LINKS! Ausgabe 11/2018

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Solidarität ist #unteilbar

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Politik und Kultur für Sachsen, Europa und die Welt November 2018

Der gesellschaftliche Rechtsruck ist allgegenwärtig. Angesichts der Wahlergebnisse in Bayern, den starken Umfrageergebnissen der AfD, den rechten Mobs in Chemnitz und Köthen sowie der Verrohung der Sprache auf der Straße, aber auch in den Parlamenten, mag das wohl kaum jemand bestreiten. Gerade in Sachsen können wir ein Lied von diesem Rechtsruck singen! Jedoch formiert sich dagegen in den letzten Monaten ein immer stärkerer und breiterer Widerstand: bei #wirsindmehr in Chemnitz, bei „Herz statt Hetze“ in Dresden oder bei den Protesten gegen Mietenwahnsinn in mehreren Städten. Den vorläufigen Höhepunkt haben die Proteste gegen den Rechtsruck am 13. Oktober bei der #unteilbar-Demo in Berlin erreicht, bei der unglaubliche 240.000 Menschen für eine offene und freie Gesellschaft demonstriert haben. Zur Teilnahme hatten hunderte Organisationen aufgerufen, unter anderem aus dem antirassistischen, feministischen, migrantischen und ökologischen Bereich, aber auch Sozialverbände und Gewerkschaften. In Zeiten, in denen tausende Menschen auf der Suche nach einem besseren und unterdrückungsfreien Leben im Mittelmeer ertrinken, in denen Millionen Menschen in Deutschland in prekären Arbeitsverhältnissen stehen, in denen der Mietenwahnsinn vor allem, aber nicht nur in Groß- und Universitätsstädten um sich greift und in denen der Klimawandel immer weiter voranschreitet, muss der Gedanke von Gerechtigkeit und Solidarität wieder ins Zentrum rücken und das Fundament unserer Gesellschaft sein. Wenn aber von Teilen der Gesellschaft dieses Fundament in Frage gestellt wird, erwächst daraus

die Aufgabe aller, gemeinsam gegen die Missstände zu protestieren und für eine offene und solidarische Gesellschaft einzutreten. Dies gilt selbstverständlich auch für DIE LINKE. Daher haben sowohl die Partei als auch die Bundestagsfraktion dazu aufgerufen, an der #unteilbarDemonstration teilzunehmen. Und obwohl die Fraktionsvorsitzende im Vorfeld meiner Meinung nach unberechtigte Kritik an der Demonstration geäußert hatte, war DIE LINKE mit einem großen Block vor Ort dabei. Auch aus Sachsen hatten sich zahlreiche Genossinnen und Genossen auf den Weg gemacht, um ein eindrucksvolles Zeichen gegen den gesellschaftlichen Rechtsruck zu setzen. Darüber habe ich mich sehr gefreut! Es war großartig, bei einer der größten Demonstrationen, die in der Bundesrepublik je stattgefunden haben, dabei zu sein und ein positives Signal mit nach Sachsen nehmen zu können, wo wir bei ähnlichen Demonstrationen häufig in der Minderheit sind. Eins ist nochmal deutlich geworden und das ist mir sehr wichtig: Die soziale Frage und der Kampf gegen Rechts gehören zusammen. Zweifelsohne sollten die Kämpfe um höhere Löhne, bessere Renten oder bezahlbare Mieten nach wie vor Kern unserer Programmatik sein. Darüber hinaus müssen wir aber vielfältiger werden. Viele potenzielle Wählerinnen und Wähler erreichen wir nur, wenn wir Themen wie Antirassismus, Ökologie und Feminismus offensiv bespielen. Gerade im Hinblick auf die kommende Landtagswahl halte ich dies für wichtig, um den Rechtsruck in Sachsen stoppen und als starke LINKE in den nächsten Landtag einziehen zu können. • Caren Lay


„DIE LINKE allein ist nicht stark genug“ Norbert Fleischer sprach mit den Gründern regionaler Ableger von „aufstehen“, Sabine Zimmermann (SZ) und Karl Nolle (KN). Bewegungen verankert und für diese als Gerechtigkeitspartei attraktiv war, im klaren Gegensatz zur CDU.

Foto: Steffen Prößdorf / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0 DE

Wie sind Sie zu Ihrem Engagement für „aufstehen“ gekommen? SZ: Ich bin überzeugt, dass „aufstehen“ eine große Chance für die Linke ist. Unter dem Strich hat es in den letzten zwanzig Jahren kaum Verbesserungen gegeben, aber in vielen gesellschaftlichen Bereichen massive Verschlechterungen. Der Sozialstaat wurde geschliffen. Kleine Korrekturen hier und da haben an der sozialen Schieflage nichts geändert. Millionen Menschen werden mit Niedriglohn und miesen Arbeitsbedingungen abgespeist. Kinderarmut, Familienarmut und Altersarmut sind auf dem Vormarsch. Neoliberale Politik hat sich auf ganzer Linie durchgesetzt. Der Staat rüstet nach innen und nach außen auf. Sehr viele sind unzufrieden. Diese

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Unzufriedenheit zieht Politikverdrossenheit nach sich. Im schlimmsten Fall wenden sich die Menschen nach rechts – die politische Rechte bietet einfache Erklärungsmuster an, verspricht Gewissheiten in einer unübersichtlichen Welt. So kann es nicht weitergehen. In dieser Lage darf die politische Linke nicht aufgeben, sondern muss aufstehen und kämpfen, und zwar in der Breite wirksam. KN: Das liegt möglicherweise an meiner Biografie und meinen politischen Aktivitäten und Erfahrungen, als bekannter, aber auch vom politischen Gegner verdammter SPD- Landtagsabgeordneter, linker Unternehmer und sozialer Arbeitgeberverbandsvorsitzender der Druckindustrie mit SPD-Parteibuch. Politisiert bei der sozialistischen SPD Jugend, die Falken, 1963 in die SPD eingetreten, demonstrierte ich als Jugendlicher gegen Atomwaffen, später gegen den US-Krieg in Vietnam, die Notstandsgesetze und die Springer-Presse, die Militärjunta in Griechenland, den Schah von Persien, gegen die Obristen in Chile, dann gegen die Ausbeutung der Ressourcen unserer Erde. Das war die Zeit, in der die Partei Willy Brandts 45,8 Prozent bei Bundestagswahlen erlangte und sich unzählige kluge Köpfe, Künstler, Intellektuelle, Schriftsteller, Wissenschaftler und bekannte Sportler in und im Umkreis der SPD versammelten. Heute, 20 Jahre nach der Agenda 2010, mit der sich SPD und Grüne ihre Grabplatte selbst gemeißelt haben, ist von diesem Sog in die SPD nichts mehr übriggeblieben. Aus überwältigenden 45,8 Prozent sind inzwischen 15 Prozent geworden. Die SPD war in ihrer Geschichte immer dann stark, wenn sie in den gesellschaftlichen

In anderen Ländern gingen Neugründungen ähnlicher Bewegungen, etwa in Großbritannien, mit anfänglichem Chaos über die Bühne. Wie ist das bei „aufstehen“? KN: Ein solches anfängliches „Chaos“ ist meines Erachtens nicht zu vermeiden. Wir müssen nur schnell darüber hinwegkommen, indem wir Mindeststrukturen und Verantwortlichkeiten schaffen. Eine von Facebook unabhängige Kommunikationsplattform muss dringend her, allein schon aus politischen Gründen, aber auch, weil gerade viele Ältere weder Computer noch Soziale Medien nutzen. Auch „analoge“ Mitglieder müssen eingebunden werden, notfalls auch per Postbrief. SZ: Natürlich ist es nicht einfach, so viele Menschen zu organisieren. Wir waren einfach überwältigt von dem großen Interesse. Jetzt ist es wichtig, Strukturen auf regionaler Ebene zu etablieren. Das geschieht gerade. Wir wollen eine Struktur schaffen, an die dieses Engagement anknüpfen kann, und diese Strukturen gemeinsam fortentwickeln. Ich bin überzeugt, dass „aufstehen“ auch in Sachsen hörbarer und aktiver werden wird. Sowohl bei der LINKEN als auch in der SPD wird das Projekt bei vielen mit Skepsis und sogar Ablehnung betrachtet. Was entgegnen Sie diesen Zweiflern? SZ: Manche befürchten, dass „aufstehen“ eine Art Konkurrenzprojekt für DIE LINKE sein könnte. Das Gegenteil ist der Fall. Ich bin überzeugt: Wir werden ehemalige Wähler zurück- und weitere dazugewinnen. „aufstehen“ kämpft für eine linke Mehrheit in diesem Land. Aber dazu brauchen wir erst einmal star-

ke, linke Parteien. SPD und Grüne sind nicht mehr links, DIE LINKE allein ist nicht stark genug. Insgesamt stagniert unser Stimmenanteil auf Bundesebene seit langem. Wenn wir Menschen zurückgewinnen oder sie neu überzeugen wollen, müssen wir in einen Dialog eintreten. Dort müssen wir auch solche ansprechen, die bislang eher mit SPD und Grünen sympathisiert haben, aber mit deren Kurs unzufrieden sind. Im gemeinsamen Erarbeiten von Positionen liegt die Chance, diese Menschen von einem linken politischen Ansatz zu überzeugen. Wer in der SPD für einen sozialdemokratischen Kurs im Sinne des Wortes, wer bei den Grünen für einen sozial-ökologischen Wandel steht, der braucht vor „aufstehen“ keine Angst zu haben, sondern ist herzlich zu uns eingeladen. KN: Skepsis und Ablehnung, ja sogar bedauerlicherweise Hass unter parlamentarischen Wettbewerbern wundern mich nicht. Viele wollen das größte Stück am Tisch erwischen. Die Chance für eine geschlossene, gemeinsame linke Mehrheit im Parlament ist seit Schröder und Fischer mit ihrer Agenda und Kriegspolitik immer mehr vertan worden und durch die gegenwärtige parlamentarische Verzwergung der SPD und das irrationale bürgerliche Aufblähen der Grünen in weite Ferne gerückt. Die demokratische Machtfrage in unserer Gesellschaft kann nur durch den Druck einer neuen außerparlamentarischen Opposition befördert werden und die Erkenntnis, dass das kapitalistische Wirtschafts- und Gesellschaftssystem nicht das Ende der Geschichte ist, nur weil der deformierte reale Sozialismus zu Recht verschwunden ist. Denn wenn neben ihnen auf der Straße jemand tot umfällt, ist das kein Beweis dafür, dass Sie selbst gesund sind, was uns der Kollaps der Finanzsysteme und deren staatliche Rettung vor zehn Jahren gezeigt hat. Was sind die größten Herausforderungen, die auf „aufstehen“ im nächsten Jahr zukommen? KN: Zunächst ist wichtig, verlässliche, transparente, organisatorische Strukturen zu schaffen ohne Eifersüchteleien über Job und Einfluss. Parallel dazu muss es einen neuen Selbstverständigungsprozess der gesamten linken Bewegung geben. Wir müssen wieder gemeinsam diskutieren und lernen, was die zentralen Fragen unserer Zeit und die darauf notwendigen Antworten sind. Dazu gehören auch eigene Publikationen. Die Arbeiterbewegung wäre ohne Arbeiterbildungsvereine vor über 100 Jahren nie entstanden. SZ: Es ist viel zu tun – aber wir müssen Schwerpunkte setzen, und wir können nicht von heute auf morgen aktiv wer-

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den. Zurzeit sind wir dabei, regionale Gliederungen aufzubauen, zu Veranstaltungen zu mobilisieren. Natürlich werden die sozialen Themen im Vordergrund stehen: Armut, Rente, Mieten, Kämpfe um gute Arbeit. In Sachsen wird es darum gehen, soziale Infrastruktur zu schaffen – ärztliche Versorgung, öffentliche Verkehrsmittel, Schulen und Kitas. Wir wollen Perspektiven eröffnen, auch im ländlichen Raum. Themen, die die CDU in Sachsen seit Jahrzehnten kaum interessieren. Stattdessen verschärft sie das Polizeigesetz, schränkt Grundrechte ein und kuschelt mit der AfD. Dagegen kämpfen wir. Nach all ihrem Lob über die Sammelbewegung: Haben Sie nicht auch Kritisches anzumerken? KN: Dass ein organisatorisches Anfangschaos entstanden ist, durch über 160.000 „aufstehen“-Bewerber, kann man niemanden anlasten. Wie schnell sollen denn ehrenamtliche Helfer tausende E-Mails und Anfragen beantworten? Es dauert eben. Da sich bei solchen Sammlungsprozessen nicht nur kluge, erfahrene, und besonnene Menschen treffen, sondern auch schillernde Typen, müssen wir im gegenseitigen Respekt sicherstellen, dass aus „aufstehen“ eine politische Bewegung wird und kein Versuch einer Graswurzelrevolution.

Foto: Foto-AG Gymnasium Melle / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0

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SZ: Eine Bewegung, die sich selbst für perfekt hält, wäre nicht lebendig. Selbstverständlich gibt es bei uns viel zu verbessern, zum Beispiel die Struktur. Viele werfen „aufstehen“ ja vor, ein Projekt von oben zu sein und nur im Internet zu existieren. Das ist unredlich: „aufstehen“ ist durchaus als Basisbewegung konzipiert. Es ist aber richtig, dass die Initialzündung erst einmal von prominenten Politikern ausgegangen ist, die für den Start einen Rahmen geschaffen haben. Ich sehe darin eine Stärke, insofern Strukturen und inhaltliche Kristallisationspunkte bereits zu Beginn vorhanden sind, aber auch eine Schwäche, weil eine Struktur, die nicht selbstorganisiert gewachsen ist, Gefahr läuft, mehr Zaum als Pferd zu bleiben. Deshalb wird es eine wichtige Aufgabe in der kommenden Zeit sein, „aufstehen“ zu einer aktiven Bewegung mit starker Basis fortzuentwickeln. Ich bin mir sicher, dass das gelingen wird. Alle Veranstaltungen, die wir bislang durchgeführt haben, zeigen, dass das Interesse riesig ist.


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Der nächste Versorgungsposten Kann oder will die SPD-Spitze nicht aus ihren Fehlern lernen? Kaum legt sich der Staub auf die Causa Maaßen, steht die nächste fragwürdige Personalentscheidung ins Haus. Worum geht es? Die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist einer der Hauptdienstleister des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und damit für das operative Geschäft der Entwicklungszusammenarbeit zuständig. Die GIZ sucht seit Juli eine Nachfolge für die vakante Stelle des Arbeitsdirektors. Das ist ein gut dotierter Posten mit einiger Macht: Der Arbeitsdirektor ist ein Personalchef mit Sitz im Vorstand. Über diese Schaltstelle können fähige Nachwuchskräfte aufgebaut oder verhindert werden, je nach Gutdünken.

den maßgeblich von ihm organisierten Bundestagswahlkämpfen 1998 und 2002 musste er sich nie sonderlich um sein Unterkommen kümmern, sagen die einen und zeigen vieldeutig auf die zahlreichen Posten und Positionen in seiner politischen Laufbahn. Dass er Arbeitsethos und durchaus etwas zu sagen hat, wenn auch

hemdsärmelig, sagen die anderen. Letztlich aber hat der Mann keinerlei Erfahrung im Bereich der Entwicklungspolitik. Wenn über ein vom Aufsichtsrat beschlossenes Verfahren zur Personalfindung hinweggegangen werden soll, muss doch zwangsläufig der Ein-

druck entstehen, dass es hier um einen Versorgungsposten nach Parteibuch geht. Ich werde dem nicht zustimmen, denn ich werde nicht dazu beitragen, dass durch solche Entscheidungen die Stimmung in der Bevölkerung noch weiter kippt. • Michael Leutert

Angesichts dessen befand der Aufsichtsrat, dem ich als Vertreter des Haushaltsausschusses angehöre, dass ein gründliches Personalfindungsverfahren notwendig sei, um diese Position adäquat zu besetzen. So kamen gleich mehrere Kandidierende in die engere Auswahl, welche die nötige Erfahrung und Qualifikation mitbringen – und genau an diesem Punkt knallten im Aufsichtsrat die Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung die Personalie Matthias Machnig auf den Tisch. Machnig eilt ein gewisser Ruf voraus: Seit

Zeitloses „der Zeit gemäß“ „Dem blöden Volke unverständlich / treiben wir des Lebens Spiel. / Gerade das, was unabwendlich, / fruchtet unserm Spott als Ziel.“ Diese ersten vier Zeilen seines Gedichtes „Galgenberg“ mögen als Motto gelten für Christian Morgensterns Galgenlieder. Gedichte, die im Nonsens verkleidet tiefsinnige Wahrheiten verkünden. Der Nonsens, seit 1895 entstanden, entlarvt „zeitlos“ Gültiges, sich im Konkreten immer Wiederholendes. Er erweckt „jederzeit“ Assoziationen über Menschliches. Man muss nur wenig ändern, um das Zeitlose „der Zeit gemäß“ erkennbar zu machen. Freilich wird die große Kunst dann „Kleinkunst“, Kabarett oder Karikatur, sie aktualisiert. Ich habe es versucht. Zwei Morgenstern-Originale: Die unmögliche Tatsache Palmström, etwas schon an Jahren, wird an einer Straßenbeuge und von einem Kraftfahrzeuge überfahren. „Wie war“ (spricht er, sich erhebend und entschlossen weiterlebend)

„möglich, wie dies Unglück, ja –: daß es überhaupt geschah? Ist die Staatskunst anzuklagen in bezug auf Kraftfahrwagen? Gab die Polizeivorschrift hier dem Fahrer freie Trift? Oder war vielmehr verboten, hier Lebendige zu Toten umzuwandeln, – kurz und schlicht: Durfte hier der Kutscher nicht –?“ Eingehüllt in feuchte Tücher, prüft er die Gesetzesbücher und ist alsobald im klaren: Wagen durften dort nicht fahren! Und er kommt zu dem Ergebnis: „Nur ein Traum war das Erlebnis. Weil“, so schließt er messerscharf, „nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Der Lattenzaun Es war einmal ein Lattenzaun, mit Zwischenraum, hindurchzuschaun. Ein Architekt, der dieses sah, stand eines Abends plötzlich da – und nahm den Zwischenraum heraus und baute draus ein großes Haus.

Der Zaun indessen stand ganz dumm, mit Latten ohne was herum. Ein Anblick gräßlich und gemein. Drum zog ihn der Senat auch ein. Der Architekt jedoch entfloh nach Afri- od- Ameriko.

in Bezug auf Wahlen wagen? Gab die Gesetzeswahlvorschrift hier den Wählern freie Trift? Oder war vielmehr verboten, hier die Schwarzen wie die Roten abzustrafen – kurz und schlicht Durften hier die Wähler nicht –? Eingehüllt in feuchte Tücher, prüft er die Gesetzesbücher und ist alsobald gewiss: Wahlen sind ein Vogelschiss! Und er kommt zu dem Ergebnis: „Nur ein Traum war das Erlebnis. Weil“, so schließt er messerscharf, „nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Der Lattenzaun Politiker standen einst im Raum, mit Zwischenraum, hindurchzuschaun.

Und hier meine „Aktualisierungen“: Die unmögliche Tatsache Markus Söder, kaum in Jahren, muss an einem Tag der Wahlen und von fürchterlichen Qualen Ihn Umwerfendes erfahren. „Wie war“ (spricht er, sich erhebend und entschlossen weiterlebend) „möglich, wie dies Unglück, ja –: dass es überhaupt geschah? Ist die Staatskunst anzuklagen

Horst Seehofer, der dieses sah, stand eines Abends plötzlich da – und nahm den Zwischenraum heraus und baute der Heimat draus ein Haus. Die Politiker indes ganz dumm standen ohne was herum. Ein Anblick gräßlich und gemein. Drum zogen ihn die Wähler ein. Der Seehofer jedoch entfloh zu Weib und Kind – wer weiß schon wo?


Hintergrund

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Neues vom Herrn b Jour fixe 37 widmet sich Stephen Parkers neuer Brecht-Biographie. Von Wulf Skaun

Das hätte dem Jahrhundertdichter gefallen, wie seines 120. Geburtstages gedacht wurde: In traulichem Lampenschein analysiert Klaus Pezold in konsequent philologischer Betrachtung das über 1.000 Seiten umfassende Parker-Werk mitsamt seinen Neuerungen, während Moderatorin Ursula Wohlfeld wichtige Erkenntnisse seines Vortrags authentisiert, indem sie mit „wohltemperierter Hörspielstimme“ aus Parkers und Werner Mittenzweis Originaltexten liest. Sehr zum Gefallen des literar-ambitionierten Publikums, das, an etlichen Tischen platziert, „seinen“ gelernten Brecht um zusätzliche Details bereichert und aus unbekannter Perspektive belichtet sieht. Pezold führt die Innovationen in Parkers Brecht-Bild gegenüber Mittenzweis Maßstab setzender „BrechtBibel“ von 1986 auf zwei Tatsachen zurück. Zum einen hatte der britische Biograph auch alle jene Informationen aus endlich geöffneten Archiven und späteren Publikationen, wie der faktensatten Brecht-Chronik Werner Hechts, verarbeiten können, die Mittenzwei nicht zur Verfügung standen. Zum zweiten widmete sich der Jüngere explizit Brechts lebenslangen gesundheitlichen Problemen, der „biophysischen Dimension“ seines Werks, um sie, was niemand vor ihm in dieser Rigorosität tat, als wesentlichen Ein-

Bundesarchiv, Bild 183-W0409-300 / Kolbe, Jörg / CC-BY-SA 3.0

Haben wir mit Mittenzwei, Hecht, Schumacher und Co. nicht schon zu DDR-Zeiten alles über Bert Brecht gewusst? Die 37. Runde des Leipziger „unkonventionellen Gesprächskreises“ Jour fixe an der RLS Sachsen belehrt uns eines anderen. Im beinahe privatimen Café-Ambiente der „Kleinen Träumerei“, für den Abend zum Literatursalon aufgeputzt, stellt der einheimische Germanist Klaus Pezold die im Juni bei Suhrkamp erschienene Brecht-Biographie seines britischen Fachkollegen Stephen Parker vor.

flussfaktor auf Existenz und Wirken des Lyrikers und Dramatikers zu veranschlagen. Diese Dramaturgie hätte zweifelsohne Mittenzweis Beifall gefunden, ist sich Pezold sicher, entspräche sie doch jenen Erfordernissen, die der DDR-Literaturwissenschaftler an eine „ernstzunehmende Biographie“ stellte. Diese müsse dem „Geheimnis“ einer künstlerischen Leistung auf die Spur kommen; zeigen, wie einer mit dem Leben fertiggeworden sei und also „das Gesamtbild eines interessanten Menschen hervorzurufen“ vermögen. Pezold akzentuiert in diesem Sinne, mit Parker, wichtige Knotenpunkte in Brechts persönlicher und künstlerischer Entwicklung. Wie sich der Begabte bei „Schreiben und Sex“, mit Textexperimenten und chaotischem Liebesleben um ersten literarischen Ruhm bemühte. Wie er nach

der „Dreigroschenoper“, der nach Parker einsetzenden Zeit des „monumentalen Erfolges“, in die Liga der deutschen Schriftstellerelite aufstieg. Wie er trotz stalinistischen Terrors an der Idee des Sozialismus festhielt, was sicherlich auch auf sein Studium des Marxschen „Kapitals“ zurückzuführen war. Für sein Drama „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ hatte sich Brecht nicht nur ökonomisches Hintergrundwissen verschafft; Marx’ materialistische Analyse des Kapitalismus ließ ihn nun auch die USA als dessen Vorreiter, als Experimentierfeld für die „Triebkräfte der Märkte“ und deren zerstörerischen Macht begreifen. Brechts humanistisches und friedenspolitisches Credo, in Lyrik und Dramatik künstlerisch verankert, bestimmte auch sein Verhältnis zur späteren DDR. Dem Kampf des inzwischen weltberühmten Künstlers um eine feste Spielstätte für sein episches Theater gegen den dogmatischen SEDKulturapparat, kulminierend in den Ereignissen des 17. Juni 1953, räumt Parker viel Platz ein.

Der „unkonventionelle Gesprächskreis“ erlebt an diesem Literaturabend neben biographiebezogenen Wortmeldungen auch einen unkonventionellen, weil musikalischen Diskussionsbeitrag zum Brecht-Thema. Hartwig Runge, in seinem früheren Sängerleben als Ingo Graf von Funk und Fernsehen bekannt, trägt Haydns zur Nationalhymne erhobene Melodie vor, in die er neben Fallerslebens und Bechers Text auch Bert Brechts „Anmut sparet nicht noch Mühe“ synchronisiert hat. Zwei Informationen, von Manfred Neuhaus schon während der Begrüßung verkündet, bleiben nachzutragen. Das angekündigte Zweitthema über Artur Koestlers „Sonnenfinsternis“ müsse wegen Erkrankung Klaus Kinners verschoben werden. Die nächsten Jour-fixe-Treffen finden wieder an gewohntem Ort, Harkortstraße 10, statt, weil sich die Fertigstellung des neuen Domizils in der Hohen Straße verzögert.

Pezolds Urteil, dass sich die Biographie anregend und spannend lese, kann das Auditorium bestätigen, als Ursula Wohlfeld die einschlägige Buchpassage zu Gehör bringt. Pezold kommentiert diese und andere Betrachtungen Parkers nur sparsam, und wo er es tut, gutwillig. Wie er dem westeuropäisch geprägten Biographen auch eine weitgehend ideologiefreie Sicht − „ohne Schwarz-WeißBrille“ − bescheinigt. Parkers Buch endet mit Brechts Ableben und dessen selbstverfügter stiller Beisetzung im kleinsten Kreis eng Vertrauter. Den Staatsakt der DDR-Regierung beschweigt es. So entschädigt Ursula Wohlfeld die Jour fixe-Brechtgemeinde mit Werner Mittenzweis Augenzeugenbericht.

Staatsregierung ohne Ahnung und Antrieb Sozial-Skandal des Monats Laut einer Studie der Hans-BöcklerStiftung fehlen in Deutschland fast zwei Millionen Sozialwohnungen. Diese Lücke durch den Neubau von sozialem Wohnraum mit dem derzeitigen Fördervolumen zu schließen würde 185 Jahre dauern. Das zeigt, dass der Ausbau von sozialem Wohnraum deutlich stärker gefördert werden muss – auch in Sachsen, wo die Staatsregierung immerhin 41,5 Millionen Euro für den Bau von 1.125 neuen Sozial-

Sollen wirklich 185 Jahre vergehen, bis es genug Sozialwohnungen gibt? Das fragt Susanne Schaper

wohnungen ausgeben will. Das Kernproblem ist aber, dass mehr Wohnungen mit Mietpreisbindung wegfallen als neue gebaut werden. In Sachsen haben wir aktuell noch 11.623 Sozialwohnungen. Ob die 1.125 reichen werden, um den Bestand ausreichend stark zu erhöhen, lässt sich noch nicht sagen, zumal die Laufzeit von Belegungs- und Mietpreisbindung in Sachsen nur 15 Jahre beträgt. Die Staatsregierung verfügt dazu über keinerlei

Kenntnisse. Sie weiß nicht, wie viele Wohnberechtigungsscheine ausgegeben wurden und ob dementsprechend die Zahl der Sozialwohnungen in Sachsen reicht. Die sächsische Staatsregierung scheint sich einfach nicht dafür zu interessieren, wie viele Menschen in Sachsen in Armut leben. Aus diesem Grund forderten wir bereits 2014 die Erstellung eines Lebenslagenreportes,

welcher die Lebenslagen von in Armut lebenden Menschen in Sachsen analysiert und abbildet. Ein solcher Report könnte Aufschluss darüber geben, ob die Sozialwohnungen reichen und wie viele in Sachsen noch gebraucht werden. Er würde unter anderem auch zeigen, dass die derzeitigen Sozialsicherungsleistungen nicht vor Armut schützen und sogar Menschen mit Erwerbseinkommen zunehmend von Armut betroffen sind.


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Seit längerem entstehen im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung neue Akteure und bestehende werden mit weiteren Befugnissen ausgestattet. In Sachsen bestehen neben dem Polizeivollzugsdienst a) die Sächsische Sicherheitswacht (seit 1999), b) die Sächsische Wachpolizei (20022006 und seit 2015), c) sogenannte Non-Profit-Ordnungsdienste (Eick 2004) als Wiedereingliederungsmaßnahme für Arbeitslose (z. B. „Bürgerdienst LA“ seit 2009) und d) gemeindliche Vollzugsdienste der Ortspolizeibehörden (Ordnungsämter).

Hintergrund

Wer darf eigentlich kontrollieren?! Wie passt das neue Polizeigesetz in die deutsche Sicherheitsarchitektur? Teil 3/4 – von Enrico Stange und Florian Krahmer

So ist nach §19 Abs. 1 des Entwurfs zum Sächsischen Polizeibehördengesetz die Polizeibehörde befugt, Personen zum Zwecke der Befragung anzuhalten. Nach bisheriger Rechtsauslegung der Staatsregierung wurde diese Befugnis aus der Strafprozessordnung hergeleitet und diente als Begründung für den Eingriff der Mitarbeiter der Ordnungsämter in den fließenden Verkehr: „Gemäß §163b Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) […] darf die gemeindliche Verwaltungsbehörde nach §§ 35, 36 Abs. 2 OWiG, § 2 oder 3 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über Zuständigkeiten nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten im Rahmen des Bußgeldverfahrens die Identität des Betroffenen durch Festhalten feststellen; das Festhalten umfasst auch das Anhalte eines Verkehrsteilnehmers im fließenden Verkehr unter strenger Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit“ (Landtagsdrucksache 6/10675). Laut Straßenverkehrsordnung (§ 36 StVO) ist es hingegen lediglich Polizeibeamten gestattet, in den fließenden Verkehr einzugreifen. Auch bezieht sich§ 163b Abs. 1 der Strafprozessordnung ausschließlich auf Polizeibeamte. In der Regel handelt es sich bei Bediensteten der Ordnungsämter aber um nicht verbeamtete Personen.

Bild: Dirk Vorderstraße / flickr.com / CC BY-NC 2.0

Bemerkenswert ist dabei, dass sich seit kurzem die Städte Dresden und Leipzig einen neuen Vollzugsdienst unter der Bezeichnung „Polizeibehörde“ geschaffen haben (Krahmer 2018b). Die Akteurslandschaft wird also zunehmend unübersichtlich. Äußerlich tragen die unterschiedlichen Akteure beinahe identische Uniformen, lediglich die Beschriftungen wie „Polizei“, „Sächsische Sicherheitswacht“, „Polizeibehörde“ divergieren. Die gravierenden unterschiedlichen Befugnisse sind für den Außenstehenden jedoch nicht unmittelbar ersichtlich. Der Gesetzentwurf zum sächsischen Polizeirecht verstärkt die Unübersichtlichkeit durch die Befugniserweiterung bzw. -konkretisierung der Polizeibehörden. Zwar ist die eigenständige gesetzliche Regelung der Befugnisse der Polizeibehörden (Ordnungsämter) zu begrüßen, allerdings erlangt damit die hochproblematische Rechtsauslegung dieser Befugnisse durch das sächsische Innenministerium nunmehr Gesetzesrang.

