist für Kinder nicht einmal im Ansatz ein Dilemma: Für sie ist es völlig in Ordnung wenn die Bösen böse und die Guten gut sind. Da braucht es keine „langwierigen“ Erklärungen. Zapf Mein Freund, der Roboter Loewe Verlag 128 Seiten, 8,20 EUR Daniel Scepka


BUCHTIPPS

Projekt Luna: Das große unbekannte Selbst Beim Lesen fühlt es sich an, als sehe man sich einen Film aus den 1950ern an. Daran ist nichts verkehrt, versteht sich. Einige brillante Werke stammen aus diesem Jahrzehnt und lassen sich eben hervorragend mit „Projekt Luna“ vergleichen. „Alarm im Weltall“ etwa – eine Shakespeare-Adaption mit Leslie Nielsen in der Hauptrolle. Schon die ersten Zeilen lassen den Leser in die Ästhetik dieser Zeit eintauchen. Getragen von den Dialogen und Figuren des Romans bleibt man beim Lesen im Bann einer Zeit, die uns heute doch schon unglaublich fremd erscheint. Eine Zeit, in der die erste Mondlandung selbst noch pure Science Fiction war. Und ein wichtiges Ziel. Der Kalte Krieg und die Leichen auf dem Mond Der unbarmherzig geführte „Kalte Krieg“ war hier die treibende Kraft. Und auch der Grund, warum die US-Regierung, im Roman vertreten durch den genialen Wissenschafter Dr. Hawks, über Leichen geht um ihre Ziele als erste zu erreichen. Viele Leichen, um genau zu sein. Denn als auf der Rückseite des Mondes ein merkwürdiges Konstrukt gefunden wird, setzt sie eine von Hawks entwickelte, streng geheime Maschine ein. Diese gleicht ein wenig den Transportern, die wir aus „Star Trek“ kennen: Materie wird in Energie umgewandelt und anschließend wieder zurück. Jedenfalls so ähnlich – denn anstatt die Materie selbst durch den Raum zu schicken (wie das eben in „Raumschiff Enterprise“ gezeigt wird), erreicht in Budrys Roman tatsächlich nur eine Kopie den Zielort. Und der ist, in unserem Fall, so außergewöhnlich wie gefährlich. Doch bevor wir uns dem Konstrukt selbst zuwenden sollten wir uns noch eine Besonderheit der Maschine besehen: Die Kopie am Zielort ist nämlich noch eine Weile mit ihrem Original auf der Erde verbunden. So gelangen Informationen darüber, was sich „dort oben“ abspielt, auch an ihren Bestimmungsort. Doch wieso der ganze Terz? Nun … das Konstrukt auf dem Mond ist in erster Linie vor allem eines: Besonders. Niemand weiß, wozu es genau dient. Seine bloße Existenz allerdings macht es schon zu einem Objekt außergewöhnlicher Beschaffenheit. Ein künstliches Gebilde, das nicht von Menschen geschaffen wurde – es als erster betreten zu haben ist also schon eine Leistung an sich. Doch besonders vor dem Hintergrund des kalten Krieges versteht man ja jede

Außergewöhnlichkeit als potenziellen Voroder Nachteil; und so kommt es, dass Forscher um Forscher erst auf den Mond kopiert und anschließend in das Konstrukt geschickt wird. Ein einziger wäre nicht genug – denn was auch immer im Inneren vorgeht: Am Ende kommen auch die mit den Geschehnissen verbundenen Originale zurück und taugen zu wenig mehr als zur Warnung vor dem Unternehmen selbst. Zu Tode erschreckt sabbern sie für den Rest ihres Lebens in jenen Ecken herum, in die man sie stellt. Die Angst vor dem Tod ist es, so der Tenor ihrer Peiniger, die sie so zerstört. Was liegt da also näher als jemanden zu suchen, der keine solche kennt?

