WIENERIN September 2024 Teil

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Porsche Zentrum Wien Nord Leopoldauerstraße 90 1210 Wien

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Porsche Zentrum Wien-Liesing Ketzergasse 120 1230 Wien

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Macan – Stromverbrauch kombiniert: 17,0 – 19,8 kWh/100 km; CO₂-Emissionen kombiniert: 0 g/km. Stand 08/2024. Die angegebenen Werte wurden nach dem vorgeschriebenen Messverfahren VO (EG) 715/2007 (in der gegenwärtig geltenden Fassung) im Rahmen der Typengenehmigung des Fahrzeugs auf Basis des neuen WLTP-Prüfverfahrens ermittelt.

HINEIN IN EINE NEUE, SPANNENDE SAISON.

Also irgendwie ist der September ja arm: Er ist eben doch der Montag unter den Monaten; der super erwachsene „jetzt ist Schluss mit sommerlichem Müßiggang – jetzt wird‘s wieder ernst“-Monat. Alleine das Wort „September“ sorgt schon mal für genervtes Augenrollen, oder? Dabei wird er diesem Ruf gar nicht gerecht – schließlich steht der September auch für einen starken Neubeginn, aber ohne lästigem Beigeschmack von Vorsätzen, die man eh nicht einhält. Beispiele gefällig?

„Im September ersetzen wir den Stress ab jetzt mit Highlights.“

Power Season. Wir starten in eine fulminante Fashion- und Beautysaison, deren Highlights wir natürlich in dieser neuen WIENERIN herausgepickt haben. Ein weiterer Vorteil, wenn die Temperaturen nicht über 35 Grad liegen? Wir haben wieder mehr Bock auf Sport und uns gleich das Phänomen Lauftreffs genauer angeschaut, das neben fit werden, auch so mancher Datingplattform buchstäblich den Rang abläuft. Außerdem wollten wir wissen, wie Frauen gerade die Sexwelt revolutionieren und wie wir damit umgehen, wenn Musik plötzlich für den falschen Zweck eingesetzt wird. Und falls Sie nach einem geeigneten Plätzchen suchen, an dem Sie die neue WIENERIN genießen können, hätten wir auch gleich die schönsten Marktlokale der Hauptstadt parat. Aber egal wo und wie: Mit dieser Ausgabe sind Sie jetzt hoffentlich auch im „Team September“ und assoziieren ihn ebenfalls mit ganz vielen Highlights statt Stress. Viel Spaß beim Lesen!

Anregungen, Wünsche, Ideen? sarah.lehner@wienerin.at

Chefredakteurin WIENERIN

Was wir aus dem Sylt-Skandal lernen können

Wir rücken das Bild der Single-Frauen gerade

Ein Dokumentarfilm über Migration im Schulalltag

Über Sex Positivity und Women-Only Events

Sinéad O’Dwyer definiert den Luxusmarkt neu

Make-up-News,

Streiten wir in Beziehungen zu wenig?

Psychologin Mangweth-Matzek über problematisches Essverhalten

MARKTFRISCH

Unsere liebsten Marktlokale in Wien

WOHNEN

84 WIENTERIEUR

Möbeldesign made in Vienna

88 FOREVER SUMMER

So verlängern wir den Sommer in den eigenen vier Wänden

GENUSS

98 JUNGE KÜCHE, GROSSE IDEEN

Ein Blick hinter die Kulissen der Jeunes Restaurateurs

BUSINESS

110 WORKING MIND

Produktiver und entspannter arbeiten mit Neurotraining

FREIZEIT

118 EVENTKALENDER

Die wichtigsten Veranstaltungen im September

120 HOMECOMING

My Ugly Clementine im Interview

UMS ECK

142 FARBE DES LICHTS

Was Schönbrunn und die Provence gemeinsam haben

MEDIENINHABER & HERAUSGEBER

Life Style Projekt GmbH

Brunecker Straße 3, 6020 Innsbruck o ce@wienerin.at

GESCHÄFTSFÜHRUNG

Andreas Eisendle

Samira Kurz (Prokuristin)