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Mit Bezug auf die bisherige Rechtspraxis der Sächsischen Staatsregierung ist also davon auszugehen, dass § 19 Abs. 1 des Entwurfs des Polizeibehördengesetzes zu rechtswidrigen Maßnahmen der Ordnungsämter führen wird. Von Verkehrsteilnehmern sind Kenntnisse über die StVO zu erwarten, jedoch keine detaillierten Kenntnisse über das Sächsische Polizeibehördengesetz. Demnach muss ein Verkehrsteilnehmer darauf vertrauen dürfen, nur von Polizeibeamten berechtigterweise im fließenden Verkehr angehalten zu werden, nicht jedoch von Bediensteten der Ordnungsämter, die nicht verbeamtet sind. Der Entwurf zum Polizeibehördengesetz würde in dieser Form zu starker Rechtsunsicherheit führen. Zu weiterer Rechtsunsicherheit führen die offenen Stellen im Polizeibehördengesetz. In § 9 Abs. 2 des Entwurfs steht: „Das Staatministerium des Innern hat durch Rechtsverordnung zu bestimmen: […] welche Anforderungen an das Verfahren für die Bestellung der gemeindlichen Vollzugsbediensteten und der Kreisvollzugsbediensteten gelten und welche Mittel des unmittelbaren Zwangs (§ 40 des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes) die gemeindlichen Vollzugsbediensteten und die Kreisvollzugsbediensteten anwenden dürfen.“ Damit werden wesentliche Aspekte der Legitimität und Stärke des Eingriffs in die Grundrechte durch die Bedienstete der Polizeibehörden (Ordnungsämter) nicht durch ein Gesetz (beschlossen durch das Parlament als Legislative), sondern lediglich durch eine Rechtsverordnung (beschlossen

durch die Regierung als Exekutive) geregelt. Dagegen sind die Mittel des unmittelbaren Zwangs des Polizeivollzugsdienstes im Polizeigesetz und die Voraussetzung zur Bestellung zum Polizeibeamten im Beamtengesetz geregelt. Hinzu kommen Probleme mit rechtsstaatlichen Prinzipien, etwa der Gewaltenteilung. Die neuen Polizeigesetze stärken die Exekutive zulasten der Judikative und übertragen teilweise judikative Funktionen auf die Polizei. Zwar wird im Gesetzentwurf kein zeitlich unbeschränkter Präventivgewahrsam verankert. Dennoch finden sich Beispiele, die in diese Richtung gehen. Die Polizei bekommt in Bezug auf ein vergangenes abweichendes Verhalten einzelner Personen ihrer Praxis nach bestrafende Kompetenzen wie z. B. Meldeauflagen (§ 20) und Aufenthaltsverbote (§ 21). Die Bevölkerung muss entsprechend dem Prinzip der Rechtssicherheit darauf vertrauen dürfen, dass Maßnahmen nur von Behörden angewendet werden, die hierzu auch eindeutig befugt sind. Wie oben dargestellt, erzeugen Befugnisse der Ortspolizei zum Eingriff in den fließenden Verkehr erhebliche Rechtsunsicherheit. Nach weitverbreiteter Rechtsauffassung setzen die Befugnisse zum Eingriff in die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit (§ 10 Abs. 1 des Referentenentwurfs des Sächsischen Polizeibehördengesetzes) und Freiheit der Person (§ 10 Abs. 2 des Referentenentwurfs des Sächsischen Polizeibehördengesetzes) voraus, dass sich die Anwendenden in einem

besonderen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat befinden: „Gemäß Art. 33 IV GG darf die Ausübung hoheitlicher Befugnisse in der Regel nur Angehörigen des öffentlichen Dienstes übertragen werden, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat stehen. Mit dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis sind nur Berufsbeamte gemeint.“ (Fickenscher, 2008. S.116). Bei Bediensteten der Polizeibehörden (Ordnungsämter) handelt es sich in der Regel um nicht verbeamtete Angestellte, zumindest ist eine Verbeamtung laut Gesetz nicht vorgeschrieben. Auch hat die Sächsische Staatsregierung keinerlei Übersicht über den Personalbestand, die Ausbildung und die Rechtsform des Anstellungsverhältnisses der Vollzugsbediensteten der Polizeibehörden (Ordnungsämter). Sie zieht sich bei der Erklärung über die fehlende Kenntnisse auf das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen zurück (Landtagsdrucksache 6/13412). Es bleibt künftig zu klären, ob diese Position Bestand haben kann, auch in Bezug auf die gesetzlich festgeschriebene Fachaufsicht der Staatsregierung über die unteren Polizeibehörden (§ 66 SächsPolG) und die angedachten Befungniserweiterungen durch das neue Polizeibehördengesetz. Es ist ein wesentliches Prinzip der Rechtssicherheit, dass Menschen nur dann bestraft werden können, wenn sie rechtskräftig verurteilt wurden, und dass Zwangsmaßnahmen nur dann gegen Personen gerichtet werden dürfen, wenn sie Verursacher bzw. Verantwortliche einer konkreten Gefahr sind. Die Polizeigesetze hebeln das letztgenannte Prinzip aus, indem Maßnahmen der Polizei vorbeugend auch dann möglich sind, wenn eine konkrete Gefahr noch gar nicht sichtbar ist. Das Bayerische Polizeiaufgabengesetz ist dahingehend einfacher zu lesen als das sächsische, da das geänderte Prinzip durch den Begriff „drohende Gefahr“ im Gesetzestext selber greifbar wird. Auch beim Sächsischen Polizeigesetz jedoch erfolgt eine Erweiterung der Eingriffsbefugnisse weit in das Vorfeld einer konkreten Straftat hinein. Literatur Eick, Volker: Zur Rolle von None-Profit-Ordungsdienste in der Sicherheitsproduktion. In van Elsbergen: Wachen, kontrollieren, patrouillieren. VS Verlag, Wiesbaden 2004. Fickenscher, Guido: Bürger in Polizeidienst – Freiwillige Polizeidienste und Sicherheitswachten. In: Stober, Rolf (Hrsg.): Jahrbuch des Sicherheitsgewerberechts 2007. Hamburg 2008. Krahmer, Florian: Sächsische HilfspolizistInnen. Bürgerrecht und Polizei, Ausgabe 116/ 2018 b. Stange, Enrico. Kleine Anfrage zum Thema: Personelle Ausstattung unterer sächsischer Polizeibehörden (Orts- und Kreispolizeibehörden). Drucksache Sächsischer Landtag 6/13412. Stange, Enrico. Kleine Anfrage zum Thema: Eingriff der Ortspolizei Dresden in den fließenden Verkehr. Drucksache Sächsischer Landtag 6/10675.

Wir drucken einen Aufsatz von Enrico Stange und Florian Krahmer. Stange ist Mitglied des Landtags und innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, Krahmer ist Politikwissenschaftler und Lehrbeauftragter an der Uni Leipzig.


Links! 11/2018 Mit großer Sorge beobachten große Teile der Bevölkerung die gegenwärtige Entwicklung bei der Inanspruchnahme von Waldflächen. Wie jetzt bekannt wurde, wird unsere Erde bis 2050 einen Waldverlust von 230 Millionen Hektar zu beklagen haben. Das entspricht der siebenfachen Größe Deutschlands. Es ist dringend notwendig, die Übernutzung und Abholzung sofort zu stoppen. Dies setzt aber voraus, unseren oft überzogenen Konsum und die Verschwendungssucht einzudämmen. Es muss daran erinnert werden, dass unser Wald der wichtigste nachwachsende Naturschatz ist. Er bietet Lebensraum für die Artenvielfalt, er vorsorgt uns mit sauberer Luft, dient der Verbesserung der Bodenqualität und vorsorgt uns auch mit Trinkwasser. Viele Menschen finden im Wald Erholung und Arbeit – um nur einige Funktionen des Waldes zu nennen. Wald ist unsere Lebensgrundlage – die Photosynthese sichert den Grundvorgang alles Lebens.

Hintergrund

Kein Leben ohne den Wald – doch er ist bedroht! Siegfried Jahn, Forstmeister a. D., warnt vor dem Waldsterben

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die Forstwirtschaft eintritt. Die wirtschaftlichen Verluste werden zwischen 20 und 50 Prozent liegen. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Die langsam wachsenden Laubhölzer binden weniger Kohlenstoff und das bringt zusätzliche Umweltprobleme. Das im Jahr 2010 weltweit eingeschlagene Holz hatte einen Wert von ca. 77 Milliarden Euro. Weitere Waldprodukte hatten 2010 einen Wert von 15 Milliarden Euro, wobei hier nicht alles aus dem Privatwald erfasst ist. Noch eine Anmerkung, die man wissen sollte: Der älteste Baum der Welt ist eine 9.550 Jahre alte Fichte im schwedischen Dalarna. Der höchste

Unsere Erde verliert pro Minute Wald in der Größenordnung von 35 Fußballfeldern. 3,9 Milliarden Hektar Wald gibt es noch auf unserer Erde – den wir schützen und für kommendes Leben erhalten müssen. In der EU gibt es 160 Millionen Hektar Wald. Davon hat Deutschland laut Waldinventur 11,075 Millionen Hektar Wald zur Bewirtschaftung und Erholung zur Verfügung. Davon sind 59 Prozent Nadelhölzer, 41 Prozent Laubmischwälder, ein Prozent ist als geschützte Wildnis ausgegliedert. Das waldreichste Land der Erde ist Russland, ein Viertel aller Wälder sind hier in Fläche. Als größte zusammenhängende Waldfläche der Erde ist das Waldgebiet in Sibirien ausgeschieden. Pro Jahr wurden weltweit etwa 13 Millionen Hektar Wald abgeholzt. Seit 1960 wurden Tropenwälder in der Größe von halb Europa vernichtet, in Summe 645 Millionen Hektar. In Deutschland werden der land- und forstlichen Nutzung täglich ca. 70 Hektar durch Versiegelung entzogen. Den größten Anteil hat das Bundesland Bayern mit täglich 13 Hektar. In diesen 70 Hektar sind nicht die ständige Verbreiterung der Waldwege und die Arbeitsschneisen für den Harvester eingerechnet. Dieser Entzug beläuft sich auf 15-20 Prozent der Waldfläche.

Erinnerung: Herbstakademie 2018! 6. Linke Herbstakademie des Vereins Linke Kultur und Bildung e. V. vom 16. bis 18. November 2018 auf Gut Frohberg, Schönnewitz 9, 01665 Krögis/ Käbschütztal (bei Meißen) Die beliebte Sommerakademie geht in die nächste Runde: Diesmal als Herbstakademie. Im Mittelpunkt steht die Qualifizierung derer, die sich in linken Zusammenhängen und Strukturen engagieren oder dies vor-

Dezember 2017, im Naturpark Dübener Heide bei Kemberg. Foto: Ralf Fiebelkorn. Aber als Folge des Klimawandels werden in Zentral-, Ost- und Westeuropa zunehmend größere Laubholzanteile gepflanzt. Natürlich wird dann ein geringerer wirtschaftlicher Ertrag zu erwarten sein. Ein Team von Forst-

haben. Egal ob ihr euch in einer Partei, im Verein, einer Initiative und/ oder einem Bündnis einbringt: Hier könnt ihr Fähigkeiten erlernen oder schulen, die eure Arbeit leichter, effektiver und schöner machen. In fünf Workshopschienen könnt ihr Neues lernen, euch ausprobieren oder Kenntnisse teilen und vertiefen. Alle Seminare werden prozessoffen vermittelt, denn Weiterbildung soll Spaß machen und lebt von Interaktion. Natürlich gibt es neben den Seminaren auch genug Raum, sich zu vernetzen, zu diskutieren und eine gute Zeit zu verbringen.

wissenschaftlern, u. a. auch Herr Prof. Dr. Marc Hanewinzel, schätzen ein, dass aufgrund der unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedeutung der verschiedenen Baumarten auch eine gravierende Konsequenz für

Baum der Erde ist ein Mammutbaum mit 115,5 Meter – er steht im kalifornischen Redwood Nationalpark. Der dickste Baum mit 14,05 Meter Durchmesser steht in Mexiko – in Santa Maria del Tule.


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„ … auf dieser Insel also wohnt das einzige Volk Europas, das nie Eroberungszüge unternahm, wohl selbst einige Male erobert wurde, von Dänen, Normannen, Engländern – nur Priester schickte es, Mönche, Missionare, die – auf dem seltsamen Umweg über Irland – den Geist thebaischer Askese nach Europa brachten; vor mehr als tausend Jahren lag hier, soweit außerhalb der Mitte, als ein Exzentrikum, tief im Atlantik hineingerutscht, Europas glühendes Herz …“ Heinrich Böll, Irisches Tagebuch

Keltenkreuze und Touristenströme Nachdenken über eine Irlandreise. Von Gisela Boldt

Das Angebot war verlockend: Neun Tage Studienreise Republik Irland. Ich hatte dieses Land, nur etwa so groß wie Bayern, schon zweimal bereist, 1997 und 2001. Aber das lag weit zurück, und es gab 2008 eine Finanzkrise, nach welcher der „Celtic Tiger“, wie viele auch, hart auf dem Boden der Realität gelandet ist. Wie würde ich die „Grüne Insel“ 2018 erleben?

Irland war über hunderte Jahre Auswanderungsland. Heute, so wird geschätzt, haben 70 Millionen Menschen in der Welt irische Wurzeln. Allein in den USA sollen es 40 Millionen sein. Sind es diese Erfahrungen, die das Verhalten der Iren Fremden gegenüber bestimmen?

Dublin – „City of Literatur“ Die Reise beginnt in Dublin, der Hauptstadt der Republik. Die Halbmillionenstadt zeigt sich modern und provinziell, aufgeschlossen und traditionsbewusst, quirlig und multikulturell. Und sie hat Vielfältiges zu bieten. Museen und Galerien, St. Patricks Kathedrale und die Guinness-Brauerei, den Phönix-Park oder die Oase mitten in der Stadt, St. Stephens Green, gesäumt von den georgianischen Häusern mit den bunten Türen. Und vor allem das Trinity College, die erste irische Universität, 1592 von Elisabeth I. gegründet, allerdings nur für Protestanten. „City of Literatur“ ist ein von der UNESCO verliehener Titel, den nur vier Städte tragen. Dieses kleine Land kann mit William Butler Yeats, George Bernhard Shaw, Samuel Beckett und Seamus Heaney vier LiteraturNobelpreisträger vorweisen. Aber da sind auch Jonathan Swift, Oscar Wilde, Bram Stoker (Roman Dracula) oder Brian O’Nolan, bekannt als Flann O’Brien. Und da ist James Joyce, dem am Bloomstag, am 16. Juni, Tausende seiner Fans huldigen, indem sie den Spuren des Haupthelden Bloom seines Romans „Ulysses“ durch Dublin folgen. Und wer einen Blick auf das wohl berühmteste Schriftgut Irlands, das Book of Kells werfen will, muss sich in Geduld üben, denn im Hof des Trinity College steht immer eine lange Schlange.

Insel angesiedelt, Getreide für den Export produzierten. Die irische Bevölkerung war in den unfruchtbaren, nur für Kartoffelanbau und Schafzucht geeigneten Westen abgedrängt worden. Diese Hungersnot 1845-1849 – eine Kartoffelfäule hatte drei Jahre in Folge die Kartoffelernte vernichtet – hatte verheerende Folgen für das irische Volk. 1,5 Millionen starben infolge des Hungers und weitere 1,5 Millionen wanderten aus, nach Amerika, Kanada, Neuseeland. Die Bevölkerungszahl sank von über sechs auf unter drei Millionen. Die englischen Landlords aber exportierten weiter das Getreide, ohne den Hungernden zu helfen.

Irland – ein Touristenmagnet

Keltenkreuze der uralten Klostersiedlung am Shannon, Irlands längstem Fluss. Foto: Gisela Boldt Die Begeisterung für Literatur, die Liebe zum geschriebenen Wort überhaupt pflegen die Iren seit Jahrhunderten. Irland – ein Einwanderungsland In Irland begegnet man überall freundlichen, hilfsbereiten, aufgeschlossenen Menschen, die einen Fremden mit „You’re welcome“ oder mit „Céad, Mile, Céat Mile Fáilte Romhat“ begrüßen. Irland ist multikulturell geworden. Auf den Straßen der Städte unübersehbar, auch an vielen kleinen Geschäften Eingewanderter ablesbar. Ja, Irland ist ein Einwanderungsland. Zwölf (!) Prozent der nur 4,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger haben ausländische Wurzeln. Das ist ein Spitzenplatz in Europa. Für mich undenkbar, dass hier Menschen mit anderer Hautfarbe, Kultur, Religion ausgegrenzt oder angefeindet werden. Um sich diese tolerante Haltung der Iren zu erklären, muss man hunderte Jahre zurückgehen, in eine Zeit, die

sich tief in das Gedächtnis eingegraben hat: in 400 Jahre englischer Herrschaft. Die englische Krone hat vor allem seit Heinrich VIII. und Elisabeth I. alles daran gesetzt, den Iren ihr Irisch-Sein auszutreiben. Katholiken, und 93 Prozent der Iren sind römisch-katholisch, durften nicht studieren, wählen, Schulen gründen, Kirchen bauen, politische Ämter innehaben. Vor allem aber wurde das Irisch-Gälische, die Muttersprache, verboten. Kinder bekamen zum Beispiel einen Holzstock um den Hals, in den der Lehrer bei jedem gälischen Wort eine Kerbe schnitzte. Eine bestimmte Anzahl Kerben bedeutete für die Eltern Lohnabzug. Dabei lebte die kinderreiche Bevölkerung schon in unbeschreiblicher Armut. Einer der großen Dichter Irlands, Jonathan Swift, Autor von „Gullivers Reisen“, schrieb 1729 angesichts der katastrophalen Lage eine der bissigsten Gesellschaftssatiren, mit dem harmlosen, fast untertänig gehaltenen Titel „A Modest Proposal“, „Ein bescheidener Vorschlag“. Er schlug vor, irische Babys für die Bereicherung der Speisepläne englischer Tafeln zu liefern. Er schrieb, dass „ … ein junges, gesundes, wohlgenährtes Kind vom Alter eines Jahres ein höchst schmackhaftes Nahrungsmittel und eine gesunde Speise bietet, ob geschmort, gebraten, gebacken oder gekocht, und ich zweifle gar nicht, daß es ebenfalls als Fricassée oder Ragout sich wird anwenden lassen.“ Diese Anklage wurde von der englischen Krone nicht verstanden. „The Great Famine“ die große Hungersnot Erst recht nicht von den englischen Landlords, die, im fruchtbaren Teil der

An die sieben Millionen Touristen kommen jährlich ins Land, um die Sehenswürdigkeiten zu bestaunen. Die Kehrseite: Man ist nirgendwo allein. Ob an den bis zu 210 Metern und acht Kilometer langen Cliffs of Moher, auf dem eiszeitlichen Höhenzug Burren mit Dolmen aus der Megalithkultur (2500 v. d. Ztr.) oder dem 136 Kilometer langen Ring of Kerry im Süden der Insel – überall überfüllte Parkplätze mit unzähligen Autos und Bussen. Beschauliche Einkehr zum Beispiel in den Ruinen der Klostersiedlung Clonmacnoise am Shannon, dem größten Fluss Irlands, oder in dem als Bilderbuchstädtchen beworbenen Sneem auf dem Ring of Kerry ist kaum möglich. Da hilft auch die Einsicht nicht weiter, dass man ja selbst ein Teil dieses Stromes ist. Aber man kann Irland nur für diesen Zuspruch beglückwünschen, denn Touristen bringen Geld ins Land. Irland hat jedoch so viel Schönes abseits der touristischen Routen zu bieten, von dem wir einiges im Programm hatten. So die kleine Insel Garinish, die mit tausenden Tonnen fruchtbarer Erde in ein Gartenparadies verwandelt wurde. Swiss Cottage, ein Vorzeigeobjekt, wo sich Lord und Lady Cahir dem irischen Landleben hingaben oder auch die sehr gut erhaltene Burg in Cahir. Irland bietet außerdem viele Kilometer wunderbarer Sandstrände und eine Natur zum Wandern oder Fischen ohne Ende. *** Neun Tage sind eine kurze Zeit. Ich habe viel Bekanntes verändert vorgefunden, viel Neues entdeckt. Man könnte mit Statistik belegen, dass die Iren den tiefen Fall nach der Krise als Chance betrachten. Es geht wieder aufwärts. Die wichtigste Garantie dafür ist jedoch der Wille dieser Menschen, die schon so viel Schmerzhaftes in ihrer Geschichte überstanden. Ein irisches Sprichwort lautet wohl: Es hätte viel schlimmer kommen können. Aber nun kann es nur heißen: Es kann nur besser werden. Auf diesen Weg mein: „Good luck“ oder besser: „Fortan Leat!“


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Gemeinsam für den Frieden

Lyrisches

Vor 75 Jahren stellte die Teheraner Konferenz die Weichen für die Zerschlagung Hitlerdeutschlands. Winfried Steffen blickt zurück

Kahlschlag

In der Zeit vom 28. November bis zum 1. Dezember 1943 kam es in Teheran zum ersten Zusammentreffen der Regierungschefs Großbritanniens, der Sowjetunion und der USA. In der iranischen Hauptstadt und dem umliegenden Gebiet waren ab Mitte 1941 sowjetische und britische Truppen stationiert und somit wurde dem faschistischen Deutschland eine mögliche Angriffsbasis genommen. Ende 1943 war der Ausgang des Zweiten Weltkrieges längst entschieden. Nach Stalingrad und der Schlacht im Kursker Bogen im Sommer 1943 war der deutschen Wehrnacht das Rückgrat gebrochen. Rommels Afrikakorps existierte nicht mehr. Die westlichen Alliierten rückten in Italien vor. Deutschland lag zunehmend im anglo-amerikanischen Bombenhagel. Doch noch waren Westeuropa, Norwegen und Dänemark sowie die Balkanländer von der Wehrmacht okkupiert. Der wichtigste Tagesordnungspunkt der Teheraner Konferenz war die Eröffnung der zweiten Front in Westeuropa. Vorbehalte der von Premierminister Churchill geleiteten britischen Vertreter gegen eine Landung angloamerikanischer Verbände in Frankreich wurden auf Drängen der sowjetischen Delegation, unterstützt von den amerikanischen Teilnehmern unter Leitung von US-Präsident Roosevelt, gebrochen. Die Invasion wurde für Mai 1944 terminiert. Die Sowjetunion verpflichtete sich, die Landungsoperationen der Alliierten durch eine Entlastungsoffensive an der so-

wjetisch-deutschen Front wirksam zu unterstützen. Am 6. Juni 1944 ist diese Invasion erfolgt. Stalin erklärte die Bereitschaft, sechs Monate nach Kriegsende in Europa die Kampfhandlungen gegen Japan zu eröffnen. Die Konferenz beriet ferner die polnische und die deutsche Frage. Stalin schlug eine „Westverschiebung“ Polens vor. Die polnische Ostgrenze sollte die sogenannte Curzon-Linie sein; diese war 1921 zwischen Russland und Polen festgelegt worden. Die polnische Westgrenze sollte an der

sche Seite lehnte eine Zerstückelung Deutschlands ab. Die genaue Aufteilung in Besatzungszonen und von Sektoren in Berlin wurde im September 1944 vorgenommen. Die Teheraner Konferenz erörterte Möglichkeiten zur Schaffung einer Weltorganisation, die auf den Prinzipien der Deklaration der Vereinten Nationen vom 1. Januar 1942 beruhen sollte. Sie endete mit der Unterzeichnung der geheimen „Militärischen Schlussfolgerungen“ und einer öffentlichen Erklärung. Darin betonen die

Novemberwind beraubt hohen Stolz der Bäume Weit Jahreszeitenwandel Nebelschauer buntgefärbt • Janina Niemann-Rich Messerscharfe Kritik nie ist ein Bajonett nett meist brechen Bajuwaren eine Lanze für Politspießigkeit trotz Mini-Lichtblick bei Landtagswahl 2018 Angriffskrieg-Parteien In gemästeter Selbstgefälligkeit sehen sie sich als Retter der heiligen Kuh Grundgesetz doch sie schlachten seine hellste Forderung: nur Verteidigungskrieg! Niedrigere Hürde!

Stalin, Roosevelt, Churchill Oder verlaufen. Daraus wurde später die Oder-Neiße-Grenze. Diese „Westverschiebung“ Polens wurde westlicherseits wohlwollend aufgenommen. Man einigte sich, Deutschland gemeinsam zu besetzen. Die sowjeti-

drei Großmächte, dass sie ihre Pläne zur Vernichtung der Streitkräfte Hitlerdeutschlands abgestimmt hätten. Sie verkündeten ihre Bereitschaft, in der Nachkriegszeit bei der Erhaltung des Friedens zusammenzuarbeiten.

3,2 Prozent für DlE LINKE in schluchttiefer bayrischer Finsternis sind 3,2 Prozent für Demokratie von zugspitzehohem Wert 3-Prozent-Hürde muss her; helle Maßnahme gegen lobbyistische Gleichschaltung der meisten Leitmedien • Jürgen Riedel

Noch vieles zu tun für die Gleichstellung 1. Im Mai 1959 geboren, merkte ich mit 15 Jahren, dass ich auf Kerle mit knallengen Jeans stand. Ich dachte jedoch nicht an Schwulsein!

den Heimweg machte und durch Zittau lief, um zu meinem Auto zu gelangen, wurde ich von sechs Neonazis verfolgt. Die hatten alle Baseballschläger bei sich. Bloß gut, dass der Motor sofort ansprang. Mir schlotterten die Knie auf der ganzen Heimfahrt!

2. Spätes Outing erst mit 29 Jahren vor meinen Eltern. Meine Mutter tobte mit den Worten „Du schwules Schwein, solche wären früher abgegangen“ (Gemeint: ins KZ!). So kam es fast zu einem Bruch mit ihr! Meine Koffer hatte ich schon gepackt. Erst auf dem Sterbebett 2001 entschuldigte Sie sich bei mir – dann gingen ihre Augen zu.

4. Üble Beleidigungen in Meißen 2001 durch einen arbeitslosen Maler und Neonazi zweimal innerhalb von 14 Tagen. Beim zweiten Mal erkannte ich sein Autokennzeichen. Anzeige durch mich – Verhandlung am Amtsgericht Meissen. Ich war zugleich Nebenkläger. Er wurde zu einer Geldstrafe verdonnert.

3. Sterbebegleitung bei einem schwulen Freundespaar in Zittau 1993. Ein Partner starb an AIDS, in meinem Armen. Er war schon sechs Monate in einem Hospiz gewesen, wollte aber zu Hause sterben. Sein Freund folgte ihm 1998. Als ich mich morgens auf

5. Versuchte „Schutzgelderpressung“ durch Minderjährige: Zwei Zwölfjährige, wie damals bei Neonazis üblich mit Bomberjacke und entsprechendem Schuhwerk bekleidet, forderten erst 20 und später 50 Euro. Wenn ich nicht zahlte, würden sie ins Internet gehen

Chronologie von Erlebnissen, die mit meinem Schwulsein zusammenhängen

und mich auf „speziellen Plattformen dort outen“. Ich ging nicht darauf ein. Das ereignete sich beim Meißner Weinfest auf dem Theaterplatz 2008. 6. Bewerbung bei einem Stahlbauunternehmen im Gewerbebetrieb Zeithain. Dort suchte man Leute, worauf ich mich bewarb. Es wurde Probearbeit vereinbart. Am vierten Tag erkannte mich ein Schlosser als „Schwuchtel“, suchte beim Meister das Gespräch und „petzte“. Aus Einstellungsabsichten wurde von jetzt auf gleich nichts mehr. Fadenscheinig wurde mir mitgeteilt, es sei ein Fax herein gekommen und der Großauftrag storniert worden. Mir reichte das, ich ging sofort, knallte das Werkzeug diesem Meister vor die Füße und fuhr zum Jobcenter. Dort hielt man, man staune, zu mir! In letzteren Zusammenhängen tun sich gerade Klein- und Mittelständler bei „Andersgearteten“, wie man uns auch

heute noch bezeichnet, sehr schwer! Es zählen nicht die Motivation, der Arbeitswille und das Können, sondern wen Mann liebt und mit wem man wie „verkehrt“. Das Antidiskriminierungsgesetz ist nur Makulatur und sein Papier nicht wert, denn die Beweislast liegt beim Kläger bzw. demjenigen, der sich benachteiligt fühlt. Kein einziger Fall landete bisher vor einem (Arbeits) Gericht. Es hätte auch keinen Zweck – denn selbst im Falle eines Sieges würde man dann in solchen Unternehmen Spießruten laufen. Liebe Freunde, es gibt in puncto „Schwulenakzeptanz“ noch viel zu tun! Die „Ehe für alle“ ist kein „Samariterdienst“ der Bundesregierung, sondern von und durch uns hart erstritten! Nur weil man in Berlin die Felle vor der Bundestagswahl wegschwimmen sah, kam man uns ein bisschen entgegen. • Karl-Heinz Gottschalk


Geschichte

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Seit März dieses Jahres verfügt die Bundeswehr nunmehr über einen neuen „Traditionserlass“, der den bisherigen von 1982 abgelöst hat. Dieser Erlass ist kein eigenständiges Dokument, sondern Bestandteil der Bundeswehrvorschrift „Innere Führung – Selbstverständnis und Führungskultur der Bundeswehr“. Er trägt den Titel „Die Traditionen der Bundeswehr. Richtlinien zum Traditionsverständnis und Traditionspflege“ und richtet sich erstmals an alle Angehörigen der Bundeswehr. „Insgesamt beschreibt der

Halbheiten im Traditionserlass Die Traditionspflege der Bundeswehr ist keineswegs immun gegen extrem rechtes Denken, warnt Prof. Dr. Kurt Schneider

neue Erlass“, wie der Militärhistoriker Rudolf J. Schlaffer in „Das Parlament“ vom 20. August 2018 vermerkt, „keine fundamentale Neuausrichtung der Tradition der Bundeswehr. Er vollzieht auch keinen Schritt im Sinne, dass er alles vor 1955 von vornherein ausklammert. Das Gegenteil ist der Fall, denn er hebt die bisherige starre Ausrichtung auf wenige Traditionslinien auf und eröffnet den Traditionskanon der Bundeswehr für die gesamte deutsche Militärgeschichte“, die der Nationalen Volksarmee der DDR ausgenommen. Der „Verlag Deutsche Militärzeitschrift“ (VDMZ), der das Vorgehen der Ministerin Ursula von der Leyen mit Stalin (!) vergleicht, hat in Konfrontation

Vor 120 Jahren geboren: Anna Tieke Am 11. November 1898 als Anna Wittenburg in Rixdorf geboren, trat sie 13-jährig der Arbeiterjugend bei. Von Beruf Koloristin, gehörte sie von 1917 bis 1920 der USPD an, danach der KPD. Anfangs im KPD Unterbezirk Ber-

lin Süd in der Frauenabteilung und im Roten Frauen- und Mädchenbund tätig, war sie danach in der KPD-Bezirksleitung Berlin-Brandenburg eingesetzt. Im Oktober 1931 übersiedelte sie, von kommunistischen Idealen bewegt, mit

schrift dem vorrangigen Ziel der DMZ, „den Zweiten Weltkrieg ohne Schuldzuweisung zu dokumentieren“. Mithin ist klar bekundet, dass die längst eindeutig nachgewiesenen Verbrechen der deutschen Wehrmacht für die DMZ kein Thema sind.

Foto: Wir. Dienen. Deutschland. / flickr.com / CC BY-ND 2.0

Es ist noch nicht lange her, dass Ministerin Ursula von der Leyen prinzipielle Kritik an der Traditionspflege der Bundeswehr geübt und Veränderungen angekündigt hat. Zu denen, die ihr Unkenntnis in der Sache vorwarfen, zählte der Militärhistoriker Prof. Sönke Neitzel von der Universität Potsdam. Die Entscheidung der Ministerin, unter den Angehörigen der Wehrmacht nur noch solche zu ehren, die Widerstand gegen die faschistische Diktatur geleitet haben, sei unehrlich, so Neitzel im Spiegel-Interview (29/2017), weil sie „in erster Linie Militärs“ waren. Der von ihnen geleistete Widerstand sei demgegenüber „nur ein Segment ihrer Persönlichkeit“ gewesen. Das passe nicht zur Bundeswehr. „Diese sei eine militärische Organisation und nicht eine Außenstelle der Bundeszentrale für politische Bildung“, spitzte er zu. Zu beachten sei, dass es im „Handwerklichen“ eine „große Übereinstimmung mit dem [gibt], was auch die Bundeswehr von ihren Kampftruppen verlangt: Die Initiative, siegen zu wollen, Vorwärtsdrang, Pflichttreue, das sind alles militärische Eigenschaften, die unverändert Gültigkeit haben.“ Neitzel, der in seiner Polemik den Bogen von der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg bis zum heutigen militärischen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan spannt, unterstellte der Ministerin, „aus Angst um ihr Amt eine Traditionsdiskussion vom Zaune gebrochen“ zu haben. Die Bundeswehr habe bis heute drei Traditionslinien, so Neitzel, denen sie verpflichtet ist: „die preußischen Reformer, der Widerstand und die eigene Geschichte“.

