Der Oberösterreicher Februar 2021

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OBERÖSTERREICHER FEBRUAR 2021

OBER

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FEBRUAR 2021 | 5. Jg. | Nr. 13 | € 7,00 9

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ÖSTERREICHER Blackout Ein Stromausfall, der alles verändert

Haus am See Immobilienprofi Walter Mairinger über explodierende Preise im Seengebiet

Michael Niavarani

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SIMPLy the best

Coverfoto: Thom Trauner

Österreichische Post AG, Zul.-Nr. MZ 02Z031267 M, Neu-Media GmbH, Bahnhofplatz 2, 4600 Wels, Retouren an „Postfach 100, 1350 Wien“ Sonderausgabe der Oberösterreicherin

Sonderausgabe der Oberösterreicherin

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BLACKOUT

WENN NICHTS MEHR GEHT In dieser Ausgabe des OBERÖSTERREICHERS haben wir uns mit dem Thema „Blackout“ beschäftigt. Ein Blackout ist ein plötzlich auftretender, überregionaler Stromausfall. Dieser betrifft mehrere Länder, im schlimmsten Fall das gesamte zentraleuropäische Verbundnetz – von Portugal bis in die Türkei. Darüber hinaus gibt es noch einen nordeuropäischen Verbund und Großbritannien. Inseln wie Zypern und Island haben ein eigenes Inselnetz. Der Grund für einen Blackout kann der Ausfall von Kraftwerken oder die Beschädigung des Leitungssystems sein. Aber auch ein Cyberangriff durch Hacker kann den Zusammenbruch des Stromnetzes auslösen.

Foto: Celine Daliot

Die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts wird unterschiedlich interpretiert, sie wird jedoch zunehmend höher, manche beziffern sie bereits mit 100 Prozent. Das Problem liegt darin, dass die Sonnen- und Windenergie keine kontinuierliche Dauerleistung erbringt und daher sehr schwer ins Netz zu integrieren ist. Dem gegenüber steht die Abschaltung von Dauerstromleistern wie Kohle- und Atomkraftwerken in Deutschland, ohne vorher geeignete Alternativen ausgebaut zu haben. International wird daher auf sogenannte „Peaker“ gesetzt, das sind Gaskraftwerke, die kurzfristig hochgefahren werden und Strom in das Netz einspeisen können. Österreich hat zwei davon, die versorgungstechnisch unabkömmlich sind, klimapolitisch jedoch umstritten. Wir haben bei VERBUND-Vorstand Dr. Michael Strugl und Energie AG Generaldirektor DDr. Werner Steinecker nachgefragt, welcher Anstrengungen es bedarf, um unser Stromnetz fit für die Energiezukunft zu machen. Josef Lindner, Geschäftsführer vom OÖ Zivilschutz, hat uns erklärt, wie man sich am besten gegen den Ernstfall wappnen kann. Und zwar, indem man sich auf sich selbst verlässt und sein Leben so einrichtet, dass man sieben Tage autark daheimbleiben kann. Am besten wir halten es mit Johann Nestroy, der einst sagte: „Der strebsame Mensch muss nichts fürchten, wenig glauben und alles hoffen“. Dem berühmten österreichischen Dramatiker hat Kabarettist Michael Niavarani ein ganzes Buch gewidmet und uns in der Coverstory erzählt, dass Nestroys Geschichten und Zitate aktueller denn je sind.

Viel Freude beim Lesen des neuen Oberösterreichers, Ihr Josef Rumer Herausgeber

Der nächste OBERÖSTERREICHER erscheint am 7. Mai 2021.

Impressum OBERÖSTERREICHER: Eine Sonderausgabe des Magazins OBERÖSTERREICHERIN Offenlegung gemäß § 25 MedienG können unter der URL http://www.dieoberoesterreicherin.at/info/offenlegung/ abgerufen werden. Herausgeber: Josef Rumer, Medieninhaber und Hersteller: Neu-Media GmbH, Bahnhofplatz 2, 4600 Wels, E-Mail: office@neu-media.at, Tel.: 07242 / 9396 8100, Fax: 07242 / 9396 8110, Geschäftsführung: Josef Rumer, Mag. Andreas Eisendle, Prokuristin: Astrid Gruber, Assistentin der Geschäftsführung: Kerstin Starzengruber, Büroorganisation: Slavica Haminger, Redaktionsleitung: Mag. Ulli Wright, E-Mail: redaktion@neu-media.at, Redaktion: Nicole Madlmayr, Mag. Petra Kinzl, Rebecca Mayr MA, Laura Zapletal BA, Linnéa Harringer BA, Lektorat: Mag. Christa Schneider, Anzeigenleitung: Josef Rumer, E-Mail: anzeigen@neu-media.at, Anzeigen: Ing. Mag. Richard Haidinger, Mag. Dietlinde Wegerer, Lisa Becker, Victoria Felice, Grafik: Karin Rosenberger, Ana Mrvelj, E-Mail: grafik@neu-media.at, Fotos: Thom Trauner, Ing. Mag. Richard Haidinger, Shutterstock, Verlagsund Herstellungsort: Bahnhofplatz 2, 4600 Wels, Druck: Bauer Medien, Wien, Vertrieb: PGV Austria Trunk GmbH., 5081 Anif, www.neu-media.at

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Foto: Thom Trauner

INHALT OBERÖSTERREICHER FEBRUAR 2021

OBER

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Nicht von der Stange

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FEBRUAR 2021 | 5. Jg. | Nr. 13 | € 7,00 9

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ÖSTERREICHER Blackout Ein Stromausfall, der alles verändert

Haus am See Immobilienprofi Walter Mairinger über explodierende Preise im Seengebiet

Michael Niavarani SIMPLy the best

Coverfoto: Thom Trauner

Österreichische Post AG, Zul.-Nr. MZ 02Z031267 M, Neu-Media GmbH, Bahnhofplatz 2, 4600 Wels, Retouren an „Postfach 100, 1350 Wien“ Sonderausgabe der Oberösterreicherin

Sonderausgabe der Oberösterreicherin

Der nächste OBERÖSTERREICHER erscheint am 7. Mai 2021.

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Foto: Guenter Guni

Coverfoto: Thom Trauner

Der Berg ruft!

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Michael Niavarani. Humoriger Covertalk im Kabarett Simpl.

Blackout. Wenn es plötzlich dunkel wird.

Nicht von der Stange. Besuch bei René Schielin im Maßsalon.

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Hank Ge. Vom Investmentbanker zum Influencer.

Digital Learning. Expertentalk über Chancen und Grenzen.

On the Catwalk. Die coolsten Autos in Szene gesetzt.

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Foto: Thom Trauner

Foto: Thom Trauner

Wolfgang Neumann Foto: Drehwerk

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Michael Niavarani

On the Catwalk

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Harald Fux. So tickt der Architekt des neuen LASK-Stadions.

Wohnen am See. Immobilienprofi Walter Mairinger im Interview.

Wolfgang Neumann. Der Energiepionier Ăźber Umweltschutz.

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Coache dich selbst. Ein Selbstcoaching-Set im Redaktionstest.

Marc Elsberg. Der Bestsellerautor Ăźber seinen neuen Thriller.

Der Berg ruft! Auf Skitour mit Robert Schneider.

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WIE GEHT SICH DAS ALLES AUS,

HERR NIAVARANI?

Er betreibt drei Theater in Wien, brachte erst kürzlich mit seinem eigenen Verlag ein neues Buch über Nestroy auf den Markt, unterhält sein Publikum mit dem Podcast „Alles außer Corona“, gründete im Vorjahr nach dem ersten Lockdown das „Theater im Park“ am Belvedere in Wien, schreibt das Programm für die SimplRevue und hält mehr als 350.000 Fans auf Facebook bei Laune. Wir haben bei Michael Niavarani nachgefragt, wie sich das alles eigentlich ausgeht. 6 6-12_Coverstory Niavarani.indd 6

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Text: Ulli Wright Fotos: Thom Trauner 7 6-12_Coverstory Niavarani.indd 7

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Mit den Lockdowns ist es wie mit Beziehungen: Die erste war die schönste und dann wird‘s immer schwieriger.

Interview im legendären Kabarett Simpl in der Wollzeile in Wien, das Michael Niavarani im Jahr 2019 erworben hat.

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ort, wo sich normalerweise Kabarettisten und Schauspieler die Klinke in die Hand geben, wo Abend für Abend Lachen und gute Unterhaltung dominieren, ist es leer geworden. Nach dem ersten Lockdown wurden die Sitzgelegenheiten im Kabarett Simpl in Wien auf die Hälfte reduziert, um auch in CoronaZeiten höchste Sicherheit für die Gäste gewährleisten zu können. Aber das Glück währte nicht lange, denn seit November 2020 sind sämtliche Kultureinrichtungen geschlossen. Während wir auf den Hausherren warten, sehen wir uns um, im ältesten durchgängig bespielten Kabarett der Welt. Bilder von Karl Farkas und Helmut Qualtinger zeugen von der großen Schauspielkunst unseres Landes. Da kommt Michael Niavarani durch die Tür und erfüllt das leere Theater mit seiner markanten sonorigen Stimme. Sofort läuft der Schmäh und wir bitten den großartigen Kabarettisten, Schauspieler, Theaterproduzenten und Autor zum Interview. Herr Niavarani, wie haben Sie eigentlich den ersten Lockdown im vorigen Frühling erlebt? Wie ist es Ihnen ergangen? Michael Niavarani: Mit den Lockdowns ist es ja mittlerweile wie mit Beziehungen: Die

erste war die schönste und dann wird’s immer schwieriger (lacht). Der erste Lockdown war zwar für mich ein Schock, ich machte mir damals aber nicht allzu große Sorgen um das Theater oder um meine Gesundheit, weil ich der Meinung war, dass in drei Monaten eh wieder alles vorbei sein würde. Beim jetzigen Lockdown denke ich mir irgendwie: Es ist der längste Sonntag der Weltgeschichte, aber viel helfen wird er nicht. Denn so richtig aufpassen tut keiner mehr. Was ich auch wieder verstehe, weil wir ja nur vor dem Fremden Angst haben. Mittlerweile kennen wir das Virus schon. Wir wissen, wie viele Menschen daran gestorben sind und obwohl Corona noch genauso gefährlich ist wie im März 2020, fürchten wir uns jetzt nicht mehr. Mir geht es ja genauso, das ist das Absurde an uns Menschen. Kultureinrichtungen wie Theater und Kabaretts sind seit Monaten geschlossen. Wie sehr fehlen Ihnen die Bühne bzw. der Applaus? Einerseits gar nicht, andererseits natürlich sehr. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte ich auch ohne Corona im vergangenen Herbst fast nichts auf der Bühne gespielt, da ich an einem Theaterstück gearbeitet hätte. Aber natürlich ist es etwas anderes, ob man das Ganze freiwillig macht oder ob einem die Regierung verbietet, seinen Beruf auszuüben. Das ist furchtbar und ich verspüre auf einmal die Lust, jeden Tag auf die Bühne zu gehen. Das ist ganz offensichtlich kindisch, aber wir Menschen sind so gestrickt.

Der Kabarettist, Schauspieler, Theaterproduzent und Autor stand mit 14 Jahren das erste Mal auf der Bühne.

Welche Rolle haben Kabarett bzw. Comedy in Krisenzeiten? Realpolitisch ist es völlig wurscht, denn das Leben geht weiter, auch ohne Komödie. Aber ich glaube, dass alleine die Fähigkeit, über das eigene Leid lachen zu können, dieses schon mindert. Wenn ich die Ironie

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des Schicksals begreife, dann kann es mir gar nicht mehr so extrem wehtun. Es tut zwar immer noch weh, aber man ist nicht mehr so verzweifelt, man sieht einen Ausweg. Deshalb glaube ich, dass die Komödie eine ganz wichtige Funktion für die Psyche hat. Wie schwierig ist es, als Kabarettist, tragische Situationen in eine Komödie zu bringen, ohne dass man die Menschen herabwürdigt oder beleidigt? Das ist ein schmaler Grat, aber man kann – wie Roberto Benigni mit seiner Tragikomödie „Das Leben ist schön“ gezeigt hat – auch eine Komödie machen, die in einem Konzentrationslager spielt. Das hätten wir vor Roberto Benigni alle verneint. Ich habe mit John Cleese viel über dieses Thema gesprochen und wir waren uns damals einig, dass man im Kabarett alles machen kann, außer eine Komödie im Konzentrationslager, das geht nicht. Aber Roberto Benigni hat uns gezeigt, dass eine Komödie nicht immer eine zynische, satirische Betrachtung der Wirklichkeit ist. Manchmal ist es auch eine Liebeserklärung an das Leben und eine Solidarisierung mit denen, die leiden. Du lachst ja die Menschen nicht aus, sondern du lachst mit ihnen über die absurde Situation. Die Komödie muss eine Wahl treffen, bevor sie geschrieben wird. Nehme ich mir ein Thema, das ich auslache, oder nehme ich mir das Schicksal eines Menschen, mit dem ich mit lache. Und dann muss man sehr genau und präzise sein. Das hat nichts mit politisch korrekt oder mit „ich möchte niemanden beleidigen“ zu tun, sondern einfach mit Charakter. Ein Witz, der rassistisch ist, kann sehr lustig sein. Wenn ich aber ein Rassist bin, der diesen Witz erzählt, dann ist er nicht mehr lustig. Weil dann erzähle ich ihn nicht, weil er lustig ist, sondern weil ich ein Rassist bin. Das ist eine sehr wichtige Unterscheidung. Was finden Sie eigentlich lustig? Mit was bringt man Sie zum Lachen? Mit allem Möglichen. Ich finde Tina Fey ist einer der lustigsten Menschen, die es überhaupt auf diesem Planeten gibt. Sie hat die amerikanische Sitcom „30 Rock“ geschrieben und spielt darin die Hauptrolle. Auch wie Stephen Colbert derzeit seine „Late Night Show“ – ohne Publikum aus seinem Keller – macht, ist faszinierend. Aber am ehesten lache ich über blöde Situationen aus dem Leben oder Wortwitze. Wir Komiker haben das Problem, dass wir uns den ganzen Tag damit beschäftigen, wie lustig etwas sein kann. Wir erkennen sofort einen Mechanismus und obwohl wir die Pointe vom Witz noch nicht kennen, wissen wir sofort in welche Richtung es geht. Wir lachen dann auch nicht, sondern

ZUR PERSON Michael Niavarani wurde am 29. April 1968 als Sohn einer Österreicherin und eines Persers in Wien geboren. Schon während seiner Schulzeit im BRG in Wien spielt er Theater. Christoph Wagner-Trenkwitz, heutiger Chefdramaturg der Volksoper Wien, erkennt sein Talent: „Ich erinnere mich an seine unglaubliche Stimme! Eine große, dunkle, männliche Stimme mit unglaublichen Möglichkeiten, unglaublichen Farben und Phantasie.“ Christoph Wagner-Trenkwitz holt den damals 14-Jährigen in die Theatergruppe „Die Demoasten“. Gemeinsam mit der Theatergruppe renoviert er einen Kellerraum – das „Graumanntheater“ ist geboren. Mit 16 Jahren bricht Niavarani die Schule ab und nimmt Schauspielunterricht bei Michael Mohapp und Dany Sigel. Michael Mohapp ist es dann auch, der ihn Martin Flossmann, dem damaligen Simpl-Chef, ans Herz legt. Für die SimplRevue „Leben, Lieben, Lachen“ wird Michael Niavarani engagiert. Jedoch geht er nach einer Saison am Simpl zurück ans Graumanntheater. Anfang der 90er-Jahre ist Michael Niavarani auch erstmals im Fernsehen zu sehen und er übernimmt 1993 die künstlerische Leitung des Kabarett Simpl. Im selben Jahr hat auch die erste Simpl-Revue Premiere. Sein erster Roman „Vater Morgana“ kam 2009 auf den Markt, allein in Österreich wurden über 100.000 Bücher verkauft. Auch seine späteren Bücher „Der frühe Wurm hat einen Vogel“ (2011) und „Ein Trottel kommt selten allein“ (2017) führten wochenlang die Bestsellerlisten an. Nach einem Roman, vielen Kurzgeschichten, einer Handvoll Kabarettprogrammen und unzähligen Sketches für das Simpl schreibt Michael Niavarani auch Theaterstücke, u. a. die Komödie „Reset – Alles auf Anfang“. Für seine Shakespeare-Komödien „Die unglaubliche Tragödie von Richard III.“ und „Die höchst beklagenswerte und gänzlich unbekannte Ehetragödie von Romeo & Julia: Ohne Tod kein Happy End“, seinem neuen Theaterstück, gründet er 2014 eigens dafür in Wien ein Shakespeare-Theater, das GLOBE WIEN. Im Sommer 2019 hat Michael Niavarani das Simpl erworben und betreibt damit nun das älteste durchgängig bespielte Kabarett der Welt, das seit weit über 100 Jahren an der Wollzeile im ersten Wiener Gemeindebezirk besteht. Unmittelbar nach Verkündung des ersten Lockdowns eröffneten Michael Niavarani und Georg Hoanzl im Sommer 2020 mit dem „Theater im Park“ im Privatgarten des Palais Schwarzenberg eine neue Freiluftbühne im Herzen Wiens. Aufgrund des großen Erfolges wird das „Theater im Park“ auch künftig beibehalten werden. Programm und Tickets für die diesjährige Saison sind bereits online: www.theaterimpark.at Michael Niavarani ist Kabarettist, Schauspieler, Theaterproduzent und Autor, er hat eine Tochter und lebt in Wien.

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gingen, um aus dem Polizeistaat des Kanzlers Metternich befreit zu werden, hat Nestroy jene kritisiert, die einfach nur mitgelaufen sind und mitgeschrien haben, obwohl sie eigentlich nicht wussten, wovon sie reden. Das trifft auch auf viele Menschen zu, die jetzt auf die Straßen gehen und gegen die Corona-Maßnahmen demonstrieren. Ich finde das ziemlich absurd. Natürlich kann man sich fragen, ob sich das alles auszahlt und wirklich hilfreich ist. Aber wir wissen, dass Vorkehrungen, wie Abstand halten, Maske tragen und sich testen lassen, sinnvoll sind. Dennoch kann man nicht der Meinung sein, dass es die Demokratie gefährdet, wenn wir darauf aufpassen, dass nicht zu viele Menschen sterben. Als ich vor Kurzem bei so einer Demo in Wien vorbeigegangen bin, ist mir folgendes Zitat von Johann Nestroy eingefallen: „Meiner Seel‘, für die ernsthafte Zeit, gibt’s noch immer vü g‘spaßige Leut“. Dieses Zitat passt überhaupt sehr gut für unsere Zeit, auch für die Klimakatastrophe, die ja eigentlich eine Menschheitskatastrophe ist. Denn das Klima müssen wir nicht schützen. Dem Klima ist es wurscht, ob es in Österreich 48 Grad hat und die Leute verdursten. Uns selbst sollten wir schützen und da gibt es immer noch Leute, denen das einfach egal ist. Das Zitat trifft auf die gesamte Menschheitsgeschichte zu. Der Titel des Buches lautet: „Es glaubt kein Mensch, was ein jeder Mensch glaubt, was er für ein Mensch ist.“ Können Sie genauer beschreiben, was Nestroy mit diesem Wortspiel gemeint hat? Es ist ja ein sehr langer Titel. Mir ist er fast zu kurz (lacht). Ich mag Titel aus der Barockzeit, im 18. Jahrhundert war es üblich, dass ein Titel über die ganze Seite geht. Das Zitat bedeutet,

Ich glaube, dass ich ein junger, schlanker, fescher Mann bin. Das ist meine „Blind Obsession“.

denken uns „Ah, lustig. Sehr lustig!“. Wenn mir etwas Lustiges passiert oder mir jemand etwas Lustiges erzählt, lache ich oft gar nicht, denn das Lachen wird bei uns Komikern von tiefer Begeisterung ersetzt. Manchmal lachen wir über die dümmsten Sachen. Das ist das Traurige, dass Menschen, die sich viel mit Komödien beschäftigen, oft über die primitivsten Sachen lachen. Wir reden hier von fäkalen „Gacksi“-Witzen und dergleichen (lacht). Wir lachen weniger über die fein gedrechselte Pointe, sondern eher über die depperten Sachen und über das, was wir uns auf der Bühne nie trauen würden zu sagen. In Ihrem neuesten Buch, einem Nestroy-Brevier, erfährt man, dass Nestroy für fast alles ein passendes Zitat parat hat. Welches Zitat passt am besten zu dieser schrägen Zeit, die wir seit März 2020 erleben? Es ist schwer ein Zitat zu finden, dass diese Zeit beschreibt. Nestroy hat sich in seinen Zitaten immer auf Verhaltensweisen von Menschen bezogen und darauf, wofür sich die Menschen selbst halten. Aus der Revolutionszeit 1848, in der die Leute auf die Straßen

Nachdem Michael Niavarani im Vorjahr den NESTROY Publikumspreis erhalten hat, widmete er dem großen Dramatiker Johann Nestroy ein Buch samt CD.

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Geht nicht, gibt‘s nicht! Im Vorjahr initiierte Michael Niavarani mit Georg Hoanzl das „Theater im Park“ am Belvedere in Wien. Ab 1. Mai findet auf der Freiluftbühne die Simpl Revue statt und es gastieren den ganzen Sommer hindurch weitere Kabarettisten, Philosophen und Künstler. Programm und Tickets unter: www.theaterimpark.at

WORDRAP Johann Nestroy ist für mich ... ein sehr guter Freund und sehr weiser Lehrer. Kabarett ist ... momentan geschlossen, macht aber bald wieder auf, hoffentlich. Theater ist ... momentan geschlossen, macht aber bald wieder auf, hoffentlich. Oberösterreich ist für mich ... gar nicht so weit weg. Manchmal bin ich aus dem 3. Bezirk schneller in Linz als im ORF am Küniglberg. Wien ist für mich ... (so peinlich wie es ist, ich wäre gerne Londoner) mein Zuhause. Corona wird ... noch ziemlich lange dauern. Glücklich macht mich, ... wenn Corona doch nicht so lang dauert. Niemals vergessen werde ich ... Corona. Schwach werde ich bei ... allem, was zu viel Kalorien hat. Mein Lebensmotto: „Wer es nicht ohne Motto schafft, braucht eins.“

dass wir immer wieder erstaunt darüber sind, wofür sich manche Menschen halten. Also da triffst du einen Trottel, der wirklich ein Trottel ist und dann kommst du drauf, dass er zutiefst gekränkt ist, weil er den Nobelpreis nicht bekommen hat. Oder wenn sich jemand für den größten Casanova hält, aber noch nie eine Beziehung hatte, geschweige denn jemanden ins Bett bekommen hat, dann ist das sehr lustig. In der Komödie nennt man das „Blind Obsession“. Jemand der glaubt, dass er etwas besonders gut kann und diese blinde Leidenschaft dafür hat, obwohl er es überhaupt nicht kann oder überhaupt nicht ist. Was sind Sie für ein Mensch? Ich glaube zum Beispiel, dass ich ein junger, schlanker, fescher Mann bin. Das ist meine „Blind Obsession“ (lacht). Ich bin immer noch überrascht, wenn ich in den Spiegel schaue, dass dieses blade, krumme Ding ich bin. So sehe ich mich gar nicht. Ich glaube auch, dass ich derjenige bin, der als Einziger in ganz Österreich all diese Probleme, die wir haben, wie Umweltschutz, Klimakrise, Covid-19 usw., in einem halben Tag gelöst und erledigt hätte. So schwer kann es nicht sein. Was war Ihnen im Buch vom Inhalt her wichtig, was wollten Sie rüberbringen? Viele Menschen haben ein völlig falsches Bild von Nestroy und das wollte ich im Buch richtigstellen. Denn das, was dieser Mensch

geschrieben hat, ist weder Biedermeier, noch verstaubt, noch altmodisch. Es ist wahnsinnig aktuell, unglaublich cool und wirklich komisch, verbirgt sich aber hinter einer Mauer von 160 Jahren. Wenn man sich durch Nestroys Bücher kämpft, dann wird man mit wahnsinnig witzigen und gescheiten Figuren belohnt. Es gibt kaum jemanden, der je die Seele des Menschen, die Seele der Wienerinnen und Wiener, so genau getroffen hat wie Nestroy. Inwieweit hat er Sie in Ihrem Leben begleitet, beeinflusst und inspiriert? Ich habe als Jugendlicher sehr viel Nestroy gelesen und war hingerissen davon. Nestroy war auch ein Grund, warum ich überhaupt zum Theater gegangen bin. Ich wollte so frech, dumm und gescheit sein wie seine Figuren. In der Schule habe ich viel Nestroy gespielt, in meinem beruflichen Leben jedoch nicht mehr. Als ich im Vorjahr den Nestroy Preis von Harald Schmidt bekommen habe, sagte meine Mutter zu mir: „Spätestens jetzt wird es Zeit, endlich mal wieder den Nestroy zu spielen.“ Ich habe dann eine CD mit Nestroy-Texten eingesprochen. Dann sagte jeder zu mir: „Eine CD verkauft sich nicht mehr, mach doch ein Buch.“ Mein Vorhaben war dann, zu der CD ein Booklet zu machen – naja, jetzt ist es die CD mit dem größten Booklet geworden (lacht).

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Interview mit hohem Unterhaltungswert im Kabarett Simpl in Wien. Michael Niavarani verriet Chefredakteurin Ulli Wright, dass er über „Gacksi“-Witze und dergleichen am meisten lachen kann.

Im Vorjahr haben Sie gemeinsam mit Georg Hoanzl das „Theater im Park“ am Belvedere in Wien ins Leben gerufen. Wie ist das Ganze entstanden? Aus der Verzweiflung heraus. Denn im Park, an der frischen Luft, mit Sicherheitsabstand, das ist doch der perfekte Platz, um Kabarett und Theater auf die Bühne zu bringen, ohne sich anzustecken. Wir treffen ja unsere Entscheidungen nicht alleine oder wie die Regierung nach Umfragewerten. Wir sind ja keine Trottel (lacht). Wir treffen die Entscheidungen mithilfe von Ärzten und Virologen. Und so, wie es bis heute aussieht, kann draußen im Freien fast nichts passieren. Wir waren im Vorjahr bis zu fünfzig Leute hinter der Bühne und hatten keinen einzigen Corona-Fall. Wird das „Theater im Park“ künftig zur festen Institution in der Szene Wiens werden? Ja, es wird eine fixe Institution in Wien bleiben. Auf unserer Homepage stehen schon viele Termine für die kommende Saison. Sie schreiben auch die Simpl Revue, die im „Theater im Park“ zu sehen sein wird. Worauf darf sich das Publikum freuen? Ab dem 1. Mai 2021 wird die Simpl Revue im „Theater im Park“ unter dem Titel „Krone der Erschöpfung“ starten. Ich schreibe und inszeniere das Programm, das Ensemble ist wieder dasselbe wie im Vorjahr mit Bernhard Murg,

Julian Loidl, Katharina Dorian, Jennifer Frankl und vielen weiteren. Wir planen für die kommenden Sommer verschiedene Produktionen und auch Gastspiele. Ich bin Corona sehr dankbar, denn ohne dieses Virus wären wir nie auf die Idee gekommen, ein „Theater im Park“ zu veranstalten. Die Location ist einfach wunderbar. Sie betreiben drei Theater, einen eigenen Verlag, schreiben Stücke, Bücher ... das klingt nach straffem Management. Wie viele Personen arbeiten in Ihrem Team? Wie geht sich das zeitlich alles aus? Das sieht nach außen immer nach wahnsinnig viel aus, aber in Wirklichkeit ist es gar nicht so viel. Erstens sind die drei Theater gerade alle zu. Ich habe also nichts zu tun, außer mir Sorgen zu machen und das geht im Schlaf auch. Aber natürlich gibt es die Teams vom Simpl und vom Globe – ohne die es nicht gehen würde. Alles in allem werden wir circa auf 100 Leute kommen. Um Gottes Willen, diese Lohnnebenkosten (lacht). Was wären Sie geworden, wenn Sie es nicht auf die Bühne geschafft hätten? Gab es einen Plan B? Das ist der Plan B. Platz Eins war immer Tierarzt oder Biologieprofessor. Platz Zwei war Lehrer für Biologie, Philosophie, Deutsch und Geschichte. Platz Drei war großer, internati12

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onal anerkannter Schriftsteller und Lyriker. Priester wollte ich auch werden, die katholische Kirche hat mich sehr interessiert: ein großes Schauspiel, verlogen, versoffen, verhurt wie das Theater. Also Sie sehen, Kabarettist ist eigentlich Plan F (lacht).