MEDIA DIRECTOR

Sabine Gallei

CHEFREDAKTEURIN

Sarah Lehner

REDAKTION

Laura Altenhofer

Lana Schneider

GRAFIK

Martina Frötscher

Lea Vogelsberger

Cheryl Kapferer

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Katharina Egger-Zierl

SALES WIENERIN

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SALES COORDINATION

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ONLINE & PR

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REDAKTIONSKONTAKT redaktion@wienerin.at

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ABO-SERVICE

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DRUCK

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VERTRIEB

Presse Großvertrieb Austria Trunk GmbH, 5081 Anif

Die Oktober-Ausgabe erscheint am 27. September 2024.

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OHNE MOOS

Mossgreen ist eine DER Trendfarben der Saison –deshalb tragen wir sie ab jetzt monochrom.

1 | STRICKGARN. Pullover-Tee von Abercrombie & Fitch, um € 45,– 2 | BUSY BEE. Brosche von Bijou Brigitte, um ca. € 15,– 3 | SCHLICHT. Kleid von Anine Bing, um € 600,– 4 | SATIN. Höschen von Mey, um € 44,99 5 | SHADY. Sonnenbrille von Pull & Bear, um ca. € 13,– 6 | TANZFUSS. Ballerinas von Arket, um € 149,– 7 | HALBMOND. Tasche von Allsaints, um € 259,–

WildChild

1 | HUT AB. Panama-Hut „Spice Temple Knit“ von Rip Curl, erhältlich bei Blue Tomato, um € 34,95 2 | AKZENT. Sonnenbrille „Symbole“ von Prada, um € 370,– 3 | ALLROUNDER. Hoop-Ohrringe von Zara, um € 15,95 4 | LUFTIG. T-Shirt „Social Club“, gefunden bei No Cream Store, um € 32,95 5 | LET LOOSE. Hose „Oriental Flow“ von Mey, um € 149,– 6 | KORALLE. Halskette „Coral Blaze“ von Bijou Brigitte, um € 14,95 7 | DOPPELT HÄLT BESSER. Mehrlagige Halskette von &OtherStories, um € 29,– 8 | SLOUCHY. Bucket Bag von H&M, um € 29,99 9 | ON THE GO. Slides „Missile“ von Steve Madden, erhältlich bei Peek&Cloppenburg, um € 99,99

Lässig, lässiger, Boho: Angelehnt an den verspielten Bohemian Spirit der 1970er überzeugt dieser Look mit einer modernen Reinterpretation der Modebewegung.

REDAKTION: Cheryl Kapferer

FOTOS: Hersteller, Unsplash/Pawel Szvmanski, Tinmay Yu

um nur € 49,–jährlich lesen *

IMPULSE

#allthesingleladies • #machtdermusik • #backtoschool

EARTH NIGHT 2024

Am 6. September geht in Österreich das Licht aus.

Bei der Earth Night wird der Versuch gestartet, das künstliche Außenlicht eine Nacht im Jahr so weit wie möglich zu reduzieren. Diese Aktion findet immer an dem Freitag im September statt, der so nahe wie möglich an der Neumondnacht liegt. Ab Einbruch der Dunkelheit (spätestens ab 22 Uhr) heißt es dann: Licht aus! Zum Mitmachen sind alle Haushalte eingeladen, viele Städte und Gemeinden sind bereits Teil davon. Damit soll ein Zeichen gegen die Lichtverschmutzung und -verschwendung gesetzt werden. Denn die erhellten Nächte auf unserem Planeten schaden in vielerlei Hinsicht Umwelt, Mensch und Natur – letztlich dem gesamten Ökosystem. Weitere Infos unter: www.earth-night.info

DIALOG STATT SONGVERBOT

Gigi D’Agostinos „L’amour toujours“ steht im Kreuzfeuer der Kritik. Der Sylt-Skandal zeigt: Um gegen Rassismus anzukämpfen, müssen weitreichendere Schritte unternommen werden

