LINKS! Ausgabe 03/2019

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Abwaschen ist politisch!

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Politik und Kultur für Sachsen, Europa und die Welt März 2019

Anders als in den alten Bundesländern hat der 8. März im Osten Tradition. Immer wenn wir mit Infoständen und Blumen an den Frauentag erinnern, freuen sich insbesondere die Frauen. Viele von ihnen bedauern, dass der 8. März heute kaum noch eine Rolle spielt. Wie können wir den Frauentag aufwerten? Ein angemessenes Beispiel kommt aus Berlin: Dort wurde der 8. März kürzlich zum Feiertag erklärt. Doch das genügt nicht. Es braucht mehr, um auf frauenpolitische Anliegen aufmerksam zu machen. Das zeigt ein Blick auf die aktuelle gesellschaftliche Situation. Es gibt immer mehr berufstätige Frauen – eigentlich eine schöne Botschaft zum Frauentag. Doch die Menge an unbezahlter Arbeit, die Frauen zuhause erledigen, bleibt unverändert hoch. Rund 2,4mal so viel Zeit stecken sie laut Hans-Böckler-Stiftung in die Betreuung, Erziehung und Pflege von Kindern oder Angehörigen. Nicht mit eingerechnet ist Hausarbeit, also Abwaschen, Staubsaugen, Einkaufen. In heterosexuellen Paarbeziehungen investieren Frauen hier das 1,6fache an Zeit im Vergleich zu ihren Partnern. Es ist ein Teufelskreis: Die unsichtbare Arbeit in den eigenen vier Wänden kann eigentlich nur deshalb erledigt werden, weil Frauen besonders häufig in Teilzeit arbeiten. Weniger Erwerbsarbeit führt jedoch zu weniger Lohn – und weniger Lohn führt zu kleineren Renten. Viele Frauen müssen im Alter deshalb jobben gehen, putzen zum Beispiel, um überhaupt über die Runden zu kommen. Unentlohnte Hausarbeit führt dazu, dass viele Frauen für einen Niedriglohn auch noch die Wohnungen und Büros anderer Menschen säubern müssen! Sorge- und Hausarbeit sind also keine reine Privatsache – sie sind politisch. Deshalb rufen Gruppen in verschie-

denen Städten zum bundesweiten Frauen*streik auf. Am 8. März 2019 sollen alle Frauen aus Protest die Arbeit niederlegen: im Büro, in der Küche, aber auch an Schulen und Unis und im Supermarkt. Letzteres haben die Spanierinnen 2018 bereits vorgemacht: Sie riefen am Frauentag zum Konsumstreik auf. Keine überteuerten „Frauenprodukte“ wie Tampons oder Binden sollten an diesem Tag gekauft werden. Boykottiert werden sollten außerdem alle Marken, die in ihrer Produktionskette Frauenrechte mit Füßen treten oder sexistische Werbung betreiben. Doch es braucht noch viel mehr als einen Frauen*streiktag. Unerlässlich ist auch eine kontinuierlich gute Gleichstellungspolitik. Besonders in Sachsen ist das aktuell leider deutlich spürbar. Der druckfrische Frauenförderbericht der sächsischen Regierung kommt zu erschütternden Ergebnissen: Weder verbesserten sich die Karrierechancen von Frauen im öffentlichen Dienst noch seien die Führungsebenen sensibel für Gleichstellungsfragen, stellt der Bericht fest. Hier fehle es an konkreten Zielen und Zeitrahmen, aber auch die Rechte und Aufgaben von Frauenbeauftragten seien nicht deutlich genug. Außerdem mangele es an Strategien, um familienfreundliche Beschäftigungsmodelle zu entwickeln – was auch den männlichen Beschäftigten zugutekäme. Deshalb braucht Sachsen endlich eine Fortschreibung des veralteten Frauenförderungsgesetzes von 1994 – ein richtig modernes Gleichstellungsgesetz also, mit klaren Aufgaben und Sanktionen bei Nichteinhaltung. Das aber wird den Frauen hierzulande seit Jahren vorenthalten. Schlimmer noch: Ende Januar hat die CDU einen Gesetzentwurf ihres Koalitionspartners SPD kurzerhand beerdigt. Und das obwohl dieses Vorhaben im Koalitionsvertrag festgeschrieben war! Mit der CDU ist Gleichstellung eben nicht zu machen. Ob es die Finanzierung von Frauenschutzeinrichtungen ist, das Recht auf selbstbestimmte Schwangerschaft oder die Quoten in den Parlamenten – es gibt noch sehr viel zu tun. So bleibt der 8. März zumindest in Sachsen weiter ein Frauenkampftag. Bis zur tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern. • Sarah Buddeberg


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