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DIABETES HAT VIELE GESICHTER

DIABETES LIFESTYLEERKRANKUNG IST KEINE

Diabetes hat viele Gesichter und multifaktorielle Ursachen. Chronisch Kranke wie Diabetikerinnen und Diabetiker sind zudem eine Risikogruppe für schwerere Verläufe von Covid-19.

Text: Christine Dominkus Foto: Abbott

Wir gehen in Österreich aktuell von etwa 800.000 Betroffenen aus, wobei 90 Prozent davon Typ-2-Diabetikerinnen und -Diabetiker („Altersdiabetes“) und zehn Prozent Typ-1-Diabetikerinnen und -Diabetiker sind. Laut WHO wird diese Zahl noch weiter steigen, so Univ.-Prof. Dr. Susanne Kaser der Universitätsklinik für Innere Medizin I in Innsbruck und Präsidentin der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG). Menschen, die an Diabetes leiden, zählen darüber hinaus zur Risikogruppe für eine gehäufte und oft schwerwiegend verlau

Der HbA1c-Wert, auch Blutzuckerlangzeitgedächtnis genannt, steht für den Anteil des „gezuckerten“ roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin) am Gesamthämoglobin. Dieses stabile „Zucker-Hämoglobin“, kurz HbA1c, ist abhängig von der durchschnittlichen Blutzuckerkonzentration über drei Monate.

fende Infektion mit dem Coronavirus. Dabei sei noch unklar, welche Ursachen zu „gravierenden Infektionsverläufen“ führen, fügt die Diabetes-Expertin Susanne Kaser hinzu. Eine strenge Blutzuckerkontrolle sei jedenfalls wichtig und unterstütze die Immunabwehr.

Eine Volkskrankheit mit vielen Ge

sichtern. Die Präsidentin erklärt: „In Österreich ist rund jeder zehnte Mensch von Diabetes betroffen und die Dunkelziffer wird auf über 30 Prozent geschätzt. Dabei wäre eine frühzeitige Diagnose und Behandlung bei allen Diabetesformen der beste Schutz gegen die verheerenden Folgen dieser Erkrankung. Häufig erfolgt die Diagnose als Zufallsbefund im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung. Oft wird die Erstdiagnose erst während eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls gestellt. „Es ist problematisch, wenn Menschen mit Diabetes über einen Kamm geschoren werden und ihnen vorgeworfen wird, dass sie ‚selbst schuld‘ an ihrer Erkrankung wären und sie ja ‚nur den Lebensstil‘ ändern müssten.“ Natürlich spielen Übergewicht und Bewegungsmangel eine große Rolle und erhöhen das Risiko für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes beziehungsweise seiner potenziellen Folgeerkrankungen, sind aber nicht allein dafür verantwortlich. Bluthochdruck und erhöhte Blutfette müssen besonders bei Diabetikerinnen und Diabetikern individuell kontrolliert werden. Besonders die Werte für das „schlechte“ LDL-Cholesterin sollten bei Betroffenen neben der Kontrolle des HbA1c-Werts laufend kontrolliert werden.

Autoimmunerkrankung. Die Autoimmunerkrankung Diabetes mellitus Typ 1 beginnt meist schon im Kindes- oder Jugendalter. Rund ein Viertel der jungen Patientinnen und Patienten bekommen ihre Diagnose durch eine dramatische und lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung, die sogenannte „diabetische Ketoazidose“, mit der sie erstmals ins Krankenhaus gebracht werden. Denn die typischen Warnsignale, die auf Diabetes im Kindes

© ÖDG

Univ.-Prof. Dr. Susanne Kaser, Karin Duderstadt, Ing. Dr. Angelika Heißl, Zoe Herscovici, Dr. Adalbert Strasser

„wir sind diabetes“ ist die neue Interessenvertretung aller Menschen mit Diabetes in Österreich, ihrer Angehörigen und aller Personen, denen Menschen mit Diabetes und ihre Versorgung ein Anliegen sind. Die Dachorganisation möchte mit der Politik und den verschiedenen Playern im Gesundheitssystem geeint auftreten, um so stärkere Akzente in der Öffentlichkeit setzen zu können und eine lebenswertere Umgebung für Menschen mit Diabetes in Österreich zu schaffen. Auf www.wirsinddiabetes.at finden Sie Informationen, wer dahinter steht, wofür sie eintreten, welche konkreten Forderungen sie im Interesse der vielen Menschen mit Diabetes in Österreich stellen und wie auch Sie Mitglied von „wir sind diabetes“ werden können. DACHORGANISATION „WIR SIND DIABETES“

