THE HOMELESS WORLD CUP GRAZ 2003 PHOTO EDITION
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Beginning The Homeless World Cup is an innovative global social initiative that offers people living on the street a second chance.
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Sport can be so colorful and so fair. Teams from all around the world participated against each other and celebrated together at the 2010 Homeless World Cup in Rio de Janeiro. The collection of photos shown in this article were taken by Mauricio Bustamante during the event.
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The idea sounds simple: you bring together a group of homeless people and give them a shared goal – in this case, the desire to win an international soccer tournament. The result: many of them also succeed in finding their way back to a normal life – and some even turn sport into a career. This simple idea has become reality – and a very successful one to boot. The Homeless World Cup is now a global event that takes place each summer in a different city around the world. The tournament uses a unique, street soccer format, which is fast, fun and entertaining. In March 2001, representatives of dozens of street papers from all over the world came together in South Africa to discuss how to draw more government, public and media attention to the growing problem of homelessness.
As the social entrepreneurs chatted late into the night, the conversation drifted to football. The idea for the Homeless World Cup was born. Teams from 18 nations kicked off at the inaugural event in Graz, Austria in 2003. Since then it has gained huge momentum: 64 teams from 53 nations will play at the 9th Homeless World Cup in Paris in August 2011. The goal of using football as a catalyst to encourage homeless people to change their lives has been a clear success and has inspired grass roots football programs in 64 nations around the globe. Research shows that over 70 per cent of players in the Homeless World Cup experience a significant life change. They move into homes, jobs, education and training. Some even become football players or coaches. After Rio de Janeiro in 2010 and Paris in 2011, the tournament goes to Mexico City in 2012, where around 6,000 homeless people already play in local football teams. Together they learn to celebrate their wins and accept their defeats. And while they naturally all dream of winning the tournament, they also share the more practical dream of simply having a job and a roof over their heads. The Homeless World Cup is not just their story, it is also the story of the countless volunteers who work tirelessly year after year to add a new chapter to the tale. There are one billion homeless people in the world. It is a global issue that affects all nations. The Homeless World Cup has a vision for a world where everyone has a home. We at Global Player applaud this vision and support the idea of the Homeless World Cup with the firm conviction that its success story is only just beginning. www.homelessworldcup.org
Homeless World Cup 2010 RIO DE JANEIRO 2011 PARIS 2012 Mexico City
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Sport – Hilfe auf dem Weg zurück Martin Pfeiffer als einziger Fußballer aus SchleswigHolstein bei Homeless-Worldcup in Australien
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Er war einer der besten Torwarte bei der Homeless-Fußballweltmeisterschaft in Australien: Martin Pfeiffer, einziger Teilnehmer aus Schleswig-Holstein.
> Als Juniorenspieler stand Torwart Martin Pfeiffer beim Hamburger Spitzenverein SC Concordia kurz vor dem Sprung in die erste Fußballmannschaft. Dann wurde er einige Jahre suchtkrank. Inzwischen hat der 38-Jährige diese schwierige Phase seines Lebens überwunden. Dabei geholfen haben ihm verschiedene Eingliederungsmaßnahmen. Unter anderem hat ihn die Kieler Hilfeeinrichtung Odyssee auf diesem Weg begleitet. Fußball ist eine der ganz großen Leidenschaften von Martin Pfeiffer geblieben. Seit einigen Jahren spielt er im Tor des Odyssee-Teams, das 2006 Deutscher Meister der Straßenfußballer wurde und im vergangenen Jahr den zweiten Platz schaffte. Als Gastspieler hat Pfeiffer auch schon die HEMPELS-Fußballmannschaft verstärkt.Vergangenen Dezember erfüllte sich für ihn ein großer Traum. Er reiste mit der Deutschen Nationalmannschaft der Homeless-Fußballer zu den Weltmeisterschaften ins australische Melbourne und war dort der einzige Teilnehmer aus Schleswig-Holstein. Das deutsche Team verpasste nur knapp den Einzug in die große Finalrunde der letzten acht von insgesamt 56 Teams. Weltmeister wurde die Mannschaft aus Afghanistan vor Russland. In der kleinen Finalrunde um den Ehrencup unterlag Deutschland im Spiel um Platz drei gegen das portugiesische Team. In der Endabrechnung bedeutete das einen hervorragenden Platz zwölf – die beste Platzierung bisher bei einem Homeless-Worldcup. Wir veröffentlichen auf diesen Seiten einige Tagebuchaufzeichnungen, in denen Martin Pfeiffer von seinen Eindrücken berichtet.
