WIENERIN Juni 2024 Teil

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9120130810001 06 Österreichische Post AG / MZ23Z043752M, Life Style Projekt GmbH, Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck© Unsplash / Farol 106 JUNI 2024 | € 5,30 BEGEGNEN WACHSEN WANDELN Your time IS NOW

DerCaddy Family Für alle immer der richtige Partner

Limitiertes Sondermodell mit 5 Jahren

Garantie1) und 5 Sternen Sicherheit2) .

Großelternsein ist für die meisten zwar kein Fulltime-Job, aber langweilig wird einem dabei nicht.

Um für alle Abenteuer mit den Enkerln inkl. Fahrrad, Kindersitzen usw. gewappnet zu sein, ist ein Auto das alles mitmacht schon die halbe Miete. Der Caddy Family bietet viel Platz, egal ob im Alltag für Einkäufe oder eben ein Wochenende mit Kids.

Der Caddy Family. Variabel wie Ihre Bedürfnisse.

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Kraftstoffverbrauch 4,9–7,4 l/100 km. CO2-Emission 127–167 g/km. Symbolfoto.

volkswagen.at

SCHUBLADE

AUF, TOLERANZ REIN

Schubladen sind praktisch. Sie helfen uns dabei, ORDNUNG zu schaffen und verbergen Dinge, die wir nicht mehr sehen wollen, unkompliziert aus unserem Blickfeld. Ähnlich verhält es sich mit den äußerst beliebten Schubladen für unsere GEDANKEN. Alles, was uns stört, kommt in dafür vorgesehene Schubladen. Wir kategorisieren Menschen, Orte und Dinge, um die Komplexität des Lebens zu vereinfachen. Ein trügerisches Gefühl von Sicherheit macht sich breit. All diese Schubladen sorgen nämlich in erster Linie dafür, dass die BARRIEREN in unseren Köpfen größer werden und die Bereitschaft zur Reflexion kleiner wird. Dabei ist es doch genau die Vielfalt, die das Leben so bunt und spannend macht.

„Alles, was uns stört, verbannen wir in die dafür passende Schublade.“

Platz schaffen. Genau deshalb wollen wir uns von alten Mustern lösen. Die WIENERIN hat die alten Schubladen ausgeräumt und Platz gemacht für neue, spannende Impulse. Wir gehen in dieser Ausgabe der Frage nach, was einen guten Vater ausmacht und inwieweit Geschlechter-Schubladen dieses IDEALBILD beeinflussen. Wir zeigen anlässlich des Pride Month auf, warum uns eine offene HALTUNG auf allen Ebenen bereichert. Zudem haben wir die Beziehungsschublade weit geöffnet und wollten wissen, was es mit Situationships auf sich hat und warum sich immer mehr Menschen in diesem nicht ganz Paar-, aber auch nicht ganz Single-Status wiederfinden. Viel Spaß beim Ausmisten Ihrer Schubladen – und beim Lesen dieser Ausgabe!

Anregungen, Wünsche, Ideen? katharina.zierl@wienerin.at

KATHARINA ZIERL

Redaktionsleitung WIENERIN

© Franz Oss

20 SITUATIONSHIPS

Psychotherapeutin K. Ternonig erklärt, wieso aus dem Gspusi nicht mehr wird

24 MODERN DAD

Wieso gute Elternschaft nicht vom Geschlecht abhängig ist STYLE

32 FILM AB!

Larissa Marolt und Fanni Schneider in edlen Red-Carpet-Looks

44 CAPSULE WARDROBE

Wie man aus wenigen Teilen viele Outfits zaubert BEAUTY

54 LICHTTHERAPIE

Was hinter dem Beauty-Hype steckt LEBEN

70 WALK4FUTURE

Martina, GNTM-Finalistin 2022, geht zu Fuß nach Paris

JUNI

FOOD & FRIENDS

So gelingt das perfekte Picknick

94 14 © Babs Zobl, Pexels/Polina Tankilevitc,
Lucia Bell Epstein, Josefi en Hoekstra, Hersteller IMPULSE
2024