REDAKTION: Laura Altenhofer | FOTO: S hutterstock

Junge Menschen, die feiernd auf der Ferieninsel Sylt zum Partyhit von DJ Gigi D’Agostino ausländerfeindliche Parolen grölen. Die Szenen eines Videomitschnitts verbreiteten sich Ende Mai in den Medien wie ein Lauffeuer. Der Schock und die Entrüstung in der weißen Mehrheitsgesellschaft war groß. Radiosender verbannten den Song, der eigentlich von Liebe handelt, von ihren Playlists und auch auf großen Volksfesten wie der Wiener Kaiser Wiesn und dem Münchner Oktoberfest wird das Lied bis auf weiteres nicht gespielt. Eine Reaktion, die kurzfristig rechtsextreme Anhänger:innen zum Schweigen bringt, doch ist dies wirklich die Lösung eines Problems, das viel tiefer verwurzelt zu sein scheint? „Rassismus lässt sich nicht stoppen, indem man Musik verbietet“, so der italienische DJ selbst zu den Reaktionen auf das ausländerfeindliche Gegröle zu seinem Party-Hit „L‘amour toujours“. Drei Monate nach dem Vorfall ist es an der Zeit, das Thema eingehender zu betrachten. Wir haben mit der Anti-Rassismus Expertin Désirée Sandanasamy gesprochen und Stimmen aus der Musikbranche zu Wort kommen lassen.

Kein Einzelfall. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Gigi D’Agostino’s Hit aus dem Jahr 2000 nicht der erste Song war, der für rechtsextreme Parolen zweckentfremdet wurde. Vor fast zehn Jahren wandelte eine Schweizer Neonazi-Band „Tage wie diese“ von den Toten Hosen in eine rechtsextreme Hymne um. Die deutsche Band um Frontmann Campino distanzierte sich ausdrücklich davon und leitete rechtliche Schritte ein. Dass der Vorfall auf Sylt kein Einzelfall ist, bestätigt auch Désirée Sandanasamy, Rechtsberaterin bei der ZARA-Beratungsstelle !GegenRassismus. Im Interview erklärt sie: „Wenige Tage bevor der Vorfall auf Sylt bekannt wurde, haben wir einen ähnlichen Fall gemeldet bekommen, ebenfalls mit dem gleichen Lied und ähnlichen Parolen. Solche Dinge geschehen immer wieder. Für uns als Verein war es nicht überraschend, da uns bewusst ist, dass solche Vorfälle tagtäglich passieren. Besonders schockierend war für mich aber die Entspanntheit, mit der die Täter:innen ihre Aktionen gefilmt und online gestellt haben. Das zeigt, wie salonfähig offener Rassismus in unserer Gesellschaft geworden ist.“

Aus den Augen, aus dem Sinn? Laut deutscher Polizei hat das Fachkommissariat für Staatsschutz die Ermittlungen gegen die Personen des viral gegangenen Videos aus Sylt wegen Volksverhetzung

und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen aufgenommen. Ob die Täter:innen wirklich ein rechtskräftiges Urteil erwartet, bleibt allerdings fraglich. Die Rechtsexpertin bestätigt, dass in der Vergangenheit ähnliche Fälle, die die Organisation ZARA (kurz für Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) begleitete, im Ermittlungsverfahren eingestellt wurden. Trotz der Verschärfung des Verhetzungsparagraphen im Jahr 2015 wurden die Aussagen als nicht verhetzend und somit als nicht rechtswidrig eingestuft. „Umso wichtiger ist es, dass das Thema nach dem großen medialen Aufruhr Ende Mai jetzt nicht wieder in Vergessenheit gerät. Es muss weiterhin ein Diskurs darüber stattfinden, denn nur so entsteht politischer Druck, damit die vorhandenen Rechtsinstrumente in Zukunft auch entsprechend genutzt werden“, so Désirée Sandanasamy.

