davon 1,70 Euro für die Verkäuferin/ den Verkäufer
Wir begrüßen den Sommer mit einem lauten Hurra. Unsere Juli-/AugustAusgabe verspricht Lesevergnügen und Abwechslung, egal ob am Strand, in den Bergen oder auf Balkonien. Seiten 1-40 :-)
Hallo Sommer Hallo Sommer
Ferienspaß mit Clown Pompo
Jeden Mittwoch, vom 10.7. bis 4.9.2024, um 14.00, 15.30 und 17.00 Uhr im Messepark Dornbirn
Inhalt
4-5
Als hätte es genau so sein sollen
Reiseglück abseits smarter Erreichbarkeit
5 Impressum
6-7 Freie Gedanken, menschliche Zwänge
Autor Hans Platzgumer macht sich Gedanken über das Thema Freiheit
8-10
Unserer Natur auf der Spur
Die marie zu Besuch an einem Ort, wo noch die Natur Regie führt
11 Eistee-Zeit
Mit ein paar Tricks zur glänzenden Erfrischung
12-14 „Ich steckte in einer Zwangsjacke“
Brigitte Derold (78) erzählt über ihr facettenreiches
Leben mit vielen Höhen und Tiefen
15 Schachecke
16 So einfach ist das
Wortwitz und skurrile Zwischentöne im Buch von Elisabeth Riegler
17 Meine Straße
Herwig Bauer, poolbar-Gründer, erinnert sich zurück an die Straße seiner Kindheit
18-19 Kein Selbstdarsteller
Prinz Grizzley spricht über sein neues Album, seine Karriere und seine Zukunftspläne
20-22 Weit weg zu mir
Karin Kaufmann-Damdinsuren erzählt über ihre Krankheit und ihre lange Reise zu sich selbst
23 Café Donnschta
Auf einen Kaffee im W*ORT in Lustenau
24-25 „Das Leben hat es gut gemeint mit mir“
Ein Wiedersehen mit Gertrud Thurnher kurz vor ihrem 105. Geburtstag
27 Hidoku, Sudoku
28-30 Aufstehen, wo andere mitlaufen
Interview mit Journalistin Solmaz Khorsand über das Mitläufertum
30 Reparaturcafés
32-33 Kriege sind auch Klimatöter
Über die Auswirkungen des Krieges auf die Umwelt
34-35 Turnlehrer Ihrer Majestät
Kaiserin Elisabeth tanzte nach der Pfeife des Vorarlberger Arztes Ludwig Seeger
36 Rätsellösungen
37 Filmclubtipps
38-39 Veranstaltungskalender
marie ist Mitglied im Weltverband der Straßenzeitungen. www.insp.ngo
Liebe Leserin, lieber Leser!
Meinen Kollegen Frank Andres bringt eigentlich nicht so schnell was aus der Fassung. Doch Mitte Juni bekam er einen Anruf, der ihm kurz den Schnauf nahm. Die Nachricht war eine jener Überraschungen, die man entweder nie im Leben oder eben genau einmal erlebt. Eher nie. In diesem Telefongespräch wurde ihm mitgeteilt, die marie Straßenzeitung gehöre zu den Begünstigten der großen Geld-Rückverteilungs-Aktion der Millionenerbin Marlene Engelhorn. Eine fünfstellige Summe wurde genannt. Ein Telefonscherz? Ein Fake-Anruf? Alles realistischer als die Wirklichkeit. Doch wahr ist: Der Verein der Vorarlberger Straßenzeitung marie ist auf der Liste von 77 österreichweit ausgewählten Organisationen und erhält mit 1. Juli 52.550 Euro. Wie kam's? Im März startete der „Gute Rat“, ein von Marlene Engelhorn initiierter Bürger:innen-Rat mit dem Ziel, knapp 25 Millionen Euro ihres Erbes zurück an die Gesellschaft zu verteilen. Es geht der 32-Jährigen um soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit, als Mitbegründerin von „taxmenow“ setzt sie sich seit Jahren für Vermögens- und Erbschaftssteuern ein. Ihr „Guter Rat“ ist im Grunde ein Sozialexperiment, wohlweislich mit echtem Geld: 50 zufällig ausgewählte Ratsmitglieder im Alter von 17 bis 85 Jahren trafen sich an sechs Wochenenden von März bis Juni in Salzburg, um zu entscheiden, wie und wo die Millionen am besten in Wirkung kommen. Schlussendlich hat man sich auf die Ausschüttung an besagte 77 Organisationen geeinigt. Inhaltliche Klammer bilden die Themen Umverteilung, Globalisierungskritik, Klima und Umwelt, leistbares Wohnen, Gesundheit und Soziales sowie Integration und Bildung. Die einzelnen Zuschüsse variieren dabei zwischen 40.000 und 1,6 Millionen Euro. Im offiziellen Schreiben an uns heißt es: „Wir haben uns für Ihre Organisation entschieden, weil Sie wohnungslosen Menschen ermöglichen, mit einem Zuverdienst und einer Beschäftigung ihre Situation zu verbessern.“
Nein, wir hatten uns nicht beworben, der Geldsegen kam völlig unerwartet. Was wir mit dem Geld machen? Zu genau dieser Frage werden wir uns die nächsten Wochen frohgemut zusammensetzen und Ideen sammeln. Das Geld wird uns auf jeden Fall mehr Planungssicherheit geben und es uns ermöglichen, das eine oder andere Projekt anzugehen, das unseren Vereinszweck widerspiegelt: Menschen an oder unter der Armutsgrenze, die ihren Lebensmittelpunkt in Vorarlberg haben, Selbsthilfe anzubieten. Und gleichzeitig das Miteinander von Menschen am Rande der Gesellschaft und der Mehrheitsgesellschaft mit konstruktivem Journalismus zu fördern.