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ihrem Ehemann und ihren drei Kindern in die Sowjetunion, wo die Familie zunächst in einer landwirtschaftlichen Kommune in Chosta/Kaukasus und danach seit 1935 in Leningrad lebte. Zuletzt hatte sie als Näherin in einem Kindergarten Arbeit. Die Nazibehörden, die gegen sie ermittelten, hatten ihr 1937 die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. In der Sowjetunion war es die Zeit, in der 1937/38 der stalinsche Massenterror die innenpolitische Lage prägte. Entsprechend einer Anweisung Stalins vom 20. Juli 1937 konnten Deutsche auf Verdacht, Spione zu sein, verhaftet, deportiert oder erschossen werden, was auch eingewanderte deutsche Kommunisten einschloss. Im Zu-

mit ihrer bisherigen Haltung eine neue Vierteljahreszeitschrift mit dem Titel „Schwertträger“ gegründet, die, wie redaktionell bekundet, „das Andenken an die höchstausgezeichneten Soldaten des Zweiten Weltkrieges hochhält“. Die Zeitschrift will die diesbezüglich 147 Ausgezeichneten der Wehrmacht nach und nach porträtieren, da es „an der Zeit“ sei, „sich dieser beeindruckenden Männer und ihrer überragenden Leistungen wieder zu erinnern“, mit dem Anspruch, dergestalt eine „Bibliothek der Tapfersten“ zu begründen. Das erste Heft Juli-September 2018 richtet zugleich den wohlwollenden Blick auf Adolf Hitler, der sich nach der Stiftung des Ordens die Verleihung und Übergabe vorbehielt. Damit diene die Zeit-

Zu dem, was der Verlag DMZ ansonsten noch zu bieten hat, gehören die „WELTKRIEG-Erlebnisberichte“, als „spannende Romane“ gepriesen, die in sieben Reihen erscheinen. Alle zwei Monate erscheint unter dem Titel „Zeitgeschichte“, die als „Fachzeitschrift über die Waffen-SS“ bezeichnet wird, „alles Wissenswerte über die Waffen-SS“, eine Verherrlichung im Sinne von Ruhm und Ehre. Neu erschienen ist die DMZSonderausgabe 2018 „Bundeswehr und Wehrmacht“, die „in Erinnerung ruft, dass die Bundeswehr ein Kind der Wehrmacht ist“. Davon zeuge, die Sonderausgabe vermerkt es mit redaktioneller Anerkennung und Stolz, dass „die gesamte Führung, vom Unteroffizier bis zum General, aus früheren Soldaten der Wehrmacht“ bestanden habe. „Sie brachten“, so heißt es weiter, aufgrund ihrer Kriegserfahrung die unersetzlichen Fähigkeiten mit, ohne die eine militärisch effiziente Armee gar nicht aufgestellt werden konnte.“ Mehr noch: „Mit ihnen kamen Traditionen, Verhaltensweisen und operativ-taktische Grundsätze in die neue Bundeswehr, die die jungen Streitkräfte prägten.“ Angesichts derartiger extrem rechter Töne und Praktiken stellt sich einmal mehr die Frage nach der Wahrnehmung der Verantwortung der politischen Entscheidungsträger der Bundeswehr als Parlamentsarmee. Die Halbheiten des neuen „Traditionserlass“ belegen, dass nicht nur die Verteidigungsministerin, sondern auch die Regierung insgesamt und alle Fraktionen des Bundestages gefordert sind, eine entsprechende Tiefenprüfung in die Wege zu leiten. Grundsätzliche Konsequenzen in der Sache sind unbedingt notwendig, da das Verhältnis von Gesellschaft und Armee Grundfragen der verfassungsmäßig fixierten Normen der Demokratie berührt.

ge der „deutschen Operation“ kamen 42.000 Menschen ums Leben. Gleiches geschah auch mit anderen nationalen Minderheiten.

ihrem Sohn Rudolf, 21 Jahre alt, wurde Anna Tieke, 39 Jahre alt, am 15. Januar 1938 in Levasovo bei Leningrad erschossen.

Am 5. November 1937 wurden Anna Tieke und ihr ältester Sohn Rudolf, der sich in einer Facharbeiterausbildung befand, vom NKWD verhaftet. Ohne anwaltlichen Beistand wurden sie beschuldigt, von der deutschen Gestapo als Agenten angeworben zu sein, in Leningrad einer faschistisch-terroristischen trotzkistischen Organisation angehört sowie unter Emigranten konterrevolutionäre Propaganda betrieben zu haben. „Ich bin keine Konterevolutionärin, ich bin eine ehrliche Kommunistin, ich habe niemals etwas zum Schaden der Sowjetunion, ihrer Partei und Regierung getan“, beteuerte sie chancenlos vor ihren „Untersuchungsrichtern“. Das Urteil, das gnadenlos vollstreckt wurde, lautete: „Höchststrafe: Tod durch Erschießen“. Zusammen mit

Ihr Ehemann Rudolf, seit 1925 Mitglied der KPD, war bereits am 3. September 1937 vom NKWD verhaftet und, gleichermaßen zu Unrecht beschuldigt, zu acht Jahren Lagerhaft verurteilt worden, die er bis 1947 im Gulag verbringen mußte. 1949 erneut festgenommen, durfte er erst Mitte 1956 in die DDR ausreisen. Im Juni 1956 wurden Anna Tieke und ihr Sohn Rudolf, Todesopfer der stalinistischen Repression 1937/38, posthum sowie ihr Ehemann Rudolf, der 1989 verstarb, zu Lebzeiten durch die SED „rehabilitiert“. Siehe Anja Schindler: Unbegründet verhaftet und erschossen. In: Ulla Plener (Hrsg.): Leben mit Hoffnung und Pein. Frauenschicksale unter Stalin. Frankfurt/Oder 1997.


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Terminübersicht Chemnitz, 7. November, 19 Uhr n Vortrag und Diskussion Militär 4.0 - Untergang der Menschheit oder allgemeine Angstmache* Mit Norbert Schepers (Rosa-Luxemburg-Stiftung Bremen). Eine Kooperation der RLS Sachsen mit der Volkshochschule Chemnitz. Veranstaltungssaal, dasTietz, Moritzstraße 20, Chemnitz Chemnitz, 7. November, 20 Uhr n Szenische Lesung Schwarzenberg REIHE POCHEN - eine multimediale Biennale. „Ich ist ein Gefangener“ ist eine szenische Lesung von Stefan Heyms „Schwarzenberg“. Mit Florian Kreier aka Angela Aux aka Heiner Hendrix. Odradek, Leipziger Str. 3-5, Chemnitz Leipzig, 8. November, 11-22 Uhr n Workshop, Vorträge, Ausstellung und Konzert Netzwerktag „Es war einmal?“* Jüdische Geschichte Leipzigs und Engagement gegen Antisemitismus und Rassismus. Mit Jane Wegewitz (Projektleiterin ReMembering – Jüdische Lebenserinnerungen), Achim Beier (Archiv Bürgerbewegung/AG Stolpersteine), Bernd Karwen (Polnisches Institut) u.a. Eine Kooperation der Projektgruppe #EnterHistory!, des AriowitschHaus e.V. und der RLS Sachsen u.a. Ariowitsch-Haus, Hinrichsenstraße 14, Leipzig Infos in Kürze unter www.enterhistory. de und www.remembering-leipzig.de Leipzig, 8. November, 15-18 Uhr n Workshop Und wer kümmert sich um die Kohle? Mit Netzwerk Selbsthilfe und AK Netzwerk Leipzig der RLS. Anmeldung: akleipzig@rosalux-sachsen.de RLS, Harkortstraße 10, 04107 Leipzig Leipzig, 8. November, 18 Uhr n Vortrag und Diskussion 100 Jahre Novemberrevolution* REIHE: JOUR FIXE – EIN UNKONVENTIONELLER GESPRÄCHSKREIS. Mit Dr. Jörn Schütrumpf (Historiker, RLS) und Dr. Florian Wilde (Historiker, RLS, Wissenschaftspreis der RLS Sachsen 2013), Moderation: Manfred Neuhaus RLS Sachsen, Harkortstraße 10, Leipzig Dresden, 10. November, 9 Uhr n Exkursion 100 Jahre Novemberrevolution* Erinnerungsorte der Ereignisse. Mit Dr. Michael Böttger (igeltour Dresden). Fahnenmasten vor dem Kulturpalast Dresden, Wilsdruffer Straße, Dresden Krögis / Käbschütztal, 16.-18. November, Freitag-Sonntag, ganztägig n Seminarwochenende 6. Linke Herbstakademie Mit Katharina Schlaak (RLS Mecklenburg-Vorpommern), Martin Arndt, Rico Rokitte (Koordinator für den Arbeitskreis Organizing der Bundesstiftung), Lars Kleba (Kommunalpol. Forum Sachsen), Sabine Pester (Stadträtin in Chemnitz), Katrin Pritscha (RLS Sachsen). Eine gemeinsame Veranstaltung des Linke

Kultur und Bildung e.V., des Kommunalpolitischen Forums Sachsen e.V. und der RLS Sachsen. Infos: www.linkssachsen.de/herbstakademie Gut Frohberg, Schönnewitz 9, 01665 Krögis / Käbschütztal (bei Meißen) Dresden, 14. November, 19 Uhr n Vortrag und Diskussion Rechtsextremismus und Demokratie in Sachsen* Eine Analyse parteipolitischer Aussagen zu rechtsextremen Übergriffen in Sachsen. Mit Ulrike Heinze (Politikwissenschaftlerin) und Vertreterin von Kulturbüro Sachsen (angefragt), Moderation: Kerstin Köditz. WIR-AG, Martin-Luther-Straße 21, Dresden Leipzig, 15. November, 19 Uhr n Vortrag und Diskussion Partisanen einer neuen Welt. Geschichte der Linken in der Türkei Mit Nikolaus Brauns (Historiker), Moderation: Philipp Bernert. Eine Veranstaltung der AG Kurdistan und der RLS Sachsen. RLS Sachsen, Harkortstraße 10, Leipzig

ONELLER GESPRÄCHSKREIS. Mit Petra Köpping (Ministerin für Gleichstellung und Integration), Moderation: Dr. Ursula Wohlfeld. Eine Kooperation der Buchhandlung Thalia und der RLS Sachsen. Buchhandlung Thalia, Karl-LiebknechtStraße 8−14, Leipzig Leipzig, 27. November, 18 Uhr n Vortrag und Diskussion Zur Rolle des Körpers bei Marx und Nietzsche REIHE: PHILOSOPHISCHE DIENSTAGSGESELLSCHAFT. Mit Dr. Konstanze Caysa (Philosophin), Moderation: Dr. Jürgen Stahl. RLS Sachsen, Harkortstraße 10, Leipzig Riesa, 27. November, 17 Uhr n Vortrag und Diskussion Bruch I Stücke - Die Novemberpogrome in Sachsen 1938 Mit Daniel Ristau (Historiker). Eine Veranstaltung des Fördervereins der Gedenkstätte Ehrenhain-Zeithain e.V. in Kooperation mit dem Stadtmuseum Riesa und der RLS Sachsen. Stadtmuseum Riesa, Benno-Werth-Saal, Poppitzer Platz 3, Riesa

Leipzig, 17. November, 10.30-17.30 Uhr n Workshop Neue Energie für linke Politik vor Ort* Mit Thomas Scherzberg (Autor „Handbuch für eine nachhaltige kommunale Umweltpolitk“ für das Kommunalpolitische Forum Sachsen) und Christian Richter (Moderation und Teamer). Eine Veranstaltung der RLS, der RLS Sachsen, des Kommunalpolitischen Forum Sachsen und des Interim. Anmeldung unter steffen.kuehne@rosalux.org. Gebühr: 5 € (ermäßigt 3 €), inkl. Getränke, Snack, Material Interim, Demmeringstraße 34, Leipzig

Chemnitz, 28. November, 18.30 Uhr n Lesung Deutschland - ein Wintermärchen von Heinrich Heine Mit Mike Melzer. Eine Veranstaltung der RLS Sachsen und der Galerie denkART Galerie denkART, Sonnenstraße 39, Chemnitz

Plauen, 22. November, 18 Uhr n Vortrag und Diskussion Gegen die Lohnarbeit – für die Rechte der Arbeiter*innen Wie passen Arbeitskritik und gewerkschaftliche Organisierung zusammen) Mit Peter Nowak (Journalist Jungle World, Konkret und Telepolis). Eine Veranstaltung der FAU-Gruppe Plauen in Kooperation mit der RLS Sachsen. Malzhaus Plauen, Alter Teich 7-9, Plauen

Leipzig, 29. November, 18 Uhr n Vortrag und Diskussion Recht auf Nicht-Recht? Aktuelle Überwindungsstrategien des Rechts und ihre Probleme

Chemnitz, 24. November, 14 Uhr n Workshop Marxlesekreis Bibliothek, Rosenplatz 4, Chemnitz Dresden, 26. November, 19 Uhr n Vortrag und Diskussion Smart City? Selbermachen Stadtentwicklung im digitalen Zeitalter und do it yourself* REIHE: Junge Rosa. Mit Katalin Gennburg (Stadtpolitische Sprecherin der LINKEN im Abgeordnetenhaus Berlin). WIR-AG, Martin-Luther-Straße 21, Dresden Leipzig, 26. November, 19 Uhr n Podiumsdiskussion „Ich will nicht, dass wir jammern, ich will Gerechtigkeit.“* REIHE: JOUR FIXE – EIN UNKONVENTI-

Dresden, 28. November, 19 Uhr n Vortrag und Diskussion Zwischen Krise und Krieg. Sackgassen der Geopolitik Mit Prof. Dr. John P. Neelsen. WIR-AG, Martin-Luther-Straße 21, Dresden

Impressum Links! Politik und Kultur für Sachsen, Europa und die Welt Herausgeber: Dr. Monika Runge, Verena Meiwald, Prof. Dr. Peter Porsch, Dr. Achim Grunke Verleger: Verein Linke Bildung und Kultur für Sachsen e.V., Kleiststraße 10a, 01129 Dresden Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich das Recht auf sinnwahrende Kürzungen vor. Termine der Redaktionssitzungen bitte erfragen. Die Papierausgabe wird in der LR Medienverlag und Druckerei GmbH in Cottbus in einer Auf­ lage von 10.950 Exemplaren gedruckt. Der Redaktion gehören an: Kevin Reißig (V.i.S.d.P.), Jayne-Ann Igel, Thomas Dudzak, Ralf Richter Bildnachweise, wenn nicht gesondert vermerkt: Archiv, pixelio, iStockphoto

REIHE: Marx Expedition. Mit Prof. Dr. Benno Zabel (Jurist und Philosoph) und PD Dr. Ingo Elbe (Philosoph), Moderation: Philipp Lorig und Elisabeth Niekrenz Institut fuer Zukunft, An den Tierkliniken 38, Kohlrabizirkus, Leipzig Dresden, 1. Dezember, 10-17.30 Uhr n Workshop Von Abendland bis Volksverdünner. Umgang mit demagogischen Tricks der neuen Rechten* REIHE: Junge Rosa. Mit Robert Feustel (Politikwissenschaftler, SprachlosBlog, Autor „Wörterbuch des besorgten Bürgers“), Nancy Grochol (Lektorin, Sprachlos-Blog, Autorin „Wörterbuch des besorgten Bürgers“). Beitrag: 10 €, ermäßigt 5 € (inkl. Pausenversorgung). WIR-AG, Martin-Luther-Straße 21, Dresden Görlitz, 1. Dezember, 11-17 Uhr n Konferenz Strukturwandel - nur gemeinsam!* Mit Adrian Rinnert (Strukturwandel jetzt! - Kein Nochten II), Monika Sadkowska (Klimaaktivistin), Isabell Braunger (Wissenschaftliche Mitarbeiterin TU Berlin, Forschungsgruppe CoalExit), Thomas Domres (Fraktion DIE LINKE im Landtag Brandenburg (angefragt)), Kathrin Kagelmann (Linksfraktion im Sächsischen Landtag), Janusz Piechocki (Bürgermeister Margonin, Polen (angefragt)), Beata Maciejewska (Słupsk, Polen (angefragt)), Ruth Krohn (Klimagerechtigkeitsaktivistin), Urszula Kuczynska von Razem (Polen), Oliver Heinrich (Landesbezirksleiter Nordost der IG BCE). Eine Veranstaltung der GUE/NGL, der RLS Brüssel, der RLS Sachsen und des Abgeordnetenbüros Mirko Schultze. Anmeldung: manuela. kropp@ep.europa.eu Gleis 1 KulTourPunkt, Bahnhofstr. 76, Görlitz

* in Kooperation der Rosa-LuxemburgStiftung. Gesellschaftsanalyse und politische Bildung e.V.

Kontakt: kontakt@dielinke-sachsen.de Telefon 0351-8532725 Fax 0351-8532720 Redaktionsschluss: 24.10.2018 Die nächste Ausgabe erscheint voraussichtlich am 01.11.2018. Die Zeitung „Links!“ kann kostenfrei abonniert werden. Wir freuen uns jedoch über eine Spende, mit der Sie das Erscheinen unserer Zeitung unterstützen. Kostendeckend für ein Jahresabo ist eine Spende in Höhe von 12 Euro. Sollten Sie an uns spenden wollen, verwenden Sie bitte folgende Konto­daten: Verein Linke Bildung und Kultur für Sachsen e.V. IBAN: DE83 8509 0000 3491 1010 07 BIC: GENODEF1DRS Dresdner Volksbank Raiffeisenbank Aboservice: www.links-sachsen.de/abonnieren, aboservice@links-sachsen.de oder Telefon 0351-84389773


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Rezensionen

11/2018 Links!

„Von jedem Tag will ich was haben“ Ralf Richter empfiehlt das Buch zum Gundermann-Film Das vollständige Zitat auf dem Titel des Paperbacks vom Ch. Links Verlag, das von Andreas Leusink herausgegeben wurde, lautet: „Von jedem Tag will ich was haben, was ich nicht vergesse ...“ Was immer Sie machen, den Gundermann-Film von Andreas Dresen sehen, den Soundtrack bei Buschfunk bestellen oder das genannte Buch lesen: Sie werden davon etwas haben, was Sie nicht vergessen! Warum ist das im Fall des Buches so? Das Gundermann-Buch ist ein sehr ungewöhnliches Buch zum Film. Manche Bücher zum Film erzählen nur die Filmgeschichte – diese ist zwar auch vorhanden, aber sie macht nicht den wesentlichen Teil aus. Das Buch enthält (Rücktitel Paperback): „viele bisher unveröffentlichte Texte und Fotos, Briefe und Erinnerungen, Dokumente und Interviews“. Der „singende Baggerfahrer aus der Lausitz“ war eine Legende. Sollten Sie gerade keines seiner Lieder im Ohr haben, dafür aber ein smartes Handy in Reichweite, dann tun Sie sich bitte den Gefallen und suchen sie „Gundermann youtube Hoywoy“. Grönemeyer sang über Bochum, Sinatra über New York und Gundermann über den Ort, den er am besten kannte: Hoywoy. Ein junger Kommunist mit Idealen, abgebrochener Offiziersschüler (Offiziersschule Löbau), qualifiziert sich

Das Buch öffnet den „Kosmos DDR“, genau wie Gundis Musik und der Film – man rutscht rein in den echten deutschen Osten wie er war, und das hat etwas mit Frustration zu tun. Ein Frust, den der Ost-Regisseur Andreas Dresen gleich vielen anderen Ostdeutschen empfand, als er den Film „Das Leben der Anderen“ sah. Im Jahr 2006 hatte Florian Henckel von Donnersmarck dieses Werk gedreht, das als „der Spielfilm“ über das wahre Leben im Osten gefeiert wurde – in westdeutschen Landen und bei den Westdeutschen im Osten. Genauso wie im Film dargestellt hatten wir im Osten nicht gelebt!

vom ungelernten Arbeiter zum Facharbeiter und macht nach Feierabend Musik, die tief anrührt. Heute noch. Gundermann stirbt 43jährig. Nach der Wende lernt Axel Prahl durch den Regisseur Andreas Dresen die Musik von Gundermann kennen und der davon so begeistert, dass der singende Schauspieler Gundermann-Lieder in sein Repertoire aufnimmt, wenn er mit seinem „Insel-Orchester“ auf Tour geht. Im Film spielt Axel Prahl Gundermanns-Führungsoffizier. Im Buch über den Film fehlt ein Interview mit Axel Prahl und seiner Beziehung zu Gundermann – aber das ist auch wirklich das einzige Manko.

Das hatte nichts mit unserer ostdeutschen Erfahrung zu tun – trotzdem gewann der Film (handwerklich zweifellos ein gelungenes Kunstwerk, das stellt auch Andreas Dresen keineswegs in Abrede) den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. In diesem Moment wurde Andreas Dresen klar: Wenn wir Ostdeutsche unsere Geschichte nicht selbst erzählen, dann phantasieren sich eben die anderen unsere Geschichte zurecht, so wie sie sie sehen wollen. Und so wird sie dann auch in Ostdeutschland den Kindern und Enkeln aus fremder Sicht erzählt. Andreas Dresens drei OstFilme nach der Wende waren im Kino gefloppt – selbst im Osten hatte sie kaum jemand sehen wollen, nun nahm

der Regisseur mit „Gundermann“ einen weiteren Anlauf – und schuf ein gefeiertes Meisterwerk. Wer das Buch liest, versteht, warum bis zuletzt 1989 so viele Blauhemden, SED-Genossen, NVA-Soldaten, Kampfgruppen der Betriebe da waren, aber keine wirklichen Verteidiger der Idee des Sozialismus. Gundermann sang in dieser Zeit Lieder von Ernst Busch – und er stand dahinter. Er glaubte wirklich an Glasnost und Perestroika. Obwohl man ihn aus der Partei ausgeschlossen hatte, sah er sich weiter als Kommunist. Ein „Übriggebliebener“ also, so wird er auch im Buch genannt. Ein Unbeugsamer, der das Maul in der DDR-Zeit aufgemacht hatte, um die Missstände anzuprangern und deshalb drangsaliert wurde. Einer, der bei der Stasi eine Zeit lang mitgearbeitet hatte, weil er glaubte, dadurch die Dinge, die aus seiner Sicht schief liefen, besser zu machen. Das Buch für 20 Euro schafft einen Zugang zur Person Gundermann und zum Leben, Lieben und Kämpfen in der DDR, der über Gundis Lieder und den Film von Dresden hinausgeht. Neben Briefen des jungen Gundermann steht seine Selbstverteidigungsschrift nach dem Rauswurf aus der Partei, es gibt Interviews mit seiner Frau, den Musikern, die seine Musik ins Jahr 2018 transportieren, und vieles mehr.

... und deswegen ging die Sache schief Wulf Skaun hat das Septemberheft der „Mitteilungen“ zur Novemberrevolution gelesen Kaum eine Revolution hat wohl in Charakteristik und historischer Platzbestimmung so viele Deutungen erfahren wie jene vor nunmehr 100 Jahren. Für den Zeitgeschichtler Peter Brandt ist die Novemberrevolution „alles drei zugleich: Endpunkt jahrzehntelanger Liberalisierungs- und Demokratisierungsbestrebungen, spontane Volkserhebung zur Beendigung des faktisch schon verlorenen Krieges und sozialdemokratisch geprägte Klassenbewegung mit antikapitalistischer Tendenz“. So zu lesen im Septemberheft (Nummer 54) der „Mitteilungen“ des Berliner Förderkreises Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung. Was Brandt in seinem Auftaktreferat auf dem gemeinsamen Symposium von Förderkreis und Zeitgeschichtlichem Archiv e.V. proklamierte (mitsamt den übrigen Wortmeldungen, resümiert von Elke Reuter), darf wohl als Diskursangebot verstanden werden. Wie die einschlägigen Beiträge an anderer Stelle dieser Ausgabe auch, denn Nummer 54 des verdienstvollen Sprachrohrs linker Traditionspflege hat „Die deutsche Revolution 1918/19“, wie Sebastian Haff-

ner sie nannte, zu ihrem thematischen Schwerpunkt erhoben. Weitere Tagungsberichte über ein Zeitgeschichtliches Symposium zur Geschichte des Dragonerareals (Holger Czitrich-Stahl) und über eine Konferenz des Vereins „Helle Panke“ (Alexander Amberger) reflektieren Erwartungen und Ergebnisse der Novemberrevolution. Volker Heiermann stellt den „Minister der Revolution“ Adolph Hoffmann vor, während Rüdiger Hachtmann das Geschehen auf dem Friedhof der Märzgefallenen thematisiert. Im Rezensionsteil werden zudem mehrere Bücher zur Novemberrevolution und der Arbeiterbewegung in den Folgejahren besprochen. Redakteure und Autoren bieten damit einen inhaltlich beachtlichen Panoramablick auf das revolutionäre (oder doch nur revoltierende?) Großereignis, der erinnert, auch neu bewertet, vor allem aber dazu ermuntert, sich mit einzelnen Facetten des November 1918 tiefgründiger zu beschäftigen. Zumal sich die Diversität unterschiedlicher Deutungsmuster auch hier offenbart – wie über Rolle und Be-

deutung der Arbeiter- und Soldatenräte. Trifft womöglich Friedrich Engels‘ „Manöverkritik“ an der Pariser Kommune mutatis mutandis auf die entschiedensten deutschen Novemberrevolutionäre zu? „In jeder Revolution geschehen unvermeidlich eine Menge Dummheiten, gerade wie zu jeder andern Zeit, und wenn man sich endlich wieder Ruhe genug gesammelt hat, um kritikfähig zu sein, so kommt man notwendig zum Schluß: Wir haben viel getan, was wir besser unterlassen hätten, und wir haben viel unterlassen, was wir besser getan hätten, und deswegen ging die Sache schief.“ Haben also die Räte die Revolution „in den Sand gesetzt“, weil sie ihre Macht freiwillig aus den Händen gaben? Pround Contra-Argumente finden sich auch in den oben erwähnten Beiträgen zur Thematik. Wie gewohnt warten auch die September-„Mitteilungen“ mit einem unikaten quellenspezifischen Leseangebot auf. Auskünfte über das Archiv der Frauenbewegung in Kassel (Mirjam Sachse), über den Nachlass Wolfgang Harichs im Internationalen Institut für

Sozialgeschichte (IISG) Amsterdam (Andreas Heyer), über Dokumentenfunde von Josip Broz Tito (Erwin Lewin) und Sergej I. Tjulpanow (Inge und Michael Pardon), eine Dissertation zu Metallarbeitergewerkschaftern (Johanna Wolf) sowie ein Interview mit Vereinsmitglied Peter Brandt (Holger Czitrich-Stahl und Rainer Holze) machen Nummer 54 zu einem wiederum höchst informativen Heft. Von Peter Brandt ist übrigens auch zu erfahren, was den frischen „Unruheständler“ mit der Seite www.globkult. de verbindet. Und wer leidenschaftliche Verbalattacken mag, kommt bei Andreas Heyers Frustzeilen auf seine Kosten. Der Harich-Nachlassverwalter wettert, in kontrastierendem Vergleich mit erlebten paradiesischen Arbeitsbedingungen im Amsterdamer Archiv, gegen mannigfach erlittene Servicepein in Bundesarchiv und anderen deutschen Institutionen (inklusive Linkspartei). Immerhin: Wolfgang Harichs gut betreutes Erbe in der Tulpenstadt kommt auch zur Sprache. Vertrieb über d.goldberg@web.de


„Chanson“ bedeutet an sich nichts weiter als „Das Lied“, wobei zu beachten wäre, dass nicht unbedingt das Volkslied gemeint ist, das sich im Laufe der Zeit durch historische, politische Ereignisse und gesellschaftliche Veränderungen wandelte. Ursprünglich tauchte der Begriff Chanson bereits im Mittelalter auf, verfasst und vorgetragen von französischen Troubadouren oder Trouveres, die spezifisch prosaische Lyrik mit meist sparsamer Lautenbegleitung sangen. Im Vergleich zum klassischen Kunstlied, das mehr denn je als „Kaisergeburtstagslied“ galt, ist das Chansons eher von drastischer Derbheit, von humorvoller Frivolität mit oft ironisch-sarkastischem Spott im Unterton geprägt. Auch das Aufbegehren revolutionärer Charaktere spielt eine wesentliche Rolle. Selbstverständlich kamen Themen wie die große Liebe oder Trauer und Melancholie nicht zu kurz. Während der Weiterentwicklung des Chansons traten unzählige Neuschöpfungen zutage, sodass sich das Genre immer wieder enorm wandelte. Bedauerlicherweise wurden die Chansons meist nur mündlich überliefert, da es mitunter unüblich war, Noten und Texte schriftlich festzuhalten. Ausnahmen jedoch sollten die Regel bestätigen, wie zum Beispiel der Literat, Sänger und Chronist Francois Rabelais (geboren 1494 in Chinon, einer Stadt im Dep. Indre-et-Loire an der Vienne). Der Sohn eines Anwalts, der nach seiner Studentenschaft Mönch wurde, kehrte schon bald Kloster und Glauben den Rücken und entwickelte sich in kürzester Zeit zum radikalen Gegner jeglicher Machthaberei sowie der katholischen Kirche und der verspießerten Welt der Bourgeoisie. Er wurde als Ketzer beschimpft und verfolgt, konnte jedoch aufgrund seines akademischen Grades immer wieder gesellschaftlich Fuß fassen. Er verfasste mehrere Bücher und Schriften, darunter „Gargantua und Pantagruel“, schuf eine äußerst subtil wirkende Sprache voller grotesker Sinngebilde, entfachte ein literarisches Feuerwerk, war ein Aquilibrist der Alphabete, im weitesten Sinne ein Pionier der Surrealisten. Als seinen Meister bezeichnete er oft Francois Villon, den unbändigen Barden und Poeten des französischen Mittelalters. Bis in die heutige Zeit hinein beeinflusst Rabelais maßgeblich Chanson-Interpreten, die Wert auf rebellische Inhalte legen. Ein weitaus später geborenes weiteres „Enfant terrible“ sorgte ebenfalls für Aufsehen. Der 1851 in Courtenay, einer südlichen Region von Paris, auf die Welt gekommene Louis-Armand Aristide Bruand war ein Zweimetermann, gestiefelt wie ein Musketier und mit rotem Schal über seinem schwarzen Mantel. Er verfasste etliche anarchistische Chansons, die er im berüchtigten „Le Chat Noir“ (ein beliebtes Pariser Kabarett in Montmartre, d. Red.) vortrug und die von den Verlierern und Ausgestoßenen der Gesellschaft handelten. Er schuf hunderte Werke dieser Art, die alsbald auch außerhalb des französischsprachigen Raums berühmt wurden. Denn er veröffentlichte sie im Heftformat. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gründete er eine Cabaretbühne, wo er – und das das galt als

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Frankreichs Chanson und sein ambrosischer Vertreter Jens-Paul Wollenberg mit einigen Anmerkungen zum Genre und einem Nachruf auf Charles Aznavour (1924-2018)

Foto: Mariusz Kubik / Wikimedia Commons / CC BY 3.0

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sein Markenzeichen – sein Publikum schimpfend begrüßte, bevor er, bedrohlich mit den Stiefeln klopfend und mit dem Knotenstock wirbelnd, seine Chansons bissig in die vollgestopften Sitzreihen rotzte.

ativen namhafter Persönlichkeiten wie Jacques Prévert oder Joseph Kosma, die geschickt die spezifische Gangart des französischen Chanson und seinen Charme bewahrten und weiterentwickelten, sicherten sein Überleben.

Auch die Songs aus der französischen Revolution, besonders die der Pariser Commune, hatten wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des französischen Chanson und seiner Vielfalt. Sie waren nicht nur von revolutionärer Unbill durchtränkt, sondern thematisierten ebenso Motive wie Liebe und die Lust am Leben. Ein wunderschönes Beispiel liefert das Chanson „Die Kirschenzeit“ von Jean-Baptiste Clement, der ein ebenbürtiger Poetenkollege seines Freundes Eugène Pottier war, des Verfassers der „Internationale“. Es mag wie ein Wunder klingen, dass das Genre Chanson trotz einschneidender politischer Umtände in seiner archaischen Form überleben konnte. Während der deutschen Besatzung Frankreichs durch die Wehrmacht flohen etliche Chansonniers ins Exil, andere gingen in die Resistance, darunter Jacques Prévert, Louis Aragon oder Francis Poulence, um nur einige zu nennen.

Es entstand eine enorme Vielfalt. Im Laufe der Zeit bedienten sich die Protaganisten, abgesehen von klassischen volksliedhaften oder balladesken Stilen, auch populärer Musikbereiche wie Jazz, Rock und Folk. Georges Moustaki sei hier erwähnt oder Leo Ferré, die sich nicht scheuten, in ihre Arrangements auch elektronische Experimente einzubeziehen. Einige blieben puristisch, etwa Georges Brassens, der erfolgreich in die Fußstapfen Jacques Prévents trat und großen Wert auf Bescheidenheit in der Instrumentalisierung legte. Seine anarchistischen Lieder kamen hauptsächlich nur mit Gitarrenbegleitung zum Vortrag.

