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ROYALES Radeln an der Loire

Oben: Château Chaumont – unser persönlicher Favorit, weil sich hier alte und zeitgenössische Kunst auch durch das seit 1992 jährlich stattfindende Gartenfestival perfekt ergänzen.

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„Waaas? Schon wieder ein Schloss?“ Zugegeben, für begeisterungsfähige Menschen ist bereits ein Tag im Loiretal eine Überdosis an positiven Reizen. Aber wir wollten es genau so! La Loire à Vélo: Der Loire-Radweg gehört zu den beliebtesten Zielen für Radtouristen in Frankreich. Wo sonst gibt es einen fast 700 Kilometer langen, bestens gekennzeichneten Radweg ohne nennenswerte Steigungen entlang eines unregulierten Flusses und mitten im UNESCO-Welterbe? 400 Schlösser findet man dort insgesamt und 40 davon öffnen ihre Tore für staunende Touristen und Kunstfans. Mit Radgeschwindigkeit saugt man mehr von der Landschaft auf als im Auto sitzend, man fühlt sich mittendrin in der Natur und durchquert sehr bewusst viele kleine Dörfer von verfallen bis so lala (je nachdem, ob es sich in einem Weingebiet befindet oder nicht) und der erste Anblick eines Schlosstürmchens haut einen immer aus dem Sattel. Sinnbildlich, versteht sich. Denn die Gefahr, eine „Brezn“ zu reißen, besteht aus zweierlei Gründen nicht: Erstens finden wir uns entgegen den Erwartungen im Juni sehr oft allein auf den Radwegen, die – und jetzt kommt zweitens – meist besser geteert sind als so manche Straße hier!

Doch zurück zum Anfang: Der Loire-Radweg führt von Nevers bis zum Atlantik und alle Reiseanbieter folgen dieser Route, bringen das Gepäck in die nächste Unterkunft und der Weg und auch die Zeit sind damit klar vorgezeichnet – ob es nun Schusterbuben regnet oder der Helm bei 36 °C mit der Frisur verschmilzt, es wird gefahren. So viel Reise-Korsett war uns rein gedanklich unbequem, außerdem wollten wir auf den eigenen E-Bikes reiten und spontan entscheiden können, ob wir an einem Regentag Bock auf „nass bis auf die Radlerunterhose “ haben oder doch lieber einen dekadenten Ruhetag einlegen oder eine Schlossbesichtigung ausnahmsweise mit Anfahrt per Auto machen. Wer La Loire à Vélo wählt, muss also zuallererst diese Entscheidung treffen.

links: an wunderschönen Details bleiben die Blicke hängen: Chaumont ist in öffentlicher Hand und hat Besuchern innen wie außen so viel augenschmaus zu bieten, dass man dort locker einen ganzen Tag staunend verbringen kann. 1 5

Château Chenonceau am Fluss Cher ist das meistbesuchte aller loireschlösser.

Sternfahrten mit dem österreichischen Faktor X Also planten wir einen relativ kurzen Abschnitt an der Loire ein, nämlich von der einstigen Königsresidenz Blois bis Saumur, wo uns die Höhlenwohnungen und unterirdischen Schlösser lockten, und suchten uns für je fünf Tage eine Unterkunft nahe Blois und eine nahe Tours. Die Tagesrouten sollten Sternfahrten zu jenen Schlössern und Sehenswürdigkeiten sein, die wir in den zwei Urlaubswochen nicht versäumen wollten. Ja, das klingt nach Vorbereitung (aber auch Vorfreude), denn bei den Runden waren die Schlossbesichtigungen zu berücksichtigen sowie Zeit für Schabernack wie Café, Flussbetrachtung, Picknickpausen, Sundowner und mehr. Also war klar, dass auch in Frankreich der österreichische Faktor X, nämlich „Schau ma amol, dann seh ma scho“, berücksichtigt werden musste. 350 gemütliche Kilometer waren vorskizziert und ich darf spoilern: Es wurden 450 sportliche Kilometer aus Überzeugung und natürlich blanker Neugierde getrieben – denn neben einigen „Schauen wir da noch um die Ecke!“ wollten wir, ebenso ungeplant, das entzückende Städtchen Chinon (natürlich mit Schloss) am Fluss Vienne nicht links liegen lassen: Hier nippt „Monsieur Claude“ aus den gleichnamigen Komödien mit seiner Multikulti-Familie am geliebten Chinon Rouge.

Die Qual der Wahl ... ... begleitet also eine Loire-Reise, denn zu sehen gibt es Herrlichkeiten für viele Wochen. So quetschten wir bereits in die erste Runde drei Schlösser (Achtung, Anfängerfehler!). Die wunderbare Fahrt ging erst durch ChablisWeinberge, dann durch kühle Wälder zur Pagode, die vom Schloss Chanteloup, zerstört im 19. Jahrhundert, übrig geblieben war. Nach weiteren drei Kilometern erschien Schloss Amboise am Ufer der Loire. All diese Schlösser

Schloss villandry ist ein seltenes Beispiel für eine komplette Gartenanlage der renaissance: Zehn Gärtner pflegen sie –übrigens seit 2009 im biologischen Gartenbau, also ohne Pestizide und chemische Dünger. Gemüsegärten waren in der renaissance Ziergärten.

sindinirgendeinerWeiseeine„Erscheinung“:Manchewirken märchenhaft verspielt, manche mondän und elegant, manche sind fast geisterhaft in ihren Gärten versteckt, manche protzen direkt am Ufer – wie Château Royale d’Amboise. Zum nahen Château du Clos-Lucé führt sogar ein unterirdischer Geheimgang, denn François I. besuchte seinen Gast Leonardo da Vinci dort ab 1516 regelmäßig. In den letzten drei Lebensjahren des italienischen Universalgenies konstruierte dieser auf Clos-Lucé zahlreiche Maschinen – Modelle davon sind im Schloss ausgestellt und in den Parkbäumen hängen Gemälde von ihm, die wie ein zarter Hauch zwischen den Blättern anmuten. Obwohl für Château Chaumont nicht ausreichend Zeit blieb, wurde diese Entdeckung unser persönliches Highlight: Das märchenhafte Schloss ist nicht nur voll von zeitgenössischer Kunst, auch der Park wird alljährlich beim Gartenfestival von internationalen Gartenarchitekten künstlerisch großartig bespielt. Staunen ohne Ende!

