10 minute read
WHAT THE FUCK IS LOHAS?
KURZBIO
Mag. Martin Rohla lebt in Kronberg und Wien. Als Serial Entrepreneur und konzessionierter Unternehmensberater arbeitete er von Anfang an selbstständig. Mit seiner Beteiligungs- und Beratungsgesellschaft hat er diverse Unternehmen aus der Taufe gehoben. Mit dem Projekt „Saint Charles Apotheke“ war er 2008 Finalist bei EY Entrepreneur Of The Year. Seit 2011 ist Rohla zudem Biolandwirt auf Gut Bergmühle. Über seine „Goodshares Beteiligungs- und Beratungs GmbH“ ist er an mehr als 25 nachhaltig agierenden Unternehmen beteiligt. Mit den Flüchtlingsrestaurants „Habibi & Hawara“ wurde er Gewinner von EY Entrepreneur Of The Year 2019 im Bereich Social Entrepreneurship. Martin Rohla ist Vater von drei Kindern und mit Madeleine Rohla-Strauss, einer Urenkelin des Komponisten Richard Strauss, verheiratet. Mütterlicherseits ist Rohla ein Urenkel des Erfinders Ferdinand Ritter von Mannlicher.
WHAT THE FUCK IS LOHAS?
Diese Frage hat Martin Rohla vor 17 Jahren seinem Freund und Geschäftspartner am Strand in Sardinien gestellt. Schon damals, als das Thema Nachhaltigkeit noch unter ferner liefen war, befasste sich der Investor und Unternehmer mit „Lifestyles of Health and Sustainability (LOHAS)“, einem gesunden und nachhaltigen Lebensstil. Diesen Weg hat er nie wieder verlassen.
Text: Ulli Wright Fotos: Thom Trauner
Der Unternehmer und Investor Martin Rohla ist mit seiner Firma „Goodshares“ an mehr als 30 unterschiedlichen Firmen beteiligt. Mit Projekten wie den Flüchtlingsrestaurants „Habibi & Hawara“ in Wien, seiner Biolandwirtschaft „Gut Bergmühle“ in Kronberg im Bezirk Mistelbach, den veganen Burgerrestaurants „Swing Kitchen“, dem Nahversorger „KastlGreissler“ und der nachhaltigen Vorsorgekasse „fair-finance“ zeigt er auf, wie nachhaltiges Unternehmertum funktionieren kann. Spätestens seit er als Juror bei der Start-up-Show „2 Minuten 2 Millionen“ regelmäßig auf PULS 4 zu sehen ist, kennt ihn auch die breite Masse.
NIEDERÖSTERREICHERIN: Herr Rohla, Sie sind als Wiener zum BWL-Studium nach Linz gegangen. Wie kam es dazu? Martin Rohla: Da muss ich ein bisschen ausholen. Ich war definitiv kein Musterschüler, bin aus fünf Schulen geflogen und war schon über 20 Jahre alt, als ich mit Ach und Krach maturiert habe. Aus Jux und Tollerei habe ich mein Maturazeugnis mit sieben Genügend einmal gepostet, so viele Likes habe ich noch nie bekommen (lacht). Anfang der 1980er-Jahre habe ich dann als DJ und Türsteher gearbeitet, das war eine wahnsinnig coole Zeit, in der Wien quasi „erwacht“ ist. Um nicht zu versumpfen, habe ich mich dazu entschieden, in Linz BWL zu studieren, in Wien hätte mich sicher zu vieles abgelenkt. Während des Studiums habe ich mit 23 Jahren ein Traineeship bei der Creditanstalt-Bankverein in New York gemacht. Obwohl das sehr interessant
war, habe ich gemerkt, dass ich nicht mit großen Strukturen kompatibel bin. Also habe ich gleich nach dem Studium mein erstes Unternehmen gegründet.
