Energie Dezember 2015 - Sonderausgabe der Leipziger Volkszeitung

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ENERGIE REPORT

DIENSTAG, 8. DEZEMBER 2015 | NR. 284

Alle unter einem Dach

Der Generationenhof lebt das Prinzip Großfamilie in moderner Form: Jung und Alt leben miteinander und helfen sich gegenseitig – unabhängig davon, ob sie miteinander verwandt sind. Viel Leidenschaft und Energie stecken die Macher in ihr Projekt. Unterstützt werden sie dabei auch von der Sparkasse Leipzig: mit persönlichem Engagement, Geld – und Kuchen.

s ist einer der ersten richtig kalten Tage Ende November. Schneereste liegen am Straßenrand und auf den Bäumen. Das Büro von Sina Gado und ihren Kollegen vom Generationenhof ist in einer ehemaligen Scheune auf einem Vierseitenhof untergebracht. Ein Ofen verströmt mollige Wärme, am großen Besprechungstisch stehen Apfelsaft, Wasser und selbst gemachte Pralinen bereit. Hier in Lindennaundorf, einem Ortsteil von Markranstädt westlich von Leipzig gelegen, wollen die 14 Bewohner des Generationenhofs eine neue Form von Gemeinschaft leben. Das Besondere an diesem Mehrgenerationenprojekt: Hier wohnen nicht mehrere Generationen einer Familie unter einem Dach, sondern verschiedene Familien und Wohnformen. Da ist zum einen die Wohngemeinschaft „Maxi“. Sieben Kinder und Jugendliche, die nicht bei ihren Familien leben können, wohnen hier mit Erziehern in einer WG. „Familiennahes Wohnen“ heißt dieses Konzept in der Fachsprache. Außerdem haben vor Kurzen zwei Ehepaare im Rentenalter Mietwohnungen in einem anderen Gebäude auf dem Hof bezogen. Die Generationen sollen in Kontakt kommen, miteinander leben und füreinander da sein – in guten wie in schlechten Zeiten. Dazu gehört auch, dass die älteren Bewohner zwar zur Miete wohnen, aber ein Wohnrecht auf Lebenszeit haben. „Das heißt, dass sie hier so lange wohnen dürfen, wie sie wollen – auch bis zu ihrem Tod“, erklärt

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Sina Gado, Geschäftsführerin des Gene- menkunden der Sparkasse Leipzig hat rationenhofs. Wenn ein Bewohner pfle- Sina Gado und ihre Mutter als Jurymitgebedürftig werde, könne man einen glied beim Gründerpreis kennengelernt Pflegedienst bestellen oder sogar eine und seitdem das Projekt weiter verfolgt eigene Fachkraft dafür einstellen. und unterstützt. Die Sparkasse half den Auch sie lebt mit ihrer Familie auf Gründerinnen bei der Kreditbeantradem Hof. „Mit vor Ort zu sein, war für gung und -abwicklung. „Der persönliuns einfach selbstverständlich“, sagt die che Kontakt wurde immer stärker. Und 38-Jährige. Denn sie hatte gemeinsam wir haben überlegt, was wir noch tun mit ihrer Mutter Monika Schmidt bereits können, um den Generationenhof zu unin den 90er Jahren die Idee im Kopf. terstützen“, sagt Tiedtke. Viel persönliches Engagement und 2009 haben sie diese dann in die Tat umgesetzt: Sie eröffneten die erste von in- viel Selbstgebackenes waren die Antzwischen drei Wohngemeinschaften in wort. Zweimal haben Michael Tiedtke Grünau, in denen Kinder und Jugendli- und seine Mitarbeiter mit einem Kuchenche mit Erziehern leben. „Parallel dazu basar Geld von den Kolleginnen und Kolhaben wir immer nach einem passenden legen der Sparkasse gesammelt. Mit den Objekt für den Generationenhof ge- Einnahmen konnten die WG-Kinder ins sucht“, erklärt Sina Gado. 2013 wurden Ferienlager fahren, der Spielplatz im Insie in Lindennaundorf fündig, ein Jahr nenhof gebaut und Einrichtungsgegenspäter eröffnete die WG hier. Im glei- stände gekauft werden. Gerade erst chen Jahr starb ihre Mutter infolge eines brachte eine Sparkassen-Mitarbeiterin Autounfalls. Seitdem treiben Sina Gado spontan Kinderkleidung, Fahrradhelme und Süßigkeiten für die Adventszeit vorund ihr Team die Idee weiter voran. bei – privat gespendet Ihre Leidenschaft und die Begeisterung Wir haben überlegt, von Kollegen. Sina Gado ist dankfür das Projekt merkt was wir noch tun bar für die Unterstütman Sina Gado an, zung und das ehrenamtwenn sie über die vielen können, um den Engagement. Auch kleinen Schritte berichGenerationenhof zu liche andere Unternehmen, tet, die es brauchte, um Freunde und Bekannte aus der Idee ein reales unterstützen. spenden Geld, Möbel und funktionierendes Michael Tiedtke, oder Kleidung, machen Projekt zu entwickeln. Sparkasse Leipzig andere auf das Projekt Michael Tiedtke aufmerksam oder pakennt das Projekt von cken auf dem Hof mit Anfang an. Der Veran. triebsdirektor für Fir-