alter hinweisen, werden oft übergangen. Wenn Symptome wie gesteigertes Durstgefühl, vermehrte Harnmenge, Gewichtsverlust, Sehstörungen, Müdigkeit und nächtliches Einnässen bemerkt werden, sollten Eltern ihre Kinder ärztlich abklären lassen. Leider reagieren gesunde Mitschülerinnen und Mitschüler sowie Lehrerinnen und Lehrer mitunter ratlos, wie sie damit umgehen sollen. Der sozialen Überforderung, die mit der Diabetestherapie einhergeht, muss man erst standhalten können. Kinder müssen lernen, ihren Blutzuckerspiegel zu kontrollieren, Warnsignale zu erkennen und sich selbst das Insulin zu verabreichen. Auch wenn es heute schon modernste Methoden für Glukose-Monitoring und Insulinverabreichung gibt, muss die Anwendung geübt werden. Da ist es belastend, wenn man aus dem sozialen Umfeld noch zusätzlich Diskriminierung erfährt.

Früher wurde diese Erkrankung Altersdiabetes genannt, heute trifft sie Menschen mitten im Leben, so Kaser. Das durchschnittliche Manifestationsalter liegt um das 50. Lebensjahr. Da diese Erkrankung lange Zeit asymptomatisch verläuft, kommt es viel zu spät zur Diagnose und Vorschädigungen können bereits eingetreten sein. Symptome, die darauf hinweisen können, sind Müdigkeit, Leistungsabfall, Sehstörungen, Haut- oder Harnwegsinfektionen.“

© Wild & Team

Diabetes kann jeden in jedem Alter treffen.

Univ.-Prof. Dr. Susanne Kaser

Nicht verharmlosen. Diabetes ist überhaupt keine harmlose Erkrankung, sondern eine schwere Krankheit mit teuren und die Lebensqualität und -erwartung einschränkenden Folgeerkrankungen. Patientinnen und Patienten mit Diabetes haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzschwäche. Diabetes ist auch der häufigste Grund für Nierenersatztherapien sowie Beinamputationen und nach wie vor erblinden Diabetiker. „Wir müssen mit dieser Verharmlosung aufhören“, appelliert Kaser, „sondern die Erkrankung ernst nehmen und unseren Patientinnen und Patienten die bestmögliche Behandlung und Betreuung bieten.“

Menschen, die an Diabetes leiden, zählen zur Risikogruppe für eine gehäufte und oft schwerwiegend verlaufende Infektion mit dem Coronavirus, so Susanne Kaser, Diabetes-Expertin der Universitätsklinik in Innsbruck. So zeigen beispielsweise Daten aus Italien und China, dass unter den Menschen mit schweren Covid-19-Verläufen viele an Diabetes litten. Eine stabile Zuckereinstellung sei daher wesentlich, um das Infektionsrisiko zu minimieren, so die Präsidentin der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG).

COVID-19: WIE GEFÄHRDET SIND MENSCHEN MIT DIABETES?

Doch nicht nur Diabetikerinnen und Diabetiker sind vulnerabel – ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 besteht vor allem bei jenen Menschen, die zusätzliche Begleiterkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. „Ein wesentlicher Faktor ist, dass Menschen mit Diabetes häufig an Begleiterkrankungen leiden, zum Beispiel chronische Nierenerkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, erklärte Kaser in einer Aussendung. Dadurch könne sich der Krankheitsverlauf bei einer Infektion mit dem Coronavirus schwerer gestalten. „Noch haben wir aber zu wenige Informationen und klinische Daten, um sagen zu können, welche Menschen mit Diabetes speziell gefährdet sind“, so Kaser. Übergewicht und Adipositas (Fettsucht) – also typische mit Diabetes Typ II assoziierte Faktoren – würden aber mit einer höheren Infektionsanfälligkeit einhergehen.

Neben der engmaschigen Blutzuckerkontrolle bei einem Infekt können auch – nach Absprache mit einer Ärztin oder einem Arzt – Umstellungen von spezifischen Diabetesmedikamenten erforderlich sein. Außerdem sollte streng auf Hygiene geachtet werden. Selbst wenn ein Betroffener positiv auf das Virus getestet wurde, heiße das nicht, dass er sofort ins Krankenhaus müsse. „Einzig der klinische Verlauf, das heißt der Schweregrad der Erkrankung, entscheidet darüber, ob eine stationäre Behandlung erforderlich ist“, stellt Kaser klar.

