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Nummer für Notfall
ger informeller Austausch wegfällt. Menschen treten sich nicht mehr persönlich gegenüber und lernen sich womöglich gar nicht mehr kennen. Wie kann man so in Beziehung treten, wie einen neuen Partner kennenlernen?
Wie wirkt sich dies im privaten und beruflichem Umfeld aus?
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Ich denke, dass dies insbesondere für Menschen problematisch ist, die nicht in festen Beziehungen beziehungsweise in einer Familie leben und damit auf Kontakte außerhalb der eigenen vier Wände stärker angewiesen sind. Ich sehe die Gefahr der Vereinsamung, insbesondere bei älteren Menschen, Alleinstehenden, Menschen, die ohnehin wenig Kontakte haben. Dies kann dann schon zu einem Auslöser für eine depressive Erkrankung werden. Im beruflichen Kontext gibt es Veränderungen, weil durch Homeoffice Abprachen nicht mehr so leicht zu treffen sind, Gruppenprozesse erschwert werden, die Gefahr besteht, dass jeder alleine vor sich hin arbeitet. Ob jemand zu Hause oder in der Firma besser arbeiten kann, hängt natürlich von individuellen Faktoren ab, etwa ob daheim Störfaktoren vorhanden sind wie zum Beispiel zu betreuende Kinder oder ob sich jemand selbst gut strukturieren kann.
Wer leidet am meisten?
Auch diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. So leiden Menschen, die ihren Arbeitsplatz verlieren oder in Kurzarbeit müssen an den wirtschaftlichen Folgen, entwickeln Ängste die Zukunft betreffend. Eltern, die neben der eigenen Arbeit ihre Kinder betreuen müssen und auch noch als Lehrer im Homeschooling fungieren, fühlen sich gestresst und überfordert. Konflikte in den Familien können verschärft werden, dadurch dass man ständig aufeinander hockt und für den einzelnen wichtige Freizeitbeschäftigungen wegfallen. Kinder sehen ihre Freunde nicht, müssen sich oft selbst Struktur geben, was nicht immer klappt. Dennoch denke ich, dass es am schwierigsten ist für Ältere und Alleinstehende, da die Gefahr der Vereinsamung hier am größten ist.
Welche Gegenstrategien kann man selbst entwickeln?
Abhängig von der Situation erscheint es zunächst sinnvoll, den Tag gut zu strukturieren, einen Plan für sich oder die Familie zu machen, zu überlegen, was wann zu tun ist, und auch wer was macht. Dies ist insbesondere in Zeiten von Quarantäne, bei Homeoffice oder Kurzarbeit oder in Zeiten von Schul- und Kindergartenschließungen wichtig. Dabei sollten nicht nur Arbeit und Pflichten geplant werden, sondern auch Platz für Hobbys, Sport und sinnvolle Freizeitbeschäftigen eingeräumt werden. So gibt es vielfältige Sportvideos auf YouTube, die Anleitung geben, wie man auch daheim Sport treiben oder Yoga machen kann. Spaziergänge oder Spieleabende können schöne oder sinnvolle Familienbeschäftigungen sein. Schwer ist es für Menschen, die alleine leben, insbesondere dann, wenn durch die momentane Situation Sozialkontakte wegfallen. In diesem Fall ist es umso wichtiger, diese Menschen nicht alleine zu lassen, den Kontakt zu halten durch Telefongespräche, Skype oder ein Treffen zum Spaziergang. City-Light-Poster an Frankfurter
Ab wann sollte man professionelle Hilfe in Anspruch nehmen?
Professionelle Hilfe sollte dann in Anspruch genommen werden, wenn ein Leidensdruck vorhanden ist und das Gefühl, die Probleme nicht mehr selbst bewältigen zu können, insbesondere, wenn Symptome wie Schlaf- und Konzentrationsstörungen, negative Gedanken, die mit Mut- und Hoffnungslosigkeit einhergehen, hinzukommen. Sinnvoll ist es, nicht so lange zu warten, bis die Symptome chronisch geworden sind, sondern sich frühzeitig Hilfe zu suchen. In einem Erstgespräch bei einem Psychotherapeuten kann besprochen werden, ob eine Psychotherapie sinnvoll ist.