Nach der Befreiung lebte die Szene wieder auf. Große Bühnen boten nun den Chansonniers breiten Spielraum, etwa das ABC-Theater in Paris und selbstverständlich das Moulin Rouge, wo Yves Montan und Charles Aznavour von der großen Edith Piaf entdeckt wurden. Leider kam auch Frankreich nicht an den spießigen Fünfzigern vorbei, amerikanische Modeströmungen überfluteten die Metropole Paris. Waghalsige Initi-

Ganz anders war es bei einem der ganz großen, sehr vielseitigen Talente Frankreichs, dessen Charme sich kaum jemand entziehen konnte und dessen Gesang jedes Herz betörte. Charles Aznavour liebte das Orchester. Der berühmte Sänger und Schauspieler wurde am 22. Mai 1924 in Paris als Sohn eine Künstlerehepaars geboren. Sein richtiger Name lautete Varenagh Aznavourian – die Eltern stammten aus Armenien, das sie 1915 unter lebensbedrohlichen Umständen hatten verlassen müssen. Bereits als kleiner Junge trat Charles auf Kleinkunstbühnen auf, selbstverständlich auch im Caféhaus, das seine Eltern betrieben. Nach dem Schulabschluss erhielt er Schauspiel-

unterricht sowie eine Gesangsausbildung und wurde, wie schon erwähnt, bei einem Auftritt 1946 von Edith Piaf entdeckt und hernach gefördert. Von da an ging alles ganz schnell. Piaf lud ihn auf eine Tournee durch ganz Frankreich und in die USA. Aznavour wurde binnen kürzester Zeit ein Weltstar. 1948 gab er solistisch mehrere Konzerte im französischsprachigen Kanada. Anders als andere Kollegen seiner Zunft, wie Leo Ferré oder Georges Moustaki, die sich mehr die Anarchie auf die Fahnen schrieben, bevorzugte Aznavour die Chansons d’amour, in denen er wie kaum ein anderer seine eigene Gefühlswelt schuf, die er gesanglich mit leidenschaftlicher Hingabe auszudrücken vermochte. Bedienten seine ersten Plattenaufnahmen in den Fünfzigern noch mehr oder weniger die Klischeevorstellungen á la Sous les toits de Paris („Unter den Dächern von Paris“, Tonfilm von 1930, d. Red.), beziehungsweise war noch eine Showbusiness-Atmosphäre mit der Kühle eines französischen Sinatra spürbar (Aznavour hatte auch englische Titel im Repertoire), so konzentrierte er sich in den Folgejahren auf die französische Sprache und die seiner Herkunft entsprechende armenische. Parallel wirkte er in vielen Spielfilmen mit, oft in der Hauptrolle – „Ein Schrei gegen Mauern“ 1957, „Schießen Sie auf den Pianisten“ 1960, „Die Blechtrommel“ 1979, „Der Zauberberg“ 1981, „Die Phantome des Hutmachers“ 1987, „Atom Egovans“ 2002, „The Colonel“ 2008 und andere. Er schrieb Lieder für Sängerinnen und Sänger, etwa für Gilbert Bécaud, Edith Piaf oder Juliette Greco. So begab es sich, dass Aznavour das Lied „Ich hasse Sonntage“ für die Piaf verfasste, das diese aber ablehnte. Als er daraufhin die Greco fragte, ob sie es in ihr Repertoire aufnehmen wolle, bejahte sie das dankbar, denn sie mochte Aufsässigkeit und provozierte gern die Bürgerwelt: „… all jene verlogenen Leute, die brav in die Kirche gehen und so tun als seien sie rechtschaffen, die ständig ihre Kleider wechseln, um Schönheit vorzugaukeln, die so tun als ob sie lieben könnten, barmherzig wie sie meinen – ach, ich hasse Sonntage!“ (frei übersetzt von „Je hais les dimanches“). Aznavours Chansons wurden allmählich bissiger und politisch. Er produzierte zahlreiche Alben und schrieb an die tausend Chansons. Bis zu seinem Tod am 1. Oktober 2018 in Mouriés war er ständig auf Tournee und galt als populärster Chansonnier Frankreichs weltweit. Seit den Achtzigern besann er sich immer stärker auf sein Herkunftsland Armenien, sang in Armenisch, gab etliche Gastspiele in Jerewan und wurde armenischer Botschafter bei den Vereinten Nationen, nachdem ihm die armenische Staatsbürgerschaft zugesprochen worden war. Ihm wurden mehrere Auszeichnungen für sein Lebenswerk zuteil, etwa 1998 die als „1. Entertainer des 20. Jahrhunderts“ für sein Wirken als Chansonnier und 2017 ein Stern auf dem „Walk of Fame“ in Hollywood für sein filmisches Schaffen. In Jerewan trägt ein Museum seinen Namen. Mögen uns seine Chansons weiterhin betören!


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Sachsens Linke

Aktuelle Informationen stets auch unter www.dielinkesachsen.de

Plädoyer für das Große im Kleinen Lars Kleba ruft dazu auf, bei den Kommunalwahlen zu kandidieren Über 1.000 Kommunalpolitiker*innen sind derzeit in Sachsen für DIE LINKE tätig – in Kreistagen, Ortschaftsräten, Stadt- und Gemeinderäten, als (Ober-) Bürgermeister*innen sowie als sachkundige Einwohner*innen. Sie sind das ehrenamtlich und meist ohne hauptamtliche Unterstützung. Somit liegt viel Arbeit auf Ihren Tischen, erst recht wenn sie Einzelkämpfer*innen in ihren Gremien sind. Hier gilt es Abhilfe zu schaffen! Zum einen braucht es eine Vernetzung und regelmäßigen Austausch. Zum anderen brauchen sie eine Anlaufstelle, wenn sie Fragen zu komplexen Themen haben oder sich informieren wollen, ob es bereits in anderen Kommunalparlamenten dazu Beschlüsse oder LINKE Anträge gibt. Kommunalpolitik klingt unsexy – da sind sich viele Linke einig. Und oft sucht man das Thema bei Bundesoder Landesparteitagen vergeblich oder muss bis Mitternacht warten. Damit wird oft Langeweile in Diskussionen über Parkbänke, FriedhofsGießkannen und Bauleitplanungen verbunden. Das aber ist zu kurz gedacht. Linke Kommunalpolitik lässt sich nämlich durchaus als Klassenpolitik verstehen. In neun Bundesländern finden im Mai 2019 Kommunalwahlen statt. Die Sorge, dass uns flächendeckend der Durchmarsch einer Partei mit völkisch-autoritären und braunen Inhalten droht, geht um. Es wird nicht nur uns LINKEN, sondern allen demokratischen Parteien schwer fallen, in ländlichen Regionen genug Kandidierende zu finden. Bereits in diesem Jahr haben wir in Thüringen erlebt, was dann passiert. Erstmals in der Geschichte fehlten Bürgermeisterkandidat*innen, Amtsinhaber*innen standen ohne Nachfolge da, es gab Wahllisten ohne

Namen. Eine Schande für unsere Demokratie, ein riesiges Problem für die Menschen vor Ort. Aber was tun? Reichen unsere „Mein Ort, meine Wahl!“ Postkarten, Großflächen im Landkreis Nordsachsen und weitere gute Ideen aus, um neue Menschen zu gewinnen? Die historischen Bedingungen sind für uns ungünstig. Der Ort der Entsolidarisierung, der sich zuspitzenden Konkurrenz, der Entdemokratisierung und der Polarisierung sind eben auch die Kommunen. Diese können ihren Aufgaben immer weniger nachkommen, da sie durch die restriktive Haushaltspolitik der EU und des Bundes eingeschränkt werden. Genau hier muss angesetzt werden. Denn diese Politik greift die kommunale Selbstverwaltung an und somit in unser Leben ein. Immobilienspekulationen in Großstädten machten einige wenige sehr reich und bedeuteten für viele andere erhebliche Einschnitte und Verdrängung. Neben der „Aufwertung“ der Metropolen gibt es gleichzeitig

eine Verarmungspolitik der öffentlichen Haushalte zu Gunsten einer Finanzialisierung: Während Austeritätspolitik die öffentliche Daseinsvorsorge substantiell angreift, wird es Kommunen erlaubt, auf den Finanzmärkten mitzuspekulieren. Die Folge sind reihenweise Privatisierungen oder gar Schließungen öffentlicher Einrichtungen, die nach neoliberaler Logik zu „unproduktiv“ sind. Das betrifft immer

zuerst die sogenannten freiwilligen Aufgaben: den Jugendklub, das Freibad oder auch das Museum und den Chor. Zusammengefasst kann man von Umverteilung von unten nach oben sprechen. Schließlich kommt die öffentliche Daseinsvorsorge insbesondere denjenigen zugute, die sich Leistungen wie einen Schwimmbadbesuch oder eine gut ausgestattete Kita auf dem unregulierten Markt nicht leisten können. Kommunalpolitik ist unter diesen historischen Umständen in jedem Fall „Klassenpolitik“. In Spanien gibt es bereits Bewegungen, die mit Hilfe von linken Parteien – oder auch unabhängig von diesen – Kommunalverwaltungen übernommen haben oder zumindest die Politik der Kommunen maßgeblich mitbestimmen. In Deutschland gibt es kleinere Ansätze wie die „Recht auf Stadt“-Bewegung oder Proteste gegen die Kürzungspolitik. Es gilt, die Relevanz der kommunalpolitischen Tätigkeit innerhalb der Partei neu zu gewichten. Kommunalpolitik als Klassenpolitik zu verstehen bedeutet schließlich nichts weniger als dem neoliberalen Kurs von CDU/SPD/ GRÜNEN und AfD lokalen Widerstand entgegenzusetzen. Diese Gesamterzählung muss linke Kommunalpolitik rahmen, sonst verkommt sie zum Verwaltungsakt. Bis Anfang März sollten wir uns alle noch auf die Socken machen und Leute ansprechen, ob sie sich vorstellen könnten, für DIE LINKE zu kandidieren. Eine Mitgliedschaft sollte erstmal zweitrangig sein. www.dielinke-sachsen.de/wahlen/ kommunalwahl-2019 Lars Kleba war zehn Jahre lang Stadtrat. Seit 2015 ist er Mitglied im Landesvorstand der LINKEN Sachsen und VizeChef des Kommunalpolitischen Forums Sachsen.

Kein Erfolg von rechts Im Oktober fanden sowohl in Bayern als auch Hessen Landtagswahlen statt. Unsere Partei konnte in beiden Ländern im Vergleich zur letzten Landtagswahl um 1,1 Prozentpunkte zulegen. Das ist nicht viel, aber auch kein Selbstläufer. In Hessen reichte es, um das vierte Mal in Folge und erstmals ohne Zittern in den Landtag einzuziehen – in Bayern hat es am Ende recht deutlich leider nicht gereicht. In beiden Ländern hat sich zudem der Bundestrend niedergeschlagen: Große Verluste der Parteien der großen Koalition, große Zugewinne für die Grünen. Und auch eine weitere Tendenz ist absehbar: Auf elektoraler Ebene fand eine Rechtsverschiebung vornehmlich innerhalb der arithmetischen Lager statt, aber nicht zwischen ihnen. In Bayern sind die Stimmenanteile des Rechtsblocks einerseits und von uns LINKEN, der SPD und den Grünen andererseits nahezu unverändert. In Hessen gilt mit Blick auf die Landtagswahl das gleiche – im Vergleich zum hessischen Bundestagswahlergebnis hat der Rechtsblock aus CDU, FDP und AfD sogar 6.7 Prozent verloren. Horst Kahrs beschreibt dies in seiner Auswertung der HessenWahl mit folgenden Worten: „Eine eindeutige Wählerbewegung nach rechts ist aus diesen Zahlen nicht herauszulesen. ,Die Gesellschaft‘ – zumindest in Hessen – bewegt sich nicht nach rechts. Vielmehr versammeln sich in der Gesellschaft bereits vorhandene rechte Einstellungen und Haltungen nun unter einer eigenen Parteifahne“. Das ist wichtig, um einerseits keinem Erfolgsmythos der Rechten auf dem Leim zu gehen und andererseits mit klarem Kopf das eigene Ziel vor Augen zu haben: andere Mehrheiten, um eine soziale Politik für die Mehrheit der Menschen durchzusetzen.


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Leserbriefe Zu „Von linken Zielen, populären Erzählungen & Leuchttürmen“, Sachsens Linke! 10/2018, S. 9

Kriterien für gelungene linke Gestaltungspolitik Tom Strohschneider beschreibt sehr gut, vor welchen Schwierigkeiten linke Konzepte stehen, wenn sie durch Regierungsbeteiligung durchgesetzt werden sollen. Außerdem nennt er Kriterien für eine gelungene linke Gestaltungspolitik. Dabei können wir an verschiedene praktische Projekte anknüpfen. Es gibt eine breite Unzufriedenheit mit dem kapitalistischen System. Es gibt Unterstützung im Familien- und Freund*innenkreis und funktionierende Nachbarschaftshilfe jenseits der kapitalistischen Verwertungslogik. Es gibt vielfältige entsprechende alternative Projekte, wie z. B. Umsonstläden, Repaircafes, solidarische Landwirtschaft, Wohnprojekte, soziale Zentren usw. Die „#unteilbar“- und „#ausgehetzt“Demos zeigen, dass Personen aus unterschiedlichsten Bereichen für eine solidarische Gesellschaft zusammenarbeiten können. Daran könnten und sollten wir anknüpfen, um „Ansätze alternativer Wirtschaftsformen, weitergehender demokratischer Verwaltung und Selbstbestimmung, ökologische Mobilität und so fort sichtbar und erfahrbar“ zu machen. So und nur durch eine Verknüpfung vieler solcher Ansätze und Aktivitäten lässt sich die herrschende Politik unter Druck setzen, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.

umgesetzt werden. Das bisher eingeleitete reicht nicht, denn die gesteckten Reduktionsziele für den CO2-Ausstoß reichen bei weiten nicht. Es müssen die Industrie, Landwirtschaft, Verkehr und Wohnen angegangen werden. Appelle an den freiwilligen Verzicht auf Annehmlichkeiten des Lebens sind weiter nötig – allein bringen sie wenig. Von den Parteien kann man auch nichts erwarten, denn die Ankündigungen zu höheren Preisen und Verzichtsaufforderungen werden mit Wählerstimmenentzug beantwortet. Aussichtsreich und relativ schnell umsetzbar wäre die Streichung von Subventionen für die CO2-Schleudern und gerechte ökologische Steuern. Das Verursacherprinzip muss gelten. Die Zukunft ist beunruhigend. Erstens: Mit Abschalten der Atom- und Braunkohlenkraftwerken, d. h. dem Übergang zu „Erneuerbaren“ (Energie kann man nicht erneuern) wird unsere Stromerzeugung von Tageszeit und Wetter abhängig sein. Ob Stromspeicher bis dahin in ausreichender Kapazität zur Verfügung stehen, ist fraglich. Die Versorgungssicherheit mit Strom muss ganz oben stehen. Zweitens: Der Bevölkerungszuwachs auf der Erde und der hohe Anteil von in ärmlichen Verhältnissen lebenden Menschen ist sehr hoch. Auch sie sol-

len wohnen, arbeiten und sich fortbewegen. Steht dazu zukünftig genügend Energie zur Verfügung? Drittens: Die in 10-12 km Höhe fliegenden Fracht- und Passagierflugzeuge stoßen sehr große Mengen CO2 aus. Ein Austausch mit Pflanzen auf der Erde mittels Photosynthese findet kaum statt. Die Prognose der Luftverkehrsunternehmen lautet, Verdoppelung des weltweiten Flugverkehrs bis 2030. Der Verbrauch an Kerosin, natürlich ohne Ökosteuer und Mehrwertsteuer, lag 2016 laut der BBC in den USA allein bei 240 Millionen Liter pro Tag! Wozu sind die Mächtigen der Erde, d. h. G 20 in der Lage, um globale Probleme zu lösen? Zählt nur Rendite? Viertens: Die Umweltschäden bei Kriegen zwischen den Menschen auf dem einzigartigen blauen Planet sind enorm. Menschenopfer sind offenbar zweitrangig und eingeplant. Bei radikalem Zurückfahren der Waffenproduktion, Truppenübungen und Aktivitäten an den Grenzen der Staaten könnte ein bedeutender Beitrag zur Verringerung der weltweiten Treibhausgasemissionen geleistet werden. Völlig pervers ist die Zustimmung von Politikern zur Erhöhung der „Verteidigungsausgaben“ der NATO. • Dipl. Ing. Joachim Loos, Bautzen

Dankeschön, Mirko Schäffner! Der Sommer ist vorüber. Wieder waren wir Linken aus der Sächsischen Schweiz-Osterzgebirge überall mit unseren Ständen präsent, sind mit den Leuten ins Gespräch gekommen, haben Unterschriften für die Verbesserung der Pflege und kostenlose Kitas gesammelt. Immer vorneweg: Mirko Schäffner, Regionalmitarbeiter der Landtagsfraktion. Egal ob in Heidenau, Pirna, Hohnstein, Sebnitz, Stolpen, Königstein und und und – wo immer er mit seinem Transporter anrollte, eins-zwei-drei-fix mit Helfern den Stand aufbaute und uns begrüßte, hielt die gute Laune Einzug. Mirko ist ein kommunikativer, freundlicher, offener Typ, optisch ein Freak, der auf die Leute zugeht. Seniorinnen spricht er mit demselben Respekt und Humor an wie Abiturienten. Immer wirkt er glaubwürdig und authentisch und so ergeben sich jedes Mal nette Begegnungen und gute Gespräche. Man muss es erst einmal drauf haben, auch mit politischen Gegnern vernünftig zu diskutieren. Mirko ist auch da unverzagt. Wir möchten uns bei Mirko ganz herzlich bedanken, ihm viel Kraft und Elan wünschen. Wir freuen uns auf die nächsten Aktionen mit ihm. • Anja Oehm, stellv. Kreisvorsitzende DIE LINKE – Sächsische Schweiz/Osterzgebirge

• Uwe Schnabel, Coswig Zu Rekordsommer und Klimawandel

Versorgungssicherheit gehört in den Fokus Das Jahr 2018 wird uns lange in Erinnerung bleiben. Es war heiß und trocken. Es war der Anlass für mehrere Sendungen im Fernsehen, von Talkshows und Artikeln in der Presse zum Thema Wetter und Klima. Die Klimaexperten erklärten uns, weitgehend übereinstimmend, dass es sich um die von den Menschen verursachte Erderwärmung, d. h. einen menschgemachten Klimawandel handelt. Diese viel- und nichtssagende Feststellung wirft viele Fragen auf. Sind alle Menschen in Deutschland gleichermaßen beteiligt? Sind wir alle Opfer und Täter? Sind die Menschen auf allen Erdteilen gleichermaßen am Klimawandel verantwortlich? An diesen Fragen redeten die Beteiligten vorbei. Sicher, der Treibhausgasausstoß muss reduziert werden, um einen Temperaturanstieg um zwei Grad Celcius zu vermeiden. Dafür müssen die Politikerinnen und Politiker sowie die Wirtschaftskapitäne durchgreifende, aufeinander abgestimmte Konzepte entwickeln und Maßnahmenpakete

Impressum Sachsens Linke! Die Zeitung der LINKEN in Sachsen Herausgeberin: DIE LINKE. Sachsen Verleger: Verein Linke Bildung und Kultur für Sachsen e.V., Kleiststraße 10a, 01129 Dresden Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich das Recht auf sinnwahrende Kürzungen vor. Termine der Redaktionssitzungen bitte erfragen. Die Papierausgabe wird in der LR Medienverlag und Druckerei GmbH in Cottbus in einer Auf­lage von 10.950 Explaren gedruckt. Der Redaktion gehören an: Jayne-Ann Igel, Thomas Dudzak, Antje Feiks (V.i.S.d.P.), Andreas Haupt, Ralf Richter, Stathis Soudias. Bildnachweise, wenn nicht gesondert vermerkt: Archiv, pixelio, iStockphoto Kontakt: kontakt@dielinke-sachsen.de Telefon 0351-8532725 Fax 0351-8532720 Redaktionsschluss: 24.10.2018 Die nächste Ausgabe erscheint voraussichtlich am 01.11.2018.


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Ein Banner über dem Uni-Eingang reicht nicht! René Jalaß, Sprecher der Landtags-LINKEN für Hochschul- und Wissenschaftspolitik, fordert freiere, demokratischere und vielfältige Hochschulen in Sachsen Ein Jura-Professor in Leipzig sowie ein Hochschulratsmitglied in Chemnitz äußern sich öffentlich rassistisch und menschenverachtend, ein in Neonazistrukturen vernetzter Kampfsportverein trainiert in den Räumen der Uni Leipzig und immer wieder kommt es zu körperlicher und verbaler Gewalt gegen ausländische Studierende, PoC (People of Colour, d. Red.), LSBTIAQ*Menschen (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*, Inter*, Asexuelle und queere Menschen, d. Red.) an den sächsischen Hochschulen. Einzelfälle sind das schon lange nicht mehr, sondern lediglich die Fälle, die es in die Medien geschafft haben. Rassismus ist in den sächsischen Hochschulen und Hochschulstädten schon lange Alltag und nicht erst ein Thema seit den Pegida-Demonstrationen in Dresden oder den Ausschreitungen in Chemnitz. Ja, die Zahl menschenfeindlicher Übergriffe hat zugenommen – auch an den Hochschulen. Dies zeigt auch, dass die Verhältnisse innerhalb der Städte und Gemeinden sich in den Hochschulen widerspiegeln. Rassismus wird nicht nur montags oder freitags in Dresden und Chemnitz auf der Straße geäußert, sondern eben auch auf dem Campus, im Seminar oder in der Straßenbahn auf dem Weg zur Vorlesung. Vor diesem Hintergrund begrüße ich es, dass sich die Landesrektor*innenkonferenz (LRK) im September in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen Rassismus und für Weltoffenheit, Toleranz, Menschlichkeit und Respekt ausgesprochen hat. Das ist ein kraftvolles, deutliches und vor allem nötiges Zeichen der Institutionen. Ich habe die Erklärung zum Anlass genommen, mich in einem Offenen Brief zu einigen unserer Ideen für freie, demokratischere und vielfältige Hochschulen in Sachsen zu äußern. Darin heißt es unter anderem: „Alle Mitglieder der Hochschulen sind Akteur*innen des gesellschaftlichen Diskurses und damit verantwortlich, Hochschulen als Orte der wissenschaftlichen und vor allem auch politischen Auseinandersetzung zu gestalten.“ Die letzten Jahre zeigten jedoch immer deutlicher, dass die Liberalisierung und die damit einhergehende Unterwerfung unter kapitalistische Verwertungszwänge immer stärker zu einer Entpolitisierung aller Mitgliedergruppen an den Hochschulen führt. Damit verlieren die Hochschulen ihr Potential, als Motoren für eine pluralistische und weltoffene Gesellschaft zu wirken, was über ein bloßes Hochhalten von Ideen der Internationalisierung und der Globalisierung hinausgehen muss. Vielmehr bedarf es eines neuen normativen Fundaments für die Hochschulen, damit diese wieder gesellschaftliche Orte sein können, die weltoffen, vielfältig und frei sind.

Es reicht heute nicht mehr aus, sich nur im digitalen Raum, auf Websites, Social-Media etc. „gegen Rechts“ zu positionieren. Wir brauchen aktives Engagement auch im öffentlichen Raum.

Freiräume, die von Studierenden selbstverwaltet werden, laden dazu alle ein, die inner- und außerhalb der Hochschule aktiv sind. Es ist unbedingt nötig, dass die sächsischen Hochschulen den Diskurs mit Personen aus Politik, Gesellschaft und Wissenschaft ausbauen. Ein Banner für Weltoffenheit über dem Eingang des Campus ist zweifelsohne ein schönes Zeichen. Es kann aber die Fragen, die uns tagtäglich innerhalb und außerhalb der Hochschule begegnen, nicht beantworten. Wie soll mit Professor*innen, Mitarbeiter*innen und Studierenden, die xenophobe, demokratie- und/oder möglicherweise verfassungsfeindliche Einstellungen vertreten, umgegangen werden? Welche Möglichkeiten haben die Hochschulen, aktiv für unsere gemeinsamen demokratischen Werte einzustehen? Wie kann das Thema Rassismus als hochschulpolitisches Thema diskutiert werden? All diese Fragen können und sollen nicht allein auf der Leitungsebene der Hochschulen beantwortet werden. Diese Fragen richten sich an alle Beteiligten innerhalb und außerhalb der Hochschulen. Es muss klar sein, dass die Hochschule nicht nur auf dem Campus, sondern in alle gesellschaftlichen Bereiche vor Ort wirkt (Kunst und Kultur, Politik, Schule, Verwaltung, Wissenschaft und Forschung, lokale Wirtschaft, etc.). Pluralistische Hochschulen haben einen direkten Einfluss auf die Atmosphäre in den Städten. Und deshalb muss auch die Stadtgesellschaft in die Diskurse an den Hochschulen einbezogen werden. Der finanziellen Ausstattung der Hochschulen kommt dabei meines Erachtens eine große Bedeutung zu. Die

Anforderungen werden immer höher, die Grundfinanzierung hinkt jedoch hinterher. Nur was Geld und Prestige bringt, erhält finanzielle Unterstützung. Die Geistes- und Gesellschaftswis-

senschaften schneiden dabei immer schlechter ab. Doch liefern gerade diese in der heutigen Zeit wichtige Erkenntnisse über das gesellschaftliche Zusammenleben der Menschen und darüber, wie wir die gegenwärtigen sozialen und politischen Herausforderungen bewältigen können. Auch in den aktuellen Verhandlungen zum Doppelhaushalt 2019/20 im Sächsischen Landtag müssen sich die Fraktionen fragen: Wollen wir aufgeklärte,

selbständige und reflektierende oder vielmehr unkritische Studierende, die lediglich das Bruttoinlandsprodukt steigern? Eine auskömmliche finanzielle Ausstattung für die Hochschulen ist unabdingbar, um die Anforderungen der pluralistischen Gesellschaft auch im Rahmen der Hochschulbildung umzusetzen. Das Ruder herumzureißen wird niemandem im Alleingang gelingen, aber eine demokratischere, weltoffene und internationale Hochschule, die frei ist von zu engen finanziellen Zwängen, ist ein wichtiger Ausgangsort dafür. Mein Änderungsantrag zum Haushaltsentwurf 2019/2020 der Staatsregierung sieht insgesamt Aufstockungen in Höhe von über 1,7 Milliarden Euro vor. Das betrifft die Grundfinanzierung der Hochschulen ebenso wie die Arbeit der Koordinierungsstelle für Chancengleichheit, die Ermöglichung einer Geschäftsstelle für die Konferenz der Sächsischen Studierendenschaften oder die Befähigung der Studierendenwerke, endlich die nötigen Investitionen und Sanierungen zu tätigen. Der Titel des Haushaltsantrags lautet „Hopo-WIN – Hochschulpolitische Wiedergutmachungs-Initiative“. Denn genau das ist es, was mehr als überfällig ist. Meine Ausführungen sollen (u.a. der LRK) als Anregung dienen und eine gemeinsame Debatte anstoßen. Denn nach einer fast 30-jährigen gesellschaftspolitischen Misswirtschaft droht uns allen durchaus eine noch dunklere sächsische Zukunft. Den Offenen Brief an die LRK in voller Länge findet ihr hier: gleft.de/2uu


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Gut aufgestellt mit der AG Kommunalwahlprogramm Die stellvertretende Kreisvorsitzende Theresa Ruttloff über Weichenstellungen des Kreisverbandes Erzgebirge für das Wahljahr 2019 Der geschäftsführende Kreisvorstand hat in Vorbereitung der Kommunalwahlen 2019 beschlossen, eine AG Kommunalwahlprogramm ins Leben zu rufen. Wichtig war uns, dass in der AG erfahrene Kommunalpolitiker*innen, aber auch junge Genoss*innen mitarbeiten. So besteht diese nun neben dem Kreisvorsitzenden aus dem langjährigen Fraktionsvorsitzenden der Kreistagsfraktion sowie aus zwei Genossen aus der Linksjugend [‘solid]. Geleitet wird die AG von der stellvertretenden Kreisvorsitzenden. Ziel ist die Erstellung eines Kommunalwahlprogrammes für die Kreistagswahl. Es soll sowohl ein Kurzwahlprogramm in Form eines gefalteten A4-Flyers, welches stichpunktartige Forderungen sowie die Fotos der Kandidierenden enthält, als auch ein ausführliches Wahlprogramm im Format A5 entstehen. In Bezug auf die Stadtund Gemeinderatswahlen erstellen die jeweiligen Genoss*innen vor Ort selbstständig auf die Gegebenheiten vor Ort abgestimmte Wahlprogramme. In der ersten Sitzung stand die Ideensammlung im Mittelpunkt. Es wurde geschaut, welche Aufgabenkompetenzen der Kreistag besitzt. Hierbei erwies sich die Erfahrung des Fraktionsvorsitzenden der Kreistagsfraktion als wertvoll, da dieser auch die Handlungsspielräume des Kreistages beiden einzelnen Themen kennt und erläutern konnte. Wichtig war uns, dass Alleinstellungsmerkmale unserer Partei hervorgehoben werden sowie die breite Wählerschaft angesprochen wird. Es wurden acht Themenkomplexe, die dazugehörigen Themen sowie unsere Forderun-

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DIE LINKE. Kreisverband Erzgebirge

Mobilität für Alle Mobilität ist im ländlichen Räum ein äußerst wichtiges Thema. Oftmals ist der Ist-Zustand erschreckend und mit dem Angebot in einer Großstadt überhaupt nicht zu vergleichen. Die Menschen haben keinen Anreiz, vom Individualverkehr auf den ÖPNV umzusteigen, da ein eigener PKW oftmals vorteilhafter ist.

gen grob zusammengetragen. Während des nächsten Treffens wurden sie zu fünf Themenkomplexen zusammengefasst und den einzelnen Mitgliedern der AG zur Erarbeitung des Langwahlprogramms zugeteilt: Einheitliche und bessere Lebensbedingungen im gesamten Erzgebirgskreis Das wohl größte Problem im ländlichen Raum sind die schlechten Rahmenbedingungen, die Menschen zum Wegziehen zwingen. Das Erzgebirge muss wieder zu einer Region werden, in die man gern zieht. Es werden junge Menschen und Fachkräfte gebraucht. Diese benötigen einheitliche und vor allem bessere Lebensbedingungen. Deshalb fordern wir u. a. den Ausbau von schnellem Internet, den Erhalt der kommunalen Krankenhäuser und die Schaffung von Polikliniken/Landambulatorien, kein weiteres Ausdünnen des Filialnetzes der Erzgebirgssparkasse und die Unterstützung von Unternehmensgründungen und Unternehmensnachfolgen durch die landkreiseigene Wirtschaftsförderung Erzgebirge (WFE GmbH).

Am 20. Oktober fand in Stollberg eine Kundgebung von „Freigeist“ statt. Es gab eine Gegenaktion unter Beteiligung der LINKEN im Erzgebirge: Etwa 250 Bürgerinnen und Bürger demonstrierten gegen einen erneuten Aufmarsch rechtsextremistischer Hetze. Wir zeigten Courage für Demokratie und gegen Rechtsextremismus.

Wir möchten, dass alle Menschen sich auch ohne PKW im Erzgebirgskreis bewegen können. Das Busliniennetz soll deshalb erweitert und der ÖPNV barrierefrei werden, bestehende und neue Linien müssen im regelmäßigem Takt verkehren. Wir als LINKE setzen uns für ein Sozialticket für Geringverdiener*innen ein. Sozialtarife stellen jedoch nur kurzfristig Lösungsansätze dar. Langfristig streben wir einen entgeltfreien ÖPNV für alle an. Hierfür ist jedoch ein anderes Finanzierungssystem nötig. Kultur, Bildung und Sport Damit die Teilhabe am sozialen Leben bezahlbar bleibt, bedarf es einer staatlichen Förderung, die auf die Bedürfnisse der jeweiligen Einrichtungen und Vereine abgestimmt ist. In diesem Zuge fordern wir auch die Gründung einer Kulturloge. Eine Kulturloge vermittelt telefonisch nicht verkaufte Eintrittskarten ihrer Sozial-, Kultur-, und Sportpartner an Geringverdiener*innen und Erwerbslose. Diese zählen dann als Freikarten. Ebenso soll auch der Breitensport mehr Förderung erhalten.

Termine 19. November 2018, 16:30 bis 17:30 Uhr: Bürgersprechstunde des MdL Klaus Tischendorf in der Kreisgeschäftsstelle der LINKEN in Annaberg-Buchholz 19. November 2018, 18:00 Uhr: „Freiheit statt Repression!“ Diskussion zum neuen sächsischen Polizeigesetz mit den Landtagsabgeordneten Enrico Stange und Klaus Tischendorf. Hotel „Goldene Sonne“, AdamRies-Str. 11, Annaberg-Buchholz

Denn Freizeit ist ein wichtiger Teil unseres Lebens. Demokratische Mitbestimmung Für uns LINKE sind die Kommunen nicht nur eine Verwaltungs-, sondern auch eine entscheidende Gestaltungsebene. Wir möchten, dass alle Grundsatzentscheidungen des Kreistages von langfristigem Charakter mit den Bürger*innen beraten und die Kreistagssitzungen im Internet übertragen werden. Die Möglichkeit, dass sachkundige Einwohner*innen zur Beratung hinzugezogen werden können, wird aktuell im Kreistag des Erzgebirgskreises nicht (mehr) genutzt. Wir fordern daher die (Wieder-)Berufung von sachkundigen Einwohner*innen in die Ausschüsse des Kreistages. Sozial mit aller Kraft Hier setzen wir uns vor allem für ein Frauenhaus im Erzgebirgskreis ein, denn bisher gibt es ein solches nicht. Außerdem fordern wir den Ausbau des Streetworkprogramms in den Großen Kreisstädten und Hilfe bei der Gründung von Jugendclubs.