MICHAEL NIAVARANI LIEST NESTROY „Es glaubt kein Mensch, was ein jeder Mensch glaubt, was er für ein Mensch ist.“ Schultz & Schirm Bühnenverlag, ISBN 978-3-9503907-9-7, Buch mit CD € 24,90

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WENN ES PLÖTZLICH

DUNKEL WIRD

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Text: Ulli Wright Fotos: Dominik Derflinger Andreas Röbl, Shutterstock

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tellen Sie sich vor, das gesamte öffentliche Leben ist lahmgelegt. Es gibt keinen Strom in Haus und Wohnung, keine Heizung, keine Supermärkte, keine Aufzüge, kein Handynetz, keine Tankstellen, keine Ampeln, kein Wasser in der Wasserleitung, kein Radio und kein Fernsehen, nicht einmal die Toilette funktioniert – es ist komplett dunkel, nichts geht mehr. So würde sich die Situation im Falle eines Blackouts gestalten. MASSIVE STÖRUNG ALS WECKRUF Europas Stromnetz wäre am 8. Jänner dieses Jahres fast zusammengebrochen. Noch einmal konnten flächendeckende Ausfälle verhindert werden. Auf die Notfallmechanismen war Verlass. Dennoch sollte diese massive Störung ein Weckruf dafür sein, dass Versorgungssicherheit weit mehr als eine Annehmlichkeit ist. Auch wenn Österreich noch über ausreichende Kapazitäten verfügt, um die Stabilität des Stromsystems in jeder Situation zu gewährleisten, mit dem Umbau des Energiesystems in Richtung 100 Prozent Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen wachsen die Anforderungen an unsere Netze, Kraftwerke und Speicher. Gleichzeitig schwinden durch die Dekarbonisierung des Energiesystems jene Reservekapazitäten, die wir dringend brauchen, um die alltäglichen Schwankungen in unserem Stromsystem zu glätten und es in Extremsituationen vor Schieflagen zu bewahren.

Was ein Blackout genau ist und was getan werden muss, damit uns auch in Zukunft nicht das Licht ausgeht, haben uns die Top-Manager der heimischen Energieversorger, VERBUND-Vorstandsvorsitzender Dr. Michael Strugl und ENERGIE AG Generaldirektor Dr. Werner Steinecker, erzählt. SELBSTSCHUTZ IST DER BESTE SCHUTZ Obwohl heute seitens der Energieversorger alles unternommen wird, was für die Verhinderung eines Blackouts notwendig ist, gibt es keine hundertprozentige Sicherheit. Darin sind sich Michael Strugl und Werner Steinecker einig. Daher sind wir alle gefordert, unsere Haushalte krisensicher zu machen und sollten für mindestens sieben Tage autark leben können. Welcher Vorbereitungen es dazu bedarf, hat uns Josef Lindner, Geschäftsführer vom OÖ Zivilschutzverband, erzählt.

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TEURER

STROMAUSFALL Das europäische Stromnetz wäre am 8. Jänner 2021 fast zusammengebrochen, hätte das länderübergreifende Krisenmanagement nicht so gut funktioniert. Gott sei Dank, denn ein großflächiger Stromausfall in Österreich würde Kosten in der Höhe von 1,18 Milliarden Euro pro Tag verursachen. Welcher Anstrengungen es bedarf, um das System aus Netzen, Kraftwerken und Speichern fit für die Energiezukunft zu machen, hat uns VERBUND-Vorstandsvorsitzender Dr. Michael Strugl erklärt.

Herr Dr. Strugl, laut dem technischen Vorstandsdirektor der Austrian Power Grid (APG) war eine überlastete Kupplung in einem Umspannwerk in Kroatien die Ursache dafür, dass wir am 8. Jänner nur knapp einem Blackout entgangen sind. Können Sie kurz erklären, was genau passiert ist? Nach den ersten Ermittlungen bzw. laut aktuellem Zwischenbericht der Europäischen Übertragungsnetzbetreiber war der Auslöser eine Kettenreaktion von Ausfällen mehrerer Anlagen in Südosteuropa. Diese Ausfälle zogen eine Trennlinie im Raum südöstlich von Österreich und das kontinentale Stromnetz wurde in zwei Teile geteilt. Die Trennlinie führte durch die Länder Kroatien, Serbien und Rumänien. Das Gebiet südlich der Trennlinie hatte zu diesem Zeitpunkt Erzeugungsüberschüsse, welche aufgrund der ausgefallenen Leitungsverbindungen nicht mehr in den Zentralraum Europas transportiert werden konnten. Ein Frequenzanstieg in Südosteuropa mit anschließender Reduktion der lokalen Erzeugungsleitung war die Folge. In der westlichen Insel, zu der auch Österreich gehörte, fehlten nach dem Netzsplit die Erzeugungsmengen aus Südosteuropa. In ganz Europa kam es zu Über- und Unterfrequenzen, die durch Europäische Schutzmechanismen sowie durch die von den nationalen Übertragungsnetzbetreibern gesetzten Maßnahmen zur Stabilisierung und Rückführung in den Normalbetrieb innerhalb einer Stunde behoben werden konnten.

Wie hat man es letztendlich geschafft, die ja doch sehr kritische Situation in den Griff zu bekommen? Die Europäischen Schutzmechanismen sowie die vom österreichischen Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid, einer VERBUND-Tochter, gesetzten Maßnahmen haben bei der Behebung der europaweiten Störung im Stromnetz voll gegriffen. In Österreich wurden beispielsweise erfolgreich die Primär- und Tertiärregelreserven aktiviert und abgerufen. Dabei spielte die Wasserkraft mit jeweils über 80 Prozent die zentrale Rolle. Die länderübergreifende Zusammenarbeit und auch innerhalb Österreichs mit den Kraftwerksbetreibern hat ausgezeichnet funktioniert, das war ein Paradebeispiel für europäisches Krisenmanagement. Welchen Schaden haben die Schwankungen am 8. Jänner in Österreich angerichtet? Dank der rasch greifenden Maßnahmen zur Re-Synchronisierung konnten größere Schäden vermieden werden. Aber nur zur Illustration: Sollte ein großflächiger Stromausfall in Österreich auftreten, würden Kosten in der Höhe von 1,18 Milliarden Euro pro Tag entstehen. Wie hoch sind die Ausfallzeiten pro Jahr bei uns in Österreich derzeit? Österreich ist bei der Versorgungssicherheit weltweit eines der sichersten Länder. Wir haben eine Ausfallsicherheit von über 99,9 Prozent – das ist ein ausgezeichneter Wert. Oder anders ausgedrückt: Im Gesamtjahr 2019 gab es ungeplante Stromausfälle österreichweit im Ausmaß von lediglich 25 Minuten. 18

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sind aufgrund der topographischen Gegebenheiten prädestiniert für erneuerbaren Strom. International sind wir natürlich in europäischen Strommärkten vernetzt und während Deutschland beispielsweise bis 2022 aus der Nuklearenergie aussteigt, stellt sich das für unterschiedliche Länder anders dar.

Die Austrian Power Grid musste 2019 im Engpassmanagement im Einsatz. Dabei an rund 260 von 365 Tagen ins Netz fordert der Regelzonenführer APG bei den uneingreifen, um die Stabilität der Stromterschiedlichen Kraftwerksbetreibern entsprelieferungen zu gewährleisten. Sind das chende Betriebsarten an, um ungünstige Lastnormale Eingriffe oder Notfälle? flüsse im europäischen Hochspannungsnetz zu Sogenannte Redispatches, also Eingriffe, vermeiden bzw. ausgleichen zu können. um die Netzstabilität zu gewährleisten, Als schwarzstartfähig bezeichnet man die Fästehen inzwischen nahezu an der Tageshigkeit eines Kraftwerks, unabhängig vom ordnung und zeigen, dass die Systeme Stromnetz – quasi aus eigener Kraft – wieder fragiler werden. Für hochzufahren. In eine sichere StromÖsterreich sind vor versorgung sowie die allem die PumpIntegration der Erspeicherkraftwerneuerbaren Energien ke schwarzstartfäVorsicht und in den kommenden hig. Jahren brauchen wir Umsicht sind daher ausreichend Sollten hier noch geboten, Panik Reserven in allen Bemehr gebaut werist nie ein guter reichen des Stromsysden bzw. gibt es Ratgeber. tems. Um neue Kapawelche, die man zitäten bestmöglich in sanieren müsste? unser Stromsystem zu Als VERBUND inintegrieren, müssen vestieren wir geFlexibilitäts- und Speimäß unserer Stracheroptionen, Sektorkopplung sowie der tegie nicht in CO2-emittierende Technologien dafür notwendige Netzausbau aus einer und werden kein weiteres Gaskraftwerk bauen. ganzheitlichen Perspektive gedacht, geInternational gehen Überlegungen in Richtung plant und umgesetzt werden „Peaker“, das sind kleinere Gaskraftwerke, die sehr schnell hochgefahren werden können und Das VERBUND Gaskraftwerk in Mellach zur Abfederung von Spitzenlast eingesetzt werin der Steiermark ist für die Netzreserve den können. sehr wichtig, weil es kurzfristig hochgefahren werden kann. Wie viele derartige Kernkraft spielt in Europa eine große Rolle. „schwarzstartfähige“ Kraftwerke gibt Wie stehen Sie dazu? es in Österreich? Österreich hat sich vor Jahrzehnten gegen Das VERBUND Gas-Kombikraftwerk im Kernkraft ausgesprochen, weil diese Technolosteirischen Mellach ist zur Netzstützung gie risikobehaftet und nicht nachhaltig ist. Wir

18 Milliarden Euro sollen in den nächsten zehn Jahren in die Netze investiert werden. Ist das genug, um eine Sicherheit vor einem Blackout gewährleisten zu können? Wir müssen das System in seiner Gesamtheit betrachten und fit für die Energiezukunft machen. Durch die fortschreitende Transformation des Stromsystems in Richtung Erneuerbare wachsen die Anforderungen an Netze, Kraftwerke und Speicher, während gleichzeitig gesicherte Kapazitäten schwinden. Deswegen ist die Fertigstellung der 380-kV-Leitung so ein wichtiges Infrastrukturprojekt und entscheidend für die Umsetzung der Energiewende. In den nächsten zehn Jahren will die APG rund 3,1 Milliarden Euro in den österreichischen Netzausbau investieren. Neben Unwettern können auch Terrorattacken oder Cyberangriffe einen Blackout auslösen. Finden Cyberangriffe tatsächlich statt? Wie gut ist VERBUND gegen Cyberangriffe gerüstet? Dieser Bedrohung sind wir uns absolut bewusst und wir stellen uns auch dementsprechend auf. Basierend auf unserem integrierten Information Security Management System testen und prüfen wir unsere Systeme und entwickeln sie kontinuierlich weiter. Wie hoch ist die Gefahr tatsächlich, dass es zu einem Blackout kommt? Zahlenangaben oder Prozenteinschätzungen wären hier unseriös. Es gibt ein erhöhtes Risiko aufgrund der volatiler werdenden Energiesysteme. Aber der Frequenzabfall vom 8. Jänner hat ja auch bewiesen, wie gut die internationale Zusammenarbeit funktioniert, um solche Situationen zu beherrschen. Vorsicht und Umsicht sind geboten, Panik ist nie ein guter Ratgeber.

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100-PROZENTIGE

SICHERHEIT GIBT ES NICHT

Wie die Energie AG auf den „Beinahe-Blackout“ am 8. Jänner reagiert hat und wie wichtig Pumpspeicherkraftwerke für die Versorgungssicherheit sind, hat uns Energie AG-Generaldirektor DDr. Werner Steinecker erklärt.

Herr Generaldirektor, wie hat die Energie AG auf den Zwischenfall am 8. Jänner reagiert? Wenn es, wie Anfang Jänner, zu einer sogenannten Frequenzabweichung im europäischen Stromnetz kommt, setzt der Netzbetreiber Notmaßnahmen. Dazu gehört zum Beispiel der Einsatz von Wasserkraftwerken in einem speziellen Betriebsmodus, um die Netzfrequenz wieder zu stabilisieren. Bei diesem Zwischenfall wurden insgesamt fünf Traunkraftwerke der Energie AG in diesen frequenzabhängigen Betriebsmodus geschaltet. Haben zum Beispiel Großkunden der Energie AG von diesem „Beinahe-Blackout“ etwas mitbekommen? Das Übertragungsnetz gibt die Netzfrequenz vor, das ist der „Pulsschlag des Stromnetzes“, und alle anderen Netze richten sich danach aus. Spürbar wird das zum Beispiel sofort bei Produktionsanlagen, bei denen computergesteuerte Prozesse zum Einsatz kommen. Dort gibt es zum Schutz dieser Anlagen eigene Messeinrichtungen, die solche Frequenzänderungen sofort erkennen. Wer übernimmt im Fall eines Blackouts die Führung von allen Maßnahmen zum Wiederaufbau der Stromversorgung? Wenn der Strom großflächig und über Ländergrenzen hinweg ausfällt, wird der folgende Prozess zum Wiederaufbau der Stromversorgung vom Übertragungsnetzbetreiber, in Österreich von der APG, koordiniert. Die darunterliegenden Netze müssen sich nach diesen Vorgaben richten. Es gibt exakte Pläne, wer, wann, was machen soll und muss.

Wenn die Frequenz im Höchstspannungsnetz unter 48 Hertz fällt, wird automatisch die Stromversorgung für einige Ihrer Kunden abgeschaltet. Welche Branchen wären das zum Beispiel? Generell muss man wissen, dass im Stromnetz immer so viel Energie vorhanden sein muss, wie in diesem Augenblick gerade verbraucht wird. Das ist ein physikalisches Grundgesetz, anders funktioniert das nicht und hier gibt es auch keinen Spielraum. Die Netzfrequenz sinkt ab, wenn zu wenig Strom für den aktuellen Stromverbrauch da ist. Im Gegensatz dazu steigt sie, wenn mehr Strom da ist, als verbraucht wird. Ein automatisches Trennen macht vor allem bei energieintensiven Großverbrauchern Sinn. Hier gibt es auch spezielle Verträge mit den Unternehmen, bei denen das möglich ist. Bei einer Überfrequenz werden als Gegenmaßnahme Kraftwerksleistungen zurückgefahren. Eine wesentliche Rolle spielen beim Wiederaufbau der Stromversorgung sogenannte schwarzstartfähige Kraftwerke. Von den 43 Wasserkraftwerken der Energie AG sind 19 schwarzstartfähig. Könnte man mit diesen bei einem europaweiten Blackout das Stromnetz eigenständig wieder hochfahren? Schwarzstartfähig heißt, dass das Kraftwerk ohne Anschluss an das Stromnetz wieder mit der Stromerzeugung beginnen kann. Man kann dann auch von diesem Kraftwerk aus beginnen, die angrenzenden Netzteile

wieder mit Strom zu versorgen, sogenannte Versorgungsinseln zu errichten. Das ist relativ kurzfristig möglich. Die Herausforderung ist aber, das große Ganze im Blick zu haben, denn letztlich müssen alle Inseln wieder zusammengeschaltet werden – und das ist dann die Kunst, das so hinzubekommen, dass die Versorgung nicht wieder zusammenbricht. In Österreich und in der Schweiz wird bei einem Blackout von den Pumpspeicherkraftwerken das gesamte Übertragungsnetz in Europa wieder bespannt. Wie viele derartige Kraftwerke betreibt die Energie AG derzeit? Die Energie AG betreibt in Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark 34 Lauf- und neun Speicherkraftwerke. Die Energie AG hat das Konzept für das lange geplante Pumpspeicherkraftwerk in Ebensee baufertig in der Schublade liegen. Wie ist hier aktuell der Stand der Dinge? Für das Pumpspeicherkraftwerk in Ebensee liegen alle Genehmigungen vor. Gebaut wird, wenn es auch wirtschaftlich betrieben werden kann. Das ist derzeit nicht der Fall. Allerdings hat gerade dieser Vorfall am 8. Jänner gezeigt, wie wichtig derartige Kraftwerke sind. Vonseiten der Politik sollten daher Impulse gesetzt werden, um die Realisierung von Pumpspeicherkraftwerken zu ermöglich.

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Wie dringlich ist der Bau der oben genannten Pumpspeicherkraftwerke hinsichtlich der Versorgungssicherheit? Sehr dringlich, denn der Ausbau der Erneuerbaren Energien Sonne und Wind machen die Produktion noch volatiler. Das Pumpspeicherkraftwerk in Ebensee wird genau diesen Zweck erfüllen. Mit der geplanten Leistung von 150 MW ist es aber vor allem für den oberösterreichischen Bedarf ausgerichtet. Wenn diese für die Versorgungssicherheit so wichtig sind, warum gibt man dann nicht grünes Licht für den Bau. Woran scheitert das? Sind sie zu teuer? Wie bereits erwähnt, ist es derzeit nicht wirtschaftlich, weil die Schere zwischen dem Strom zum Pumpen und dann dem teureren Strom zur Produktion zu gering ist. Darum wird derzeit auch eine Unterstützung seitens der öffentlichen Hand diskutiert. Das Parlament hat vor Weihnachten eine Neuregelung der Netzreserve beschlossen. Wie zufrieden sind Sie damit? Durch den Beschluss wurden die EU-Vorgaben fristgerecht erfüllt und fürs Erste Planungs- und vor allem Rechtssicherheit bei diesem wichtigen Thema geschaffen. Ob sich die aktuelle Regelung aber dazu eignet, die Netzreserve auch längerfristig ausreichend zu dotieren, wird sich noch zeigen. Das in der Neuregelung verankerte Stilllegungsverbot ist jedoch kritisch zu betrachten.

Inwieweit wird das Personal des Netzführungszentrums, das zur Energie AG gehört, auf einen möglichen Blackout-Fall geschult und wie läuft so etwas ab? Die Kollegen von „Netz Oberösterreich“ nehmen regelmäßig an Schulungen und Trainings teil. In Deutschland gibt es ein spezielles SimulatorTraining, in dem genau die Situationen nachgestellt werden können, zu denen es nach einem Blackout kommen kann.

Cyberattacken werden regelmäßig simuliert und die entsprechenden Schlüsse daraus gezogen.

Auch Cyberattacken können einen Blackout auslösen. Erst vor zwei Jahren hat die Energie AG ein Szenario einer Cyberattacke simuliert. Wie ist das abgelaufen und welche Lehren hat man daraus gezogen? Derartige Attacken werden regelmäßig simuliert und daraus die entsprechenden Schlüsse gezogen. So soll ein höchstmöglicher Schutz zur Abwehr von Cyberattacken geschaffen werden.

Wie kann man die Bevölkerung auf einen Blackout-Fall vorbereiten? Seitens der Netzbetreiber wird schon heute alles unternommen, was für die Verhinderung eines Blackouts notwendig ist. Es gibt mit dem Zivilschutzverband OÖ eine kompetente Anlaufstelle, bei der jeder Oberösterreicher bestens informiert wird, wie man selbst vorsorgen kann. Der Fokus wird bei Privathaushalten auf der SelbstBevorratung liegen. Absolute Sicherheit gibt es nicht. Wie gut sind Sie selbst auf einen möglichen Blackout vorbereitet? Diese Frage wird immer wieder gestellt. Eine der Grundvoraussetzungen ist ein autarkes Wärmesystem wie zum Beispiel ein Kachelofen, der überdies die Möglichkeit bietet, auch Speisen warm zu machen. Eine weitere Herausforderung ist natürlich die Beleuchtung. Zumindest ein ausreichender Fundus an Kerzen sollte vorhanden sein, nebst Taschenlampen mit ausreichend Batterien. Ob ein Notstromaggregat die gebotene Sicherheit der Versorgung bietet, muss jeder selber entscheiden. Wichtig dabei ist, dass bei einer Einspeisung in das eigene Hausnetz, dieses vorher vom öffentlichen Netz getrennt wird, um einen Inselbetrieb zu ermöglichen. Das heißt eine fachkundige Installation ist unabdingbare Voraussetzung. Welche Aktivitäten setzt man bei uns in Österreich oder auch in anderen Teilen Europas, um einen großflächigen Stromausfall zu verhindern? Dass es hier einen besonderen Schutzbedarf gibt, haben die Netzbetreiber schon sehr bald erkannt. Man hat Konzepte erarbeitet, die genau diesen Fall verhindern sollen. Obwohl es nie eine hundertprozentige Sicherheit gibt, haben alle Schutzmaßnahmen in diesem Fall gewirkt. Dinge, die man gelernt hat, fließen natürlich in die Anpassung der Maßnahmen ein. Die Netzbetreiber sind hier sehr gut aufgestellt.

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WAS TUN BEIM BLACKOUT? Wer auf einen Blackout gut vorbereitet ist, ist auf fast jede Krise gut vorbereitet. Jeder Bürger sollte im Fall der Fälle mindestens sieben Tage autark leben können, ohne das Haus verlassen zu müssen. Wie das geht und was es zu beachten gibt, hat uns Josef Lindner, Geschäftsführer des OÖ Zivilschutzverbandes, erklärt.

Herr Lindner, wie realistisch schätzen Sie die Gefahr ein, dass wir einen Blackout-Fall haben werden? Diesbezüglich gibt es keine Prognosen, VERBUND-Vorstandsvorsitzender Dr. Michael Strugl hat in einem Interview betont, dass die Blackout-Gefahr steigt. Auch das Bundesheer geht davon aus, dass das Risiko eines Blackouts in den kommenden fünf Jahren bei 100 Prozent liegt. Der OÖ Zivilschutz ist in der Prävention tätig, um das Bewusstsein der Menschen allgemein für Gefahren zu schärfen. Wie schaut es mit dem Bewusstsein in Sachen Blackout aus? Mittlerweile ist vielen Menschen bewusst, dass ein Blackout ein Thema ist. Das war vor einigen Jahren noch nicht der Fall. Vor allem durch Corona hat sich das verstärkt, da man gesehen hat, dass das Unmögliche möglich wird. Vielen Menschen fehlt aber noch das Wissen, wie sie sich darauf vorbereiten können. Wie sollte man sich darauf vorbereiten? Man sollte sich bewusst machen, wie es ist, wenn man eine Woche lang keinen Strom hat. In so einem Fall ist es gut, wenn man vorgesorgt hat. Wenn es Ihnen gelingt, dass Sie zehn Tage nicht außer Haus gehen müssen und auch keine fremde Hilfe brauchen, dann sind Sie autark und das ist wichtig.

Das Bundesheer geht davon aus, dass das Risiko eines Blackouts in den kommenden fünf Jahren bei 100 Prozent liegt.

Wie merkt man eigentlich, ob es sich um einen Stromausfall oder ein Blackout handelt? Das merkt man anfangs gar nicht. Am besten man versucht, Verwandte oder Bekannte im Ausland telefonisch zu erreichen. Wenn auch diese keinen Strom mehr haben, dann kann man davon ausgehen, dass es sich um einen Blackout handelt und es für eine Zeit lang das letzte Gespräch war. Auch im Radio wird man informiert, daher ist es wichtig, dass man sich ein stromunabhängiges Notfallradio anschafft. Der ORF wird im Fall einer Katastrophe 72 Stunden lang senden.

Wie lange kann man noch mit dem Handy telefonieren? Das wird schwierig, weil bei einem großflächigen Stromausfall auch das Handynetz nicht mehr funktionieren wird. Wenn der Stromausfall um Mitternacht eintritt und sie merken um sechs Uhr früh, dass der Strom weg ist, wird zwar der Akku des Handys noch voll sein, aber die Sender werden nicht mehr funktionieren. Wie soll ich mich verhalten, wenn der Strom ausfällt? Am besten Sie nehmen Ihren privaten Haushalt vom Netz. Schalten Sie alle Geräte aus, die gerade in Verwendung sind, stecken Sie auch beim Computer, Fernseher und so weiter das Netzkabel aus und drehen Sie die Hauptsicherung ab. Warum die Hauptsicherung? Wenn Sie am Stromnetz hängen und es zu Schwankungen kommt, kann es sein, dass man vom Fernsehgerät bis hin zur Heizungssteuerung einen Schaden hat. Dann hat man zwar nach ein paar Tagen wieder Strom, aber die Heizungssteuerung funktioniert nicht mehr. Wie sieht es in Spitälern und allgemein in Betrieben der kritischen Infrastruktur aus? Krankenhäuser sind für die wichtigsten Bereiche notstromversorgt, mit zunehmender

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WAS SIE IM HAUS HABEN SOLLTEN • Lebensmittelvorrat und Trinkwasser für mindestens siebenTage: Der Inhalt der Tiefkühltruhe sollte zuerst verbraucht, aber nicht in erster Linie als Vorrat verwendet werden. • Wasservorrat zum Kochen und für Hygiene • Ersatzkochgelegenheit: zum Beispiel Zivilschutz-Notkochstelle, Campingkocher, Fonduekocher

Dauer werden aber auch hier Probleme auftreten. Macht es Sinn, als Privathaushalt ein Notstromaggregat zu haben? Eigentlich nicht, denn die kleineren Geräte sind nicht für den Dauerbetrieb ausgerichtet. Ich befürchte sogar, dass sich jemand, der ein Notstromaggregat hat, womöglich zu viel darauf verlässt und nicht ausreichend vorsorgt. Wenn das Aggregat dann ausfällt, hat man gar nichts. Ich habe kein Notstromaggregat, weil ich es nicht brauche. Am besten ist es, mit ganz einfachen Dingen die Zeit zu überbrücken. Welche Dinge sind das? Man sollte einen Lebensmittelvorrat und Trinkwasser für mindestens sieben Tage anlegen, Notbeleuchtung haben und ein stromunabhängiges Notfallradio besorgen. Detaillierte Infos findet man auf unserer Homepage, wo wir auch einen Onlineshop betreiben. Wenn man gut vorsorgt und vorbereitet ist, kann man autark leben und braucht keine Angst haben. Angst ist ein schlechter Berater. Wann bricht das Chaos aus? Dazu gibt es keine Erfahrungswerte, wir wissen nicht, wann das System kippen wird und ob wir nach drei Tagen Anarchie haben werden. Da spielt sehr viel die Psychologie

Josef Lindner in der Zentrale des OÖ Zivilschutzverbandes in Linz, wo es sämtliche Sicherheitsprodukte gibt. Erhältlich sind diese auch unter www.zivilschutz-shop.at.

• Ersatzbeleuchtung: am besten kurbelbetrieben – durch den Verzicht auf Kerzen kann die Brandgefahr verringert werden. • Notfallradio mit Kurbelantrieb oder batteriebeladen – mit der Möglichkeit, das Handy aufzuladen (erhältlich beim OÖ Zivilschutzverband). • Bargeld in kleinen Scheinen

mit herein. Vor allem die junge Generation wird Probleme haben, wenn das Handy tagelang dunkel bleibt. Oder was passiert, wenn der Partner nicht nach Hause kommt. Da macht sich Panik breit. Es kann gut der Fall sein, dass diese Person in einem Aufzug steckt. Die Berufsfeuerwehr in Berlin hat eine Studie erstellt, wie lange man in Berlin zum Beispiel braucht, bis alle Personen aus den Fahrstühlen befreit werden können. Es dauert 48 Stunden, das sind zwei Tage. Das ist für alle sehr belastend. Man soll also in der Familie einen Notfallplan machen? Ja genau, man soll schon im Vorfeld die Thematik mit allen Familienmitgliedern besprechen und festlegen, wo man sich trifft und wer mit wem Kontakt aufnimmt. Mein Sohn lebt größtenteils in Innsbruck. Wir haben vereinbart, dass er im Notfall zu uns nach Oberösterreich kommt.