Als Leserin und Leser tragen Sie entscheidend zum Bestehen unserer Straßenzeitung bei. Wir sagen Ihnen Danke und freuen uns auf alles, was noch kommen darf. Haben Sie einen schönen Sommer, Ihre Simone Fürnschuß-Hofer, Redakteurin
marie SPEZIAL erscheint am 9. August 2024
Die nächste marie erscheint am 30. August 2024
Als hätte es genau so sein sollen
Reiseglück abseits smarter Erreichbarkeit oder: Zufälle, die es so kaum mehr gibt
Können Sie sich noch an smartphonefreie Zeiten erinnern? Wenn ja, gehören Sie wahrscheinlich so wie ich der Generation X an oder dürfen sich ein Boomer nennen. Dann freuen Sie sich auf eine Geschichte, die einen gewissen Nostalgiewert hat – und das, obwohl sie noch gar nicht so lange her ist und das Internet seine Welteroberungstour längst gestartet hatte. Wohl aber gibt es Zufälle, die in Zeiten ständiger Erreichbarkeit und inflationärer Statusmeldungen kaum mehr eintreffen! Ich nehme Sie jetzt jedenfalls mal mit ins digitale Mittelalter. Wir schreiben das Jahr 2001. Mein Mann und ich beschließen, ein halbes Jahr auf Reisen zu gehen. Als Abschiedsgeschenk legt uns ein Freund so etwas wie einen „Blog“ an (eine Beleidigung an alle, die heute professionelle Seiten betreiben, ich entschuldige meine Begriffs-Anleihe). Eine rudimentäre Schreibseite ohne Bilder, in die wir von überall aus in der Welt unsere Erlebnisse eintippen würden können. Man kann es sich heute kaum mehr vorstellen, das war damals zur Jahrtausendwende ein echtes Novum. Null interaktiv, weder gab es eine Funktion für Kommentare noch für Likes. Vielleicht noch ein Detail zur Einordnung der technischen Selbstverständlichkeiten dieser Zeit: Die über 1000 Bilder, die wir auf der Reise machten, entstanden alle im Dia-Format. Ziemlich Retro, aber nicht des Vintage-Lifestyles wegen, sondern, weil das Digitale sich eben noch nicht in dem Maße durchgesetzt hatte, wie es bereits nur wenige Jahre später State of the Art sein würde. Ich hatte noch nicht einmal ein simples Handy. So fluchten wir in Telefonzellen ausgiebig über abrupt abgebrochene Gespräche, münzenverschlingende Apparate, knacksende Verbindungen und ließen Unmengen von Dollars, Sucres und Soles in sogenannten Internetcafés liegen: grindige, seelenlose Schuppen mit ausrangierten Geräten und dem Buchstabendurcheinander nicht-europäischer Tastaturen, wo man sich statt Cappuccino und Latte für teures Geld Zeiteinheiten zur Computer- und WLAN-Nutzung kaufen konnte. Ich liebte es dennoch, irgendwie, wohl auch wegen der (zugegebenermaßen einseitigen) Verbindung zum Daheim, ab und an zuzukehren und einen neuen Beitrag auf unseren Reiseaccount zu stellen. Wenn ich Glück hatte, und nur dann, stürzte der Com-
puter kurz vor dem Fingertipp auf die Befehlstaste zum Veröffentlichen nicht ab. Den Einträgen folgten vor allem unsere Familie und vielleicht ein paar wenige Freunde, die sich vom Reiseglück und den seltsamen Alltagssorgen selbsternannter Abenteurer nicht nerven ließen. Ich vermute, wir kamen bei der Anzahl unserer Follower nie über den einstelligen Bereich hinaus.
Im dritten Monat unserer Reise erreichten wir Mexiko, wo wir unter anderem Station in der charmanten Stadt San Cristobal de las Casas machten, hoch oben im Nebelwald von Chiapas. Neben wunderbaren Cafés, Märkten und Monumenten wurden die Ausflüge in die indigenen Dörfer Chamula und Zinacantán besonders angepriesen. Und so landeten wir alsbald im Templo de San Juan, einem farbenfrohen, wunderschönen Kirchenbau, der nur von außen fotografiert werden darf. Keine Ahnung, wie es heute ist, aber für uns hatte diese Erfahrung damals etwas Magisches. Dieser Kirchenraum war so anders als alles, was wir zuvor gesehen hatten. Ein Meer an brennenden Kerzen, Schwaden von Weihrauch, der Boden voller Kiefernadeln. Kirchenbänke suchte man vergeblich, dafür überall Blumen, Glaskästen mit Heiligen und viele andächtige Menschen, am Boden sitzend, Gebete murmelnd und ihre privaten Zeremonien abhaltend, mitunter inklusive schamanistischer Rituale. Durch Rülpsen werden jene Geister beschworen, die nach der Vorstellung der indigenen Bevölkerung einen Kranken befallen haben. Und um dem Gerülpse auf die Sprünge zu helfen, nehmen die Gläubigen einen selbstgebrannten Zuckerrohr-Schnaps oder aber, ganz pragmatisch, Kohlensäurehaltiges wie Cola oder Fanta zu sich. Ohne innere Dämonen – soweit mir bewusst – aber ganz schön benebelt von den Eindrücken, meinen Sinnen schon nicht mehr trauend, bewegten wir uns irgendwann mit unserer Ausflugsgruppe (ja, leider, man ist dann halt doch auch vor allem Touristin) langsam Richtung Ausgang zu. Und so beim Vor-Mich-Hin-Schaun und Eindrücke-Verdaun bleibe ich plötzlich an einem Gesicht hängen, das mir sehr, sehr bekannt vorkommt. Ich kann es nicht glauben und wie immer, wenn ich etwas nicht glauben kann, dann wird mir schwindelig, ich kann kaum mehr sprechen oder aber nur albernes Zeug. Doch Tatsache ist: Da sind wir also seit drei Monaten unterwegs und in einem mexika-
nischen Bergdorf irgendwo im Nirgendwo, in der wohl schrägsten und mystischsten Kirche dieses Planeten, treffe ich eine meiner besten Freundinnen, ohne dass wir irgendetwas vereinbart hatten. Weder kannte meine Freundin unsere Schreibseite – sie wusste nur, dass wir erst Ende Jahr wieder zurückkommen würden – noch hatte ich von ihren Reiseplänen erfahren. Wir trauten uns nicht, an diesem heiligen Ort laut vor Freude zu jauchzen, wie es sich an dieser Stelle geziemt hätte und so umarmten wir uns nur kurz, immer noch ungläubig, aber umso inniger und stellten uns sinnlose Fragen wie: Was tut ihr denn hier? Und weil meine Freundin und ihr Partner mit ihrer Reisegruppe hastig in die entgegengesetzte Richtung gezogen wurden, blieb nur noch Zeit, uns leise zuzurufen, dass wir uns am nächsten Vormittag im Café „gegenüber der Kirche“ zum Frühstück treffen könnten. Kein WhatsApp stand uns zur Verfügung, um uns später nochmal siebzehn Mal abzustimmen, wie wann wo genau. Mir ist heute noch schleierhaft, wie wir aus dem Bauch heraus – und angesichts meiner Sinnes-Vernebelung – diese Abmachung schafften, zumal weder wir noch sie mit der Stadt und deren Cafés vertraut waren. Die Dinge ereigneten sich dennoch ganz selbstverständlich. Als hätten wir uns am Bödele getroffen und fürs Steinhauser in Dornbirn verabredet, frühstückten wir also am nächsten Tag miteinander, um dann jede für sich die Reise fortzusetzen. So, als hätte es genau so sein sollen. Ein analoger Glücks(zu)fall, ein kleines emojifreies Zufallswunder, wie es sich im digitalen Zeitalter wohl kaum mehr ereignen kann. Und eine warme Erinnerung im Herzen, die mich anspornt, meine digitale Nabelschnur für die nächsten Wochen zu lockern, um zumindest einen Sommer lang wieder in den Zauber und die Leichtigkeit zufallender Wirklichkeiten einzutauchen.
Impressum
Grundlegende Richtung
Die Straßenzeitung marie versteht sich als Sprachrohr für die Anliegen von Randgruppen unserer Gesellschaft. marie ist ein Angebot zur Selbsthilfe für Menschen an oder unter der Armutsgrenze, die ihren Lebensmittelpunkt in Vorarlberg haben. Ziel ist die Förderung des Miteinanders von Menschen am Rande der Gesellschaft und der Mehrheitsgesellschaft. Die Hälfte des Verkaufspreises von 3,40 Euro verbleibt den Verkäufer:innen. marie ist ein parteiunabhängiges, soziales und nicht auf Gewinn ausgerichtetes Projekt.