Alle Fotos: Mauricio Bustamante
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Das Zuschauerinteresse war gewaltig. Vom australischen Fernsehen wurde das Endspiel sogar live übertragen.
„Wie im Kino“ Martin Pfeiffer aus Kiel über seine Eindrücke von der Homeless-WM in Australien Sonntag, 30. November Nach zehn Stunden Flug von Frankfurt nach Seoul und weiteren elf Stunden bis nach Melbourne sind wir alle richtig fertig. Aber das Wetter entschädigt doch für alle Anstrengungen. Morgens um acht kann man schon im T-Shirt rumlaufen. Wir sind in der Uni untergebracht, jeder Spieler hat ein eigenes Zimmer und kann sich zurückziehen, wenn er es möchte. Montag, 1. Dezember Erstes Spiel gegen Griechenland, wir haben 8:6 gewonnen! Die deutsche Generalkonsulin war extra für uns gekommen und feuerte uns an.Wie peinlich, dass ich sie dann gleich „abgeschossen“ habe! Ein von mir abgewehrter Ball traf sie nämlich am
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Kopf. Hinterher im Gespräch war sie aber überhaupt nicht böse. Mittwoch, 3. Dezember Wir waren heute Nachmittag ins Deutsche Generalkonsulat eingeladen, wo wir herzlich empfangen wurden. Ein schönes Gefühl, die sozialen Fußballer aus Deutschland repräsentieren zu dürfen. Gestern die Spiele verliefen sehr unterschiedlich – sowohl vom Spielerischen her als auch die Ergebnisse betreffend. Gegen Kenia passte gar nichts zusammen und wir waren alle sauer über unsere Niederlage. Das wird noch diskutiert werden müssen, denn wir waren alle grottenschlecht. Eine dreiviertel Stunde später spielte die selbe Mannschaft hervorragend und bezwang Chile.
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Torwart Martin Pfeiffer vor der Kulisse von Melbourne (re.), im Kreis des deutschen Teams (ganz o.) und auf seinem Zimmer in der Uni, während er per Laptop Kontakt zur Heimat hält (o.).
Donnerstag, 4. Dezember Es läuft hier ab wie im Kino – wir halten mit der Weltspitze mit! Wir sind so gut drauf, jetzt ist alles möglich. Erst 10:2 gegen Österreich gewonnen. Und dann haben wir gegen den Favoriten Afghanistan mitgehalten. Wir haben denen unser Spiel aufgezwungen, da war kein Unterschied zu sehen und wir sind regelmäßig in Führung gegangen. Durch zwei dumme Fehler haben wir schließlich 8:9 verloren. Aber niemand war sauer. Wir wollen trotzdem versuchen, Weltmeister zu werden. Wenn wir morgen gegen Russland gewinnen, dann ist noch alles drin. Das Endspiel wird live im australischen Fernsehen übertragen werden!
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Freitag, 5. Dezember Schade! Die Russen waren heute einfach besser als wir. In die große Finalrunde haben wir es leider nicht geschafft. Mal sehen, was in der kleinen Finalrunde möglich ist. Samstag, 6. Dezember Haben heute unser letztes Spiel in der Ehrenrunde gegen Portugal 5:8 verloren und sind insgesamt auf den zwölften Platz gekommen. Ein toller Erfolg für uns! Hätte sich unser bester Feldspieler Denny nicht verletzt, wäre sogar noch mehr möglich gewesen. Das war ein super Turnier. Nur eine Kleinigkeit stört mich etwas. Zum besten Torhüter wurde nämlich der irische Keeper gewählt. Dabei fand ich mich eine Spur besser ...