• Hygieneartikel: Zahnbürste, Zahnpasta, Seife, Shampoo, Toilettenpapier, Binden oder Tampons, Müllbeutel, Notfall-Toilettenbeutel • Erste Hilfe-Hausapotheke sowie Medikamente für mindestens eine Woche • Alternative Heizmöglichkeiten wie Heizgeräte, die mit Petroleum oder Flaschengas betrieben werden, Kachelöfen oder Kaminöfen INFOS UND PRODUKTE gibt es bei den Vorsorge-Experten des OÖ Zivilschutzverbandes in der Petzoldstraße 41 in Linz, Tel. 0732/65 24 36 sowie online unter www.zivilschutz-ooe.at

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NICHT VON DER STANGE

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rieskirchen. Am Pühringerplatz 10. Eine Adresse, an der mit Herzblut, Professionalität, Präzision und einer Prise Humor gearbeitet wird. Ein Maßsalon, der in Oberösterreich einzigartig ist. Inhaber René Schielin lebt hier seinen Traum von der Maßanfertigung. Er ist „wandelnde Schaupuppe“, wandelndes Stofflexikon und begnadeter Herrenkleidermacher in einer Person. Wer sich in seine Hände begibt, fühlt sich im Nu als Gentleman. Kleider – und Menschen – machen eben Leute. Maß, Maßkonfektion und Konfektionsware reichen sich bei Schielin die Hand. Im Stammhaus gegenüber hängen Hunderte Modelle – auf der Stange. Zum Gustieren, Probieren und Wünsche formulieren. Der Sinn dahinter: Um Mann ein Gefühl zu geben, was zu ihm passt. Und am Ende einen Anzug auf den Leib geschneidert zu bekommen, der dann eines ist: nicht von der Stange.

Schein oder Sein. Oder beides. Ein Maßanzug ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit und beschert dem Mann ultimativen Tragekomfort. Die Stoffpalette reicht vom Volkswagen bis zum Ferrari. René Schielin sagt: Für mich gibt es keine No-Gos beim Anzug. Ob kleines oder großes Budget. Ein Besuch im Maßsalon. Text: Petra Kinzl Fotos: Thom Trauner

Abseits des Mainstreams Im taubenblau-karierten Flanell-Zweireiher führt uns René Schielin, der modisch selbst gerne aus der Reihe tanzt, durch das Atelier. Mit einem hohen Maß an Qualität und Modebewusstsein, Sensibilität für seine Kunden, einem guten Gespür für Zeitlosigkeit und Zeitgeist sowie dem Mut, gegen den Mainstream zu schwimmen, leitet der gebürtige Kitzbüheler das Modeunternehmen in dritter Generation. Das Klischee, dass ein Maßanzug automatisch ein teures Unterfangen sei, revidiert er. Ab 700 Euro aufwärts könne

ein Einzelstück bereits realisiert werden. Mit Luft nach oben. Und unermesslichen Möglichkeiten. Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Ob Geschäftsmann, Anwalt oder Künstler. Ob Business oder Hochzeit. Ob klassisch oder ausgefallen. Ob kleines oder großes Budget. Für René Schielin ist jeder Kunde gleich. Die Kunst ist, zu erkennen, welcher Anzug zum Typ, zur Persönlichkeit und zum Geschmack des Mannes passt. Und diese Kunst beherrscht Schielin wie kein Zweiter.

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BASIC BIS LUXUS: DIE UNTERSCHIEDE Der Ton macht die Musik, der Stoff den Anzug. Preisklasse und Exklusivität entscheiden sich in erster Linie mit der Wahl des Stoffes. Es ist wie bei den Autos: Die Palette reicht vom Volkswagen bis zum Ferrari unter den Maßanzügen. Von guter Qualität zum moderaten Preis bis hinauf zu edlen Luxusstoffen wie Woll-, Seiden- und Kaschmirmischungen. Sämtliche Details wie Knöpfe, Futter oder Personalisierung fallen preislich gesehen nicht so stark ins Gewicht. DIE ARTEN DES ANZUGS Grundsätzlich lassen sich Einreiher und Zweireiher unterscheiden. Den Einreiher gibt es als Einknopf-, Zweiknopf-, Dreiknopf- oder als hochgeschlossenes Sakko. KLEINES & GROSSES BUDGET • Konfektion (Anzug von der Stange): 200 bis 500 Euro • Maßkonfektion (die gängigste Version des Maßanzugs) 700 bis 1.000 Euro • Maß (individueller Schnitt, regional gefertigt): 1.300 bis 1.500 Euro Konfektion ist immer Mainstream. Maßkonfektion und Maß hingegen stehen für Individualität, sitzen perfekt und sind echte Einzelstücke. STOFFE & MATERIAL Verschiedene Stoffe haben verschiedene Eigenschaften. Es gibt Anzüge für wärmere und kältere Tage. Ein Anzug aus Kaschmir trägt sich vollkommen anders als ein Anzug aus einer Leinen-Baumwollmischung. Beliebte Stoffe für Maßanzüge sind Baumwolle, Leinen, Wolle aus Tierhaaren wie Kaschmir, Tweed, Flanell, Seide, Popeline, Seersucker oder Chemiefasern. Da einzelne Rohmaterialien miteinander kombiniert werden können, ergibt sich eine große Stoffvielfalt. Aufgrund ihres Tragekomforts und den temperaturausgleichenden Eigenschaften stehen Anzüge aus Schurwolle hoch im Kurs.

Empathisch, umgänglich, perfektionistisch und manchmal spirituell geht René Schielin auf Wünsche und Vorstellungen seiner Kunden ein.

Ich habe eine Riesenfreude, wenn jeder Anzug anders ist.

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DETAILS & PERSONALISIERUNG Kragen, Innenfutter, Taschen, Kantensteppung, Knöpfe, Knopfloch, optional Ledereinsätze, Name oder Leitspruch innen am Sakko – das alles wird nach dem Geschmack des Kunden sorgfältig ausgesucht.

René Schielin im Interview mit Oberösterreicher-Herausgeber Josef Rumer und Redakteurin Petra Kinzl.

DIE ACCESSOIRES Fingerspitzengefühl ist gefragt, um Krawatte, Mascherl oder Hosenträger stilsicher mit Hemd und Anzug zu kombinieren. Besonders ein Einstecktuch erweist sich als raffiniertes Statement, um ein Outfit aufzuwerten und guten Stil zu beweisen – auch ohne Krawatte oder Mascherl.

Ein wesentliches Kriterium für den Preis ist die Auswahl des Stoffes.

WOHIN MIT HANDY & PORTEMONNAIE? Das Handy verschwindet diskret in der SakkoInnentasche. Für diesen Zweck wird eine Handytasche auf der Sakko-Innenseite eingenäht. Schwieriger gestaltet es sich mit Portemonnaies. Sie erzeugen meist unschöne Beulen in der Hose oder in der Sakkotasche. Die eleganteste Art ist es, die Geldtasche in der Handtasche der Begleiterin unterzubringen. Ist das nicht möglich, ist es ratsam, das Münzfach zu leeren und auf ein möglichst flaches Erscheinungsbild zu achten.

Auf der SakkoInnenseite verewigt René Schielin gerne Leitspruch oder Lebensmotto des Kunden.

Perfekt bis ins Detail: Mascherl, Stecktuch, Krawatte und Hosenträger im gleichen Stoff.

EINFÄRBIG ODER MUSTER? • Unifarben: Einfärbige Anzüge sind ideale Begleiter im Berufsleben oder für festliche Anlässe. Schwarz ist perfekt für Abendveranstaltungen, Hochzeiten oder Festivitäten. Blaue Anzüge, insbesondere Navy-Blau, sind sowohl im Büro als auch beim Bewerbungsgespräch eine gute Wahl. Die große Palette an Grautönen von Anthrazit bis dezentes Hellgrau lässt viele Kombinationen mit Hemd- und Schuhfarben zu. Anzüge in Beige und Cremefarben kommen eher bei wärmeren Temperaturen in Freizeit und Beruf zum Einsatz. • Glencheck: ein Klassiker unter den Anzugmustern. Das feine Karomuster verleiht dem Anzug einen formellen und raffinierten Touch. Ideal für den Büroalltag, weniger jedoch für Abendveranstaltungen. • Nadelstreifen: Besonders elegant erscheinen die Träger von Nadelstreifen-Anzügen, sowohl im Business als auch bei privaten Anlässen.

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Schneller am Ziel: Die Suche nach dem Anzug von der Stange kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Ein Maßanzug hingegen schont Zeit und Nerven.

Hemmschwelle Maßanzug? Zu Unrecht. Auf den Leib geschneiderte Einzelstücke gibt es sowohl für kleines als auch großes Budget.

RENÉ SAGT: • Vieles kann, nichts muss: vom Innenfutter-Design bis zur Farbe des Knopflochs, von Zwirnfarbe bis Ledereinsatz. Natürlich stehe ich gerne beratend zur Seite. • Es macht Spaß, die unzähligen Möglichkeiten auszuschöpfen: Denn es geht um ein Einzelstück, das die Facetten meiner Persönlichkeit unterstreicht. • Wer nach außen lieber straight auftritt, kann sich beispielsweise beim Innenfutter austoben: Möglich sind Motive wie Hobby z. B. Golf oder Radsport, Harley Davidson bis hin zum Totenkopf. • Ein wesentliches Kriterium für den Preis ist die Auswahl des Stoffes. Optik, Haptik, Qualität und Tragekomfort spielen eine Rolle. Bei dieser wichtigen Entscheidung lasse ich den Kunden natürlich nicht allein, denn bis zu 5.000 Stoffmuster stehen zur Wahl. • Beim Vor-Ort-Termin in Grieskirchen werden Schnitt, Design, Stoff und alle Details ausgewählt. Zwei bis drei Stunden sollten dafür eingeplant werden. • Für mich gibt es keine No-Gos beim Anzug.

Den Kunden in seinem Wesen zu erfassen, das gelingt dem Herrenkleidermacher jeden Tag aufs Neue.

• Trotz allem Wertewandel ist ein Maßanzug Ausdruck für Kultiviertheit, Gepflegtheit und Respekt meinen Mitmenschen gegenüber.

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© Carlis Nino & Robert Gortana

HEY MANN Schwarzkopf Profes en/ si o

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© Essential Looks/ Schwarzkopf Professional

Doch wohin geht der Trend? Ist ein einfacher Friseur oder Barber nicht mehr angesagt? Den einen stereotypen Mann gibt es heute nicht mehr, Männer sind genauso vielfältig wie Frauen und die Gendergrenzen heben sich immer mehr auf. Dementsprechend haben Männer die verschiedensten Vorstellungen vom Leben, was ihnen wichtig ist, wohin ihre Reise gehen soll und auch wie ihre Haarpflege und der Besuch beim Friseur auszusehen hat.

© Osis+Session Label/ Schwarzkopf Professional

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reme, Seren und Haaröle sind Frauensache? Von wegen! Auch für Männer sind Aussehen und Pflege sehr wichtig, denn wer sich nicht pflegt, ist schnell mal abgeschrieben. Insbesondere in diesem Jahr mit Lockdown und Homeoffice hat so mancher Mann schon fast einen Man Bun (Haarknoten), den er mit den Haargummis seiner Frau, Freundin oder Kinder zusammenhalten muss. Daher ist nach dem Lockdown der optimale Zeitpunkt, um sich beim Friseur des Vertrauens in gute Hände zu begeben, um einerseits alles wieder in Form zu bringen und sich andererseits gleichzeitig verwöhnen zu lassen.

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SO WIE IMMER, DAS WAR EINMAL …

Mike Ginner, Inhaber der Ginner Haarwerkstatt in Linz, beobachtet Veränderungen: Männer wünschen zunehmend ein gesamtheitliches Paket von Haarschnitt, Bart Grooming, Entspannungsbehandlung und gastronomischer Betreuung. Einer der Beweggründe für Männer, diese Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, ist, in einem architektonisch ansprechenden Ambiente gut aufgehoben zu sein und sich wohlzufühlen. Dem Stil der Räumlichkeiten und einem angenehmen musikalischen Klangteppich werden oft mehr Augenmerk geschenkt als dem Haarschnitt alleine. Somit ist ein harmonisch abgerundetes Gesamtkonzept die Voraussetzung für die perfekte Dienstleistung für den Mann von heute. Fazit: Mann möchte heute beim Haarschnitt und der Haarpflege mehr. Er und seine Vorlieben sollen gesehen werden, das Ambiente muss stimmen und immer mehr Männer möchten gern unter sich sein. Finden Sie die richtige Pflege mit 3D Men und Osis Session Label und den zu Ihnen passenden Schwarzkopf Professional Friseur Ihres Vertrauens im Salonfinder unter www.schwarzkopf.professional.at

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VOM INVESTMENTBANKER ZUM INFLUENCER Text: Linnéa Harringer Fotos: Hank Ge

Mit fast 400.000 Followern auf Instagram ist Hank Ge einer der erfolgreichsten Influencer Österreichs. Hank Ge ist allerdings nicht nur auf Social Media aktiv: Er setzt eigene Gastro-Konzepte wie „Bali Brunch“ um, führt mit „Wildsky“ ein eigenes Modeunternehmen mit Schwerpunkt Accessoires und arbeitet nebenher als Model für Marken wie Mercedes-Benz und Otto.

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er gebürtige Kölner Hendrik Genotte alias Hank Ge (32) hängte seinen Job als Investmentbanker bei der Deutschen Bank an den Nagel und bereiste die Welt. Nach verschiedenen Aushilfsjobs in Australien, unter anderem als Arbeiter auf einer Bananenplantage, führte ihn seine Reise vor zehn Jahren nach Wien. Was das Geheimnis seines Erfolges ist, warum er es unangenehm findet, wenn man ihn auf seinen Bekanntheitsgrad anspricht, und was es braucht, um sich seine Träume erfüllen zu können, erzählt uns der sympathische Wahlwiener im Interview.

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OBERÖSTERREICHER: Herr Genotte, Sie sind Gastrounternehmer mit dem „Bali Brunch“, haben mit „Wildsky“ ein eigenes Modelabel, sind Model für Marken wie Mercedes-Benz und Otto, Blogger und einer der erfolgreichsten Influencer Österreichs mit fast 400.000 Followern. Haben wir etwas vergessen? Hank Ge: Nein, haben Sie nicht. Ich muss allerdings gestehen, dass ich mir mit dem Wording „einer der erfolgreichsten Influencer Österreichs“, immer ein bisschen schwer tue. Dieser Satz stammt nicht aus meiner Feder (lacht). Wie schaffen Sie es, das alles gleichzeitig zu managen? Das ist natürlich nicht so einfach. Ich bin quasi sieben Tage lang beschäftigt, einen Day Off gibt es bei mir selten. Ich habe ein tolles Team mit wirklich starken Leuten, die mich gut unterstützen. Es hat eine Weile gedauert, die richtigen Menschen zu finden, doch jetzt bin ich superglücklich mit meinem Team. Mein Job erfüllt mich, das berufliche Vorankommen treibt mich an und macht mich glücklich, da bleibt dann halt leider nicht mehr viel Zeit für Freizeitaktivitäten. Wie halten Sie Ihren Traumbody dennoch fit? Bleibt ausreichend Zeit für Sport? Ja, gesportelt wird um sieben Uhr morgens (lacht). Ehrlicherweise kann ich mich neben meinen verschiedenen Jobs schlecht alleine dazu motivieren, täglich Sport zu betreiben. Deshalb habe ich einen Sportcoach, mit dem ich fünf Tage die Woche gemeinsam trainiere und das funktioniert recht gut. Wie wichtig ist Ihnen gesunde Ernährung? Gesunde Ernährung ist für mich mittlerweile superwichtig geworden. Das war nicht immer der Fall. Meine Ex-Freundin hat sich plantbased ernährt und mich total inspiriert. Mit der veganen Ernährung hat sich auch meine Leidenschaft fürs Kochen entwickelt. Ich habe ich mich in dieser Zeit intensiv mit Lebensmitteln und Nährstoffen auseinandergesetzt, somit kam eine gesunde Ernährungsweise ganz von alleine. Ich will aber niemanden dazu bekehren, sich vegan zu ernähren, denn vegan

bedeutet nicht automatisch gesund. Bei mir kam die gesunde Ernährung mit dem Interesse für Veganismus, der Liebe zum Kochen und dem Auseinandersetzen mit dem Konzept Clean Eating. Wie definieren Sie Clean Eating? Für mich bedeutet Clean Eating gesunde, nachhaltige Ernährung. Ich esse zum Beispiel keinen raffinierten Zucker, da unser Körper diesen einfach nicht benötigt.

botschafter zu werden? Schon während meines Studiums war mir klar, dass ich mich einmal selbstständig machen möchte, ich wusste nur nicht womit. Dann hat sich irgendwie alles so ergeben. „Die Lieferei“ habe ich mit meinem damaligen Dozenten von der Uni gegründet. Dieser Schritt hat mich damals ermutigt, weitere Projekte auszuprobieren.

Können Sie sich vorstellen, irgendwann einmal wieder in einer Bank zu arbeiten? Nein, ich kann mir generell nicht mehr vorUrsprünglich haben Sie als Investmentstellen, noch einmal in einem banker gearbeitet. Angestelltenverhältnis zu arbeiWas hat Sie dazu beten. Es ist eine Grundsatzfrage, wogen, diesen Job Früher war welcher Typ man ist und was zu aufzugeben? ich nicht einem passt. Irgendwann habe besonders ich mich entschieWas ist das Geheimnis Ihres Erden, dass das Investreflektiert, mentbanker-Dasein was meine folgs? Das klingt immer etwas abnicht mehr das ist, Ernährung gedroschen, aber ich glaube, was ich mir für meibetrifft. wenn du mit Leidenschaft bei ne Zukunft vorstellen einer Sache bist, dann kommt kann. Also habe ich der Erfolg von selbst. Ich kombei der Bank gekünmuniziere gerne mit Menschen digt und bin für zwei und kann ihnen Vertrauen geben, mit mir Jahre nach Australien gegangen, um dort zusammenzuarbeiten. Um ehrlich zu sein, Backpacking zu machen. Ich habe verschieist es genau das, worauf es in der Selbstdene Aushilfsjobs gemacht, vom Gärtner bis ständigkeit ankommt. Somit ist es auch zum Arbeiter auf einer Bananenplantage. Von egal, ob man Kettensägen, Bali Bowls oder Down Under ging es dann direkt nach Wien eine Dienstleistung verkauft. Es kommt imzum Studieren und dort habe ich mich mit mer auf das Zwischenmenschliche an. Es dem Start-up „Die Lieferei“ selbstständig gebraucht ein loyales Verhältnis zu den Menmacht. Ich möchte aber festhalten, dass ich schen, mit denen man zusammenarbeitet, die Zeit in der Bank genossen habe. Es gibt gepaart mit einem guten Geschäftssinn keine Phase in meinem Leben, die ich bereue – dann kommt der Erfolg von selbst. Eine oder missen möchte. Die Zeit in der Bank war Portion Glück gehört natürlich auch dazu: eine wichtige Erfahrung für mich und optimal Timing ist immer eine wichtige Komponenfür die Lernkurve. te, egal ob im Business oder im Privaten. Aber auch das passende Mindset ist von Wie viel Mut braucht es, sich vom sicheren zentraler Bedeutung. Ich war nie besonJob als Banker zu verabschieden und Werbe-

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Mit der veganen Ernährung hat sich auch Hank Ges Leidenschaft fßrs Kochen entwickelt.

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Bali-inspired Food zaubert Hank Ge beim Bali Brunch im Oio Poké im 7. Bezirk in Wien.

ders risikofreudig und habe auch nie „risky moves“ gemacht. Das hat sich ein bisschen verändert. Im Vorjahr habe ich zum ersten Mal gesagt: „Okay, ich gehe Projekte ein, wo ich Potenzial sehe, wo ich aber jetzt noch nicht abwägen kann, in welche Richtung das einmal gehen wird.“ Sie haben fast 400.000 Follower auf Instagram. Wie lebt es sich mit diesem hohen Bekanntheitsgrad? Social Media hat sich für mich einerseits als eine gute Einnahmequelle entwickelt und andererseits als ideale Möglichkeit, meine Projekte zu kommunizieren und zu promoten. Mir war aber immer wichtig, dass ich mich selber und auch andere Menschen nicht darauf reduzieren. Auf Social Media sieht man nur eine Seite von meinen vielen Projekten. Ich bin jetzt 32 Jahre alt und kann mir nicht vorstellen, in zehn Jahren noch täglich Fotos von mir zu posten, um den Leuten ein Update zu geben. Aber solange es die Plattform noch hergibt, möchte ich das natürlich positiv nutzen. Ich freue mich, wenn mich Leute erkennen und ansprechen. Ich mach auch gerne mit ihnen Fotos, aber es ist mir unangenehm, wenn das als „Fame“ bezeichnet wird oder sie mich auf eine Art Podest stellen. Sie sind gebürtiger Kölner und leben nun schon seit zehn Jahren in Wien. Was führte Sie nach Wien? Was lieben Sie an unserer Hauptstadt? Das war eigentlich eine spontane Entscheidung. Ich wollte nach meiner Zeit in Australien nicht mehr zurück nach Deutschland gehen und habe nach der besten BWL Uni Europas gegoogelt. Da kam dann unter anderem die Wirtschaftsuniversität Wien heraus, also habe ich meine Sachen gepackt und bin nach Wien gezogen, ohne jemals davor dort gewesen zu sein (lacht). Anfänglich konnte ich mir nicht vorstellen hierzubleiben, das hat sich erst entwickelt, denn Wien ist eine der lebenswertesten Städte überhaupt. Wie man auf Ihrem Instagram Feed sehen kann, reisen Sie gerne. Was fasziniert Sie am Reisen? Die Offenheit gegenüber anderen Ländern und Kulturen war mir schon immer sehr wichtig. Reisen ist einfach unglaublich inspirierend. In meiner Kindheit sind wir nicht viel gereist. Ich habe drei ältere Schwestern und wir hatten gar nicht die finanziellen Möglichkeiten, als Familie viel zu reisen. Erst mit Anfang zwanzig habe ich mit meiner damaligen Freundin die Lust am Backpacking entdeckt

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Inspiration für seine Projekte holt sich Hank Ge auf seinen Reisen durch die Welt .

Wenn du mit Leidenschaft bei einer Sache bist, dann kommt der Erfolg von selbst.

und wir sind in den Semesterferien immer drei Monate lang mit dem Rucksack durch die Welt gereist. Bali scheint Ihr zweites (oder drittes) Zuhause zu sein. Dort haben Sie auch Ihr Modelabel „Wildsky“ gegründet. Wie kam es dazu? Die Idee dazu hatte ich in Kapstadt, Südafrika. Ich habe mir dort ein Headband gekauft und wurde von vielen Leuten darauf angesprochen. In Bali hatte ich dann die Idee, Headbands produzieren zu lassen, da ich Kontakte zu einer lokalen Schneiderfamilie hatte. Daraus ist mein Label „Wildsky“ entstanden. Von der indonesischen Insel inspiriert ist auch ihr Bali Brunch im Oio Poké im 7. Bezirk in Wien. Was erwartet die Gäste dort? Die Idee hinter Bali Brunch ist, Bali-inspired Food zu machen und nicht nur Spaß am leckeren Essen, sondern auch an der Optik zu haben. Inwieweit haben Sie die Lockdowns aufgrund von Corona getroffen?

Da wir mit dem Andrang der Gäste nach der Eröffnung im Juli 2020 etwas überfordert waren, trafen uns die Lockdowns gar nicht so hart. In der Zwangspause konnten wir uns gut neu strukturieren und haben ein Lieferbusiness in Wien aufgebaut. Wir liefern unsere Bali Brunch Boxen samstags sogar nach Linz und Graz. Welche ist Ihre liebste Smoothie Bowl? Die blaue „Blue Ocean Bowl“ mit Mango, Kokosnussmus und Banane. Die Farbe kommt von der Blaualge Spirulina und das macht einfach eine geniale Optik. Was sind Ihre Pläne für 2021? Ich will auf jeden Fall noch mehr in der Gastronomie machen. Ich merke, dass mir die Kommunikation mit den Menschen unglaublich gut gefällt. Ich habe mich vor Kurzem an einem Lokal in Salzburg beteiligt und wir möchten noch vier weitere Lokalitäten in Wien eröffnen. Auf Ihrem Blog schreiben Sie „Das Le-

ben ist ein unaufhörliches Abenteuer und ist da, um gelebt zu werden“. Was braucht es Ihrer Meinung nach, um sich seine Träume zu erfüllen? Das kann man nicht pauschal sagen. Beruflich etwas Werthaltiges zu erschaffen, ist für mich mit einem Zufriedenheitsgefühl verbunden. Für andere Menschen wiederum sind das Kinder und Familie. Dieser Wunsch ist bei mir momentan noch nicht so ausgeprägt. Vielleicht kommt das noch, aber derzeit ist es mir wichtig, mich beruflich zu verwirklichen, was gar nicht so einfach ist. Man muss sich überlegen, wo man hin möchte und sich Ziele setzen. Dabei ist es aber auch ganz wichtig, seine Erfolge zu feiern und seine Seele zu belohnen, im Privaten wie im Beruflichen. In meinem Leben gab es Zeiten, wo ich in einem Selbstoptimierungszwang steckte. Dieses andauernde Streben nach noch mehr und nie mit etwas zufrieden zu sein, ist meiner Meinung nach, ein generelles Problem unserer Generation. Daher sollte man versuchen, immer wieder auch im Moment zu leben und das Leben zu genießen.

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Wie wär‘s heute mit BOWLing?

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owl Food und Hank Ge – diese Kombination passt einfach perfekt zusammen. „Smoothie Bowls sind für mich zum Synonym für die Insel Bali geworden und vor allem jetzt, in der kalten Jahreszeit, hole ich mir sehr gerne ein Stück Urlaubsfeeling nach Hause“, so der Clean Eating-Experte, der vier unschlagbare Tipps für uns parat hat.

1.

Kokoswasser für den tropischen Geschmack „Alternativ zu normalem Wasser oder Pflanzenmilch benutze ich gerne Kokoswasser zum Mixen. Das wertet die Smoothie Bowl auf und gibt ihr einen exotischen Geschmack“, so Hank Ge. Fruchtsäfte wie Apfel- oder Orangensaft verwendet er aufgrund des relativ hohen Zuckergehalts kaum. Ebenfalls empfiehlt er, nicht zu viel Flüssigkeit zu verwenden, damit die Konsistenz nicht zu flüssig wird – lieber mit weniger starten und dann nach und nach noch ein wenig dazugeben.

WENN ES SCHNELL GEHEN MUSS ...

2.

Zucchini statt Banane verwenden Die perfekte Basis einer Smoothie Bowl ist eine halbgefrorene Masse. „Ich schneide Früchte gerne in Stücke, friere sie ein und greife bei Bedarf darauf zurück. Vor allem Bananen und Avocados sind ein Muss für cremige Konsistenz“, empfiehlt der Profi. Allen, die es nicht zu süß, aber trotzdem cremig mögen, rät er, statt Bananen vorgeschnittene und gefrorene Zucchinischeiben zu nehmen – ein Geheimtipp.

3.

Bei Toppings ist weniger mehr Die Toppings bilden den Feinschliff einer jeden Smoothie Bowl. Um den Geschmack nicht zu übertönen, lautet die Devise bei Hank Ge „Weniger ist mehr“. „Neben frischen Früchten wie Mango, Beeren und Datteln toppe ich gerne mit Granola, Leinsamen, Nüssen oder Sojaflocken, da diese länger satt halten. Sportbegeisterte können gerne auch Proteinpulver in die Bowl-Basis mixen oder Proteinriegel als Topping in kleine Würfel dazugeben. Ein absolutes Muss am Ende ist für mich Erdnussbutter“, ergänzt er. Auch getrocknete Früchte wie Kokos-Chips oder GojiBeeren verfeinern den Geschmack.