SCHWANGERSCHAFTSDIABETES EIN HEIKLES THEMA

Werdende Eltern sorgen sich um das wachsende Leben. Wichtige Informationen der ÖDG sind auf ihrer Homepage zu finden.

Text: Christine Dominkus Fotos: Shutterstock

Was ist Schwangerschaftsdiabetes (medizinisch: Gestationsdiabetes)? Der Gestationsdiabetes ist eine Form der Zuckerkrankheit, die während der Schwangerschaft auftritt und danach meist wieder abklingt. Ein unerkannter oder unbehandelter Schwangerschaftsdiabetes kann für das ungeborene Kind gefährlich sein. Die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) und die Diabetes Initiative Österreich (DIÖ) stellen auf ihrer Homepage www.oedg.at und www.diabetesinitiative.at daher wertvolle Informationen für werdende Eltern in elf Sprachen zur Verfügung. Ziel ist es, durch die rechtzeitige Diagnose und konsequente Therapie Komplikationen für Mutter und Kind in der Schwangerschaft und rund um die Geburt zu vermeiden. Die Abklärung eines in der Schwangerschaft aufgetretenen Diabetes ist auch wichtig, um eine spätere Diabetesentwicklung der Mutter möglichst zu verhindern.

Leider allzu oft. Störungen des Zuckerstoffwechsels in der Schwangerschaft treten häufiger auf, als man denkt. Risikofaktoren dafür sind ein höheres Lebensalter der Schwangeren, Übergewicht, Adipositas, erhöhter Blutdruck und starke Gewichtszunahme in der Schwangerschaft. Auch wenn bereits früher einmal eine Zuckerstoffwechselstörung vorkam oder wenn ein Diabetes in der Familie vorliegt, besteht das Risiko für einen Schwangerschaftsdiabetes. Bleibt die Zuckerstoffwechselstörung während der Schwangerschaft unentdeckt, so kann dies gesundheitliche Schäden bei Kind und Mutter auslösen. Für die Entwicklung des Gestationsdiabetes ist ein erhöhter Insulinbedarf während der Schwangerschaft verantwortlich. Insulin fördert die Aufnahme von Zucker in die Zellen. Das körpereigene Hormon wird in der Bauchspeicheldrüse produziert. Kann der Mehrbedarf nicht ausgeglichen werden, steigt der Zuckerspiegel im Blut und Diabetes entsteht.

Rechtzeitig entdeckt. Bei rechtzeitiger Diagnose ist die Zuckerstoffwechselstörung in der Schwangerschaft einfach zu behandeln. Meist ist eine Ernährungsumstellung bei gleichzeitiger Blutzuckerselbstkontrolle ausreichend. Nur in manchen Fällen ist eine vorübergehende Insulingabe erforderlich. Für die rechtzeitige Diagnose eines Schwangerschaftsdiabetes ist ein Zuckerbelastungstest

(oraler Glucosetoleranztest) im Rahmen der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche (SSW) seit 2010 für jede schwangere Frau in Österreich vorgesehen. Die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) hat sich intensiv für diese verpflichtende Untersuchung in der Schwangerschaft eingesetzt.

Wie wird Gestationsdiabetes behan

delt? Ein Diätplan und eine Schulung, wie man den Blutzucker selbst messen und kontrollieren kann, stehen im Zentrum der Behandlung. Auch regelmäßige Bewegung sollte ein fixer Bestandteil des Therapieplans sein. Wenn diese Maßnahmen nicht greifen und die Blutzuckerwerte regelmäßig überhöht sind, wird eine individuell angepasste Insulintherapie begonnen. Nach der Geburt verschwindet der Schwangerschaftsdiabetes meist wieder. Frauen, die während einer Schwangerschaft bereits Diabetes entwickelt hatten, sollten sich über Vorkehrungsmaßnahmen bei einer neuerlichen Schwangerschaft informieren. Generell wird allen Schwangeren zu mediterraner Diät und – soweit möglich – körperlicher Bewegung geraten.

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Text: Christine Dominkus Fotos: Shutterstock

Ein langes Leben und gleichzeitig gesund bleiben? Die Antwort ist einfacher, als man denkt. Über mehrere Stunden einfach nichts essen fördert nachweislich die Zellverjüngung. Wenn man fastet, setzt ein körpereigener Mechanismus ein, der für die natürliche Selbstreinigung und Regeneration der Zellen sorgt. Dieser Prozess des körpereigenen Zell-Recyclings heißt in der Fachsprache Autophagie.