WOHNEN

86 LICHTEFFEKT

ka.ma interior design scha t Atmosphäre in den eigenen vier Wänden

GENUSS

100 GRILLING ME SOFTLY

Die liebsten Grillrezepte der Redaktion

BUSINESS

112 FRÜH ÜBT SICH

So lernen Kinder einen verantwortungsbewussten Umgang mit Geld

FREIZEIT

120 NEUE TÖNE

Diese Festivals in und um Wien sollten Sie nicht verpassen

130 BLUMENINSEL

Madeira, eine Insel voller natürlicher Schönheit und reicher Kultur

UMS ECK

144 KLEIN, ABER OHO

Das Stuwerbuch im 2. Bezirk bietet Lesevielfalt

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MEDIENINHABER & HERAUSGEBER

Life Style Projekt GmbH

Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck o ce@wienerin.at

GESCHÄFTSFÜHRUNG

Mag. Andreas Eisendle

Ing. Samira Kurz (Prokuristin)

MEDIA DIRECTOR

Sabine Gallei

REDAKTIONSLEITUNG

Mag. Katharina Zierl

REDAKTION

Laura Altenhofer, BSc, BA

Lana Schneider, BA

GRAFIK

Martina Frötscher

Lea Vogelsberger

Cheryl Kapferer

Sonja Heiser, BSc

REDAKTIONSLEITUNG

BUNDESLÄNDERINNEN

Mag. Katharina Zierl

MITARBEITER:INNEN

DIESER AUSGABE

Jasmin Schakfeh

Andrea Lichtfuss, MA

Tjara-Marie Boine, BA

Sabrina Kraussler

Mag. Viktória Kery-Erdélyi

Linda Pezzei

Susanne Bickel

Christine Dominkus

Ulli Wright

Yvonne Hölzl

Nicole Gerfetz-Schiefer

Wiebke Schenter

Daniela Hruschka

Nicole Schla er

Martina Frötscher

Leonie Werus

SALES WIENERIN

Martina Ploc, Simone Rach

REDAKTIONSKONTAKT redaktion@wienerin.at

LEKTORAT

Patricia Konrath, BA BA MA

Mag. Dr. Melanie Knünz

Lea Hof, BA

ABO-SERVICE

Martha Strickner aboservice@wienerin.at

DRUCK

Walstead Leykam Druck GmbH & Co KG

VERTRIEB

Presse Großvertrieb Austria Trunk GmbH, 5081 Anif

RUNDE SACHE

Key-Pieces für den Alltag

Die Juli/August-Ausgabe erscheint am 5. Juli 2024.

Informationen zur O enlegung gem. § 25 MedienG können unter www.wienerin.at/info/o enlegung abgerufen werden. Weitere Infos zum Datenschutz sind unter www.wienerin.at/info/ datenschutz-und-cookies/ abrufbar.

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COVER
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FOTO : Unsplash/Farol

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REDAKTION: Andrea Lichtfuss | FOTOS: Hersteller, Unsplash/Cesar La Rosa

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LIEBLINGE
5 LIEBLINGE DER REDAKTION 6

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Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich kann es kaum erwarten, endlich die warmen Sommertage zu genießen. Die Vorstellung von entspannten Stunden am Strand, aufregenden Festivals oder lebendigen Straßen in fernen Städten lässt mein Herz höherschlagen.

Und wisst ihr, was meine Vorfreude noch steigert? Das Planen meiner Urlaubsgarderobe!

Für mich ist TK Maxx der ultimative Ort, um meinen perfekten Sommerlook zusammenzustellen. Von trendigen Bikinis und luftigen Strandkleidern bis hin zu lässigen Shorts und Sonnenhüten

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Lasst uns den Sommer in vollen Zügen genießen. Wohin es uns auch führt – mit dem richtigen Outfit machen wir jeden Moment zu einem unvergesslichen Erlebnis!

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RETTUNGSAKTION

In Südafrika haben Freiwillige mehr als 500 Baby-Meeresschildkröten der vom Aussterben bedrohten Unechten Karettschildkröte gerettet. Die Tiere waren nach einem Sturm im Atlantik an die Westküste gespült worden und werden nun in Aquarien gesund gepflegt.

Z I ELGERICHTETER ZUGANG

Ein neuer medizinischer Ansatz nutzt Magnete, um Medikamente gezielt an ihren Zielort im Körper zu transportieren. Dieser Zugang könnte die Behandlung von Krankheiten wie Krebs revolutionieren, indem Medikamente durch magnetische Nanopartikel präzise und schonend zu den betroffenen Zellen gebracht werden.