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Postkarten abtrennen, versenden und freude bereiten!
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Hinz&Künztler Artur Walencik gehört zu den deutschen Nationalkickern beim Homeless Word Cup Meldungen
Dem Präventionsprojekt „Gefangene helfen Jugendlichen“ (GHJ) sollen zum Jahresende die staatlichen Zuschüsse in Höhe von 8000 Euro gestrichen werden. Die Sozialbehörde begründet die Streichung damit, dass es keinen fachlichen Bedarf mehr gebe und sich „solche Projekte als wirkungslos“ erweisen würden. Diese Einschätzung ist deshalb so erstaunlich, weil das 1998 von Gefangenen in „Santa Fu“ gegründete Projekt unter anderem mit dem Präventionspreis der Landespolizei SchleswigHolstein (2007) ausgezeichnet wurde. Der Grund: Das Polizeirevier Elmshorn war mit 65 Jugendlichen, die alle wegen Einbruchs, Raubes oder schwerer Gewaltdelikte auffällig geworden waren, bei GHJ in Santa Fu. Nur 13 wurden danach in diesen Bereichen wieder rückfällig. „Der Besuch im Gefängnis und die intensiven Gespräche mit verurteilten Räubern und Mördern haben sie geläutert. Die meisten Jugendlichen sagten: ‚Das möchten wir nicht erleben‘“, sagt Frank Ritter, Leiter des Polizeireviers in Elmshorn. „Wir waren selbst überrascht: 80 Prozent der Jugendlichen haben keine schweren Straftaten mehr verübt. Wir wären schon begeistert gewesen, wenn es 30 Prozent gewesen wären.“ Das Projekt hat ein Jahresbudget von 70.000 Euro und musste bislang schon den
Löwenanteil über Spenden einwerben. Die Streichung der Zuschüsse stellt „ein Problem dar“, so GHJ-Geschäftsführer Volker Ruhe, aber gefährdet noch nicht die Existenz des Projektes. bim
Familie. Das Verfahren soll jetzt dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden. Das soziokulturelle Existenzminimum ist ein statistischer Wert, der auf den Realausgaben des ärmsten Fünftels der Bevölkerung beruht. beb
Unser Mann beim Homeless World Cup in Melbourne
Existenzminimum-Bericht ist laut Caritas „realitätsfern“
Hochmotiviert reiste Nationalkicker Artur Walencik Ende November nach Australien. Für den Homeless World Cup, die Fußballweltmeisterschaft der Wohnungslosen, steht der gebürtige Pole für Deutschland auf dem Platz. Auch wenn Team Germany sich bei vergangenen Turnieren im zweistelligen Bereich platziert hat, glaubt Artur, dass „alles möglich ist, wenn die ersten Spiele gut laufen“. Die Ambitionen des 35-jährigen Stürmers, torschützenkönigverdächtig zu punkten, halten sich in Grenzen: „Hauptsache, wir haben immer einen Treffer mehr als die anderen.“ Im Januar lesen Sie, wie beb es ausgegangen ist.