Phänomen Autophagie. Jungbrunnen und Supermedizin? Im Grunde genommen ist es simpel. Gesunde Zellen nutzen einen körpereigenen Mechanismus zum Abbau von beschädigtem Zellmaterial und Abfallprodukten des Zellstoffwechsels. Neues wird gebildet, Altes und Fehlerhaftes wird entsorgt. Autophagie lässt sich mit einer Art Recycling oder Selbstverdauung der menschlichen Zelle übersetzen. Bei dem Prozess entsorgt der Körper nicht mehr benötigte und beschädigte Zellbestandteile. Unser Organismus identifiziert bestimmte Abbauprodukte wie fehlgefaltete Proteine als Abfall. Sie werden abtransportiert und ausgeschieden, um die Zellen gesund und leistungsfähig zu halten. Entartete

Gesunde Zellen nutzen die Autophagie, um beschädigtes Zellmaterial und Abfallprodukte des Zellstoffwechsels abzubauen.

Zellen, Ablagerungen und krankmachende Bakterien haben wenig Chancen, sich anzuhäufen, da sie sofort im Anfangsstadium eliminiert werden. Der komplex regulierte Ablauf wird von mindestens 35 Genen gesteuert. Seit vielen Jahrzehnten wird die Autophagie erforscht. Der japanische Molekularbiologe Yoshinori Ohsum erhielt 2016 für seine Arbeiten den Medizin-Nobelpreis.

Notfallprogramm und Reinigung

der Zelle. Autophagie wird einerseits durch Fasten, aber auch intensives körperliches Training erzeugt. So basiert das 16:8-Stunden-Intervallfasten auf dieser Erkenntnis. Es lässt sich allerdings nur mit viel Selbstdisziplin und Konsequenz in den Alltag integrieren und ist nicht jedermanns Sache. Wer Fasten mühsam und anstrengend findet, kann den gleichen Effekt auch durch den Verzehr bestimmter Lebensmittel und Substanzen erzielen. Der Molekularbiologe Dr. Slaven Stekovic erläutert in seinem Buch, „Der Jungzelleneffekt“, wie wir die Regenerationskraft unseres Organismus aktivieren können und welche Lebensmittel die Autophagie ankurbeln. So gehören unter anderem auch grüner Tee, fermentiertes Gemüse wie Kimchi und das Gewürz Kurkuma zu den die Autophagie aktivierenden beziehungsweise modulierenden Lebensmitteln. Regelmäßig funktionierende Autophagie stellt einen Schutz vor Krankheiten wie Krebs, Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bakteriellen Infektionen dar. Auch der Grazer Molekularbiologe Prof. Dr. Frank Madeo und sein Team forschen nach natürlichen Substanzen, um die Autophagie (auch ohne Fasten) anzukurbeln.

Wenn man nicht fasten will. In der jetzigen belastenden Corona-Krise ist Fasten weder für jeden praktikabel noch immer geeignet für Körper und Psyche. Neueste Forschungsergebnisse lassen einen Hoffnungsschim

mer am Horizont aufleuchten. Auch Spermidin, ein körpereigenes sogenanntes Polyamin, das als natürlicher Bestandteil in jeder Körperzelle vorkommt, wurde als Schlüsselfaktor bei der Autophagie entdeckt und kann den Autophagie-Prozess nachweislich aktivieren. Spermidin wurde erstmals in der männlichen Samenflüssigkeit entdeckt. Es ist außerdem in manchen Lebensmitteln wie Weizenkeimen, Nüssen, Sprossen, Champignons und Sojabohnen enthalten.

Neue Studie. Das Coronavirus organisiert den gesamten Stoffwechsel der Zelle um. Im Rahmen einer brandneuen Studie zeigt das Team rund um die Virologen Christian Drosten und Marcel Müller des Universitätsklinikums Charité in Berlin in einer Reihe von Experimenten, dass Coronaviren den Prozess der Autophagie oder auch des Zell-Recyclings drosseln, um sich vermehren zu können. Die Ergebnisse wurden im April 2020 als Preprint bei BioRxiv publiziert: https://doi. org/10.1101/2020.04.15.997254 .