Ob große und kleine Held:innengeschichten, innovative Ideen oder inspirierende Momente – in unserer Artikelreihe sammeln wir monatlich positive Nachrichten aus Österreich und der ganzen Welt, die ermutigen, bestärken und Hoffnung machen.

NACHHALTIGERWASSERFILT E R

Forscher:innen der Technischen Universität Wien haben einen neuartigen Wasserfilter aus Altpapierfasern entwickelt. Dieser kann bestimmte Umweltgifte aus Gewässern herausfiltern und soll sogar wiederwendbar sein. Erste Tests zeigen, dass bereits etwa 95 Prozent eines giftigen Farbstoffs herausgefiltert werden konnten.

AUSZEIT NEHMEN

Für eine Studie der York University in Toronto verzichteten Studentinnen auf Social Media. Bereits nach einer Woche Social-Media-Pause verbesserten sich sowohl das Selbstwertgefühl als auch die Körperzufriedenheit signifikant.

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IMPULSE

#regenbogen • #vatertag • #situationships

PRIDE IS A DEMONSTRATION

Von 25. Mai bis 9. Juni findet die Vienna Pride statt.

„Pride ist keine momentane Bewegung, keine vorübergehende Phase, keine Modeerscheinung, die verschwindet, und kein Wahn, der sich wieder beruhigen wird“, so Organisatorin Katharina Kacerovsky-Strobl. Gemeinsam wolle sie auf Ungerechtigkeiten aufmerksam machen. Zudem fordert sie vollkommenen Diskriminierungsschutz für die LGBTQIA+-Community. Neben der Regenbogenparade am 8. Juni stehen mehr als 50 weitere Programmpunkte an. Zeitgleich wird im Juni das erste queere Jugendzentrum Österreichs im 16. Wiener Gemeindebezirk eröffnet. Das Zentrum soll einen Safe Space darstellen und wird durch Kinder- und Jugendarbeit professionell unterstützt.

© Pexels/Pavel Danilyuk

Es lebe der Pride Month: Warum binäre Logikmodelle uns nicht guttun, ein Denken der Vielfalt alle bereichert und weshalb wir Energien bündeln sollten.

REDAKTION: Viktória Kery-Erdélyi

© Pexels / Cotton Bro IMPULSE
FOTOS: Simone Mang, Annette Hauschild/Ostkreuz, Filmladen Filmverleih, La Banda Film

Im besten Fall hat jedes Teil seinen Platz. Schublade auf, Teil rein, Schublade wieder zu, und die Küche ist wieder tipptopp. Nur echt krasse Revoluzzer:innen würden die Löffel zu den Gabeln schmeißen oder die Espressotassen auf die flachen Teller stapeln. Was so angenehm ist beim Geschirrspüler-Ausräumen, ist die einfache Klarheit des Systems (vorausgesetzt alle im Haushalt Lebenden halten sich daran). So klar schien lange auch das binäre Schubladensystem der Geschlechter. Oberflächlich. Wenn aber im Juni weltweit Regenbogenparaden ganze Städte bunt färben, dann mit gutem Grund. Wir Menschen sind komplexer als unser Besteck. Darüber sollten wir uns eigentlich freuen.

Scheint es nur so, oder bewegen wir uns aktuell sogar verstärkt in Richtung Vielfältigkeit? Wie stabil ist denn unser binäres System überhaupt?

„Das ist ein hochkomplexes Thema“, sagt Anna Babka, Literatur- und Genderforscherin an der Universität Wien. „In Österreich sind als Geschlechtseintrag neben weiblich und männlich mittlerweile divers, inter und offen möglich, bald kommt non-binär dazu. Wenn die Rechtslage all das ermöglicht, ist das ein gutes Zeichen dafür, Geschlecht in seiner Vielfalt zu denken und zu leben.“

Anna Babka verweist in ihrer Argumentation vor allem auf die binären Logikmodelle wie sie in unserer westlichen Philosophie verankert sind. Diese dienen nur dazu, sagt Babka, Machtverhältnisse zu erhalten – und zwar seit Jahrtausenden. Das binäre Denken kommt uns vermeintlich entgegen: Es reduziert Komplexität. Damit tun wir uns aber nichts Gutes: „Binäre Oppositionen“, erklärt sie, „sind immer hierarchisch und asymmetrisch. Das betrifft alle Identitätsfaktoren: beispielsweise ethnische und kulturelle Zugehörigkeit oder sexuelle Begehrensstrukturen.