... setzt Hank Ge auf Smoothie Bowls aus dem Kühlregal von „Wholey“, für die ausschließlich Bio-Zutaten verwendet werden. Sie sind in vier Geschmacksrichtungen erhältlich und zeichnen sich durch eine einfache Zubereitung aus:

4.

Experimentierfreudig bleiben Das Allerwichtigste ist für Hank Ge, experimentierfreudig zu bleiben. „Smoothie Bowls machen Spaß und sie eignen sich perfekt, um den eigenen Geschmack und Stil auszuleben. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Beispielsweise sind Açaí-Shots oder -Cocktails ein echtes Highlight fürs Partywochenende – einfach die Smoothie Bowl-Basis mit Rum oder Wodka mischen et voilà!“

• Die gefrorenen Zutaten in den Mixer geben und 150 ml Wasser hinzufügen. • Bis zur gewünschten Konsistenz gut durchmixen. • Lieblingstoppings hinzufügen und genießen! (Erhältlich bei SPAR im Tiefkühlregal)

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VOM HÖRSAAL IN DEN VIRTUELLEN RAUM 38

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„Digital Learning ist gekommen, um zu bleiben“, darin sind sich Karin Reiter (Head of Human Capital Development, Miba), Florian Hirner (Leitung E-Learning Competence Center der LIMAK), Marcel Braumann (Director Global Human Resources bei TGW) und LIMAKGeschäftsführer Gerhard Leitner (v. r.) einig.

Text: Ulli Wright Fotos: Sabine Kneidinger → 39 38-45_Limak Runder Tisch.indd 39

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Zu warten, bis alles wieder wie vor Corona wird, wäre vergeudete Zeit gewesen. Gerhard Leitner

Für LIMAK-Geschäftsführer Gerhard Leitner ist es wichtig, an Digital Learning dranzubleiben, aber nicht alles mitzumachen, nur weil es modern ist.

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ir alle werden seit Corona vor große Herausforderungen gestellt. Auch die heimischen Unternehmen und Weiterbildungsanbieter mussten auf die Lockdowns rasch reagieren. Wie wichtig ist Führungskräfteentwicklung, wenn Themen wie Kurzarbeit oder Planungsunsicherheit den Alltag bestimmen? Wie sollen Teams in Unternehmen an weltweit unterschiedlichen Standorten, in Zeiten von Kontaktbeschränkungen, zueinanderkommen? Wie können Weiterbildung und Lernen ohne persönliche Treffen funktionieren? Viele Fragen wollten plötzlich über Nacht beantwortet werden. Wir haben Karin Reiter (Head of Human Capital Development bei der Miba), Marcel Braumann (Director Global Human Resources bei TGW Logistics Group), LIMAK-Geschäftsführer Gerhard Leitner und Florian Hirner (Leitung E-Learning Competence Center der LIMAK) zu einem Round-Table-Gespräch zum Thema Digital Learning geladen. „Vieles ist gekommen, um zu bleiben, aber auch dem digitalen Bereich sind Grenzen gesetzt“, waren sich die Experten aus Wirtschaft und Erwachsenenbildung einig. Corona hat unser aller Leben auf den Kopf gestellt. Was hat sich seither in Ihrem Unternehmen verändert? Gerhard Leitner: Als ich vom ersten Lockdown im Frühling 2020 erfahren habe, war ich gerade auf einer Skitour unterwegs und natürlich sehr überrascht. Über Nacht alles so schnell wie möglich auf online umzustellen war nicht unser Ansatz. Daher haben wir

die Thematik differenziert in Angriff genommen. Die LIMAK MBA Programme haben wir für diejenigen Teilnehmer, die vor dem Abschluss standen sofort auf Online Live Sessions umgestellt und alle konnten wie geplant ihren MBA abschließen. Bei nicht so zeitkritischen Programmen haben wir den Start auf Anfang Juni verschoben. Gleichzeitig war es uns wichtig, Führungskräfte, die sehr gefordert waren, auch mit unserer Expertise zu unterstützen. Denn wenn es um Themen wie Liquiditätssicherung, Kurzarbeit, Krisenkommunikation oder Change Management geht, haben wir ausgewiesene Experten in unserem Netzwerk. Daher haben wir unter dem Titel „Mit Expertise durch die Krise“ eine Webinarreihe ins Leben gerufen und damit mehr als 1.000 Menschen angesprochen. Als der erste Lockdown Ende Mai 2020 aufgehoben wurde, starteten wir die Präsenzlehrveranstaltungen im Hybrid-Format, einem Mix aus Präsenz und digitalem Unterricht. Wenn Teilnehmer im Umfeld Corona-Verdachtsfälle hatten, konnten sie virtuell teilnehmen und waren mit der Präsenzgruppe im direkten Austausch. Über den Sommer haben wir die Zeit genutzt und uns auf den zweiten Lockdown vorbereitet. Wir wandelten einen Besprechungsraum in ein Videostudio um, nahmen an die 300 Fachvideos auf, entwickelten Wissenschecks und schulten unsere Trainer und Mitarbeiter hinsichtlich Didaktik von digitalen Lernkonzepten. Damit sind wir jetzt gut gerüstet und können jederzeit von Präsenzunterricht auf Digital Learning Unterricht umstellen. Zudem haben wir das digitale Momentum genutzt und unser Portfolio im Bereich Digital Learning sprunghaft weiterentwickelt. 2021 bieten wir

bereits vier Online Akademien, fünf Online Diplomlehrgänge und mit den Management Spotlights ein einzigartiges Online Abo-Modell an. Karin Reiter: Der erste Lockdown war für uns ein Schock. Von einem Tag auf den anderen saßen zahlreiche unserer Mitarbeiter im Homeoffice. Unsere IT hatte den Roll-out für „Microsoft Teams“ für 2020 im Plan, plötzlich musste sie das Tool aber binnen weniger Tage weltweit zur Verfügung stellen, da wir eine Kommunikations- und Kollaborationsplattform brauchten. Agilität und flexibles Selbstlernen war angesagt, weil wir den Umstieg in dieser kurzen Zeitspanne nicht zentral mit Trainings begleiten konnten. Mitarbeiter und Führungskräfte waren gefordert, sich darauf einzulassen, Learning by Doing – und das hat wirklich toll funktioniert. Im Juni haben wir dann erstmals eine internationale Online-Führungskräftekonferenz interaktiv mit über 60 Teilnehmern abgehalten, im Herbst fand unsere jährliche Miba Convention mit über 300 Teilnehmern online statt. Noch nie hatten so viele Mitarbeiter Gelegenheit, mit dabei zu sein. Parallel dazu haben wir auch unsere Lernangebote digitalisiert und neue Formate entwickelt. In der Miba Leadership Academy bieten wir z. B. das Modul Change in Form einer „Learning-Journey“ an. Die Teilnehmer aus den USA, Brasilien, China, der Slowakei und Österreich treffen sich online zum gemeinsamen Austausch mit externen Trainern und arbeiten dazwischen

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an individuellen Praxisfällen. So konnten wir trotz Reisebeschränkung unsere Programme fortsetzen. Marcel Braumann: Trotz der enormen Herausforderungen durch die Corona-Krise gab es auch Momente, die Mut gemacht und neue Arbeitsroutinen hervorgebracht haben. Interdisziplinäre Teams haben sich zusammengeschlossen und neue Entscheidungsgremien sind entstanden. Auch neue Formate in der Zusammenarbeit wurden ins Leben gerufen. Zum Glück haben wir bereits vor der Pandemie die Plattform „Microsoft Teams“ im Unternehmen ausgerollt. Dadurch sind vor allem auch in der Kollaboration viele Neuerungen entstanden. So haben sich etwa 150 Führungskräfte in einem gemeinsamen Call ausgetauscht, das hätte es in diesem Format vorher eher nicht gegeben. Auch in Richtung Wissensvermittlung und E-Learning gab es im Unternehmen vor Corona schon Content. Aber Themen wie Mikrolearning, also das Lernen in kleinen Einheiten, und „Do it yourself“ haben seit März 2020 eine völlig andere Dynamik bekommen. Corona war ein irrsinniger Digitalisierungsschub. Herr Leitner, wie wichtig ist Führungskräfteentwicklung in einer derart herausfordernden Zeit? Gerhard Leitner: Wir haben festgestellt, dass für viele Unternehmen gerade in dieser herausfordernden Zeit Führungskräfteentwicklung wichtig ist. Zu warten, bis alles wieder wie vor Corona wird, wäre vergeudete Zeit gewesen. Als Führungskraft ist man jetzt mehr denn je gefordert, den Fokus zu be-

halten, zu schauen, wie es den Mitarbeitern geht, Klarheit und Perspektive zu schaffen und transparent zu kommunizieren. Daher war es wichtig, das Thema Führungskräfteentwicklung nach dem ersten Lockdown wieder zu forcieren, um den Managern auch die notwendige Unterstützung in der Krisensituation zu geben. Zudem hat Corona bei vielen Unternehmen auch tatsächlich einen Change Prozess ausgelöst. Hier konnten und können wir durch unseren Geschäftsbereich IN.SPIRE viele Unternehmen mit unseren Inhouse Führungskräfteentwicklungsprojekten unterstützen. Auch in diesem Bereich haben wir mittlerweile viele Projekte auf Digital Learning umgestellt. Das bringt auch den Vorteil mit sich, dass Online Live Sessions, die über einen Zeitraum von beispielsweise zwei bis drei Wochen verteilt sind, mit Vorbereitungs- und Transferaufgaben kombiniert werden können und somit ein prozessorientierteres Lernen ermöglichen. Durch die unmittelbare Verbindung des Erlernten mit der erlebten Praxis zwischen den Online Live Sessions – und der Reflexion dieser Erfahrungen im Rahmen der darauffolgenden Session – werden die erlernten Inhalte nachhaltiger gefestigt. Wie hat sich Digital Learning in Ihrem Unternehmen entwickelt? Marcel Braumann: Anfangs stand natürlich im Vordergrund, wie man die tägliche Arbeit mit seinem Team umorganisiert. Erst nachdem das gut funktioniert hat, stellte sich die Frage, wie man diese digitale Technik auch im Lernbereich verwendet. Vor Corona, als wir noch gereist sind, sind die Teil-

Karin Reiter von der Miba sieht in der aktuellen Krise einen absoluten Digitalisierungsboost.

nehmer nach einem dreitägigen Seminar wieder nach Hause geflogen und wurden dort rasch vom Tagesgeschäft eingeholt. Das kennen wir sicher alle. Seit Corona ist bei uns im Unternehmen „Microsoft Teams“ sehr präsent. Man hat zum Beispiel mittags mit den chinesischen und amerikanischen Kollegen eine Online-Konferenz und arbeitet am Nachmittag mit dem eigenen Team im Haus, am Abend macht man dann noch eine Lerneinheit am Computer. Durch die kurzen Einheiten lässt sich der Lernprozess besser in den Alltag integrieren und man ist effizienter. Auch seitens der Didaktik hat sich vieles getan. Alleine die Art, wie man lernt, hat sich verändert. Man bereitet sich im Vorfeld auf ein bestimmtes Thema vor und tritt dann mit anderen Teilnehmern in Kontakt, um das Thema gemeinsam zu erarbeiten. Karin Reiter: Digital Learning ist für uns in der Miba nichts Neues, wir hatten auch vor der Corona-Krise schon Angebote. Aber der Boost, den wir im vergangenen Jahr gemacht haben, ist enorm und wenn Corona ein Gutes hat, dann das, dass wir im Unternehmen digitaler geworden sind. Nicht nur das Thema Digital Learning, sondern auch ganz stark das Thema Kollaboration betreffend. Seit Corona hat Lernen bei uns im Unternehmen eine völlig andere Bedeutung bekommen. Wir stellen Möglichkeiten zur Verfügung, die Mitarbeiter und Führungskräfte sind jedoch sehr selbstorganisiert und aktiv. Gelernt wird genau dann, wenn etwas gebraucht wird, auch in Form von Webinaren und Kurztrainings. Und es bilden sich immer mehr Communities of Expertise. So hat sich zum Beispiel auf „Microsoft Teams“ eine Expertengruppe organisiert, die sich regelmäßig austauscht. Das Ganze ist nicht zentral gesteuert, solche Formate entstehen ganz einfach. Der Weg geht eindeutig vom vorgefertigten Learn-Event zum selbst gesteuerten Prozesslernen-on-Demand. →

Der Weg geht vom vorgefertigten Learn-Event zum selbst gesteuerten Prozesslernenon-Demand. Karin Reiter

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Wenn man ständig in Videokonferenzen ist und vor dem PC sitzt, wird man müde und das ist die Grenze. Florian Hirner

Herr Hirner, Sie haben Bildungswissenschaft studiert und kommen aus dem didaktischen Bereich. Was stand diesbezüglich bei den Programmen der LIMAK im Fokus? Florian Hirner: Der Kernfokus der LIMAK in Sachen Führungskräfteentwicklung und Management sind Interaktion in Gruppen und intensiver Austausch, wobei auf gleicher Ebene miteinander diskutiert und reflektiert wird. Wir haben uns angesehen, wie man diese Themen ins digitale Lernen bekommt. Da gibt es zum Beispiel den Ansatz des „Flipped Classroom“, bei dem die Lerninhalte von den Lernenden im Vorfeld erarbeitet werden und die Anwendung im Anschluss daran gemeinsam geschieht. In der Praxis werden dazu vorab mit LIMAK-Experten Lernvideos aufgenommen und Wissenschecks erstellt und dann werden diese Inhalte im Live-Training mit den Teilnehmenden vertieft. Optimal ist vor allem auch, dass Tools wie „Zoom“ oder

„Microsoft Teams“ online Kleingruppen einen guten Austausch ermöglichen. Was hat sich in der Miba von den Tools her am meisten bewährt, Frau Reiter? Karin Reiter: Wir sind mit „Microsoft Teams“ eingestiegen und haben dieses Tool anfangs hauptsächlich zur Videotelefonie genutzt, aber es ist viel mehr. „Teams“ ist eine Kollaborationsplattform, man kann in Gruppen Dokumente teilen und gemeinsam daran arbeiten. Das bietet auch eine gute Transparenz. Diesbezüglich haben wir uns enorm weiterentwickelt und es kommen täglich neue Features rein. Wie haben die LIMAK-Kunden das Angebot von Digital Learning angenommen? Gerhard Leitner: Die Bereitschaft diesen Weg zu gehen, ist bei den Inhouse-Kunden sukzessive gestiegen. Die Unternehmen ha-

ben sich auf die Neuerungen eingelassen und wir alle haben gelernt, mit dieser neuen Situation umzugehen. Uns hat dabei sicher geholfen, dass wir uns bereits seit drei Jahren mit dem Thema beschäftigen und ein kompetentes Team im Haus haben. Natürlich kann man nicht immer alles sofort perfekt umsetzen. Es ist ein permanenter Lernprozess, bei dem auch IT und Schnittstellen oder die Weiterentwicklung der Kommunikationstools und deren Möglichkeiten berücksichtigt werden müssen. Wo stößt Digital Learning an seine Grenzen bzw. gibt es überhaupt Grenzen? Florian Hirner: Aus didaktischer Sicht sind wir aufgrund von Corona gezwungenermaßen in ein reines Online Learning gekippt, was mit Sicherheit eine Überforderung ist. Wenn man ständig in Videokonferenzen ist und vor dem PC sitzt, wird man müde und das ist die Grenze. Man kann nicht immer nur alles online machen. Wir sind aus meiner Sicht als Gesellschaft gerade dabei, ein umfassendes Verständnis aufzubauen, wo digitale und analoge Elemente jeweils ihre großen Vor- und Nachteile haben. Spätestens nach der Krise, wenn beides wieder möglich sein wird, wird uns dies Orientierung geben. Und ich denke, die Lernenden werden eine Mischung aus digital und analog bevorzugen. Es ist wichtig, dass sich eine Gruppe physisch spürt, wir sind gerade dabei zu filtern, wann digitale Elemente Sinn machen und wann es Offline-Elemente braucht. Es ist wichtig, dass sich eine Gruppe physisch spürt, aber auch die Möglichkeit besteht, digitale Elemente dazu zu nehmen. Es gibt sehr viele technische Tools und Formate. Hier etwas zu designen, was genau zu unseren Studierenden passt, ist die aktuelle und auch die zukünftige Herausforderung.

Chefredakteurin Ulli Wright beim Round-Table-Talk im Bergsschlössl, wo die LIMAK zu Hause ist. 42 38-45_Limak Runder Tisch.indd 42

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Wie geht man da vor? Florian Hirner: Didaktisch schauen wir uns die Lernziele an und fragen, wo die Studierenden stehen beziehungsweise welche Bedürfnisse sie haben. Vor allem auf internationaler Ebene macht es im Austausch Sinn, digitale Elemente zu haben. Man sollte auch klar abwägen, weshalb man ein digitales Training über einen längeren Zeitraum zu einem Lernprozess strecken will, denn man kann künftig nicht jede Trainingsmaßnahme auf zwei Monate aufblasen, nur weil es technisch möglich ist. Wie sehr fehlen den Führungskräften und Mitarbeitern der persönliche Kontakt, die physischen Treffen? Marcel Braumann: Wir haben bei TGW mehr als 400 Führungskräfte und machen das Leadership-Excellence Programm mit der LIMAK als externem Partner. Als im Lockdown von uns der Vorschlag kam, die Leadership-Trainings digital durchzuführen, war schon eine gewisse Skepsis vorhanden. Das Tolle an dem Programm ist nämlich, dass sich die internationalen Führungskräfte an einem Ort treffen und sich auch abseits vom Lehrplan, abends nach dem Training, austauschen können. Diesen persönlichen physischen Austausch möchten wir auch nach Corona weiterführen. Aber man kann in Sachen Führungskräfteentwicklung nicht 18 Monate lang auf Pause drücken. Also haben wir sukzessive eine Öffnung in Richtung digital vorgenommen und langsam hat man sich darauf eingelassen. Es war mit Sicherheit ein Lernprozess und es hat auch nicht immer alles perfekt funktioniert, aber man darf sich diesem Thema nicht verschließen. Karin Reiter: Bei der Miba haben wir von Anfang an festgelegt, dass wir im digitalen Bereich verschiedene Dinge ausprobieren werden und das, was sich bewährt, auch beibehalten. Sobald es allerdings wieder mög-

lich ist, setzen wir auf Classroom Trainings. Gerade in Führungskräfteprogrammen ist es für uns wichtig, dass wir Menschen bei persönlichen Treffen zusammenbringen, da vor allem am Abend und in Pausen ganz viel an Netzwerken und Austausch passiert. Mittlerweile merkt man auch, dass manche Personen schon „Zoom- oder Teams-müde“ sind. Was ist die große Herausforderung bei Digital Learning? Karin Reiter: Durch die Dynamik geht es heute viel mehr ums rasche Ausprobieren und Umsetzen und das von jedem individuell. Da ist die Fehlertoleranz für neue Tools sehr hoch. Das ändert sich nun, da man bestimmte Kenntnisse bereits nach kurzer Zeit voraussetzt. Alles ist viel schneller geworden. Die Herausforderung liegt darin, dass wir im gesamten Unternehmen à la longue mit diesem Tempo mithalten können. Wir müssen alle Mitarbeiter mitnehmen und das ist nicht nur eine Generationsfrage. Das ist immer eine Frage des persönlichen Zugangs, bei dem jeder Einzelne gefordert ist, seinen Beitrag zu leisten. Wir als Unternehmen können dabei unterstützen. Marcel Braumann: Wir haben sehr gute Erfahrungen mit Breakout Sessions gemacht. Dies sind virtuelle Gruppenarbeiten, bei denen sich eine größere Gruppe immer wieder splittet und in der Kleingruppe Aufgabenstellungen bearbeitet. Anlassbezogen sind beispielsweise auch neue Formate mit Führungskräfte-Calls entstanden. Alles ist sehr dynamisch geworden und hat sich rasend schnell entwickelt. Als Verantwortlicher muss man am Ball bleiben und darauf schauen, dass alle Teilnehmer mithalten können. Das

ist eine große Herausforderung und langsam macht sich eine gewisse digitale Müdigkeit bemerkbar. Daher muss man schauen, wie man das Ganze in der Zukunft gestaltet. Wenn man den ganzen Tag in Videokonferenzen ist und am Abend noch ein Learning-Programm am Computer absolviert, ist das sehr anstrengend. Man muss aufpassen, dass der Kalender nicht komplett zugepflastert ist, dass man auch zwischen zwei Videokonferenzen genügend Pausen einplant. Fakt ist jedoch, dass sich viel mehr Menschen digital vernetzen und dazu muss man Angebote schaffen. Wenn fünf Personen in einem Großraumbüro an Videokonferenzen teilnehmen, dann wird sich das akustisch schwierig gestalten. Da wird sich grundlegend in Sachen Bürokonzeption einiges ändern müssen. Wie schaut es mit dem Nutzen von Digital Learning aus? Florian Hirner: Die Prozess- und Transferwirksamkeit tut sehr gut. Das melden uns auch die Teilnehmer zurück. Denn, wenn ich mich länger mit einer Thematik beschäftige, habe ich mehr Impact und das Gehörte verfestigt sich besser. Ganz wichtig ist eine Begleitung durch einen Trainer. Bei jedem unserer LIMAK Online Diplomlehrgängen ist jemand dabei, der die technischen Rahmenbedingungen und das Hosting abdeckt. Von Self-Paced-Kursen, bei denen man auf sich selbst gestellt ist, weiß man, dass die Dropout-Quote extrem hoch ist. Mittlerweile gibt es im Netz Unmengen an Content im Angebot, da ist es wichtig, dass man einen Rahmen, eine Betreuung und eine Gruppe hat. Gerhard Leitner: Da bei unseren Online Diplomlehrgängen immer die Möglichkeit von

„Als Verantwortlicher muss man am Ball bleiben und schauen, dass alle Teilnehmer mithalten können“, versichert Marcel Brauman von TGW .

Man kann in Sachen Führungskräfteentwicklung nicht 18 Monate auf Pause drücken. Marcel Braumann

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Mag. Karin Reiter ist in der Miba als „Head of Human Capital Development“ für Personal- und Organisationsentwicklung zuständig. In all diesen Bereichen spielt das Thema Digital Learning eine große Rolle. Ihre Abteilung stellt intern und mit externen Partnern, wie der LIMAK, für die Mitarbeiter Themen und Angebote zur Verfügung.

Marcel Braumann, Director Global Human Resources bei TGW Logistics Group, hat die Aufgabe, sämtliche Units, Länder und ihre Human Resources Organisationen zu verbinden und eine gemeinsame Strategie im Sinn der Stiftungsphilosophie vorzugeben. TGW mit Sitz in Marchtrenk ist ein international führender Systemintegrator für Intralogistik-Lösungen, der in den Kernbranchen Fashion und Textil, Lebensmittel sowie Industrie- und Konsumgüter tätig ist. TGW beschäftigt weltweit über 3.700 Mitarbeiter aus 65 Nationen.

intensivem Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmern und dem Trainer möglich sein muss, bieten wir keine Self-Paced Onlineformate an und haben auch die Teilnehmerzahl auf 16 Personen beschränkt. Das ist unser Anspruch. Wie funktioniert der persönliche Austausch auf digitaler Ebene? Florian Hirner: Der persönliche Austausch ist sicher einer der entscheidenden Punkte im Online bzw. Digital Learning. Wir haben Formate kreiert, bei denen man nach dem Onlineseminar eine gemeinsame virtuelle Pause macht. Wer Lust hat, bleibt am Bildschirm, holt sich etwas zu trinken und man plaudert noch ein bisschen. Wenn man sieht, dass ein Kollege gerade online ist, kann man sich mit ihm gemeinsam einen virtuellen Raum buchen. Dahingehend wollen wir noch investieren und hinschauen, dass man sich schnell und niederschwellig austauschen

Die Miba Gruppe mit Sitz in Laakirchen ist einer der führenden strategischen Partner der internationalen Motoren- und Fahrzeugindustrie. Das Unternehmen beschäftigt 7.700 Mitarbeiter an weltweit 30 Standorten.

kann. Denn diese Art von Networking kommt nicht nur offline sehr gut an, dafür sollte auch im virtuellen Raum Platz sein. Gerhard Leitner: Um so nahe wie möglich an den Präsenzlehrveranstaltungen zu sein, gibt es auch virtuelle Netzwerktreffen nach den Lerneinheiten, wenn gewünscht, auch in Kombination mit einem virtuellen Feierabendbier. Dadurch baut man wichtige emotionale Brücken im virtuellen Raum, die den Erfahrungsaustausch fördern. Die Teilnehmer sind von der Qualität und Realitätsnähe der LIMAK Online Diplomlehrgänge begeistert. Was uns natürlich freut und motiviert. Karin Reiter: Was den persönlichen Austausch betrifft, haben wir sicher noch Aufholbedarf. In all den Online Meetings konzentrieren wir uns auf Fachliches und das funktioniert sehr effizient und effektiv. Was aber sonst so zwischendurch passiert, der

informelle Austausch beim gemeinsamen Essen oder in den Pausen, kommt zu kurz. Das ist allerdings auch eine Sache des Timings. Denn wenn ich heute ein Online Meeting von 8 bis 9 Uhr buche und das nächste von 9 bis 10 Uhr, wird sich das schwer ausgehen. Man sollte dazwischen eine kurze Zeitspanne reservieren und auch der Spontanität einen Raum geben. Marcel Braumann: Dem kann ich nur zustimmen, denn dieses strikte „DurchgetaktetSein“ schränkt die Kreativität ein und der wichtige persönliche Kontakt mit den Kollegen fehlt. „The Future is now“, wie wird es weitergehen? Was wird sich in Ihrem Unternehmen etablieren, was nicht? Karin Reiter: Es ist ganz vieles gekommen, um zu bleiben, vor allem in der Zusammenarbeit mit unseren internationalen Kollegen.

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Florian Hirner MA ist in der LIMAK für den Businessbereich der Online Diplomlehrgänge verantwortlich. Vor zwei Jahren wurde unter der Verantwortung des Bildungswissenschaftlers ein eigener Businessbereich aufgestellt, mit dem ein hundertprozentiges Onlineformat für Management- und Leadership-Weiterbildung angeboten wird. Zusätzlich zu dieser Business Unit gibt es an der LIMAK auch ein E-Learning Competence Center.

Mag. Gerhard Leitner MSc ist Geschäftsführer der LIMAK Austrian Business School mit Sitz in Linz und in Wien. Bisher haben 1.071 Führungskräfte ihren MBA- bzw. Master-Titel an der LIMAK gemacht; inklusive der Universitätslehrgänge und IN.SPIRE Programme haben bereits mehr als 16.457 Personen einen Lehrgang an der Kaderschmiede absolviert. Die LIMAK hat den digitalen Wandel genutzt und ihr Portfolio um Online Akademien, Online Diplomlehrgänge und Management Spotlights erweitert.