© Charité / Wiebke Peitz

Prof. Christian Drosten

Die Arbeiten um Drosten und Müller haben Spermidin als möglichen Angriffspunkt für die Bekämpfung des SARSCoV2-Virus und die Erkrankung COVID-19 identifiziert. Spermidin könnte also präventiv die Zellen vor Coronaviren schützen und dadurch die Virusvermehrung hemmen. Zudem vermindere das Virus die Konzentration des vorhandenen körpereigenen Spermidin-Pools stark. Als die Forscher Spermidin in vitro (im Reagenzglas) zu den infizierten Zellkulturen hinzufügten, wurde die Virusvermehrung um rund 85 Prozent gesenkt. Einschränkend muss man dabei festhalten, dass es sich hier um keine klinischen, sondern experimentelle Studien handelt, doch der Ansatz klingt vielversprechend, und jeder Weg, der uns hilft, unbeschadet aus der aktuellen Krise herauszukommen, verdient eine kritische Betrachtung.

Mögliche Vorbeugung? Noch interessanter ist, dass auch eine Behandlung gesunder Zellen mit Spermidin eine nachfolgende Infektion mit Coronaviren vermindert hat. Wie frühere wissenschaftliche Arbeiten von Prof. Katharina Simon aus Oxford gezeigt haben, stärkt Spermidin die Immunfunktion, vor allem die antivirale Immunantwort durch sogenannte T-Zellen. Somit könnte eine zweifache Wirkung gegen Coronaviren entfaltet werden: einerseits durch die Hemmung der Virusvermehrung und andererseits durch die Stärkung des Immunzell-Pools. Es bleibt zu hoffen, dass diese experimentellen Ansätze sich auch im klinischen Bereich umsetzen lassen und ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten. Die Hoffnung lebt!

Wer fasten mühsam findet, kann die Selbstreinigung auch durch den Verzehr von bestimmten Lebensmitteln ankurbeln.

DIE ANATOMIE IST SCHULD

Der weibliche Unterleib birgt viele Geheimnisse, auch medizinische.

Medizinisch und anatomisch unterscheidet sich der weibliche Urogenitaltrakt komplett von jenem des Mannes. Gleich vier medizinische Fachrichtungen kümmern sich um die Gesundheit des weiblichen Unterleibs: Allgemeinmediziner, Gynäkologe, Hautarzt und Urologe. Bedingt durch die kürzere Harnröhre und durch hormonelle Veränderungen erleiden Frauen häufiger einen Harnwegsinfekt als Männer. Die NIEDERÖSTERREICHERIN im Gespräch mit dem Kitzbüheler Urologen Dr. Christoph Vereiner.

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Über Wirkung und mögliche unerwünschte Wirkung informieren Gebrauchsanweisung, Arzt oder Apotheker. Medizinprodukt

Text: Christine Dominkus

NIEDERÖSTERREICHERIN:

Warum bekommen Frauen häufiger als Männer einen Harnwegsinfekt? Ist die Anatomie schuld?

Dr. Christoph Vergeiner: Ja, mitunter, denn die kurze Harnröhre ist der Hauptgrund, dass Frauen häufiger eine Blasenentzündung bekommen. Und auch die relative Nähe zum perianalen Bereich, also die Nähe der Harnröhre zum After, wo sich meistens Bakterien aus dem Darm befinden, machen das weibliche Geschlecht zur Gruppe mit erhöhtem Risiko.

Manche Frauen sind empfindlicher, manche weniger ...

Wir unterscheiden zwischen unkomplizierten und komplizierten Harnwegsinfekten mit Fieber und erhöhten Entzündungswerten. Beim komplizierten fieberhaften Harnwegsinfekt sind möglicherweise auch die Nieren mitbetroffen. Auch andere Faktoren wie zum Beispiel eine Blasenentleerungsstörung mit der Bildung von Restharn können dafür verantwortlich sein. Bakterien können sich in dem feuchten, warmen Milieu außerdem gut vermehren. Deshalb sollte man nie den Harndrang unterdrücken, sondern die Blase immer vollständig entleeren. Auch vor dem Schlafengehen ist es ratsam, die Blase komplett zu leeren.

Unsere Mütter rieten: „Zieh dich warm an!“ Kann Kälte allein die Blasenentzündung auslösen? Sollte man die nasse Badehose wechseln?