Momentan spielt sich das Generationenwohnen noch ein: Die Älteren sind erst seit Kurzem hier, die Kinder und Jugendlichen haben mit Kita und Schule ihren eigenen Tagesablauf. Mal treffen sich die Bewohner nachmittags auf dem Spielplatz in der Mitte des Hofs, mal wird gemeinsam gebastelt oder eines der Kinder hilft den Senioren bei der Gartenarbeit. „Aber es ist den älteren Bewohnern bewusst, dass die Kinder teilweise Traumatisierungen haben und Schwierigkeiten in ihrer ganzen Sozialisation“, erklärt Linda Persy, pädagogische Leiterin des Projekts. 14 Bewohner hat der Generationenhof derzeit – und es könnten noch mehr werden. Vier neue Wohnungen sollen in einer alten Scheune entstehen, Anfragen gebe es bereits, erzählt Sina Gado, während sie neue Holzscheite nachlegt. Auch eine Gästewohnung wird demnächst fertig, in der Senioren zur Probe wohnen können, um das Hofleben zu testen. Denn die Gemeinschaft ist auf Dauer angelegt, alle sollen sich nach ihren Wünschen und Möglichkeiten einbringen. Dazu soll es in Zukunft regelmäßig Hoftreffen geben, bei denen gemeinsame Aktionen wie zum Beispiel das jährlich stattfindende Hoffest geplant und besprochen werden. Im Dezember steht aber erst mal eine Weihnachtsfeier mit allen Wohngemeinschaften, Hofbewohnern und Kollegen an. „Und natürlich mit dem Weihnachtsmann“, sagt Sina Gado mit einem Lachen.

Gemeinschaft auf Dauer: Der Generationenhof in Lindennaundorf bietet 14 Bewohnern – vom Jugendlichen bis zum Senioren – ein Zuhause. Foto: Christian Modla

hintergrund

Sparkasse Leipzig 2014 hat die Sparkasse Leipzig mit fünf Millionen Euro rund 1000 Projekte, gemeinnützige Vereine, Einrichtungen und Institutionen aus den Bereichen Sport, Kunst und Musik, Bildung sowie Soziales unterstützt. Das Unternehmen, das seit über 180 Jahren in der Region verwurzelt ist, will die kulturelle Vielfalt unterstützen und setzt sich daher für große Projekte genauso wie für kleine Initiativen ein. Mehr Informationen gibt es online unter www.sparkasse-leipzig.de.

Wenn Firmen zu Sparfüchsen werden

„Im Tagebau Vereinigtes Schleenhain wollen wir mindestens noch bis 2040 Braunkohle fördern“