ANNABABKA

Es gibt immer einen Teil, der als der Schwächere angesehen wird: Homo und Hetero, Jung und Alt, ich und die anderen etc. Jedoch: gäbe es die Frauen nicht, wäre der Mann nicht in dieser superioren Position, die ihn als vermeintlich Stärkeren ausweist. Man braucht also den ,schwächeren Part‘, um die eigene Identität zu fixieren. Wir sprechen in der Genderforschung in diesem Zusammenhang vom ,konstitutiven Außen‘.“ Ein weiterer wichtiger Begriff stellt hier das „Othering“ dar: also eine Strategie, etwas über bestimmte Zuschreibungen allererst zu etwas anderem zu machen. Am Beispiel der Frau: „Frauen sind das Andere zum Mann. Sie werden als weniger groß und stark beschrieben oder aufgrund ihrer physischen Verfasstheit, etwa im Hinblick auf die Reproduktion, als jener Teil der Menschen, der nicht über die gleichen intellektuellen Fähigkeiten verfügt. Das sind Konstruktionen, die ihren Anfang unter anderem in der Bibel oder der antiken Philosophie nahmen“, erklärt die Wissenschaftlerin. „Das binäre Denken zu verlassen, könnte zu einem Leben in Vielfalt führen. Es ist tatsächlich so, dass die Wissenschaft – das gilt auch für Entwicklungen in den Naturwissenschaften – und zum Teil sogar die Rechtslage weiter ist, als das, was in der Gesellschaft als Common Sense gilt.“

Mehr als zwei Pole. „Wir sind nicht nur Mann oder Frau. Wir sind sehr viel“, sagt die Biologin und feministische Wissenschaftsforscherin Sigrid Schmitz; Katharina Mückstein ließ sie in ihrer herausragenden Filmdoku „Feminism WTF“ zu Wort kommen. „Geschlecht ist der letzte Ort der Versicherung in einer sehr unsicheren Welt. Man hat die Vorstellung: Biologie ist Schicksal. Sie hält die Gesellschaft in einer bestimmten machtvollen Konstellation und gibt dem Individuum Sicherheit: ,Ich hab’ viel Testosteron, deswegen bin ich aggressiv.‘ oder ,Ich hab’ viel Östrogen, deswegen bin ich so sozial.‘

Der Rückgriff auf die Biologie und auf einfache Kategorien wie Mann/Frau hat eine gewisse versichernde Wirkung, obwohl sie nicht stimmen.“

Lange Zeit ist man davon ausgegangen,

© Pexels Darina Belonogova © Simone Mang IMPULSE

dass auf dem Y-Chromosom ein bestimmtes Gen liegt, das es für das Männliche braucht, ist es nicht da, wird das Weibliche entwickelt. „Man hat dieses Gen auch gefunden, aber seit den 1990er und 2000ern mindestens noch 20 andere, die nicht nur auf dem Geschlechtschromosom liegen, sondern auch auf den Körperchromosomen. Man hat zudem auf den X-Chromosomen Gene entdeckt, die aktiv nötig sind, damit sich Ovarien, Schamlippen etc. ausbilden. Es handelt sich also um ein hochkomplexes Netzwerk, dann kommen noch die Hormone dazu – und plötzlich haben wir keine zwei Pole mehr, nicht männlich und weiblich, sondern eine ganze Bandbreite“, beschreibt Sigrid Schmitz.

Nicht nur biologische Wesen „Die Definition von Geschlecht ist nicht einfach“, sagt auch Meike Stoverock, ebenfalls Biologin und Autorin des Buches „Female Choice. Vom Anfang und Ende der männlichen Zivilisation“ (Tropen Verlag). „Evolutionär ist es vollkommen klar: Für sexuelle Fortpflanzung braucht man zwei Geschlechter, die miteinander verschmelzen. Das heterosexuelle binäre System ist zwar das am meisten verbreitete System in der Natur, aber es ist nicht das einzige System und ich sehe Transsexualität nicht im Widerspruch dazu.“

Schon die biologische Vielfalt sei bemerkenswert. Sie beschreibt als Beispiel die Biografie der Läuferin Caster Semenya, die man schonungslos verdächtigte, als Mann im Frauensport Medaillen abzugreifen. „Bei einer genetischen Untersuchung kam heraus, dass sie trotz weiblicher Genitalien im Genom ein Y-Chromosom hat wie ein Mann“, erklärt Meike Stoverock. Für sie entsteht Vielfalt aber nicht allein „durch Ausnahmen, die gesehen werden und eine Stimme

Katharina Mücksteins herausragende Doku gibt es beispielsweise via Amazon.

