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DIE CORONA-KRISE So erlebt sie das Südti roler Handwerk

Die CoronaKrise

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SEIT WOCHEN GIBT ES NUR MEHR EIN THEMA: COVID�19, DESSEN FOLGEN, MÖGLICHE LÖSUNGEN UND SCHWIERIGKEITEN. DIE GANZE WELT KÄMPFT GEGEN DENSELBEN UNSICHTBAREN FEIND, AUCH DAS SÜDTIROLER HANDWERK!

ovid-19 hat die ganze Welt seit Wochen im Griff: Am 11. März mussten in Südtirol die ersten Betriebe schließen, andere traf der Lockdown einige Tage später. Es ist eine sehr schwierige Situation, mit der die ganze Welt zu kämpfen hat. Besonders Betriebe leiden unter den Maßnahmen, die nötig sind um Covid-19 einzudämmen. Sie müssen Kosten stemmen, obwohl die Einnahmen von mehreren Wochen fehlen.

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ERSTES AUFATMEN

Der lvh tauschte sich sehr oft mit Landeshauptmann Arno Kompatscher und mit Wirtschaftslandesrat Philipp Achammer aus. Dabei wurde deutlich, wie wichtig es für die Wirtschaft ist, dass die Betriebe wieder öffnen und arbeiten können. Ebenso kam man zum Entschluss, dass die Betriebe eine schnelle finanzielle Unterstützung benötigen.

Eine große Erleichterung folgte am 15. April: Die Südtiroler Landesregierung hat noch am Abend nach der Sitzung des Südtiroler Landtags Hilfen für die heimischen Kleinunternehmen zugesichert. (Siehe Seite 15). Eine weitere gute Nachricht folgte einige Tage später am 18. April: Landeshauptmann Arno Kompatscher hat eine neue Verordnung unterzeichnet. Sie trägt die Nummer 21 und ermöglicht für alle bereits bisher erlaubten Tätigkeiten innerhalb des Betriebsgeländes eine Ausweitung auf maximal fünf Mitarbeiter. Zudem sind solche Tätigkeiten unter bestimmten Bedingungen auch außerhalb des Betriebsgeländes möglich.

EIN APPELL AN DIE VERNUNFT

„Wir sind sehr erleichtert, dass es nun langsam wieder aufwärts geht. Nun appelliere ich allerdings an die Vernunft und das Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen“, betont lvh-Präsident Martin Haller. „Wenn wir eine zweite Infektionswelle vermeiden wollen, müssen die vorgeschriebenen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen in den Betrieben, den Arbeitsstätten und auf den Baustellen dringendst eingehalten werden. Es muss gewährleistet sein, dass die Handwerksunternehmen die erforderlichen Ausrüstungen und Vorkehrungen zum Schutz von Beschäftigten und Kunden stellen.“

Robert Pohlin, Elektrotechniker

Die Politik muss die Wirtschaft jetzt massiv ankurbeln, indem sie öffentliche Bauvorhaben realisiert und öffentliche Ausschreibungen vorantreibt. Dabei sollten die Rahmenbedingungen gewähren, dass der Zuschlag der Arbeiten an Südtiroler Firmen geht. Ebenso sollten die einzelnen Gewerke getrennt ausgeschrieben werden, damit auch kleinere und einheimische Firmen von diesem Topf mitnaschen können. Nur mit den richtigen Rahmenbedingungen können wir die Krise bewältigen!

Patrizia Posté, Schönheitspflegerin

Wann der Sektor Körperpflege wieder öffnen darf ist unklar. Es gab bisher mehrere Vorschläge, aber die Salons sind immer noch geschlossen. Die Entscheidung ist unverständlich, da wir nicht der einzige Sektor sind, der engen Kontakt mit Kunden hat. Bei der Wiedereröffnung werden wir alle notwendigen Hygiene-Maßnahmen anwenden. Maßnahmen, die wir bereits in großem Umfang vor Covid-19 nutzten. Mit dem Zeitplan umzugehen und die Kosten zu stemmen wird sicherlich nicht einfach!