IHK initiiert Energieeizienz-Netzwerk und sucht Mitstreiter

Selbstbewusst und zuversichtlich – MIBRAG fühlt sich im Revier Zuhause

Wir sparen Energie – leicht gesagt, doch in der Praxis stoßen Unternehmen dabei schnell auf ungeahnte Schwierigkeiten. Die Bundesregierung und die Spitzenverbände der Deutschen Wirtschaft haben im Dezember 2014 vereinbart, bis Ende 2020 rund 500 Energieeffizienz-Netzwerke zu etablieren und so einen Beitrag zur Erreichung der klima- und energiepolitischen Ziele Deutschlands zu leisten. Das Energieeffizienz-Netzwerk Leipzig wird durch die Sächsische Energieagentur, die Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer zu Leipzig unterstützt und ist Bestandteil der mit der Stadt Leipzig geschlossenen Kooperationsvereinbarung zu Energieeffizienz und Klimaschutz. In dem Netzwerk finden sich zehn bis 15 Vertreter von Unternehmen der Region zusammen. Sie treffen sich einmal pro Quartal bei einem der Unternehmen. Den Ablauf des Treffens bestimmen die Teilnehmer mit. Es gibt einen Vortrag von einem Fachexperten sowie Fachdiskussionen. Handlungsempfehlungen werden entwickelt, Ansprechpartner vermittelt. Wer als Unternehmen diesem Netzwerk beitritt, versetzt seine Mitarbeiter in die Lage, energetische Einsparpotenziale aufzuspüren. So können schließlich organisatorische und technische Strukturen geschaffen werden, um dann tatsächlich im Alltag zum Sparfuchs zu werden. Das Kugel- und Rollenlagerwerk Leipzig ist bereits im Oktober 2013 einem Energienetzwerk beigetreten. Das renommierte Unternehmen ist ein klassischer Großverbraucher: Im vergangenen Jahr wurden etwa neun Gigawattstunden verbraucht – nicht nur Strom, sondern auch Erdgas, Treibgas für Gabelstapler und Kraftstoff für die Firmenfahrzeuge. Viel Potenzial also für kräftiges Sparen. „Die Energiepreise haben einen sehr großen Einfluss auf unsere Selbstkosten. Diese machen rund fünf Prozent der Kosten aus“, erklärt Holger Lietsch, der sich beim Kugel- und Rollenlagerwerk Leipzig als stellvertretender Energiebeauftragter um das Thema kümmert. Ein Problem sind allerdings die unumgänglichen technischen Prozesse. „Bestimmte Anlagen benötigen einfach große Mengen Energie, um zu funktionieren. In unserem Fall sind dies die Härteöfen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit ständig beheizt werden müssen.“ Was wurde nun in diesem Unternehmen konkret getan? „Zuerst mussten die Hauptverbraucher aufgenommen werden, dann ging es natürlich darum, das gesamte Personal für das Thema zu sensibilisie-

ren“, so Lietsch. Erst dann schlossen sich ganz konkrete Maßnahmen an. Es mussten Ansätze zur Reduzierung gefunden werden, die für den Härtereiprozess nur mit großem Aufwand realisierbar ist. Die Kompressoren und Leitungen der hauseigenen Druckluftanlagen wurden modernisiert. Diese sind in der Regel sehr energieintensiv. „Oftmals weisen solche Leitungen ungewollte Lecks auf, die lange Zeit unerkannt bleiben.“ Im Anschluss ging es darum, Lastspitzen zu vermeiden – bisher geschah das per Hand und aufgrund von Erfahrungswerten. Künftig wird es eine Regelung per Monitoring geben. Keine Frage, dass sich auch beim Licht viel Geld sparen lässt. „Erste Bereiche haben wir bereits umgerüstet, um auf diesem Weg Erfahrungswerte mit der neuen Beleuchtungstechnik zu sammeln.“ Nach Auswertung der Ergebnisse sollen dann alle Firmenbereiche umgerüstet werden. Energiesparen ist in der Praxis oft ziemlich knifflig – diese Erfahrung musste auch Holger Lietsch schon machen. „Oftmals fehlt dafür das Personal – man muss einen in technischen Prozessen erfahrenen Mitarbeiter damit beauftragen. Ein oft sehr zeitaufwendiges Unterfangen.“ Klare Vorgaben macht auch die entsprechende Vorschrift DIN EN ISO 50-001: Diese schreibt vor, dass zu allererst der Energieverbrauch überhaupt erst einmal sichtbar gemacht werden muss. „Da müssen viele Daten erfasst werden, auch hier werden Fachleute gebraucht“, weiß Lietsch. Fehlen diese in manchen Firmen, seien Neueinstellungen erforderlich. Wer auf diese Weise sein Energiesparpotenzial sichtbar macht, hat den ersten Schritt für ein umfassendes Energiemanagementsystem getan. Im aktuellen Energieeffizienz-Netzwerk arbeiten keine direkten Konkurrenten, sondern nur vergleichbare Unternehmen aus der Metallverarbeitung. Die Weitergabe von Interna muss deshalb kein Unternehmen fürchten. „Die Regel innerhalb des Netzwerkes lautet: Im Netzwerk Besprochenes bleibt im Netzwerk“, so Lietsch. Für die IHK ein Beispiel, das Schule machen sollte. „Dieses Netzwerk zeigt, dass sich Unternehmen ohne Zwang Ziele setzen und positive Ergebnisse erzielen können. Mitmachen lohnt sich. Interessenten können sich bei uns melden“, ruft Dr. Thomas Hofmann, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Leipzig, zur Teilnahme auf. Kontakt bei der IHK zu Leipzig: Jens z Januszewski, Tel: 0341 1267-1263, januszewski@leipzig.ihk.de