Redaktion
marie – Die Vorarlberger Straßenzeitung, Graf-Maximilian-Straße 18, 6845 Hohenems, Telefon: 0677 615 386 40, eMail: redaktion@marie-strassenzeitung.at Internet: www.marie-strassenzeitung.at
Redaktion: Frank Andres, Simone Fürnschuß-Hofer
Mitarbeiter:innen dieser Ausgabe: Daniel Furxer, Guntram Gärtner, Walter Gasperi, Karin Kaufmann-Damdinsuren, Christine Mennel, Daniel Mutschlechner, Hans Platzgumer, Gerhard Thoma
Zeitungsausgabestellen:
Dornbirn: Kaplan Bonetti Sozialwerke, Kaplan-Bonetti-Straße 1, Montag, Mittwoch und Freitag von 7.15 bis 9 Uhr
Bregenz: dowas, Sandgrubenweg 4, Montag bis Freitag: 8.30 bis 13 Uhr
Feldkirch: Caritas-Café, Wohlwendstraße 1, Montag bis Freitag 8.30 bis 14 Uhr
Bludenz: do it yourself, Kasernplatz 5-7/3b, Montag und Mittwoch 14 bis 16 Uhr
Anzeigen
Kontakt: anzeigen@marie-strassenzeitung.at Medieninhaber und Herausgeber Verein zur Förderung einer Straßenzeitung in Vorarlberg, ZVR-Zahl 359044778, 6833 Klaus, eMail: redaktion@marie-strassenzeitung.at Vorstand
Frank Andres, Obmann, Christina den Hond-Vaccaro, ObmannStellvertreterin, Schriftführerin, Oliver Mössinger, Kassier
Die Firma blum unterstützt die Berichterstattung über privat initiierte, gemeinnützige Projekte in Vorarlberg.
Die Gedanken sind frei,
DText: Hans Platzgumer Foto: AdobeStock
as heurige Spezialheft der marie, das am 9. August erscheint, widmet sich der „Freiheit“, einem Begriff, der so häufig, so unreflektiert, so marktschreierisch gebraucht wird wie kaum ein anderer. Wir alle wollen möglichst frei, aber wir können es nur in sehr eingeschränktem Ausmaß sein. Je mehr wir uns als eingebunden in die Lebensgemeinschaft auf dem Planeten Erde verstehen, desto mehr erkennen wir, wie eng der Radius ist, in dem wir unsere Freiheiten ausleben können. Andersrum gesagt: Je weniger wir das Freiheitsrecht anerkennen, das unseren Mitmenschen oder anderen Lebewesen gleich wie uns zusteht, desto egoistischer und zerstörerischer handeln wir.
Sobald wir darüber nachzudenken beginnen, erkennen wir, dass wir in fast keiner Beziehung wirklich frei sind. Die Freiheiten, die wir zu haben meinen, reichen nicht weit. Fast alle sind wir sklavisch an etwas gebunden, das unser tägliches Leben regelt und einengt, an Familienkonstrukte, Sippengebilde und Ehen etwa, an gesellschaftliche Konventionen, berufliche Strukturen, an Luxusgüter wie Smartphones oder Flatscreens, an Aufmerksamkeit in den Sozialen Medien, an Routinen, Rituale und vielgestaltige Verpflichtungen. Eine zahllose Reihe von Dingen, die wir meinen haben zu müssen, etliche Zwänge, Vorstellungen, Ideen, wie wir meinen sein zu müssen, bestimmen unser Dasein. Wir sind alles andere als frei. Als digital immer vollständiger durchleuchtete Konsument*innen sind wir und unsere intimsten Vorlieben und Bedürfnisse unablässiger Manipulation unterworfen, aus der es praktisch kein Entkommen gibt.
Das kapitalistisch ausgerichtete, gewinnorientierte Ordnungssystem, dem wir uns alternativlos verschrieben haben, duldet keine Gleichheit, weder zwischenmenschliche noch Lebensraum-übergreifende. Es kennt nur Konkurrenz und das hierarchische Prinzip, in dem sich Stärkere über Schwächere hinwegzusetzen, sie zu beherrschen und auszubeuten haben. Ohne weitestmögliche Gleichheit aber kann Freiheit nicht bestehen, denn sie erzeugt dann Unterdrückung einerseits und Widerstand andererseits und führt zu dem unaufhörlichen Machtkampf, den
Menschen nicht
wir tagtäglich auf verschiedensten Ebenen erleben, dem Freistrampeln hier und In-Abhängigkeit-Treiben dort.
Politische Parteien berufen sich in diesem Umfeld oft auf ein subjektiv bestimmtes Freiheitsfeld, das ihnen ins Programm passt. „Freiheitliche“ propagieren eine nationalistisch, rassistisch, fremdenfeindlich zugeschnittene, kurz gedachte Freiheit, die Ängste schürt und auf Hass und Gewalt hinausläuft. Neoliberale Parteien setzen auf die ökonomische Freiheit, den möglichst unkontrollierten freien Markt. Ihre Grundpfeiler sind der ungezügelte wirtschaftliche Konkurrenzkampf und die konsumistisch und egoistisch motivierte Selbstverwirklichung freier Individuen. Solidarische Bestrebungen und das Gemeinwohl werden dadurch torpediert. Nicht materiell ausgerichtete, soziale und kulturelle Gesellschaftsbereiche, ja letztlich unser gesamter Planet werden durch diese Sichtweise in den Abgrund gestoßen.
Interessanterweise sind genau die beiden genannten Parteitypen bei jugendlichen Wählern und Wählerinnen derzeit besonders beliebt. Diese Haltung scheint dem Zeitgeist zu entsprechen, diese Forderung nach möglichst ungehinderter individueller Entfaltung und der Egoismus und die Rücksichtslosigkeit, die damit einhergehen. Ein solcher EndzeitHedonismus aber ist genau, was die Welt am wenigsten gebrauchen kann. Heute, da wir die desaströsen ökologischen wie gesellschaftlichen Auswirkungen solch einseitiger Freiheitsversprechen und Weltentwürfe sehen, muss sorgfältig und behutsam über die wenigen möglichen Freiheiten gesprochen werden, die uns zustehen.