Im Kino: Kat Rohrers bunte, herzerwärmende Komödie mit C. Peters und P. Madani.

MEIKESTOVEROC

bekommen müssen. Wir sind nun mal auch nicht rein biologische Wesen, wir haben auch ein paar tausend Jahre Kultur hinter uns, die in vielfältiger Weise auf unser Verhalten und unser Selbstverständnis eingewirkt haben. In dieser Mischung entsteht Diversität.“

Streitschrift. 2022 gaben die Autorinnen

Alice Schwarzer und Chantal Louis das Buch „Transsexualität. Was ist eine Frau? Was ist ein Mann?“ (KiWi Verlag) heraus, der Untertitel „eine Streitschrift“ war Programm – das erlebte die Autorin dieser Zeilen einmal live bei einem Kinoevent, als eine Gästin sich direkt bei Alice Schwarzer über deren Aussagen empörte. So schreibt Schwarzer etwa: „Inzwischen sind die Trans-Zahlen explodiert. Trans ist Trend. Immer mehr Mädchen und junge Frauen geraten in den Gendertrouble. Sie halten ihr so berechtigtes Unbehagen an der zunehmend widersprüchlich werdenden Frauenrolle für ,transsexuell‘.“

Chantal Louis führt Zahlen an: „In Großbritannien meldet die Londoner Tavistock-Klinik mit ihrer Gender-Ambulanz einen Anstieg ihrer minderjährigen Patient:innen von 50 im Jahr 2009 auf über 2.000 in 2017. (…) Aktuell werden nach eigenen Angaben rund 1.700 Mädchen im Tavistock Centre behandelt. Vor zehn Jahren waren es 30.“ Louis zitiert die US-Journalistin Abigail Shrier, die etwa „einen Zusammenhang zwischen dem immer weiter zunehmenden Schlankheits- und Schönheitsdruck und dem daraus resultierenden Körperhass“ sieht.

Das deutsche Selbstbestimmungsgesetz, wonach ab Herbst 14-Jährige allein ihren Geschlechtseintrag und Vornamen ändern werden können, hält Schwarzer für absurd, „wir Feministinnen und andere Fortschrittliche treten

K © A. Hauschild/Ostkreuz IMPULSE 16

dafür ein, dass das biologische Geschlecht zwar existiert, aber keine den Menschen definierende Rolle spielen dürfe (Frauen können Kinder bekommen, sind aber deswegen noch lange keine geborenen Mütter), dass die kulturellen Kategorien ,männlich‘ und ,weiblich‘ also dekonstruiert werden müssen.“

Unendlich viele Geschlechter. „Zeitgeist schwebt über allen möglichen gesellschaftlichen Debatten. Aber zu sagen, es ist plötzlich hip, nicht-binär zu sein oder transsexuell, fände ich eine sehr brachiale Aussage, die ich niemals treffen würde“, sagt Meike Stoverock. Sie bedauert, dass sich der Feminismus zuletzt aufgespalten habe, dass gewissermaßen ein Bekenntnis verlangt werde, ob man sich nun für biologische Frauen oder für LGBTIQ*-Menschen einsetzt: „Sich entscheiden zu müssen, auf welcher Seite man steht, macht den Kampf gegen patriarchale Unterdrückungsstrukturen ineffizient. Wir leben in einer Welt, in der LGBTIQ*-Personen massive Diskriminierung erleben und gleichzeitig biologische Frauen zahlenmäßig das größte Opfer von männlicher Gewalt sind. Wir sollten uns auf das fokussieren, was uns verbindet und unsere Energien bündeln.“

Die unterschiedlichen Strömungen, die sich überkreuzen, widersprechen, verbinden, sind nach und nach oder auch parallel entstanden und sie entwickeln sich permanent weiter, führt die Literatur- und Genderforscherin Anna Babka aus. „Die feministische Forschung hat die Geschlechterdifferenz noch recht festgeschrieben“, erläutert sie. „Schließlich ging es zunächst darum, Egalität zwischen den Geschlechtern herzustellen oder den Frauen überhaupt ihren angemessenen, gleichberechtigten Platz zu geben. In der

Tolle Autor*innen in einem Buch: „Heute ist ein guter Tag, das Patriarchat abzuschaffen“, Bettina Schulte (Hg.), Hirzel Verlag.