Über Pläne, Investitionen, bezahlbare Versorgungssicherheit, Einkaufsstrategien, politische Rahmenbedingungen und vor allem die Bedeutung des Unternehmens für die Region – ein Gespräch mit Bernd-Uwe Haase, Kaufmännischer Geschäftsführer der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG). Wo steht MIBRAG heute und welche Pläne verfolgen Sie? MIBRAG ist ein modernes Bergbauunternehmen. Wir wollen uns trotz schwieriger werdender Rahmenbedingungen weiterhin solide entwickeln. Unsere Kunden können sich auf uns verlassen. Zuverlässig beliefern wir sie mit Braunkohle, mit Prozessdampf und Fernwärme sowie mit Veredlungsprodukten. In den letzten 20 Jahren haben wir rund 1,4 Milliarden Euro in neue Technik und Maßnahmen des Umweltschutzes investiert. Mit unseren beiden Industriekraftwerken halten wir alle geforderten Grenzwerte für Emissionen ein. Und wir sichern 3100 qualifizierte und tarifgebundene Arbeitsplätze direkt bei der Unternehmensgruppe und indirekt 8000 Arbeitsplätze in der Region. In diesem Jahr haben wir erstmals seit Bestehen 58 neue Auszubildende eingestellt. Das war ein Rekord. Mit weit über 1000 Zulieferern und Lieferanten arbeiten wir zusammen, der größte Teil davon aus Mitteldeutschland. Wie hoch ist Ihr momentanes Einkaufsvolumen insgesamt? Allein 2014 summierte sich das Volumen der Aufträge, die wir an Dienstleister, Zulieferer, Baufirmen und andere Partner ausgelöst haben, auf 210 Millionen Euro. Dieses Jahr werden es sogar 320 Millionen Euro sein. MIBRAG investiert demnach kräftig? Ja, das ist richtig. Allein in jüngster Zeit haben wir sehr hohe Investitionen angeschoben. Bereits im Januar unterschrieben wir den Auftrag für einen neuen Massenverteiler im Abbaufeld Peres des Tagebaus Vereinigtes Schleenhain mit FAM Magdeburg. Die Anlage entsteht in fünf Ausbaustufen und schlägt mit rund 50 Millionen Euro zu Buche. In Profen begannen jetzt die Arbeiten für eine neue Grubenwasserreinigungsanlage. Hier lassen wir es uns 27 Millionen Euro kosten, das im Tagebau Profen gehobene Wasser so aufzubereiten, dass es danach klar und sauber, in Trinkwasserqualität in die Weiße Elster sowie den späteren Schwerzau-

er See gepumpt werden kann. Im Herbst flossen zudem etwa zwei Millionen Euro in eine neue, hochmoderne Signal- und Sicherungstechnik unseres Bahnbetriebes.

Leider nein. Wir kennen lediglich unsere Förderhöhen bei Rohkohle bis 2020. Aber wir wissen nicht, wie sich für uns die politischen Rahmenbedingungen entwickeln und verändern werden. Von stabilen Rahmenbedingungen sind wir weit entfernt. Doch ungeachtet all dieser Unwägbarkeiten, die natürlich die Betriebsergebnisse schmälern, betreiben wir den Bergbau entsprechend der gültigen Betriebspläne weiter. Im Tagebau Vereinigtes Schleenhain wollen wir mindestens noch bis 2040 Braunkohle fördern, in Profen mindestens bis 2030. Hier sind wir auch an langfristige Lieferverträge gebunden. Man rechnet mit uns.