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DIE LINKE. Kreisverband Zwickau

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Unter Sachsen

Zur Lesung des gleichnamigen Buches mit den Herausgebern Heike Kleffner und Matthias Meisner waren knapp 30 Interessierte unter anderem aus Plauen gekommen, sowie Vertreter der regionalen Tagespresse. Obgleich schon 2017 erschienen, hat der Inhalt – leider – nicht an Aktualität verloren. Noch immer gehen Menschen auf die Straße und man kann eine zunehmende Radikalisierung beobachten. War es zunächst Unmut, so bilden sich vermehrt Bürgerwehren und schließlich Terrorgruppen. Einige wurden inzwischen aufgedeckt, verboten und die Mitglieder verurteilt. Doch wie viele noch unentdeckt sind, kann keiner genau sagen. Heike Kleffner machte deutlich, dass aktuelle Recherchen zeigen, dass es eine gewisse Verbindung zwischen Chrystal Meth und der gewaltbereiten rechten Szene gibt. Interessant ist in dem Zusammenhang, dass die entsprechende Substanz bereits in der NS-Zeit unter dem Namen Pervitin eingesetzt wurde, um die Soldaten im Einsatz bei Laune zu halten. Auch heute putschen sich gewaltbereite Rechtsradikale mit Chrystal Meth für den Straßenkampf auf und knüpfen so nahtlos an die NS-

Zeit an. Diese Verbindung zwischen Drogenszene und der gewaltbereiten Rechten war für viele neu.

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Bezahlbare/kostenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule oder Bildung im Alter von 0 bis 100 Pflegenotstand und Ärztemangel vor allem im ländlichen Raum ÖPNV bezahlbar und flächendeckend – in den Städten zu teuer, in der Fläche fast nicht mehr vorhanden Digitalisierung in der Wirtschaft

Deutschen forderten, wurden Plakate mit Texten aus dem Grundgesetz entgegen gehalten. Dies ließ sie kurzzeitig verstummen, bevor sie wieder nur für sich in Anspruch nahmen, „das Volk“ zu sein.

In Deutschland ist nur jede zehnte Banane fair gehandelt. Bananen dienen als billiges Lockangebot. Unter dem Preisdruck leiden besonders die Produzentenfamilien. Wir als Steuerungsgruppe „Fairtradetown Glauchau“ wollen fairen Handel und bessere Arbeitsbedingungen . Darüber informierten wir mit unserem Stand und verteilten zum 33. Glauchauer Herbstlauf 35

kg fair gehandelte Bananen. Gesponsert wurden diese von der WEBERAG Glauchau. Unser Dank gilt allen Unterstützern und den Organisatoren des Herbstlaufs, die uns die Möglichkeit gaben, uns zu präsentieren. Vielleicht macht unser Projekt ja Schule und andere Kommunen beteiligen sich …

• Karin Irmisch

In der Diskussion gab es auch einen Blick auf die Wahlen in Sachsen und die Frage, wie die CDU sich zur AfD positionieren wird. Kretschmer schließt eine Koalition aus, doch wie sieht das der Rest der Landes-CDU? Es war ein spannender Abend, an dem natürlich auch das Buch erworben und signiert werden konnte. Einer der Gäste meinte zum Schluss: „Das war eine schöne Veranstaltung, alle wussten worum es geht, alle hatten gleiche oder ähnliche Erfahrungen, man musste nicht alles neu erklären. Das war schön.“ Ich denke, dieser Satz sagt viel über die Befindlichkeit derer aus, die sich in Zwickau und andernorts der radikalen Rechten entgegenstellen. Dass dies nun immer mehr Menschen auch in Sachsen tun und zwar parteiübergreifend und im Bündnis mit Kirchen, Vereinen und Verbänden, macht Mut und gilt es weiter zu stärken und auszubauen. • Simone Hock

Basis ist Boss in Zwickau Die Regionalkonferenz am 5. Oktober 2018 in Zwickau war eine gelungene Veranstaltung. Sie war gut organisiert und moderiert. Die Idee, von der Basis her Thesen und Schwerpunkte zu den inhaltliche Schwerpunkten zur Landtagswahl 2019 anzusprechen, ist ein neuer und interessanter, aber wichtiger Weg. In verschiedenen Arbeitsgruppen hatten alle wichtige und vor allem unabhängig voneinander gleiche Schwerpunkte. Als wichtige Thesen stellten sich folgende heraus:

„Zwickau ist bunt“ und steht für Toleranz, ein friedliches Miteinander und vor allem für Menschenrechte ohne Ausnahme. Etwa 150 Menschen, die zeigen wollten, dass die Welt, in der wir leben, für alle lebenswert sein sollte, versammelten sich auf dem Neumarkt. AfD-Anhängern, die vorbeizogen und Deutschland für die

und damit der Arbeitswelt und ihre Vor- und Nachteile. In guter und lockerer Atmosphäre stellte sich Rico Gebhardt als Spitzenkandidat all unseren Fragen und beantwortete diese zu unserer Zufriedenheit, wobei es quer durch alle Themen ging. Alle Beteiligten konnte am Ende noch ein Feedback geben. Eines hat mir dabei besonders gefallen: „Für uns ,Alte‘ war das eine ganz neue Erfahrung. Jeder wurde einbezogen, musste mitdenken. Danke allen Beteiligten.“ Ich kann nur alle Mitgliedern empfehlen, an diesen Veranstaltungen teilzunehmen und ihre Ideen und Standpunkte einzubringen. Nur so ist es möglich, den Meinungen und Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden und damit ihre Interessen zu vertreten. • Heiko Döhler

Aktuelles aus dem Kreisvorstand Am 10. Oktober 2018 trat der Kreisvorstand zusammen. Unter anderem stand die Vorbereitung des Kreisparteitages am 18. November in der Sachsenlandhalle auf dem Programm. Des Weiteren besprachen wir Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit und beschlossen, eine Facebookseite für den Kreisverband zu erstellen. Diese Seite ist bereits online und lebt von den Informationen aus dem Kreisverband. Daher geht an alle Ortsverbände und Fraktionen die dringende Bitte, Infos über Aktivitäten oder Presseartikel an den Kreisvorstand weiterzuleiten. Im Januar erfolgt die Nominierung unserer Direktkandidaten zur Land-

www.fairtrade-towns.de

tagswahl. Wer sich um einen Wahlkreis bewerben möchte, ist gebeten, dies bis 25. November 2018 der Kreisgeschäftsstelle mitzuteilen. Selbstverständlich kann man auch auf dem Kreisparteitag noch kandidieren. Aber im Sinne einer guten Vorbereitung wäre eine frühere Meldung hilfreich.

Termine Gedenken am 9. November 2018 in Zwickau: 15 Uhr Jüdischer Friedhof, 16 Uhr Georgenplatz, ab 16:45 Uhr Putzen der Stolpersteine 18. November 2018, 9:30 Uhr: Kreisparteitag in der Sachsenlandhalle in Glauchau Mehr: www.zwickauer-demokratiebuendnis.de


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DIE LINKE. Kreisverband Meißen

Wer deckt die Tafel? Das fragt Kreisrätin Dagmar Gorek (Linksfraktion, parteilos) Vor drei Jahren führte die Linksfraktion des Kreistages Meißen eine Aktion zu den Tafeln des Landkreises durch. Ich war bei der Meißner Tafel, Außenstelle Coswig. Dieses Jahr ist die Aktionswoche dem Thema „Armut“ gewidmet. Was liegt näher als wieder bei der Meißner Tafel in Coswig nachzufragen? Die Meißner Tafel ist ein Projekt des Vereines „Meißner Kinder- und Familienhilfe e.V.“. Sie erhält weder vom Land noch von den Kommunen Zuschüsse. Für Kfz-Versicherung, Autoreparatur, Spritkosten sowie für die Versicherung der ehrenamtlichen Helfer müssen sie selbst aufkommen, in Coswig auch für Miete und Betriebskosten. Deshalb wurde bis August 2016 von jedem Anspruchsberechtigten ein Obolus von drei Euro pro Erwachsenen und Einkauf verlangt. Wegen gestiegener Preise in allen Kostenpunkten konnte der Tafelbetrieb nicht mehr aufrechterhalten werden. Rote Zahlen würden das Aus der Tafel bedeuten! Zum 1. September 2016 wurde deshalb auch für Kinder ein Betrag verlangt. Dieser beträgt vom 1. bis 12. Lebensjahr 0,50 Euro und für Kinder über 12 bis 16 Jahre 1,50 Euro. Wer älter ist, zahlt drei Euro. Mit diesen Beträgen liegt die Meißner Tafel sachsenweit an der unteren Grenze. Schwerpunkt der Arbeit aller Tafeln ist das Beschaffen von Lebensmitteln und deren Abgabe in guter Qualität. Für diese Aufgaben werden fleißige Helfer benötigt. Frau Lehmann ist die Leiterin der Meißner Tafel - Außenstelle Coswig. Sie macht diese Arbeit seit

2002 mit großem Engagement. Am 15.10.2018 wurde sie vom Landesverband der Tafeln Sachsens in AnnabergBuchholz ausgezeichnet. Ihr zur Seite stehen Frau Seifert als Vertretung und ein Kollektiv von ehrenamtlichen bzw. geringfügig beschäftigten Mitarbeitern. Sie erhalten Aufwandsentschädigung oder werden als Ein-Euro-Jobber bezahlt. Es gibt aber auch Ehrenamtliche ohne Vergütung! An drei Tagen der Woche ist die Tafel von 10 Uhr bis 12 Uhr geöffnet. Darüber hinaus werden vor allem mit Familien Termine vereinbart. Gearbeitet wird an allen Wochentagen, denn das Beschaffen und „Herrichten“ der Ware macht viel Arbeit. Die Artikel müssen sortiert, geputzt und ständig nach Frische und Verfallsdatum kontrolliert werden. Die Beschäftigten haben eine gewisse Verantwortung. Deshalb und wegen der großen Einsatzbereitschaft ist Frau Lehmann stolz auf ihr Kollektiv. Es ist nicht vorhersehbar, wie viele Anspruchsberechtigte pro Tag kommen werden. Also müssen die wichtigsten Lebensmittel immer in ausreichender Menge vorhanden sein. Bei großem Andrang müssen die Besucher auch mal warten. Dafür gibt es einen kleinen Raum mit Stühlen. Eine Toilette ist wegen der Hygiene nur für das Personal vorhanden, weniger schön! Aber viel problematischer sei es, dass die Märkte ihre Angebote zurückfahren. Zum Beispiel erhält man vom Kaufland nur noch Gemüse, Obst und Backwaren. Joghurt und andere leckere Sachen sind nicht mehr dabei! Sehr schade. Dabei hat die Tafel einen

Unterschriften gesammelt! Der Wochenkurier hatte sehr passend „vorgearbeitet“ – durch ein Titelblatt mit dem Thema. Wir, DIE LINKE Coswig und Weinböhla, waren mit der SPD gemeinsam im Zentrum unserer Stadt. Mit Marion aus Weinböhla (die das Foto geschossen hat) waren wir zu sechst unterwegs. Das Interesse der Passanten war durchaus vorhanden. Mit jüngeren Besuchern hatten wir etwas mehr zu diskutieren. Coswig-Urlaubsgäste berichteten hingegen, wo es schon Gemeinschaftsschulen mit positiven Effekten gibt. Auch Verfechter der bisherigen Schullandschaft trafen wir. Ursel N. hat uns dazu noch drei Listen mit Unterschriften gebracht – damit haben wir fast neun Listen. Also ein Anfang ist gemacht – und wir wurden gesehen! Kein Coswiger wundert sich freilich über unsere politische Zusammenarbeit mit der hiesigen SPD – sitzen doch unsere Stadträte als „Fraktion rot-rotgrün“ gemeinsam im Stadtrat und am 1. Mai sieht man uns seit über 20 Jahren gemeinsam auf dem Wettinplatz feiern.

Und in der Frage des gemeinsamen Lernens sind wir uns weitgehend darin einig, dass die Kinder engagierterer Eltern nicht zu früh „aussortiert“ werden sollen. Denn es sind zumeist nicht die Kinder und deren Leistungen, die den Weg bestimmen. • Ursula Windsheimer

Kleintransporter mit Kühlung, so dass die Kühlkette nicht unterbrochen wird. Engpässe versucht man durch die Hauptstelle Meißen auszugleichen. Sie hat Zugang zu größeren Märkten und bekommt die Molkereiprodukte. Unterstützung erhält die Außenstelle von der Stadt Coswig. Als Eigentümer der Immobilie stellt sie einen Hausmeister. Das Fahrzeug ist Eigentum der Meiß-

Peter Sodanns Bibliothek wird Genossenschaft Mühen hat es genug gekostet. Peter Sodann hat ein Etappenziel erreicht. Die Genossenschaft steht vor der Gründung. Sie wird die Bibliothek weiter betreiben, erhalten und pflegen, einen kulturellen Schatz aus einem „abgeschlossenen Sammelgebiet“. Das Wissen einer Kultur ist in ihren Bibliotheken zu finden. Wie viele Bücher von DDR-Autoren wurden nicht auch fast zeitgleich von Westverlagen herausgebracht. Da stehen sie nun, vermischt mit einer ziemlich anderen Kultur und oft nicht mehr kenntlich. Der „Bücherberg“ von Staucha will verfügbar gehalten werden. Das alles kostet Geld. Mit über 80 Jahren sucht darum Peter Sodann „gute Genossen“ im Sinne des Genossenschaftsgesetzes, die das Werk weiter tragen. Und Genossenschaften gehören heute (ein Beispiel: Cooperativa Mondragon/Spanien) zu den stabilsten Wirtschaftseinheiten Europas. Die „Entfremdung vom Produkt“ (Marx) ist in der Genossenschaft praktisch überwindbar. Die Dimensionen sind weit menschlicher als ein Kapitalist jemals zu träumen wagte. Peter Sodann träumt von diesem stabilen Bibliotheksbetrieb, wo er nicht mehr alles fast allein organisieren und oft auch machen muss. Vierzig Jahre Arbeit an einer gebildeten Nation durch viele große und

ner Tafel, Fahrer und Beifahrer werden von der Stadt über das Jobcenter als geringfügig Beschäftigte bezahlt. Was wünscht sich Frau Lehmann für die Tafel in Coswig? Benötigt wird dringend ein neues Fahrzeug mit Kühlung. Wenn die Stadt bei der Suche nach einem Sponsor unterstützen würde, wäre das toll!

kleine Verlage, hoch qualifizierte Buchhändler, hoch sensibilisierte Autoren und nicht zuletzt Leser, die gelernt hatten, auch zwischen den Zeilen zu lesen, haben diesen Schatz hinterlassen, dessen Wert vielen Menschen heute wenig bis nichts bedeutet. Das kulturelle Erbe ist jedoch unermesslich wertvoll. Sodann will den Schatz in guten Händen wissen, wenn er eines Tages nicht mehr Kisten heben und Regale rücken kann. Die Gründungsversammlung wird am 17. November 2018 stattfinden. Die Gründungsmitglieder erhalten persönliche Einladungen mit den notwendigen Unterlagen. Ein Genossenschaftsanteil kostet 250 Euro. Hinzu kommt eine „Eintrittsgebühr“ von 250 Euro – unabhängig davon, wie viele Anteile das Mitglied zeichnet. Beteiligungen können angemeldet werden unter PSBGenossenschaft@t-online.de. Anfragen zur Möglichkeit von Ratenzahlungen hat es bereits mehrfach gegeben. Dazu ist leider zu sagen: geht nicht. Die Genossenschaft (in Gründung) wird vorläufig nicht in der Lage sein, auch noch eine Buchführung über Ratenzahlungen zu leisten. Was geht: eisern (ratenweise) sparen und dann mit dem vollen Betrag Mitglied werden. Auf dem Postwege sind Anmeldungen möglich unter: Peter-Sodann-Bibliothek Thomas-Müntzer-Platz 8 01594 Staucha • Reinhard Heinrich


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DIE LINKE.Kreisverband Bautzen

11/2018 Sachsens Linke!

Das Wahljahr wirft seine Schatten voraus Ein Appell von Ralph Büchner, Mitglied des Kreisvorstandes Die bisherigen Wahlen 2018 zeigen eine deutliche Verschiebung der Wählerstimmen von den sogenannten „Volksparteien“ zu den „kleinen“ Parteien und vor allem, und dies ist sehr bedenklich, nach rechts. Dies hat sicher verschiedene Ursachen und man kann natürlich auch alles auf Berlin schieben, aber da macht man es sich zu einfach. Die Analyse der Ergebnisse in Bayern und Hessen sind nicht Aufgabe eines Kreisverbandes der LINKEN, aber darüber nachdenken sollten wir gemeinsam und Handeln ableiten. Wenn wir dies tun, komme ich für mich (uns?) zu folgenden Aufgabenstellungen: Wir müssen unsere bevorstehende Kreiswahlversammlung und den Kreisparteitag zur Neuwahl des Kreisvorstandes nutzen, um unsere KandidatInnen und unsere Inhalte bekannt zu machen. Wir werden den Entwurf des Kreiswahlprogrammes in die Basis zur Diskussion geben und ich bitte Alle, sich intensiv daran zu beteiligen. Vor allem unsere zukünftigen kommunalen KandidatInnen müssen wir einbeziehen und sie auffordern, in diesem Prozess

mitzutun. Dies muss sich auch auf den anderen kommunalen Ebenen wie ein roter Faden des Handelns durchziehen, um erkennbar LINKE Inhalte zu formulieren. Im Rahmen dieser Diskussion müssen und können wir mit Menschen ins Gespräch kommen, um sie als KandidatInnen für die Kommunalwahl zu gewinnen. Wir brauchen eine gute Mischung von erfahrenen Menschen und jungen spontanen Menschen für die Wahl im Jahr 2019. Kommunalwahlen sind auch Personenwahlen. Lasst uns gemeinsam weiter nach geeigneten KandidatInnen schauen, Menschen ansprechen und sie gewinnen. Dazu sollten wir auch die Gespräche zur Unterschriftensammlung zum Volksantrag „Länger gemeinsam lernen“ nutzen. Nicht zuletzt gilt es unsere Direktkandidat-Innen für die Landtagswahl mit einem ordentlichen Wahlergebnis am 17. November in Pulsnitz ins Rennen zu schicken. In all unseren Aktivitäten im Jahr 2019 müssen diese Personen von uns einbezogen werden, um sie bekannt zu machen.

Wir sind in der unmittelbaren Vorbereitung des Wahlkampfes für die drei Wahlen im nächsten Jahr. Wenn ihr Ideen habt, bringt sie in Versammlungen ein, teilt sie uns per Mail oder auf andere Art mit. Beteiligt euch, liebe Genossinnen und Genossen, liebe Sympathisantinnen und Sympathisanten – wir brauchen jede Idee und Unterstützung. Wenn wir den Rechtsruck stoppen wollen, dann

Neue antisorbische Attacke extremer Rechter aufklären Eine Gruppe extremer Rechter hat Augenzeugenberichten zufolge in Schönau (Ralbitz-Rosenthal) eine Gruppe sorbischer Jugendlicher attackiert. Als Sprecher der Fraktion DIE LINKE für nationale Minderheiten habe ich öffentlich darauf hingewiesen, dass es sich entgegen der Darstellung der Polizei in den Medien eben nicht um eine Auseinandersetzung zwischen sorbisch und russisch sprechenden Menschen, sondern um Übergriffe Bautzener Rechtsextremisten auf Sorben gehandelt hat. Das haben sorbische Jugendlicher gegenüber dem Sorbischen Rundfunk des MDR klar geäußert. Die Täter seien schon durch Zeichen auf der Kleidung klar als Nazis erkennbar gewesen.

Endlich ein positives Zeichen für ein buntes, weltoffenes Dresden Mit Herz und Vielfalt für ein weltoffenes Dresden – Wir waren dabei! Über 10.000 Menschen beteiligten sich an den Demonstrationen „Herz statt Hetze“ am 21. Oktober 2018 in Dresden. Endlich ein positives Zeichen für ein buntes, weltoffenes Dresden. Lasst uns weiter gemeinsam für Menschlichkeit, Solidarität und Weltoffenheit streiten! • Marion Junge

Neuer Abendbus ins Oberland ist richtiger Schritt Abends ins Kino? Oder mit den Kolleg*innen in einer Kneipe der Bautzner Altstadt ein Gläschen trinken? Oder Theater? Bautzen bietet kulturell einige Möglichkeiten, auch die Abendstunden zu gestalten. Leider ist es aber vielen Menschen aus dem Umland bislang nicht möglich, daran teilzuhaben, obwohl sie oft gar nicht so weit entfernt wohnen. Das liegt an den schlechten ÖPNV-Verbindungen, speziell ins Bautzner Oberland in den Abendstunden. Wenn der letzte Bus vor 19 Uhr abfährt und man kein Auto besitzt oder nutzen will, fallen Kino, Theater oder Kneipe aus. Wir kennen das Problem auch von unseren eigenen Parteiveranstaltungen. Deshalb

müssen wir „Machen“: „Machen ist wie Wollen, nur krasser“ (Susanne HennigWellsow). Auf allen Ebenen.

habe ich die Nachricht, dass ab November in den Abendstunden eine zusätzliche Busverbindung von Bautzen ins Oberland angeboten wird, mit Freude zur Kenntnis genommen. Das ÖPNV-Angebot auszuweiten ist der richtige Weg. Eine Busverbindung für Nachtschwärmer anzubieten, habe ich schon 2017 im Ergebnis meiner Sommertour vorgeschlagen. So wird es den Menschen in Sohland oder Wilthen erleichtert, das kulturelle Angebot der nahen Stadt zu nutzen. Und vor allem junge Menschen, die noch keinen Führerschein haben, bekommen so ein zusätzliches Mobilitätsangebot. Ein

„Lumpensammler“, wie der Volksmund sagt, ist deshalb eine wichtige Ergänzung im ÖPNV-Angebot, um die ländlichen Räume an die Mittelzentren wie Bautzen anzubinden. Ein kleiner Wermutstropfen aber bleibt: Das neue Angebot orientiert sich an den Spätschichten von Berufstätigen. Eine Kinovorführung oder ein Theaterstück enden selten bereits um 22 Uhr. Deshalb fände ich es gut, wenn man entweder die Abfahrtszeiten noch einmal überdenken oder einen weiteren, späteren Nachtbus einrichten würde. • Caren Lay

Damit tritt erneut und am selben Ort das Muster antisorbischer Übergriffe des Jahres 2014 zutage, die bundesweite Beachtung fanden, leider aber bis heute kaum strafrechtlich verfolgt worden sind. Es ist zwar begrüßenswert, dass nun bereits unmittelbar nach den Taten der Staatsschutz ermittelt, die Öffentlichkeitsarbeit der zuständigen Polizeidirektion sieht aber bisher eher nach Vertuschung als nach Aufklärung aus. Ich fordere daher Polizei und Staatsanwaltschaft auf, diesmal von sich aus alle Möglichkeiten der Aufklärung und Strafverfolgung rasch auszuschöpfen, ohne wieder erst durch die sorbische Öffentlichkeit zum Jagen getragen werden zu müssen. • Heiko Kosel, MdL


Sachsens Linke! 11/2018 Die Debatte um den Klimawandel als zentrale politische Herausforderung unserer Zeit trifft in Sachsen auf eine traditionelle, monostrukturierte Energiewirtschaft mit zwei riesigen Braunkohlerevieren. Das führt insbesondere in der wirtschaftlich benachteiligten Lausitz zu Ängsten vor einem weiteren Strukturbruch nach 1990. Unter diesen Bedingungen diskutierte DIE LINKE.Sachsen die Herausforderungen und Widersprüche einer sozial-ökologischen Umwelt- und Wirtschaftspolitik am 20. Oktober 2018 im Leipziger Felsenkeller. In seinem Eingangsreferat zeigte Tadzio Müller, Klimaaktivist und Referent für Klimagerechtigkeit der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die Widersprüche in der Klimapolitik auf und machte die Dringlichkeit eines konsequenten Klimaschutzes deutlich. Gleichzeitig geben die aktuellen Protestbewegungen Hoffnung: „Wir sind mehr“, Seebrücke, Unteilbar, „Hambi bleibt“ – all dies zeigt, dass ein Großteil der Menschen hinter einer progressiven und damit sozialökologischen Politik steht. Nach dieser mitreißenden Einführung wurden in vier Workshops Facetten der Widersprüchlichkeit der aktuellen Klimapolitik diskutiert. Im Workshop „Nachhaltigkeit links definiert“ stellte Antonia Mertsching vom Entwicklungspolitischen Netzwerk Sachsen dem Nachhaltigkeitsdreieck mit der Gleichwertigkeit von Ökonomie, Ökologie und Sozialem ein Vorrangmodell entgegen, bei dem die Ökologie die planetaren Grenzen und damit den äußeren Rahmen allen Lebens bildet. Innerhalb dessen bildet das soziale Miteinander, die Gestaltung des friedlichen Zusammenlebens, den weiteren Rahmen für wirtschaftliche Prozesse. In einem zweiten Workshop wurde die Frage diskutiert, ob Maßnahmen im Namen des Klimaschutzes anderen Nachhaltigkeitszielen entgegenstehen können. Die Referenten, Felix Ekardt

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Klimakiller Kapitalismus?! Marco Böhme, Landessprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Ökologie – ADELE, über die Klimaschutzkonferenz der sächsischen LINKEN in Leipzig

Grundeinkommen (BGE) als Modell zur sozialen Begleitung von Strukturwandelprozessen in Braunkohleregionen dienen kann. Tilman Loos von der LAG BGE hob hervor, dass ein solches regional und zeitlich beschränktes Modellprojekt nicht bedingungslos sei, es aber vor Ort eine finanzielle Absicherung im Übergangsprozess sein könne. Dennoch betonte er, dass das BGE keinesfalls das einzige Instrument sein kann. Erik Wolf (Geschäftsführer DGB Leipzig-Nordsachen) hingegen betonte, dass ein BGE von 1.000 Euro monatlich einen enormen Lohneinbruch bedeuten würde und daher kein geeigneter Notanker für Kohlearbeiterinnen und -arbeiter wäre. Er plädierte stattdessen für einen langfristigen, sozial verträglichen Strukturwandel mit Sozialplänen und Maßnahmen, die die Traditionen und Empfindungen der Bergarbeiterinnen und -arbeiter berücksichtigen. Parallel dazu wurde in einem anderen Workshop darüber diskutiert, ob dem Klimawandel am besten mit grünem Wachstum oder Postwachstum begegnet werden sollte. Nina Treu vom Konzeptwerk Neue Ökonomie betont dabei, dass Postwachstum nicht einfach weniger wachsen, sondern anders Wirtschaften bedeute, also eine Abkehr vom Dogma der Notwendigkeit des weltweiten Wirtschaftswachstums. Im Vergleich zur grünen, also ökologischeren Wachstumsstrategie haben Postwachstumsstrategien nicht nur die Vergrünung der Wirtschaft im Blick, sondern vor allem auch Demokratisierungsprozesse und die Soziale Frage.

(Landesvorsitzender BUND Sachsen) und Stefan Heiland (Landschaftsplaner TU Berlin), waren sich einig, dass Klima- und Naturschutz nicht im Gegensatz zueinander stehen, sondern dass es sogar Synergieeffekte gibt. So wird ohne wirksamen Klimaschutz der Naturschutz zunehmend aussichtsloser. Nichtsdestotrotz kommt es zu Konflikten, z.B. zwischen dem Bau von Wind-

rädern und dem Vogelschutz, zu deren Lösung immer im Einzelfall vor Ort abgewogen werden muss. Schließlich darf Klimaschutz nicht zu irreversiblen Verlusten der biologischen Vielfalt führen. Nach der veganen Mittagspause wurde weiter diskutiert, ob innovative Lösungsansätze wie ein bedingungsloses

Auf einem abschließenden Podium wurden alle Workshops zusammengefasst und der gemeinsame Rahmen einer linken Klimaschutzpolitik formuliert. Die LAG Adele wird die Ergebnisse in ihre Agenda aufnehmen und in einer kommenden Konferenz den Fokus auf eine sozial-ökologische Mobilität legen und Strukturwandelprozesse in der Automobilbranche thematisieren.

Daten-Striptease bei Hartz IV Katja Kipping hat mit einer Anfrage Schockierendes aufgedeckt Dass Hartz IV die „Kund*innen“ nackig macht, ist bekannt – jedes noch so kleine Detail der eigenen Biografie, Partner*innenschaften, der Familien- und Haushalts- sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse gilt es offen zu legen. Deswegen nehmen ja auch viele (bis zu 50 Prozent) Hartz-IV-Leistungen nicht in Anspruch – und müssen unterhalb des kärglichen offiziellen Existenzminimums leben. Dazu kommt aber noch, dass Menschen, die Hartz-IV-Leistungen beziehen oder beantragen, sich amtsärztlichen und -psychologischen Untersuchungen unterziehen müssen. Tun sie dies nicht, droht wegen fehlender Mitwirkung die Einstellung oder Nichtgewährung der Leistungen. Der Gipfel ist die Pflicht, eigene Ärzte von

der Schweigepflicht entbinden zu müssen, damit das Amt den körperlichen und psychischen Zustand der Hartz-IVAbhängigen umfassend ausforschen kann. Wer dem nicht zustimmt – Leistungen weg. Alternativ kann man medizinische Gutachten eigener Ärzte vorweisen, also „freiwillig“ eigene Gesundheitsdaten dem Amt übergeben. Aber auch hier gilt: Wenn das Amt mehr wissen will, kann es weiterhin auf eine Schweigepflichtentbindung beharren. Eine Nachfrage von mir beim zuständigen Bundesministerium brachte dies an Tageslicht. Es ist also nicht „nur“ die alltägliche Grausamkeit der Sanktionspraxis bei Hartz IV, die die Betroffenen den Ämtern ausliefert. Die sogenannten Mitwirkungspflichten sind das zweite scharfe Schwert einer repressiven So-

zialpolitik, die Menschen zu einem vollumfänglichen Datenstriptease nötigt. Für LINKE heißt das: Hartz IV muss

weg, repressive Sozialpolitik muss weg. Die sogenannten Mitwirkungspflichten gehören auf den Prüfstand.


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Volle Bäuche ... leere Herzen Nachwuchs-Grand Prix der 28. Leipziger Lachmesse ging nach Bremen. Von Michael Zock Auch in diesem Jahr kam im Leipziger academixer-Keller für das Publikum erst das Vergnügen, dann die Arbeit. Deshalb wurden Kupferpfennige verteilt, die an der Garderobe, je nach Sympathie für das am Abend Gesehene, in eines der drei bereitgestellten Glasgefäße geworfen wurden. Schum-

meln war nicht möglich, denn jeder im Publikum erhielt nur ein Geldstück. Aller guten Dinge waren drei: Es begann mit dem Berliner Lennart Schilgen, gefolgt vom „Duo 9.Volt Nelly“ alias Jane Mumford und Lea Whitcher aus der Schweiz, sowie Jakob Heymann aus Bremen. Die vier jungen Künstler haben noch kein Dauerabo auf deutschen Flachbildschirmen, wenn dort Kleinkunst und Kabarett angesagt sind. Das könnte sich ändern, denn alle Gefäße waren nach dem Auftritt gut gefüllt. Als ihr Inhalt gewogen wurde, hatte Jakob Heymann die Lacher im Publikum und die Freude über den originellen Preis 50.000 Cent, gestiftet von der Urkrostitzer Brauerei, auf seiner Seite. Ein als liebes Jüngelchen getarnter böser Bube, der mit Gitarre, Klavier, Loopstation und im Schüttelreim „Harmlosigkeiten“ vorträgt: „Ich liebe Tiere, aber eins lieb ich noch vielmehr ... mein Schießgewehr.“ Bei naiven Mitsingereien verabreicht er uns die Pille des Überdrusses: „Erzähl mir was Neues ... ich hab’ alles schon gesehen“– „Unsere Bäuche so voll ... unsere Herzen so leer.“ Widersprüchlich seine Bühnenerscheinung. Er steckt im schmalen Körper eines 14-jährigen Computerfreaks ... aber wenn er aufdreht, ist seine Bühnenpräsenz, von harmlos bis gefährlich, an Gitarre und Klavier, nicht zu bremsen. Toll!