Das war ein Modeunternehmen ... Ja, genau. Das war ein „Fetzenhandel“, wie ich zu sagen pflege. Ich habe das Unternehmen mit einem türkischen Freund gegründet, der in Wien studiert hat. Wir haben in der Türkei unter dem lustigen Namen „Tiffany & Tomato“ Kleidung produzieren lassen. Bezüglich der Markenrechte haben wir uns damals keinen Kopf gemacht und Walt-Disney-Figuren und andere Scheußlichkeiten auf unsere Textilien gedruckt. Es hat wirklich gut funktioniert und wir haben rasch expandiert, bis H&M den ersten Shop in Österreich eröffnet hat. Ein paar Jahre später ist dieses Unternehmen leider in Konkurs gegangen.
Wann haben Sie begonnen, sich bewusst mit der Nachhaltigkeit zu beschäftigen? Der Gedanke entstand bereits vor 17 Jahren, als mein Geschäftspartner und ich in Sardinien auf Urlaub waren. Am Strand sagte er auf einmal „LOHAS“. Ich fragte ihn: „What the fuck is LOHAS?“ „‚Lifestyles of Health and Sustainability‘, also ein besonders gesundheitsbewusster, nachhaltiger Lebensstil“, klärte er mich auf. Wir waren uns rasch einig, dass unsere „Saint Charles Apotheke“ in Wien die „LOHAS“-Apotheke werden wird. Unter der Marke „Saint Charles“ haben wir dann verschiedene Unternehmen gegründet und Nachhaltigkeit als Marketingstrategie genützt. Wir waren aber 15 Jahre zu
früh dran, denn das Thema hat damals noch keinen interessiert. Je intensiver wir uns aber aus unternehmerischer Sicht mit ökonomischer, ökologischer und sozialer Verantwortung beschäftigt haben, desto wichtiger fanden wir es. Schließlich habe ich in Kronberg eine Biolandwirtschaft gekauft und begonnen, dort alte Gemüsesorten anzubauen. aber niemand spricht, weil sie noch nicht wirklich wahrgenommen wird.
Haben Sie damals aktiv mitgearbeitet? Nein, ich bin zwar offiziell Biobauer, aber sobald ich eine Schaufel sehe, verletze ich mich schwer (lacht). Die Biolandwirtschaft brachte mich auf die Idee, mit der „Stadtflucht Bergmühle“ das erste Agrotourismusprojekt außerhalb des Südens von Europa zu gründen. Dieses Konzept kenne ich aus Sardinien. Von Restaurants wie „Habibi & Hawara“ bis hin zum patentierten Fruchtbarkeitstracker für die natürliche Familienplanung – Sie sind mit Ihrer Firma „Goodshares“ an mehr als 30 völlig unterschiedlichen Firmen beteiligt ... Ungefähr die Hälfte davon sind unsere eigenen Ideen, die wir realisieren. Bei den anderen Projekten, wie etwa der veganen wir zuerst einmal darauf, wie der- oder diejenige auftritt. Dabei ist mir Exaktheit ganz wichtig. Wenn wir E-Mails und Pitch Decks bekommen und da ist auch nur ein Rechtschreib- oder Beistrichfehler drinnen, gibt es keine Chance mehr weiterzukommen. An diesen Kleinigkeiten sieht man, wie ernsthaft es jemand meint. Gleich danach kommt der grauenhafte Spruch: “If you can‘t measure it, you can‘t manage it.“ Das bedeutet, dass jede Idee auch in Zahlen dargestellt werden muss. Man muss wissen, wohin die Reise geht, wie viel Geld man heute, nächstes Jahr und in fünf Jahren braucht. Wenn man sich diesbezüglich keine Mühe macht, bleibt es bei dem einen Termin und man bekommt keinen zweiten.