Zwischen den Zeilen. Offen für einen Diskurs, wie man in Zukunft mit ähnlichen Vorfällen umgehen könnte, zeigte sich Kronehit-Programmchef Georg Spatt. Der Privatsender hat nach dem Sylt-Skandal entschieden Gigi’s „L‘amour toujours“ auf öffentlichen Veranstaltungen vorerst zu pausieren. „Es ist ein schmaler Grat, so eine Diskussion weiter zu befeuern und den Initiator:innen damit unnötig viel Aufmerksamkeit zu schenken, oder aber so einen Vorfall zum Anlass zu nehmen, das Thema entsprechend vielfältig einzuordnen“, erklärt Georgt Spatt auf Anfrage der WIENERIN. Der Sender habe in diversen Moderationen und Beiträgen zu Partys und Festivals das Thema eines friedlichen und respektvollen Umgangs angesprochen und seine Haltung diesbezüglich in Gesprächen mit Veranstalter:innen und Partner:innen klar gemacht.

Mediale Resonanz. Obwohl die mediale Aufmerksamkeit „L‘amour toujours“ wieder in die vordersten Ränge der Radiocharts katapultierte, wird der Song bei Kronehit vorerst nur auf expliziten Hörer:innenwunsch oder zu passenden Anlässen gespielt. So handhabt es auch der Privatsender Radio Energy Österreich, wie uns Programmchef Bernhard Rathmayr mitteilte. Hitradio Ö3 verdeutlichte hingegen, dass der Song weder von DJs auf Ö3-Veranstaltungen, noch auf Wunsch von Hörer:innen im Radio gespielt wird. Die Reaktionen der Radiosender und Veranstalter:innen sorgte landesweit für viel Kritik. Einen Song auf-

grund des Vorfalls nicht mehr zu spielen, schade in erster Linie dem/der Künstler:in selbst. Auch das Wort „Cancel Culture“ machte immer wieder die Runde. Zuletzt wurde Gigi D’Agostinos Auftritt am FM4 Frequency Festival im August kurzfristig abgesagt. Unsere Anfrage zu den Gründen für die Absage blieb unbeantwortet. Auf Facebook äußerten sich die Veranstalter:innen mit einem kurzen Statement, dass die Absage jedenfalls nichts mit der Situation rund um den Song „L‘amour toujours“ zu tun habe.

Verständliche Reaktionen. Dass sich Konzertveranstalter:innen und Radiosender von dem Song distanzieren sei zwar nicht die Lösung des Problems aber laut Désirée Sandanasamy nachvollziehbar: „Ich kann nachvollziehen, dass man sich persönlich davon distanzieren will und sagt, dass man damit nichts zu tun haben möchte, indem man den Song aus dem Programm nimmt. Aber eine nachhaltige Lösung ist das nicht. Rassismus ist tief in unserer Gesellschaft verwurzelt, und wir alle sind in einem rassistischen System sozialisiert. Es reicht nicht, einfach nur einen Song nicht mehr zu spielen; das Problem liegt viel tiefer und erfordert aktive Arbeit, um Rassismus abzubauen.“

Künstlerische Solidarität. Wie ein Lösungsansatz aus Künstler:innensicht aussehen könnte, zeigt die deutsche Band „Das Lumpenpack“. Anfang des Jahres wurde ihr Song „Kann es sein, dass du dumm bist?!“ in den sozialen Medien vermehrt von Menschen mit rechtsgelagerten Ideologien genutzt, um ihre Meinung musikalisch zu unterstützen. Im Februar äußerte sich die Band auf TikTok dazu, dass sie zwar nicht direkt gegen diese Art der Nutzung vorgehen könne, dennoch aber dafür Verantwortung übernehmen würde, indem die Einnahmen des Songs an das Hilfsprogramm „Exit“ gespendet werden, das dabei unterstützt, mit dem Rechtsextremismus zu brechen und aus rechten Organisationen auszusteigen. Für ZARA-Rechtsexpertin Désirée Sandanasamy diese Reaktion ein Schritt in die richtige Richtung: „Die Band zeigt damit Allyship und Zivilcourage, indem sie versucht, etwas Positives daraus zu machen. Es ist natürlich die persönliche Entscheidung der Künstler:innen, aber ich finde es wichtig, Verantwortung zu übernehmen. Anstatt sich nur zu distanzieren, versucht man, das Problem zu adressieren.“