Unsere Führungskräfte und Spezialisten waren vor Corona weltweit sehr viel unterwegs. Das ist nun eine längere Zeit nicht gegangen bzw. geht noch immer nicht. Zum Glück haben wir sehr schnell Wege gefunden, um auch digital gut in Verbindung zu bleiben und zusammenzuarbeiten. Vieles in der Online Kollaboration wird deshalb bleiben. Wir werden allerdings nicht völlig auf persönliche Treffen und Geschäftsreisen verzichten. Natürlich ist es gut, wenn wir nicht laufend in vollen Flugzeugen sitzen müssen, aber der persönliche Kontakt fehlt dann doch. Sobald es wieder irgendwie geht, werden wir auch wieder unterwegs sein. Allerdings nur mehr dort, wo es wirklich Sinn macht. Ich denke, dass die Frequenz eine andere sein wird. Gerhard Leitner: Durch die Digitalisierung haben wir an der LIMAK die Möglichkeit, Führungskräfte ein Leben lang als Weiterbildungspartner zu begleiten. Durch die Online-

formate wurde eine Lücke geschlossen und wir können für jede Lebens- bzw. Karrieresituation das passende Format anbieten. Bei den MBA Programmen bleibt unser Fokus auf Präsenzlehrveranstaltungen, jedoch wird es künftig eine Weiterentwicklung in Richtung Blended Formate geben, also eine Mischung aus Präsenztrainings und digitalen Lernelementen. Wir gehen aber auch von einer steigenden Nachfrage nach reinen Onlineformaten aus. Es ist kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch und dabei muss man immer beachten, welches Format für welches Lernziel und für welche Situation hinsichtlich Zeitressourcen und Flexibilität am besten passt. Frauen gelten als Verlierer der Krise. Bietet Digital Learning künftig die Möglichkeit, flexibler zu sein? Florian Hirner: In jedem Fall, denn Digital Learning bietet zeitlich und örtlich sehr viel

Flexibilität, was ein großer Nutzen ist. Was braucht es in der Zukunft, um auf dem Gebiet des Digital Learning fit zu bleiben? Florian Hirner: Man muss in jedem Fall agil bleiben, weil sehr viele neue Bereiche, wie etwa künstliche Intelligenz im Lernen, auf uns zukommen werden. Das wird in den nächsten Jahren ein laufender Prozess sein, an den wir uns anpassen müssen. Gerhard Leitner: Wichtig ist, dass wir am Thema Digitalisierung dranbleiben und als Organisation bereit sind, uns auch kulturell weiterzuentwickeln und offen für Neues bleiben, das ist letztendlich die Grundlage für die Digitalisierung. Man darf aber dabei den Fokus nicht verlieren und muss immer herausfiltern, was für das Unternehmen und vor allem für die Zielgruppe relevant ist.

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MERCEDES

300 SL „GULLWING“ Eines der schönsten Autos, das Mercedes (oder vielleicht überhaupt die gesamte Autoindustrie) jemals hervorgebracht hat. Ursprünglich hat er seine Wurzeln im Rennsport, von 1954 bis 1957 wurde er als Coupé mit Flügeltüren und von 1957 bis 1963 als Roadster gebaut. Der aus Platzgründen um 45° geneigt eingebaute Reihensechser mit drei Litern Hubraum leistet 215 PS und ermöglicht je nach Übersetzung (fünf unterschiedliche Varianten) zwischen 208 und 260 km/h Topspeed. Wenn man bedenkt, dass dieses Auto mittlerweile über 60 Jahre alt ist, eine beeindruckende Ingenieursleistung, die bis heute begeistert. Und perfekt funktioniert. Baujahr: Juni 1956 Leistung: 215 PS Hubraum: 2.996 ccm³ Reihensechser Topspeed: 208 bis 260 km/H Coupé: 1.400 Stück Roadster: 1.858 Stück

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ON THE CATWALK „Präsentation mit Emotion“ lautet die Devise im Großraumfotostudio DREHWERK in Alkoven. Für den OBERÖSTERREICHER hat das Team die coolsten Boliden in Szene gesetzt – zum Träumen und Staunen. Text: Ulli Wright Fotos: Drehwerk

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FERRARI

F40

DER Ferrari schlechthin und eine wahre Sportwagenlegende, an der in der Automobilgeschichte kein Weg vorbeiführt. Diese brachiale Ausgeburt an Purismus war der erste Sportwagen mit Straßenzulassung, der die 300 km/h Marke knackte. Ein Auto, mit dem man erst umzugehen lernen muss, das keine Fehler verzeiht. Und null Komfort bietet. Autofahren in Reinstform. Der F40 war das letzte Auto, dessen Entwicklung der große Enzo Ferrari höchstpersönlich vorangetrieben hat, um ihn dann zum 40-JahrJubiläum von Ferrari persönlich präsentieren zu können. Baujahr: 1990 Leistung: 478 PS (Werksangabe, eher mehr) Hubraum: 2.936 ccm³ Zylinder: V8 Biturbo Topspeed: 324 km/h Stückzahl: 1.311 (ca. 200 für USA)

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CORVETTE

C1 | CONVERTIBLE Die Chevrolet Corvette C1 ist die erste Generation dieser legendären Baureihe. Erstmalig vom Band lief sie im Jahre 1953, sie wurde bis 1962 gebaut und in dieser Zeit mehrfach technisch und vor allem optisch überarbeitet. Die Besonderheit an diesem Auto war, dass die Corvette von Anfang an eine Karosserie aus GFK (glasfaserverstärktem Kunststoff) hatte. Ab dem Jahr 1958 wurde die C1 dann in der abgebildeten Form mit Doppelscheinwerfern gefertigt. Angetrieben wird sie von einem 4,9 Liter V8 mit 290 PS und beschleuningt von 0 auf 100 in 6,9 Sekunden. Baujahr: 1958 Leistung: 290 PS Hubraum: 4,9 Liter V8 Topspeed: 212 km/H Stückzahl: 69.015

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OPEL

GT

Der Opel GT hat fast schon Legendenstatus und erfreut sich auch heute immer noch zahlreicher Fans. Vor allem in Deutschland gibt es viele GT Clubs, die sich einmal im Jahr beim Eurotreffen ein Stelldichein geben. Von der Form her erinnert der zwischen 1968 und 1973 gebaute Opel ein wenig an eine Corvette, nur etwas kompakter und nicht ganz so leistungsstark. Auf alle Fälle ein sehr auffälliges Fahrzeug, vor allem in dieser Farbe wie auf den Fotos. Baujahr: 1968 Leistung: 90 PS Hubraum: 1,9 Liter Topspeed: 185 km/h Stückzahl: 103.463

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PORSCHE

GT2 RS

Trocken formuliert ist der 991er GT2 RS ein Rennwagen mit Straßenzulassung. Emotional ausgedrückt ist es die heftigste Eskalation eines perfekten Sportwagens, die man sich aktuell vorstellen kann. 700 PS auf der Hinterachse. 1.470 Kilogramm Leergewicht – mit dem Weissach-Paket nochmal 30 wertvolle Kilos weniger. Von 0 auf 100 in 2,8 Sekunden. Nach 8,3 Sekunden ist man bei 200. Die Tachonadel bleibt bei 340 stehen. Die nackten Zahlen umschreiben den Wahnsinn, der in diesem Auto seine (vorläufige) Vollendung findet. Baujahr: 2018 Leistung: 700 PS Hubraum: 3.800 ccm³ Zylinder: 6-Zylinder-Boxermotor Topspeed: 340 km/h Stückzahl: 100 von diesem Sondermodell

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JENSEN

INTERCEPTOR III Ein nahezu unbekannter Brite. Auch bei uns im Studio gab es bei seinem Eintreffen erstmal ratlose Blicke. Was war das? Erste Assoziationen mit einem Mustang wurden schnell verworfen, kurz blitzte der Gedanke an einen Aston auf – bevor dann die Auflösung folgte: Es ist ein Brite, soweit war die zweite Fährte richtig – ein Jensen Interceptor Mk. 3. Und ein extrem seltenes ConvertibleExemplar noch dazu. Der abgebildete „Abfangjäger“ wurde in der Zeit von 1974 bis 1976 gebaut und wurde überwiegend in die USA abgesetzt. Noch seltener als der Convertible war aber das Coupé, das 1975 kurz vor der Insolvenz des Unternehmens vorgestellt wurde. Baujahr: 1975 Leistung: 258 PS Hubraum: 7,2 Liter Zylinder: 8 Topspeed: ca. 180 km/h Stückzahl: Convertible zwischen 467 und 508 56

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Mit ihrem Großraumfotostudio „Drehwerk“ in Alkoven sind Fotograf Peter Christian Mayr (l.) und Messebauer Andreas Kirchmayr (r.) sehr erfolgreich in einer Nische unterwegs. Neben Autos werden dort auch gewerbliche Großprodukte wie Möbel fotografiert.

EINE BÜHNE FÜR AUTOS UND MEHR

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enn er von Autos redet, beginnen Peter Christian Mayrs Augen zu leuchten. Kein Wunder, dass sich der Profifotograf aus Wilhering gemeinsam mit Geschäftspartner Andreas Kirchmayr auch beruflich heißen Boliden verschrieben hat.

OBERÖSTERREICHER: Herr Mayr, gemeinsam mit Andreas Kirchmayr betreiben Sie in Alkoven das Großraumfotostudio „Drehwerk“ und haben sich auf das Fotografieren von Autos spezialisiert. Wie kam es dazu? Peter Christian Mayr: Ich hatte schon als Kind einen „Autovogel“ und nach meinem autodidaktischen Werdegang zum Fotografen habe ich neben Autotests für verschiedene Medien auch für einen großen Privatradiosender ein Motormagazin mitgestaltet. Fotografen gibt es wie Sand am Meer, mit dem „Drehwerk“ habe ich mir den Traum erfüllt, ein eigenes Reich zu haben, in dem ich sämtliche Traumautos fotografieren kann. Damit habe ich meine perfekte Nische gefunden. Wie darf man sich dieses Großraumfotostudio vorstellen? Wir haben eine Drehbühne mit einem Durchmesser von 5,5 Metern, auf der man ein Gewicht von 4,5 Tonnen platzieren kann. Mein Firmenpartner kommt ursprünglich aus dem Messebau und ist für die technische Umsetzung wie Bühnenbild und Infra-

struktur zuständig. Wir haben uns auf Automobile spezialisiert, fotografieren aber auch gewerbliche Großprodukte wie Möbel, Wohnlandschaften, Heizanlagen und dergleichen. Unsere Halle ist 500 Quadratmeter groß und die Kunden können mit dem LKW direkt bis zur Bühne fahren. Wir haben auch noch eine Autoaufbereitung in der Halle, wo wir unseren externen ProfiAufbereiter bei Bedarf dazu buchen. Das Drehwerk kann aber auch als Eventlocation genutzt werden und falls gewünscht, organisieren wir auch den gesamten Event. Indoor bringen wir 150 Leute unter, outdoor mit Zelt sogar 350 Personen. Was ist das Besondere am Fotografieren von Automobilen? Es ist natürlich ein Riesenvorteil, wenn man von Autos etwas versteht. Ich erkundige mich beim Besitzer genau über das Fahrzeug und möchte die Geschichte dahinter wissen. Dann begutachte ich es von vorne bis hinten, drehe es auf der Drehbühne und lege mit dem Fotografieren los. Für mich hat das etwas Meditatives. Heidi Klum oder Porsche? Definitiv Porsche! (lacht) Und so typische Fotos – heiße Frau, cooles Auto – gehen für mich gar nicht. Der heißeste Wagen, den Sie vor der Kamera hatten? Ein Ferrari F 40. Das ist

schon seit jeher mein Traumauto. Heuer im Sommer war es soweit und der F 40 hat auf der Drehbühne Platz genommen. Das war für mich fast ein wenig emotional. Wer lässt Autos bei Ihnen im Drehwerk fotografieren? Das sind zum einen Autoliebhaber und Sammler, zum anderen auch Autohändler, die Fotos für Werbezwecke benötigen.

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DER STADIONBAUER

Harald Fux ist Architekt und verwirklicht ein Projekt, um das ihn viele beneiden werden: Nach seinen Plänen wird das neue LASK-Stadion gebaut.

Text: Nicole Madlmayr Fotos: Felix Mayr, RAUMKUNST ZT GMBH

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ie traditionsreiche Gugl anzugreifen, war auch für mich bewegend. Das macht man nicht einfach so nebenbei“, sagt Harald Fux während unserem Interview, zu dem wir ihn Anfang Jänner via Skype getroffen haben. Der gebürtige Freistädter ist 49 Jahre alt, Architekt in Wien und hat ein Projekt für sich entschieden, das wohl viele Architekten gern realisiert hätten. Er durfte das neue LASK-Stadion auf der Linzer Gugl planen.

Sie sind der Architekt des neuen LASK-Stadions. Was bedeutet dieses Projekt für Sie? Es bedeutet mir wirklich viel! Vor Kurzem hat mir ein Kindergartenfreund auf Facebook geschrieben, dass er es interessant findet, dass ein Mühlviertler das neue Linzer Wahrzeichen baut (lacht). Darüber hätte man im Kindergarten gelacht, aber wenn man sich das so auf der Zunge zergehen lässt, ist es natürlich schon ein bisschen so. Die Linzer Gugl ist noch dazu sehr traditionsreich. So etwas „anzugreifen“ ist eine besondere Herausforderung, oder? Natürlich, das ist auch für mich bewegend. Das macht man nicht einfach so nebenbei. Es waren sehr intensive Phasen des Nachdenkens, wie man mit diesem historischen Ort umgehen soll. Die Gugl ist als ehemaliges Leichtathletik-Stadion über die Jahrzehnte gewachsen. Es war eine Ziegelgrube wie so viele Stadien, weil dort ebene Flächen übriggeblieben sind. Immer hat eines das andere ergeben und daraus ist die traditionsreiche Gugl entstanden. Das jetzt anzugreifen, dazu die Frage, ob man sie überhaupt angreifen

oder vielleicht sogar abreißen muss – das hat heißes und intensives Nachdenken erfordert. Wir haben uns auch eine Zeit lang damit beschäftigt, ob man die Substanz und die bestehenden Tribünen belassen könnte. Im Zuge des Wettbewerbs war das ja offen. Wir haben dann aber gesehen, dass wir das nicht schaffen werden. Darum haben wir uns entschieden, ein vollumfänglich modernes Stadion zu machen, das auch den maximalen Abstand aus Respekt zu den Nachbarn bietet. Es ist ein tolles Gefühl, aber man muss sich natürlich auch der Verantwortung bewusst sein.

Es waren sehr intensive Phasen des Nachdenkens, wie man mit diesem historischen Ort umgehen soll. Wie haben Sie diesen Abstand zu den Anrainern geschafft? Wir rücken leicht aus der Achse. Damit erreichen wir eine leichte Verschiebung, wir haben das vor Ort gesehen. Das Stadion rückt so unfassbar weit weg von den Anrainern. Dort, wo jetzt der Rasen war, kommt bei uns zum Beispiel eine Außenkante hin. Das war auch für die Nachbarn ein Aha-Erlebnis. Sie wohnen zum

Teil schon 50 Jahre neben dem Stadion und uns war wichtig, sie im Boot zu haben. Wir konnten nachweisen, dass sich die Situation für sie durch den Neubau massiv verbessern wird. Vielleicht war das die Königsidee, mit der wir überzeugen konnten. War der Standort mitten in der Stadt mitsamt den Anrainern auch die größte Herausforderung bei der Planung? Durchaus, aber wir haben eine Möglichkeit gefunden, die Abstände zu maximieren. Außerdem haben wir ein geschlossenes Teil entworfen. Das heißt, wir erreichen die Geschlossenheit eines modernen Stadions. Weil natürlich jeder will, dass der Lärm und das Licht drinnenbleiben. Dort soll es Stimmung machen. Die Konzeption ist so, dass wir die Lichtemissionen um 95 Prozent reduzieren. Diese hohen Masten, wie man sie oft aus Stadien kennt, gibt es nicht mehr. Beim Lärm erreichen wir diesen hohen Wert klarerweise nicht, weil dabei auch der Zugang bzw. Abgang der Zuschauer mitsimuliert wird. Aber auch da wissen wir, dass es viel besser für die Anrainer wird. Was ist aus architektonischer Sicht das Besondere am neuen Stadion? Ich bin nicht extrem eitel, aber ich denke schon, dass wir eine eigenständige, neue Form für das Stadion entwickelt haben. Ich habe schon viele Stadien bauen dürfen – darunter Innsbruck, Salzburg und Klagenfurt. St. Pölten habe ich beraten. Wenn ich über Österreich fliege, kenne ich alle Stadien (lacht). Jedes ist so gebaut, dass man es sofort erkennen kann. Und auch für Linz war für mich klar, dass man es aus der Luft eindeutig erkennen muss. Eine unverwechselbare Form war für mich Grundvoraussetzung. Darum haben wir eine eigene, sehr weiche Form entwickelt. Hell und wie ein geschliffener Diamant, bewusst nicht eckig oder grob. Wir haben uns auch ganz bewusst gegen diese Donut-Form entschieden, die es ohnehin schon so oft gibt. Wir wollten eine eigenständige Form kreieren und das hat es letztendlich auch gebracht, denke ich. Wir wissen relativ gut, wie ein Stadion funktioniert, darum hatten wir die Zeit, uns ausgiebig mit der Form auseinanderzusetzen. Im Süden ist es höher und dort, wo wir die Fläche brauchen, wird es höher und breiter. Dort, wo wir das Volumen nicht brauchen und zu den Nachbarn kommen, duckt es sich auf das unbedingt Notwendige. Das war eine Idee, die zugegebenermaßen gut aufgegangen ist. Die Form und die Außenhülle sind also sicher der USP.

Harald Fux wollte beim neuen LASK-Stadion nicht die x-te Donut-Form bauen. Darum bekommt es eine völlig eigenständige und unverwechselbare Form. 62 60-64_Fux_final.indd 62

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Harald Fux führt gemeinsam mit seiner Frau ein Architekturbüro in Wien.

Was macht die Außenhülle so speziell? Die Hülle ist sehr eigenständig und im Umkreis so noch nicht vorhanden. Das war mir wichtig. Stadion-Architektur muss auch ein bisschen modisch sein. Darum haben wir uns für diese Lamellenstruktur entschieden, die auch den LASK-Nadelstreif wieder aufgreift. Das war eine gute Fügung, weil es perfekt zum Logo passt. Ich wollte immer eine möglichst konsistente Form. Eine Form, die nach außen wenig Brüche hat. Ohne brutale Stufen, möglichst weich und dezent. Das finde ich an manchen Stadien etwas plump, auch wenn es gut gemacht ist. Innen haben wir eine rundumgehende Promenade. Einfache Linien, wenig Brüche. Weil die Höhen gleich bleiben, wirkt alles sehr harmonisch und im Maßstab sehr menschlich. Es gibt keine gigantomanisch

hohen Tribünen. Diese Extreme haben wir bewusst vermieden. Für die Linzer wird es ein geschlossener Kessel, wie sie ihn bis jetzt nie hatten. Für wann ist die Eröffnung aus heutiger Sicht geplant? Das wird im Juli 2022 sein. Es sind 15 bis 16 Monate Bauzeit. Das ist natürlich sehr sportlich, aber wir wissen definitiv, dass es geht – auch wenn es ein Kraftakt werden wird. Allerdings kennen wir uns Oberösterreicher. Wir sind leistungsorientiert und die LASKler sind natürlich sehr dahinter, dass sich das

Die Frage, wie man mit der historischen Gugl am besten umgehen soll, hat Harald Fux und seine Mitarbeiter lange beschäftigt.

ausgehen wird. Sie lassen zur Zeit nichts liegen, sind streng, aber zielgerichtet und somit extrem gut im Plan. Da steckt unheimlich viel Professionalität, aber auch Herzblut dahinter. Für den LASK wird es seine Heimstätte. Und bei dem, was der LASK an Leistung geliefert hat, hat er sich das Stadion mehr als verdient. Als Architekt so vieler Stadien: Sind Sie selbst Sport- bzw. Fußballfan? Ich bin totaler Stadien-Fußballfan. Die Veranstaltung als solche, das Zusammenkommen mit den Leuten, das war immer mein Antrieb. Selbst gut Fußball gespielt, habe ich aber nicht (lacht). Mein Vater war Biathlet, ich war auch immer eher Leistungsund Ausdauersportler und nie ein Ballsportler. Aber ich habe wahnsinnige Freude an diesen Veranstaltungen. Das wird laut einer amerikanischen Studie übrigens auch die Zukunft sein. Immer mehr Menschen werden ins Stadion gehen, weil man dort ein gewisses soziales Umfeld hat, sich amüsieren und auch abreagie-

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Der Stadion-Besuch soll künftig ein Erlebnis für die ganze Familie werden.

ren kann. Darum haben wir auch das neue LASK-Stadion so geplant, dass dort künftig die ganze Familie hingehen und einen schönen Nachmittag oder Abend erleben kann. Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich auf Sportarchitektur spezialisiert haben? Es war ein Zufall. Ich habe nach meiner Diplomarbeit in einem Architekturbüro gearbeitet, das just zu diesem Zeitpunkt das Stadion in Innsbruck gewonnen hat. Sie haben mich mit dieser Aufgabe betraut, danach folgte die Planung des Salzburger Stadions. Im Anschluss daran habe ich in Kooperation mit dem ÖFB die Entwürfe für die Stadien-Erweiterungen für die Euro-Bewerbung gemacht. In dem Moment, in dem diese Projekte auf Schiene waren, habe ich mich selbstständig gemacht und bin von Klagenfurt geholt worden. Irgendwann habe ich begonnen, mich auch sehr stark mit Trendsportarten wie Bouldern und Sporthallen zu befassen. Wir haben uns also immer mit dem Bau von kleinen und großen Sportstätten befasst und uns weiterentwickelt, darum ist in diesem Bereich sehr viel Know-how bei uns da. Sie sind gebürtiger Mühlviertler, leben und arbeiten aber schon viele Jahre in Wien. Was verbindet Sie noch mit Ihrer Heimat? Meine Mutter wohnt mittlerweile in Gmunden, darum sind wir nicht mehr ganz so oft in Freistadt, wo ich aufgewachsen bin. Meine Frau und ich haben uns einen Zweitwohnsitz im Waldviertel gebaut. Das ist fast wie im Mühlviertel, aber wir sind halt viel schneller dort und ich liebe es! Ich bin aber nach wie vor sehr stark mit Oberösterreich verbunden, besonders mit meinen Freunden aus Freistadt. Ich bin auch wahnsinnig gern in Linz, weil ich diese Stadt einfach sehr mag.

Ich habe immer gesagt, dass ich damit aufhören würde, wenn mir die Architektur keinen Spaß mehr macht.“

Wie sich Linz verändert hat, ist unglaublich. Ich habe den Anschluss an Linz und an die Menschen nie verloren. Und vielleicht war das auch etwas, das mir beim LASKStadion geholfen hat. Dieses Vertrauen, das man bei einem so großen Projekt braucht, das war sehr wichtig. Nachdem der LASK als Verein das Stadion selbst baut und nicht etwa das Land oder die Stadt Bauträger ist, muss das Vertrauen zum Planer umso höher sein. Da habe ich mir als Oberösterreicher vielleicht ein bisschen leichter getan. Ich merke, dass ich die Leute gut verstehe. Wir reden uns einfach leichter. Sonst wären wir vermutlich auch nicht so schnell mit diesem Projekt. Wann war für Sie klar, dass Sie Architekt werden wollen? Das habe ich schon mit 18 Jahren gewusst. Aber ich glaube, damals war mir noch nicht klar, was die Arbeit des Architekten wirklich ist (lacht). Ich bin ganz früh neben dem Studium arbeiten gegangen. Dort habe ich schnell gesehen, dass das genau mein Job ist. Ich habe ja ein Gymnasium besucht und musste vieles aufholen, was andere zum Beispiel

in der HTL schon gelernt haben. Teilweise wusste ich nicht, wie man ein Fenster zeichnet (lacht). Das räumliche Verständnis, das Gestalterische und das Gespür für Ästhetik waren zwar da, aber ich musste das Handwerk erst erlernen und viel nachholen. Ich hatte immer Glück mit meinen Jobs, weil ich schon als Student in großen, namhaften Büros gearbeitet habe. Dort habe ich sehr viel gelernt. Das war toll! Sie führen Ihr Architekturbüro gemeinsam mit Ihrer Frau. Wie funktioniert das? Ja, meine Frau ist für mich die beste Architektin. Sie ist auch Oberösterreicherin und war schon immer unheimlich zielstrebig. Sie wusste genau, was sie will. Das hat mich sehr fasziniert und beeindruckt. Das war auch ein Glücksfall für mich, weil wir uns gegenseitig immer fördern konnten. Irgendwann sind wir auch beruflich zusammengegangen und haben unser Architekturbüro „Raumkunst“ gegründet. Wir haben uns gemeinsam ein gutes Level erarbeitet. Das war harte Arbeit, aber immer lustvoll und mit viel Spaß verbunden, weil uns beiden die Architektur große Freude macht. Ich habe immer gesagt, dass ich damit aufhören würde, wenn es mir keinen Spaß mehr macht. Aber wenn man sich das neue LASKStadion ansieht, scheint es Ihnen noch großen Spaß zu machen … Definitiv! Es taugt mir auch, wenn die Leute sagen, dass das jetzt das schönste Stadion in Österreich wird. Und das wird es definitiv (lacht).

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WOHNEN AM SEE

BOOMT Dementsprechend hoch, ja schon fast unverschämt hoch, sind auch die Preise, die Käufer für ein Grundstück oder eine Immobilie an den Seen des Salzkammergutes zu zahlen bereit sind. Dem tut auch die Pandemie keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil: „Das Einzige, was seit Corona richtig mehr geworden ist, ist Geld“, weiß Walter Mairinger von Attersee Exclusiv Immobilien. Wir haben mit dem Nußdorfer Immobilienprofi über Kapazitäten am See, unmoralische Angebote und künftige Projekte gesprochen.

Text: Ulli Wright Fotos: TVB/Attersee-Attergau/Moritz/Ablinger, Thom Trauner

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Seit 16 Jahren gilt Immobilienmakler Walter Mairinger als erste Anlaufstelle, wenn es um Grundstücke und Immobilien im Seengebiet des Salzkammergutes geht.

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nde des vergangenen Jahres stand eine baufällige Badehütte am Wolfgangsee im Mittelpunkt des medialen Interesses. Kein Wunder, tauschte doch die zwölf Quadratmeter große Hütte auf einem Grundstück der Bundesforste in St. Gilgen den Besitzer um sensationelle 755.000 Euro. Nur kurze Zeit später wurde dieser Deal getoppt, als am Attersee eine etwas größere Hütte – ebenfalls am Grund der Bundesforste, ohne Zufahrt und Parkplatz – um rund 2,1 Millionen Euro versteigert wurde. „Die Nachfrage bestimmt den Preis, so einfach ist das“, erklärt Walter Mairinger von Attersee Exclusiv Immobilien. Seit 16 Jahren gilt der 60-jährige Immobilienmakler aus Nußdorf am Attersee als erste Anlaufstelle, wenn es um Grundstücke und Immobilien im Seengebiet des Salzkammergutes geht. Er kennt die Region, weiß, wann und wo es Gustostückerl am See zu kaufen gibt und zeichnet sich durch Diskretion und Handschlagqualität aus. Der dreifache Vater lebt mit seiner Frau mitten in Nußdorf am Attersee. Herr Mairinger, Sie waren 20 Jahre lang Geschäftsleiter in der Raiffeisenbank Attersee-Süd. Was hat Sie dazu veranlasst, ihr eigenes Unternehmen in der Immobilienbranche zu gründen? Das ist relativ einfach, denn wenn du morgens in die Arbeit kommst, „Guten Morgen“ sagst und das die erste Lüge des Tages ist, dann muss man sich verändern. Das war im Jahr 2005, damals hatte ich schon parallel zur Geschäftsleitung bei der Raiffeisenbank Attersee-Süd eine Beteiligung bei einem Immobilienunternehmen, das bereits seit 1993 am Markt tätig war. Nachdem meine Geschäftspartner ausgestiegen sind, habe ich das Unternehmen weitergeführt.