Menschen tendieren dazu, vernünftiges Denken nur in geringem Maß in ihr Handeln einzubeziehen. Sie sagen das eine und tun das andere, handeln instinktiv, unreflektiert, inneren Trieben statt Kausalitäten folgend. Als Stütze für uns, wenn unsere Triebe wieder einmal drohen, mit uns durchzugehen, gibt es die von den Vereinten Nationen 1948 verabschiedete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Dort ist praktisch alles zusammengefasst, was ein freiheitsliebender Mensch zu bedenken hat. Gleich in Artikel 1 heißt es: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren
Dieser Satz belegt die Notwendigkeit des Gleichheitsprinzips. Nur im egalisierten, emanzipierten Miteinander kann weitgehende Freiheit überhaupt existieren. In einem hierarchisch, patriarchisch aufgestelltem Gesellschaftssystem von Herrschaften, die über Niedriggestellte verfügen, in einer Tradition, in der die Freiheit des einen auf der Unfreiheit anderer beruht, ist der Begriff „Freiheit“ grundsätzlich deplatziert. Zuerst müssen die Würde und die Rechte aller respektiert werden, erst dann kann über die Freiheiten, die innerhalb dieses Rahmens bleiben, nachgedacht werden. Und in diese „Würde und Rechte aller“ ist auch die Natur, das Ökosystem,
in das wir eingebettet sind, miteinzubeziehen. Angesichts der Klimakatastrophe und fortschreitenden Umweltzerstörung, die wir durch entfesselte Ausübung vermeintlicher Freiheiten verursachen, können wir die Verantwortung nicht länger nur auf unsere eigene Spezies begrenzen. Zu komplex, zu fatal sind die Auswirkungen. Alles auf der Erde ist miteinander vernetzt. Wir können uns nicht weiterhin als übermächtigen Unterwerfer der Welt aufspielen, wollen wir uns nicht selber ausrotten. Wir müssen auch Flüssen oder dem Bienenvolk, Fischen und Säugetieren, Wäldern und Ozeanen Freiheitsraum zugestehen. Ein Freiheitsdenken, das diese Grundlage nicht respektiert, ist kurzsichtig, infantil, selbstsüchtig und notgedrungen in die Selbstauslöschung führend. Unglücklicherweise ist die Unbesonnenheit heute weit verbreitet. Die von neoliberalen und nationalistischen Denkweisen durchsetzte und konsumistisch motivierte Gesellschaft befindet sich in einem Zustand, der es erschwert, Menschen mit vernunftbasierter Maßregelung zu erreichen. Vor wenigen Jahrzehnten gab es noch gewissen Konsens über Tugenden und Verhaltensformen, die unser Zusammenleben erleichterten. Individuelle Möglichkeiten waren eingeschränkt, aber das wurde vom Großteil der Bevölkerung respektiert. Inzwischen hat sich eine egozentrische Wahrnehmung von persönlicher Freiheit durchgesetzt. Keine der klassischen politischen Parteien traut sich, Vorschriften, Verbote oder rein die Idee eines freiwilligen Verzichtens ins Wahlprogramm aufzunehmen. Uns kann, scheint’s, nichts mehr vorgeschrieben werden.
Was dann? Will jeder und jede in eigennützig ausgelebter Freiheit verkehren, bis endgültig alles zusammenbricht? Wenn wir uns nichts vorschreiben lassen wollen, müssen wir unser Verantwortungsbewusstsein beweisen. Wieder und wieder müssen wir uns daran erinnern, wie eng die Grenzen persönlicher Freiheit zu ziehen sind, wollen wir nicht unserer Umwelt, unseren Mitmenschen und letztlich uns selber schaden im haltlosen, falsch verstandenen Freiheitsdrang. Es muss etwa der Motorradfahrer, der es als seine Freiheit versteht, mit ohrenbetäubendem Lärm und Abgasen auszufahren, sich bewusst machen, wieviele andere Existenzen er dadurch stört und verdrängt. Oder die Flugreisende muss sich über den immensen Treibhausgasaustoß im Klaren sein, den sie für ihr Vergnügen in Kauf nimmt. Diese Liste ließe sich lange fortsetzen. Wir alle leben Freiheiten aus, die über ein akzeptables Maß hinausgehen. Wir alle müssen unseren Lebensstil überdenken. Bei allem, was wir tun, müssen wir eine Rechnung aufstellen. Was ist der Preis für unsere Freiheit? Wer muss ihn bezahlen? Wie groß ist der Schaden, den ich anrichte? Es hilft nichts. Wir müssen die Konsequenzen durchleuchten, die unser Handeln mit sich führt. Tun wir das nicht, haben wir den Freiheitsbegriff missverstanden.
Unserer Natur auf der Spur
Wiesen und Wälder auskundschaften, dem Lied von Amsel und Grasmücke lauschen, sich unter wilde Kirschbäume setzen und dabei tiefe Freude spüren: Wir haben einen Ort entdeckt, nicht weit von Vorarlberg entfernt, der einlädt, sich mit der Landschaft, in der wir zuhause sind, zu verbinden und dabei auch unserer eigenen inneren Natur auf den Grund zu gehen.
„Es ist eine Begegnung mit dir selbst und der Natur in dir.“
Laut der Philosophin und Mystikerin Simone Weil ist „die Verwurzelung an einem Ort das wichtigste und am wenigsten anerkannte Bedürfnis der menschlichen Seele“. Basierend auf Erkenntnissen wie diesen gründete sich 2001 in Palo Alto, Kalifornien, eine Initiative, die Ausläufer bis in unsere Breitengrade hat: „Exploring a Sense of Place“ (soviel wie: „Dem Gefühl für den Ort nachgehen“) nennt sich die Bewegung, die sich zum Ziel gesetzt hat, Menschen mithilfe regionaler Programme in eine innige Beziehung zur Natur (zurück) zu führen. Der Tatsache ins Auge blickend, dass ein großer Teil der Menschheit zugunsten von Komfort, Kultur und künstlicher Lebensraumkonzepte seine Verbundenheit zum Ökosystem verloren hat, haben die US-Amerikanerinnen Karen Harwell und Joanna Reynolds einen Leitfaden geschrieben, der Menschen befähigen soll, sich wieder als Teil des großen Wunders Natur wahrzunehmen. Es geht dabei in erster Linie nicht um Wissensvermittlung als vielmehr um das Bewusstsein und Verständnis für die „lokale Bio-Region“, in der wir leben. Um deren Fülle und unsere Verantwortung ihr gegenüber. Inspiriert wurden die Frauen neben Werken großer Naturphilosophen vom international bekannten Wildnispädagogen Jon Young, ebenfalls aus den USA, der in seine Lehrmethode Techniken und Fertigkeiten indigener Kulturen einfließen lässt – für ein Lernen, das von kindlicher Neugierde getragen ist.