Gemeinsame Verantwortung. Neben Aufklärung und Sensibilisierungsarbeit plädiert die Anti-Rassismus-Expertin auch für Awareness-Teams auf Veranstaltungen sowie für eine engere Zusammenarbeit und gegenseitige Beratung zwischen Organisationen, Medien und Künstler:innen. Aber auch als Einzelperson könne man mit Zivilcourage bereits vieles bewirken. „Ich bin überzeugt, dass der meiste Alltagsrassismus im öffentlichen Raum stattfindet. Wenn man sieht, dass jemand herablassend oder diskriminierend behandelt wird, ist es wichtig, etwas dagegen zu tun. Für betroffene Personen ist es oft schmerzhafter, dass die Mehrheit der Menschen, die danebensteht, nicht reagiert.“ Natürlich solle man sich selbst nicht in Gefahr bringen. Aber es sei bereits sehr hilfreich, solche Vorfälle zu dokumentieren und an ZARA zu melden. Denn die Organisation sammelt alle Meldungen in einer eigens dafür vorgesehen Falldatenbank, welche wiederum für Berichte und Analysen anonymisiert aufgearbeitet wird. Diese Berichte sind eine wichtige qualitative Quelle, um auf das Ausmaß von Rassismus hinzuweisen und ihn sichtbar zu machen. Im Zweifelsfall solle man sich außerdem immer an Veranstalter:innen wenden oder die Polizei rufen. „Auch wenn ein Familienmitglied immer wieder ausländerfeindliche Ansichten äußert, ist es unsere Aufgabe, mit ihm zu sprechen. Das ist zwar unangenehm, aber notwendig, besonders angesichts des Rechtsrucks, den wir in Europa beobachten. Ich glaube, was unserer Gesellschaft wirklich fehlt, ist die Bereitschaft, unangenehme Gespräche zu führen.“

Der Vorfall auf Sylt und die darauffolgende Diskussion um Gigi D’Agostinos „L‘amour toujours“ verdeutlichen, dass kurzfristige Maßnahmen wie das Verbot eines Songs allein nicht ausreichen, um tief verwurzelten Rassismus zu bekämpfen.

Die mediale Aufmerksamkeit und die Reaktionen auf die Zweckentfremdung des Liedes mögen symbolisch sein, doch sie lösen nicht das zugrunde liegende Problem. Viele Veranstalter:innen, Artists sowie bekannte Streamingdienste wollten sich auf Anfrage der WIENERIN zu diesem Thema nicht äußern. Dabei wäre es an der Zeit, dass jede:r Einzelne von uns aktiv Verantwortung übernimmt und den nötigen Diskurs vorantreibt, um eine Gesellschaft zu schaffen, in der Rassismus keinen Platz hat. Musik sollte uns letztlich daran erinnern, dass uns mehr verbindet, als uns trennt.

Was unserer Gesellschaft wirklich fehlt, ist die Bereitschaft, unangenehme Gespräche zu führen.

Désirée Sandanasamy, ZARA-Rechtberaterin

WIE SINNVOLL IST ES, POPULÄRE SONGS ZU BOYKOTTIEREN, DIE FÜR

AUSLÄNDERFEINDLICHE

PAROLEN MISSBRAUCHT WURDEN?

„Für mich als Urheber ist es natürlich problematisch einen Song zu ‚canceln‘, wenn er durch eine inoffizielle Umtextung sinnentfremdet wird. Auch sehe ich hier nur das Symptom überdeckt, was wenn, dann nur sehr kurzzeitige Wirkung hat. Wollen wir so aussehen als würden wir etwas tun, oder wollen wir tatsächlich etwas tun? Das ist die Frage.“

CESÁR SAMPSON

Sänger und Schauspieler

„Mit Hach und Huch wird man solchen Besetzungen nicht beikommen. Man muss sie gegen ihre Besetzer richten. Es braucht keine Spielverbote, sondern klare Statements in den An- und Abmoderationen. Wer ein solches Lied hört, muss wissen, dass es Idioten sind, die besoffen dazu etwas anderes grölen.“

