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BRÜHWARM Steirischer Kaffee

Manche meinen, alles vor dem ersten Kaffee des Tages sei Notwehr. Wir gehen auf Nummer sicher und treffen uns erst nachmittags zur ersten Kaffeeverkostung in der VIA-Historie. Austragungsort ist die neu ausgebaute Kaffeerösterei MaiKa in St. Anna am Aigen. Franz Maitz und seine Frau Aleksandra Piecak-Maitz haben hier ihren beruflichen Mittelpunkt um eine gläserne Manufaktur und ein gemütliches Café erweitert. Rund eine halbe Million Euro hat man investiert, um pro Jahr an dieser Stelle des Vulkanlands zwischen 25 und 30 Tonnen Kaffeebohnen zu rösten. Angesichts der tausend Häferl Kaffee, die Herrn und Frau Österreicher laut Statistik jährlich wachzurütteln vermögen, befinden wir uns immer noch in einer steirischen Mikrorösterei. Der ideale Ort, um darüber zu sprechen, warum Kaffee nicht immer gleich schmeckt bzw. schmecken kann und worauf es beim Cupping ankommt. Cupping? Prinzipiell ist das schnell erklärt: Verschiedene Kaffees werden unter Zuhilfenahme von Tassen, zu Nicht-Deutsch Cups, verkostet. Die Zugänge für ein Cupping können je nach Rollenverteilung unterschiedlich sein. Rohkaffeespezialisten, Händler, Importeure und Exporteure bewerten in erster Linie die Qualität der Kaffeebohne. Die ist schließlich das Argument, sich für oder gegen den Kauf bzw. Verkauf zu entscheiden. Nun stehen wir mitten in einer Kaffeerösterei, deren Cupping-Aufgabe eigentlich darin bestünde, das Röstprofil der eingekauften Kaffeebohnen möglichst zielgruppengenau zu definieren. Bei unserer VIA-Cupping-Premiere halten wir es allerdings simpler. Gemeinsam mit dem Gastgeberpaar Maitz und den professionellen Kaffeejunkies Paul Sorger-Domenigg, Christoph Klescher und Lan Rajh (alle Paul & Bohne), „Kaffeezwerg“ Philipp Zmugg, den Blend Coffee Roastern Peter Gries und Szilvia Tuboly sowie Michael Langerwisch, Sales Manager der nachhaltigen Importeure Los Amigos, bilden wir eine bunte Verkoster-Truppe. Bei unserem publikumstauglichen Cupping geht es weder um Bohnendefekte noch um Sample Roaster. Wir testen nach Geschmack

Brüh warm

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Mikroröster, ein Seedto-sip-Prinzip und Herzrasen für ein Thema, das uns alle wachhält: Kaffee mit steirischer Duftnote.

und ausschließlich Spezialitätenkaffee aus Guatemala. „Aufgrund der unterschiedlichen Regionen und Mikroklimata des Landes entdeckt man vielschichtige Geschmacksrichtungen in Kaffees aus Guatemala“, erklärt Michael Langerwisch. Sein Man-Bun passt in die doch ziemlich hippe Kaffeewelt, aber eigentlich ist der WahlGrazer viel beschäftigter Künstlermanager mit offensichtlich mehreren Standbeinen. Eines davon hat mit Kaffee zu tun. Als Sales Manager der Vereinigung „Los Amigos“ teilt er mit den Gründern Markos und Christina Fischer eine Philosophie: den besten Kaffee der besten Farmen Guatemalas finden und ins Lager nach Hamburg schippern. „Wir pflegen ein freundschaftliches Verhältnis zu unseren Produzenten und Röstern. Als gute Freunde hören wir uns ihre Bedürfnisse genau an und können unsere mit ihren verbinden. Davon profitieren alle“, so Langerwisch. Darüber hinaus bemüht man sich, den ökologischen Fußabdruck klein zu halten, und setzt statt auf synthetisch hergestellte JuteTransportsäcke auf Secondhand-DenimBags, die von einem Familienunternehmen vor Ort hergestellt werden. Die Wertewelt abgesteckt, beenden wir unseren Kaffeetratsch und gießen auf. Die gerösteten und grob gemahlenen Kaffeebohnen werden jetzt nämlich erst mal langsam mit heißem Wasser übergossen. Das dauert einige Minuten, bevor dann fachmännisch die sogenannte „Kruste“ (ja, die nennt sich wegen der Ähnlichkeit zu Brot so) aufgebrochen wird. Das schwimmende Kaffeemehl

„Unterschiedliche Regionen und vielschichtige Mikroklimata zeichnen Kaffee aus Guatemala aus.“

Michael Langerwisch, Los amigos

Der Nase nach wie beim Wein: Gastgeber Franz Maitz (o.) Links: Michael Langerwisch und seine Leidenschaft für hochwertigen Kaffee aus Guatemala begeistern. Unten: schlürfen ist nicht nur erlaubt, sondern erwünscht. Lan Rajh sowie Christoph Klescher Veränderter Nachgeruch: Peter Gries und Philipp Zmugg sinnieren nach.

