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DURCHSTARTERIN MIRIAM FONTAINE

ZIELSTREBIG. Für ihre Vision studierte die Weinviertlerin Miriam Fontaine in Wien, Berlin und New York.

DIE SPIELWIESE PULSIERT IN IHR

Für Miriam Fontaine gab es seit ihrer Jugend nur einen Weg: den zu ihrem Traumberuf Schauspielerin. In Ruzowitzkys neuem Thriller „Hinterland“ spielt sie erstmals in einer internationalen Produktion.

Text: Viktória Kery-Erdélyi Fotos: Jan Frankl, SquareOne Entertainment, Freibeuter/Amour Fou Luxembourg, Kerstin Glachs/Anatomie einer Erinnerung

Elf unvergessliche, bewegende Minuten sind das, in denen die junge Regisseurin Kerstin Glachs Mias Geschichte erzählt. Das Mädchen ist erst zehn Jahre alt und doch muss sie sich schon um ihren kleinen Bruder kümmern; ihre

Mutter ist alkoholsüchtig. „Ich selbst trinke sehr wenig“, sagt

Miriam Fontaine. Um wahrhaftig nachspüren zu können, was es bedeutet, bereits am Vormittag einen Nebel über die

Realität zu legen, übertreibt sie es einmal doch. Ganz bewusst. Zur Vorbereitung zu einem Dreh, der auch die Schauspielerin nachhaltig berührt. Die heute 33-Jährige spielt die alkoholkranke Mutter im preisgekrönten Kurzfilm „Anatomie einer Erinnerung“.

Wenig später steht die Niederösterreicherin erstmals in einer internationalen Produktion vor der Kamera: für den historischen Thriller des Oscarpreisträgers Stefan Ruzowitzky. In „Hinterland“ gibt sie die Frau des Kriminalbeamten Peter Perg, gespielt von Murathan

Privat stehe ich nicht gern im Mittelpunkt, ich tobe mich beim Schauspielen aus.

Miriam Fontaine

Muslu. Und während der Film am 8. Oktober in den österreichischen Kinos startet, steht Miriam Fontaine in „Die Hexen von Eastwick“ auf der Bühne – und zwar im Weinviertel, wo alles begann.

NIEDERÖSTERREICHERIN: Du bist im Bezirk Mistelbach aufgewachsen. Woran erinnerst du dich gern aus deiner Kindheit?

Miriam Fontaine: An viele Weingärten für endlose Spaziergänge, viel Natur zum Austoben und unseren Garten, aus dem meine Mama bis heute eine wunderschöne Oase gezaubert hat. Ich lebe heute in Wien und liebe die Stadt, aber ich genieße das Heimkommen, mich dort erholen und abschalten zu können.

Du hast ein musisches Gymnasium besucht. War das schon eine bewusste Entscheidung?

Es war für mich relativ früh klar, dass ich später einen künstlerischen Beruf ausüben will. Ich war in der Schule in der Theatergruppe und im Chor, einmal in der Woche gab es Ballettunterricht in unserer Nähe, aber dort, wo ich aufgewachsen bin, waren die Möglichkeiten in meiner Jugend überschaubar (lacht).

Doch du konntest früh auf die Bühne. Ja! Das Interessante war: Ich war ruhig, introvertiert, bin in der Schule nicht sonderlich aufgefallen und hatte kein besonderes Bedürfnis, privat im Mittelpunkt zu stehen. Das ist bis heute so. Aber auf der Bühne stehen zu dürfen,

GRENZGÄNGERIN.

Zweifel an ihrer Berufsentscheidung hatte sie trotz so mancher Talfahrten nie, sagt Miriam Fontaine.

KURZ NOTIERT

Miriam Fontaine wurde 1988 geboren und wuchs im Bezirk Mistelbach auf; sie hat einen jüngeren Bruder und ihre Mutter, die sie großteils als Alleinerziehende großzog, ist Psychotherapeutin. Ihre Schauspielausbildung absolvierte sie am Vienna Konservatorium, zudem lernte sie in Berlin sowie in New York am Lee Strasberg Institute. Sie spielte unter anderem in mehreren Produktionen am Wiener Theater an der Josefstadt und stand zuletzt beispielsweise für „Tatort: Krank“ (Regie: Rupert Henning), „Hinterland“ (Stefan Ruzowitzky), „Landkrimi Niederösterreich – Vier“ (Marie Kreutzer) sowie für „Meiberger – Der Film“ (Michael Podogil) vor der Kamera. Ab 9. Oktober spielt sie in „Die Hexen von Eastwick“ in Guntersdorf.

www.miriamfontaine.com, www.tww.at

war wie ein Ventil für mich; dort konnte ich mich austoben.

Also hast du beschlossen, Schauspielerin werden zu wollen. Wie hat deine Familie reagiert?