GERHARD RUISS, Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren

„Ich finde es schrecklich, dass etwas so Wunderbares wie Musik von Menschen dazu missbraucht wird, auslän derfeindliche Parolen zu verbreiten. Ich halte es für wichtig und richtig, dass so etwas unterbunden wird! Allerdings finde ich es schade und unfair, wenn aus diesem Grund die Musik eines Künstlers nicht mehr gespielt wird, der für einen solchen Missbrauch nicht verantwortlich ist. Die Verantwortlichen für diesen Missbrauch müssen zur Rechenschaft gezogen und bestraft werden. So etwas darf auf keinen Fall geduldet werden.“

ESTHER GRAF

Sängerin & Songwriterin

© Annika Yanura

„Zunächst bleibt festzuhalten, dass Musik da ist, um zu verbinden und nicht um zu spalten. Sonst wäre es nicht die Sprache, die jeder fühlen kann. Songs zu verbieten, die von Menschen verschandelt werden, die oft Pech beim Denken haben, bringt allerdings gar nichts. Warum? Spoiler: Man kann jedes Lied der Welt mit hirnlosem Inhalt verunstalten. Wenn jemand betrunken mit dem Auto fährt, verurteilt man auch nicht die Tankstelle, sondern den Menschen.“

PAUL PIZZERA

Kabarettist & Musiker

(Pizzera & Jaus und AUT of ORDA)

„Musik existiert immer in einem Kontext. Dieser Kontext wird manchmal von den Artists beabsichtigt, und manchmal wird er erst von außen mit einer politischen Agenda künstlich hergestellt – so wie es kürzlich das Schicksal von „L’amour toujours“ war. Wenn so etwas passiert, finde ich es nicht ratsam, zu ignorieren, dass der Song nun im Volksmund etwas anderes bedeutet als in seiner ursprünglichen Form. „L’amour toujours“ und Sylt sind für den Moment miteinander verbunden – da hilft es meiner Meinung nach vorerst nur, den Song zu umgehen, bis die Zeit reif ist, ihn wieder in einem anderen Kontext zu sehen.“

THERESA ZIEGLER

Musikjournalistin und Co-Gründerin

Supercute Productions

„Ich halte das für völlig absurd, weil es im Endeffekt niemandem weiterhilft. Meiner Meinung nach wäre es sogar sinnvoller, dem Song mehr Raum zu geben, aber in Kombination mit einer klaren Botschaft, die über das eigentliche Problem aufklärt. Wenn solche Lieder nicht mehr gespielt werden dürfen, müsste man konsequenterweise auch rechte Politiker von öffentlichen Auftritten ausschließen, bei denen sie ihre Parolen verbreiten. Alles andere wirkt für mich wie Pseudoaktivismus.“

MIRA LU KOVACS

Sängerin und Songwriterin („5K HD“ und „My Ugly Clementine“)

„Man muss natürlich immer den konkreten Fall für sich bewerten, aber generell sollten wir versuchen mit positiven, weltoffenen Botschaften dagegenzuhalten und Songs nicht generell sofort verbannen. Wenn wir einen Song in so einem – definitiv zu verurteilenden – Fall automatisch aufgeben, geben wir diesen furchtbaren Parolen eine viel zu große Bühne.“

BERNHARD RATHMAYR

Programmchef von Radio Energy Österreich

© Ina Aydogan ©
© Privat

Warum wir das Bild der Single-Frau geraderücken müssen.

REDAKTION: Sabrina Kraussler

FOTO: Pexels/Ann Bugaichuk

VERZWE I F E L T & SNIE A M ?

Single-Frauen bekommen nicht nur auf Familienfeiern die eine oder andere Unterstellung zu hören –wir kennen es: zu anspruchsvoll, zu karrieregeil, zu egoistisch – sie werden obendrein in der Popkultur als verzweifelt oder gar frustriert dargestellt. Diese Vorverurteilungen und Stereotype sind gesellschaftlich tief verankert, weiß die Soziologin Laura Wiesböck, Autorin des Buches „In besserer Gesellschaft“.