Immobilien bzw. Seegrundstücke sind generell rar und sehr begehrt. Erst kürzlich wurde eine Badehütte am Wolfgangsee um 755.000 Euro versteigert. Für viele Menschen ist das nicht nachvollziehbar. Wie schaut es aus an unseren Seen, sind da noch Kapazitäten vorhanden? Dass jemand 755.000 Euro für eine Badehütte in St. Gilgen bezahlt hat, ist für viele Menschen unverständlich. Das verstehe nicht einmal ich und ich bin wirklich preisresistent (lacht). Ich denke, der Hintergrund liegt darin, dass sich jemand ein Anwesen in der Nähe gekauft hat und die Badehütte als Seezugang haben wollte. Das muss man im Kontext betrachten. Für Außenstehende klingt es natürlich absurd, dass jemand 755.000 Euro für eine zwölf Quadratmeter große Hütte bezahlt. Aber so etwas kommt immer wieder vor. Die Käuferschicht, die bis zu zwei Millionen für eine Immobilie ausgibt, ist viel größer als man denkt. In diesem Segment gibt es relativ wenig Angebot am Wasser. Das ist nicht nur am Attersee so, sondern auch an den anderen Seen im Salzkammergut. Am Fuschlsee gibt es generell wenig verbaute Fläche. Der Attersee hat einen hohen Verbauungsgrad erreicht, aber es gibt nach wie vor natürliche Ufer, große öffentliche Badeplätze und er ist mit Sicherheit einer der beliebtesten Seen, weil er auch einer der größten ist. Der Mondsee ist vor allem bei den Salzburgern sehr begehrt. Der Wolfgangsee ist zwar verkehrstechnisch etwas schwieriger zu erreichen, aber auch dort schätzen die Salzburger den Wasserzugang und es gibt Wohnungen, die zwischen zehn- und zwölftausend Euro pro Quadratmeter kosten. Wie hoch ist der Mindestpreis am Wasser? Es gibt keinen Mindestpreis. Da kommt es einfach darauf an, was das Grundstück zu bieten hat. Es ist ja auch nicht jedes rote Auto ein Ferrari. Man muss sich ganz genau ansehen, was es ist und was es kann. Die erst vor Kurzem versteigerte Hütte am Attersee war, abgesehen von einer ausgezeichneten Lage für eine Zielgruppe, in der richtigen preislichen Bandbreite. Da wird den sonst sehr wichtigen Themen wie Zufahrt, Parken etc. nicht mehr oberste Priorität

Neubauprojekt direkt am See im Südosten des Attersees, Baubeginn 2021.

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eingeräumt. Das wird sich dann schon irgendwie regeln lassen. Wie schaut das Angebot an Immobilien in der zweiten Reihe, also nicht direkt am See, aus? Der Unterschied zwischen Grundstücken in erster und zweiter Reihe wird mit dem Faktor eins zu zehn bewertet. Ein Grundstück in zweiter Reihe, hinter der Seestraße, ohne Seezugang kostet im Schnitt 400 bis 500 Euro pro Quadratmeter, in der ersten Reihe mit Seezugang das Zehnfache. Was hat sich seit Corona verändert? Man hört ja, dass Immobilien derzeit boomen. Wie schaut es im Bereich von Luxusimmobilien in Seenlage aus? Das Einzige, was seit Corona richtig mehr geworden ist, ist Geld. Geld wird gedruckt und Geld sucht Sicherheit. Ich hatte noch nie so eine Nachfragesituation wie im Jahr 2020. Kleine Wohnungen, überschaubare Häuser und Liegenschaften, die einen Blick zum See haben, sind de facto ausverkauft. Für die Grundstücke werden Preise aufgerufen, die einfach nicht mehr rational sind, aber sie werden gezahlt. Die künstliche Marktverengung durch Regularien wie Zweitwohnsitz, ja oder nein, macht den Markt nicht günstiger. Es gibt ein kleines Angebot mit starker Nachfrage, man muss nicht Wirtschaftswissenschaften studiert haben, um zu wissen, warum das so ist. Gibt es am Attersee bereits mehr Zweitwohnsitze als Hauptwohnsitze? Dass es Zweitwohnsitze überhaupt gibt, liegt daran, dass vor allem in den 1960erund 1970er-Jahren extrem viele Grundstücke verkauft wurden. Nußdorf am

Attersee hat zum Beispiel an die 1.150 Einwohner und 1.600 Zweitwohnsitze. Im ersten Lockdown, im Frühjahr 2020, sind noch einmal 800 dazu gekommen, da auch die Dauercamper einen Zweitwohnsitz angemeldet haben. Die Diskussion zum Thema Zweitwohnsitze ist allgegenwärtig. Ursache dafür ist aber auch, dass es auf der einen Seite verkaufswillige Eigentümer gibt – darunter sind auch Einheimische –, die dann, wenn verkauft wird, natürlich den höchsten Preis erzielen wollen. Das ist menschlich.

Die Käuferschicht, die bis zu zwei Millionen Euro für eine Immobilie ausgibt, ist viel größer als man denkt.

Wie ist der Stand der Debatte um die Abgaben der Zweitwohnsitze? Es gibt eine sogenannte Freizeitwohnsitzabgabe, die die Gemeinden vorschreiben. Früher war das die erhöhte Pauschale der Tourismusabgabe. Die Freizeitwohnsitzabgabe ist deutlich höher und macht mittlerweile das Vierfache von damals aus. Dabei geht es allerdings nicht um hohe Beträge, die Abgabe beläuft sich bei einer Wohnung auf etwa 330 Euro im Jahr. So günstig kommt man nicht überall davon. An der Côte d’Azur beträgt die Abgabe ein Vielfaches. Einer meiner Kunden hat von bis zu 70.000 Euro gesprochen, die er für eine Villa zahlen hätte müssen. Er wird sich am Ende für eine Seeliegenschaft in Österreich entscheiden.

Können sich junge Familien überhaupt noch Eigentum in der Seengegend im Salzkammergut leisten? Es gibt für mich einige Musterbeispiele von gelebter Gemeindepolitik zum Thema Ansiedelung von jungen Familien. In Nußdorf am Attersee gab es ein Projekt, bei dem die Gemeinde einigen Bauern 10.000 Quadratmeter Grund abgekauft hat. Nicht zum landwirtschaftlichen Preis, sondern etwas erhöht. Diese Grundstücke wurden aufgeschlossen und unter gewissen Bedingungen an Jungfamilien verkauft. Das Nußdorfer Projekt, in einer Lage mit Seeblick, hat damals 68 Euro pro Quadratmeter gekostet. Wenn man die Freizeitwohnsitzabgabe aus den Zweitwohnsitzen für solche Projekte einsetzen würde, würde der Druck etwas rausgenommen werden. Ich bin mir sicher, dass die Zweitwohnbesitzer die Abgabe gerne zahlen, wenn sie wissen, wofür das Geld verwendet wird. Aus meiner Sicht ist hier die Gemeindepolitik gefordert. Sie haben sich vor 16 Jahren mit Ihrer Immobilienfirma selbstständig gemacht. Was genau beinhaltet Ihre Dienstleistung? Ich bin ein kleines Unternehmen mit einem großen Radius. Ich mache keine Bauträgerprojekte, aber ich begleite Bauträger. Wenn ich eine Liegenschaft mit Potenzial, die ein Bauträgerprojekt verträgt, auf den Tisch bekomme, dann wähle ich Partner, die das umsetzen. Meine Stärke ist der Vertrieb und auch das Wissen, was, wo entstehen kann. Ich weiß, was gebaut wird und welches

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Klientel kauft. Im Wesentlichen stelle ich den Kontakt zum Endkunden her, bin aber während des gesamten Prozesses involviert. 99 Prozent meiner Arbeit ist Vermittlung, ich bin aber auch sehr stark in der Beratung tätig. Mein Geschäft lebt von Empfehlungen. Was war die teuerste Immobilie im Privatbereich, die Sie jemals verkauft haben? Dabei handelte es sich um eines der größten Anwesen im Südosten des Attersees. Der Verkauf der Liegenschaft in Burgau – sie gehörte einer Familie eines Auslandsösterreichers – wurde am Ende um mehr als 50 Millionen Euro von Österreichern gekauft. Zum Teil wird diese Liegenschaft jetzt privat genutzt. Auf Teilen dieses rund 65.000 Quadratmeter großen Areals sind Wohnhäuser, Wohnungen und auch ein Hotel direkt am See geplant. Welche Kundschaft ist schwieriger, die mit dem Auto kommt oder die mit dem Flugzeug anreist? Ich habe zum Glück wenig schwierige oder komplizierte Kunden und ich habe auch nicht wirklich das Gefühl, gequält zu werden (lacht). Meine Kunden sehen meine Angebote, wenn sie zu mir ins Büro kommen und finden diese nicht im Internet. Viele angehende Käufer möchten nicht, dass ihre „künftigen“ Liegenschaften im Internet kursieren und damit ein Besichtigungstourismus einsetzt. Es läuft alles sehr diskret ab. Wie lange zieht sich der Zeitraum von der Beratung bis zum Kauf hin? Zwischen vier Tagen und zwei Jahren. Die Immobilien am Wasser werden nicht günstiger,

weil sie nicht mehr werden können. Davon bin ich seit dreißig Jahren überzeugt, nur das Geld wird mehr und auch die Summe der vertanen Chancen wird jedes Jahr höher. Wie schätzen Sie die Zukunft der Immobilien am See ein? Größere Liegenschaften am See werden öfter verkauft und dann zerstückelt. In Nachfolgegenerationen durch Erbschaften gibt es häufig das Problem von mehreren Eigentümern. Dann möchte der eine das Geld, der andere die Liegenschaft – Konflikte sind vorprogrammiert, aber das kommt in den besten Familien vor. Und somit wird dann oft nur ein Teil der Liegenschaft verkauft. Was die Zukunft betrifft, so werden die Liegenschaften nicht mehr werden, aber die Nachfrage steigt und das macht in Wahrheit die Dynamik des Marktes aus. Ob es in diesem Tempo so weitergeht, kann ich nicht sagen.

Viele Promis zieht es an die Seen im Salzkammergut. Es wird gemunkelt, dass Helene Fischer in Nußdorf ansässig wird. Was schätzen die Promis am Salzkammergut? Wir sind es gewohnt, dass wir Menschen sehen, die einen relativ hohen Bekanntheitsstatus haben. Das ist den Einheimischen aber relativ egal. Bei Helene Fischer war das tatsächlich anders, da kamen Menschen voriges Jahr sogar extra zu uns, in der Hoffnung, sie zu sehen. Das Positive an der Geschichte war, dass eine Woche lang nicht mehr über Corona gesprochen wurde, sondern nur mehr über Helene Fischer (lacht). Aber Spaß beiseite, Helene Fischer kommt gerne zu uns zum Essen an den Attersee, weil wir sehr gute Restaurants haben. Sie baut jedoch gerade am Ammersee in Bayern ein Haus am See. Wie sieht es mit Ferienwohnungen aus? Wird hier noch viel gebaut und investiert? Es gibt so gut wie fast keine Projekte. In der ersten Reihe am See ist schon sehr viel verbaut, daher müsste etwas Bestehendes aufgegeben werden. Außerdem gibt es für Ferienwohnungen ohnehin keine Widmung.

IMMOBILIENPROFI MIT HANDSCHLAGQUALITÄT. Am Attersee kennt sich Walter Mairinger aus, da kann ihm keiner etwas vormachen.

Wie sieht der Immobilienmarkt aktuell in Salzburg aus? Salzburg ist ein großes Dorf mit internationaler Beteiligung. Salzburg ist natürlich immer stark gefragt. Der Preis pro Quadratmeter in der Getreidegasse ist fünfstellig und aufwärts. Das hat mit der Enge des Marktes zu tun, aber auch mit den gestiegenen Baukosten durch höhere Auflagen.

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Wohnung mit Ausblick beim Neubauprojekt im Südosten des Attersees .

Waren Sie schon einmal in der Situation, dass sie sich dachten, das Objekt hätte ich selber gern gekauft? Natürlich sehe ich immer wieder tolle Objekte. Ich kaufe auch ab und zu Wohnungen. In meiner Branche muss man damit aufhören, seine eigenen Immobilien sentimental zu betrachten. Man kann im Leben nicht alles planen, manchmal muss man es einfach passieren lassen. Wo und wie wohnen Sie selber? Wir wohnen im Zentrum von Nußdorf und verbringen so viel Zeit wie möglich am eigenen Seegrundstück mit Hütte und Bootshaus.

mich morgens und abends in den Spiegel schauen zu können und mit mir selbst und meiner Moral zufrieden zu sein. Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit? Was ist das, Freizeit? (lacht). Ich arbeite wirklich viel, oft auch zum Leidwesen meiner wesentlich besseren Hälfte. Aber meine Arbeit macht mir großen Spaß. Ich bin gerne früh morgens am Golfplatz und natürlich auch am See. Und dann gibt es ja schon zwei entzückende Enkelkinder, die irgendwann „Opa-Zeit“ einfordern werden.

Apropos Golfplatz, Sie waren einer der Motoren, der den Was ist das Spannende an Ihrem Beruf? Golfplatz am Attersee entstehen lassen hat, oder? Ich habe das große Glück, dass ich in einer Region arbeite, in die alle Infrastruktureinrichtungen, die letztendlich auch mein Lewollen. Ich lerne fast täglich spannende und interessante Menschen bensumfeld stärken, sind mir ein Anliegen. Auch beim Thekennen, die eine 500 Euro Wohnung mieten ma Hotelprojekte unterstütze ich die wollen und auch welche, die eine Immobilie Menschen, wo ich nur kann. Am Atterum 20 Millionen kaufen. Man muss jeden reinsee gab es einmal 11.000 Gästebetten, lassen und alles zulassen. Jeder Kunde ist eine jetzt haben wir nur mehr 4.200. Meiner neue Chance. Meinung nach verträgt der Attersee Bei mir bekommt neben den hervorragenden Hotels der Kunde Warum sollte man sich bei der Grundstückund Gasthäusern, die sich in der ReAngebote zu sehen, suche bzw. beim Hauskauf an einen Immobiligion befinden, eine Erweiterung des die er im Internet enprofi wenden? Angebotes, um die Destination ganzBei mir bekommt der Kunde Angebote zu jährig zu beleben. Die Befürchtungen, nicht findet. sehen, die er im Internet nicht findet. Das ist dass hier nur verdeckt Zweitwohnsitze mein Vorteil. Manchmal fahre ich mit Kunden gebaut werden, sind aber der größte auch mit dem Motorboot herum und zeige ihBremsklotz für derartige Projekte. Da nen das eine oder andere Juwel (lacht). Die „Maklerei“ ist generell ein helfen nur Beharrlichkeit und ein langer Atem. Haifischbecken. Am Attersee kenne ich mich einfach sehr gut aus, da kann man mir nichts vormachen. Können Sie uns neue spannende Projekte verraten? Im südöstlichen Teil des Attersees, in Burgau, entstehen Bekamen Sie schon unmoralische Angebote? derzeit neun Wohnungen direkt am See. Das wird ein guIch habe den Ruf, die Preise am See hoch einzuschätzen. Also mein tes Projekt, bei dem auch die eine oder andere Bauparzelle schlechter Ruf ist, dass ich hohe Preise erziele. Eher käuferfeindlich vorhanden ist. Es gibt auch am Standort des ehemaligen und verkäuferfreundlich (lacht). Aber zu dem stehe ich auch. Was ich Campingplatzes in St. Gilgen ein interessantes Hotelkonnicht mag, ist das Spiel „Wer bietet mehr?“ Das mache ich nicht, das zept. Direkt am See kommt ein Projekt in Schwarzindien ist nicht meins. Mein größter Kritiker bin ich selbst. Mir ist es wichtig, am Mondsee und im Zentrum von St. Wolfgang wird auch gebaut. Die unmittelbare Seeanbindung mit Steg zeichnet dieses Bauvorhaben aus. Ja, es tut sich einiges. Ruhige, kleine Häuser direkt am See, die sich alle wünschen würWohnen am See in St. Wolfgang. den, gibt es jedoch derzeit nicht. Wir haben einen ausverkauften Markt bei Grundstücken.

KONTAKT ATTERSEE EXCLUSIV IMMOBILIEN Walter Mairinger Tel.: 0676 / 6688 011 www.amattersee.at

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„FÜR JEDES UMWELTPROBLEM GIBT ES EINE LÖSUNG“ Umweltschutz ist heute untrennbar mit dem Namen Wolfgang Neumann verbunden. Als Gründer der Energiesparmesse in Wels im Jahr 1985 hat der Oberösterreicher schon früh bewiesen, dass er ein Mann der Taten ist. Mit dem „Energy Globe Award“ gelang Neumann 1999 dann der weltweite Durchbruch. Der sympathische Energiepionier im exklusiven Talk.

Text: Laura Zapletal Fotos: Thom Trauner

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olfgang Neumann ist ein Mann, der für den Umweltschutz brennt. Das merken wir auch schnell beim Interview, als er von seinen Meilensteinen erzählt. Diese Leidenschaft und Überzeugung ist auch eine der Erfolgskomponenten des Energiepioniers. Die 1985 von Neumann ins Leben gerufene Energiesparmesse in Wels gilt heute als die erfolgreichste derartige Veranstaltung in Mitteleuropa. Es folgten ein Energieausweis für Gebäude und zahlreiche Energieberatungszentren in ganz Europa. Mit dem „Energy Globe Award“ stellte Wolfgang Neumann 1999 erstmals einen Umweltpreis für Nachhaltigkeit auf die Beine,

der heute zu den renommiertesten weltweit zählt und Weltpersönlichkeiten wie Michail Gorbatschow, Amory Lovins und Maneka Gandhi auf die Agenda rief. Privat hat er sein Glück im Salzkammergut gefunden, wo er mit seiner Frau und seinen fünf Töchtern auf einem Bauernhof nahe Traunkirchen lebt. Im Interview verrät uns der sympathische Energiepionier, wie es zum „Energy Globe Award“ gekommen ist und welche nachhaltigen Lösungen er als bedenklich einstuft. Herr Ing. Neumann, wie ist die Idee zum „Energy Globe Award“ entstanden? Ausgangspunkt war eine große Konferenz in Wels, bei der wir schon damals begonnen

haben, große Projekte vorzustellen. Inspiriert von einem spanischen Teilnehmer, der uns ein großartiges Projekt präsentiert hat, beschloss ich, einen Award für Nachhaltigkeit auf die Beine zu stellen. Später bei der Konzeptausarbeitung war es mir wichtig, das Ganze leicht verständlich und als eine Art Show aufzubauen. Einer, der mich dabei stets maßgeblich unterstützt hat, war Dr. Christoph Leitl. Nach drei Jahren haben bereits 30 Länder teilgenommen. 2005 war der „Energy Globe Award“ Aushängeschild auf der EXPO in Japan. Ein Jahr darauf hat der heutige kanadische Premierminister Justin Trudeau als Moderator die Verleihung des „Energy Globe World Award“ in Vancouver vorgenommen.

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2007 und 2008 gelang es uns dann sogar, das Europäische Parlament in Brüssel als Location zu gewinnen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Zeremonie erstmals weltweit in neun Sprachen ausgestrahlt. Seit 2013 wird der Award auch national vergeben. Mittlerweile nehmen jedes Jahr mehr als 180 Länder am „Energy Globe Award“ teil. Das freut mich natürlich sehr! Haben Sie mit so viel Zuspruch gerechnet? Nein, überhaupt nicht. Zum Zeitpunkt der Gründung gab es nichts Vergleichbares. Und obwohl ich als Techniker wenig Ahnung von der Materie hatte, war ich schon immer der Überzeugung, dass man im Leben alles schaffen kann, wenn man mit Herzblut dabei ist und es nicht wegen des Geldes macht. Der Award setzt sich aus den Kategorien „Erde“, „Feuer“, „Wasser“, „Luft“, „Jugend“ und in Österreich mit der Sonderkategorie „Nachhaltige Gemeinde“ zusammen. Wo sehen Sie das größte Potenzial für die Zukunft? Es ist ein guter Mix. Natürlich gibt es immer wieder neue Schwerpunkte. Wasser ist zum Beispiel ein Thema, das wir sehr vernachlässigt haben. Hier gilt es, unter anderem das Verbraucherverhalten zu optimieren. So liegt zum Beispiel in Amerika der Wasserverbrauch insgesamt pro Kopf und Jahr bei unglaublichen 1,2 Millionen Litern. Dabei könnte man locker bis zu 80 Prozent einsparen. Welche Voraussetzungen müssen vorhanden sein, um teilnehmen zu können?

Bei uns dürfen nur Projekte eingereicht werden, die bereits umgesetzt wurden. Die Größe der Projekte ist aber egal. Nach welchen Kriterien werden die Siegerprojekte ausgewählt und was erhalten die Gewinner? Die Nominierung setzt sich aus den fünf Maßstäben „Innovationsgrad“, „Nutzen für die Umwelt“, „Soziale Auswirkungen“, „Multiplizierbarkeit“ und „Kosten-Nutzen-Relation“ zusammen. Die Projekte werden alle Jahre wieder von einer 30-köpfigen Expertenjury beurteilt. Die internationalen Siegerprojekte erhalten neben dem Award ein Preisgeld, für die nationalen Sieger gibt es eine Urkunde. Welches Umweltprojekt ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben? Viele! (lacht) Was mir in Sachen Weiterentwicklung gefallen hat, waren zwei Projekte aus Marokko und Oberösterreich. Durch die Wasserknappheit in Marokko hat sich ein Team von dort auf die Luftfeuchtigkeitsgewinnung spezialisiert. Heuer wurde dann ein Projekt aus Oberösterreich eingereicht, das mithilfe eines speziell konstruierten Containers aus der Luftfeuchtigkeit Trinkwasser herstellt und die notwendige Energie mittels Photovoltaik gewinnt. Wo liegt Österreich in puncto Umweltbewusstsein im internationalen Vergleich? Österreich liegt, was Technologie und Entwicklung, aber auch Energiequellen wie Wasserkraft betrifft, an der Spitze. Falsch war jedoch aus meiner Sicht der Beschluss der

OBJEKT DER BEGIERDE. Der „Energy Globe Award“ zählt heute zu den renommiertesten Umweltpreisen weltweit.

Seit mittlerweile 40 Jahren setzt sich Wolfgang Neumann unermüdlich für die Bewusstseinsbildung in Sachen Energieeffizienz ein.

Agenda 20-20-20, wonach sich jedes Land in Europa nochmals um 20 Prozent verbessern muss. Daraus folgt, dass wenn du bereits gut bist, diese Ziele kaum mehr erreichen kannst und deshalb als Verlierer dargestellt wirst, obwohl du eigentlich besser bist als andere Staaten. Kann man der Umweltkrise wirklich noch entgegenwirken? Das beste Beispiel ist meiner Meinung nach das Ozonloch. Als ich jung war, hat jeder gesagt, dass in spätestens 30 Jahren Schluss sein wird. Heute ist das Ozonloch kleiner als je zuvor. Das muss man letztendlich als Vision sehen. Im Prinzip gibt es bei unseren bisher 30.000 eingereichten Projekte für jedes Umweltprojekt bereits eine Lösung, man muss die Leute nur motivieren, sie zu nutzen. Wie können Menschen aus Ihrer Sicht motiviert werden, nachhaltig zu handeln? Das Thema muss wieder sexy werden. Heute ist es sexy, demonstrieren zu gehen. Die „Fridays for Future“-Bewegung ist ein guter Weckruf, sollte aber schnellstmöglich zu „Acting for Future“ werden. Aktiv werden Menschen durch Anreize. Indem man ihnen einfach und objektiv zeigt, welche persönlichen Vorteile für sie entstehen, werden sie nachhaltig handeln. In diesem Sinne werden wir in den nächsten Monaten das Onlineportal „checkpoint.eco“ auf den Markt bringen. Hier kann man kostenlos zu allen Lebensbereichen, wie zum Beispiel beim Haus, seinen Energiestatus virtuell durchchecken lassen. Auf Wunsch wird der Nutzer dann zu einem Dienstleister in seiner Gemeinde vermittelt,

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der einem umgehend auch die Kosten für die Sanierung benennen kann. Das Portal ist für Bürger, Gemeinden und jegliche Art von Einrichtungen konzipiert. Begleitend dazu wollen wir mit dem Schulprojekt „Energie Checker“ Volksschüler sensibilisieren. Im weiteren Schritt plane ich eine Social Media Community für Nachhaltigkeit basierend auf den Eckpfeilern „Energy Globe Award“, „Energie Globe Project-Datenbank“ für Wirtschaftstreibende, „checkpoint.eco“ für den Konsumenten und eine „Energie Globe Akademie“. Letztere soll als eine wissenschaftliche und unabhängige Begleitung der Politik fungieren, die unter anderem Zertifikate für nachhaltige Unternehmen vergibt. Diese Community ist aus meiner Sicht die einzige Lösung für die Zukunft. Viele betiteln E-Mobilität als die Lösung im Kampf gegen die Luftverschmutzung. Sehen Sie das auch so? Aus meiner Sicht sind Elektroautos mit Batterie nur in manchen Segmenten des Verkehrs eine gute ökologische Lösung. Eine Studie aus Schweden hat herausgefunden, dass ein Elektrofahrzeug erst bei etwa 100.000 Kilometern eine ähnliche Ökobilanz wie ein dieselbetriebener Wagen hat. Vorausgesetzt, der Strom kommt aus erneuerbarer Erzeugung und das kann nur in wenigen Ländern wie Österreich garantiert werden. Denn weltweit liegt der Anteil an erneuerbarer Energie nur bei fünf Prozent. Ich war schockiert, als bei einem Vortrag zum Thema batteriebetriebene Fahrzeuge einer der wichtigsten Berater der deutschen Automobilindustrie auf die Frage, ob wir überhaupt genug Strom haben, antwortete „Kein Problem, wenn er zu wenig wird, dann fahren wir mit unseren Kohlekraftwerken wieder hoch und sonst haben wir auch noch Atomkraftwerke.“ Hier stellt sich für mich die Frage, ob es vielleicht nur um das „Geld verdienen“ geht. Auch die

Wenn Menschen sehen, welche Vorteile durch ihr nachhaltiges Handeln für sie entstehen, werden sie auch tätig.