Bleibt dieses Geld in der Region? Zum größten Teil. Rund zwei Drittel aller Leistungen, die wir als Unternehmen einkaufen, beziehen wir in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Der Großauftrag für den Massenverteiler ging zum Beispiel an ein Maschinenbauunternehmen in Magdeburg. Darauf legen wir Wert und nehmen auch entsprechend Einfluss darauf. Hinzu kommt das jährliche Volumen an Personalkosten. In der MIBRAGGruppe beläuft sich das auf rund 175 Mil- Sie selbst sprechen inzwischen bei der lionen Euro. Fast 30 Prozent davon flie- Braunkohleverstromung von einer Brückenßen in die Sozialkassen – und die Lohn- technologie auf dem Weg zu einer regenerasteuern in die Haushalte der Gemeinden, tiven Energiewelt. Wie lang wird diese Brücke in denen unsere Mitarbeiter wohnen. Die sein? Löhne, die wir zahlen, bilden also einen Das kann heute niemand genau sagen. erheblichen Teil der Finanzbasis hier in Im Moment wird etwa ein Viertel des der Region. Und was unsere Mitarbeite- Stroms aus heimischer Braunkohle erzeugt. Ein Braunrinnen und Mitarkohlenkraftwerk in beiter verdienen, Deutschland hat geben sie hier na„Wir sind stolz auf 2014 im Schnitt türlich zumeist die große knapp 7000 Stunauch wieder aus. Verbundenheit mit den lang Energie Es sichert also in geliefert, ein WindGrößenordnungen der Region und park dagegen weauch Arbeitsplätze stehen in ihrer niger als 1500 Stunim Handel, in KinVerantwortung.“ den und ein Solardereinrichtungen, Bernd-Uwe Haase, kraftwerk gar nur in der Kultur, im Kaufmännischer knapp 900 StunFreizeitbereich. Geschäftsführer MIBRAG den. Soll die BraunDas heißt dann aber kohle durch andere im Umkehrschluss auch, dass es die Region Energieträger abgelöst werden, benötizuerst und sehr unmittelbar trifft, wenn die gen wir wirtschaftliche Alternativen. Es Politik Entscheidungen zu Lasten der hapert am Netzausbau und vor allem an Braunkohle fällt? Technologien zum Speichern von SonDas stimmt leider. Durch die politische nen- und Windstrom, um Industrie und Entscheidung, ab 2016 auch unser Kraft- Haushalte auch dann zuverlässig zu verwerk Buschhaus im niedersächsischen sorgen, wenn die Natur nicht mitspielt. Helmstedt in die Sicherheitsbereitschaft Denn ein Jahr zählt bekanntlich zu überführen, können wir weniger 8760 Stunden. Braunkohle absetzen und müssen im Tagebau Profen die Braunkohleförderung In der hiesigen Wirtschaft mehren sich in der um etwa 25 Prozent drosseln. Das ist Tat Stimmen, die vor einem zu schnellen Ende schon eine Dimension, die nicht nur auf der mitteldeutschen Braunkohle warnen, unser Tochterunternehmen zurückfällt, speziell in energieintensiven Branchen. Das sondern natürlich auch unsere Bergleute, ist natürlich Wasser auf Ihre Mühlen, oder? deren Familien und letztlich die Prosperi- Ich kann nicht für andere sprechen, aber ich kenne zum Beispiel ein klares Statetät im gesamten Revier trifft. ment von Dow Chemicals in Schkopau, Immerhin haben Sie mit diesem Kompromiss wonach ohne preiswerte Energie dieser zur Sicherheitsbereitschaft jetzt mehr Standort strategisch gefährdet ist. Jede Sicherheit als vorher. Können Sie für die energetische Alternative wäre deutlich nächsten Jahre verbindlich planen? teurer, als der Strom und Prozessdampf,

der im Braunkohlenkraftwerk Schkopau erzeugt wird. Und ich denke dabei nicht nur an die Industrie. Mit Braunkohle von MIBRAG wird auch Fernwärme für etwa 200 000 Haushalte im Dreieck Leipzig– Dessau–Chemnitz erzeugt. Wie geht es mit MIBRAG weiter, wenn Mitte des Jahrhunderts wirklich die Braunkohleverstromung auslaufen sollte? Wir arbeiten längst an Überlegungen, die auch dann einem Teil unserer Beschäftigten eine Perspektive bieten. Weiterentwickelt werden die Technologien für eine stoffliche Verwertung von Braunkohle. Denn Kohle ist zu wertvoll, um sie nur zu verbrennen. Zum anderen hat MIBRAG eine Vielzahl Kompetenzen entwickelt, die wir durch den Aufbau neuer Geschäftsfelder weiter nutzen werden. Das betrifft regenerative Energien, unsere Erfahrungen bei der Montage und Ausrüstung von Großtechnik, das beinhaltet das Know-how unserer großen Werkstätten, das sind Engineering-Dienstleistungen oder auch unser tiefgreifendes Wissen im Bohrbereich, also bei Erkundung und Bau von Entwässerungsanlagen. Wir sehen uns also längst nachhaltig und sehr breit für unsere Region aufgestellt.