Wie darf man sich das vorstellen? Die „Bergmühle“ liegt in Kronberg, also mitten am Land. Auf 40 Hektar sind die Biolandwirtschaft, ein großer Reitbetrieb und die „Stadtflucht Bergmühle“ als Gastronomie untergebracht. Dort gibt es keine Speisekarte, es werden nur jene Produkte verkocht, die gerade zur Verfügung sind. Alle Getränke und Lebensmittel stammen von dem Biogut Bergmühle, der eigenen Jagd oder von Biobauern aus der nächsten Umgebung und werden von exzellenten Köchen zubereitet. Die „Stadtflucht Bergmühle“ wird als „Verein für Kochen und Muße im Grünen“ geführt, der inzwischen um die 500 Mitglieder hat. Wir veranstalten dort aber auch private Feste, Hochzeiten oder Seminare für Nichtmitglieder. Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie? In allen Beteiligungen sicher um die 1.000, aber oft sind wir da mit nur einem einstelligen Prozentsatz beteiligt.
Welche Rolle spielt Lifestyle in Sachen Nachhaltigkeit? Das Thema Nachhaltigkeit war lange Zeit unsexy und mit linksradikalen Achselhaarträgern verbunden. Das hat sich mittlerweile geändert. Ein Problem ist, dass der Begriff sehr inflationär verwendet wird. In jedem Schaufenster, auf jedem Kosmetikprodukt wird damit geworben. Nachhaltigkeit besteht für mich aus den drei Säulen ökonomische Verantwortung, ökologische Verantwortung und soziale Verantwortung. Wir erleben gerade eine sensationelle Transformation, über die und nachhaltigen Burgerkette „Swing Kitchen“, haben andere Menschen eine gute Idee, die mir gefällt und bei der ich als Investor einsteige. Wir sind aber auch sehr stark in der Beratung tätig. Ich arbeite meistens zehn bis zwölf Stunden am Tag und es macht mir eine Riesenfreude, weil ich mich jede Stunde mit etwas anderem beschäftigen darf. Was muss eine Firma haben, damit Sie sich beteiligen? Mein Motto lautet: „People invest in People“. Es sind immer die Menschen, in die man investiert. Wenn jemand bei uns mit einer Idee vorstellig wird, schauen Gab oder gibt es auch Niederlagen und wenn ja, wie gehen Sie damit um? Die gibt es ständig (lacht), aber jedes Problem ist eine versteckte Chance. Wenn irgendetwas nicht funktioniert, ist man gezwungen, einen Plan B, C oder D zu machen. Meistens ist dann Plan E der beste (lacht). Der Weg zum Ziel ist kei-
Für seine mittlerweile fünf „Habibi & Hawara“-Restau- ne langsame Gerade, sondern ein rants in Wien macht Martin Rohla gemeinsame Sache mit rascher Zickzack. Gmundner Keramik. Die Speisen werden auf handbemalten Tellern der oö. Keramik Manufaktur serviert. Was war Ihr schwierigstes Projekt? Da gibt es viele, das Flüchtlingsrestaurant „Habibi & Hawara“ ist nicht einfach. Wir geben Geflüchteten die Chance auf eine Ausbildung und haben extrem hohe Personalkosten, weil wir ja Menschen brauchen, die diese ausbilden. Bei „Habibi & Hawara“ habe ich sicher ein bis zwei Millionen Euro verbrannt, die nicht mehr zurückkommen. Derzeit gibt es fünf Restaurants, neuerdings sind wir auch in allen Billa- und Billa-Plus-Märkten mit unserem Hummus und Salaten vertreten. Ergreifen Sie Chancen, die sich Ihnen bieten, immer sofort? Wenn es um Chancen geht, halte ich mich an zwei große Worte. Das erste ist SO-
FORT und bedeutet, dass man von der Idee zur Umsetzung schnell sein und die ersten Maßnahmen rasch setzen muss. Wenn man sieht, dass die ersten Schritte leicht gehen, beginnt man dann ordentlich zu planen. Das zweite ist „ARSCHLOCHFREIE ZONE“ – wir arbeiten nicht mit Arschlöchern zusammen. Da sind wir total picky, wenn uns jemand nicht sympathisch ist, dann wird das nichts.
Werden Menschen in Krisenzeiten kreativer? Ja, vielleicht hat es damit zu tun. Die Krise ist ja auch relativ. Ich denke, wir leben in einer ganz wichtigen Zeit, in der wir alle gezwungen sind, neu zu denken.