„Unser System basiert darauf, dass Frauen sich unbezahlt um andere kümmern – um ihre Partner, Kinder, pflegebedürftige Angehörige. Verweigern sie diese Rolle, werden sie abgewertet“, sagt die Wissenschaftlerin. Dieses Thema sei deshalb auch eine politische Angelegenheit, denn: „Single-Frauen wirken destabilisierend auf eine patriarchal und kapitalistisch geprägte Gesellschaft, in der für sie vorgesehen ist, ‚im Namen der Liebe‘ eine hohe unbezahlte Arbeitslast zu tragen – und zwar auf Kosten ihrer finanziellen Sicherheit und ihres gesellschaftlichen Einflusses.“ Wenn sich Singles diesem System entziehen, sind Beschämungen häufig die Folge. „Das dient dazu, Menschen zu einem gewissen Verhalten zu drängen. In diesem Fall, dass Frauen ihrer fürsorglichen Rolle gerecht werden“, so die Soziologin. Entscheiden sie sich also bewusst für das Leben allein, ruft das zunächst Irritation hervor. Wie Laura Wiesböck erklärt, gibt es in unserem gesellschaftlichen System ein männliches Anspruchsdenken auf positive Zuwendung von Frauen: „Das zeigt sich schon im Kleinen. Wenn zum Beispiel ein Flirtversuch abgelehnt wird, werden Frauen in manchen Fällen beschimpft.“ Frauen, die keinen Partner „brauchen“, widerstreben also diesem Anspruchsdenken. „Es ist ein Lebensmodell, das erklärungsbedürftig ist. Vor allem dann, wenn man bewusst nicht nach männlicher Anerkennung sucht“, weiß die Autorin. Das wird auch durch einen Blick in die Vergangenheit deutlich.

Unabhängigkeit als Bedrohung. „In der Geschichte haben gebildete Frauen ohne Paarbeziehungen wichtige soziale Bewegungen tonangebend mitangeführt. Somit stellen sie eine Bedrohung für konservative und rechte Lager dar“, so Wiesböck. „Historisch gesehen wurde der Wert von Frauen über die Zugehörigkeit von Männern definiert. Das zeigt sich bis heute in gewissen Bereichen, obwohl sich die Gesellschaft natürlich verändert hat.“ Junge Frauen sind heute finanziell unabhängiger, und damit vielleicht auch die ersten in der Familie, die allein wohnen und damit zufrieden sind. Trotzdem wird das Single-Dasein bei ihnen oft als „mangelhafte Zwischenphase“ angesehen, weiß Wiesböck.

„Popkulturell gibt es für Männer ohne Paarbeziehung mehr positive Bilder, denkt man an das klassische Junggesellenbild“, erklärt die Soziologin. Auf die Realität lasse sich das aber nicht so einfach ummünzen: „Ein Mann über 30, der in einem kleinen Dorf wohnt und noch keine Partnerin hat, ist auch mit sozialem Druck konfrontiert“, weiß die Soziologin. Obwohl in Filmen und Medien Single-Frauen in der Regel unglücklicher präsentiert werden, sind sie Studien zufolge oft zufriedener als Single-Männer – und als einige Frauen, die in Beziehungen leben. Denn vergeben zu sein bedeutet nicht automatisch das große Glück.

Art der Beziehung wichtig. „Beziehungen werden häufig mit glücklichen Partnerschaften gleichgesetzt, doch so ist es nicht immer. Für Frauen kann eine Paarbeziehung einer der gefährlichsten Orte sein. Und ein Ort, an dem sie ihre Karriere oder persönlichen Interessen zurückstellen“, erklärt

Laura Wiesböck. Glücklicher macht eine Beziehung also nicht zwingend.