Genderforschung geht es dann vor allem um die Verhältnisse zwischen den Geschlechtern, auch wird die Differenz zwischen biologischem und sozialem Geschlecht ausgehandelt. In der Queer Theorie liegt der Schwerpunkt darauf, binäre Logikmodelle hinter sich zu lassen und und zu einer Vielfalt der Geschlechter zu kommen.“

Innerhalb dieses großen Forschungskomplexes gibt es auch Stimmen, die meinen, das Denken einer unbedingten Vielfalt würde es letzten Endes gar nicht mehr notwendig machen, neue Identitäten zu ermöglichen und damit aber auch Abgrenzungen zu erzeugen, die Ausschlüsse nach sich ziehen können. Andere wiederum finden, „trans“ sei nicht bloß der Wechsel von einem zum anderen Geschlecht, sondern ein Prozess, sozusagen eine offene Identität. „Es gibt jedenfalls keine eindeutige Beschreibung dessen, was eine Frau und was ein Mann ist“, sagt Anna Babka. „Meine Utopie wäre, dass es so viele Geschlechter gibt wie Menschen auf der Welt.“

„Ich sehe dich.“ Zum Abschluss eine winzige Anekdote von Aiki Mira aus dem jüngst erschienenen Buch „Heute ist ein guter Tag, das Patriarchat abzuschaffen“ (Hg. Bettina Schulte, Hirzel). Aiki Mira ist ein:e mehrfach preisgekrönte non-binäre:r Science-Fiction-Autor:in, und beschreibt den ersten analogen Besuch eines Science-Fiction-Events: Mein Gegenüber geht eine Namensliste durch – mit Spannung schaue ich zu. Wie bei einem Game mit ungewissem Ausgang, scheint mir alles möglich zu sein. Mein Gegenüber schaut mich an: „Aiki Mira steht auf der Liste.“ Am ganzen Körper spüre ich, wie sehr queere Identität das Gegenüber braucht, das erwidert: „Ja, ich sehe dich. Du bist da.“

© Pexels / Polina Tankilevitch IMPULSE

ZUR PERSON:

Andi Knoll zählt zu den erfolgreichsten Radio- und Fernsehmoderatoren Österreichs. Opernball, Songcontest, „Dancing Stars“ und „Die Große Chance“ – der gebürtige Innsbrucker ist das Gesicht zahlreicher ORF-Produktionen. Für Hitradio Ö3 ist er seit 30 Jahren im Einsatz.

1. Scheiß da nix ... ganz prinzipiell.

2. Das Christkind gibt es wirklich. Glaub nicht, wenn dir was anderes erzählt wird.

3. Überlege dir wirklich gut, ob das die richtige Schule für dich ist. Vertrau auf deinen Verstand und verlass dich auf dein Gefühl.

4. Aber wenn du dann eine Schule gefunden hast, Augen zu und durch! Nicht überlegen, ob man das später im Leben braucht oder nicht. Einfach machen, dann ist es schneller vorbei.

5. Berufung statt Beruf. Probier’ aus, was dir taugt und im Gegensatz zur Schule: nicht aussitzen. Den Job finden, der dir nicht nur Geld bringt.

6. Wenn du in der Arbeit oder in der Schule einen Fehler machst, stirbt da möglicherweise wer? Nein? Dann kann es nicht so schlimm sein.

7. Keine Kasspatzln unter 1.000 Metern Seehöhe!

8. Lass sie reden! Egal ob Mobbing in der Schule oder auf Social Media – wer Hass gegen andere verbreitet, mag sich vor allem selber nicht.

9. Hör nicht auf mit Sport. Nie! Wenn man immer ein bisschen dabei bleibt, ist es nicht so mühsam, wieder anzufangen.

10. Die Welt muss ein halbwegs schöner Platz für alle rund um den Globus sein, nur dann ist es auf Dauer auch schön für dich.

Prominente Österreicher:innen verraten uns zehn Dinge, die sie das Leben bisher gelehrt hat.

WAS ICH MEINEM JÜNGEREN ICH RATEN WÜRDE
© The Van Helden IMPULSE 18

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