Meine Mutter war Vollzeit berufstätig, die meiste Zeit Alleinerziehende von zwei Kindern, und trotzdem hat sie mich überall hingefahren oder mich selbst nachts vom Bahnhof abgeholt, wenn ich aus Wien kam. Sie hat mich immer sehr unterstützt und war stolz auf mich, dass ich meinen Weg so klar verfolgt habe.

Wie ging es dir bei deiner Ausbildung?

Ich habe alles hintangestellt und mich nur aufs Studium konzentriert (am Wiener Konservatorium, Anm.). Mir war klar: Ich entscheide mich für einen Weg, den viele wollen und vor allem der für Frauen noch mal schwerer ist. Ich hab‘ Partys abgesagt und all meine Energie und Zeit da reingesteckt. Die Ausbildung selbst war sehr intensiv, körperlich, psychisch und emotional. Es wurden viele Prozesse losgetreten, aber ich liebe das und bin absolut der Typ dafür. Ich muss nur darauf achten, dass ich auch wieder zur Ruhe komme, weil ich eher dazu tendiere, mich zu verausgaben.

Hast du je an deiner Berufswahl gezweifelt?

Überhaupt nicht, nein. Es war hart, ich bin immer wieder an meine Grenzen gekommen, hätte mich manchmal gern verkrochen, aber da war trotzdem immer eine Klarheit, die nie wirklich erschüttert wurde. Kaum hatte ich mein Diplom, war ich hungrig auf neue Inputs und Methoden. Ich bin dann nach Berlin, begann dort mit

HISTORISCHER THRILLER. Stefan Ruzowitzkys „Hinterland“ startet am 8. Oktober in den Kinos. Miriam Fontaine erlebt man darin als die Frau des Kriminalbeamten Peter Perg (Murathan Muslu).

Method Acting und ging anschließend nach New York … ziere sie nicht mehr in der Intensität wie zu Beginn.

… um am Lee Strasberg Institute das Method Acting zu vertiefen. Was hat dich da gereizt?

Bei der Methode geht es darum, für eine Rolle aus den eigenen Erfahrungen und Erlebnissen zu schöpfen. Wenn du traurig oder verletzt spielen sollst, musst du in deiner persönlichen Geschichte nach etwas graben, das diese Emotionen in dir hervorgerufen hat. Das war für mich immer der natürlichste Zugang. Ich hab‘ nur gemerkt, dass mir das zu viel wird. Als Schauspielerin ist man ohnehin so offen und verletzlich, wenn man nun bei jeder Probe, jedem Casting, jeder Vorstellung oder jedem Dreh in alten Wunden wühlt, kann das nach hinten losgehen. Ich bin dankbar, dass ich diese Methode gelernt hab‘, aber ich prakti-

Wie hast du in New York gelebt? (lacht) Zunächst in einem Mini-Zimmer mit sechs Quadratmetern, vollgestopft mit dem Zeug der Vermieterin; das war richtig heruntergekommen. Mit den sinkenden Temperaturen hat es Mäuse und Ungeziefer hineingetrieben, noch dazu

Mich reizt die wurde ich finanziell über den Tisch Vielfalt an Rollen. gezogen. Ich war Je radikaler desto damals erst 23, das hat mir viele besser. Nerven gekostet, bis ich in einem Miriam Fontaine Hostel ein zwar ebenso kleines, aber sauberes Zimmer mieten konnte. Das war um Welten besser, aber auch unglaublich teuer. Wie konntest du das finanzieren? Ich hab‘ während des Studiums in Wien von Anfang an gearbeitet, ob als Kellnerin oder Hostess, und hatte etwas angespart. Und ich hatte eine Art Sponsorin; eine gute Freundin der Familie, die es toll fand, was ich machte, unterstützte meine USA-Reise.

Wie war die Heimkehr nach Österreich?

Ich war nach einem halben Jahr in New York ein Wrack. Ich war ausgebrannt, musste von Null auf meine Batterien aufladen. Das hat mich auch frustriert: Da hatte ich all diese Inputs fürs Schauspielen, war aber in einem solch fragilen Zustand, dass ich mir sicher war, dass ich keine Arbeit finden werde. Dann kam ich zu einem Casting in die Josefstadt – und wurde prompt genommen. Ich war echt verblüfft, aber es hat mich wahnsinnig gefreut (lacht).

Ich hab‘ unter der Regie von Günter Krämer in „Josef und seine Brüder – Die Berührte“ von Thomas Mann gespielt. Das war sehr spannend! Dabei hab‘ ich auch meinen späteren Mentor kennengelernt: Der Berliner Schauspieler Tonio Arango hat mich quasi als seine Protegé adoptiert (lacht). Wir haben uns immer wieder getroffen, an verschiedenen Szenen und Rollen gearbeitet; ich konnte aus der Arbeit mit ihm sehr viel lernen und mitnehmen. Zudem ist daraus eine

Mich faszinieren die Feinheiten im Film, dass sich allein in den Augen so viel abspielen kann.