Aktion Weihnachtsscheck Die MIBRAG unterstützt Projekte in den Bereichen Jugend-, Kultur- und Sportförderung. Fester Bestandteil des Sponsorings ist die alljährliche Aktion Weihnachtsscheck. Gestern überreichte Heinz Junge, Geschäftsführer Personal und Arbeitsdirektor MIBRAG, sieben Schecks im Wert von insgesamt 14 000 Euro. Das Geld ging nach Elsteraue an den Tümpelverein Predel für das Projekt „Storchennester“, an den Heimatverein Teuchern, an die Kita Bergzwerge in Deuben, an den Heimatverein Regis-Breitingen, an den SV Borna 1991, an den Leipziger Verein Zukunft für Kinder sowie an die Freiwillige Feuerwehr Berndorf. „Wir sind jedes Jahr überwältigt, wie viele Menschen sich ehrenamtlich in ihrer Nachbarschaft und vor allem für Kinder engagieren. Mit unseren Weihnachtsschecks möchten wir die Projekte hervorheben und unterstützen. Und wir geben den verschiedenen Initiativen eine Plattform“, sagte Heinz Junge.


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Der Geist der Lampe Helge Hector demonstriert in seinem Laden Stretchcat, wie Energie, Licht und Emotionen zu einem großen Ganzen zusammenspielen können. it einem Mal wirkt Helge Hector eine zeitlich quasi unbegrenzte Beraetwas nervös. Er steht auf, lässt tung über die ganze Stretchcat-Palette seinen Satz unvollendet im Raum der Designgeschichte von Bauhaus bis schweben und verfolgt die gerade in Sozialistischer Realismus, von Art déco den Laden getretene Interessentin mit bis skandinavische Moderne oder aufmerksamem Blick. Die junge Frau tschechische Avantgarde. Der 42 Jahre telefoniert mit Handy in einer Hand, mit alte Vater steigt dann auf seine Leiter, der anderen biegt sie ein bisschen lieb- holt jedwedes Stück herunter und los an einer Tischleuchte herum. Hector bringt mitunter seine verkauften Lieberhebt seine Stimme: „Das ist die glei- linge auch persönlich nach Ladenche Lampe wie hier vorne. Die kann schluss bei den Neubesitzern vorbei. man so bewegen und so – mit beiden Manchmal bittet er sogar um ein Foto Händen.“ Wer seinen sensiblen Schütz- aus der neuen Heimat. lingen nicht den gebotenen Respekt Helge Hector hat in seiner Arbeit etentgegenbringt, bekommt eine kleine was gefunden, das ihn mit innerer Einweisung mit auf den Weg. „Nix ka- Ruhe erfüllt. „Eine gute Freundin von putt, Elektrik neu und aus Bakelit“, fügt mir hat einmal gesagt: Die Liebe ist am er noch hinzu – ein 1905 Ende das, was die Entvom belgischen Chemiwicklung vorantreibt.“ Liebe ist ker Leo Hendrik BaekeViel habe er in seinem land entwickelter KunstLeben ausprobiert, im das, was die stoff. Die Frau verabAbbruch arbeiten, Entwicklung schiedet sich. Clubbetreiber, eine Seit September 2007 Ausbildung zum Heilvorantreibt. führt der gebürtige praktiker für PsycholoLeipziger seinen Lamgie, Prospektverteiler. Helge Hector penladen Stretchcat in Eines Tages konnte Inhaber Stretchcat dem weniger glamouer eine Lampe auf der rösen Abschnitt der Agra sehr billig erKarli zwischen Hardenstehen und entdeckte bergstraße und Riin der unbändigen chard-Lehmann-StraFreude darüber seine ße. Zuerst mit seiner besten Freundin, Zukunft. Seit diesem Tag sammelt er später dann alleine. Die etwas direkte Leuchten und Kleinmöbel aus ganz EuAnsprache von gerade eben gehört zu ropa, seine handwerklichen Techniken seinem Wesen dazu, auch wenn er da- werden von Jahr zu Jahr ausgefeilter, durch vielleicht eine Kundin verloren genauso wie seine technische Ausrüshat. Er sagt dann Sätze wie: „Wenn es tung. Seine neueste Errungenschaft: ums Geld ginge, könnte ich auch mit ein Multifunktions- und FeinschleifTierkadavern handeln.“ Nein, Helge werkzeug à la Dremel. Hector setzt lieber auf Authentizität Seit vier Tagen arbeitet er im Mostatt Verkaufsshow. Seine Kunden sei- ment an einer Lampe von 1930. „Du en hell genug, die brauchten sowas denkst, du kommst nicht vorwärts, aber nicht. Ganz nach dem Motto: Lieber dann kommst du eben doch vorwärts mal ein derber Witz als oberflächliche und wirst fertig und hast ein super ErFreundlichkeit. gebnis. Das finde ich äußerst befriedi„Seine Kunden“, das sind Men- gend.“ Die Ruhe und innere Harmonie, schen, die Qualität und Wertarbeit hö- die Hector an seinem kleinen Werkher einstufen als schnelle Produktbe- tisch ausstrahlt, hat fast etwas Meditafriedigung. „Seine Kunden“ erzählen tives. Auch wenn er da entschieden wiihm beim Kauf, für welchen Raum die dersprechen würde. Das hat er nämlich Lampe gedacht ist und erhalten dafür auch schon ausprobiert.