sie eigentlich kaum sichtbar – und wenn, dann nur weil es unbedingt nötig ist. So liegen die Stärken von „Projekt Luna“ auch weit weniger im Bereich einer dichten Science-Fiction-Erzählung; das Tech-Sprech (also der Versuch des Autors so zu klingen, als verfügten seine Figuren über Fachinformationen, die der Lesende nicht hat) ist in dieser Hinsicht schon mehr oder weniger die Hälfte der Bemühungen. Es ist vor allem der philosophisch durchtränkte Dialog und dessen Symbolkraft, die den Roman so lesenswert machen. Hawks – ein kaltblütiger Logiker? Barker – ein todessehnsüchtiger Draufgänger? Gegenpole? Nahezu alle beteiligten Charaktere tragen das, was sie für ihr Herz halten, auf der Zunge. Sie reiben sich aneinander, versuchen sich möglichst vom Gegenüber zu unterscheiden. Ein Unterfangen so sinnlos, wie es auch das zu untersuchende Konstrukt auf dem Mond zu sein scheint. Am Ende richten sie sich dann aber doch selbst. Und zwar alle. Die Cover­Gestaltung Besonders gut gelungen ist übrigens auch die Gestaltung des Covers der neuen Taschenbuchausgabe. Der einzelne Mensch vor den kahlen, glatten Wänden einer monströsen Groteske: Eines Labyrinths auf dem Mond. Die Kälte des Moments in Farbe und Aufbau perfekt eingefangen; die Unsinnigkeit hinter den Mauern unsichtbar oder verborgen. Ungewiss in jedem Fall. Ein Bild wie ein Gleichnis und ein Gleichnis wie der Roman selbst. Nele Schütz Design, die Firma hinter dem Cover, führt es nicht einmal in ihren SciFiDesign-Beispielen auf. Schade. Es ist eines der passendsten, die ich in diesem Jahr zu Gesicht bekommen habe.

Diesen findet Hawks, über Umwege, im Draufgänger Barker – dessen Name wohl nicht zufällig so gewählt wurde. Erst mit seiner Hilfe scheint es möglich, endlich hinter die Geheimnisse des Konstrukts zu kommen. Im Dialog liegt die Figur Das gesprochene Wort liegt sicher im Fokus der Geschichte. Die Figuren interagieren miteinander auf höchst intellektuellem Niveau. Man kann beinahe sagen, dass die eigentliche Handlung des Romans wie ein Skelett unter dem liegt, was die Charaktere einander an den Kopf werfen. Von außen ist

Fazit Das Buch ist ein Musterstück für gute Science-Fiction. In „Projekt Luna“ wir die erzählte Geschichte selbst zum Träger für eine Art Fleischbeschau charakterlicher Schwächen. Indem wir uns anderen überlegen fühlen, sind wir ihnen gleich. Algis Budrys Projekt Luna Heyne Verlag 171 Seiten, EUR 9,30 Daniel Scepka

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BUCHTIPPS FÜR JUNGE LESERINNEN UND LESER

Hallo, mein Name ist Valentin und bin dreizehn Jahre alt. Ich schreibe sehr gerne und fotografiere leidenschaftlich, mache gerne Filme und mag es an meinen „Projekten“ zu arbeiten. Am liebsten gleich an mehreren gleichzeitig. So drehe ich mit Freunden von Zeit zu Zeit Filme, während ich meine Website verwalte und nebenbei an Stop Motion-Filmen für meinen YouTube-Kanal arbeite und außerdem regelmäßig

Ich muss mich wohl sehr bedanken, in der Buchstabensuppe schreiben zu dürfen. Ich denke das gibt mir wohl einen großen Vorsprung, da jetzt wohl einige Leute auf meiner Website vorbeischauen werden. Momentan arbeite ich an verschiedenen Reportagen, recherchiere, schreibe Drehbücher und interviewe Leute. Nach und nach werde ich sie alle veröffentlichen, zurzeit gibt es Artikel aber nur in Maßen. Aber es läuft zusätzlich ein Blog namens „WildVienna“, wo ich über meine Wildtiersichtungen in Wien schreibe. Und ich denke es wird nicht der letzte Blog sein! Wenn Sie über neue Inhalte informiert werden wollen, so dürfen Sie gerne die Newsletter abonnieren, was völlig kostenfrei ist. So werden Sie per E-mail über neue Inhalte informiert. Die Newsletter finden Sie

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fotografiere. Ich brauche das und es ist für mich überhaupt nicht mit Stress verbunden, denn ich mag Herausforderungen einfach! Deswegen habe ich mir mit einem zugegeben sehr einfachem Programm eine Website erstellt wo ich zu den Themen Natur, Umweltschutz und Lifestyle Artikel schreibe aber auch Fotos und kurze Filme veröffentliche. Meine Website heißt Volleipps. Das bedeutet nichts, sondern soll ein Eigenname sein und es ist Ihnen natürlich auch überlassen wie Sie es aussprechen.

auf meiner Website, dort sind sie in der Menüleiste nicht zu übersehen. Nun werde ich mir wohl ein paar schreibbegabte Freunde suchen müssen, die mir beim Verfassen von Texten und bei der Planung ein wenig unter die Arme greifen. Es würde ich mich sehr freuen, wenn Sie einen Blick auf meine Website werfen und sie eventuell weiterempfehlen oder mir ein Feedback schreiben (kontakt@volleipps.at). Danke für Ihre Aufmerksamkeit!