Jakob Heymann. Foto: Lachmesse

Haben Sie schon einmal versucht, gendergerechte Texte mit * und _

laut zu lesen? Jane und Lea aus der aus der Schweiz versuchten es, mal verbissen, mal ironisch. Keine billige Masche auch ihr „FeministinnenStrick-Club“. Die Doppelbödigkeit

Fazit: Mit ihren unterschiedlichen Darbietungen zeigten die drei, dass sie auf dem Weg zu den Großen der Kabarettbühnen bereits ein überzeugendes Stück vorangekommen sind.

Christoph Walther. Foto: Lachmesse / Jens Florschütz des schrägen Auftritts der „Krawallschwestern“ verführte mich zu einem „Bravo“. Meinen Kupferpfennig hatte ich allerdings in das Glas von Jakob Heymann gesteckt und ein zweites Mal ging leider nicht. Da hatte es der Berliner Lennart Schilgen mit seinen Songs zur Gitarre nicht leicht, aber einer muss ja letztlich auch der Dritte sein, ihn traf es.

PS: Auch ihm gehörte die academixer-Bühne ein weiteres Mal: Christoph Walther. Ein Schalk mit Schlips steckte da als Moderator im Konfirmations- oder Jugendweiheanzug. Unübertroffen seine „Ablesekarten“, leicht zu erkennen als schnöde Bockwurstpappteller. Er gab überall seinen „Senf“ dazu und so allen Mitwirkenden, einschließlich Technik und Publikum, die richtige Würze. Wunderbar!

„Die Wölfe sind zurück“ Kunst ist im besten Sinne nicht nur Genussmittel, sondern auch Mittel zum Zweck; sie soll Denkprozesse in Gang setzen, auf gesellschaftliche Missstände und Gefahren hinzuweisen sowie für deren Beseitigung zu mobilisieren. Davon lässt sich offenbar der Künstler Rainer Opolka in seinem Engagement gegen Rechtsextremismus leiten. Schon 2014 wurden er und sein Bruder dafür vom Förderkreis „Denkmal für die ermordeten Juden“ mit dem „Preis für Zivil Courage“ ausgezeichnet. Wie nötig Zivilcourage und Gesichtzeigen sind, das demonstrieren in den letzten Jahren PEGIDA auf den Straßen und eine rechtsradikale (Landgericht Gießen, Az. 3O/518) AfD in den Parlamenten. Eine deutsche Himmelfahrt genügt doch. Die Opolkas haben das erkannt und erheben ihre Stimme für ein friedliches, demokratisches, weltoffenes, buntes Deutschland – frei von jeglichen Hasspredigern und daraus resultierender Gewalt. Mit den Mitteln der

Kunst, in Form einer beeindruckenden und nachdenklich stimmenden Kunstinstallation „Die Wölfe sind zurück“ wird dem Betrachter diese Botschaft vermittelt. In Potsdam, Dresden und in anderen Städten waren die Wölfe schon zu sehen. An zwei Tagen, am 17. und 18. Oktober, konnten nunmehr die Cottbuser diese zurückgekehrten Wölfe selbst in Augenschein nehmen. Aufgegriffen wird in der Installation die zentrale Geste der Nazi Zeit, der Hitlergruß. Der Installateur verbindet dies mit der Frage: Ist der Hitlergruß heute wieder modern? Die Bronzewölfe mit so bezeichnenden Namen wie Blind Soldier, Mitläufer, NSU-Mann, Blinder Hasser und Anführer stehen für den zwölf Jahre dauernden Ungeist, der sich heute anschickt, erneut zurückzukehren. Oder ist er schon mitten unter uns? Diese Wölfe sind Mahnung, was schon einmal war und sie sind Warnung davor, was passieren könnte, wenn sie weiter gefüttert werden. Zwei seiner Wölfe zeigen den Hitlergruß. Noch

sind sie an der Leine. Deshalb die Worte von R. Opalka zum Schluss einer Erklärung: „Nur gemeinsam können wir unser Land und Cottbus besser gestalten. Dazu brauchen wir weder rechtsradikale Ideologen noch

einen von außen organisierten Wanderzirkus wie ,Zukunft Heimat', sondern die Institutionen der Demokratie“. • René Lindenau


Sachsens Linke! 11/2018 Eigentlich waren drei Tage Landesjugendplenum im Subbotnik in KarlMarx-Town angesetzt – letztlich war unser kompletter Zeitplan bereits am Samstagabend abgearbeitet, sodass wir nach der Party länger ausschlafen konnten. Dabei war das Programm umfangreich. Nach der Konstituierung am Freitagaband standen ein FLTI*-Plenum, ein Workshop zu Plenumskultur für Typen sowie die Wahlen für den Länderrat der linksjugend [‘solid] und den Landesrat der LINKEN auf dem Plan. Nach dem offiziellen Teil gab es eine kleine Show, moderiert von Nele, Sinah und Andy, bei der dem werten Publikum die drei potentiellen Jugendkandidat_ innen für die kommende Landtagswahl mit Fragen zu Hunden, dem Nahostkonflikt oder Regierungsbeteiligung näher vorgestellt werden sollten. Am Samstagmorgen ging es an Anträge. In den vergangenen Wochen hat sich eine Redaktionsgruppe gebildet, welche den Auftrag hatte, nicht mehr und nicht weniger als das Grundsatzprogramm der linksjugend [‘solid] Sachsen abzutippen. 22 Themen verteilen sich auf 73 Seiten, 34.045 Wörter und gut 260.000 Zeichen. Vielen Dank an alle, die so fleißig mitgeschrieben und sich bei der Debatte auf dem Landesjugendplenum beteiligt haben! Whoop! Mit dem Grundsatzprogramm im Kasten ging es dann an einige weitere Anträge. So haben wir beschlossen, eine Frauen*-Struktur in der linksjugend [‘solid] Sachsen künftig finanziell zu supporten, eine AG zum Polizeiaufgabengesetz zu gründen, haben uns von Oskar Lafontaines und Sahra Wagenknechts „Aufstehen“ distanziert und

Jugendkandidat_ innen nominiert

Rückblick auf das Landesjugendplenum

Nr. 10: Antisemitismus Hier stellen wir euch jeden Monat eine Forderung aus dem Linksjugend-Wahlprogramm vor. Die Forderung: Die Jugendkandidat_innen Pauline Backemeier, Daniel Peisker, Jakob Müschen, Jenni Trültzsch, Anna Gorskih, Paul Hösler (v. l. n. r.) auch unsere Schwerpunktthemen für die anstehende Landtagswahl ausgewählt. Die Themen Innere Sicherheit; Antifa; Feminismus und Sexismus; ÖPNV, ländlicher Raum und Stadtentwicklung; Bildung und Hochschulpolitik sowie Mitbestimmung und Demokratie werden wir in unserem Jugendwahlkampf vorrangig beackern. Damit unsere Themen auch nach der Landtagswahl im Parlament Gehör fin-

den, wollen wir wie bereits 2014 mit zwei eigenen Jugendkandidat_innen in den Sächsischen Landtag einziehen. Bei der Nominierung am Samstag setzten sich Anna Gorskih und Paul Hösler durch und werden hoffentlich auf den Listenplätzen 9 bzw. 15 der Landesliste der sächsischen LINKEN antreten. Damit die beiden nicht alleine Wahlkampf machen müssen, haben wir vier weitere Linksjugendpeople als Unterstützungskandidaturen für hintere Listenplätze

Ein Gedi wandern oder den Tag am Toten Meer verbringen. Am Folgetag, wieder zurück in Jerusalem, stand der vielleicht härteste Programmpunkt an. Wir bekamen eine Führung durch die Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem und hatten anschließend die Ehre, mit der Auschwitz-Überlebenden Rena Quint zu sprechen. Weiterhin trafen wir uns mit dem aus Berlin stammenden Maj. Res. Arye Sharuz Shalicar und sprachen mit ihm über seine Biographie, aktuelle Entwicklungen im Nahen Osten und das Thema Antisemitismus. Die Reise führte uns weiter nach Tel Aviv. Hier bekamen wir eine Stadtführung mit Bauhaus-Fokus und trafen am Abend des höchsten jüdischen Feierta-

ges Yom Kippur eine liberale jüdische Gemeinde. Wir bekamen Infos zur Gemeinde und zum Feiertag selbst. Am nächsten Abend trafen wir uns zum gemeinsamen Fastenbrechen wieder. In den letzten Tagen auf unserer Bildungsreise sah das Programm noch einen Austausch mit ASSAF, einer Organisation für Geflüchtete, und ein Treffen mit Avi Soffer, dem Chef des LGBT*Center vor. Etwas Kultur gab es auch, so besuchten wir das stadtgeschichtliche Museum Beit Ha’ir. Zu guter Letzt statteten wir noch der Rosa-Luxemburg Stiftung vor Ort einen Besuch ab, bevor es für uns mit unglaublich vielen Eindrücken und noch mehr Fragen über dieses verrückt-schöne Land zurückging. • Andy Sauer

Unser langes Bildungswochenende in Oschatz Da auch in den Ferien das Lernen von linker Theorie und Praxis nicht aufhören soll, gab es pünktlich zum Ferienbeginn die zweite Bildungsakademie 2018. Vom 5. bis zum 9. Oktober tagten wir im E-Werk in Oschatz. In 14 Workshops konnten sich 30 Jugendliche und junge Erwachsene zu Themen

aufgestellt. Diese Lieben heißen Jenni Trültzsch, Pauline Backemeier, Jakob Müschen und Daniel Peisker. Wir freuen uns dolle auf den Wahlkampf! Zu guter Letzt stand noch eine Nachwahl an. Da Sophie und Bianca aus dem Beauftragtenrat ausgeschieden sind, galt es zwei neue Menschen zu wählen. Für ein Jahr sind nun Hanna und Jenni mit am Start und halten den Laden zwischen den Landesjugendplena am Laufen.

Meinen die das ernst?

Shabbat Shalom Für zehn Tage im September ging es für zwölf Menschen aus der linksjugend gen Osten. Ziel: Israel. Erster Stopp auf der Bildungsreise war Jerusalem. Hier ging es gleich am anstrengenden Anreisetag zu einer Führung durch die historische Altstadt und zur Klagemauer. Am nächsten Tag stand ein Treffen mit dem Landesbeauftragten der Aktion Sühnezeichen und Friedensdienste und einigen Freiwilligen an. Uns wurde die Arbeit der Organisation erklärt, die nach der Shoah freiwillige Helfer_innen nach Israel und in andere Länder schickt. Danach ging es noch schnell einkaufen, denn der Shabbat stand schon in den Startlöchern. Für uns ging es noch mit unseren beiden Kleinbussen durch die Wüste in Richtung Kibbuz Ein Gedi am Toten Meer. Hier konnte man an Shabbat entweder durch den Nationalpark

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Jugend

wie Awareness, völkische Ökologie, Layout, Blood&Honour, antisexistische Plenumskultur, Veranstaltungsorganisation und dem Rechtsruck in Europa weiterbilden. Höhepunkt war am Sonntag die Podiumsdiskussion „Kein Schlussstrich – wie weiter nach dem NSU-Prozess?“ mit Isabell Vandré (MdL

Brandenburg, Mitglied des NSU-Untersuchungsausschusses) und Philipp Klein von NSU-watch Sachsen. Wir können auf eine erfolgreiche Akademie zurückblicken und danken der Orga-Crew und allen Teilnehmenden! • Jakob

Gegen jeden Antisemitismus! Die Begründung: Antisemitismus ist kein neues Problem. In Abgrenzung zum christlich argumentierenden Antijudaismus, der sich ab dem Mittelalter ausbreitet, wird der moderne Antisemitismus erst im späten 19. Jahrhundert von Antisemiten geprägt. Einige Argumentationslinien ziehen sich durch die Jahre bis heute, zum Beispiel wenn man von früher mit angeblichen jüdischem Ritualmord an christlichen Kindern und heute mit „Kindermörder Israel“ daherkommt. Antisemitismus muss sich nicht bei Jüdinnen und Juden entladen, sondern sieht heute immer wieder den jüdischen Staat als Projektionsfläche, den Antisemitismus zu entladen und Israel das Existenzrecht abzusprechen. Neben rechtem Antisemitismus sind auch der spezifisch muslimische und nicht zuletzt der von links zu nennen. Letzterer gründet oft auf einer falschen Kapitalismuskritik und auf Antiimperialismus. Antisemitismus hat viele hässliche Gesichter – alle müssen bekämpft werden.

Termine 7. November, 19 Uhr: Vortrag „Revolution in Deutschland 1918-23“. Leipzig, Institut für Zukunft, An den Tierkliniken 38-40 22. November, 19 Uhr: Vortrag „Das neue Polizeivollzugsdienstgesetz“. Dresden: WIR AG, Martin-LutherStraße 21 23. November, 19 Uhr: Vortrag „Dschihadismus – Ideologie des Todes“. Leipzig, Interim, Demmeringstraße 32 25. November, ca. 13 Uhr: BR-Sitzung. Dresden, Wahlfabrik, Kleiststraße 10A


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DIE LINKE im Europäischen Parlament

Das Chaos blieb aus

European United Left /  Nordic Green Left European Parliamentary Group

Cornelia Ernst (MdEP) und Lorenz Krämer (MA) über die Datenschutzgrundverordnung Vor vier Monaten, am 25. Mai, trat die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft. Die damalige Aufregung hat sich gelegt. Die vielerorts befürchtete Abmahnwelle ist ausgeblieben. Weder haben wir von mittelständischen Betrieben gehört, die trotz gesunden Geschäfts plötzlich wegen der DSGVO aufgeben mussten, noch sind unsere Lieblingsseiten aus dem Netz verschwunden. Auch wenn die große Panik sich als unbegründet heraus stellte, so lief doch nicht alles reibungslos ab. Gerade kleine und mittelgroße Vereine sowie Unternehmen hatten berechtigt Sorgen, fehlen ihnen doch oft die Ressourcen, um an zuverlässigen Rat und Unterstützung zu kommen. Für sie sah es so aus, als würde ihnen ein weiterer bürokratischer Aufwand auferlegt. Hätte man nicht einfach Vereine, kleine und mittlere Unternehmen, non-profits und viele andere einfach von der Anwendung ausnehmen können?

Wer sich mit diesen Beispielen auseinander setzt, bemerkt schnell, dass es hier etwas gibt, das die Engländer den „Elefanten im Raum“ nennen. Damit meinen sie etwas Großes, Augenfälliges, das aber niemand benennen mag. In unserem Fall besteht der „Elefant“ darin, dass es in der Bundesrepublik seit mittlerweile 40 Jahren ein Datenschutzgesetz gibt, dessen System sowohl der europäischen Regelung von 1995 als auch der DSGVO Pate stand. Ebenso lange schon überwachen Aufsichtsbehörden die Umsetzung. Allerdings haben sie zumeist zu wenig Personal. So verwundert es nicht, dass in vielen Vereinen und Unternehmen die exakte Umsetzung des Datenschutzes nicht an erster, sondern eher an letzter Stelle stand. Mit einigem Recht lässt sich vermuten, dass Verstöße gegen den Datenschutz alltäglicher sind

als Schwarzarbeit. In vielen Vereinen und Betrieben hat man diesen Zusammenhang inzwischen bemerkt und sich daran gemacht, auch an dieser Stelle gesetzeskonform zu arbeiten. Und auch wenn die Datenschutzbehörden jeder/m Datenverarbeiter*in zuerst beratend zur Seite stehen müssen, bevor sie überhaupt Strafen verhängen können, berichten sie quer durch die EU davon, dass die Zahl der Beschwerden deutlich angestiegen ist. Davon, dass der Datenschutz auch in den Landesbehörden nicht allzu hoch auf der Tagesordnung gestanden hat, zeugt die Episode um die Zeugnisse. Allerdings liegen die Probleme noch etwas tiefer. Von vereinzelten Ausnahmen einmal abgesehen, hat man sich in der Fläche offenbar bisher nicht weiter darum gekümmert, wie die Verwaltung

Foto: Tim Reckmann / flickr.com / CC BY-NC 2.0

Geradezu skurril wurde es, als kurz vor den Sommerferien bekannt wurde, dass in manchen Schulen die Zeugnisse plötzlich wieder von Hand geschrieben werden mussten. Das Befremden der betroffenen Lehrer*innen lässt sich allzu gut nachempfinden. Im Jahr 2018, wo Computer allgegenwärtig sind, können sie plötzlich nicht mehr für die Zeugnisse der Kinder benutzt werden? Zudem geht es hier um staatliche Einrichtungen, die auf den Einsatz von moderner Technologie verzichten, weil sie von der neuen Rechtslage überrumpelt wurden. Wie kommt so etwas zustande?

in der Schule rechtskonform gestaltet werden kann. Den Mangel an Computern im Lehrer*innenzimmer hat man 20 Jahre lang ignoriert, anstatt schon unter dem vorigen Rechtsrahmen Klarheit zu schaffen, wie und unter welchen Bedingungen die Daten von Schülerinnen und Schülern auf den privaten Rechnern ihrer Lehrer*innen verarbeitet werden dürfen. Ein wesentlicher Teil der Probleme liegt damit nicht daran, dass die neuen Regelungen so kompliziert oder aufwendig wären, sondern daran, dass wir uns daran gewöhnt hatten, den Datenschutz zu ignorieren. Paradox mutet es dagegen an, dass sich ein komplett gegensätzliches Bild ergibt, wenn man sich die großen Player im Datengeschäft ansieht. Zwar hatte man sich auch bei Facebook daran gewöhnt, dass Verstöße gegen den Datenschutz keine allzu schlimmen Konsequenzen nach sich ziehen, aber man betonte zugleich aber immer, sich sehr gut auf die DSGVO vorbereitet zu haben, und sie auch einzuhalten. Ob Facebook die Regeln der DSGVO einhält, werden die Aufsichtsbehörden und Gerichte entscheiden. Klagen gegen die pünktlich zum 25. Mai aktualisierten Geschäftsbedingungen wurden noch am selben Tag eingereicht, und man kann davon ausgehen, dass die Fälle durch alle Instanzen gehen werden. Ob man bei Facebook also tatsächlich vorhat, so wie die überwiegende Mehrheit der Unternehmen die neuen Regeln ehrlich nach Gesetz umzusetzen, anstatt im Sinne des Profits das Recht zu beugen, wird sich zeigen.

Investieren in die Energiewende! Jetzt! Die bedrohliche Trockenheit in diesem Jahr, das Niedrigwasser und die extremen Wetterereignisse zeigen: Der Klimawandel ist in vollem Gange, und die Zeitungen schreiben schon vom „Klimawandel in Mitteldeutschland“. Den Bauern im Osten und Norden von Deutschland drohen empfindliche Ernteausfälle. Ende 2015 einigten sich 195 Staaten darauf, dass die globale Temperatur um nicht mehr als zwei Grad ansteigen darf. Nun soll beim nächsten Klimagipfel, der am 3. Dezember 2018 in Katowice (Polen) beginnt, eine Bestandsaufnahme gemacht werden: Reichen die Reduktionsziele der Unterzeichnerstaaten aus, um das Zwei-GradZiel einzuhalten? Und wie sollen die Richtlinien für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens aussehen? Für die EU müssen wir leider feststellen: Die selbstgesteckten Reduktionsziele für den CO2-Ausstoß reichen bei weitem nicht aus. Das Ziel liegt bei gerade 40 Prozent CO2-Einsparung bis 2030,

müsste aber bei mindestens 55, besser bei 70 Prozent liegen, um das ZweiGrad-Ziel von Paris noch einzuhalten. Hier muss also dringend nachgebessert werden. Und das bedeutet: Wir müssen bei der Erzeugung von Energie zukünftig auf Kohle verzichten. Zumindest die zwanzig dreckigsten Kohlekraftwerke in Deutschland müssen wir sofort abschalten, sonst kommen wir nicht mal in die Nähe des ZweiGrad-Ziels. Bis spätestens 2035 müssen wir komplett aus der Kohleverstromung aussteigen, jedoch haben weder Deutschland noch Polen ein Ausstiegsdatum festgelegt. 43 Prozent des Stroms in Deutschland kommt aus der Braunkohle, in Polen kommen 80 Prozent des Stroms aus Stein- und Braunkohle. Beide Länder müssen massiv in erneuerbare Energien investieren und gegensteuern, denn momentan nimmt der Ausbau der Erneuerbaren in der EU sogar ab. Und solange so viel Kohlestrom unterwegs ist, „verstopft“ er quasi das Netz und

erlaubt kein schnelleres Wachstum der Nutzung erneuerbarer Energieträger. Der Strukturwandel, der durch den Kohleausstieg zwangsläufig folgt, muss aber aktiv gestaltet werden. Es müssen die Zivilgesellschaft, die Gewerkschaften, kleine und mittlere Unternehmen und Kommunalpolitiker*innen einbezogen werden. Das Braunkohleunternehmen LEAG in der Lausitz hat seine Arbeitsplatzgarantie nur bis 2020 ausgesprochen – was danach kommt, ist ungewiss. Es ist also höchste Zeit, gezielt in alternative Sektoren zu investieren. Doch es sind nicht nur die erneuerbaren Energien auszubauen, es müssen auch der öffentliche Personennahverkehr und der Schienenverkehr gefördert werden. Dafür benötigen wir öffentliche Gelder, sowohl von der EU als auch von den Mitgliedsstaaten. Doch im mehrjährigen EU-Finanzrahmen wird es bei den so wichtigen Strukturfonds Einbußen von fünf bis zehn Prozent geben, während andererseits plötzlich Milliarden in die Milita-

risierung der EU gehen. Allein 13 Milliarden Euro werden für einen EU-Fonds für Rüstungsforschung bereitstehen – viel Geld, das besser in den sozialökologischen Umbau investiert werden sollte. Bis zum 9. Oktober 2018 läuft noch die öffentliche Konsultation der Europäischen Kommission, bei der alle Interessierten Vorschläge zur Verringerung der Treibhausgasemissionen einreichen können: bit.ly/2y3A8Lp Die EU muss, bevor sie ihre Vertreter*innen zum Klimagipfel nach Katowice schickt, dringend das CO2Reduktionsziel heraufsetzen, auf mindestens 55 Prozent bis 2030. Und sie muss gleichzeitig ein EU-Budget planen, das mehr und nicht weniger Gelder für den sozial-ökologischen Umbau bereitstellt. Dafür setzt sich die LINKE im Europaparlament ein. • Cornelia Ernst (MdEP) und Manuela Kropp (MA)


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DIE LINKE im Bundestag

Das Märchen vom Inklusionswillen Sören Pellmann bilanziert sein erstes Jahr als behindertenpolitischer Sprecher der Bundestags-LINKEN Normalerweise müsste ich mit „Es war einmal …“ beginnen. Das Märchen vom Inklusionswillen der Bundesregierung muss den Betroffenen wie Hohn vorkommen, aber leider ist das die richtige Beschreibung. Bereits die Koalitionsvereinbarung versetzte der Behindertenpolitik den ersten Tiefschlag. Das darin verkündete „Chancenland Deutschland“ entpuppte sich als Farce. Für Menschen mit Behinderung werden lediglich Prüfaufträge und „Soll“Vorhaben formuliert. Daraus werden in der Regel keine Gesetze. Das bedeutet aller Voraussicht nach nichts anderes als vier chancenlose Jahre. Als Beispiel mögen die Debatten um die barrierefreie Übertragung der Bundestagsdebatten stehen. Im Chancenland könnte ich erwarten, dass diese im Internet übertragenen Debatten vollumfänglich allen Menschen zugänglich gemacht werden. Wo sonst werden Demokratie und Meinungspluralismus der Fraktionen deutlich? Es ist skurril, dass es dafür eine Zeitbegrenzung gibt. So war beispielsweise die Übersetzung der Reden in Gebärdensprache nur donnerstags bis 12 Uhr vorgesehen. An allen anderen Tagen ist hierfür kein Geld vorhanden und CDU/CSU sowie SPD sehen für eine Ausweitung keinen Bedarf. Wenigstens konnte nach meinem Protest erwirkt werden, dass die vollumfängliche Barrierefreiheit bei Debatten über behindertenpolitische Themen sichergestellt wird. Dies heißt aber auch, dass an allen anderen Debatten Menschen mit Höreinschränkungen nicht teilhaben können, weil dies den anderen Fraktionen als zu teuer erscheint.

tretenen Bundesteilhabegesetz, welches zu Recht heftig von zahlreichen Verbänden und Interessensvertretern kritisiert wird, bedürfte einer deutlichen Verbesserung. Hierfür müsste der Teilhabegedanke erst einmal bei allen Oppositionsfraktionen ankommen. Dass dem nicht so ist, zeigten die teils widerwärtigen Anfragen und Kommentare der AfD. Wer Menschen das Menschsein abspricht und bewusst mit Worten spielt, um die Nähe zu den Euthanasieverbrechen der NS-Zeit herzustellen, der hat sich für sämtliche Fragen disqualifiziert. Die Fraktion DIE LINKE muss daher im Parlament nicht mehr nur als soziales Korrektiv agieren, sondern klare Kante für Demokratie, Toleranz und vor allem Inklusion zeigen. Soziales Korrektiv zu sein liegt der FDP sicherlich fern, aber mit der Umbenennung des Schwerbehindertenausweises in Teilhabeausweis zeigte der selbst ernannte teilhabepolitische Sprecher Jens Beeck, dass er zumindest den Wunsch nach gleichberechtigter Teilhabe erkannt hat. Dieser Antrag fand im Parlament keine Mehr-

heit, weil es in Wahrheit nur Augenwischerei war. Denn wer wie die FDP die Teilhabe von Menschen am gesellschaftlichen Leben unter Kostenvorbehalt stellt, der verkennt, dass die volle und wirksame Teilhabe aller Menschen ohne Kosten unmöglich ist. Allerdings hat die FDP im Gegensatz zu den Koalitionsparteien wenigstens versucht, sich dem Thema zu nähern. Von SPD und CDU/CSU ist bisher keine Initiative gekommen, welche das Erreichen gleichwertiger Lebensverhältnisse zum Ziel hat. Selbst im Bundestag gibt es derart viele Barrieren für Menschen mit Behinderung, dass diese sich nicht selbständig durch den Komplex bewegen können. Welcher Ort, wenn nicht dieser, sollte Vorbild für die Barrierefreiheit sein? Doch auch andere wichtige Lebensbereiche sind betroffen. So stellt beispielsweise der Bahnverkehr mit unterschiedlichen Bahnsteighöhen noch immer ein Hindernis dar. Was für viele Menschen ohne Behinderungen selbstverständlich ist, wird für zahlreiche Betroffene zum Problem. Demokratie und Inklusion bedeuten, dass

alle Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderung, am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Durch das Bundesteilhabegesetz sollte dafür Sorge getragen werden, dass alle öffentlichen Einrichtungen möglichst barrierefrei sind. Das Leben spielt sich aber eben nicht nur in den Einrichtungen der öffentlichen Hand ab. Der Besuch eines Restaurants mit Freunden oder der Gang ins Kino werden weiterhin meist zu einem lang geplanten Unterfangen mit unüberwindbaren Barrieren. Auch die Abhängigkeit von Fahrdiensten, die aufgrund fehlender geeigneter Verkehrsmittel notwendig sind, schränkt die Bewegungsfreiheit der Menschen ein. Um diese Missstände zu beseitigen, versuchte die Fraktion DIE LINKE die Privatwirtschaft zur Barrierefreiheit zu verpflichten. Hierbei sollten insbesondere die privaten Anbieter von öffentlich zugänglichen Gütern und Dienstleistungen in die Pflicht genommen werden. Damit eine Umsetzung dieser Vorgabe gelingen kann, wären eine Übergangsfrist von maximal fünf Jahren sowie eine ausreichende Förderung notwendig. Dafür müssten alle öffentlichen Investitionen und Fördergelder an das Kriterium der Barrierefreiheit gebunden sein. Leider verkannte die Koalition den Bedarf an einer Veränderung und lehnte den von der Linksfraktion eingereichten Antrag ab. Eigene Initiativen von Regierungsseite sind bisher Mangelware. All diese Probleme, welche offensichtlich in der Politik für Menschen mit Behinderungen nicht angegangen werden, sorgen dafür, dass wir fern vom märchenhaften Chancenland Deutschland leben müssen. Daher bleibt frei nach den Gebrüdern Grimm zu hoffen, dass unsere Initiativen ausreichend Druck ausüben, damit „das Leid zu Ende ist und die Freude anfängt“, „bevor der Tod uns scheidet“.

Bei dieser Ausgangslage muss es umso mehr die Aufgabe unserer Opposition sein, die Belange von Menschen mit Behinderungen zu thematisieren und die Regierung mit aller Deutlichkeit auf die Defizite zu hinzuweisen. Spätestens mit dem 2017 in Kraft ge-

Parlamentariergruppen pflegen weltweit Kontakte Neben den Fachausschüssen und Gremien gibt es im Bundestag 47 internationale Parlamentariergruppen (PG), über welche die Abgeordneten weltweit Kontakte zu anderen Parlamenten pflegen. Ziel ist es, einen kontinuierlichen Dialog zu führen, Informationen, Meinungen und Erfahrungen auszutauschen. In vielen Partnerstaaten gibt es entsprechende Parlamentariergruppen für Deutschland. Aber es gibt nicht nur Kontakte zu den anderen nationalen Parlamenten, sondern auch eine mehr oder weniger intensive Zusammenarbeit mit hier ansässigen Botschaften, Nichtregierungsorganisationen, Vertretern aus Politik und Verwaltungen, von Par-

teien, aus der Wirtschaft und den Medien und somit zahlreiche Einladungen zu Veranstaltungen und Gesprächen vor allem in Deutschland, aber auch in den Partnerländern. DIE LINKE hat in fünf der 47 Gruppen den Vorsitz, in den anderen 42 Gruppen einen stellvertretenden Vorsitz. Jede/r Abgeordnete kann in maximal drei Gruppen mitarbeiten. Von den sächsischen Abgeordneten der LINKEN sind Caren Lay in der DeutschIndischen PG sowie in der DeutschJapanischen und Deutsch-Pazifischen PG; Sören Pellmann in der DeutschGriechischen, Deutsch-Chinesischen und der PG mit den fünf ANDEN-

Staaten; Sabine Zimmermann in der PG für das Östliche Afrika (mit zwölf Ländern) und in der PG mit den zehn ASEAN-Staaten sowie in der DeutschZentralasiatischen PG aktiv; und ich wirke in der Deutsch-Zentralasiatischen PG (sechs Staaten) sowie in der Deutsch-Russischen und der PG mit den ASEAN-Staaten mit. Auch diese Arbeit fordert Zeit und Engagement, eröffnet aber interessante Einblicke über den nationalen Tellerrand hinaus. So konnte ich am 8. und 9. Mai an den Feierlichkeiten zum Jahrestag des Sieges über den Faschismus in Wolgograd teilnehmen und dort beim Freundschafts-

spiel der U18-Nationalmannschaften aus Deutschland und Russland dabei sein. Im September war ich als einziger Vertreter des Bundestages bei den 3. Weltnomadenspielen in Kirgisistan, an denen rund 2.000 Sportlerinnen und Sportler aus 74 Ländern und auch ein kleines Team aus Deutschland teilnahmen. Während meines Aufenthalts kam ich auch mit dem Premierminister Kirgisistans Muhamedkaliy Abilgaziyev, hochrangigen Vertretern des Parlaments, der Regierung, des Sports und des Verbandes der deutschen Minderheit sowie dem Behindertenverband zusammen. • André Hahn


Kommunal-Info 9-2018 29. Oktober 2018 Online-Ausgabe unter www.kommunalforum-sachsen.de

KFS

Kommunalpolitisches Forum Sachsen e.V. Rettungsdienst Rettungsdienst und ambulante Notfallversorgung in den Landkreisen weiterentwickeln Seite 2

Nachhaltige Mobilität Nachhaltige städtische Mobilität für alle. Agenda für eine Verkehrswende aus kommunaler Sicht Seite 3

Seminare im Herbst Neue Energie für linke Politik vor Ort Kommunikation in der Kommunalpolitik III Seite 4

Die Niederschrift zur Sitzung In jeder Organisation oder Vereinigung wird über stattgefundene Sitzungen eine Niederschrift (Protokoll) angefertigt. Üblicherweise werden in einem Sitzungsprotokoll folgende Sachen festgehalten: Zeitpunkt, beteiligte Personen, Sitzungsleitung und Schriftführer, Verlauf, Ergebnisse und Beschlüsse. Grundsätzlich nicht anders wird das für die Sitzungen kommunaler Gremien gehandhabt. Jedoch gelten hier die vom Kommunalrecht vorgegebenen Vorschriften, in denen die Anforderungen an eine Niederschrift festgehalten sind. Für die Sitzungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse gilt hierfür § 40 der Sächsischen Gemeindeordnung (SächsGemO) und für Sitzungen des Kreistags und seiner Ausschüsse sinngleich § 36 der Sächsischen Landkreisordnung (SächsLKrO). Danach ist über den wesentlichen Inhalt der Verhandlungen des Gemeinderats/Kreistags eine Niederschrift anzufertigen: Die Niederschrift muss insbesondere den Namen des Vorsitzenden, die Zahl der anwesenden und die Namen der abwesenden Gemeinderäte/Kreisräte unter Angabe des Grundes der Abwesenheit, die Gegenstände der Verhandlung, die Anträge, die Abstimmungs- und Wahlergebnisse und den Wortlaut der Beschlüsse enthalten. Für die ordnungsgemäße Erledigung der Niederschrift ist der Bürgermeister/Landrat verantwortlich. Wird diese Verpflichtung nicht oder nicht ordnungsgemäß erledigt, kann die Rechtsaufsichtsbehörde im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf die Erfüllung hinwirken. Wird keine Niederschrift angefertigt, bleibt das allerdings ohne unmittelbare Folgen, gefasste Ge-

meinderats-/Kreistagsbeschlüsse sind dennoch wirksam. Da aber die Niederschrift dem späteren Nachweis über den Ablauf der Sitzung dient, können unvollständige und unrichtige Niederschriften jedoch für die Gemeinde/den Landkreis zu Beweisschwierigkeiten führen, falls die Gültigkeit gefasster Beschlüsse angefochten wird. Die Sitzungsniederschrift ist eine öffentliche Urkunde, die der Nachweisführung über die Sitzungen dient. Eine vorschriftsmäßig gefertigte Sitzungsniederschrift besitzt als öffentliche Urkunde die in den § 415 ff der Zivilprozessordnung bezeichnete erhöhte Beweiskraft. Von daher ist auch gesetzlich vorgeschrieben, dass die Niederschrift nicht ausschließlich in elektronischer Form vorliegen darf. „Die in einer formell ordnungsgemäßen Niederschrift getroffenen Feststellungen über das Zustandekommen von Beschlüssen des Gemeinderats sind bis zum etwaigen Nachweis ihrer Unrichtigkeit als zutreffend zu erachten. Es wird zunächst vermutet, dass Beschlüsse tatsächlich so gefasst worden sind, wie sie in der Niederschrift protokolliert wurden. Diese Vermutung kann jedoch etwa mit Zeugenaussagen widerlegt werden. Die Niederschrift verliert dann ihre Beweiskraft.“1 Für die Einwohner ermöglicht die Niederschrift, sich über die Tätigkeit des kommunalen Gremiums zu informieren. Eine Einsicht kann nur in die Niederschriften über öffentliche Sitzungen gewährt werden. Die Niederschriften sind aufzubewahren, um Einsichtnahmen zu ermöglichen. Dazu sollen sie in lückenloser Folge geführt werden (etwa mit fortlaufender Seitenzahl), um spätere Einsichtnahmen nicht zu erschweren. Ausdrücklich in § 40 Abs. 2 SächsGemO bzw. § 36 Abs.