Primär kann auch Kälte allein eine Blasenentzündung im Sinne einer Reizblase auslösen. Sensible Frauen sollten immer den nassen Badeanzug oder Bikini wechseln. Es gibt sogenannte prädisponierende Faktoren, die einen Harnwegsinfekt begünstigen, dazu gehört die Kälte. Die kleinen Blutgefäße in der Blasenschleimhaut verengen sich, es kommt zur Mangeldurchblutung, und das begünstigt die Entstehung einer Entzündung, allerdings ohne Bakterien. Deshalb lieber immer warmhalten!

Wie sind Slipeinlagen in diesem Zusammenhang zu beurteilen?

Slipeinlagen sind auf jeden Fall besser als Tampons, und ich berate meine Patientinnen dahingehend, dass sie, wenn sie empfindlich sind, auf Tampons verzichten.

Was kann man bei immer wiederkehrenden Blasenentzündungen tun?

Von einem rezidivierenden Harnwegsinfekt spricht man ab drei Infekten pro Jahr. Antibiotika sollte man aber nur in hartnäckigen Fällen nehmen, denn sie zerstören das natürliche Darmmikrobiom und ebenso die für das Scheidenmilieu so wichtigen Laktobazillen. Wenn alle Hilfsmittel nichts nützen, wie direkt nach dem Sexualverkehr die Blase entleeren, viel trinken und warmhalten, und alle anderen Maßnahmen ausgeschöpft sind und die Frau immer wieder nach dem Verkehr eine Blasenentzündung bekommt, muss man weiter abklären. Wichtig ist auch die Art der Reinigung nach dem Stuhlgang. Bitte immer von vorne nach hinten abwischen, nie anders herum. Wenn alle Maßnahmen nicht greifen, sollte der Partner einen Urologen konsultieren und sein Ejakulat untersuchen lassen. Es kommt zunehmend

häufiger vor, dass Männer Bakterien im Ejakulat aufweisen, die dann durch die aufsteigenden Keime eine Blasenentzündung bei der Frau auslösen können. In diesem Fall rate ich, ein Kondom zu verwenden und nicht in die Partnerin zu ejakulieren. Man spricht auch von Honeymoon-Zystitis. Das Sexualverhalten hat sich in den letzten zehn bis 15 Jahren doch verändert, und es wird häufiger ungeschützter Analverkehr praktiziert. Wenn es dann direkt anschließend, ohne zu reinigen, zum Vaginalverkehr kommt, klettern die Darmbakterien über die Harnröhre der Frau hinauf und verursachen eine Blasenentzündung. Der Mann muss unter Umständen überhaupt keine Symptome aufweisen.

Sind schon kleine Mädchen von Harnwegsinfekten betroffen?

Ja. Die Ursachen bei kleinen Mädchen sind allerdings nur in Bezug auf die anatomischen Verhältnisse dieselben wie bei Frauen. Bei Erwachsenen kommt ja noch die sexuelle Aktivität zum Tragen. Bei wiederholten Harnwegsinfekten bei kleinen Mädchen müsste man jedoch weiter abklären, ob sich angeborene Störungen des harnableitenden Systems dahinter verbergen.

Welche prophylaktischen Maßnahmen sind empfehlenswert?

Ganz allgemein rate ich, viel Flüssigkeit zu trinken, respektive sollte man so viel trinken, dass innerhalb von 24 Stunden zwei Liter Harn produziert und ausgeschieden werden. Die Harnmenge kann auch durch den Verzehr von Obst und Gemüse erhöht werden, dann muss man nicht so viel trinken.

Was sollten empfindliche Frauen tun, wenn sie erste Beschwerden verspüren?

In der Apotheke gibt es sehr gute

© Privat

Dr. Christoph Vergeiner

Gehen die Beschwerden innerhalb von 48 Stunden nicht zurück, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Dr. Christoph Vergeiner

pflanzliche Präparate, die im Anfangsstadium helfen. Meist sind es Nahrungsergänzungsmittel, die rezeptfrei erhältlich sind. Auch Blasentee oder Preiselbeersaft können lindern. Wärmeflaschen auflegen hilft Wunder, und bei Schmerzen kann die Frau ein entzündungshemmendes Schmerzmittel einnehmen. Gehen die Beschwerden innerhalb von 48 Stunden nicht zurück, sollte ein Arzt aufgesucht werden.

Hängen Blasenentzündungen auch mit der Vaginal- und Darmflora zusammen?