Joachim Volgger, Orthopädieschuhm

Dass die Politik kleine Betriebe finanziell unterstützt, finde ich sehr gut. Nur kann ich bei den Kriterien für Verlustbeitrag nicht verstehen, warum sie nicht hinsichtlich der Anzahl der Gesellschafter gestaffelt wurden. Unser Betrieb hat mehr als zwei Gesellschafter. Laut aktueller Staffelung werden Gesellschaften mit mehr als zwei Inhabern beim Kriterium „besteuerbares Einkommen“ benachteiligt. Familien- und ähnlich strukturierte Betriebe haben somit alle kein Anrecht auf die Förderungen!

Thomas Ploner, Metzger

Seit März müssen wir mit Handschuhen und Mundschutz arbeiten. Auch die Kunden müssen, wie überall, eine Maske tragen. Ich finde, dass die Vorschriften in die falsche Richtung gehen. Es wäre besser, wenn die Menschen genügend Abstand einhalten, anstatt mit Maske zu eng aneinander zu stehen. Auch wäre gründliches Händewaschen viel hygienischer, als Handschuhe. In die Metzgerei dürfen zugleich maximal drei Kunden. Diese Regel wurde schnell akzeptiert und ist kein Problem.

Alexander Dallio, Baumeister

Glücklicherweise konnten wir unsere Arbeiten wieder aufnehmen. Ich möchte mir nicht ausmalen, welche Folgen uns ansonsten gedroht hätten. Bedeutend ist jetzt die Einhaltung der Sicherheitsund Hygienemaßnahmen – und zwar von allen! Bevor wir die Arbeiten wieder aufgenommen haben, haben wir allen Mitarbeitern die verschiedenen Regeln und Maßnahmen erklärt. Wenn sich alle daran halten, sinkt das Risiko einer zweiten Corona-Welle!

Sigmund Holzknecht, Fassmaler

Seit Anfang März sind die Aufträge stark zurückgegangen. Als kleiner Ein-MannBetrieb kann ich leider nicht sagen, was die Zukunft für mich bringen wird. Es hängt sehr viel von den nächsten Monaten ab. Ich werde aber weiterhin versuchen, Anfertigungen zu machen und diese dann im Rahmen von Kunstausstellungen zu verkaufen. Ich bin keineswegs ein Pessimist, als Realist muss ich aber sagen, dass die Zukunft Schwierigkeiten mit sich bringen wird. Vor allem für uns kleine Betriebe.

Sandra Stablum, Mediendesignerin

Aufgrund der guten Auft ragslage vor der Krise können wir noch etwa einen Monat gut arbeiten. Was danach ist, wissen wir jetzt leider noch nicht. Es ist zurzeit schwierig neue Kunden zu akquirieren. Ich hoff e, das ändert sich, sobald wieder persönliche Gespräche möglich sind. Ich bin sehr froh, dass wir den ganzen Betrieb vor einem Jahr auf „online“ umgestellt haben. So können wir alle sehr gut von zu Hause aus arbeiten. Auch nutzen wir viele online-Kurse, unter anderem jene vom lvh.

Stefan Meraner, Karosserietechniker

Wir hatt en bisher großes Glück und konnten gut arbeiten, was ich und die Mitarbeiter sehr schätzen. Den Abhol-Service haben wir bereits vor der Corona-Krise angeboten. Die Kunden freuten sich natürlich vor allem in den letzten Wochen sehr darüber. Die aktuelle Situati on hat bewirkt, dass viele Südti roler von einem Autokauf abgesehen haben und anstelle dessen das alte Auto von uns auf Vordermann bringen ließen. Auch konnten wir einige Industrielackierungen übernehmen.

Erwin Domanegg, Mietwagenunternehmer

Unsere Mitarbeiter sind in Kurzarbeit und die Busse abgemeldet. Seit Ende Februar erhalten wir nur noch Stornierungen. Auft räge sind Fehlanzeige. Wir versuchen positi v zu denken und hoff en, dass wir im Mai wieder für den größten Linienkonzessionär Südti rols fahren können. Aktuell ist die Situati on so, dass man nur im öffentlichen Nahverkehr gefahren werden kann. Sämtliche Reisen, Schulausfl üge und Transferfahrten sind bis Mitt e Juni zu 100 Prozent abgesagt.

Hugo Michaeler, Tischler

Unser Lager ist zwar voll mit Möbeln zum Monti eren, doch wir kommen nicht wirklich voran, da viele Betriebe noch eingeschränkt sind. Oft ist es ein Boden, der noch ausständig ist, oder der Maler, der noch nicht kommen konnte. Es wird Zeit, dass alle Betriebe wieder zu 100 Prozent arbeiten können. Die hochangepriesenen Förderungen fi nde ich als 2-Mann-Betrieb für nicht ausreichend durchdacht. Vor allem wenn es um die Kriterien geht ist eine bessere Auft eilung nöti g.