Frage des Recyclings von Altbatterien stellt sich. In Österreich arbeitet bereits das Unternehmen „Saubermacher“ an einer Lösung, in anderen Ländern denkt man noch nicht darüber nach. In China setzt man schon voll auf Wasserstoff aus erneuerbarer Energie und für batteriebetriebene Fahrzeuge gibt es Elektrotankstellen, wo ein Roboterarm die leere Batterie gegen eine geladene austauscht. Das heißt keine Wartezeiten und keine überdimensionierten Ladestationen, die die Stromversorgung gefährden. Ich glaube, die Zukunft der Mobilität liegt in diesem Mix. Alternativ hat sich ein österreichisches Unternehmen auch bereits auf die Produktion von Biogas aus Wasserstoff spezialisiert. Dieses eignet sich hervorragend für gasbetriebene

Fahrzeuge, für die es schon lange ausgereifte Konzepte gibt. Sowohl Wasserstoff als auch Biogas sind absolut umweltfreundlich und bieten den gewünschten Komfort. Österreich ist hier in den Entwicklungen vorne dabei, aber es braucht auch die Politik, die mit Kompetenz die richtigen Rahmenbedingungen setzen muss. Die beste Lösung ist aber immer noch, so oft es geht, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen und bei Autos Fahrgemeinschaften zu gründen, denn entscheidend ist der Energieverbrauch pro Person. Bei der Stromversorgung wird hingegen der Einsatz von Photovoltaikanlagen gepusht. Das ist grundsätzlich zu begrüßen, für mich ist aber nicht erklärbar, dass auf die wichtigsten begleitenden Maßnahmen vergessen wird. In unseren Regionen kann eine Photovoltaikanlage nur maximal 1.000 Stunden im Jahr Strom produzieren, das Jahr hat aber fast 9.000 Stunden. Es heißt also, dringendst Speicherkapazitäten zu schaffen, die den Strom aus erneuerbarer Energie das ganze Jahr verfügbar machen. Dies kann die vorab genannte Umwandlung in Wasserstoff oder noch besser in Biogas sein, wo unendliche Speicherkapazitäten vorhanden sind. Zu Hause hat man dann eine Mikrokraftwärmekopplung, die dieses Gas mit einem Wirkungsgrad von fast 100 Prozent in Wärme und Strom umwandelt. Wie hoch schätzen Sie die Blackout-Gefahr ein? Aus meiner Sicht liegt die Gefahr bei 100 Prozent. Der Stromverbrauch steigt konstant. Ohne Speicherung und ausreichende Kraftwerkskapazitäten, die rasch hochfahren können, wird es zu großen Problemen kommen. Auch hier ist die Politik gefordert, rasch die Rahmenbedingungen für Energieversorger zu schaffen. Denn es ist schon schlimm, wenn Photovoltaikanlagen gefördert werden und

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dann viele bei Schönwetter bzw. im Sommer wieder abgeschaltet werden, weil zu viel Strom am Markt ist und es keine Abnahme dafür gibt. Oft wird dieser Strom sogar verschenkt, was wieder Kraftwerke unrentabel macht. Um sich die Dimension unseres weltweiten Energieverbrauches besser vergegenwärtigen zu können: Würde man die gesamte jährlich benötigte Energie auf unserem Planeten in Öl umrechnen, so entspräche das DUNKLE AUSSICHTEN. 14 Milliarden Tonnen Öl. Diese Menge, in KesLaut Neumann liegt die selwaggons gefüllt, ergäbe eine Zuglänge, Gefahr eines Blackouts bei 100 Prozent. die 120 Mal um die Erde reichen würde. Diese benötigte Energie wird in der Realität zu rund 90 Prozent durch Verbrennung genutzt. Und nahezu unglaublich, die Sonne benötigt nur rund acht Stunden, um diese Menge an Energie zur Erde zu schicken. Deshalb sollte kann man eine Zeit lang über die Runden man Sonnenenergie unbedingt nutzen, aber kommen. dringend die begleitenden Rahmenbedingungen schaffen. Neben der Schaffung von Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei Ihnen Speichermöglichkeiten gehören auch die privat? Optimierung des Ressourcenverbrauchs und Eine sehr große und da ich eine Landwirtein intelligentes Energieschaft besitze, ist es auch management dazu. Das relativ einfach. Ich habe meiheißt dann, Energie zu ne Tiere, heize nur mit Holz Wir steuern verbrauchen, wenn sie beziehungsweise habe eine verfügbar ist. Hier kann Sonnenkollektoren- und Phoheute ein Smart Manager heltovoltaikanlage, außerdem frontal auf fen. fahre ich, so oft es geht, mit einen öffentlichen Verkehrsmitteln. Blackout Wie kann man diesem Am meisten stolz bin ich aber, zu. Blackout entgegensteudass ich den Umweltgedanern? ken an meine fünf Töchter Kurzfristig empfehle ich, weitergeben konnte. die wichtigsten Elektrogeräte im Haushalt auf einen eigenen StromWie kann jeder Einzelne im Alltag zum Umkreis zu geben, den man im Notfall mittels weltschutz beitragen? eines Netzfreischalters vom öffentlichen Im Prinzip ist es relativ einfach. An LebensStromnetz trennen und extern mit einem mitteln sollte nur das gekauft werden, was kleinen Stromaggregat versorgen kann. So gerade Saison hat und auch nur so viel, was

tatsächlich gegessen wird. Leider werden heute bis zu 35 Prozent der Lebensmittel weggeworfen. Aber auch der Wasserverbrauch ist bei der Lebensmittelproduktion enorm. Alleine 15.000 Liter Wasser werden pro Kilo Rindfleisch verbraucht. Das hat uns dazu veranlasst, künftig eine Kategorie für gesundes und nachhaltiges Essen zu machen. In puncto Mobilität hat eine Studie ergeben, dass 600 Kilometer pro Jahr mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, sinnvoller ist als jedes Elektrofahrzeug. Beim Lüften im Eigenheim gilt: Heizung abdrehen und maximal 20 Minuten alles öffnen. Bei Plastik bin ich hingegen nicht der Meinung, dass es generell schlecht ist. Schlecht sind Einwegverpackungen, Kunststoff an sich ist aber ein toller Werkstoff, der bis zu zehn Mal wiederverwertet werden kann – vorausgesetzt er wird gesammelt und richtig recycelt. Wo wird der „Energy Globe World Award“ 2021 abgehalten werden? Mein Ziel ist, künftig alles in Österreich auszurichten. Wir liegen aus meiner Sicht in puncto Nachhaltigkeit ganz vorne und das sollten wir der Welt auch zeigen. Langfristig plane ich den „Energy Globe World Award“ als einen Spielfilm mit Starbesetzung aufzubauen. Ich möchte alles im Vorhinein aufzeichnen und es dann den Fernsehstationen weltweit anbieten. Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Gesundheit und weiterhin viel Kraft und Energie, um Leute von meinen Projekten zu überzeugen. Mein guter Freund Kofi Annan schrieb mir in seinem letzten Brief den altbewährten Spruch: „Vergiss nie, dass die Welt nicht uns gehört, sondern eigentlich von unseren Kinder geborgt ist.“ An diesem Gedanken sollten wir festhalten.

Redakteurin Laura Zapletal und Herausgeber Josef Rumer im Talk mit Umweltpionier Wolfgang Neumann.

www.energyglobe.at

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DIE QUOTENSERIE

JEDEN DONNERSTAG

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COACHE DICH SELBST Seit mehr als 25 Jahren begleitet Führungskräftecoach Adelheid Stieger-Lietz Menschen durch herausfordernde Zeiten. Das jüngste Werk der Wirtschaftspsychologin aus Linz ist ein Selbstcoaching-Set, mit dem man sein eigenes Kraftwerk für ein erfolgreiches Leben und Arbeiten aktivieren kann. Ulli Wright hat die Unternehmensberaterin zum Interview gebeten und das Set getestet.

Text: Ulli Wright Fotos: Richard Haidinger

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as haben Musiker Andie Gabauer und der Linzer Friseurmeister Peter Fuchs gemeinsam? Beide Männer nutzten den Austausch mit Adelheid Stieger-Lietz bereits mehrmals in besonders herausfordernden Lebenssituationen. „Nach einer Stimmbandkrise im Frühling dieses Jahres folgte eine schwere Dickdarmerkrankung, die mir fast das Leben gekostet hätte. Adelheid Stieger-Lietz hat mich in meiner schwersten Zeit begleitet“, erzählt Musiker Andie Gabauer. Auch Peter Fuchs setzt auf das Know-how und Einfühlungsvermögen der Linzer Wirtschaftspsychologin. „Drei Firmen, viele Mitarbeiter, Hausbau und Familie verlangten dem bekannten Linzer Friseurmeister und Unternehmer vor fünf Jahren einiges ab. „Ich hatte keine Kraft mehr und war ausgepowert. Dank Adelheid Stieger-Lietz gelangte ich zu Klarheit und fand zu meiner Stärke zurück“, schildert Peter Fuchs. Seit mehr als 25 Jahren ist die Unternehmensberaterin als Wirtschaftspsychologin, Führungskräftecoach und Mediatorin tätig. Im Laufe der Zeit hat sie viele Klientinnen und Klienten betreut, die vollkommen erschöpft

waren. Ihre Aufgabe sieht die sympathische Linzerin darin, einen Funken an Energie zu finden und zu nähren. Sie hat sich als Expertin für lösungsorientiertes Konflikt- und Krisenmanagement etabliert und nun unter dem Titel „Sei dein Kraftwerk“ ein Selbstcoaching-Set entwickelt und herausgebracht. Das Set beinhaltet den reichen Fundus an jahrelanger Arbeitserfahrung im Training und Coaching sowie spezifisches Fachwissen aus Studium und Forschungen in den Bereichen Psychologie und Management. Darüber hinaus konnte Adelheid Stieger-Lietz sämtliche vorgestellte Methoden – quasi als eigene Probandin – während ihrer Krebserkrankung erfolgreich einsetzen. Frau Dr. Stieger-Lietz, was hat Sie dazu bewogen, Führungskräftecoach zu werden? Ich mag die Spezies Führungskraft einfach. Diese Menschen sind spannend, sie handeln zielund lösungsorientiert und es hat mich immer interessiert, was sie von jenen Menschen unterscheidet, die in Problemen hängen bleiben und deprimiert sind. Das kommt nämlich bei Führungskräften eher selten vor. Und dieses Interesse, diese Sympathie war wohl auch ausschlaggebend, dass ich diesen Beruf gewählt habe.

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„ES SIND DIE BEGEGNUNGEN MIT DEN MENSCHEN, DIE DAS LEBEN LEBENSWERT MACHEN.“ - GUY DE MAUPASSANT Zitat einer Inspirationskarte im Selbstcoaching-Set

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Wann kommen Führungskräfte zu Ihnen? Was ist die Motivation dahinter? Meistens kommen Führungskräfte erst dann, wenn der Hut brennt. Wenn es bereits fünf nach zwölf ist, wenn Personalrochaden anstehen, Mitarbeiter plötzlich kündigen oder auch, wenn eine knifflige Firmenübergabe ansteht. Viele suchen meinen Rat auch, wenn sie ihren Betrieb weiterentwickeln, ihn neu strukturieren oder organisieren wollen. Vor allem in der Corona-Krise habe ich diesbezüglich viele Anfragen bekommen. So in Richtung Change Management? Ja, wobei ich hier festhalten möchte, dass ich nicht den Change Management-Prozess an sich begleite, sondern die Führungskraft coache. Dabei gilt es, vor allem zu hinterfragen, was sie erreichen will und welches Ziel sie verfolgt. In herausfordernden Zeiten wie diesen braucht es mehr denn je Führungskräfte, die visionär und zukunftsorientiert sind, sogenannte Vorreiter, und dabei ist es ganz wichtig, dass sie Menschen an der Seite haben, die bereit sind, gerne mitzureiten. Wann ist es an der Zeit, sich Hilfe zu holen? Auch wenn man noch so visionär ist, irgendwann steht man an und fragt sich, wie geht es weiter. Wenn sich die Spirale nur mehr nach unten bewegt, die Führungskraft zwar funktioniert, sich dabei aber nicht mehr spürt, dann ist es höchste Zeit, sich Hilfe zu holen. Als Coach kann ich mit Fragestellungen, verschiedenen Methoden und Analyseverfahren herausfinden, warum eine Führungskraft zum Beispiel vor einer Wand steht und nicht mehr weiter weiß. Ich versuche dann mit ihnen gemeinsam herauszufinden, was diese Menschen blockiert. Meistens erkennen meine Klienten im Coaching sehr schnell, wo das Problem liegt. Wir alle können in Notsituationen gelangen, in denen von außen plötzlich Einschränkungen kommen. Herauszufinden, wo wirklich der Haken ist, funktioniert mit einer Außenperspektive meistens sehr gut. Es ist wichtig, mit jemandem zu sprechen, der nicht befangen ist, sich aber trotzdem in der Materie auskennt. Mit welchen Problemen schlagen sich Führungskräfte, die zu Ihnen kommen, herum? Zu pauschalisieren wäre unfair, was mir allerdings auffällt, ist, dass es vor allem zwischenmenschliche Probleme sind, die Führungskräfte zu mir führt, oder dass etwas mit der persönlichen Ausrichtung nicht mehr stimmt. In dem geschützten Rahmen, den ich ihnen

biete, präsentieren sie meistens sehr schnell ihre Gesamtsituation und ich lerne sie wirklich als der Mensch, der sie sind, kennen. Unternehmen, Job, Beziehung, Familie – man muss immer das Gesamte im Auge behalten. Wir bestehen ja nicht nur aus unserem Beruf, es gehört alles zusammen und auch die „privaten“ Themen muss man miteinbeziehen. Können Sie da ein Beispiel nennen? Junge Führungskräfte haben zum Beispiel oft ein Riesenthema mit der Familienplanung und unerfülltem Kinderwunsch. Und auch für diese Themen muss Platz sein. Als Coach kann ich einen Menschen ein Stück weit begleiten und es ist für mich immer wieder eine große Ehre, zu sehen, wie viel Vertrauen mir geschenkt wird. Gutes Coachen bedeutet für mich, meine Klienten durch Klarheit und folgender Handlungsfähigkeit zu Höchstleistungen zu fördern. Meistens reicht es schon aus, wenn man das Rad zu drehen beginnt. Plötzlich beginnt dann wieder alles rund zu laufen. Im Beruf, in der Beziehung und im Körper. Wie schaut Ihrer Meinung nach eine gute Führungskraft aus? Führungskräfte sind meistens sehr charismatisch. Denken Sie nur an Barack Obama – von dem wir, bis er Präsident der Vereinigten Staaten wurde, kaum etwas gehört haben. Plötzlich ist da jemand, der Menschen begeistern kann. Gute Führungskräfte sind Persönlichkeiten, die eine Botschaft, eine Mission und einen tieferen intrinsischen Sinn haben. Sie haben auch in schwierigen Zeiten einen Grundoptimismus und strahlen etwas aus, auch wenn sie introvertiert sind. Sie sind von ihrer Sache begeistert, erkennen Probleme, trauen sich hinzuschauen und bleiben nicht hängen. Sie sind lösungsorientiert. Sie sind Macher, haben Spirit, Energie und im Optimalfall auch eine Leidenschaft und Liebe zu Menschen, Visionen und ihrem Produkt. Sie gehen ihren eigenen Weg, meistens sehr schnell, aber sie schauen immer wieder zurück und nehmen andere Menschen mit Wertschätzung und Leidenschaft mit. Sie arbeiten seit mehr als 25 Jahren als Führungskräfte-Coach. Wie haben sich Führungskräfte in diesen mehr als zwei Jahrzehnten verändert? Früher gingen die jungen Führungskräfte sehr betriebsorientiert vor, das Unternehmen stand absolut im Mittelpunkt, Personalmanagement war nicht so wichtig wie heute. Es war das Um und Auf ständig präsent und

sichtbar zu sein. Die Leistungsorientierung hatte absolut Vorrang. Die jungen Führungskräfte von heute wissen, dass neben dem Job auch andere Seiten des Lebens wie Gesundheit, Beziehung, Familie und Freizeit wichtig sind. Die sogenannte Work-Life-Balance spielt bei der Generation der 30- bis 40-Jährigen eine wesentliche Rolle. Im Coaching bringen diese Klienten auch sehr schnell ihre Partnerschaft und ihr Team zur Sprache. Das hat es vor 25 Jahren in dieser Form nicht gegeben. Dennoch brennen junge Führungskräfte eher aus. Das Wort Burn-out hat es vor 30 Jahren noch gar nicht gegeben ...? Das hängt sicher auch mit der fortschreitenden Digitalisierung und der damit einhergehenden Schnelllebigkeit zusammen. Der Puls ging früher ohne E-Mail, Handy und dauernde Erreichbarkeit langsamer. Daher ist es auch enorm wichtig, auf eine gewisse Work-LifeBalance zu achten. Das Ausgebranntsein erlauben sich Führungskräfte aber oft nicht bzw. sie wollen es nicht wahrhaben. Plötzlich hat man Schlafstörungen oder die Kreativität ist weg. Daher mache ich in den Coachings mit den Klienten auch immer einen Stresscheck, mit dem man rasch herausfindet, wo die Ursachen liegen. Im Job bleiben oder kündigen? Die Firma behalten oder verkaufen? Was soll man machen, wenn man nur mehr Schwarz oder Weiß sieht und nicht weiß, wie man sich entscheiden soll? In so einem Fall ist es wichtig, vorerst einmal gar keine Entscheidung zu treffen und zur Ruhe zu kommen. Egal, ob beruflich oder privat, man soll nie im Disstress – also im negativen Stress – eine Entscheidung fällen. Können Sie bei der Entscheidungsfindung helfen? Ja, und genau darum geht es meiner Meinung nach im Coaching. Die Klienten wollen Klarheit finden. Erfahrungsgemäß dauert es in der ersten Sitzung rund 45 Minuten, bis sich die ersten Nebel lichten. Wenn ein Klient im Notprogramm ist, merke ich das sehr gut an seiner Körpersprache. Dann fragen wir, warum ist diese Person in Not und wir versuchen, aus diesem Modus herauszukommen. Mittels verschiedener Methoden beleuchten wir gemeinsam Lösungen. Aber zuallererst schauen wir, dass der Puls runtergeht und die Person in einen Eustress – also positiven Stress – kommt.

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Was passiert dann? Meistens gehen die Klienten nach zwei Stunden erleichtert aus dem Coaching raus. Vor allem deshalb, weil sie wissen, dass sie sich nicht auf der Stelle entscheiden müssen. Da fällt sehr viel an Druck weg. Ich vereinbare mit den Klienten ein Zeitfenster, bis wann die Entscheidung getroffen werden soll. Man schaut in die Zukunft, plant die nächsten Schritte in Richtung Lösung, trifft aber keine Entscheidung. Wie geht es in den Sitzungen weiter? In Notsituationen kommen die Klienten im Abstand von drei Wochen zu mir. Wenn es ganz dringend ist auch im Abstand von 14 Tagen. Dazwischen bekommen sie Aufgaben gestellt. Wenn es zum Beispiel im Team Konflikte oder Probleme gibt, dann ist es am besten, vorerst einmal nur zu beobachten und Aufzeichnungen zu machen. Wenn man das Ganze aus einer gewissen Distanz betrachtet, kann man durchatmen und erste Lösungsschritte überlegen. Im November haben Sie im Eigenverlag ein Selbstcoaching-Set herausgebracht. War das ein Lebenstraum?

Ja, ich habe immer davon geträumt, auf einer Almhütte zu sitzen und ein Buch zu schreiben. Meine Krebserkrankung hat mich schließlich dazu bewogen, diesen Traum in die Realität zu bringen. Denn Leben findet immer im Jetzt statt. Mir kann es nur jetzt gut gehen. Das, was ich heute mache, freut mich. Worauf also warten? Und so habe ich zu schreiben begonnen. Das Set war übrigens nicht geplant, es ist im Prozess des Schreibens entstanden und ich habe sämtliche Übungen aus dem Coaching-Set beinhart durchgemacht. Ist es Ihnen schwergefallen, das Buch bzw. das Set zu machen? Vor der Chemotherapie habe ich begonnen, mein Wissen und meine Erfahrungen als Coach sehr fachlich niederzuschreiben. Das war extrem umfassend, ich hätte zu jedem Themenbereich ewig dahinschreiben können. Zu guter Letzt habe ich alles zusammengefasst, das war das Schwierigste (lacht). Aber im Endeffekt geht es immer um die Einfachheit. Es geht darum, die Herzen der Menschen zu erreichen. Mein Ziel war und ist es, den Menschen etwas zu schenken, von dem ich überzeugt bin, dass es in der Praxis funktioniert und ich glaube, das ist mir ganz

Fazit: Das Selbstcoaching-Set hat mich zum Nachdenken über mich selbst und zum Reflektieren angeregt. Mein Kraftbild, die Motivationskarten und auch meine „Big Five“ begleiten mich seither im Alltag, was vor allem in dieser herausfordernden Zeit hilfreich ist. Das schmucke Set steht immer noch im Wohnzimmer und wurde schon mehrfach bewundert. Es ist eine Hilfestellung, von der man nicht nur in Krisenzeiten profitieren kann – beruflich wie privat.

WÜNSCHE VISUALISIEREN Übung einer Motivationskarte aus dem Selbstcoaching-Set von Dr. Adelheid StiegerLietz:

1.

Je nach Ihrem persönlichen Rhythmus starten Sie mit dieser Übung gleich nach dem Aufwachen oder im Laufe des Morgens, jedenfalls bevor Sie mit Ihrer eigentlichen Tagesaktivität starten.

2.

Überlegen Sie sich drei Dinge, die den heutigen Tag zu einem guten Tag machen werden.

3.

Visualisieren Sie das erste Ereignis und nehmen Sie Ihre Gefühle bewusst wahr. Es folgen das zweite und das dritte Ereignis.

4. Mit einem Lächeln und mit dankbaren Ge-

DAS SELBSTCOACHING-SET IM REDAKTIONSTEST Einen Tag alleine zu Hause, ein Tag nur für mich. Diese Gelegenheit packte ich beim Schopf, um das Selbstcoaching-Set von Dr. Adelheid Stieger-Lietz durchzuarbeiten. Schon das edle Äußere der tiefroten Box hat mich dazu veranlasst, sie prominent im Wohnzimmer zu positionieren. Mal schauen, ob sie vom Inhalt her das hält, was sie von außen verspricht? Und ich muss zugeben, der Inhalt hat mich nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil. Das gesamte Set ist mit Buch, Motivationskarten, Kraftbildern, einem Büchlein zum Eintragen von Notizen, Inspirationskarten und Checklisten sehr logisch und übersichtlich aufgebaut. Da es bei mir meistens schnell gehen muss und mein Fokus auf Experimentieren, Handeln, Hineinfühlen und Spüren liegt, habe ich gleich losgelegt und aus Naturfotografien mein Kraftbild gewählt – übrigens gar nicht so einfach bei 55 Bildern. Mit dem Stresstest konnte ich umgehend meinen Stresslevel feststellen und nach langer Zeit habe ich mich auch wieder einmal intensiv mit meinen Werten beschäftigt. Spannend und herausfordernd war es, meine „Big Five“ (also meine fünf großen Ziele) zu definieren. Dabei werden Fragen wie „Was möchte ich noch erreichen?“ oder „Was soll in meinem Leben noch gelingen?“ gestellt. Äußerst hilfreich waren auch die Beispiele einer fiktiven Trainingsgruppe, die so aufgestellt ist, dass sich garantiert jeder Typus in einer der Personen wiederfinden kann.

gut gelungen. Denn mit den Methoden im Set kann jeder – vom größten Analytiker bis hin zum herzorientierten Menschen – etwas anfangen.

fühlen schließen Sie die Übung ab und gehen in den Tag hinaus.

OÖer-Chefredakteurin Ulli Wright hat das Selbstcoaching-Set getestet.

Mit dieser Übung aktivieren und stimulieren Sie Ihre Gedankenströme in eine positive Richtung, strahlen eine positive Energie aus und behalten Ihren Fokus.

Erhältlich unter www.seideinkraftwerk.at

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LESESTOFF Wir lesen, wir haben gelesen, wir werden lesen! Unsere Buchtipps eignen sich für ein gemütliches Wochenende auf der Couch ebenso wie für die abendliche Lektüre. Vom spannenden Reality-Thriller bis zum Sachbuch mit Lebenverbesserungs-Potenzial.

DIE EROBERUNG AMERIKAS

BLACKOUT

DIE 12 TIROLER

Nach dem Bestseller „Das Floß der Medusa“ begibt sich der vielfach ausgezeichnete oberösterreichische Autor Franzobel in seinem neuen Roman auf die Spuren eines wilden Eroberers der USA im Jahr 1538. Zum Inhalt: Ferdinand Desoto hatte Pizarro nach Peru begleitet, dem Inkakönig Schach und Spanisch beigebracht, dessen Schwester geschwängert und mit dem Sklavenhandel ein Vermögen gemacht. Er war bereits berühmt, als er 1538 eine große Expedition nach Florida startete, die eine einzige Spur der Verwüstung durch den Süden Amerikas zog. Knapp 500 Jahre später klagt ein New Yorker Anwalt im Namen aller indigenen Stämme auf Rückgabe der gesamten USA an die Ureinwohner.

An einem kalten Februartag brechen in Europa alle Stromnetze zusammen. Der totale Blackout. Der italienische Informatiker Piero Manzano vermutet einen Hackerangriff und versucht, die Behörden zu warnen – allerdings ohne Erfolg. Als Europol-Kommissar Bollard ihm endlich zuhört, tauchen in Manzanos Computer dubiose Emails auf, die den Verdacht auf ihn selbst lenken. Er ist ins Visier eines Gegners geraten, der ebenso raffiniert wie gnadenlos ist und übermächtig erscheint. Unterdessen liegt ganz Europa im Dunkeln und der Kampf ums Überleben beginnt … „Blackout“ ist ein hochspannender Wissenschafts- und Technik-Thriller des Wiener Autors Marc Elsberg.

Toni Innauer ist Skisprung-Olympiasieger und war viele Jahre Sportdirektor im ÖSV. Er weiß, wie wichtig Bewegung ist. In seinem neuen Buch „Die 12 Tiroler“ schreibt er über die Bewegungsverarmung und den Verlust des natürlichen Körpergefühls. Denn die Realität vieler Menschen findet zusehends sitzend – am Schreibtisch, im Auto, vor Bildschirmen – statt. In dem Buch finden sich deshalb faszinierende Gegenrezepte: eine ganze Bewegungswelt. Insgesamt sind es zwölf Übungen für Körper und Seele – abgeschaut bei unseren nächsten Nachbarn, den Tieren. Beraten wurde Innauer dabei von Patrick Koller. Der frühere Skicross-Profi und Olympiateilnehmer ist heute Sportwissenschaftler und Trainer.

Die Eroberung Amerikas, Franzobel, Zsolnay Verlag, ISBN 978-3-552-07227-5, € 26,80

Blackout, Marc Elsberg, Blanvalet Verlag, ISBN 978-3-442-38029-9, € 11,30

Die 12 Tiroler, Toni Innauer, CSV Verlag , ISBN 978-3-9502868-9-2, € 19,80

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Anfang März erscheint sein neues Buch, der 54-jährige Autor arbeitet schon wieder am nächsten. Worum es geht? „Das verrate ich noch nicht“, sagte Elsberg in unserem Interview.

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Text: Nicole Madlmayr Fotos: Lukas Ilgner

„ICH WILL

ANSPRUCHSVOLL

UNTERHALTEN“ Vom Werbeprofi zum Beststellerautor: Marc Elsberg schreibt Bücher, in denen er aktuelle Themen mit Spannung und Unterhaltung verknüpft wie kaum ein anderer. Anfang März erscheint sein neues Buch „Der Fall des Präsidenten“.

H

ochspannend, realitätsnah und immer auf seriösen, wissenschaftlichen Theorien beruhend: Die Romane des Wiener Autors Marc Elsberg sind nicht umsonst zu internationalen Bestsellern geworden. Immer gerät die Menschheit an ihre Grenzen, Gesellschaften drohen zu kippen. In „Blackout“ zum Beispiel schreibt er über den Totalausfall des europäischen Stromnetzes und dessen dramatische Folgen. Und das nicht etwa staubtrocken, sondern in Form eines Thrillers. Am Ende jedes Kapitels ein Cliffhanger, sodass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen will. Wir haben den 54-jährigen Wiener via Skype zum Interview getroffen, denn bereits Anfang März erscheint sein neuestes Buch. Darin muss ein ehemaliger US-Präsident ins Gefängnis … Ihr neues Buch „Der Fall des Präsidenten“ erscheint Anfang März. Was hat Sie zu diesem Roman inspiriert? Sind Ähnlichkeiten mit lebenden Personen Zufall? (lacht) Es ist tatsächlich ein Zufall, weil mich dieses Thema schon sehr lange beschäftigt hat. In der Geschichte geht es um Kriegs-

verbrechen, die ein ehemaliger Präsident im sogenannten Krieg gegen den Terror begangen hat. Das hat in den USA unter George W. Bush angefangen, ist unter Barack Obama eskaliert und von Donald Trump noch einmal weiter befeuert worden. Das hat mich als Thema schon lange gereizt und dass das jetzt ausgerechnet mit Trump und dessen Abgang zusammenfällt, ist ein Zufall. Mein Präsident heißt übrigens Douglas Turner, die Initialen sind also D. T. Optisch hat er allerdings gar keine Ähnlichkeit mit Donald Trump. Das Kuriose ist vielleicht, dass meine vergangenen Bücher immer von solchen „Zufällen“ begleitet wurden. „Blackout“ wurde fertig, als Fukushima explodiert ist. Als ich „Zero“ geschrieben habe, hat Whistleblower Edward Snowden seine Veröffentlichungen gemacht. Und als ich begonnen habe, „Helix“ zu schreiben, sind Manipulationen an befruchteten menschlichen Eizellen in China bekannt geworden. Irgendwie begleiten meine Bücher immer solche Zufälle. Sie sind für Ihre akribische Recherche bekannt. Ihre Bücher sind sehr realitätsnah geschrieben. Wie lange dauert es von der ersten Idee in Ihrem Kopf bis zum fertigen

Manuskript? Das ist unterschiedlich, weil ich die Themen schon sehr lange mit mir herumschleppe. Darum informiere ich mich auch laufend darüber und eigentlich ist es eher so, dass irgendwann der Augenblick da ist, an dem mir die richtige Geschichte dazu einfällt. Auch beim jetzigen Buch war es nicht so, dass ich gesagt habe: Ich will eine Geschichte darüber schreiben, dass ein amerikanischer Präsident ins Gefängnis kommt. Vielmehr ist mir eine Geschichte vorgeschwebt, in der es um internationale Gerechtigkeit und den Umgang des Westens mit seinen eigenen Werten, allen voran den Menschenrechten, geht. Diese Werte halten wir so hoch, aber in dem Augenblick, in dem wir sie selbst einhalten sollen, haben wir möglicherweise Schwierigkeiten damit, weil es uns nicht so in den Kram passt. Und irgendwann ist mir die Idee gekommen: Warum ziehe ich nicht gleich den mehr oder minder obersten Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft? Wenn ich mal so weit bin, habe ich meistens schon sehr viel rundherum recherchiert. Und dann dauern die intensive Nachrecherche und das Schreiben vielleicht noch mal ein Jahr bis eineinhalb Jahre.

