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TATORT WEINBERG PERCHTOLDSDORF
TATORT WEINBERG
Bereits sein erster Regionalkrimi „Tod in Perchtoldsdorf“ hielt sich drei Monate lang auf der österreichischen Bestsellerliste. Zur Überraschung des Autors Christian Schleifer – und sehr zur Freude der Winzerin, DER Charlotte Nöhrer ...
Text: Angelica Pral-Haidbauer Foto: Sebastian Räuchle/tiefenscharf.at
Zwei Bücher – eine Liebeserklärung an Perchtoldsdorf, seine Weinberge und Winzer. „Das Perchtoldsdorf, wie ich es in den Büchern dargestellt habe, existiert natürlich nicht. Es ist vielmehr eine Mischung aus verklärten Kindheitserinnerungen, Übertreibungen und plotbedingten Anpassungen“, schreibt Christian Schleifer. Na ja, Herr Autor! Die „Motte“ oder die „Burgbar“ (als real existierende „Turmbar“ jährlich vom Falstaff-Magazin ausgezeichnet) gehören wohl zur real unverzichtbaren Vergangenheit vieler in der Region Aufgewachsener. Auf die Suche nach weiteren Berührungspunkten zwischen Wahrheit und Fiktion in seinen spannenden wie zugleich herzerwärmenden Krimis begeben wir uns in den folgenden Fragen ...
NIEDERÖSTERREICHERIN: Wie sind Sie auf die Figur „der Charlotte“, einer ehemaligen Polizistin, die zur Neowinzerin im Weinbaubetrieb der Eltern wird, gekommen?
Christian Schleifer: DIE Charlotte existiert in meinem Kopf (und in einer Rohfassung) bereits seit 20 Jahren. Mir ist damals im Skiurlaub die Idee zu einem Krimi gekommen, der eigentlich in Schladming spielt. Die Charlotte war einfach da: kastanienrotes, lockiges Haar, grüne Augen, ein klein wenig tollpatschig, aber hartnäckig und stur. Reales Vorbild dafür hat es aber keines gegeben (lacht). „DIE Charlotte“ ist in einer Liebesbeziehung mit der Juristin Andrea, einige erotische Passagen inklusive. Was ist Ihre Botschaft hinter dieser offen gelebten Frauenverliebtheit im traditionellen Weingut?
Das hat wohl auch mit dem Zeitpunkt zu tun, zu dem mir diese Figur einfiel. Ich war damals noch fest in der Gothic-Kultur verankert und da waren – wenigstens bei den Frauen – bi- oder gleichgeschlechtliche Beziehungen nichts Außergewöhnliches. Ihre Homosexualität war nie als „Schockmoment“ oder Skandal konzipiert und wird in den Büchern als ganz normal beschrieben. So wie ich das eben damals empfunden habe und noch immer empfinde.
Sie haben auch Ihre Zwillinge Charlotte und Leo im Buch „verewigt“ ...
Ja, die Charlotte gab es ja bereits vor meinen Zwillingen. Dass wir uns bei unserer Tochter auf diesen Namen einigten, war eher Zufall und mir zuerst gar nicht so bewusst. Leo hat es dann, als es mit diesen Krimis ernst wurde, als ihr Cousin in die Geschichten geschafft. Ist ja undenkbar, dass meine Tochter vorkommt, der Sohn aber nicht. Durch meine Tochter hat sich aber auch erst das „Charlotte ohne ‚e‘“ in die Geschichten geschlichen, davor wurde die Krimi-Charlotte ganz normal ausgesprochen.
Was inspiriert Sie persönlich zu diesen Geschichten, aus Liebe, Eifersucht, Vergangenheitsbewältigung und Mord?