Die Caritas kritisiert den ExistenzminimumBericht der Bundesregierung als „realitätsfern“ und stellt klar, „dass arme Kinder durch eine Anhebung des steuerlichen Existenzminimums keinen Cent mehr bekommen“. Von Januar an sind pro Kind 6024 Euro im Jahr einkommensteuerbefreit, Familien werden somit entlastet. Der Verband fordert, die Kinderregelsätze um durchschnittlich 46 Euro zu erhöhen. beb
Hartz-IV-Regelleistungen verfassungswidrig? Die Hartz-IV-Regelleistungen decken nicht das sogenannte soziokulturelle Existenzminimum einer Familie ab. Das verstößt nach Ansicht des Hessischen Landessozialgerichts gegen das Grundgesetz. Geklagt hatte eine dreiköpfige
Jeder vierte Hamburger Jugendliche ein Risikoschüler Risikoschüler werden Jugendliche genannt, die die Schule mit einem schlechten oder ohne Abschluss verlassen. In Hamburg betrifft das etwa 25 Prozent der Schulabgänger. Sie haben „so geringe schulische Kompetenzen, dass ein selbstbestimmtes Leben in Beruf und Ausbildung gefährdet ist“, sagt der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hamburg, Klaus Bullan. SPD-Schulexperte
Foto: Mauricio Bustamante
Keine Zuschüsse mehr für Gefangene helfen Jugendlichen
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Bad in der Menge: Hinz&Künztler Artur Walencik spielt Fußball, seit er ein kleiner Junge war. Dass er eines Tages als Nationalkicker Autogramme geben würde, hätte er nicht gedacht. Beim Homeless World Cup in Melbourne war er wie die anderen 500 Athleten ein Star
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Dass er wirklich nach Australien zum Homeless Worldcup fliegt, hat Artur Walencik erst geglaubt, als er im Flugzeug saß. Die Zeit auf dem fünften Kontinent war für ihn etwas ganz Besonderes. Zum ersten Mal einen Ozean überflogen, Koalas gestreichelt, Pinguine gesehen, im Dezember am Strand gegrillt, einer Generalkonsulin die Hand geschüttelt, eine Nation auf dem Spielfeld vertreten, vor mehr als tausend Zuschauern Fußball gespielt, Autogramme gegeben, mit Jubelrufen gemeint sein. Kleine Puzzleteile großen Glücks, die Artur als Erinnerungen in seinem Herzen und in Hunderten Bildern auf seiner Digitalkamera – extra vom Gesparten gekauft – mit sich trägt. „Da war ich kein Obdachloser, kein Arbeitsloser. Ich war wichtig. Das war ich noch nie“, sagt Artur. Der 35-Jährige ist ein guter Fußballspieler, ein schneller Sprinter, ein treffsicherer Schütze, ein Teamplayer. „Ich war stolz auf meine Kollegen und sie waren stolz auf mich. Wir haben uns gegenseitig Kraft gegeben. Die haben gesagt: ,Du gehörst zu uns. Egal ob wir verlieren oder gewinnen, wir stehen zusammen.‘“ Artur hält inne. Er lächelt und sagt: „Das war schön.“ Artur und seine Mitspieler stehen in Melbourne ziemlich unter Druck. Der Trainer ist ehrgeizig, sie selbst sind es auch. Das heiße, trockene Klima in Australien macht Höchst-
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Zu den mehr als 400 Spielen bei der FußballWM der Obdachlosen in Melbourne kamen bis zu 2000 Zuschauer, zum Finale sogar 5000 Fans. Afghanistan gewann das Turnier schließlich, Team Germany machte den zwölften Platz
Die Nummer 45 trägt Artur nicht ganz freiwillig. Während andere Mannschaften mit nagelneuen Outfits verwöhnt waren, hatte Team Germany nur ein paar Trikots, von denen die meisten auch noch die Nummer fünf auf dem Rücken hatten. Da war handarbeitliches Geschick gefragt: Die vier zur 45 ist selbst aufgebügelt. Torwart Martin Pfeiffer aus Kiel hat gleich sein eigenes Trikot mitgebracht
leistungen sehr schwierig. Aber die deutsche Mannschaft kämpft sich durch die Vorrunde und wird schließlich die zwölftbeste von 56 teilnehmenden. „Ein optimales Ergebnis für unser kleines Team“, findet Artur. Er ist optimistisch, er verliert nach einer Niederlage nicht den Mut. Auch nicht, als sie vom kenianischen Team mit zwölf zu zwei Toren vom Platz gefegt werden. Erst recht nicht, als sie gegen Irland verlieren – da läuft er nach dem Match noch eine Ehrenrunde mit der irischen Flagge. Für Artur zählt die nächste Aufgabe, die nächste
Chance zum Sieg. Bevor der Schiedsrichter das Spiel nicht abgepfiffen hat, ist noch Zeit zu kämpfen. „Bis zur letzten Minute Kopf hoch“ ist sein Motto – und nicht an vergangene Niederlagen denken. Artur hat es nicht geschafft, seinen Optimismus über den großen Teich bis nach Deutschland zu retten. In sein 35 Quadratmeter großes Appartement in Harburg. An seinen Verkaufsplatz in Buchholz. In sein Leben, in dem er ein Obdachloser war und ein Arbeitsloser ist.