Die Marburger Psychotherapeutin Frauke Neßler. Foto: Michael Arlt
Nummer für Notfall 116117 anrufen sollen, bevor sie eine ÄBD-Zentrale aufsuchen. Dazu sind mehr als 400 GroßflächenInfo-Kampagne zur „116117“ plakate in ganz Hessen und ab der nächsten Woche 220 sogenannte Interview: Michael Arlt
Vor dem Hintergrund der an- von Patienten mit Husten, U- und S-Bahn-Stationen zu sedauernden Coronapandemie Schnupfen oder Fieber von der hen. Darüber hinaus liegen und beginnenden Erkältungs- Versorgung ‚gewöhnlicher‘ Pa- 50.000 Postkarten in den hessizeit startet die Kassenärztliche tienten trennen. Wir haben dazu schen Bürgerämtern zur MitnahVereinigung Hessen (KVH) eine die Zeitslots in den ÄBD-Zentralen me bereit. Mehr als 3.000 Haus-, hessenweite Kampagne mit einer identifiziert, in denen die Ausla- Kinder-, Hals-Nasen-Ohren- und wichtigen Botschaft: Patienten stung gering ist, und werden Pa- Pneumologiepraxen hat die KVH mit Erkältungssymptomen wie tienten mit Grippe- bzw. Covid- zudem mit Postern ausgestattet. Husten, Schnupfen oder Fieber Symptomen gezielt dorthin steu- „Wir müssen die Menschen in Hessollen keinesfalls einfach in die ern. So möchten und können wir sen für die Situation sensibilisieZentralen des Ärztlichen Bereit- wirksam verhindern, dass unsere ren. Nur dann gelingt es, Patienschaftsdienstes (ÄBD) gehen, son- Zentralen zu Infektions-Hotspots ten, die möglicherweise mit SARSdern immer zuerst die 116117 anru- werden.“ CoV-2 infiziert sind, aus dem fen. Die Kampagne soll dazu bei- Um zu erfahren, zu welchen Zei- Normalbetrieb der Bereitschaftstragen, eine weitere Ausbreitung ten sie in die Bereitschaftsdienst- dienstzentralen herauszuhalten. von Covid-19 zu verhindern. Frank zentralen gehen können, können Unsere Kampagne leistet dazu eiDastych, Vorstandsvorsitzender sich die Patienten jederzeit an die nen wichtigen Beitrag“, so die der KVH: „Bei Erkältungssympto- Dispositionszentralen der 116117 KVH. men müssen wir derzeit immer wenden. Mit einer aufmerksam- Vor dem Hintergrund der derzeit auch eine Coronainfektion in Be- keitsstarken Kampagne weist die hohen Anzahl an Anrufen bei der tracht ziehen. Daher ist es wichtig, KVH daher darauf hin, dass Pa- 116117 – in der vergangenen Woche dass wir in den Bereitschafts- tienten mit den genannten Krank- waren es mehr als 41.000 – weist dienstzentralen die Versorgung heitszeichen immer zuerst die die KVH darauf hin, dass die 116117 im Zusammenhang mit der Pandemie „nur“ dazu da sei, Patienten zu beraten und nach vordefinierten Fragen zu ermitteln, ob und wo ein Test durchgeführt werden sollte. Dabei bleibe es jedoch nicht. Demnach würden sich die Menschen inzwischen mit jeglichen Fragen rund um das Coronavirus an die 116117 wenden. Der Grund: Die Nummer ist trotz des hohen Anruferaufkommens vergleichsweise gut erreichbar – und damit für viele die erste Anlaufstelle. „Bisher ist das noch zu bewerkstelligen. Doch die Zahl der Anrufe wird mutmaßlich weiter steigen. Hinzu kommt – und das gerät durch Corona immer mehr in Vergessenheit –, dass natürlich weiterhin gewährleistet sein soll, dass die 116117 bei akuten gesundheitlichen Beschwerden schnell zu erreichen ist. Das kann nicht funktionieren“, so die KVH. Die KVH appelliert daher an die Menschen, nur dann die 116117 anzurufen, wenn tatsächlich ein Bedarf besteht. pe/red