Ruhige Kugel trotz Koffein-Leidenschaft: die Verkoster-truppe Paul sorger-Domenigg, Philipp Zmugg, aleksandra Piecak-Maitz, Franz Maitz, Peter Gries, szilvia tuboly, Christoph Klescher, Michael Langerwisch und Lan Rajh (v. l.)

Fachjargon: erst das grobe Mahlgut heiß aufgießen, einige Minuten warten und schnuppern. Dann wird die „Kruste” (r.) mit zwei Cupping-Löffeln gebrochen.

Links: die engagierten Gastgeber Franz Maitz und aleksandra Piecak-Maitz in ihrer neuen gläsernen Manufaktur Das trio Koffeinale von Paul & Bohne: Paul sorger-Domenigg, Christoph Klescher und Lan Rajh (v. l.)

Kaffeerösterei MaiKa

Frutten 68a 8354 St. Anna am Aigen Tel.: 0 31 58/293 05 maika.at

Mitwirkende

meetlosamigos.com paulundbohne.at kaffeezwerg.at blend.coffee

des aufgebrühten Kaffees wird also mittels zweier Cupping-Löffel – das sind tiefe Barista-Probierlöffel – zum Absinken gebracht. Noch mal warten, bis dann das eigentliche Cupping, sprich Verkosten, starten kann. Und das beginnt mit allerfeinstem Schlürfen, wie es sonst nur dem Opa, unter den genervten Argusaugen der Oma am Mittagstisch bei Einbrennsuppe, gestattet ist. „Erst in die Tasse riechen, dann den Löffel eintauchen und die Probe zackig-beherzt schlürfen“, erklärt Hausherr Franz Maitz, der durch Tribeka-Gründer Harry Fischer 2015 erstmals intensiv mit Rohbohnen in Berührung kam. Die Luft im Mund tut den Aromen nachweislich gut. Wir schieben nach Vorgabe das bisschen Kaffee im Mund hin und her. Was haben wir überhaupt im Häferl? Von der Finca La Labor und Produzent Francisco Quesada kosten wir den sogenannten „Red Bourbon“. Das Trio von Paul & Bohne entdeckt darin „eine feine Schoki-Note und leichte Blüte“. Vergleichsweise komplexer ist der nachfolgende „Honey Amarillo“, bei dem die geernteten Kaffeekirschen vor dem Entpulpen eine längere Gärung erfahren. Peter Gries, der mit seiner Partnerin Szilvia Tuboly kürzlich am Joanneumring in Graz eine Blend Coffee Roasterysamt Coffeeshoperöffnet hat,suggeriert den ersten beiden Kostproben „absolute Espressotauglichkeit“. Quasi „Mainstream“, übersetzt Philipp Zmugg, der in dritter Generation als „Kaffeezwerg“ röstet. Die Verpackungen seiner Bio-Kaffees bedruckt er übrigens selbst – individuelle Designs sind da auch schon in Kleinserie erhältlich.

„Erst riechen, dann den Löffel eintauchen und nun zackigbeherzt losschlürfen.“

Franz Maitz, Kaffeerösterei MaiKa

Biodynamische Bohnen Beim Nächsten, dem „Natural“ Coffee – geerntet auf der Farm von Alejandro Keller auf 1.400 Meter Seehöhe in Guatemala, steigt der Puls der Röster. „Jetzt wird es spaßig“, freut sich die Truppe. Der biodynamische Kaffee wird auf Hochbeeten im Schatten getrocknet. Das soll dabei unterstützen, unerwünschte Aromen von überfermentierten Kirschen in der Tasse zu vermeiden. Es dauert rund 15 Tage, bis der Trocknungsprozess abgeschlossen ist. Auffällig ist jetzt der fast schon vinophil klingende Jargon der Verkoster: Von „Dörrobst“ und „beeriger Süße“ ist die Rede. „Dieser Natural wäre ideal, um ihn in Form eines v60Filterkaffees zuzubereiten“, kommentiert Christoph Klescher von Paul & Bohne. „Für den Genuss dieser dunklen Röstung würde ich mir gerne mehr Zeit nehmen“, gesteht Bäckerei-Sorger-Röstmeister Paul SorgerDomenigg. „Mit vier Kindern zu Hause gerade unmöglich“, schmunzelt er. Wer beruflich in der Hallo-wach-Welt verankert ist, hat offenbar nicht automatisch Zeit für ausgedehnte Kaffeepausen: RösterSchicksal. Apropos Kaffeepause. Die begeht man in der Kaffeerösterei MaiKa entweder morgens mit einem regionalen Frühstück oder nachmittags mit süßen Kreationen aus der Patisserie von Lisa Krispel, Tochter des benachbarten Genussguts Krispel. Das müssen wir brühwarm weitererzählen.

Für Leib und Seele

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