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Mit innerer Ruhe: In seinem Lampenladen Stretchcat hat Helge Hector über die Jahre ein Wunderland für Liebhaber schöner Leuchten erschafen.

Mit Leidenschaft: Helge Hector arbeitet seine Lampen liebevoll wieder auf und bringt sie in den bestmöglichen Zustand. Das namensgebende Kinderspielzeug des ungewöhnlichen Lampenladens – eine „Stretchcat“ (rechts). Fotos: Christian Modla

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Die Batterie für übermorgen Tina Nestler erforscht an der TU Bergakademie Freiberg neue Speicherzellen Gerade beging sie ihren 250. Gründungstag – die TU Bergakademie Freiberg ist eine weltweit einzigartige Universität, die sogar über ein eigenes Bergwerk samt Sprengkammern verfügt. Hier wird auch an den Energiespeichern der Zukunft geforscht. Doktorandin Tina Nestler sucht bei ihrer Arbeit nach der Batterie von übermorgen – und beschäftigt sich dabei vor allem mit Aluminium. Lithium-Akkus finden sich in jedem Handy. Dabei denkt kaum jemand daran, dass dieses Metall nicht unbegrenzt verfügbar ist. Gehen die weltweiten Vorräte bald aus? Lithium wird in vielen unterschiedlichen Bereichen zum Beispiel der Glasindustrie oder auch in der Metallurgie als Legierungsmittelzusatz eingesetzt. Noch ist dieser Anteil größer als für Lithiumakkus. Geht man davon aus, dass dieser Anteil in den kommenden Jahren stark zunehmen wird, wird sich dieses Verhältnis massiv verschieben. Nimmt man an, dass alle Lithium-Reserven für die Elektromobilität verfügbar wären, so ließen sich nach heutigem Stand der Technik einmalig etwa 900 Millionen Pkw mit Batterien ausrüsten – so viele Pkw wie weltweit heute bereits existieren. Dementsprechend würde für anderes, wie zum Beispiel den Handy-Akku, kein Lithium mehr zur Verfügung stehen. Zumindest ist aber abzusehen, dass der Preis für Lithium ansteigen wird. Zurzeit werden deshalb verschiedene andere Batteriekonzepte erforscht, die auf Rohstoffe setzen, die deutlich häufiger auf der Erde vorkommen als Lithium. In Ihrem Forschungsprojekt beschäftigen Sie sich mit Materialien für eine wiederaufladbare Aluminium-Ionen-Batterie. Aluminium gibt es weltweit genug. Wo liegen die Schwierigkeiten, dieses Metall zum Akku der Zukunft zu machen? Verschiedene Aspekte machen es schwer, eine Aluminiumbatterie zu bauen, die reversibel auf- und entladbar ist, das heißt nicht an Kapazität verliert. Das schwierigste ist wohl die hohe Oxidationszahl des AluminiumIons im Vergleich zu Lithium, welches es erschwert, geeignete Ionenleiter, wie auch Elektrodenmaterialien zu finden. Vereinfacht gesagt, bindet sich das Aluminium so fest, dass es nur schwerlich beim Auf- und Entladen zwischen Kathode und Anode wandert. Warum hat sich die Wissenschaft bisher nur wenig mit dem Thema Aluminium beschäftigt? Die Wissenschaft ist sich seit Jahrzehnten der Hürden bewusst, die wiederaufladbare Aluminium-Batterien mit

zielt zu verbessern. Diese Arbeiten werden gegebenenfalls patentiert, wissenschaftlich publiziert und auf Konferenzen von mir vorgestellt.