Zugehörigkeit und Verwurzelung
Die Hörbranzerin Angelika Mangold, 37, brachte 2016 ein innerer Suchprozess zu den beiden Frauen nach Amerika und damit auch zu Jon Young. Studiert hatte sie ursprünglich Landschaftsarchitektur in Wien, wollte aber nie „Gärten am Computer planen“. Nach ihren Studienjahren in Wien stieg sie bald bei faktor NATUR ein, dem Unternehmen ihres Vaters Roland Mangold, einem inzwischen pensionierten Organisationsentwickler. Gemeinsam hat die Familie damals – auch Schwester Alexandra und Mama Jutta waren mit im Boot – die Naturgartenbewegung in Vorarlberg angestoßen, im Fokus der Arbeit stand Sensibilisierung, Beratung und Planungshilfe. Angelikas Wunsch, noch tiefer in die Materie einzutauchen, wurde dabei immer intensiver. „Schon im Studium hat mich die Mensch-Natur-Beziehung interessiert. So landete ich nicht ganz zufällig bei Karen und Joanna und der ‚Exploring a Sense of Place‘-Bewegung in
Kalifornien. Ich wollte unbedingt mehr darüber erfahren“, erzählt sie. Dabei hat es ihr eine Begegnung besonders angetan: „Eines Abends war dort auch Jon Young zu Gast. Ihn zu treffen, zu erfahren, wie er arbeitet, das hat mich inspiriert und tief berührt. Er erzählte, dass der ästhetische Genuss einer Landschaft, das Sporteln an der frischen Luft oder auch der Wissenserwerb rund um Flora und Fauna die gängigen Arten sind, wie Menschen mit der Natur Kontakt haben. Dass es aber aus seiner Sicht noch etwas viel Grundlegenderes gibt, das uns Menschen fehlt und um das wir uns kümmern sollten: Unsere tiefe Verbundenheit mit der Urkraft Natur. Ihm geht es in seiner Arbeit darum, Menschen in die Interaktion mit der sie umgebenden Landschaft zu bringen, ihr Gefühl von Zugehörigkeit und Verwurzelung zu stärken. Das war es, wonach ich gesucht hatte.“ Verbunden zu sein, das bedeute für sie persönlich: präsent zu sein, beim eigenen Tun durchlässig zu bleiben für das, was sich im Außen tut, sich also selbst und gleichzeitig anderes Leben zu spüren. „Halt, wenn es flowt“, sagt sie lachend.
EXPLORING
A SENSE PLACE OF
Von Amerika bis Allgäu Inzwischen hat Angelika gemeinsam mit ihrem Partner, dem Engländer David Kerell, 34, viele der Ideen aus Amerika in den Bodenseeraum übertragen. Dreh- und Angelpunkt ist dafür ein wunderbarer Allgäuer Hof am Degersee im nahe gelegenen Tettnang. Ein Fleckchen Erde, wo die Natur noch Oberhand hat: roter Mohn und gelber Klee, überhängende pinkfarbene Rosenbüsche und alte Kirschbäume, Totholz, Sauerampfer und Spitzwegerich, wild wuchernder Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Menschen. Papa Roland Mangold hatte den drei Hektar großen Hügel 2011 gekauft und ihn zum Seminarort erkoren, um die Intelligenz der Natur für kreative Denk- und Lösungsprozesse zu nutzen. Angelika und David sehen und verstehen den Ort inzwischen noch vielmehr als erwartungsfreien Erfahrungsraum, um der Natur auf Augenhöhe zu begegnen >>
„Die gemeinsame Geschichte hilft uns, mit uns und unserem Lebensraum vertraut zu werden. Es bilden sich unsichtbare Strukturen, wir lernen fortlaufend von der Natur und voneinander.“
und sich in ihr selbst zu erkennen. Wildnispädagoge David: „Unser Traum ist es, alle Generationen gemeinsam hierher einzuladen, so wie das jetzt schon mit unseren ‚Familien-Natur-Zeit‘ geschieht.“ Mit Erzähl- und Singabenden draußen am Feuer soll das Gefühl des Gehörtwerdens und der Zugehörigkeit gestärkt werden, ab nächstem Frühjahr wird es neben den Familienangeboten auch ein Programm speziell für Erwachsene geben. Angelika: „Ideen hätten wir viele, aber die letzten zwei Jahre war ich durch die Geburt unserer Tochter Anna mit der Pflegearbeit und den persönlichen Lernaufgaben, die mit dem Mama-Sein daherkommen, voll ausgelastet. Sie ist jetzt zwei, ein guter Zeitpunkt also, wieder beruflich aktiver zu werden und Neues auszuprobieren.“
Wahrnehmung schärfen
„An diesem offenen Ort hier gibt es genug Freiraum, dass jede und jeder in seine eigene Naturbeziehung finden kann. Egal, ob er Tierstimmen lauscht, auf Spurensuche geht oder sich einfach unter einen Kirschbaum setzt und Gedichte schreibt“, sagt David und betont, wie wichtig es ist, die gemachten Erfahrungen später in der Gemeinschaft zu teilen. „Die gemeinsame Geschichte hilft uns, mit uns und unserem Lebensraum vertraut zu werden. Es bilden sich unsichtbare Strukturen, wir lernen fortlaufend von der Natur und voneinander.“
Schlussendlich sei die Vision von „Exploring a Sense of Place“ auch ein Beitrag zu Umweltschutz und Ressourcenschonung. „Wir orientieren uns in unserem Tun in der Natur an der Maxime: ‚Meine Zone der Zerstörung möglichst klein, aber die Zone der Wahrnehmung so groß wie möglich halten‘“, so David. Und Angelika ergänzt: „In diesem Austausch mit dem Lebendigen fängst du an zu spüren, dass die Natur nicht ein Objekt außerhalb von dir selbst ist, sondern ein Teil von dir und deinen Gefühlen. Das Nervensystem entspannt sich, der Geist wird leise. Es ist eine Begegnung mit dir selbst und der Natur in dir.“
Mehr über die monatliche Familien-Natur-Zeit und den nächsten Explorations-Zyklus für Erwachsene „Leute unter Pflanzen“ (Februar - Juni 25) online unter: exploringsenseofplace.eu Laufende Programme zur Naturverbindung für Kinder, Jugendliche und Männer (im Ländle und in Tettnang) sowie „Abende am Feuer“ auf Davids Website: living-hearth.com
Mehr über die Arbeit von Karen Harwell und Joanna Reynolds: exploringsenseofplace.org
„Unser Traum ist es, alle Generationen gemeinsam hierher einzuladen, so wie das jetzt schon mit unserer Familien-Natur-Zeit geschieht.“
Ice-Tea-Time
Mit ein paar Tricks zur glänzenden Erfrischung
Zutaten für eine Kanne Eistee:
Klassisch – mit getrocknetem Schwarz- oder Grüntee:
• 1 Liter Wasser
• rund 20 Eiswürfel
• 3 Beutel oder 2 Esslöffel Ihres Lieblingstees
• 2 Bio-Zitronen
• etwas Rohrzucker
Oder – mit frischen Kräutern:
• 1 Liter Wasser
• rund 20 Eiswürfel
• eine Hand voll Ihrer Lieblingskräuter (z.B. Melisse oder Pfefferminze)
• 2 Bio-Zitronen
• etwas Rohrzucker Egal, ob mit getrocknetem Tee oder frischen Kräutern: Gut machen sich dazu auch eine Scheibe Ingwer oder gehacktes Zitronengras. Statt Rohrzucker eignen sich zum Süßen auch selbstgemachte Sirupe, etwa Holder oder Rhabarber. Außerdem Honig oder ein Glas Apfelsaft.
Zubereitung:
Wasser aufkochen, Tee (und evtl. weitere Zutaten wie Ingwer oder Zitronengras) darin ziehen lassen, schon nach wenigen Minuten in eine Kanne sieben, die Hälfte der Eiswürfel dazu geben, süßen und den Saft einer halben Zitrone dazu pressen. Durchkühlen lassen und mit weiteren Eiswürfeln und Zitronenschreiben servieren.