Das Schloss am Cher Jedes der berühmten Renaissance-Schlösser hat seinen eigenen Schwerpunkt, eine eigene Faszination. So ist Château Chenonceau, das wir (als einziges an einem Tag –man lernt dazu) tags darauf besuchten, im Grunde eine zweigeschossige Brücke über den Fluss Cher, ein kluges Werk von Katharina von Medici, die den Franzosen

Der Parcours Troglodytique von SouzayChampigny führt durch unterirdische Straßen aus dem 11. Jahrhundert und offenbart das leben im Tuffstein: Die Höhlen mit lebensmittelladen,Taverne etc. lagen auf mehreren ebenen. Das oberirdische Château ist eine „Halbhöhlenburg”.

SlowDownamWörthersee

11.09.–17.12.2022

In Kärnten wird der Herbst, die Zugabe des Sommers, mit einem wahren Naturfestival gefeiert. Es ist die Hochzeit für Genusswanderer und Gipfelstürmer,fürRuhesuchende und Aktivurlauber. Es ist die idealeZeit,fürIhreAuszeitvom Alltag. Entdecken Sie die nahezu grenzenlosen Ausflugs- und Sportmöglichkeiten, lassen Sie sich kulinarisch von uns verwöhnenoderentschleunigen SiebeieinemBesuchinunserer großzügigen Wellnesslandschaft – die herbstliche Seekulisse dabeiimmerBlick.dabeiimmerBlickdabeiimmerBlick.

Oben: Dekadenz hat einen Namen – Château de Chambord ist „nur” ein Jagdschloss und dennoch 156 Meter lang und 56 Meter hoch. Der Park ist so groß wie die Innenstadt von Paris. François I. verbrachte nur 72 Tage seines lebens dort.

Info

La Loire à Vélo Wir planten die Radtouren mit der App Bikemap. In der Premiumversion kann man die Touren offline nutzen. Online-Navigation verbraucht viel Akku und die Verbindung kann unsicher sein. Großartig im Loiretal: Hier geben Autofahrer den Radlern tatsächlich Vorrang – ein gutes und sicheres Gefühl! bikemap.net Loire-Radweg: loire-radweg.org Loire-Schlösser: chateaux-de-la-loire.fr

Foto:Freepik

links: Wer azyklisch isst, muss sich im loiretal oft mit kalter Küche begnügen. Hier rettete uns eine Guinguette an der vienne. Mit Chinon rouge und Blick auf

Schloss Chinon – kein Problem!

mit dem Gebrauch der Gabel im 16. Jahrhundert auch Esskultur aus Italien mitbrachte. Voilà!

Groß, größer, Chambord! Die beste Art, sich Château de Chambord zu nähern, ist: mit dem Rad. Der umgebende Park ist so groß wie die Pariser Innenstadt und auch die Ungeduld, dieses unglaubliche Monster zu erobern, ist groß. Das dekadente Jagdschloss von François I. wurde nur für Jagdgesellschaften temporär eingerichtet und die Innenbesichtigung ist ein Muss: Die wunderschöne Doppelwendeltreppe wird Leonardo da Vinci zugeschrieben und man genießt von der Dachterrasse aus einen herrlichen Panoramablick. Viel weiter westlich am Cher, kurz bevor er in die Loire fließt, liegt Château Villandry, dessen spektakuläre Renaissance-Themengärten sich auf drei Ebenen über sieben Hektar erstrecken. Vom Kräutergarten über Wasser-, Gemüse- und Obstgarten bis hin zum Liebesgarten finden sich hier genug Möglichkeiten zum Lustwandeln, Spazieren, Genießen und Ausruhen.

Brézé und das Leben im Tuffstein Ein besonderes Schloss ist auf alle Fälle ebenso hervorzuheben: Château de Brézé bei Saumur ist vor allem unter der Erde eine Sehenswürdigkeit: Seit 2000 sind hier die unterirdischen Gänge und Siedlungen mit Ställen und Vorratskellern freigelegt und zu besichtigen, diese wurden vermutlich schon im 9. Jahrhundert als Höhlen angelegt und boten Schutz vor Eindringlingen. In der Gegend um Saumur finden sich zahlreiche Höhlen(wohnungen), etwa im Höhlendorf Tourquant. Der dabei abgebaute Tuffstein – ein weicher Kalkstein – wurde wiederum für den Bau von Gebäuden und auch Schlössern verwendet.

Viele Arten, das Leben zu genießen Savoir vivre – die Kunst, das Leben zu genießen – hat viele Gesichter. Wir gaben dem sportlichen und historischkünstlerischen Genuss den Vorzug, wissend, dass Weinverkostungen und Haubenlokale unsere Wege säumten. Da wir nach einem üppigen Frühstück oft gerne über Mittag auf dem Rad saßen, freuten wir uns am Nachmittag über die kleinen Lokale Guinguettes an den Flussufern, wo man uns wenigstens mit kalter Kost versorgte. Feiner französischer Rotwein als Begleitung war dann die royale Rettung für hungrige Radlertouristen ... PS: Beim nächsten Mal schaffen wir’s bis zum Atlantik!

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