Tina Nestler vom Institut für Experimentelle Physik der TU Bergakademie Freiberg forscht an der übernächsten Batteriegeneration. Foto: TU Bergakademie Freiberg

sich bringen. Die Aussicht darauf, wahrscheinlich nicht oder nur sehr langsam zu Erfolgen zu gelangen, macht das Forschungsfeld wohl unattraktiv für viele. Andererseits ist das Interesse an diesem Thema in den letzten drei Jahren stark gestiegen, was sich auch in der Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen bemerkbar macht. Was Europa betrifft, behindert die Forschung an solchen Konzepten aber, dass gerade jetzt meist nur Batterie-Forschung gefördert wird, die verspricht, sehr schnell in die industrielle Anwendung zu gelangen – meiner Meinung nach eine eher mutlose Politik, welche Europa kaum einen Innovationsvorsprung ermöglichen kann. Wie kann man sich Ihre Forschungsarbeit konkret vorstellen? Welche Experimente führen Sie dabei durch? Ich arbeite in einem interdisziplinären Verbundprojekt, in dem der Austausch mit den jeweiligen Partnern ein wichtiger Bestandteil ist. Am Anfang steht die Literaturrecherche. Ergänzend wird mittels kristallografischer und theoretischer kristallchemischer Berechnungen die Identifizierung neuer Materialien für die Batteriekomponenten durchgeführt. Diese werden von uns oder unseren Kooperationspartnern hergestellt und dann von mir untersucht. Das wichtigste für uns ist, am Institut eine Struktur-Eigenschaft-Beziehung herzustellen. Dafür arbeite ich im Labor mit Röntgenfluoreszenz und Röntgendiffraktometrie, die mir einen Einblick in die Zusammensetzung und atomare Struktur des Materials erlaubt. Röntgendiffraktometrie kann mir zeigen, wie sich die Struktur des Batteriematerials beim Auf- und Entladen verändert. Diese Informationen fließen dann wieder zurück zu den Materialherstellern, um die Eigenschaften ge-

Außenstehende können sich manchmal kaum vorstellen, warum Forschungen oft viele Jahre dauern. Woran können Sie als Wissenschaftlerin manchmal verzweifeln? Als Wissenschaftler kann man davon ausgehen: Alles was einfach oder naheliegend auf einem Gebiet ist, wurde schon gemacht. Um wirklich etwas Neues oder gar Bahnbrechendes beizutragen, muss man sich schon etwas einfallen lassen – was dann natürlich aber nicht immer mit Erfolg gekrönt sein kann. Nichts ist Standard: Jede Idee benötigt neue Materialien, mitunter neue Messgeräte oder zumindest einen neuen Geräteaufbau für ein spezielles Messverfahren. Entsprechend geduldig muss man sein. Schwierig ist, die Kontinuität der Arbeiten aufrecht zu erhalten, also einen „langen Atem“ zu haben, was natürlich neben dem Erreichen der wissenschaftlichen Qualifikation auch die vertraglichen und finanziellen Aspekte betrifft. Leistungsfähige Batterien werden auch für reichweitenstarke und zugleich bezahlbare Elektroautos benötigt, die noch immer auf sich warten lassen. Wann werden Elektroautos zur ernsthaften Konkurrenz für den Verbrennungsmotor? In den smogbelasteten Großstädten Chinas ist der Umstieg auf Elektroautos jetzt schon unausweichlich – ungeachtet des Preises und der Reichweite. Für den Rest der Welt sind Elektroautos immer noch zu teuer. Tesla geht hier einen interessanten Weg mit dem Aufbau einer Fabrik, die über Massenproduktion den Preis reduzieren wird. Wenn dies erst mal für Luxusautos geschieht, wird es auch Auswirkungen auf den Mittelklassemarkt haben. Auch deutsche Automobilhersteller ziehen gezwungenermaßen nach und investieren in die Entwicklung, auch wenn sie die Zellen selbst in Fernost kaufen. Vor zwei Jahren gab es Meldungen über ein Elektroauto aus Israel mit einer Kombination aus Lithiumbatterie und primären (nicht wiederaufladbaren) Aluminiumbatterien als „Range-Extender“. Damit sollten Reichweiten von bis zu 1000 Meilen möglich sein. Zu einer baldigen Markteinführung ist mir nichts bekannt. Vermutlich werden auf dem Weg zur vollständigen Elektromobilität noch Zwischenlösungen – Stichwort Hybridisierung, also die Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor – auf den Markt kommen. Dies hängt auch von den Ölreserven beziehungsweise dem Ölpreis ab.

OSTDEUTSCHLAND GEHT

„Hinter intelligenter Energie stecken kluge Köpfe“ 3.500 Mitarbeiter der enviaM-Gruppe arbeiten täglich an einer nachhaltigen und sicheren Energieversorgung von morgen.



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