Ganz generell haben Frauen oft ein stärkeres soziales Netz als Männer. Ihre emotionalen Bedürfnisse leben sie vielfältiger aus, sagt Wiesböck: „Frauen beziehen emotionale Nähe und Intimität auch über Freundschaften, in denen sie tiefe Verbundenheit ausdrücken und Verletzlichkeit zulassen.“ Dieses freundschaftliche Verständnis widerspricht dem traditionell geprägten Männlichkeitsbild, in dem es keinen Platz für vulnerable Gefühle gibt.

Trennungen. „Partnerinnen sind häufig die einzige Quelle emotionaler Intimität“, weiß die Soziologin. „Aus diesem Grund – wie auch dem Anspruchsdenken auf weibliche Zuwendung und der mangelnden Fähigkeit, gewaltfrei mit Schmerz umzugehen – kommt es bei Trennungen häufiger zu Gewalteskalationen.“ Umgekehrt ist das eher selten der Fall. Viele dieser Studienergebnisse basieren auf dem Modell der heterosexuellen Beziehung. „Die Forschung zu queeren Paarkonstellationen ist noch weniger weit vorangeschritten“, weiß Laura Wiesböck. Das Feld hat noch Aufholbedarf.

Single-Frauen leben gesünder. Thema einiger Studien ist übrigens auch die Gesundheit: Single-Frauen pflegen einen gesünderen und umweltfreundlicheren Lebensstil als alleinstehende Männer. „In heterosexuellen Paarbeziehungen nähern sich die jeweiligen Personen ein bisschen aneinander an. Das bedeutet für Frauen, dass sie ungesünder leben und umgekehrt“, so die Soziologin. Dass Männer von heterosexuellen Beziehungen profitieren, wird auch in diesem Bereich wieder deutlich. Frauen kümmern sich tendenziell auch mehr um das psychische Befinden ihres Partners. Deshalb kann es eine Entlastung sein,

IN BESSERER GESELLSCHAFT

von Laura Wiesböck

Verlag Kremayr & Scheriau

ISBN: 978-3-218-01133-4 um ca. € 22,-

sich als Single nur mehr um sich selbst kümmern zu müssen.

Das betrifft auch den letzten Abschnitt ihres Lebens: „WitwenStudien zeigen, dass Frauen in der jetzigen Großeltern-Generation oftmals ein Gefühl der Befreiung empfinden, wenn ihre Partner versterben, da sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben auf ihre Bedürfnisse konzentrieren können“, so Wiesböck. Witwer hingegen trauern oft intensiv, weil sie in der Regel stärker von ihren Partnerinnen profitiert haben –obwohl uns Medien immer wieder ein umgekehrtes Bild zu vermitteln versuchen.

Zusammengefasst erleben heute viele Single-Frauen ein Gefühl der Unabhängigkeit und der Befreiung. Es kommt jedoch auf die Lebensphase an, weiß die Soziologin: „Mit Eintritt der Mutterschaft erleben viele Frauen eine starke soziale Isolation und finanzielle Einbußen, die sie oft nicht mehr aufholen können.“ In Gesellschaften, die auf dem Modell der Kleinfamilie basieren, stehen Alleinerziehende vor großen ökonomischen und organisatorischen Herausforderungen. „Wenn es rein um die Erziehung geht, gibt es strenggenommen aber auch Frauen in Paarbeziehungen, die das allein machen“, weiß Wiesböck.

In jedem Fall ist die jeweilige Situation der Frauen zu betrachten –Zufriedenheit hängt schließlich von vielen Faktoren ab. Psychologisch gesehen kann eine liebevolle Paarbeziehung viele Vorteile bringen. Aus soziologischer Sicht gebe es aber einen großen Unterschied zu dem, wie das Single-Leben dargestellt wird und wie die gesellschaftliche Realität wirklich ist, so Laura Wiesböck. Bemitleidenswert sind Single-Frauen mit Sicherheit nicht.

WANN

01. OKTOBER 2024

09:00 bis 17:00 Uhr

WO

Wirtschaftskammer Österreich Wiedner Hauptstraße 63 1040 Wien

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Der WIENERIN Gründerinnentag inspiriert und unterstützt Frauen, ihre Geschäftsideen erfolgreich umzusetzen und Netzwerke zu erweitern.

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