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Ihre Bücher haben mich zum Teil sehr nachdenklich gemacht. Möchten Sie damit auch zum Nachdenken anregen oder geht es in erster Linie darum, die Leser zu unterhalten? Grundsätzlich will ich Leute anspruchsvoll unterhalten. In allererster Linie schreibe ich Bücher, die ich selbst gern lesen würde. Ich mag Literatur, die mich zum Nachdenken oder Diskutieren mit anderen Menschen anregt. Nicht alle Bücher sollen und müssen so sein. Manchmal möchte man einfach ein paar Stunden gut unterhalten werden. Für mich fallen Unterhaltung, Spannung und Interesse bis zu einem gewissen Grad zusammen. Ich finde Themen spannend, die mich nachdenklich machen oder mir eine neue Perspektive eröffnen. Und wenn das bei den Lesern auch so ist, dann freut mich das natürlich.

Marc Elsberg ist der erste Autor, der die Auszeichnung „Wissensbuch des Jahres“ für zwei seiner Bücher bekommen hat.

In allererster Linie schreibe ich Bücher, die ich selbst gern lesen würde.

Beim Lesen von „Blackout“ war ich überrascht über die Zusammenhänge und Folgen eines totalen Stromausfalls in Europa. Bis dahin hatte ich mich nicht mit diesem Thema beschäftigt. Als dann der erste Lockdown infolge der Coronapandemie verhängt wurde, habe ich mich ein bisschen daran erinnert gefühlt … Es gibt natürlich gewisse Parallelen. Und erst Anfang Jänner war das europäische Stromnetz etwas wackelig. Das hätte uns gerade noch gefehlt – mitten in einem Pandemie-Lockdown auch noch ein Blackout. Es war dann zum Glück nicht ganz so dramatisch, wie es im ersten Augenblick ausgesehen hat, aber trotzdem gibt es Parallelen zu dem Szenario in „Blackout“. Dieses Herausgerissenwerden aus dem Alltag ist eine große Parallele. Keinen Zugang mehr zu vielen Dingen zu haben, die man gewohnt ist, das Zusammenbrechen bzw. Verschwinden von sozialen Kontakten, von dem, was man Gesellschaft nennt, ohne dass diese kollabiert und deshalb brutal wird oder eskaliert. Jeder von uns kennt das. Wir alle vermissen inzwischen das Treffen von Freunden. Wobei ein Blackout natürlich viel schlim-

mer ist, weil auch lebensnotwendige Dinge wie die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln zusammenbrechen.

Auch die Spaltung der Gesellschaft kommt in Ihrem Buch vor … Das ist etwas, was mich in meinen Geschichten immer wieder beschäftigt. Auch die Pandemie zeigt uns jetzt dieses Auseinanderdriften der Gesellschaft. In „Blackout“ können es sich die, die oben sitzen und ausreichend Mittel zur Verfügung haben, richten. Auch in „Gier“ gibt es diese Szene, in der die Superreichen aus Berlin im Privatjet in ihre KrisenRetreats nach Neuseeland abhauen. In „Helix“ sind es ebenfalls die sehr wohlhabenden Menschen, die sich die gentechnisch aufgepimpten Kinder leisten können. Das ist ein Thema, das unsere Gesellschaft zunehmend beschäftigt. Und das zurecht, weil es ein Problem darstellt und die Beförderung von Wohlstand und einer funktionierenden Gesellschaft zunehmend verhindert oder sogar zerstört. In meinem neuesten Buch mache ich so ein bisschen die Gegenthese. In meinen bisherigen Büchern war es so, dass es sich

die oberen ein, zwei Prozent richten konnten. Im Fall des Präsidenten wird jetzt einmal einer eingesperrt, also er wird zumindest vorübergehend festgenommen. Ob er dann im Gefängnis bleibt, wird die Geschichte des Buches zeigen (lacht). Ein ehemaliger US-Präsident landet also tatsächlich im Gefängnis? Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat keine eigene Exekutive. Das heißt, sie können niemanden verhaften, sondern sind darauf angewiesen, dass ihnen die Polizei von einem der insgesamt 124 Unterstützerstaaten hilft. Im Buch ist es die griechische Polizei, weil sich der Ex-Präsident aus geschäftlichen Gründen in Athen befindet. Und die Griechen machen das tatsächlich, unglaublicherweise. Im nächsten Schritt geht es darum, ob der Präsident überhaupt nach Den Haag ausgeliefert wird und es zu einem Gerichtsverfahren vor dem Internationalen Strafgericht kommt. Das ist letztendlich auch das Spannende: Kommt er dorthin oder schaffen es die Amis, ihn vorher zu befreien? Kann es auch sein, dass sich eine Geschichte, die Sie im Kopf bereits entwickelt haben, während des Schreibens noch einmal verändert? Ja, das passiert sogar laufend. Ich weiß meistens, wie die Geschichte beginnt und wie sie endet. Meistens weiß ich auch schon, wie das erste Viertel der Geschichte laufen wird. Im Moment bin ich schon am Entwerfen des nächsten Buches. Dafür

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mache ich mir eine Art Timeline für die ersten paar Stunden. Dabei halte ich in Stichworten fest, was in dieser Zeit mit den einzelnen Figuren passiert. Das plane ich, aber es kommt regelmäßig vor, dass man zwar etwas plant, aber das beim Schreiben über den Haufen wirft. Weil es dabei immer wieder diesen spannenden Moment gibt, dass man sich zwar etwas vorgenommen hat, aber irgendeine Figur es anders machen will. Das ist im Prinzip wie eine Landkarte, auf der man sich eine Route von A nach B festgelegt hat. Vor Ort auf dem Weg kann es sein, dass man die Route ändert – weil zum Beispiel eine Abzweigung da ist, die auf der Karte gar nicht eingezeichnet ist. Es ist also eine Mischung aus Planung und Spontanität. Ich plaudere auch gern mit Autorenkollegen und viele machen ähnliche Erfahrungen. Wobei es auch einige gibt, die drauflosschreiben, ohne vorher viel geplant zu haben oder das Ende zu wissen. Das mache ich nicht. Ich muss ungefähr wissen, wo ich hingehe. Und ich weiß im Allgemeinen auch dazwischen schon wichtige Handlungs- und Wendepunkte. Bei mir sind es die Details, bei denen ich anfange, zu improvisieren oder die Intuition zu ihrem Recht kommen lasse. Sie arbeiten bereits an Ihrem nächsten Buch. Worum wird es gehen? Das verrate ich noch nicht! Es ist ja noch nicht einmal „Der Fall des Präsidenten“ erschienen (lacht). Sie haben Ihr erstes Buch bereits im Jahr 2000 veröffentlicht. Damals haben Sie auch noch sehr erfolgreich in der Werbebranche gearbeitet. Was war Ihr Antrieb, dennoch ein Buch zu schreiben? Dafür gab es verschiedene Gründe. Ich habe damals freiberuflich gearbeitet und hatte relativ viel Zeit, die ich mir frei einteilen konnte. Über meine langen Jahre in der Werbung habe ich immer wieder nebenbei neue Dinge ausprobiert. Ich habe als Grafiker in der Werbung begonnen, das Texten ist erst später dazu gekommen. Ende der 90er-Jahre habe ich mir gedacht, dass ich eine Geschichte, die es noch nicht gab, wohl selbst erzählen muss. Also habe ich sie selbst geschrieben. Es war ein großer Zufall und Glück, dass ein kleiner Verlag in Berlin sie veröffentlicht hat. Das waren meine Anfänge. Dann habe ich Blut geleckt und weiter gemacht. Zwei Ihrer Bücher, nämlich „Blackout“ und „Zero“, sind in Deutschland als „Wissensbuch des Jahres“ ausgezeichnet worden. Sie waren damit der erste Autor, der diese Auszeichnung zwei Mal bekommen hat. Macht Sie das auch ein bisschen stolz? Ich finde es eine schöne Anerkennung dafür, dass es mir offenbar gelungen ist, Bücher in einer Art zu schreiben, wie Menschen sie gern lesen. Unterhaltung, die auch einen gewissen Anspruch hat und man vielleicht sogar ein bisschen etwas daraus lernt.

Meine Frau hat mich seit jeher beim Schreiben unterstützt – also wem soll ich meine Bücher sonst widmen?

Wenn man das Buch zumacht, weiß man ein bisschen mehr über die Welt und hat sich gleichzeitig gut unterhalten. So ein Preis sagt auch bis zu einem gewissen Grad aus, dass das gelungen ist. Sie widmen Ihre Bücher Ihrer Frau Ursula. So ist auch im neuesten Buch ganz vorne zu lesen „Wie immer, für Ursula“. Warum ist Ihnen wichtig, Ihre Bücher der Frau in Ihrem Leben zu widmen? Das Schriftsteller-Dasein ist nicht immer ganz unkompliziert. Man braucht jemanden, der das unterstützt. Außerdem ist meine Frau eine meiner wichtigsten Gesprächspartnerinnen, wenn es um die Themen der Bücher geht. Sie hat das seit jeher unterstützt, auch als meine Bücher ausschließlich meine Freunde und Verwandten gekauft haben und sonst niemand. Diese Unterstützung hält bis heute an – also wem soll ich meine Bücher sonst widmen?

Während Sie bereits am nächsten Buch schreiben, freuen Sie sich jetzt gleichzeitig auf das Erscheinen von „Der Fall des Präsidenten“ … Ja, das ist jetzt die nächste spannende Station für mich. Wobei ich gedanklich ja bereits im neuen Buch drinnen bin. Ich bin gerade sozusagen in einer Zwischenwelt. Dazu kommt, dass ich aufgrund der Themen in meinen Büchern oftl zu Veranstaltungen aus Politik und Wirtschaft als Impulsgeber eingeladen werde. Das macht mir viel Spaß, weil ich als Autor sehr viel Zeit allein zu Hause sitze. Da kommt man wieder ein bisschen unter die Leute und lernt auch interessante neue Dinge kennen. Die ökonomischen Fragen zum Beispiel, die ich in „Gier“ behandle, werden ja immer drängender. Wie verteilt man Wohlstand sinnvoll in einer Gesellschaft? Da geht es nicht um Gerechtigkeit, sondern um Systemstabilität. Mit meinem Kopf bin ich also immer in verschiedensten Themen. Dazu kommt jetzt etwas Neues, was für mich spannend und interessant ist. Ich werde ab dem Sommersemester an der Universität für Angewandte Kunst in Wien „Storytelling“ unterrichten. Auf diese neue Aufgabe freue ich mich schon sehr.

BUCHTIPP „DER FALL DES PRÄSIDENTEN“ Zum Inhalt: Nie hätte die Juristin Dana Marin geglaubt, diesen Tag wirklich zu erleben: Bei einem Besuch in Athen nimmt die griechische Polizei den Ex-Präsidenten der USA im Auftrag des Internationalen Strafgerichtshofs fest. Sofort bricht diplomatische Hektik aus. Der aktuelle US-Präsident steht im Wahlkampf und kann sich keinen Skandal leisten. Das Weiße Haus stößt Drohungen gegen den Internationalen Gerichtshof und gegen alle Staaten der Europäischen Union aus. Und für Dana Marin beginnt ein Kampf gegen übermächtige Gegner. So wie für ihren wichtigsten Zeugen, dessen Aussage den einst mächtigsten Mann der Welt endgültig zu Fall bringen kann. Die US-Geheimdienste sind dem Whistleblower bereits dicht auf den Fersen. Währenddessen bereitet ein Einsatzteam die gewaltsame Befreiung des Ex-Präsidenten vor, um dessen Überstellung nach Den Haag mit allen Mitteln zu verhindern ... „Der Fall des Präsidenten“, Marc Elsberg, Verlag Blanvalet; € 24,70 87

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Text: Nicole Madlmayr Fotos: Oreste Schaller (paladino media), (c)leitl

„MUSIK IST EMOTION PUR“ Der Linzer Helmut Rogl hat Wirtschaftswissenschaften und parallel dazu Musik studiert. Seine große Leidenschaft gilt dem Komponieren. Mit dem neuen Jahr wird er beruflich kürzertreten und damit mehr Zeit für seine Musik haben.

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uf der einen Seite gibt es im Leben von Helmut Rogl Werbung und Marketing. Musik und eine große Leidenschaft fürs Komponieren prägen seine andere Seite. Der Linzer ist langjähriger Marketingchef der Oberösterreichischen Versicherung und in seiner Freizeit erfolgreicher Komponist. Zu seinem 60. Geburtstag vergangenen April hat er sich selbst das größte Geschenk gemacht: Er hat eine große Sinfonie geschrieben, die voraussichtlich kommenden Herbst uraufgeführt wird. Wir haben mit Helmut Rogl über die Herausforderung des Komponierens, Inspiration und Vorbilder gesprochen – und warum die Musik für ihn eine Welt ohne Sprachbarrieren und Erklärungen ist. Sie haben vergangenen April Ihren 60. Geburtstag gefeiert und sich zu diesem besonderen Anlass selbst ein ganz besonderes Geschenk gemacht … Ja, das könnte man so sagen (lächelt). Nach einer Reihe von Orchesterstücken und meinen Symphonischen Miniaturen, die sozusagen als „nullte“ Sinfonie gelten können, sollte es nun die große Sinfonie sein, in der ich meine Kompositionskunst ausleben wollte. Dieses Geschenk habe ich mir zu meinem runden Geburtstag selbst gemacht. Die Planung für das Konzert geht fast drei Jahre zurück, Corona hat das vorerst leider vereitelt. Das Gute ist aber: Das Werk liegt vor und die Uraufführung wird voraussichtlich im Herbst 2021 stattfinden. Darauf kann ich mich freuen!

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Musik ist für mich ein kostbarer Edelstein, auch zu schade für Dauerberieselung und Hintergrundmusik.

Jahres mein Arbeitspensum bei der Oberösterreichischen Versicherung reduziert und meine Altersteilzeit angetreten habe. Ich bin jetzt primär für das Sponsoring verantwortlich. Damit fällt Druck von der Jobseite weg, weil der Verantwortungsbereich für mich kleiner wird. Somit kann ich mich künftig etwas entspannter und lockerer der musischen Seite widmen. Die Musik begleitet Sie seit Ihrer Kindheit. Sie haben früh mit dem Klavierspielen begonnen und in weiterer Folge die Welt der Komposition für sich entdeckt. War es keine Option, die Musik zu Ihrem Hauptberuf zu machen? Frei zu sein in künstlerischen Dingen ist ein hohes Gut! Zum anderen denke ich, dass die Lust und Freude größer ist, wenn man nicht ausschließlich von Musik „umgeben“ ist. Der „Musentempel“ soll nur in besonderen Stunden betreten werden. Musik ist für mich ein kostbarer Edelstein, auch zu schade für „Dauerberieselung“ und Hintergrundmusik.

Einfälle und Inspiration kommen bei den unscheinbarsten Gelegenheiten. Sie waren viele Jahre Marketingchef bei der Oberösterreichischen Versicherung und in Ihrer Freizeit leidenschaftlicher Komponist. Auf der einen Seite also der Beruf, auf der anderen die Berufung. Ist das für Sie die perfekte Symbiose?

Der Kontrast meiner Lebenswelten kommt eigentlich beiden Seiten zugute. Die eine ist der Ausgleich der anderen und somit laufe ich nicht Gefahr, „eindimensional“ zu werden (lacht). Nun stehen allerdings eine Weichenstellung und ein neuer Lebensabschnitt bevor: Nach insgesamt 36 Dienstjahren in Werbung und Marketing und rund 55 Jahren in der Musikwelt habe ich mich entschlossen, den Schwerpunkt meiner Aktivitäten deutlich in Richtung künstlerischer Projekte zu verschieben. Was bedeutet das konkret? Es heißt, dass ich mit Anfang des neuen

Die Musik ist für Sie schon immer eine Herzensangelegenheit. Wie sind Sie zum Komponieren gekommen? Ich würde sagen, dass es eine Mischung aus Neugierde und Bewunderung der Meister war, die mich die Welt der Komposition entdecken ließ. Ich wollte es ihnen „nachmachen“ und habe dabei festgestellt, wie schwer das ist (lächelt). Aber ich habe eine große Leidenschaft entwickelt, die Musik und das Komponieren haben mich sozusagen „gepackt“ und nicht mehr losgelassen. Was inspiriert Sie zu Ihren Werken? Es inspiriert mich zum Beispiel, wenn ich Solisten, Ensembles und Orchester beim Spielen zuhöre. Allerdings ist vieles nicht erklärbar. Einfälle und Inspiration kommen bei den unscheinbarsten Gelegenheiten. Das kann zwischendurch bei einem Spaziergang sein oder während einer privaten Unterhaltung. Das sind kleine Funken als Anreger, die ich dann in weiterer Folge ausarbeiten und ver-

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tiefen kann. Oft ist es so, dass man beginnt, sich mit einem Werk zu beschäftigen und das Gehirn im Verborgenen weiterarbeitet, auch wenn man sich nicht mehr bewusst damit auseinandersetzt. Manches entsteht im Unbewussten. Gibt es so etwas wie Vorbilder für Sie, große Meister, an denen Sie sich orientieren? Natürlich gibt es große Meister, die man bewundert, allerdings muss jeder Komponist seinen eigenen Weg und seinen Stil finden. Ich würde sagen, dass das ein Reifungsprozess ist, der nicht bei jedem gleich abläuft. Man versucht viel und eignet sich im Lauf der Jahre eine gewisse Richtung an. Diese wird – im Rückblick betrachtet – kontinuierlich klarer, so findet jeder irgendwann seinen eigenen Stil. Was bedeutet Musik grundsätzlich für Sie? Musik ist für mich Emotion pur. Gänsehaut, eine Welt ohne Sprachbarrieren und Erklärungen. Die Musik spricht ohne Umwege direkt zu unserem Gemüt. Was muss Musik für Sie haben, um Sie zu begeistern? Musik, die mir gefällt, muss Tiefgang, Sinnlichkeit und Ehrlichkeit haben. Ich mag es nicht, wenn Effekte nur um der Effekte willen eingesetzt werden. Wenn eine Bruckner-Sin-

fonie zum Beispiel in die Schlusssteigerung kommt, dann ist das für mich überwältigend. Das ist wie eine Umarmung, ehrlich und aus der Seele gesprochen bzw. musiziert (lächelt). Sie haben sich vor einigen Jahren auch der Welt der elektronischen Musik geöffnet. Wie schwer ist Ihnen dieser Schritt gefallen? Dieses „neue Land“ der elektronischen Musik wollte sozusagen erobert werden, aber mich

Der Kontrast meiner Lebenswelten kommt beiden Seiten zugute. Die eine ist der Ausgleich der anderen und somit laufe ich nicht Gefahr, ,eindimensional‘ zu werden.

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hat in erster Linie die Neugierde angetrieben. Dabei geht es auch um die Erweiterung des Horizonts und die Erreichung eines neuen, anderen Publikums, wie das zum Beispiel auch bei meiner Filmmusik der Fall ist. Gibt es einen Moment in Ihrer Karriere als Komponist, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist? Ja, da gibt es gleich mehrere! Besonders in Erinnerung geblieben sind mir zum Beispiel die Uraufführung meines Cellokonzerts im Wiener Konzerthaus, das Projekt „Heartbeat“ bei der Ars Electronica, die Produktion meiner Kinderoper an der Bruckneruni, die Uraufführung meines „Tango“ in London und die Eröffnungsmusik zum Brucknerfest im Jahr 2002. Allerdings würden mir noch viele andere Momente einfallen, an die ich mich immer erinnern werde. Wie fühlt es sich für Sie als Schöpfer eines Werkes an, wenn es zum ersten Mal von einem Orchester oder Ensemble gespielt wird? Sehr aufregend, weil es ja die eigentliche Geburt des Werkes ist, wenn es uraufgeführt wird. Zu dieser Schöpferfreude kommen dann natürlich auch noch Erleichterung und Glücksgefühle, die sich kaum in Worte fassen lassen.

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RESTART IN DER

KTM MOTOHALL Nach einer Rennpause ist die KTM Motohall in Mattighofen zurück auf Spur und hat wieder geöffnet.

otorsportfans haben es gut: Die KTM Motohall in Mattighofen ist wieder geöffnet und wartet unter anderem mit der neuen MotoGP™ Themenwelt auf. In der zeitlich limitierten WORLD OF RACING-Ausstellung dreht sich alles um die KTM MotoGP™ Geschichte. Außerdem können die Besucher die Originalbikes von der Rennstrecke aus der Nähe bewundern und sie erfahren alles rund um die Red Bull KTM Factory Racing Werksfahrer und Tech3 KTM Factory Racing Fahrer, die Erfolge und die technische Raffinesse der KTM RC16 – dem Motorrad, mit dem KTM aktuell Renngeschichte schreibt. Der Hightech-Rennsimulator der KTM Moto-

hall punktet mit realitätsnahem Design, feinem Fahrgefühl und hochauflösenden Strecken. Auf diese Weise können Besucher die Rennstrecke rund um den Red Bull Ring in Spielberg erobern, Bestzeiten schlagen und selbst zum Weltmeister werden. Zum Restart gibt es auch ein großes Gewinnspiel, bei dem die Teilnehmer unter anderem einen RIDE ORANGE EXPERIENCE-Gutschein und Jahreskarten für die KTM Motohall gewinnen können. Um die Sicherheit zusätzlich zu erhöhen, erhält jeder Museumsbesucher mit einem gültigen Eintrittsticket zudem einen kostenlosen SARS-CoV-2-AntigenSelbsttest.

INFO ÖFFNUNGSZEITEN: KTM Motohall: Mittwoch bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr KTM Motohall Shop: Dienstag bis Sonntag von 9 bis 18 Uhr Aktuelle Infos gibt es auf der Homepage unter www.ktm-motohall.com

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Fotos: Emanuel Tschann, Sebas Romero

Motorsport-Begeisterte erleben in der neuen MotoGP™ Themenwelt die Originalbikes der Red Bull KTM Factory Racing Werksfahrer und Tech3 KTM Factory Racing Fahrer, die normalerweise auf den Rennstrecken dieser Welt um jede Sekunde kämpfen.

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Photo: S. Romero, H. Mitterbauer

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DER

BERG RUFT! Seit mehr als 30 Jahren ist Messe WelsGeschäftsführer Robert Schneider begeisterter Skitourengeher. Uns hat der 54-jährige Welser zwei seiner Lieblingstouren in Oberösterreich verraten.

Text: Laura Zapletal Fotos: Guenter Guni, Robert Schneider, Shutterstock, STMG/Christian Parzer

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SKITOURENGEHER AUS LEIDENSCHAFT. Robert Schneider hat im Laufe seiner 30-jährigen Skitourenerfahrung schon viele Höhenmeter gesammelt. Das bevorzugte Gebiet des Messe WelsGeschäftsführers ist dabei das freie Gelände.

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in Gespräch mit Robert Schneider über das Skitourengehen verwandelt sich schnell in die Sehnsucht, selbst die Tourenski anzuschnallen und loszustarten. So ist es auch dem 54-Jährigen gegangen, als er vor 30 Jahren das erste Mal auf eine Skitour ging. Seither vergeht kein Winter, wo er nicht unterwegs ist. Sein bevorzugtes Gebiet: das freie Gelände. „Es ist einfach ein abwechslungsreiches Naturerlebnis. Sowohl der Aufstieg als auch die Abfahrt sind echte Highlights“, schwärmt der gebürtige Welser, der bis zu zwanzig Skitouren im Jahr geht. Bevor es jedoch auf die heißersehnte Tour geht, rät Schneider zur sorgfältigen Vorbereitung. „Das Wichtigste ist, den aktuellen Lawinenwarnbericht zu prüfen. Bei Stufe 3 sollte man die Tour gut kennen und Hänge über 30 Grad Neigung meiden. Bei Stufe 4 sollte man auf keinen Fall mehr gehen. In puncto Wetter gilt es, auf Wind und gute Sicht zu achten.“ Ist alles im grünen Bereich, macht der Geschäftsführer der Messe Wels den Ausrüstungscheck. Neben der obligatorischen Grundausrüstung bestehend aus Tourenski, Tourenskischuhe, Tourenbindung, Felle sowie Stöcke hat er auch immer eine Sicherheitsausrüstung bei sich. „Ein Lawinenverschüttetensuchgerät, eine Lawinenschaufel sowie eine Lawinensonde sollte man bei jeder Tour dabei haben. Bei manchen meiner Touren nehme ich

zusätzlich noch einen Airbag-Rucksack mit“, rät der dreifache Familienvater. Wenn möglich, setzt der sympathische Tourengeher auf erfahrene Begleitung. „Alleine zu gehen, ist immer ein hohes Risiko.“ Das gilt im besonderen Maße für Anfänger und Ungeübte, die vor allem bei der Handhabung des Materials und der Gehtechnik zu Beginn Hilfe benötigen. Statt gefährliche Tiefschneetouren sollten zunächst Aufstiege in einfachem Gelände mit Abfahrten auf Pisten gewählt werden. Uns hat der erfahrene Skitourengeher seine persönlichen Tourenhighlights in der Umgebung verraten.

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PISTENTOUR AM KASBERG Vollkommene Ruhe, klare Bergluft und ein Panorama, das in Erinnerung bleibt: Das sind die Eigenschaften, die den Kasberg bei Grünau im Almtal zum Lieblingsberg der Oberösterreicher machen. Neben Skifahrern haben ihn schon längst leidenschaftliche Pistengeher für sich entdeckt. Gestartet wird vom Parkplatz der Kasberg-Talstation. Von dort aus hat man die Wahl zwischen einer leichten und einer mittelschweren Tour. Ist die Entscheidung gefallen, geht es in der Aufstiegsspur entlang der Piste zum Gipfelglück. Dort wartet auf die Skitourengeher das sogenannte „Aussichtspodium vor dem Toten Gebirge“ wie die Aussicht vom Kasberg in Richtung Süden gerne genannt wird. Die Abfahrt ins Tal erfolgt über die bestens präparierte Piste.

Spezialtipp: Ein besonderes Highlight am Kasberg bilden die „SkitourenDonnerstage“ und die „VollmondPistengeher-Tage“, bei denen Skitourengeher von 17 bis 22 Uhr der Aufstieg bis zur Sepp-Huber-Hütte erlaubt ist.

Dauer: 2 bis 4 Stunden Länge: 5,8 bis 9,5 km je nach Aufstiegsvariante Schwierigkeit: leicht bis mittel

Mehr Infos finden Sie unter: www.skisport.com/Kasberg

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NATURIDYLLE AM KARLECK Die Skitour an der oberösterreichisch-steirischen Grenze ist ein echtes Pilgerziel für Skitourengeher. Durch ihren leichten Schwierigkeitsgrad ist sie auch bestens für Anfänger geeignet. Die verschiedenen Aufstiegsmöglichkeiten auf das 1.582 Meter hoch gelegene Gipfelkreuz des Karlecks erlauben es, die Tour an die eigene Kondition und die gegebenen Witterungen anzupassen. Oben am Gipfel angekommen, erwartet die Skitourengeher ein einzigartiger Panoramablick auf das Gartnertal und das Ennstal. Die Abfahrt kann variabel gewählt werden und ist selbst bei nicht ganz optimalen Schneeverhältnissen möglich. Mehr Infos finden Sie unter: www.urlaubsregion-pyhrn-priel.at

Dauer: 2 Stunden 53 Minuten Länge: 6,38 km Schwierigkeit: leicht, für Anfänger geeignet

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