BUCHTIPPS

Im Damischtal ist der Teufel los Klaudia Blasl, aus der Obersteiermark gebürtige Journalistin, Dolmetscherin, Übersetzerin (aus dem Italienischen) und Autorin, hat schon mit ihrem ersten „hochsteirischen“ Kriminalroman „Miederhosenmord“ Furore – und das Damischtal bekannt gemacht. Es ist ein ländliches Idyll, dieses Damischtal – da wachsen die Kürbisse und sprießt der Mais, und auch der Wein wird nicht alt. Mitunter rinnt er ganz heftig durch die Kehlen der lebenslustigen Damischtaler – seien sie nun Plutzenberger oder Gfrettstättner. Natürlich kann man auf Dauer vom Naturprodukt alleine auch nicht leben. Also muss man durchaus innovative Formen der Tourismusbelebung entwickeln, zum Beispiel ein Wellnesshotel für Hunde. Geld bringt auch die Unterbringung von Flüchtlingen – aber das ist nicht unbedingt nach dem Geschmack aller launigen

Dorfbewohnerinnen und -bewohner. Denn, wie gesagt, man blickt gelegentlich tief ins Glas (die Jugend kennt aber auch modischere Mittel, um in Stimmung zu kommen!), und da rülpst so manches aus tiefem, tiefen Grunde herauf. Vereine spielen natürlich am Land eine Runde – ob ausgerechnet die organisierte Jägerschaft ein Hort der Weltoffenheit und Solidarität ist? Das „Gamsbartmassaker“ ist irgendwie ein Krimi – da wird gemordet und ermittelt, es gibt Verdächtige (gar nicht so wenige!), und manches ungeplante Ableben erinnert fast an die exquisiten Todesarten in Umberto Ecos „Name der Rose“. Vor allem aber ist der Roman eine witzige und zugleich bitterböse Satire auf die Zustände in unserem Land nach dem September 2015. Ja, Damischtal ist überall. So traurig und lachhaft das ist.

Klaudia Blasl Gamsbartmassaker Emons-Verlag 272 Seiten, EUR 12,40 Kurt Lhotzky

Veranstaltung: Donnerstag, 29. September 2016, 19.00 Uhr Klaudia Blasl liest aus ihrem Krimi „Gamsbartmassaker“ Den Krimi haben wir vorgestellt – die Autorin stellt sich selbst am 29. September bei uns vor! Wie immer ist die Teilnahme an der Lesung kostenlos, dieses Mal appellieren wir aber an die Spendenbereitschaft der Besucherinnen und Besucher: Die Lesung ist gleichzeitig eine Benefizveranstaltung für die Initiative der Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Stubenbastei, die für jugendliche Flüchtlinge Deutschunterricht anbieten. Gespendet werden kann Geld – oder Sie bringen uns Fahrscheine, damit die Flüchtlinge zum Unterricht kommen können. Viele Fahrscheine sind übriens sogar noch besser ...

Weiteres aus Der erste Krimi von Klaudia Blasl stellt das Damischtal und ihre Protagonisten, sowie den Dorfpolizisten Ferdinand Kapplhofer vor, der aus seinem gemütlichen Trott gerissen wird und einen Mord aufklären soll. Dabei entpuppt sich die Idylle gar nicht so als Idylle, sondern Kapplhofer stößt auf immer mehr Geheimnisse und Ungereimtheiten.Dabei dürfen die deutschen Touristen natürlich auch nicht fehlen, die wie die lesende Person mit dem Umgangssteirisch konfroniert wird.

dem Damischtal Blasl begeistert durch Sprachwitz und Einblicke in die dörfischen Abgründe.