Teilweise eigene Erlebnisse – so wie
ABOUT
CHRISTIAN SCHLEIFER, Jahrgang 1974, ist gebürtiger Perchtoldsdorfer und wie er sagt: „Gefangen im Leben eines Wieners.“ Nach erfolgreichem Lehramtsstudium der Anglistik und Germanistik arbeitete er zwanzig Jahre lang folgerichtig als Sportjournalist bei zwei österreichischen Tageszeitungen, bevor er 2015 beschloss, sich mehr Zeit für seine Frau Isa, die Zwillinge und das Krimischreiben zu nehmen. Seine beiden Perchtoldsdorfer-Krimis „Tod in Perchtoldsdorf“ und „Perchtoldsdorfer Schweigen“ sind im Emons Verlag erschienen. Informationen, Fotos und Termine zu den Lesungen finden Sie auf www.facebook.
com/ChristianSchleiferAutor
z.B. im ersten Teil, bei dem es sich um Morde auf der offenen Bühne der Sommerspiele während einer Shakespeare-Aufführung dreht. 1996 wurde der Sommernachtstraum – ähnlich wie im Buch beschrieben – aufgeführt. Das hat mich damals unheimlich beeindruckt und die ganze Zeit über nicht losgelassen. Ansonsten lasse ich mich vom Perchtoldsdorfer Eventkalender und den Jahreszeiten inspirieren. Teil zwei spielt während des Hiataeinzugs, da war es naheliegend, die „Pritschn“ als Tatwaffe zu verwenden. Liebe und Eifersucht kennen wir alle, da weiß man, worüber man schreibt (lacht). Die fatalen Auswirkungen sind dann natürlich reine Fantasie … Auf jeden Fall haben die Charlotte und das andere Personal der Krimis mittlerweile ein derartiges Eigenleben entwickelt, dass sich die Geschichten ganz natürlich von selbst ergeben. Teil zwei und Teil drei fließen ineinander über, wobei jede Geschichte für sich selbst lesbar und in sich abgeschlossen bleibt. Zudem bemühe ich mich, dass jeder Teil „anders“ ist. Teil eins war ein eher klassischer Krimi, bei Teil zwei geht es weniger um die Suche nach dem Mörder als nach dem Anstifter, beim nächsten Teil um ein Komplott – ich versuche, die Leserinnen und Leser immer zu überraschen und mit etwas Neuem zu konfrontieren.
In Ihrem zweiten Buch „Perchtoldsdorfer Schweigen“ liegt die Wahrheit unter dem Weinberg, genau genommen in einem Nazi-Bunker im unterirdischen Tunnelsystem. Literarische Wahrheit oder Fiktion?
Christian Schleifer
Das ist alles Fiktion. Es gibt meines Wissens nach kein unterirdisches Tunnelsystem in den Perchtoldsdorfer Weinbergen. Alte Nazi-Bunker gibt es in der Gegend tatsächlich einige, jedoch keine geheimen (oder man hat sie noch nicht gefunden, was ja zu „geheim“ passen würde) und schon gar keine in den Weinbergen. Ich versuche mich, in meinen Geschichten zwar an der vorhandenen Geografie zu orientieren, passe das aber natürlich an meine Plots an. So verhält es sich ja auch mit dem Weingut der Charlotte, das eine Melange aus verschiedensten echten Heurigen, purer Fantasie und dem Garten meiner Schwiegereltern ist, in dem tatsächlich das beschriebene alte Presshaus und die 150 Jahre alte Kastanie stehen.
Gibt es den in beiden Büchern so oft erwähnten „Schüttelwein“ wirklich?
Ja, den gibt es tatsächlich! Der Schüttelwein ist nur eines von etlichen Beispielen, wie nach Teil eins Fiktion zu Realität wurde. Der Schüttelwein in meinem Buch war vom „Nizzante“ vom Weingut Georg Nigl in Perchtoldsdorf inspiriert. Während des Schreibens hatte ich schon die Idee, dass ein echter Schüttelwein eine witzige Marketingidee wäre. Georg Nigl hat das auch gefunden und jetzt kann man bei ihm einerseits den „normalen“ Nizzante und die Schüttelwein Special Edition kaufen. Und die Leute lieben es!