2 SächsLKrO ist vorgesehen, dass die Einsichtnahme in die Niederschrift auch in elektronischer Form möglich gemacht werden kann. Für die nachträgliche Anfertigung der Niederschrift sind Tonbandaufnahmen zulässig, sofern der Vorsitzende und der Gemeinderat/Kreistag mehrheitlich einverstanden sind, etwa durch Geschäftsordnungsregelung. Ein einzelnes Gemeinderats-/ Kreistagsmitglied kann unter diesen Voraussetzungen der Aufnahme seiner Ausführungen auf Tonband nicht widersprechen. Das Band ist nach der Genehmigung der (schriftlich ausgefertigten) Niederschrift und deren Kenntnisnahme durch den Gemeinderat/Kreistag vollständig zu löschen. Jedes Gemeinderats-/Kreistagsmitglied kann das Abhören der Tonträgeraufzeichnungen verlangen, wenn es Einwendungen gegen die Niederschrift erheben will. Bürger haben hingegen keinen Rechtsanspruch auf Abhören des Tonbandes zur Kontrolle der Diskussion im kommunalen Gremium.

Mindestinhalt der Niederschrift

Die gesetzliche Vorschrift verlangt, dass über den wesentlichen Inhalt der Verhandlungen des Gemeinderats/ Kreistags eine Niederschrift zu fertigen ist. Deshalb bedarf es keiner wörtlichen Aufnahme des gesamten Verhandlungsverlaufs der Sitzung in der Niederschrift. Als Mindestinhalt hat die Niederschrift zu enthalten: Tag, Ort, Beginn und Ende der Sitzung; ob es eine öffentliche oder nichtöffentliche Sitzung ist; den Namen des Vorsitzenden; die Zahl der anwesenden und die Namen der abwesenden Gemeinde-/ Kreisräte unter Angabe des Grundes der Abwesenheit;

bei den anwesenden Gemeinderats-/ Kreistagsmitgliedern zu vermerken, ob (und wann) sie später gekommen oder früher gegangen sind (Uhrzeit) und bei welchen Teilen der Sitzung sie abwesend waren; Ausschlüsse von Gemeinderats-/ Kreistagsmitgliedern wegen Befangenheit; Ordnungsrufe; die Gegenstände der Verhandlung; die gestellten Anträge (Anträge zur Sache im Wortlaut, Geschäftsordnungsanträge); die Abstimmungs- und Wahlergebnisse sowie die Art der offenen oder geheimen Abstimmung; den Wortlaut der Beschlüsse. Ebenso ist in der Niederschrift festzustellen, dass der Gemeinderat/Kreistag beschlussfähig war. Im Übrigen kann in der Geschäftsordnung bestimmt werden, was ggf. weiterhin in der Niederschrift festzuhalten ist.

Aufnahme von Erklärungen

Der Vorsitzende und jedes Mitglied können verlangen, dass ihre Erklärung oder Abstimmung in der Niederschrift festgehalten wird. Die Aufnahme einer Erklärung kann jedoch nur in der laufenden Sitzung und nicht etwa noch nachträglich verlangt werden. So können der Vorsitzende und jedes Mitglied verlangen, dass in der Niederschrift vermerkt wird, wie sie abgestimmt haben (was ggf. bei Haftungsfragen von Interesse sein kann). Ein Gemeinderats-/Kreistagsmitglied, das an der Sitzung überhaupt nicht teilgenommen hat oder das wegen Befangenheit von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen war, kann nicht die Aufnahme eines Vermerks in der Niederschrift Fortsetzung auf Seite 4


Kommunal-Info 9/2018

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Rettungsdienst und ambulante Notfallversorgung Sektorenübergreifend vernetzt – Rettungsdienst und ambulante Notfallversorgung in den Landkreisen weiterentwickeln

Die Landkreise sind in Deutschland fast flächendeckend Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes und zudem vielfach Träger von Krankenhäusern mit Notaufnahmen und nehmen somit im Bereich der Notfallversorgung ihre Verantwortung für die kommunale Daseinsvorsorge wahr. Den kassenärztlichen Not-(Bereitschafts) dienst müssen hingegen die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) sicherstellen. Probleme ergeben sich hier unter anderem, weil die sektorale Trennung von kassenärztlichem Notdienst, Rettungsdienst und Notaufnahme durch ein geändertes Patientenverhalten, die Effekte des demografischen Wandels sowie die Veränderungen in der sozialräumlichen Infrastruktur aufweicht: So wenden sich immer mehr Patienten, für die eine Behandlung durch den ambulanten Notdienst sachgerecht wäre, an den Rettungsdienst und die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Um hier eine Entlastung herbeizuführen und den Patienten die Behandlung zukommen zu lassen, die sie benötigen, müssen Rettungsdienst und Notfallversorgung weiterentwickelt werden. Eine zentrale Rolle bei der sektorenübergreifenden Disposition spielen dabei die überwiegend kommunalen Leitstellen. 1. Disposition des kassenärztlichen Notdienstes durch die Integrierten Leitstellen Der landesrechtlich geregelte und weit überwiegend durch die Landkreise organisierte Rettungsdienst ist eine tragende Säule der präklinischen gesundheitlichen Versorgung geworden. Eine bedeutende Mehrheit der von den Integrierten Leitstellen für Notfallrettung, Krankentransport, Brand- und Katastrophenschutz zu disponierenden Einsätze bilden Maßnahmen der Notfallrettung und des Krankentransports. Allerdings betreffen längst nicht alle eingehenden Anrufe in diesem Bereich auch tatsächlich medizinische Notfälle, die des Rettungsdienstes bedürfen. Eine Hauptaufgabe der Integrierten Leitstellen sollte es deswegen sein, die Patienten nach einer strukturierten und standardisierten Notrufabfrage durch medizinisch erfahrenes Personal in das jeweils für sie richtige Versorgungssystem, also zum Hausarzt, zum kassenärztlichen Notdienst, zum Rettungsdienst oder in ein Krankenhaus, zu steuern. Es ist allerdings nur so möglich, bei knapper werdenden Ressourcen eine optimale Patientenversorgung sicherzustellen, wenn die Integrierten Leitstellen auch den kassenärztlichen Notdienst verlässlich disponieren können. Die Träger des Rettungsdienstes sollten deswegen ermächtigt werden, zu fairen Bedingungen auch die Disposition des kassenärztlichen Notdienstes durch die Integrierten Leitstellen zu übernehmen. § 75 Abs. 1 b SGB V ist entsprechend auszugestalten. Die Dispositionssicherheit des kassenärztlichen Notdienstes muss gewährleistet sein. Das Engagement der Landkreise, soweit sie im Regelfall Träger des Rettungsdienstes sind, bezieht sich

hierbei ausschließlich auf die Disposition des kassenärztlichen Notdienstes durch die Integrierten Leitstellen. Diese veranlassen aufgrund der Abfrage des Hilfeersuchens einen ärztlichen Hausbesuch, einen Besuch in der (Notdienst-) Praxis oder nehmen für ggf. notwendige Rückfragen Kontakt mit dem diensthabenden Arzt auf. Damit geht die Verantwortung für die Versorgung des Patienten auf den diensthabenden Arzt über. Für die Sicherstellung der Teilnahme der Ärzte am kassenärztlichen Notdienst ist weiterhin die jeweilige KV verantwortlich. Zudem sollen die KV Regelungen treffen, welche Fristen bei gegebenenfalls zeitkritischen Fällen im ambulanten Notdienst einzuhalten sind. 2. Bei Gefährdung des Sicherstellungsauftrags müssen die Länder ihre Rechtsaufsicht gegenüber den KV strikt wahrnehmen Damit die Disposition des kassenärztlichen Notdienstes gelingt, müssen die KV aber die vorhandenen Kapazitäten transparent machen. Außerdem ist von ihrer Seite höhere Kooperationsbereitschaft und Verbindlichkeit notwendig. Das heißt auch, dass sich die zuständige KV an der Finanzierung einer Integrierten Leitstelle beteiligen muss, wenn diese auch den kassenärztlichen Notdienst disponiert. Dies bezieht sich insbesondere auf das notwendige geeignete Personal aber auch auf die anfallenden Sachkosten. Insbesondere in ländlichen Gebieten müssen im kassenärztlichen Notdienst außerdem genügend Ärzte vorgehalten werden, um eine Überlastung des Rettungsdienstes zu vermeiden. Hierfür hat die jeweilige KV Sorge zu tragen. Dies muss auch durch die Länder unterstützt werden, die ihre Rechtsaufsicht gegenüber den KV strikter als bisher wahrnehmen müssen. Zusätzlich ist die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) aufgefordert einzugreifen und nach § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V die Vergütung teilweise zurückzubehalten, wenn eine KV ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen, die sie

zu vertreten hat, nicht nachkommt. 3. Eine Integrierte Leitstelle für Rettungsdienst, Krankentransport, Brand- und Katastrophenschutz sowie kassenärztlichen Notdienst Durch eine Integrierte Leitstelle für Rettungsdienst, Krankentransport, Brand- und Katastrophenschutz sowie den kassenärztlichen Notdienst werden die integrierte kommunale Gefahrenabwehr und die Notfallversorgung sichergestellt, zugleich werden Schnittstellenprobleme etwa bei Großschadenslagen vermieden. Eine Aufspaltung in mehrere Leitstellen mit verschiedenen Schwerpunkten ist keinesfalls sinnvoll. Auf Bundes- und Landesebene wird außerdem eine fortlaufende Diskussion zu der Frage geführt, wie viele Integrierte Leitstellen tatsächlich notwendig sind. Dabei wird immer wieder gefordert, Integrierte Leitstellen auch kommunenübergreifend zusammenzulegen. Es gibt Beispiele für erfolgreiche Kooperationen und Verbünde, allerdings kann solch eine Zusammenarbeit keine generelle Empfehlung sein, sondern hängt immer von den jeweiligen kommunalen Gegebenheiten und landesrechtlichen Regelungen ab. 4. Krankenhausplanung, Rettungsdienst und Notfallversorgung vernetzt denken und planen Neben der Schnittstelle von ambulanter und stationärer Versorgung muss bei einer Weiterentwicklung des Rettungsdienstes und der Notfallversorgung von den Ländern auch eine bessere Vernetzung von Krankenhausplanung, Rettungsdienst und Integrierten Leitstellen in den Fokus genommen werden. Denn zunehmende Spezialisierung ebenso wie einzelne Schließungen von Krankenhäusern haben insbesondere in ländlichen Gebieten nachhaltige Auswirkungen auf den Rettungsdienst. Vor allem mit Blick auf die Zuweisung von Patienten zu dem am nächsten gelegenen geeigneten Krankenhaus gibt es noch Verbesserungspotential, das auch mit Hilfe von technischen Mitteln (z.B. bundesweit

einheitlichem Versorgungsnachweis) genutzt werden kann. 5. Strukturelle Schwierigkeiten ausräumen Zudem müssen strukturelle Schwierigkeiten in der rettungsdienstlichen Praxis ausgeräumt werden: In Fällen, bei denen ein Rettungswagen ohne Notarzt vor Ort ist, werden Patienten teilweise nur für die ärztliche Feststellung, dass keine Behandlung notwendig ist, in ein Krankenhaus transportiert. Dies bindet sowohl Kapazitäten im Rettungsdienst als auch in der Notaufnahme, die in diesem Moment nicht für lebensbedrohliche Fälle eingesetzt werden können. Für dieses strukturelle Problem muss eine Lösung gefunden werden. Notaufnahmen könnten etwa entlastet werden, wenn Rettungswagen auch Praxen von niedergelassenen Ärzten anfahren dürften. Die Erlaubnis allein ist allerdings nicht ausreichend, vielmehr muss sich der Transport in eine Praxis nach einem geregelten Verfahren richten. Hierzu zählt auch, dass die Untersuchung in der jeweiligen Praxis umgehend erfolgen muss. Um die Entscheidung über die Weiterversorgung abzusichern, kann außerdem die Nutzung von Telemedizin sinnvoll sein. 6. Telemedizin stärken und neue Medien vermehrt nutzen Durch die vermehrte Nutzung von Telemedizin kann die präklinische gesundheitliche Versorgung insbesondere in ländlichen Gebieten mit langen Fahrtwegen auch grundsätzlich optimiert und die Versorgungsqualität bei der Erstversorgung eines Patienten verbessert werden. Zusätzlich zur leitstellengeführten Reanimation („Telefonreanimation“) soll außerdem durch Nutzung von Ersthelfer-Apps über die Handyortung potentieller Ersthelfer in der Nähe des Notfallortes bei höchst zeitkritischen Notfällen wie z.B. einem Herz- Kreislaufstillstand die Rettungskette schnellstens, noch vor dem Eintreffen des öffentlichen Rettungsdienstes unterstützt werden. Dadurch wird das therapiefreie Intervall für den Patienten verkürzt und im Falle eines Herz-Kreislaufstillstandes der Erfolg von Reanimationsmaßnahmen und damit die Überlebenswahrscheinlichkeit deutlich erhöht. (Beschluss des Präsidiums des Deutschen Landkreistages vom 26./27.6.2018, www.landkreistag.de)

Impressum Kommunalpolitisches Forum Sachsen e.V. Großenhainer Straße 99 01127 Dresden Tel.: 0351-4827944 oder 4827945 Fax: 0351-7952453 info@kommunalforum-sachsen.de www.kommunalforum-sachsen.de Red., Satz und Layout: A. Grunke V.i.S.d.P.: P. Pritscha Die Kommunal-Info dient der kommunalpolitischen Bildung und Information und wird durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts finanziert.


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Nachhaltige städtische Mobilität Der Hauptausschuss des Deutschen Städtetages hat am 21. Juni 2018 das Positionspapier „Nachhaltige städtische Mobilität für alle. Agenda für eine Verkehrswende aus kommunaler Sicht“ beschlossen. Die Verkehrssituation in den Städten lässt sich einerseits am persönlichen Erleben mit Staus, überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln und einem subjektiven Gefühl der Unsicherheit im Fuß- und Radverkehr festmachen. Andererseits unternehmen die Städte bereits seit Langem vielfältige Anstrengungen, das Konzept der autogerechten Stadt schrittweise zu überwinden. Dazu werden einführend Zahlen und Fakten genannt.

Zahlen und Fakten

Die Verkehrssituation insgesamt lässt sich an einer Auswahl von Parametern und Daten festmachen: Die Zahl und auch der relative Anteil der Nutzerinnen und Nutzer des „Umweltverbunds“ (ÖPNV, Rad- und Fußverkehr) nehmen in den Städten und Ballungsräumen gegen den Bundestrend zu. Fußgänger und Radfahrer stellen vermehrt berechtigte Raumansprüche. Die Ausbau- und Gestaltungsqualitäten für den Umweltverbund sind häufig nicht zureichend. Haupttreiber der Verkehrszunahme ist der Güterverkehr auf der Straße. Die Fahrleistung des Personenverkehrs nahm von 1991 bis 2015 um 28 Prozent zu, die des Güterverkehrs um 66 Prozent. Der Bundesverkehrswegeplan geht bis 2030 im Vergleich zu 2010 von einer Zunahme der Verkehrsleistung im Personenverkehr in Deutschland um insgesamt 12,2 Prozent aus. Die Transportleistung im Güterverkehr soll im selben Zeitraum um 38 Prozent wachsen. Die Zahl der Pendler nimmt in vielen Städten weiter zu; von 2000 bis 2015 in Frankfurt um 14 Prozent, in München um 21 Prozent und in Berlin um 53 Prozent. Die Weglänge zum Arbeitsplatz stieg von durchschnittlich 14,6 km im Jahr 2000 auf 16,8 Kilometer 2015. Aber fast die Hälfte der Arbeitswege ist kürzer als 10 km. Fast die Hälfte der zurückgelegten Wege in Städten ist kürzer als drei Kilometer. 40 Prozent dieser Wege werden mit dem Auto zurückgelegt. Mehr als 60 Prozent der Menschen legen täglich mindestens einen Weg ausschließlich zu Fuß zurück. 21 Prozent fahren täglich mit dem Fahrrad. Die Kurier-, Express- und Paketbranche berichtet allein für das Jahr 2017 von einer Zunahme von Sendungen um über 7 Prozent. Sie weist zwar nur einen Anteil von 10 Prozent aller Logistikleistungen in den Städten auf – aber die Paketlogistik macht 50 Prozent aller Logistikwege in den Städten aus. Die Verkehrsleistung im ÖPNV nimmt stetig zu, häufig aber nur im Rahmen der allgemeinen Steigerungsrate und nicht überproportional, also ohne auffällige Änderung im Modal Split.

Erwartete Verbesserungen im Abgasverhalten von Fahrzeugen und Flottenverbesserungen laufen bis 2030 weiterhin Gefahr, durch eine überproportionale Steigerung der Verkehrsleistung und der Fahrzeuggrößen kompensiert zu werden. In ca. 70 Kommunen wurden 2017 die zulässigen Grenzwerte für NOx überschritten. Das ist eine maßgebliche Verbesserung gegenüber den Werten der Vorjahre (90 Kommunen 2016). Ist aber kein Grund zur Entwarnung. Die Zahl der Personenunfälle innerhalb geschlossener Ortschaften ist in den letzten zehn Jahren zwar um 4,4 Prozent gesunken, 2016 aber im Vergleich zu 2015 gegen den Trend um 0,9 Prozent angestiegen. Besonders betroffen sind Fußgänger und Radfahrer. Baustellen, Stau, Parkraummangel, das Halten in zweiter Reihe, Gefährdung von Fußgängern und Radfahrern – alle Städte sind mit den Herausforderungen konfrontiert, den täglichen Verkehr zu bewältigen. Die Flächenverfügbarkeit und die Akzeptanz der Flächeninanspruchnahme sind in Städten und Regionen zum Teil stark eingeschränkt und erschweren Infrastrukturmaßnahmen. Die Ziele nachhaltiger Mobilität sind seit Langem bekannt, aber die Wege zu ihrer Umsetzung sind gesellschaftlich und auch politisch noch strittig. Es bedarf erheblicher Energie, auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene, eine Verkehrswende konsensfähig auszu-

Bis 2030 müssen aus Sicht des Deutschen Städtetages folgende Bausteine weitgehend umgesetzt werden: Es bedarf eines breiten politischen und gesellschaftlichen Konsenses für eine nachhaltige Mobilität für alle, der Wandel, Umbau und Erneuerung der Verkehrssysteme maßgeblich befördert. Der ÖPNV wird sich hierbei deutlich mehr auf individuelle Bedürfnisse einstellen, der Individualverkehr stark auf stadtverträglichen Sharing-Systemen basieren müssen. Der Verkehrssektor ist gehalten, seinen vereinbarten Beitrag zum Erreichen der klimapolitischen Ziele bis 2030 und 2050 zu liefern. Schadstoffemissionen und Lärmbelastungen sind deutlich zu reduzieren. Der fossile Motorisierungsgrad sollte entscheidend sinken, Fahrzeuge sind effizienter zu nutzen. Die Regional- und Stadtentwicklung wird darin gestärkt, das einvernehmliche Leitbild der „Stadt der kurzen Wege“ auch umzusetzen. Siedlungserweiterungen ohne Anschluss an umweltverträgliche Verkehrssysteme sind zu vermeiden. Die Siedlungsentwicklung zwi¬schen Städten und Umland erfordert mehr Kooperation und maßgebliche Orientierung an der Verringerung von Verkehrsleistungen. Die kommunale Bauleitplanung sollte sich auf ortsspezifisch und siedlungstypologisch angemessene Formen der Verdichtung auf Wohn- und Gewerbeflächen verständigen. Wegelängen für Pendler im motorisierten Individualverkehr können durch

gestalten. Die Ziele müssen in Strategien, Programme und Projekte übersetzt werden. Sie lassen sich durch Sofortmaßnahmen, mittelfristige Umbauprojekte und eine langfristige und tiefgreifende Transformation des Verkehrssektors erreichen. Die besondere Herausforderung liegt darin, diesen Wandel des Verkehrs gegenüber den vergangenen Dekaden erheblich zu beschleunigen. Ein integriertes Maßnahmenbündel muss bis 2030 einen großen Teil und bis 2050 vollständig seine Wirkung entfaltet haben, wenn es einen dauerhaften Beitrag zu Lebensqualität, nachhaltigem Wirtschaften und Verkehr und zum Klima- und Umweltschutz entfaltet haben soll.

verdichtete Siedlungsentwicklung und Wohnungsangebote für alle Einkommensschichten in Verdichtungsräumen, die Mischung von Nutzungen und die Verbreitung neuer Arbeitsund Produktionsformen wieder reduziert, der Freizeitverkehr per Pkw muss durch wohnortnahe Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten deutlich verringert werden. Die Potenziale „kurzer Wege“ müssen zudem durch ein umfassendes Mobilitätsmanagement mit Anreizsystemen von öffentlichen und privaten Arbeitgebern erschlossen werden. Die Sanierung der Infrastruktur, nachfrageorientierte Angebote im ÖPNV, Mobilitätsstationen, Sharing-Systeme und Fahrradparkplätze müssen

Verkehrspolitische Ziele für 2030

Beiträge leisten, die Attraktivität des „Umweltverbunds“ zu steigern. Übergreifende Tarifsysteme und die Einrichtung der hierfür erforderlichen Clearing-Stellen zwischen den Verkehrsträgern können Beiträge für eine Mobilität für alle zu angemessenen Preisen leisten. Die Verkehrssicherheit muss in eine neue Dimension treten – die „Vision Zero“ ohne Tote und Schwerverletzte im Straßenverkehr muss erreichbar ausgestaltet werden. Die Digitalisierung des Verkehrs im öffentlichen und individuellen Bereich muss sich auf die effizientere Auslastung, Optimierung und Verknüpfung der bestehenden Verkehrssysteme konzentrieren und neue Verkehrsmodi integrieren. Dies schließt auch die Information und Kommunikation zwischen Anbietern und Nutzenden, Systemen und Angeboten ein. Autonomes Fahren ist bevorzugt im öffentlichen Verkehr zu entwickeln. Der öffentliche Raum ist wieder mehr zum Aufenthalts- und Begegnungsort umzugestalten. Die Verkehrsflächen sind gerechter aufzuteilen, gemischt genutzte Flächen können helfen, Geschwindigkeiten zu reduzieren. Der ÖPNV muss zusammen mit dem Fuß- und Radverkehr und in den ÖPNV eingebundene Sharing-Systeme das Rückgrat des städtischen Verkehrs bilden und Teile des motorisierten Individualverkehrs ablösen. Der ruhende Kfz-Verkehr in Städten ist entscheidend zu reduzieren. Hierfür müssen auch regulative Maßnahmen herangezogen werden. Der Wirtschaftsverkehr wird bei steigender Nachfrage umfänglich nachhaltige Logistik- und Lieferverkehrskonzepte nutzen müssen, um den öffentlichen Raum deutlich zu entlasten. Es sind ausschließlich leise, saubere und sichere Fahrzeuge einzusetzen. Innerstädtisch sollten Leichtfahrzeuge mit alternativen Antrieben und Lastenfahrräder sowie fußläufige Transporthilfen eingesetzt werden. Der überaus hohe Anteil des Lkw- Verkehrs muss international und interregional durch Verlagerung und den Ausbau des Schienenverkehrs verringert werden. Regionale Wirtschaftskreisläufe sollten gestärkt werden. Bund und Länder sind aufgerufen, für eine „Nachhaltige Verkehrspolitik aus einem Guss“ die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen und die Fördersystematik und Verbindung von Förderthemen zu überprüfen, um die jeweils volkswirtschaftlich sinnvollste und umweltverträglichste Variante des Verkehrsaus- und -umbaus zu befördern. (Das ca. 40-seitige Positionspapier kann unter www.staedtetag.de abgerufen werden)


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Seminare

November 2018 Neue Energie für linke Politik vor Ort

17. November 2018, 10:30 - 17:30 Demmeringstraße 32, 04177 Leipzig Linke Forderungen nach einer Energiewende von unten stehen im Mittelpunkt: erneuerbare Energiequellen, dezentrale Organisation und demokratische Kontrolle. Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es für eine Umsetzung auf lokaler Ebene? Unter welchen Bedingungen gelingt die Energiewende von unten? Welche Strategien brauchen Akteure vor Ort, um linke Alternativen ins Gespräch zu bringen und voranzutreiben? Der Workshop richtet sich an linke Kommunalpolitiker*innen und lokal Aktive. Auf Grundlage mitgebrachter Fragen und Erfahrungen soll ein Raum für den Austausch von Wissen und praktischen Beispielen entstehen. Referenten: Thomas Scherzberg (Stadtrat in Chemnitz, Autor unseres „Handbuchs für eine nachhaltige kommunale Umweltpolitik“ Christian Richter (Moderation) Eine Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Kooperation mit der RLS Sachsen, dem Kommunalpolitischen Forum Sachsen und dem Interim. Wir bitten um Anmeldung unter: steffen.kuehne@rosalux.org Es wird eine Teilnahmegebühr von 5 EUR (ermäßigt 3 EUR) erhoben. Darin sind Getränke und Material für den Workshop enthalten. Für einen kleinen Snack wird gesorgt.

INTENSIVSEMINAR: Kommunikation in der Kommunalpolitik III Freies Reden und sicheres Auftreten

23. November 2018, 18:00 - 25. November 2018, 13:30 Landhotel Frankenberg, Dammplatz 3 09669 Frankenberg Wir wollen üben, aus dem Stegreif kleine Reden zu halten. Dabei liegen die Übungsschwerpunkte auf Unbefangenheit, Spontaneität und spielerischem Umgang mit ernsthaften Themen. Hierzu schauen wir auf die Bedeutung von Anlass und Aufbau einer Rede und wie man den roten Faden nicht verliert. Wir wollen aber auch gemeinsam üben, wie eine Rede gut rübergebracht werden kann. Hierbei legen wir das Augenmerk auf den angemessenen Ton und Ausdruck, stimmige Bilder, Analogien und Metaphern sowie authentische Stimme und Körpersprache. Zusammen entsteht so überzeugendes, freies Reden. Referent*innen: Dr. Christian Wirrwitz (Dozent, Trainer, Coach) Dr. Romy Jaster (wiss. Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität) Fortsetzung von Seite 1

Niederschrift ... verlangen. Weigert sich der Vorsitzende, die Erklärung oder die Gegenstimme in der Niederschrift namentlich zu vermerken, so kann das ehrenamtliche Mitglied allgemeine Leistungsklage erheben. „Das einzelne Mitglied kann jedoch weder verlangen noch verbieten, dass ein Wortprotokoll gefertigt wird. Die Sitzungsteilnehmer müssen hinnehmen, dass ihre Äußerungen in der Sitzung protokolliert werden können. Ihre Ausführungen oder Bemerkungen haben nicht lediglich privaten Charakter, sondern sind Beiträge in Ausübung eines öffentlichen Amtes. Bezieht sich ein Redner auf schriftliche Unterlagen, ohne daraus zu zitieren, dann kann der Inhalt der schriftlichen Erklärung nicht als wörtliche Äußerung des Redners in das Wortprotokoll aufgenommen werden; die schriftlichen Unterlagen können jedoch als Anlage der Niederschrift beigefügt werden.“2 Klagt ein Gemeinderats-/Kreistagsmitglied auf Widerruf von in der Niederschrift festgehaltenen persönlichen Vorwürfen, die ein anderes Mitglied ihm gegenüber in einer Sitzung bei einer Aussprache über einen kommunalpolitischen Gegenstand abgegeben hat, ist das keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit.

Schriftführung und Unterzeichnung

Die Anfertigung der Niederschrift obliegt dem Schriftführer. Der Schriftführer wird im Rahmen seiner Organisationshoheit vom Bürgermeister bzw. Landrat bestellt. In der Regel wird dafür ein Bediensteter aus der jeweiligen Kommunalverwaltung herangezogen. Da im Gesetz aber nicht ausdrücklich geregelt ist, wer zum Schriftführer zu bestimmen ist, kann ggf. auch ein Gemeinderat bzw. Kreisrat als Schriftführer bestellt werden. Strittig ist, ob auch der Bürgermeister/Landrat selbst das Protokoll führen darf. So heißt es einerseits: „Der Vorsitzende (Bürgermeister) kommt als Schriftführer nicht in Betracht.“3 In einem anderen Kommentar ist zu lesen: „Schriftführer kann auch der Bürgermeister selbst sein.“4 Verantwortlich aber für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift ist in erster Linie der Vorsitzende. Verantwortung tragen ebenfalls die beiden unterzeichnenden Gemeinde-/Kreisräte sowie der Schriftführer. Einigen sich der Vorsitzende, die unterzeichnenden Räte und der Schriftführer nicht über den Inhalt der Niederschrift, so ist dies zu vermerken. Die Unterzeichnung der Niederschrift ist ein zwingendes Formerfordernis für die Niederschrift als Urkunde. Deshalb hat auch der ehrenamtliche Rat, der der Niederschrift in einzelnen

Punkten widerspricht, zu unterzeichnen, wenn er dafür bestimmt wurde. Seinen abweichenden Bewertungen wird durch den Vermerk seines Widerspruchs im Protokoll ausreichend entsprochen. Die Klärung der strittigen Fragen muss in der nächsten Gemeinderats-/Kreistagssitzung erfolgen, wenn den Gemeinde-/Kreisräten die Niederschrift zur Kenntnis gebracht wird und sie über die Einwendungen gegen die Niederschrift entscheiden können. Zur Unterzeichnung der Niederschrift können nur Gemeinde-/Kreisräte herangezogen werden, die an der Verhandlung teilgenommen haben und nicht befangen sind. Sie sind vom Gemeinderat/Kreistag zu bestimmen.