2001 kam Artur das erste Mal nach Deutschland, weil er dachte, dass er hier mit guter Arbeit gutes Geld verdienen könnte. Dafür ließ er in Polen seine Frau zurück, die Ehe zerbrach schließlich. Obwohl er schnell Deutsch gelernt und in Polen eine Ausbildung zum Schiffsbauer gemacht hat, reicht es in Hamburg nur zu Gelegenheitsjobs. Mehrere Monate lebt Artur auf der Straße, bis er erst bei einer Bekannten unterkommt und schließlich eine eigene kleine Wohnung findet. Zuletzt hielt er das Büro eines Steuerberaters stundenweise in Ordnung,
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Für Fairplay und sein Kämpferherz bekam Artur die „Spirit of Football“-Medaille
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So sehr sie bei Siegen jubelten, so sehr erschütterten sie die Niederlagen. Im deutschen Team war Artur derjenige, der versuchte, schnell wieder für gute Stimmung zu sorgen. Schließlich gehöre Verlieren auch zum Spiel. „Man darf nicht traurig und beleidigt sein. Hauptsache, man gibt sein Bestes“, ist die Devise des 35-Jährigen
Zwischen den Spielen: Artur spielt Fußball mit australischen Kids. Am Turnier nahmen 56 Nationen teil, jede mit ihrer eigenen Sprache und Kultur im Gepäck. Respekt voreinander und gemeinsamer Spaß am Sport prägten den Worldcup, erzählt Artur: „Alle haben sich gegenseitig Glück gewünscht, alle waren Freunde. Warum kann das nicht immer so sein?“
verdiente sich so etwas Geld. Mit dem Lohn und dem Hinz&Kunzt-Verkauf konnte er seine Miete sicher bezahlen. Nach zwei Wochen Australien, in denen er nicht gearbeitet hat, sieht es jetzt finanziell düster aus. Der Steuerberater hat eine andere Aushilfe angeheuert. Artur muss versuchen, allein vom Zeitungsverkauf seine Miete zu bezahlen – sonst steht er wieder auf der Straße. Er fürchtet sich vor dem neuen Jahr, weil der Verkauf nach der Weihnachtszeit erfahrungsgemäß schleppend läuft. Er wünscht
sich eine feste Arbeitsstelle, die ihm wieder Sicherheit und Selbstvertrauen gibt – doch er hat keine Arbeitserlaubnis. Er würde alles geben, seinen ganzen Einsatz – und ein bisschen mehr. So wie er es beim World Cup gemacht hat. Doch im Moment erscheint Artur alles sehr trostlos, nachdem er zwei Wochen auf der Tausende Kilometer entfernten Sonnenseite war. „Vor Australien konnte ich mein Leben akzeptieren. Es lief mal besser und mal schlechter. Jetzt ist alles doppelt schwer“, sagt Artur. „Eine andere Welt“ nennt
er Australien und meint: eine bessere Welt. „Megahammer Landschaft“ in Down Under statt Harburger Tristesse. Gut gelaunte, braun gebrannte Gesichter, die „immer lachen“. Erste-Sahne-Wetter rund ums Jahr statt Grauin-Grau in Norddeutschland. Und: „Jede Menge Jobs, nur ein Prozent Arbeitslosigkeit – oder weniger.“ Sofort würde Artur auswandern, in dieses freundliche, sonnige Land auf der anderen Seite des Globus. Doch er hatte nur ein Besuchervisum fürs Paradies. 9<8KI@:< 9C8EB
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Nach dem Abpfiff: Es war Arturs erste und letzte WM, im nächsten Jahr sind andere dran