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BEIM FIDELEN FIDELBAUER
Beim fi delen Fidelbauer
Hier wird gefeilt und gehobelt, getüftelt und gesägt: Wenn Instrumentenbauer Arnold Lobisser mit seiner Kollegin und ehemaligen Schülerin Simone Zopf an Geigen, Gitarren oder Flöten arbeitet, dann philosophieren die zwei über alte Handwerkskunst, das Geheimnis der Stradivari und das Salzkammergut an sich. Eine Stippvisite bei den Innergebirglern in Österreichs zehntem Bundesland, dem Salzkammergut.
Fotos: Oberösterreich Tourismus/Martin Fickert
„Angefangen hat eigentlich alles mit Maria Theresia“, sagt Arnold Lobisser. Der betagte Tischlermeister und ehemalige Lehrer zieht an seiner Pfeife und streichelt dabei Katzendame Viola. „In einem Erlass hielt die Monarchin einst fest: ‚Jeder, der in einer Saline arbeiten möchte, muss eine abgeschlossene Ausbildung haben. Zur Sicherheit, falls die Saline irgendwann ausgeschöpft ist.‘“ Und so wurden in Hallstatt, Hallein und Ebensee Holzbaufachschulen gegründet, die eine lange Tradition einleiteten: Ob Kripperlschnitzer, Maskenschnitzer oder moderne Spielzeugmanufakturen – die Tradition des Holzbaues lebt auch im 21. Jahrhundert im Salzkammergut. Aus Mexiko, Litauen und Korea kommen heute Menschen in die Region, um einen ganz speziellen Teil des Holzbaues zu erlernen, jenen des Instrumentenbaues. Ein Schulfach, das Arnold Lobisser vor 35 Jahren in der Region etabliert hat und das in dieser Form europaweit einzigartig ist.
Die Instrumentenbauer Arnold Lobisser und seine ehemalige Schülerin Simone Zopf fachsimpeln gerne in der urigen Werkstatt in Hallstatt.
Hier wird selbst aus dem kleinsten Stück Holz noch ein Kunstwerk.
Mehr als drei Jahre muss das Holz einer Geigendecke rasten, bis es richtig ausgehärtet ist. Geigenbauer arbeiten meist im Bausatzsystem und fertigen mehrere Decken, Stege und Hälse gleichzeitig an, um diese später zusammenzubauen.
„See hamma, Berg hamma. Bei uns in Hallstatt ist es sogar schen, wenns schiach is. Weil schen schiach is a schen!“
Arnold Lobisser (Geigenbauer)
Vom Baumstamm zum Instrument
150 Arbeitsstunden, „husige“, also fleißige Finger und eine mild gewachsene Haselfichte braucht es, bis eine Geige von Hand gefertigt ist. Die wahren Geheimzutaten sind aber natürlich jahrelange Erfahrung und ganz viel Liebe. „Die Haselfichte ist ein speziell klingendes Holz. Aus einer Obststeige kann man halt keine Geige bauen“, schmunzelt Lobisser. An seine erste selbst gebaute Fidel erinnert er sich heute noch: „Darauf war ich so stolz, dass ich sie neben mir aufs Nachtkastl gelegt hab‘. Da ist man ergriffen, wenn der erste Ton rauskommt. Des macht schon mehr Wetter, als wenn man einen Tisch baut ...“.
Mehr als drei Jahre muss das Holz einer Geigendecke rasten, bis es richtig ausgehärtet ist. Geigenbauer arbeiten meist im Bausatzsystem und fertigen mehrere Decken, Stege und Hälse gleichzeitig an, um diese später zusammenzubauen.
Man muss mit den Bäumen reden
Gerade die Qualität des Holzes ist beim Instrumentenbau entscheidend. Zopf und Lobisser verwenden daher nur Hölzer der Region. Mindestens 150 Jahre alt müssen die Bäume sein, gleichmäßig gewachsen, am besten auf 1.300 Metern Höhe und das ohne gröbere äußere Einflüsse wie Wind oder Hagel.
Die Werkstatt im zweiten Stock des Hallstätter Bräu-Gasthofes kann gegen Voranmeldung besichtigt werden.
Fichten, Tannen oder Haselfi chten eignen sich besonders für Geigen. „Mit so einem Baum muss man reden, bevor man ihn fällt“, mahnt Arnold Lobisser. „Ich sag dann immer: ,Entschuldige lieber Baum. Ich fälle dich jetzt. Aber ich verspreche dir, ich mach‘ was Schönes aus dir!‘“
Schönes mag der Lobisser Arnold generell gerne. Ob es Instrumente, Frauen oder die Aussicht aus seiner urigen Werkstatt sind. Die befi ndet sich im zweiten Stockwerk des Hallstätter Bräu-Gasthofes und kann gegen Voranmeldung von Interessierten auch besichtigt werden. Da erzählt der betagte Mann dann Anekdoten von jedem noch so kleinen Holzstückerl, das in seiner Werkstatt herumliegt. Denn selbst aus den noch so kleinen Resten schnitzt er Dekodöschen oder Holzfi gürchen. „Aus Zündhölzern hab ich Vogelhäuschen gebaut“, sagt er und der Spitzbub lacht keck aus seinen Augen.
Wissen hat Arnold Lobisser immer gerne geteilt. Etwa mit Simone Zopf, einer ehemaligen Schülerin. Die studierte Musikwissenschafterin und Instrumentenbauerin ist sogar in Lobissers Fußstapfen getreten und lehrt nun auch an der HTL. „Der Arnold ist immer unkonventionelle Wege gegangen. Nur so kann man Neues lernen, Dinge entdecken und sich auch weiterentwickeln.“ Und Simone Zopf steht ihrem alten Lehrmeister um nichts nach. Als Frau in einer Männerdomäne war es nicht immer einfach. Erst kürzlich gelang ihr dann ein – nicht nur in der Fachwelt hoch angesehener – bahnbrechender Coup: Zopf hat das Geheimnis der legendären Stradivarigeigen enthüllt.
Wenns dunkel wird in der Lobisserschen Werkstatt, das Licht zu gedämpft ist, um konzentriert an einem Instrument zu feilen, dann packen Arnold Lobisser und Simone Zopf gerne ihre Instrumente aus. Und dann musizieren die beiden gemeinsam bei einem Bierchen oder zwei. Wie einst die Salinenarbeiter, die den Instrumentenbau in der Region erst heimisch machten.
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DAS GEHEIMNIS DER STRADIVARI
Simone Zopf hat 2016 vermutlich das Geheimnis der Stradivarigeigen gelüftet. Die magische Zahl 18,66 soll den besonderen Klang der Kultgeigen erklären. 18,66 ist eine Maßeinheit, die Forscher schon in den 1980er-Jahren bei der Durchsicht von Linealen aus dem Atelier Stradivaris entdeckt hatten. Aber niemand wusste bisher, inwiefern das der Schlüssel zur Konstruktion der Stradivarigeigen sein könnte. Schließlich enthüllte Simone Zopf mit ihren Schülern das Geheimnis: Das Maß wird über konzentrische Kreise verwendet. Von der Mitte der Geige aus zieht man Kreise im Abstand von 18,66 Millimetern. Auf diesen Kreisen finden sich alle Punkte, die man braucht, um den Umriss der Geige zu konstruieren.