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IN 4,5 JAHREN AUSBILDUNG UND STUDIUM IN DER TASCHE SO LÄUFT EIN VERBUNDSTUDIUM AB

von Dominik Baum

Ein Bachelorstudium dauert regulär sieben Semester, also 3,5 Jahre. Eine Ausbildung – je nach Ausbildungsrichtung – meist 2,5 bis 3 Jahre. Daher entscheiden sich viele junge Menschen für einen der beiden Bildungswege. Es gibt aber auch die Möglichkeit, beides miteinander zu verbinden und so die eigene Karriere – zeitsparend – zu pushen: das Verbundstudium. In gerade einmal 4,5 Jahren hat man dann sowohl einen Ausbildungs- als auch einen Bachelorabschluss in der Tasche.

Auch an der Hochschule Kempten kann eine solche Doppelqualifikation erworben werden. Wie genau das funktioniert, erklären wir euch am Beispiel des ganz neuen Verbundstudiums Taxation – einer Kombination aus Betriebswirtschaftsstudium und der Ausbildung zum/zur Steuerfachangestellten. Was auf den ersten Blick erst einmal etwas trocken klingt, bietet spätestens auf den zweiten Blick so einige spannende Karrieremöglichkeiten und weitere Vorteile.

In vier Schritten zu Ausbildung und Studium

Wer das Verbundstudium Taxation anstrebt, benötigt die Hochschulreife und bewirbt sich zunächst um einen Ausbildungsplatz in einer Steuerkanzlei. Das kann in einem Unternehmen sein, das bereits mit der Hochschule kooperiert oder auch in einer anderen Kanzlei, die für ein Verbundstudium offen ist. Ist der Ausbildungsvertrag in trockenen Tüchern, folgt die Bewerbung um einen Studienplatz an der Hochschule Kempten. Gibt es auch seitens der Hochschule das „Go“, starten Verbundstudierende zunächst mit ihrer Ausbildung. Nach rund 14 Monaten beginnt parallel das Studium. Von nun an wechseln sich Hochschul- und Praxisphasen im Ausbildungsbetrieb, der Berufsschule sowie der Hochschule ab. Nach bestandener Berufsabschlussprüfung – in der Regel im 3. Ausbildungsjahr – sammeln die Studierenden in vorlesungsfreien Zeiten sowie ihrem Praxissemester weitere praktische Erfahrungen, bis letztlich auch das Studium mit der Abgabe der Bachelorarbeit im 7. Semester abgeschlossen wird.

Wie finanziere ich mein Studium?

Eine Frage, mit der sich die meisten Studierenden früher oder später auseinandersetzen müssen. Angehende Steuerfachangestellte, die sich für das Verbundstudium entscheiden, haben diese Sorge nicht – die Ausbildungsrichtung wird besonders attraktiv vergütet. „Schon im ersten Lehrjahr habe ich 1.400 Euro verdient“, erzählt Sabrina Loibl, die derzeit bei der ATG Allgäuer Treuhand GmbH ihre Ausbildung zur Steuerfachangestellten absolviert. Für Sabrina, die bereits im 2. Ausbildungsjahr ist, kommt das neue Verbundstudium zwar zu spät, aber ihr Arbeitgeber ist einer von derzeit 14 Praxispartnern der Hochschule Kempten für ein Verbundstudium. „Wir machen die Erfahrung, dass sich immer weniger junge Menschen für eine klassische Ausbildung entscheiden und stattdessen lieber studieren wollen. Hinzu kommt, dass das Thema Steuern leider eher negativ behaftet ist. Das Verbundstudium bietet uns die Möglichkeit, bei der Nachwuchssuche neue Wege zu gehen“, erklärt Ausbilderin Claudia Wiedemann.

Sabrina Loibl (l.) ist gerade im 2. Ausbildungsjahr zur Steuerfachangestellten. Ihrer Meinung nach ist der Ausbildungsberuf viel besser als sein Ruf

Thomas Haug ist im letzten Semester seines Studiums zum Betriebswirt. Da er dual studiert, konnte er bereits während des Studiums sein theoretisch erlerntes Wissen in einer Steuerkanzlei praktisch anwenden