Von Daniel Mutschlechner, probelokal.com
Das Prinzip von Eistee habe ich nie verstanden. Etwas aufzukochen, um es sogleich wieder abzukühlen, erschien mir stets fragwürdig. Und industriellen Eistee, der so süß schmeckt, dass er nur mit viel kaltem Mineralwasser genießbar ist, halte ich für so unnötig wie das Wiedererstarken der politischen Extreme, auf Facebook ausgetragene Grundsatz-Diskussionen oder unser Eigentor gegen Frankreich.
Doch seit vor meiner Tür Melisse und Minze wuchern, habe ich hausgemachten Eistee als Lieblingsgetränk entdeckt. Zumal das Experimentieren mit den Zutaten richtig Freude macht: Da kann ich Kräuter sinnvoll verwerten, den Rhabarbersirup vom Frühjahr aufbrauchen oder saisonale Säfte unterjubeln, um das richtige Maß zwischen süß und herb auszutarieren.
Wie bei allem in der Küche, das einfach klingt, sollte man auch bei der Eistee-Zubereitung nicht den niedrigsten Zaun nehmen. Es reicht nicht, gekochten Tee einfach nur abkühlen zu lassen.
Schließlich brauchen auch Getränke Liebe und Zuwendung.
Mindestens diese zwei Tricks sollten Sie deshalb anwenden: Damit der Tee nicht trüb und zu bitter wird, muss er nach kurzem Ziehen mit einer Hand voller Eiswürfel schockgekühlt werden. Und außerdem gehört ein kräftiger Schuss Zitronensaft dazu – dann bildet sich auf dem Tee keine Haut. Alles Weitere ist Ihrem Geschmack überlassen, und der Vielfalt potenzieller Zutaten sind keine Grenzen gesetzt.
Musiktipp: Die 29jährige Engländerin Elizabeth Sinead Hillesdon – bekannt als „Pixey“ – halte ich für eine bemerkenswerte Künstlerin und Produzentin. Ihr Album „Sunshine State“ aus dem Jahr 2021 trägt den Sommer schon im Titel. Ich bin mir sicher, dass auch ihr im August erscheinendes Album „Million Dollar Baby“ gut zur sommerlichen Ice-Tea-Time passen wird. Weitere Rezeptgeschichten und Musiktipps finden Sie auf www.probelokal.com
Optisch ist Brigitte Derold eine auffällige Erscheinung. Bunt und facettenreich ist aber nicht nur ihr Äußeres, sondern so verlief ihr gesamtes bisheriges Leben. Mit vielen Höhen und Tiefen. Die marie sprach mit der heute 78-Jährigen über ihre Kindheit, ihre Karriere als Tina-Turner-Double und warum sie heute lieber mit einem Hund bzw. einer Katze als einem Mann zusammenlebt.
„Ich steckte in einer Zwangsjacke“
Text: Frank Andres
Fotos: Frank Andres, privat
Treffpunkt Caritas-Café in Feldkirch. Mir gegenüber sitzt eine ältere Dame. Mit Piercings in Nase, Lippe und Zunge. Einem Tattoo am Hals. Die Stirnfransen rosa gefärbt. Die künstlichen Fingernägel in verschiedenen Farben lackiert. Das Gesicht braun gebrannt. Optisch ist diese Frau mit ihren fast 80 Jahren ein Hingucker. Aber wer steckt hinter dieser farbenfrohen Fassade? Was hat diese Frau schon alles erlebt? Ist ihr Leben auch so bunt wie ihre äußere Erscheinung?
Die Frau mit der rauen Stimme beginnt aus dem Nähkästchen ihres Lebens zu plaudern.
Marokkanerkind
Brigitte Derold kommt am 5. Mai 1946, zehn Minuten vor ihrer Zwillingsschwester Irene, in Bregenz zur Welt. Ihr Vater ist ein französischer Besatzungssoldat aus Marokko. Ein sogenanntes „Marokkanerkind“ gilt damals aber als Schande. Die Mutter versteckt ihre Kinder vor der Öffentlichkeit. Verleugnet sie. Ihren Vater lernt Brigitte nie kennen. Weiß bis heute nicht seinen Namen. „Ich glaube, dass er selbst nicht gewusst hat, dass meine Mutter schwanger war. Mein Vater hat also wahrscheinlich nie erfahren, dass es uns gibt“, ist Brigitte heute überzeugt. Die beiden Kinder wachsen bei Oma Anna, der ersten Postbeamtin in Bregenz, auf. „Ich war ihr Liebling“, erzählt sie. Doch mit zehn Jahren ändert sich das Leben der Zwillingsschwestern schlagartig. Sie kommen ins Internat, zu den Salesianer-Schwestern im Kloster Thurnfeld in Hall. „Die Nonnen waren richtig streng“, erinnert sich Brigitte. Wenn sie zu Fuß auf der Straße unterwegs ist, wird sie links und rechts von Klosterschwestern begleitet. Und ihr wird eingebläut, die Augen nach unten zu richten, wenn ein Mann vorbeiläuft. Auch in der Kirche herrschten strikte Regeln. „Wir saßen vom normalen Volk getrennt. Von der Empore aus wurde mit Ferngläsern überwacht, ob wir nicht zu den anderen hinüberschauen. Wenn wir bei einem unerlaubten Blickwechsel erwischt wurden, mussten wir danach danach mit Büchern in der Hand auf Holzscheiten knien“, erinnert sich Brigitte, als ob es gestern gewesen wäre.
Große Liebe
Mit 14 Jahren endet für Brigitte das klösterliche Martyrium. Sie kehrt nach Bregenz zurück.
Beginnt in einem Palmers-Geschäft eine Lehre. Nach dem Abschluss, da ist Brigitte 17 Jahre alt, flieht sie aus dem konservativen, biederen Vorarlberg. Geht nach Deutschland. Und verliebt sich, so kitschig es auch klingen mag, ausgerechnet in Heidelberg in einen schwarzen Amerikaner. Er heißt Jacky, ist Soldat und Sänger in einer Band. Sie gehen kurze Zeit später gemeinsam nach Frankfurt. Dort befindet sich die Rhein-MainAirbase. Brigitte selbst arbeitet in einem Militärhospital. „Es war eine wunderschöne Zeit“, schwärmt sie noch heute. Und sie ist begeistert von People of Color. „Sie haben eine andere Mentalität. Sie haben mehr Seele. Das hörst du sofort, wenn sie anfangen zu singen.“ Brigitte wird schwanger. Ihr Sohn, benannt nach seinem Vater, kommt im September 1966 zur Welt. Das Glück für die beiden scheint perfekt. Doch zur ersehnten Hochzeit kommt es nicht. Das Schicksal will es anders. Brigitte kehrt zurück nach Vorarlberg. Die alleinerziehende Mutter hat aber niemanden, der sich um ihren Sohn kümmern kann. Jacky kommt ins Kinderdorf und Brigitte beginnt bei der Firma Ivoclar in Hohenems im Bereich Zahntechnik zu arbeiten. Mit 36 Jahren passiert etwas, was laut Auskunft ihres Arztes als unmöglich galt. Sie wird zum zweiten Mal schwanger und Mutter einer Tochter.