Die Fangemeinde der Charlotte ist bereits eine sehr große. Gibt es eine Fortsetzung?
Mehrere! Ich habe die ersten drei Teile fertiggestellt, bevor ich mich auf Verlagssuche gemacht habe. Das war natürlich ein gewisses Risiko, weil die ganze Arbeit auch umsonst hätte sein können, aber: no risk, no fun. Die Charlotte sieht das auch so. Inzwischen sind einige Teile mehr fertiggestellt und ich bin in der sehr entspannten Lage, genug Stoff für die nächsten Jahre zu haben und mich zugleich ganz neuen, anderen literarischen Projekten zu widmen. Teil drei wird jedenfalls gerade lektoriert und wird im Herbst 2022 wieder bei Emons auf den Markt kommen. Danach geht es, wie bereits zu Beginn erwähnt, endlich nach Schladming, wo wir die Vorgeschichte der Charlotte und der Andrea kennenlernen. Darauf freue ich mich schon ganz besonders!
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BUNT WIE DAS LEBEN
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GENUSS
„Geschmack ist die Kunst, sich auf Kleinigkeiten zu verstehen.“
Jean Jacques Rousseau, Genfer Schriftsteller und Philosoph (1712-1758)
© Backwelt Pilz/Markus Haslinger
Frisch gebacken!
Babyglück in der Waldviertler Backwelt Pilz
Anlässlich eines Besuches von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in der seit mehr als 100 Jahren erfolgreichen Bäckerei aus Schrems, standen letzten Endes nicht nur die qualitativ hochwertigen Backwaren, sondern vor allem das „frisch gebackene“ kleine Töchterchen der Eigentümerfamilie Pilz im Mittelpunkt. Ob Klein-Romy in einigen Jahren in die Fußstapfen ihres Vaters tritt, steht freilich noch in den Sternen – jetzt heißt es zuerst mal wachsen ...
WEINGUT DES JAHRES
Es gibt viele Weinprämierungen, bei denen der Kamptaler Wein ganz vorne mitmischt. Auch in der Weinstadt Langenlois wird zwei Mal im Jahr zur großen Vergleichskost ausgerufen: die Langenloiser Weinchampions! Mit insgesamt sieben Weinen in beiden Finalverkostungen und einem Weinchampion im Frühjahr geht der Titel „Weingut des Jahres 2021“ an das Weingut Steininger aus Langenlois.
© Robert Herbst © Christoph Kerschbaum/Privatbrauerei Zwettl
Frauen, die brauen
Schon im alten Ägypten hatten Frauen die Hand am Braukessel und eine eigene Göttin: Tjenenet war – neben Geburten – auch für das Bierbrauen „zuständig“. Und auch die „Seele des Bieres“, der Hopfen, ist weiblich, werden doch für die Bierherstellung nur die weiblichen Hopfenteile, die sogenannten Dolden oder Blüten, verwendet. Die Kletterpflanze rankt sich an den bis zu acht Meter hohen Gerüststanden hoch und wächst vorwiegend während der Nacht. Die „Schöne“ kann dabei ganz schön zickig sein: So sagt ein altes Sprichwort, dass der Hopfen „jeden Tag seinen Herren – oder eben seine Herrin – sehen will. Eine dieser „Herrinnen“ über den Hopfensaft ist Karin Thaller (25), die in der Waldviertler Privatbrauerei Zwettl die Lehre zur Braugesellin abgeschlossen hat, ausgebildete Biersommelière ist und aktuell auf die Meisterprüfung hinarbeitet – als eine von immerhin zehn Frauen in ganz Österreich. Zur diesjährigen Hopfenernte führte sie gemeinsam mit Waldviertler Hopfenbäuerinnen durch „ihr Reich“.