Links! Ausgabe 10/2012

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Gottes eigenes Land

Politik und Kultur für Sachsen, Europa und die Welt Oktober 2012

Jede und jeder weiß, das sind die USA. Deshalb haben sie das nicht verdient, was jetzt möglicherweise auf sie zukommen könnte. Der Filmschauspieler Chuck Norris hat das Unglaubliche ausgesprochen: Gewinnt Barack Hussein (!) Obama ein zweites Mal die Präsidentschaftswahlen in den USA, dann bricht in den USA der Sozialismus aus. Der Sozialismus! Und tausend Jahre der Finsternis würden dem folgen. Man kann es hören und sehen, auf Youtube, wie Chuck Norris und seine Frau das gesagt haben und die US-Amerikaner und Amerikanerinnen anflehten, deshalb den Republikaner Mitt Romney zu wählen. Ich will mich nicht einmischen in den Wahlkampf der USA. Da gilt für mich immer noch, was einst der Botschafter der Sowjetunion in der DDR, Pjotr Andrejewitsch Abrassimow, zur Präsidentenwahl in den USA gesagt hat. Auf die Frage, ob denn Ronald Reagan oder Jimmy Carter der bessere Präsident der USA wäre, hat er geantwortet, das sei egal. Gut wäre nur, dass es nicht beide werden könnten. Das ist doch zumindest originell. Mit Erich Honeckers Vorstellungen vom Sozialismus hatte Abrassimow allerdings so seine Probleme und wurde deshalb nach Moskau zurückgerufen. Immerhin hatte er aber zuvor dafür gesorgt, dass das so genannte »Viermächte-Abkommen« über Berlin unter Dach und Fach kam. Aber ich schweife ab. Chuck Norris ist nicht irgendwer. Der muss schon wissen, was da so auf Gottes eigenes Land zukommen könnte. Schließlich hat er schon in den Achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts für sein Land gekämpft. Erst gegen die kommunistischen Vietcong, dann gegen Invasoren aus dem damaligen Ostblock und schließlich noch gegen arabische Terroristen. Man kann nicht direkt sagen, dass er bei seinen Heldentaten gefilmt wurde. Aber verfilmt wurden sie schon. Also, richtig gesagt, er spielte die Helden in den entsprechenden Filmen, ohne ein solcher wirklich gewesen zu sein. Es muss uns jetzt nicht interessieren, dass die Republikaner noch 2008 mit McCain einen Kandidaten hatten, der wirklich in Vietnam gekämpft hat und vom Vietcong sogar gefangen

genommen wurde. Ich hingegen muss zugeben, dass ich das mit Chuck Norris‘ Filmen nur nachgelesen habe. Die Filme durfte ich nie sehen. Das hat die Zensur der DDR verhindert, in der ich damals lebte. Kein Wunder, dass sie das tat, denn sie war ja sozusagen ein Teil des »Reiches des Bösen«, wie Ronald Reagan damals die Sowjetunion nannte. Diese DDR stand auch auf Seiten der Nordvietnamesen, die sich gegen die USA wehrten, weil die sie in die »Steinzeit bomben« wollten, wie sich ein amerikanischer General unumwunden zum Kriegsziel bekannte. Zur »Achse des Bösen« konnte später George W. Bush diese DDR freilich nicht mehr zählen. Es war zu vielen im Volk der DDR aufgefallen, dass »alles mit dem Volk, alles für das Volk, alles durch das Volk« vielleicht doch anders gehen müsste als von der SED und ihren Blockfreundinnen und -freunden als »real existierender Sozialismus« praktiziert. Es blieben für die »Achse des Bösen« nur mehr Nordkorea, der Iran und der Irak übrig. Im Irak ist von den USA mittlerweile gründlich aufgeräumt worden. In Afghanistan hat man den Platz der früheren Sowjetunion eingenommen. Anderes steht uns wohl noch bevor. Da ist Obama ja auch kein Waisenknabe. Unter dem Schutz des Friedensnobelpreises macht er der »Freien Welt« die Schwerarbeit und erntet keinen Dank – nicht in Afghanistan, nicht in Libyen oder Ägypten oder sonst wo. Vielleicht zeigen sich die Japanerinnen und Japaner dankbarer? Denen hat Obama den vom Bündnis geforderten militärischen Beistand vor kurzem erst garantiert, wenn es China wagen würde, seinen Anspruch auf die umstrittene Inselgruppe Senkaku mit Gewalt durchzusetzen. Gewagt, gewagt! Doch »Yes we can« hat Barack Obama vor vier Jahren gerufen. Manches, was zu können er mittlerweile bewiesen hat, hatte man ihm damals nicht zugetraut, ja, wollten seine Wählerinnen und Wähler gar nicht, dass er es konnte. Für manches braucht er noch Zeit, sagt er jetzt. Auf jeden Fall hat dieser Teufel gegen scharfen republikanischen Widerstand jeder Bürgerin und jedem Bürger der USA eine Krankenversicherung aufgezwungen. Chuck Norris hat Recht: Hier dräuen Sozialismus und finstere Jahre am Horizont. Und Bismarck war der größte Sozialist auf dieser Erde, die eine Scheibe ist.


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