„Da ist Tina Turner“
Brigitte ist inzwischen 47 Jahre alt. Es ist die närrische Zeit. Sie steht in Lustenau verkleidet mit einer roten Perücke auf einem Faschingswagen. Und plötzlich ruft jemand und zeigt in ihre Richtung: „Da ist die Tina Turner.“ Brigitte schaut nur verdutzt und fragt sich: Wo denn? Es dauert ein paar Minuten, bis sie schließlich mitbekommt, dass sie selbst damit gemeint ist. Sie denkt sich: Ich könnte doch als Doppelgängerin von Tina Turner auftreten. Brigitte beginnt, die Lieder des 1939 geborenen und 2023 verstorbenen Musikstars mit der unvergleichlichen Rockstimme zu lernen. Und sie bekommt ihren ersten Auftritt. Bei der Betriebsfeier der Firma Ivoclar in der Schattenburg Feldkirch. Das ist der Startschuss einer einzigartigen Karriere. Es folgen zahlreiche weitere Auftritte in Österreich und der Schweiz. Richtig Fahrt nimmt das Showgeschäft für Brigitte alias Tina Turner aber erst auf, als sie von Arabella Kiesbauer in eine TV-Doppelgänger-Show
„Ich hatte nie ein Problem damit, älter zu werden. Diese optischen Veränderungen sind einfach passiert. Ich vergesse selbst oft, wie alt ich wirklich bin.“
Verblüffend die Ähnlichkeit
„Die Männer konntest du aber alle vergessen. Da nimm ich mir lieber einen Hund oder eine Katze.“
„Ich bin sehr bieder, fast schon heilig aufgewachsen. Ich wollte ja ursprünglich sogar Klosterschwester werden. Ich bin nur unter Frauen aufgewachsen. Männer galten als der Teufel.“
eingeladen wird. Sie geht als Tina Turner-Doppelgängerin auf eine mehrwöchige Österreich-Tournee. Ihren größten Auftritt gemeinsam mit anderen Doppelgängern von Stars wie Michael Jackson, Prince oder David Bowie hat Brigitte vor 35.000 Zuschauern im Ernst Happel-Stadion. Und mit 54 Jahren gewinnt Brigitte in Innsbruck den TinaTurner-Look-A-Like-Wettbewerb. Der Hauptpreis: eine Reise nach Los Angeles. Mit 64 Jahren, in der Barbara Karlich-Show, verabschiedet sie sich von der Showbühne.
Heilig aufgewachsen
Brigitte war aber optisch lange Jahre nicht der ausgefallene Typ. Im Gegenteil. „Ich bin sehr bieder, fast schon heilig aufgewachsen. Ich wollte ja ursprünglich sogar Klosterschwester werden. Ich bin nur unter Frauen aufgewachsen. Männer galten als der Teufel“, offenbart sie. Doch mit 40 Jahren wandelt sich die brave Brigitte in eine farbenfrohe, lustbetonte Frau. „Ich wollte endlich sein, wie ich wirklich bin. Ich steckte davor in einer Art Zwangsjacke“, betont sie. Sie ändert zunächst ihre Frisur, lässt sich Tattoos des „Joker“ aus Batman und Che Guevara am Knöchel und Piercings im Gesicht stechen. Vor Kurzem trug sie sogar noch Dreadlocks. In allen Farben. „Ich hatte nie ein Problem damit, älter zu werden. Diese optischen Veränderungen sind einfach passiert. Ich vergesse selbst oft, wie alt ich wirklich bin.“ Brigitte ist auch lieber unter jüngeren Menschen. Mehrmals die Woche kommt sie ins Caritas-Café in Feldkirch. „Wenn ich komme, sagen immer alle: Brigitte ist da. Jetzt scheint die Sonne. Ich hätte Sozialarbeiterin werden sollen." Menschen, die selbst durch die Hölle gegangen seien, wüssten wovon sie reden, ist sie überzeugt. Gleichaltrige zu treffen, darauf habe sie wenig Lust. Und sie erklärt auch warum: „Die sitzen meist nur da und jammern über ihre Wehwehchen.“ Das einzige Hobby, das sie mit Frauen ihres Alters teilt, ist das Schwimmen. Von April bis November ist Brigitte mit zwei weiteren eisernen Ladys, die älteste ist 82, im Baggersee Paspels in Brederis unterwegs.
Werbung in eigener Sache
Eine Frage ist aber noch offen. Wie kam es zu ihrem Auftritt bei „Liebesg'schichten und Heiratssachen“ im ORF vor fast genau einem Jahr? „Ich wäre selbst
nie auf die Idee gekommen, da mitzumachen. Drei Jahre lang habe ich die Anfragen abgelehnt“, sagt sie. Letztes Jahr habe sie sich aber gedacht, dass sie mit ausgefallenen Kleidern als Senioren-Model durchstarten könnte. Ganz nach dem Vorbild der New Yorker Mode-Ikone Iris Apfel, die heuer im Alter von 102 Jahren gestorben ist. Den Auftritt bei der Kuppel-Show wollte Brigitte quasi als Startschuss dafür nutzen. Bei der Aufzeichnung der Sendung sei sie am Schluss noch gefragt worden, welche Pläne sie noch für die Zukunft hätte. Ihre Antwort sei aber wegen Eigenreklame gestrichen worden. Trotzdem hätten sich zwei Agenturen aus Wien und Köln gemeldet. Sie würden sich melden, wenn sie einen Model-Job für sie hätten. Und gab es nach ihrem Auftritt bei Liebesg'schichten keine Anfrage von Männern? „Doch. Die Männer konntest du aber alle vergessen. Da nimm ich mir lieber einen Hund oder eine Katze.“
Aussöhnung mit Mutti
Übrigens: Mit ihrer Mutter, die vor vier Jahren am 24. Mai 2020 im Alter von 97 Jahren gestorben ist, hat sich Brigitte am Ende noch ausgesöhnt. Brigittes Mutter hatte sich fünf Jahre vor ihrem Tod eine Verletzung am Oberarm zugezogen. Die Tochter besucht danach drei Mal pro Woche ihre „Mutti“ in Bregenz. Macht mit ihr viele Spaziergänge. „Sie war geistig noch voll fit und lebte im Hier und Jetzt. Mit ihr konnte ich über alles reden. Das waren unsere schönsten gemeinsamen Jahre.“
Peter Wieser, Leiter Caritas-Café:
„Ich kenne Brigitte seit der Eröffnung des Caritas Cafés im März 2011. Sie ist ein Mensch, der im Leben viel durchmachen musste, jedoch nie ihren Lebensmut und ihre positive Einstellung zum Leben und zu den Menschen verloren hat. Und auch die vielen schweren Erfahrungen, die sie machen musste, haben sie nicht verbittert werden lassen, sondern ganz im Gegenteil, sie haben ihr Mitgefühl für andere Menschen in schwierigen Lebenssituationen gestärkt. Gerade auch Menschen mit Suchtproblemen hat Brigitte immer wieder motiviert und bestärkt, Wege in die Abstinenz und in ein besseres Leben zu gehen. Sie war für sie da, wenn sie gefährdet waren, eine begonnene Therapie abzubrechen, hat sie besucht und Mut zugesprochen. Und wenn es zu Rückfällen gekommen ist, was in der Behandlung einer Suchterkrankung zum normalen Verlauf gehört, ist Brigitte ihren Freunden beigestanden und hat sie bestärkt und nie fallengelassen.“
von Brigitte Derold mit Tina Turner.