PHILIPP ACHAMMER Wirtschafts- und Bildungslandesrat

„Die nächste Zeit ist ausschlaggebend“

Landesrat Philipp Achammer befürchtet, dass einige Zeit vergehen wird, bis sich die Südtiroler Wirtschaft normalisiert. Er ruft die Bevölkerung dazu auf, regional und lokal einzukaufen – zum Wohle aller!

Herr Achammer, wie schätzen Sie die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung ein?

Im Wesentlichen wird die Entwicklung sehr stark von der nächsten Zeit abhängen, vor allem davon wie schnell die Betriebe wieder arbeiten können. Allerdings müssen wir damit rechnen, dass wir nicht unmittelbar in die Vor-Krisen-Phase zurückkehren können. Auch werden nicht alle Betriebe auf dieselbe Weise wie zuvor arbeiten können, da der Großteil sicherlich vorsichtiger sein wird, was Investitionen und Aufträge betrifft. Wir versuchen dies, mit gewissen Maßnahmen zu kompensieren und zu stabilisieren. Ein entscheidender Punkt, der die ganze Wirtschaft hierzulande stark prägt, ist der Tourismus. Dieser große Sektor hat auf alle anderen Bereiche Einfluss. Wird sich dieser schnell erholen, wird er folglich auch andere Sektoren, wie das Handwerk positiv beeinflussen. Die italienweite Produktion wird ebenso darauf Einfluss haben, wie schnell es nach der Krise gelingt, die Auftragslage und den Export zu stabilisieren. Schließlich haben die Einschränkungen der Produktion in Italien dazu geführt, dass Aufträge an das Ausland verloren gegangen sein.

Wie kann die Politik die Betriebe unterstützen, damit sie schneller aus der Krise kommen?

In der Situation, in der wir uns jetzt befinden, ist das Schaffen von Liquidität ein wichtiger Faktor. Schließlich müssen Betriebe zurzeit Kosten bewältigen, obwohl sie keine Einnahmen haben. Darüber hinaus ist es für uns wesentlich, Härtefälle abzufedern. Es betrifft hierzulande vor allem kleine Betriebe, die um ihre Existenz bangen. Aus diesem Grund hat die Südtiroler Landesregierung beschlossen, dass die Kapitalbeiträge zwischen 3.000 und 10.000 Euro sofort ausbezahlt werden. Die größte Hilfe wird es aber sein, wenn alle Betriebe ihre Arbeit wieder aufnehmen können. Auch werden wir gemeinsam mit den Verbänden Maßnahmen ausarbeiten, die zur Regeneration der Wirtschaft beitragen werden.

Wie könnten die langfristigen Maßnahmen aussehen?

Eines was wir alle gemeinsam entwickeln sollten ist ein gesunder Lokalpatriotismus. Nach dieser Phase werden wir lokale Geschäfte, Handwerker und Dienstleistungen umso mehr schätzen. Zudem muss uns klar werden, wie wichtig es ist, dass Aufträge innerhalb des

Landes bleiben. Die kurzen Kreisläufe zu stützen, wird wichtiger denn je werden! Wenn wir aus dieser Zeit etwas lernen und dementsprechend Maßnahmen setzen, können wir alle langfristig davon profitieren. Die Politik muss hierzulande sicherlich Vereinfachungen umsetzen und die Rahmenbedingungen so gestalten, dass auch kleinere Betriebe öfter die Gelegenheit haben, öffentliche Aufträge zu erhalten.

Könnten Kooperationen eine sinnvolle Fördermaßnahme sein?

Auf jeden Fall! Eine derartige Krise hebt nochmal hervor, dass man nur gemeinsam stark ist. Kooperationen können auch im Hinblick auf Aufträge wichtig sein. Jeder Betrieb hat seinen Fachbereich. Würden sich für Aufträge einige zusammenschließen, würden mehrere kleine Betriebe davon profitieren. Kooperationen zwischen Betrieben können

ein sehr guter Ausgleich und eine große Hilfe sein. Um die Netzwerkarbeiten und Kooperati onen nach der Krise zu fördern, müssen ebenso entsprechende Maßnahmen gesetzt werden.