Bekanntgabe und Einwendungen

Innerhalb eines Monats, spätestens jedoch zur nächsten Sitzung, ist die Niederschrift dem Gemeinderat/Kreistag zur Kenntnis zu bringen. Dadurch wird es möglich gemacht, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift durch den Gemeinderat/Kreistag zu überprüfen. Werden in der Sitzung, zu der die Niederschrift vorliegt, gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit keine Einwendungen erhoben, ist dies wiederum in der Niederschrift der laufenden Sitzung zu vermerken. Mehrfertigungen von Niederschriften über nichtöffentliche Sitzungen dürfen jedoch nicht ausgehändigt werden. Ist die Niederschrift nach Ansicht eines Gemeinde-/Kreisrats fehlerhaft, so kann er Einwendungen erheben. Über die Einwendungen entscheidet der Gemeinderat/Kreistag durch Beschluss. Die Einwendungen und die Entscheidung des Gemeinderats/ Kreistags darüber sind in der Niederschrift jener Sitzung festzuhalten, in der über die Einwendung entschieden wird. Wird eine Berichtigung beschlossen, so ist die Berichtigung durch einen Randvermerk oder durch einen Nachtrag in der (zu berichtigenden) Niederschrift zu vermerken, keinesfalls aber durch Radierungen oder Streichungen im Original. Das Recht, Einwendungen zu erheben, ist ein im Kommunalverfassungsstreit durchsetzbares Mitgliedschaftsrecht des ehrenamtlichen Gemeinde-/Kreisrats.5

Einsichtnahme in Niederschriften

Durch Gesetz war die Einsichtnahme in die Niederschriften über die öffentlichen Sitzungen den Einwohnern bisher schon gestattet. Mit dem seit 1. Januar 2018 in Kraft getretenen „Zweiten Gesetz zur Fortentwicklung des Kommunalrechts“ in Sachsen kann die Gemeinde/der Landkreis darüber hinaus auch die allgemeine Einsichtnahme in elektronischer Form ermöglichen. In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es dazu: „Die Regelungen stellen lediglich klar, dass die Gemeinden und

Landkreise den Einwohnern die Einsichtnahme in die Niederschrift auch in elektronischer Form ermöglichen können, auch wenn für die Niederschrift selbst die elektronische Form ausgeschlossen ist. Die Kommunen konnten bisher bereits die Niederschrift elektronisch einstellen. Ob Kommunen auf Grund dieser Klarstellung erst jetzt diese Möglichkeit nutzen, obliegt allein ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht. Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass die elektronische Bereitstellung zu einer Einsparung der Personalkosten führen wird. Darüber hinaus müssen die Bürger bei einer elektronischen Bereitstellung nicht mehr die Verwaltung aufsuchen, um Einsicht zu nehmen.“ Die in der bisherigen Kommentierung vorherrschende restriktive Auffassung, dass eine Einsichtnahme in die Niederschriften über die öffentlichen Sitzungen „grundsätzlich nur Einwohnern der Gemeinde“ gestattet sei, scheint damit obsolet, wenn doch jedermann über eine elektronische Bereitstellung in die Niederschrift einsehen kann. Eine Einsichtnahme in Niederschriften nichtöffentlicher Sitzungen bleibt den Einwohnern und der Öffentlichkeit indes verwehrt, auch dann, „wenn die darin festgehaltenen Beschlüsse inzwischen öffentlich bekannt gegeben worden sind oder die Verschwiegenheitspflicht darüber aufgehoben worden ist.“6 Gemeinde-/Kreisräte hingegen haben einen Anspruch auf Einsichtnahme in die Niederschriften auch nichtöffentlicher Sitzungen; das erstreckt sich auch auf Einsichtnahme in Niederschriften über Sitzungen von Ausschüssen, denen sie nicht angehören. Lagen aber bei dem Gemeinde-/Kreisrat Befangenheitsgründe vor und war er deshalb an der Teilnahme an einer nichtöffentlichen Sitzung ausgeschlossen, so besteht für ihn kein Einsichtsrecht in die Niederschrift. Ein Gemeinderat hat auch ein Einsichtsrecht in die Niederschriften über nichtöffentliche Sitzungen, die vor Beginn seiner eigenen Amtszeit durchgeführt wurde, sofern dies zur Erfüllung seiner Aufgaben als Gemeinderatsmitglied erforderlich ist. Ein besonderes berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme muss nicht nachgewiesen werden.7 AG — 1 Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen. Ergänzbarer Kommentar…, G § 40, Randnummer (Rn) 6. 2 Ebenda, Rn 13. 3 Ebenda, Rn. 15 4 Binus/Sponer/Koolmann, Sächsische Gemeindeordnung. Kommentar, Kommunal- und Schulverlag 2016, S. 154. 5 Vgl. ebenda. 6 Ebenda. 7 Vgl. Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen. Ergänzbarer Kommentar…, G § 40, Randnummer Rn 22 ff.


Oktober 2018

Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag

ParlamentsReport

Das soziale Sachsen stärken! Liebe Leserinnen und Leser, der Vorsitzende der 10-Prozent-Partei SPD Sachsen und stellvertretende Ministerpräsident Martin Dulig hat sich überheblich geäußert: „Die Linke will nicht regieren“, es gebe keine realistische Chance für eine linke Mehrheit im Freistaat. Ich weiß, zum Thema Regierungsbeteiligung gibt es viel Für und Wider. Aber 2019 wird im Zeichen der Auseinandersetzung darüber stehen, ob die von der regierenden CDU jahrelang ignorierte extreme Rechte nach der Macht greifen kann. Wie in Thüringen ist auch in Sachsen eine Mehrheit für eine fortschrittliche Sozial-, Bildungs- und Umweltpolitik möglich. Die SPD muss klären, ob sie wie wir dafür kämpft oder lieber auf Parteitagen den Maulhelden und im Alltag den Bettvorleger der CDU abgibt. Ich stimme meiner Fraktionskollegin Antje Feiks zu, die als LINKEN-Landeschefin auf Dulig reagiert hat: „Wer ein anderes Sachsen will, wurde mit einem Kreuz bei den Sozialdemokraten nach den letzten Wahlen enttäuscht. Die sächsische SPD ist nicht Retterin des demokratischen Sachsen, sondern leider immer noch Bremsklotz für andere Mehrheiten.“ Gerade in der jetzigen Situation ist die Haltung der SPD fatal, um jeden Preis vor allem die CDU an der Macht halten zu wollen. Sachsen braucht eine hoffnungsvolle, andere Perspektive. Da sind wie seit vielen Jahren für Gespräche offen. Aber, nochmal Antje Feiks: „Im Gegensatz zur SPD sind wir nicht bereit, unsere Grundwerte gegen reine PR-Spektakel mit Küchenutensilien einzutauschen.“

Rico Gebhardt Fraktionsvorsitzender

Auf ihrer Herbstklausur in Schöneck (Vogtland) hat sich die Linksfraktion mit ihren Plänen bis zur Landtagswahl 2019 befasst. Zugleich ging es um die Schwerpunkte, die bei den Beratungen über den Landeshaushalt 2019/2020 eine Rolle spielen sollen (siehe Seite 2). Fraktionschef Rico Gebhardt stellt klar: „Wir stehen für das soziale Sachsen und mit unseren parlamentarischen und außerparlamentarischen Initiativen für sozialen Zusammenhalt in Sicherheit.“ Er benennt eines der großen Themen, die bis zum Ende der Wahlperiode das Parlament beschäftigten werden: die Novelle des Polizeirechts. „Wer wie die CDU/ SPD-Koalition mit dem Polizeigesetzentwurf Grundrechte untergräbt, sorgt nicht für sicheres Leben, sondern verunsichert die Bevölkerung, weil damit alle Menschen zu potenziellen ,Gefährdern‘ gemacht werden. Dagegen werden wir uns zur Wehr setzen und zivilgesellschaftlichen Protest unterstützen – auch mit einer öffentlichen Fraktionssitzung am 13. November in Leipzig“, so Gebhardt (siehe Seite 4). Die Linksfraktion wird zudem weiter mit vielen anderen Partnerinnen und Partnern dem Volksantrag „Längeres gemeinsames Lernen in Sachsen“ Rückenwind geben, damit der entsprechende Gesetzentwurf 2019 im Landtag behandelt werden kann. „Das Parlament selbst sollte grünes Licht für die Freiheit zur Einführung von Gemeinschaftsschulen geben – nach Thüringer Vorbild“, so Gebhardt. „Auch die aktuelle PISA-Studie zeigt,

dass soziale Herkunft viel zu stark über Bildungschancen entscheidet – das muss geändert werden!“ Längeres gemeinsames Lernen könne Bildungswege offenhalten und dafür sorgen, dass alle Kinder wirklich zeigen können, was in ihnen steckt. Eine große Rolle werden auch die Ergebnisse der Enquetekommission spielen, in der Abgeordnete und Sachverständige seit Monaten beraten, wie dem Pflegenotstand

beizukommen ist. Den Auftrag hatte die Linksfraktion maßgeblich inspiriert und Akzente gesetzt. Im Januar soll der Abschlussbericht vorliegen. Gebhardt: „Wir werden an einem Brennpunktthema zeigen, wie Sachsen sozial geht: Bessere Pflege ist möglich – und sie kann auch für die Betroffenen finanziell verkraftbar sein! Das Gleiche gilt für wohnortnahe Gesundheitsversorgung, für die wir in den Haushaltsberatungen Vorschläge unterbreiten werden.“

Die Druckmaschinen laufen! Zwischen dem 14. und dem 17. November wird die neueste Ausgabe unserer „links im Landtag“ in allen erreichbaren Briefkästen in Sachsen landen.

Auch in diesem Jahr wendet sich die Linksfraktion per Zeitung an die Bürgerinnen und Bürger – mit 12 prall gefüllten Seiten. Seien Sie gespannt!


Seite 2

PARLAMENTSREPORT

Oktober 2018

Der Staat muss das Leben vor Ort verbessern! Menschen vor Ort dürfen stärker entscheiden, wofür Geld ausgegeben wird.

Schwerpunkte der Fraktion DIE LINKE für den Doppelhaushalt 2019/2020 und ausgewählte Änderungsanträge zum Regierungsentwurf (graue Kästen)

Wir schlagen verschiedene Pauschalen vor, über die Sachsen den Kommunen Geld gibt, das sie nicht erst aufwändig beantragen müssen. Wir wollen ihnen über den Finanzausgleich pro Jahr 200 Millionen Euro mehr zukommen lassen. Denn sie sind nach wie vor strukturell unterfinanziert. Die Landkreise und kreisfreien Städte sollen zudem jährlich über Regionalbudgets in Höhe von zehn Millionen Euro frei verfügen dürfen.

Zuhause fühlt man sich geborgen und sicher, nicht nur in sozialer Hinsicht. In Sachsen sollen alle einen solchen Ort haben können – das stiftet Zusammenhalt und hilft, den Alltag zu bewältigen. Deshalb muss auf den Staat wieder Verlass sein! Mit dem Landeshaushalt wollen wir diese Ziele erreichen: Alle sollen so sicher wie möglich leben. Feuerwehren, Rettungsdienst, Polizei und Justiz müssen ihre Aufgaben erfüllen können. Nach langen Auseinandersetzungen bildet Sachsen endlich wieder mehr Anwärterinnen und Anwärter für den Polizeidienst aus. Wir machen weiter Druck für eine aufgabengerechte Personalausstattung – akut müssen die Ausbildungsstätten mehr Geld bekommen, damit sie die Ausbildung überhaupt absichern können. Der Job im Justizvollzug ist anstrengend und unterbezahlt. Wir wollen durch höhere Gehälter dazu beitragen, dass sich mehr Nachwuchs findet. Oft ist nur noch ein Verwahrvollzug möglich, wo ein Behandlungsvollzug nötig wäre. Wir wollen aber, dass die Gefangenen dazu befähigt werden, nach der Entlassung ohne Straftaten zu leben. Berufsfeuerwehren wie freiwillige Feuerwehren leiden unter Nachwuchsmangel. Wir wollen den Dienst attraktiver machen – indem wir den Kommunen helfen, den Investitionsstau zu beheben, auch durch eine zentrale Beschaffung, und mehr Geld für die Jugendfeuerwehren bereit1stellen. Sachmittel für die Hochschule der Sächsischen Polizei 0,41 Mio. Euro zusätzlich Höhergruppierung für Justizbedienstete bei den ordentlichen und Verwaltungsgerichten 1,7 Mio. Euro zusätzlich Zulage für berufserfahrene Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger im Justizvollzug 0,5 Mio. Euro zusätzlich Ärztliche und medizinische Versorgung muss für alle erreichbar sein – ganz egal, wo sie wohnen. Die Landesregierung kommt ihrer Verantwortung, das Gesundheitswesen zu steuern und für dessen Finanzierung zu sorgen, nicht nach. So bleiben Aufgaben unerledigt – etwa eine bessere Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser. Auch fehlt technische Infrastruktur für E-Health-Angebote wie Telemedizin. Der Öffentliche Gesundheitsdienst ist zu schlecht ausgestattet, um Präventionsmaßnahmen wie Untersuchungen im Kindesalter oder Impfungen durchzuführen. Die Kontrolldichte in Heimen ist gering. Dabei könnte

Prävention Kosten vermeiden. Wir wollen ein Landesamt für den öffentlichen Gesundheitsdienst errichten. Förderung der Telemedizin 20 statt nur 10 Mio. Euro Krankenhaus-Investitionen 490 statt nur 240 Mio. Euro Förderung der Ausbildung von Altenpflegekräften 8 statt nur 5,2 Mio. Euro Neues Landesamt für den öffentlichen Gesundheitsdienst 11 Mio. Euro zusätzlich Sachsen soll allen beste Bildung und Kultur bieten. Wir verstärken die Bildung in der Kita und gewinnen durch attraktive Gehälter und Arbeitsbedingungen gute Lehrkräfte. Die Kulturräume bekommen Planungssicherheit. Wir wollen mehr Kita-Personal, das mehr Zeit für die Betreuung hat. Dabei brauchen die Kommunen mehr Unterstützung vom Land. Langfristig sollen Krippe, Kindergarten und Hort für die Eltern kostenfrei werden. Lehrkräfte, die nicht verbeamtet werden können, erhalten eine monatliche Zulage, um das Gehaltsgefälle so weit wie möglich einzuebnen. Die Kulturräume sollen mehr Mittel erhalten, deren Höhe jährlich angepasst wird. So können sie sicher planen und anständige Einkommen zahlen.

Höhere Kita-Pauschale für besseren Betreuungsschlüssel sowie volle Vor- und Nachbereitungszeit auch für Teilzeitkräfte 180 Mio. Euro zusätzlich Lehrkräftegehälter mit Ausgleichszahlung für nichtverbeamtete Lehrkräfte 310 Mio. Euro zusätzlich Sicherheit für die Kulturräume 12 Mio. Euro zusätzlich

Mobilität für alle und überall: Sachsen modernisiert das öffentliche Verkehrsnetz durch einheitliche Tarife und Fahrpläne, ein kostenfreies Bildungsticket und innovative, günstige Konzepte. Nur etwa die Hälfte der Sächsinnen und Sachsen sind an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. Die Landesregierung wälzt die Verantwortung auf die Verkehrsverbünde ab, die mehr oder weniger nur den Mangel verwalten können. Wir wollen den ÖPNV gezielt ausbauen. Mittelfristig sollen alle Kinder und Jugendlichen unter 27 Jahren in Sachsen entgeltfrei öffentliche Verkehrsmittel nutzen können. Bis dahin sollte das geplante Bildungsticket der Koalition komplett vom Freistaat finanziert werden. Um das Tarif-Dickicht zu lichten, vor allem an den Grenzen der Verkehrsverbünde, schlagen wir eine Dachgesellschaft vor, die Tarifstrukturen harmonisiert. Mittelfristig wollen wir einen Tarifverbund für ganz Sachsen mit einheitlichen Ticketpreise und -konditionen. Zudem streben wir ein Modellprojekt „Entgeltfreier ÖPNV“ in einem Mittelzentrum an. Dort soll ein solidarisches Finanzierungskonzept in Form einer Nahverkehrsabgabe schrittweise umgesetzt werden und in einen Bürgerentscheid münden. Bildungsticket 100 statt nur 75 Mio. Euro Harmonisierung der Fahrpläne, SachsenTarif und ÖPNVKoordinierungsstelle 15 Mio. Euro neu bereitstellen Bessere Anbindung im ländlichen Raum (PlusBus/TaktBus) 20 Mio. Euro neu bereitstellen Modellprojekt entgeltfreier ÖPNV 18 Mio. Euro neu bereitstellen Sachsen stellt Landkreisen, Städten und Gemeinden genug Geld zur Verfügung, damit sie alle Leistungen erbringen können, die für unseren Alltag wichtig sind. Die

Pauschalen soll es auch für Integration und die Unterstützung benachteiligter Familien geben. Zudem wollen wir die Jugendpauschale aufstocken, die für Angebote an junge Menschen in die Kommunen fließt, etwa für Jugendclubs. Wir wollen sie pro Jahr und Jugendlichem von 12,40 Euro auf 15 Euro erhöhen. Der Staat muss sinnvolle Angebote machen, wenn Demokratiefeinden kein Raum bleiben soll! Deshalb soll auch das Programm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ aufgestockt werden. Der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung kommt, und er kann schon früher da sein als vermutet. Damit die Menschen in den Revieren nicht kalt erwischt werden und an einer neuen wirtschaftlichen Lebensgrundlage gearbeitet werden kann, schlagen wir einen Perspektivsicherungsfonds vor, der Forschungsvorhaben unterstützt und die Bürgerinnen und Bürgern vor Ort ermutigt, sich selbst einzubringen. Der Staat kann sich nicht um alles kümmern. Wer sich engagiert, sollte besser unterstützt werden. In Sachsen gibt es eine Ehrenamtsaufwandsentschädigung, die Vereine beim Freistaat beantragen können. Ihre Engagierten erhalten dann maximal 40 Euro im Monat, aber nur für elf Monate pro Jahr. Wir wollen 50 Euro, und zwar durchgängig! Perspektivsicherungsfonds für Kohlereviere 10 Mio. Euro zusätzlich Erhöhung der Jugendpauschale 5,2 Mio. Euro zusätzlich Pauschale zur Unterstützung benachteiligter Familien 31 Mio. Euro zusätzlich Stärkere Förderung des bürgerschaftliches Engagements 8 Mio. Euro zusätzlich Zuschüsse für Projekte bei „Weltoffenes Sachsen“ 10 statt nur 6,74 Mio. Euro Integrationspauschale Sachsen 100 Mio. Euro zusätzlich Verstärkungsmittel für die kommunale Selbstverwaltung 400 Mio. Euro zusätzlich Regionalbudget für die Landkreise und Kreisfreien Städte 260 Mio. Euro zusätzlich


PARLAMENTSREPORT

Oktober 2018

Wahlrecht mit 16! Die Linksfraktion hat einen Gesetzentwurf (Drucksache 6/14865) zu Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechten von Kindern und Jugendlichen in Sachsen vorgelegt. Kinder und Jugendliche sollten mehr Beteiligungsmöglichkeiten auf allen Ebenen erhalten, so Janina Pfau, kinderund jugendpolitische Sprecherin: „In einigen Bundesländern können Jugendliche ab 16 schon wählen, und es ist Zeit, dass dies auch für Sachsen der Fall ist.“ Bei Wahlen zum Landtag, zu den Kommunalparlamenten sowie bei Volksanträgen, Volksbegehren und Volksentscheiden sollen junge Menschen künftig schon ab ihrem 16. Geburtstag abstimmen können. „Wir folgen mit unserem Gesetzentwurf der Idee der UN-Kinderrechtskonvention. In ihr wurde die Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen als ein elementarer Punkt festgeschrieben. Wenn Kinder und Jugendliche schon von klein auf lernen, sich in Entscheidungsprozesse einzubringen, werden sie dieses Recht auch später mit größerer Wahrscheinlichkeit wahrnehmen“, so Pfau.

„Gerade bei Entscheidungen, welche die Kinder und Jugendlichen direkt betreffen, sollten diese mit ab- und bestimmen dürfen. Es ist dabei völlig egal, ob es um die Straße im Ort oder um die Gemeinschaftsschule geht. Mehrere Studien zeigen, dass junge Menschen durchaus in der Lage sind, die Wirkung einer politischen Entscheidung nachzuvollziehen. Warum sollten sie also von demokratischen Prozessen ausgeschlossen sein?“ Würde der Gesetzentwurf, der jetzt in die parlamentarische Beratung geht,

angenommen, könnte er die Stellung von Kindern und Jugendlichen im Bereich der Mitbestimmung deutlich verbessern. Denn neben dem aktiven Wahlrecht ab 16 ist unter anderem vorgesehen, auf der kommunalen Ebene die Mitwirkung junger Leute in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld konkret zu regeln - Grundsatz: „Kinder und Jugendliche sind unter Berücksichtigung ihres Entwicklungsstands an allen Entscheidungen und Maßnahmen der Gemeinden und Landkreise, die ihre Interessen und Belange berühren, frühzeitig zu beteiligen.“

Brandenburg, Bremen und Hamburg zeigen, dass das geht: Dort haben Jugendliche bereits an mehreren Wahlen schon ab dem 16. Lebensjahr teilgenommen, ergänzt der demokratiepolitische Sprecher der Linksfraktion, Lutz Richter.

Entwicklungszusammenarbeit praktisch Susanne Schaper, Sprecherin der Linksfraktion für Gesundheits- und Sozialpolitik, ist über die Herbstferien in ihren Beruf als Krankenschwester zurückgekehrt und ins westafrikanische Guinea gereist. Am Rande der Stadt Télimélé entsteht dort eine Berufsschule, in der schon seit 2017 Hebammen und Krankenschwestern ausgebildet werden. Dahinter

steht der Verein Projekt Misside Guinea e. V., der das Projekt wie folgt beschreibt: „Ziel ist es, die Lebensbedingungen für die ganze Region zu verbessern. Die jungen Leute sollen die Möglichkeit bekommen, in ihrer Region zu bleiben und sich dort zu bilden. Der Bau vieler Gebäude wurde bereits abgeschlossen. Darunter sind aktuell die sieben Klassenzimmer, die Bibliothek, die Direktion, der Konferenzsaal, das Labor, die Krankenstation und das Internat. Die Küche ist aktuell im Bau.“

Susanne Schaper war mit weiteren Freiwilligen vor Ort: „Wir wollten den Betrieb einer aktiven pädagogischen Krankenstation unterstützen. Wir hatten ein Plastikskelett zur Anschauung im Gepäck, außerdem 151 Kilogramm Verbandsmaterial und Medikamente.“ Der Lehrer Amadou Diallo, der aus Télimélé stammt und in Waldenburg unterrichtet, hatte den Verein ins Leben gerufen und Schaper kontaktiert, nachdem er von ihren anderen Hilfseinsätzen gelesen hatte. So fliegt Schaper

seit Jahren mit Ärzten nach Vietnam, um als Teil eines Hilfsprojektes Kinder mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zu operieren. Das Vorkommen dieser Fehlbildung ist eine Spätfolge des Vietnamkrieges, in dem US-Truppen das gesundheitsschädliche Pflanzenvernichtungsmittel Agent Orange eingesetzt hatten, um ihren Gegnern die Deckung zu nehmen. Nach ihrer Rückkehr stellte Schaper fest: „Unser Einsatz war ein sehr kleiner Tropfen auf sehr heißem Stein“.

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Gedenkstättenfahrten für alle Neunt- und Zehntklässler! Wer schon einmal die Gedenkstätte des ehemaligen faschistischen Vernichtungslagers Auschwitz besucht und etwa vor dem mit Kinderschuhen gefüllten Raum gestanden hat – oder im Krematorium des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald –, weiß um die Wirkung solcher Besuche. Das Grauen ist auf kaum eine andere Weise wirklich erfahrbar. Die pädagogische Wirkung solcher Erlebnisse ist nicht zu unterschätzen. Die sächsische Landesregierung hat nun beschlossen, künftig Klassenfahrten zu Gedenkstätten zu bezuschussen – mit bis zu 500 Euro pro Fahrt und Klasse. Im Fokus sollen historische Orte innerhalb Sachsens stehen, sowohl aus der Zeit zwischen 1933 und 1945 als auch der DDR.Die Sprecherin der Fraktion DIE LINKE für Weiterbildung, Marion Junge, begrüßt den Sinneswandel: „Nun haben sich CDU und SPD doch noch eines Besseren besonnen und einer Förderung von Klassenfahrten zu Gedenkstätten zugestimmt.“ Noch im Februar 2018 hatte die Koalition den Antrag der Linksfraktion, den Schulklassen 9 bis 10 eine Fahrt zum Besuch einer KZ-Gedenkstätte zu ermöglichen (Drucksache 6/5447), abgelehnt. Die meisten Bundesländer fördern Schülerfahrten zu KZ-Gedenkstätten indes bereits seit Jahren mit eigenen Programmen. „Jedoch sind die Mittel in Höhe von 200.000 Euro pro Jahr, die im Doppelhaushalt 2019/2020 eingestellt werden sollen, lächerlich gering“, kritisiert Junge. Sollten alle Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 und 10 einmal in eine Gedenkstätte gleich welcher Art fahren können, und geht man von Kosten von 50 Euro pro Person aus, wären mindestens 1,6 Millionen Euro pro Jahr erforderlich. Ebenso fragwürdig sei, so Junge, die Beratung bei Klassenfahrten durch die Brücke/Most-Stiftung. Eine pädagogisch-didaktische Unterstützung durch die Landeszentrale für politische Bildung, welche die Linksfraktion vorschlägt, könnte die Kosten für eine erst noch einzurichtende „Landesservicestelle“ einsparen. Mit diesem Geld könnten weitere Klassenfahrten bezuschusst werden. Es kann ihrer nicht genug geben! Eine Anlaufstelle könnte bald auch die Gedenkstätte im ehemaligen „Frühen Konzentrationslager“ Sachsenburg bei Frankenberg bilden, die derzeit auch auf den Druck der LINKEN hin entsteht.


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Termine „14. Serbski dźeń – Sorbischer Tag“ Gemeinsame Veranstaltung der Fraktionen DIE LINKE im Sächsischen Landtag und im Landtag Brandenburg mit Fachdiskussion zum Novellierungsbedarf des Sächsischen Sorbengesetzes. Freitag, 9. November 2018, 10-15 Uhr Best-Western-Plus Hotel, Wendischer Graben 20, 02625 Bautzen Kulturpolitische Konferenz „Gebraucht, benutzt und ausgebeutet?“ Zur prekären Situation der Kunst- und Kulturschaffenden in Sachsen

PARLAMENTSREPORT

+++ Kurz gemeldet +++ Blau-braune Denunziationsmaschine angelaufen Auch Sachsens AfD-Fraktion nimmt die Lehrkräfte ins Visier. Per Internetportal sollen Schülerinnen und Schüler Lehrkräfte melden, die sich kritisch zur Politik der AfD oder überhaupt eine politische Meinung äußern. Wes Geistes Kind die Blau-Braunen sind, offenbart diese Aussage auf ihrer Plattform: „Der Lehrer unterrichtet nach vorgeschriebenem Lehrplan – also alles, was pro Jahr und Klassenstufe vermittelt werden muss. Wie und mit welchen Mitteln, bestimmt er jedoch selbst. Dort liegt die Gefahr.“ Pädagogische Freiheit ist dem Gleichschaltungsanspruch der Rechtsaußen-Partei ein Dorn im Auge.

Die LINKEN-Bildungsexpertin Cornelia Falken hat übrigens bei der Staatsregierung nachgefragt, wie oft sich AfD-Politikerinnen und Politiker 2017 und 2018 über Lehrkräfte beschwert haben. Ganze vier (!) Beschwerden gab es binnen zweier Jahre – angesichts der 30.000 Lehrkräfte an den öffentlichen Schulen in Sachsen eine bemerkenswert niedrige Zahl. In den drei bereits abgeschlossenen Fällen konnte kein Fehlverhalten festgestellt werden. Es ist also offenkundig: Der AfD-Fraktion geht es ausschließlich darum, Angst und Schrecken zu verbreiten. LINKENFraktionschef Rico Gebhardt wünscht sich, „dass die Zivilgesellschaft diesen Versuch der AfD mit phantasievollen Mitteln ins Leere laufen lässt.“

Samstag, 10. November 2018, 9-16 Uhr Lindenfels Westflügel e. V., Hähnelstraße 27, 04177 Leipzig Öffentliche Sitzung der Fraktion DIE LINKE zur Polizeigesetz-Novelle Dienstag, 13. November 2018 10-13 Uhr: Öffentliche Fraktionssitzung im Haus des Buches, Gerichtsweg 28, 04103 Leipzig 14:30-17 Uhr: Gespräche mit Initiativen 18-20:30 Uhr: Öffentliches Fachgespräch zum Thema Polizeirecht, Ort: offener Freizeittreff „Rabet“, Eisenbahnstraße 54, 04315 Leipzig Fraktionsfachgespräch „SCHMERZHAFTE BARRIEREN: Welche Folgen Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen hat und wie wir sie verhindern können“ Dienstag, 20. November 2018, 17-20 Uhr „sowieso“ – Frauen für Frauen e.V. Dresden, Angelikastraße 1, 01099 Dresden Lesung und Diskussion zum Buchprojekt „Es liegt an uns – wie wir Zuversicht schaffen können“ Donnerstag, 22. November 2018, 18:30-21 Uhr Literaturhaus Villa Augustin, Antonstraße 1, 01097 Dresden Bildungskonferenz „Lehrermangel. Unterrichtsausfall. Schulchaos. Danke, CDU!“ Montag, 26. November 2018, 19–21:15 Uhr, Großenhainer Str. 93, 01127 Dresden (Saal im Haus der Begegnung) Mehr Informationen unter www.linksfraktionsachsen.de

Oktober 2018

Der CDU-Kultusminister hat das kritisiert. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die CDU seit Anfang der 90er bestrebt war, Schule zur kritik- und politikfreien Zone zu machen. Viele Pädagoginnen und Pädagogen haben seither Angst, zu brisanten Themen diskutieren zu lassen. Sie dürfen aber sehr wohl eine Meinung haben, solange sie niemanden überwältigen und Kontroverses auch kontrovers darstellen. Wenn Lehrkräfte zur Meinungsbildung ermutigen sollen, müssen sie selbst dazu beitragen dürfen.

zeige wegen des Verdachts des Meineids erstattet. Der Prozess wird im kommenden Jahr beginnen. LINKE Abgeordnete unterstützen Freiberger Zeitzeugnis e. V. Die Erforschung der vor allem jüngeren Geschichte in der Region ist das Ziel des Freiberger Zeitzeugnis e. V. Schwerpunkt ist die Zeit des Nationalsozialismus und der Umgang damit in der Nachkriegsgeschichte. Gründungsmitglied ist der Freiberger Geschichtsforscher Dr. Michael Düsing. Die 13 Vereinsmitglieder organisieren Gespräche, Lesungen und Diskussionen mit Zeitzeugen, aber auch in Bildungseinrichtungen der Region. Anlässlich des 80. Jahrestages der Novemberpogrome 1938 veröffentlichte der Zeitzeugnis e. V. jetzt die Publikation „Die Kristallnacht hat alles geändert“. In diesem Buch beschreibt Düsing anhand zahlreicher persönlicher Schicksale, wie die Nazis auch in Freiberg die Lebensbasis all jener zerstörten, die nicht in ihr völkisches und von Rassenwahn geprägtes Hass-Bild passten. Die Freiberger Landtagsabgeordnete Dr. Jana Pinka (DIE LINKE) übergab im Namen der Abgeordneten ihrer Fraktion einen Spendenscheck über 300 Euro an Dr. Düsing und Vereinschef Daniel Großmann. Damit unterstützt die LINKE weitere geplante Publikationen des Vereins zur Judenverfolgung in Freiberg.

Frauke Petry wird wegen des Verdachts des Meineids angeklagt Das Landgericht Dresden hat die Anklage der Staatsanwaltschaft Dresden gegen die Bundestags- und Landtagsabgeordnete Frauke Petry zur Hauptverhandlung zugelassen. Ihr wird vorgeworfen, bei ihrer Zeugenvernehmung am 12. November 2015 vor dem Sächsischen Wahlprüfungsausschuss wahrheitswidrig ausgesagt zu haben. Der Landtagsabgeordnete André Schollbach (DIE LINKE) hatte Strafan-

Auch das gibt’s Ende Oktober hat der Ex-Regierungschef Stanislaw Tillich sein Landtagsmandat niedergelegt. Der BILD-Zeitung gab er ein Abschieds-

interview – inklusive eines besonderen Lobes für den früheren PDS-Fraktionschef Prof. Dr. Peter Porsch …

Impressum Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Telefon: 0351/493-5800 Telefax: 0351/493-5460 E-Mail: linksfraktion@slt.sachsen.de www.linksfraktion-sachsen.de V.i.S.d.P.: Marcel Braumann Redaktion: Kevin Reißig


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