Mit den Wechseljahren verändert sich auch die Scheidenflora. Die gesunde Scheidenflora ist eine wichtige Barriere gegen pathogene Keime. Durch die hormonelle Umstellung sind einerseits die guten Milchsäurebakterien (Laktobazillen) in der Scheide reduziert, andererseits wird auch die Vaginalschleimhaut dünner und damit empfindlicher. Wichtig ist, nach jeder Antibiotikagabe die Vaginalflora mit Laktobazillen wiederaufzubauen, weil durch die Antibiose alle Keime, die guten wie auch die krankmachenden, ausgerottet wurden. Da verweise ich gerne an den Gynäkologen.

Können auch Mykoplasmen, Uralplasmen und Chlamydien einen Harnwegsinfekt verursachen?

Ja, vorwiegend beim Mann. Aber diese Infektionen gehören zu den sexuell übertragbaren Krankheiten. Es handelt sich hier um behandlungsbedürftige Geschlechtskrankheiten, die einer Antibiotikatherapie bedürfen. Geschlechtskrankheiten werden selbstverständlich vom Urologen behandelt, aber auch vom Dermatologen und Gynäkologen.

Wie erfolgt die Diagnostik?

Die Diagnostik erfolgt aus dem Mittelstrahlharn, bei komplizierten Harnwegsinfekten auch aus dem Katheterharn. Dabei wird ein dünner Katheter in die Harnröhre eingeschoben, um sicherzustellen, dass der Harn aus der Blase kommt und nicht durch andere Bakterien verunreinigt ist. Die Untersuchung beim Urologen ist unangenehm, aber nicht wirklich schmerzhaft. Rezidivierende Harnwegsinfekte behandle ich gerne mit immunmodulierenden Medikamenten, die vom Prinzip her wie eine Impfung wirken und das Immunsystem durch die Bildung von Antikörpern stimulieren.

Wer ist der erste Ansprechpartner?

Bei der banalen Blasenentzündung ist der Hausarzt ein sehr guter Ansprechpartner, bei wiederkehrenden, fieberhaften Harnwegsinfekten sollte der Urologe aufgesucht werden.

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ALLERGENE SIND

DER LUFT IN

Allergie heißt: Die körpereigene Immunabwehr schießt übers Ziel hinaus und reagiert –bei Gräser- und Pollenallergie mit Schnupfen, tränenden Augen und Husten.

Allergien sind weiter auf dem Vormarsch. Circa 1,7 Millionen Österreicherinnen und Österreicher leiden unter chronischen Allergien, die meisten davon sind pollenbedingt. Weit verbreitet ist die Pollen- und Hausstaubmilbenallergie. Insgesamt leidet bereits jede vierte Person in Österreich an einer allergischen Erkrankung.

Wenn Augen und Nase jucken. In Europa gibt es rund 80 Millionen Menschen, deren Immunsystem durch verschiedene Umweltstoffe fehlgeleitet wird. Speziell bei Pollenallergien steigt nicht allein die Anzahl der Betroffenen an, sondern auch die Schwere der Erkrankung. Tränende Augen, rinnende Nase, muss das sein? Neben einer erblichen Vorbelastung spielen auch Umwelteinflüsse eine Rolle. Bleibt die Allergie unbehandelt, kann das eine große Belastung für die Gesundheit darstellen. Die akuten Symptome wie Juckreiz, Fließschnupfen, tränende, juckende Augen oder gereizte Haut sind nicht nur sehr unangenehm, sondern können auch den

Text: Christine Dominkus Fotos: Shutterstock

Organismus schwächen und zu weiteren Erkrankungen führen, erklärt Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Hemmer vom Floridsdorfer Allergiezentrum in Wien. So kann sich beispielsweise aus einem Heuschnupfen eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung entwickeln, allergisch gereizte Atemwege können zu Asthma führen. Daher sollte man Allergien nicht einfach „ertragen“, sondern behandeln.

Die Pflanze wehrt sich. Durch negative Umweltfaktoren entwickeln manche Pflanzen Abwehrmechanismen, die ihr eigenes Überleben sichern sollen. Es werden mehr Allergene gebildet und schließlich auch freigesetzt. Laut der Umweltmedizinerin Univ.-Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann aus München haben Laborversuche und Studien an der TU München gezeigt, dass große Mengen an Umweltschadstoffen in der Luft das Pflanzenwachstum und damit die Pollenproduktion beschleunigen können. Die zusätzliche Belastung durch Schadstoffe führt teilweise zu erheblicher Mehrbelastung, nicht nur für die Betroffenen. Mittlerweile ist klar, dass auch Nichtallergikerinnen und Nichtallergiker häufiger an Atemwegsinfekten erkranken, wenn sie Pollen ausgesetzt sind. Auffallend ist dabei, dass im ländlichen