Können voraussichtlich alle Betriebe aufgefangen werden? Oder gibt es Sparten, die besondere Einbußen zu verbuchen haben?

Ob alle Betriebe aufgefangen werden können, wird sehr stark davon abhängen, wie schnell alle wieder arbeiten können. Es gibt durchaus einige Betriebe, die mit existenziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Natürlich sind es auch häufi g Betriebe, die bereits vor der Krise Schwierigkeiten gehabt haben. Es handelt sich dabei meist um Betriebe aus Sektoren, die am stärksten betroff en sind.

Was kann die Bevölkerung dazu beitragen, dass sich die Wirtschaft schneller wieder erholt?

Wie bereits gesagt, ist die Regionalität der Kernpunkt. Wir konnten uns jetzt lange Zeit nicht mehr aus der eigenen Gemeinde hinausbewegen. Dabei haben wir alle ein stärkeres Bewusstsein für die Geschäft e und Handwerksbetriebe in unserem Dorf entwickelt. Ich denke, dass dieses Bewusstsein Auswirkungen auf unsere Zukunft haben wird. Kürzere Kreisläufe, Regionalität und Nachhalti gkeit wird nach dieser Krise noch stärker präsent sein als vorher. Jede und jeder von uns wird dazu aufgefordert, drei Mal darüber nachzudenken, ob er die Onlinebestellung macht, oder ob es doch in Südti rol ein dementsprechendes Produkt gibt. Die heimische Wirtschaft muss verstärkt unterstützt werden. In diesem Punkt sind ebenso Anstrengungen von Seiten der Politi k notwendig.

Zuschüsse für Kleinunternehmen

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KRITERIEN

Die Täti gkeit ist vor dem 23. Februar 2020 aufgenommen worden.

Im letzten verfügbaren Geschäft sjahr wurde ein besteuerbares Einkommen von maximal 50.000 € erzielt, 85.000 € für Gesellschaft en mit mehr als ein Gesellschaft er und Familienunternehmen.*

Im letzten verfügbaren Geschäft sjahr wurde ein Umsatz von mindestens 10.000 € erreicht.

Im Jahr 2019 wurden maximal fünf Mitarbeiter in Vollzeit beschäft igt (in Jahresarbeitseinheiten - JAE - auf das gesamte Unternehmen angegeben. Umfasst die Angestellten, für das Unternehmen täti ge Personen, mitarbeitende Eigentümer sowie Teilhaber, die eine regelmäßige Täti gkeit im Unternehmen ausüben. Lehrlinge sind nicht zu berücksichti gen).

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AUSMASS DES BEITRAGES

3.000 € für Antragsteller, welche die Täti gkeit im Jahre 2019 begonnen haben;

5.000 € für Antragsteller, die im Jahr 2019 bis zu zwei Personen beschäft igt haben;

7.500 € für Antragsteller, die im Jahr 2019 mehr als zwei und bis zu vier Personen beschäft igt haben;

10.000 € für Antragsteller, die im Jahr 2019 mehr als vier und bis zu fünf Personen beschäft igt haben.

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VORAUSSETZUNG

Umsatzrückgang von mindestens 50% in den Monaten März, April oder Mai 2020 im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der Beitrag ist samt Zinsen zurückzuzahlen, wenn im Gesamtjahr 2020 nicht mindestens 20% Umsatzrückgang stattf indet.

Der Umsatz entspricht der Summe der ausgestellten Rechnungen, Belege, Quitt ungen und Tagesinkassi - alle unabhängig vom Inkasso.

Für Antragsteller, welche die Täti gkeit 2019 begonnen haben: kein Nachweis eines Umsatzrückganges erforderlich. Sie müssen aber einen Umsatz von durchschnitt lich mindestens 1.000 € pro Täti gkeitsmonat bis Ende Februar 2020 erreicht haben.

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ANSUCHEN

> Nur mit digitaler Identi tät (SPID) > www.mycivis.bz.it öff nen > Login (mitt els SPID) > Mein Profi l (rechts oben) öff nen > „Anträge“ anklicken > „Neuer Antrag auf Vertretung“ wählen > „Zuschüsse an Kleinunternehmen (COVID19)“ auswählen > Antrag ausfüllen und abschicken

Weitere Informati onen unter www.provinz.bz.it/de/dienstleistungen

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