Theorie praktisch anwenden

Auch für Thomas Haug kommt das Verbundstudium Taxation zu spät, denn der Kemptener Student ist bereits im 7. Semester und wartet nur noch auf die Note seiner Bachelorarbeit. Nachdem Thomas mit der Schule fertig war, entschied er sich zunächst für die Ausbildung zum Steuerfachangestellten. Danach startete er sein duales Betriebswirtschaftsstudium an der Hochschule Kempten, wodurch er sein erlerntes Wissen in der vorlesungsfreien Zeit direkt in der Steuerkanzlei Penke Heinze Gehring & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbB anwenden konnte – eine Verzahnung aus Theorie und Praxis, wie sie auch das Verbundstudium vorsieht. Thomas bereut den Mix aus Ausbildung mit Steuer-Fokus und dem ganzheitlich aufgebauten Studium nicht – im Gegenteil: „Unsere Klienten machen sich schließlich nicht den ganzen Tag Gedanken darüber, wie sie möglichst wenig Steuern zahlen. Vielmehr geht es auch darum, Unternehmens- prozesse zu optimieren oder die Gewinne zu steigern. Da wir uns im Studium mit solchen Fragestellungen auseinandergesetzt haben, kann ich mich in die Lage unserer Klienten viel besser hineinversetzen“, so Thomas. Trotzdem haben die Studierenden im Laufe der sieben Semester die Gelegenheit, ihr Wissen im Bereich Steuern zu vertiefen, wie Prof. Dr. Christopher Barth von der Fakultät Betriebswirtschaft erklärt: „Die Steuerausbildung erfolgt an der Hochschule Kempten sehr intensiv. Bereits im Grundstudium werden die Studierenden mit den wichtigsten Steuergesetzen und deren Regelungsinhalten vertraut gemacht. Im Vertiefungsstudium haben sie dann die Möglichkeit im Schwerpunkt Steuern die theoretischen Kenntnisse in einer Vielzahl von Praxisfällen umzusetzen und somit ein breites praxisorientiertes Wissen aufzubauen. Dieses kann umgehend im beruflichen Alltag eingesetzt werden und dadurch können die persönlichen Einsatzbereiche im allgemeinen Kanzleibetrieb deutlich erweitert werden.“

Angst vor Steuerberuf unbegründet

Wenn Sabrina und Thomas auf Ausbildungs- und Berufsmessen unterwegs sind, machen sie die Erfahrung, dass vor allem die Eltern es sind, die eine Ausbildung im Bereich Steuern für zu kompliziert halten. „Was man mitbringen sollte, ist die Freude am Umgang mit Zahlen, ein grundlegendes wirtschaftliches Verständnis und eine strukturierte Denkweise – alles andere, wie Gesetzestexte richtig zu lesen, wird einem beigebracht“, sagt Thomas. Sabrina wünscht sich, dass sich mehr junge Menschen trauen, in Steuerkanzleien hineinzuschnuppern und sich so einen eigenen Eindruck zu verschaffen. „So bin auch ich zu meiner Ausbildung gekommen. Nach zwei Tagen Praktikum wusste ich: Hier will ich her“.

3 Klischees Ber Steuerberufe Und Warum Sie Nicht Zutreffen

Wir haben Sabrina und Thomas gefragt, welche Vorurteile sie in Bezug auf ihre Jobs immer wieder zu hören bekommen und warum diese in ihren Augen nicht zutreffen.

1. Monoton, trocken, verstaubt

Adjektive, mit denen Sabrina und Thomas ihren Job nicht beschreiben würden. Von großen Industrieunternehmen bis hin zur Bäckerei in der Nachbarschaft stammen die Klient:innen aus ganz unterschiedlichen Branchen, wodurch sich auch die jeweiligen Bedarfe stark unterscheiden. Das sorgt für einen abwechslungsreichen Arbeitsalltag.

2. Kaum soziale Kontakte

Nicht nur innerhalb des eigenen Teams und mit verschiedenen Behörden wie dem Finanzamt und dem Kirchensteueramt sind Steuerkanzleien ständig im Austausch. Auch Außentermine bei Klient:innen sind an der Tagesordnung. Schöner Nebeneffekt: Oft erhalten sie dabei bei Unternehmensführungen spannende Einblicke hinter die Kulissen und erleben Produktionsprozesse hautnah.

3. Wenige Karrieremöglichkeiten

Nach der Ausbildung stehen Steuerfachangestellten verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten offen, beispielsweise zum Steuerfachwirt. Auf akademischem Wege (z. B. über das Verbundstudium) ist ein zusätzlicher Bachelorabschluss möglich. Wer auch noch den Master eintütet, kann schon nach wenigen Jahren die Prüfung zum Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer ablegen.

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