Miriam Fontaine

ganz tiefe Freundschaft entstanden. Jetzt arbeiten wir an einem gemeinsamen Bühnenprojekt. Ich kann nur so viel verraten, dass wir ein berühmtes Liebespaar aus den 1960ern, 1970ern spielen werden, dessen Beziehung von Leidenschaft, Skandalen, Eifersucht, Glamour und zerstörerischen Süchten geprägt war.

Parallel dazu zieht es dich intensiv zum Film; was fasziniert dich?

Es sind diese Feinheiten, die Details im Spielen vor der Kamera, dass, wenn eine Person auch körperlich total ruhig ist, sich allein schon in den Augen so viel abspielen kann. Das haut mich total um.

Du stehst ab Oktober im Weinviertel auf der Bühne, Ruzowitzkys „Hinterland“ läuft gerade in den Kinos an. Was wünscht du dir für deine Zukunft?

Mich reizt die Vielfalt: möglichst unterschiedliche Rollen zu spielen, je radikaler, je abgründiger, desto besser (lacht). Ich möchte mich laufend weiterentwickeln, ich will mich erforschen und noch tiefer graben, was alles in mir schlummert; das im Film tun zu dürfen, wünsche ich mir sehr.

BEWEGEND. In Kerstin Glachs‘ preisgekröntem Kurzfilm „Anatomie einer Erinnerung“ spielt Miriam Fontaine eine alkoholkranke Mutter. Links: in einer Drehpause mit ihren Filmkids

SCHÖNE

WAHRHEITEN

Miriam Fontaine – ihr widmeten wir die Coverstory – ist in bester Gesellschaft: Vor Jan Frankls Kamera standen schon Stars wie Arnold Schwarzenegger. Aber er betont: Er fotografiert auch Sie, wenn Sie möchten.

Text: Viktória Kery-Erdélyi Fotos: Jan Frankl, Jenny Frankl Alma Hasun und Johannes Silberschneider

Oft passiert die Magie nach zwei Shootingstunden. Dann, wenn die Menschen denken, es sei vorbei, wenn sie loslassen und meinen, die letzten Fotos hätten ohnehin keine Relevanz mehr. Jan Frankl liebt diese Momente. Nach zwei Stunden, in denen er sich mit viel Herz darum bemüht, dass sich sein Gegenüber möglichst wohlfühlt, „weicht jede Anspannung aus dem Gesicht“, sagt der 34-Jährige, der mit seiner Familie – er ist mit Schauspielerin Jenny Frankl verheiratet – in Guntramsdorf lebt.

Dabei spielt es für ihn keine Rolle, ob er Stars ablichtet oder Menschen, die ihn kontaktieren und für ein Porträtshooting buchen. Das Fotografieren ist im Laufe der Jahre neben seinem filmischen

Schaffen – er ist Regisseur und Produzent (Mutterschifffilm GmbH) – zur

Arnold Schwarzenegger DER FOTOGRAF. Jan Frankl

großen Leidenschaft geworden. „Ich mag es, mich zwischen diesen beiden Welten frei zu bewegen“, beschreibt er.

Jan Frankl macht unter anderem Musikvideos und Trailer, etwa für das Theater an der Josefstadt in Wien, für das Fernsehen ist er häufig in der Comedy-Schiene unterwegs. Zuletzt zeigte der ORF sein hinreißendes Roadmovie „Erwin“, bei dem Vater Erwin Steinhauer

Lilian Klebow (li.), Hilde Dalik mit Sohn Matthias Franz die wichtigsten Orte und Stationen seines Lebens mit einem alten Wohnmobil besucht.

Streben nach Perfektion. Beim Fotografieren erweitert Jan Frankl den Begriff der Authentizität um eine bemerkenswerte Facette; dass er sich viel Zeit nimmt, um die Bilder final zu bearbeiten, verheimlicht er keineswegs. „Das fertige Bild ist ein Kunstwerk“, erklärt er. „Das Porträt soll schön sein, im besten Fall so schön, wie sich die Menschen selbst gerne sehen möchten.“ Sein Feingefühl und die Intuition, von der er sich beim Shooting selbst leiten lässt, haben auch beim Bearbeiten danach das Sagen. Da werden nicht wahllos Falten retuschiert oder Lippen vergrößert, aber sehr wohl manchmal – etwa im Sinne der Symmetrie – die Stellung von einem Auge angepasst. „Das sind oft Feinheiten, die man im Alltag nicht sieht, die Korrektur fällt kaum auf und doch bewirkt sie sehr viel“, sagt er.

Infos: janfrankl.com

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