• Kurz, aber regelmäßig lüften • Bei starkem Pollenflug Fenster und

Türen schließen • Pollenschutzgitter anbringen • Raumluftreiniger mit hochwertigem

Filtersystem verwenden • Wäsche nicht im Freien trocknen • Straßenkleidung in der Garderobe lassen oder gleich waschen • Duschen und Haare waschen, bevor man sich ins Bett legt • Staubsaugen und Boden feucht aufwischen • Gesicht öfters waschen • Viel Wasser trinken • Augentropfen ohne Konservierungsmittel (rezeptfrei in der Apotheke) 10 TIPPS FÜR ZUHAUSE

© Andreas Heddergott

Univ.-Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann

Umweltschadstoffe in der Luft können die Pollenproduktion beschleunigen.

Univ.-Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann

Raum ein Prozent mehr Pollen fliegen, während die Pollenzahl im Stadtgebiet sogar um drei Prozent angestiegen ist.

Pollen und Feinstaub – keine gute

Kombination. Auch Feinstaub ist ungünstig für das Immunsystem, denn es versetzt es in erhöhte Alarmbereitschaft. Feinstaub kann die Lungenfunktion beeinträchtigen, den Bedarf an Medikamenten erhöhen, die Bildung von allergenspezifischen IgE-Antikörpern im Blut beeinflussen und somit das Allergierisiko verstärken. Insbesondere dem Treibstoff Diesel wird eine hohe Belastung zugeschrieben. Dieselrußpartikel können sich nämlich an die Oberfläche von Pollen anheften und dem Korn verfrüht den Impuls zum Auskeimen geben. An der Nasenschleimhaut angelangt, geben die Pollenkörner pollenassoziierte Mediatoren frei, die den Allergenen den Weg bahnen und zusätzliche Entzündungen fördern. In schadstoffbelasteten Gegenden ist es noch dramatischer: Die Pollen von Pflanzen setzen dort verstärkt diese Entzündungsmediatoren frei. Das könnte eine Erklärung dafür sein, warum Stadtbewohnerinnen und -bewohner, die der ungesunden Belastung aus Stickoxiden und Ozon am meisten ausgesetzt sind, häufiger unter allergischem Schnupfen und Asthma bronchiale leiden als Menschen, die am Land wohnen.

Klimawandel verlängert die Pol

lensaison. Treibhausgase wie Kohlendioxid (CO2) und Ozon tragen zur globalen Erwärmung und zum Klimawandel bei. Damit wird aber auch die Pollensaison verlängert. Das Wetter spielt verrückt. Im Jänner ist es warm, im April friert es wieder. Nicht nur, dass es mehr Unwetter gibt, die Winter wärmer werden und die Blüten früher austreiben, durch das insgesamt erwärmte Klima breiten sich auch verstärkt neue Pollenarten aus. Ein Beispiel dafür ist die hochallergene Ambrosia oder das beifußblättrige Traubenkraut, wie es hierzulande auch genannt wird. Schon eine geringe Anzahl an Ambrosiapollen verursacht die klassische allergische Nasen- und Augenentzündung (Rhinokonjunktivitis), Heuschnupfen einhergehend mit Nasenjucken, Nasenlaufen, verstopfter Nase, Augentränen, Augenjucken sowie Gaumenjucken.

Allergische Symptome rasch in den

Griff bekommen. Zur vorbeugenden Behandlung und Linderung von Allergiesymptomen wie Niesen, laufende Nase, tränende Augen und Hautirritationen sind antiallergische Augen- und Nasentropfen geeignet. Die allergisch gereizten Schleimhäute der Atemwege und der Augen beruhigen sich, der Juckreiz lässt nach und die Sekretion der Nasenschleimhaut wird vermindert. Klassische Behandlungsmethoden sind Antihistaminika oder Kortisonpräparate, kausal wirkt die spezifische Immuntherapie (SIT), die das Potenzial besitzt, allergisches Asthma zu verhindern. Es ist zu erwarten, dass der Trend zu mehr Pollenallergie weitergeht, wenn nicht durch nachhaltiges Umweltmanagement gegengesteuert wird.

© Privat

Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Hemmer

Die akuten Symptome können den Organismus schwächen und zu weiteren Erkrankungen führen.

Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Hemmer

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