Wenn wir in die Zukunft schauen, dann gibt es zum einen das Thema Nachhaltigkeit, auf der anderen Seite geht es in Richtung „Metaworld“, Blockchains, NFTs, Kryptowährung ... was aufgrund des hohen Energieverbrauches gar nicht umweltfreundlich ist. Wie geht das zusammen? Ich glaube, das eine schließt das andere nicht aus. Ich bin Jahrgang 1963 und wir alle, die in den 1960er- und 1970er-Jahren geboren wurden, haben großes Glück, weil wir gerade „erste Reihe fußfrei“ die größte Revolution erleben. Wir sind analog aufgewachsen, aber auch digital ziemlich fit. Für die Jungen ist es unvorstellbar, dass man nicht jede Information, die es auf der Welt gibt, übers Handy sofort abrufen kann.
Investieren Sie auch in digitale Projekte? Nein, ich investiere in Projekte, bei denen Menschen miteinander zu tun haben.
War früher alles besser? Ich halte nichts von Weltuntergangsszenarien, ich glaube, wir leben in der besten Zeit der Menschheitsgeschichte. Vor 30 Jahren gab es 1,3 Milliarden Menschen, die von Hunger bedroht waren, heute sind es 300 Millionen. Wir hatten noch nie so wenig Todesopfer durch Kriege und der CO2-Ausstoß ist in Europa in den letzten zehn Jahren um 26 Prozent gesunken. Aber wir Menschen können nicht erkennen, dass etwas gleichzeitig besser und schlecht sein kann, wie Hans Rosling im Buch „Factfulness“ treffend formuliert. Das kapiert unser Hirn nicht. Deswegen reden wir immer alle nur davon, was schlecht ist und übersehen komplett, dass das Meiste viel besser geworden ist.
Haben Sie Tipps, wie ein nachhaltiges Leben gelingen kann? Es ist ganz simpel. Ich musste 55 Jahre alt werden, um die Freuden des öffentlichen Verkehrs schätzen zu lernen. Früher bin ich Volltrottel mit dem Auto vom fünften in den sechsten Bezirk gefahren. Heute fahre ich mit einem Elektroauto von der Bergmühle in Kronberg ins Park & Ride nach Wien, steige dann auf die U-Bahn und meinen Elektroroller um. Das geht supereasy und es wäre natürlich cool, wenn das mehr Menschen machen würden. Tipp 1 lautet also: Nutzt den öffentlichen Verkehr! Tipp 2: Esst keine Produkte aus industrieller Tierhaltung, denn sie ist der größte Umweltverpester überhaupt! Daran sieht man, dass jeder jeden Tag ununterbrochen gescheite Sachen tun kann.
RECYCELT. Feiner Übergangsmantel aus recyceltem Polyester von Colmar Originals. Gesehen auf www.colmar.it für € 269
DAILY
GREEN
COOLE MASCHE. Leichtes Cape in Beige mel. white mit thermoregulierender Wirkung von Philo-Sofie Cashmere, gesehen auf www.philo-sofie-cashmere.com für € 839
FIT DENIM. Ab 17. März sind bei C&A sechs erste Jeansstyles aus der Factory CO2-neutral mit mindestens 70 % Biobaumwolle für jeweils € 59,99 online erhältlich unter www.c-and-a.com.
SCHÖNES BEWAHREN. Juwelier Bargello in Baden setzt mit außergewöhnlichem Antikschmuck und Secondhand-Markenschmuck auf nachhaltige Preziosen. Gesehen auf www.juwelier-bargello.at
MONACO DUCKS.
Nach dem veganen Sneacker gibt es neu die atmungsaktiven Ducks Wool aus Schafschurwolle einer uralten Landschafrasse, das Innenfutter ist aus Mikrofaser auf Maisbasis, die Go!Zero-Gummisohle ist zu 100 % abbaubar. Gesehen auf www.monacoducks.com ab € 225
AROUND THE WORLD.
Knitted Top Plaza Deep Water Skirt, gesehen auf www.lenahoschek.com