Klaudia Blasl Miederhosenmord Emons Verlag 288 Seiten, 11,30 EUR

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DIE LETZTE SEITE

Edi Erdmanns letzte Worte

Der Stress bringt mich noch um. Erinnern Sie sich noch daran, wie es vor zwei Jahren war? Der Sommer war unglaublich heiß und man konnte eigentlich keinen Fuß nach draußen setzen. Da musst man in seiner Höhle bleiben und sich die Zeit eben damit vertreiben, dass man unzählige Bücher liest, die einem von draußen erzählen. Von Swimming-Pools und Pistazieneis, zum Beispiel. Aber in diesem Jahr? Da hat es zwischendurch sogar geregnet. Oh. Mir fällt gerade auf, dass sich trotzdem nichts ändert. Man bleibt trotzdem am Besten in seiner Höhle und liest unzählige Bücher über

Pistazieneis. Zumindest, wenn man ich ist. Aber jetzt raus mit der Sprache - wie haben Sie denn Ihren Sommer verbracht? Wie haben sie unsere geänderten Öffnungszeiten weggesteckt? Wir haben jedenfalls die Zeit genutzt und uns auf den Herbst vorbereitet, der wieder voller Neuerscheinungen ist. Auf die eine oder andere haben Sie ja schon meine Kollegen hingewiesen - entweder bei Ihrem letzten Besuch oder im Blattinneren unserer Buchstabensuppe. Aber haben Sie auch schon eine gefunden, die Sie unbedingt lesen wollen? Falls nicht, blättern Sie unbedingt noch einmal zurück. Übrigens mag es ungewöhnlich erscheinen, dass wir in diesem Herbst kaum Veranstaltungen ankündigen. Hier gönnen wir uns eine kleine Pause, damit wir uns voll und ganz auf die vielen tollen Bücher konzentrieren können, die in den nächsten Wochen erscheinen werden. Und im Handumdrehen, Sie werden sehen, ist es auch schon wieder kalt. Dann müssen Sie zu Hause bleiben. Und von Pistazieneis lesen. Bis zum nächsten Sommer. Wir freuen uns jedenfalls schon darauf, Sie auch in der Zwischensommer-Zeit bei uns begrüßen zu dürfen. Und jetzt entschuldigen Sie mich. Ich muss noch schnell ein Eis essen gehen.

Neue Öffnungszeiten Montag geschlossen! Dienstag ‐ Freitag von 9.00 ‐ 18.00 Samstag von 09.00 ‐ 13.00 Veranstaltungen: Veranstaltungen finden immer in der Rotensterngasse 2, 1020 Wien statt. Der Eintritt ist frei. Wir ersuchen um Platzreservierungen! Kontakt: Tel: +43 1 276 47 36 Fax: +43 1 276 47 36 Mobil: +43 6991 585 16 68 mail: office@literaturbuffet.com Web: www.literaturbuffet.com

Impressum Eigentümer, Verleger, Druck: Lhotzkys Literaturbuffet / Andrea Lhotzky Druckort: Wien Preisangaben ohne Gewähr Wer einen Druckfehler findet, darf ihn behalten.

Leguanos

eine Wohltat für die Füße Auch wenn der Sommer sich schon langsam in den Herbst verwandelt, kann das bloßfüssige Gefühl doch beibehalten werden und zwar mit Hilfe der Leguanos. Es sind Schuhe und doch keine Schuhe, da sie so leicht sind, dass sie kaum bemerkt werden. Schon beim ersten Anprobieren ist die Leichtigkeit spürbar und der Tanzschuh ruft oder die Möglichkeit durch die Stadt zu hüpfen. Ungläubwürdig? Ausprobieren hilft! Zwischen unseren Büchern, die in andere Welten tauchen lassen, gibt es seit geraumer Zeit auch Leguanos zum Erwerb, Schuhe ohne Ballast, die gleichzeitig auch gesund ist. Denn nichts ist mühsamer als an einem trägen Tag schwere Schuhe zu tragen, die einem das Leben nicht erleichtern, sondern jeden Schritt mühsamer machen. Wie schwer manche Schuhe sind, wird vor allem im Vergleich zu den Leguanos klar. Folgende Formen können Sie bei uns ausprobieren: Legunos aktiv (=Sportschuhausführung) EUR 139,-- weiß, schwarz, gelb, ozeanblau. Allrounder für außen Leguano classic in rot und schwarz oder Legouano sneakers EUR 79,- in schwarz, dunkelblau und türkis (=sowohl für zu Hause als auch vor allem zum Laufen)

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Leguano ballerina EUR 79,-- in schwarz, dunkelblau, türkis und rosa (=für zu Hause und im Sommer für außen) Und für Kinder die Lleguantios je nach Größe EUR 49,-- EUR 59,-oder EUR 69,-- in pink, türkis und dunkelblau. Leicht, waschbar und vielseitig einsetzbar! Kommen Sie doch einfach vorbei, um es selbst zu erleben!


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