Früh übt sich, was ein Meister werden will.
F. Schiller
Wenn auf der Erde die Liebe herrschte, wären alle Gesetze entbehrlich.
Schwefelbadstr. 6
6845 Hohenems T 0 55 76- 42 710 www.tectum.cc
SCHACHECKE
Nachdem wir in der marie #93 / Mai 2024 über die Österreichischen Meisterschaften 2024 der Altersklassen U16 und U18 berichtet haben, stehen in dieser Ausgabe die Altersklassen U12 und U14 (jeweils offene Klasse und Mädchen) im Fokus. Diese vier Wettbewerbe gingen vom 29. Mai bis 2. Juni in der Stadthalle Fürstenfeld über die Bühne.
Der sehr geräumige Spielsaal in der Stadthalle bot für die 101 TeilnehmerInnen, darunter zehn aus Vorarlberg, mehr als ausreichend Platz und nahezu perfekte Spielbedingungen, um interessante und hochstehende Partien auf die Schachbretter zu zaubern.
Für die von WFM Julia Novkovic und IM Milan Novkovic betreuten Jugendlichen aus Vorarlberg lief es leider nicht wirklich erfolgreich. Das Trainerduo haderte vor allem mit der bescheidenen Punkteausbeute in den so wichtigen beiden Schlussrunden. So blieb Vorarlberg ohne Medaille und erreichte lediglich zwei Top-Ten-Platzierungen. Die an Nummer zwei gesetzte Bregenzerin Maryam Turdiyeva erreichte
Maryam Turdiyeva (Bregenz)
Yihan Wang (Dornbirn)
ÖM MU14, Fürstenfeld 2024
Mit welcher forcierten Fortsetzung erzwingt Weiß am Zug die Entscheidung?
mit 4,5 aus 7 Partien den undankbaren vierten Rang, während Christina Domig aus Hohenems mit 50 Prozent der möglichen Punkte auf Rang acht landete.
Nun ist die Österreichische Jugendschachmeisterschaft 2024 mit insgesamt zwölf Entscheidungen abgeschlossen und bereits wieder Geschichte. Ein kurzer Blick auf die Medaillenwertung zeigt uns ein gewohntes Bild: Steiermark führt mit fünf Goldmedaillen vor Wien mit drei und Oberösterreich mit zwei. Jeweils eine Goldmedaille gewannen Burgenland und Kärnten. Die einzige Medaille für Vorarlberg erreichte die Dornbirnerin Magdalena Wieland mit dem dritten Rang in der Kategorie MU18.
Und nun bringen wir noch drei interessante Stellungen aus Partien, welche Vorarlberger Jugendliche in Fürstenfeld gespielt haben. Zufälligerweise haben wir diesmal drei Endspielstellungen ausgesucht und wünschen Ihnen viel Spaß beim Lösen dieser Aufgaben.
Christina Domig (Hohenems)
Juliane Jauk (Kjsv Wien)
ÖM MU12, Fürstenfeld 2024
Wie kann Weiß am Zug trotz Minusbauer gewinnen?
Yihan Wang (Dornbirn)
Paula Knittel-Templ (Ottakring) ÖM MU14, Fürstenfeld 2024
Wie gewinnt Weiß am Zug dieses Bauernendspiel?
Aristoteles
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SO EINFACH IST DAS
Elisabeth Riegler, 50, aus Höchst ist von Beruf Musik- und Bewegungspädagogin und nebenbei eine passionierte Geschichtenschreiberin. Nach „Das große Gewusel“ hat sie im Eigenverlag das Buch „So einfach ist das“ herausgebracht. Untertitel: „Lösungen aus dem Buch Grete“. Wortwitz und skurrile Zwischentöne unterwandern den Ernst des Lebens.
Text: Simone Fürnschuß-Hofer, Foto: Tino Grass
Gemeinsam mit Grete findet man sich in deftigen und berührenden Situationen wieder, trifft auf schräge Charaktere und vielleicht auf ein Stück von sich selbst.“ So beschreibt Elisabeth Riegler ihr aktuelles Buch „So einfach ist das“. Die Geschichten darin entstammen der Fantasie und haben doch reale Bezugspunkte: „In gewissem Sinne ist es eine Auseinandersetzung mit Vergangenem, geprägt auch von Gesprächen mit dem Therapeuten – dem ‚Psychopater‘ –, der mich immer wieder geschubst hat, die ‚kleine Grete in mir‘ zu hören und zu pflegen und mit der ‚erwachsenen Grete‘ einen relativierenden Blick auf die Geschehnisse einzuüben. Sobald man verstanden hat, dass wir gewissermaßen alle im selben Boot sitzen und wenn man es dann noch schafft, sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen, folgt unweigerlich die Conclusio: ‚Ah, so einfach ist das‘.“
So einfach ist das Von Elisabeth Riegler mit Illustrationen von Helmut Haider
Auf unterhaltsame Weise erzählt die erwachsene Grete Episoden aus ihrem Leben als Kind und Erwachsene. Denn trotz „Bilderbuchkindheit“ waren die Familienverhältnisse „verzwickt“ und so musste Grete manch' einen Umweg auf sich nehmen, um schließlich bei sich selbst anzukommen. Hardcover, Preis € 25,Bestellungen und Information: www. elisabeth-anna-riegler.com, earmotion@hotmail.com
Originell illustriert
Als Illustrator hat die Autorin mit Helmut Haider ganz bewusst einen Künstler gewählt, der als Mitglied des „Atelier am Ufer“ der Lebenshilfe Oberösterreich Zugang zu einer Ebene hat, die vielen anderen verschlossen bleibt. „Aus meiner musikpädagogischen Arbeit mit Menschen mit Behinderung weiß ich: Deren Ausdrucksformen sprechen mich einfach an. Diesen ganz eigenen Ausdruck, der zusätzliche Erkenntnisse bringt, wollte ich auch ins Buch bringen.“ Es ist also ganz im Sinne der Autorin, dass die Illustrationen weniger die Geschichten untermalen als sie vielmehr weiterspinnen. „Ich habe Helmut fragmentarisch Texte in einfacher Sprache zukommen lassen. Seine Bilder hat er dann im Laufe eines Jahres mit Bleistift und Fineliner zu Papier gebracht. Sie sprechen eine sehr eigene, originelle Sprache.“
Buch für Erwachsene
Unter allen marie-Leser:innen werden zwei Buchexemplare verlost, Betreff „So einfach“, redaktion@marie-strassenzeitung.at
Es ist ein Buch für Erwachsene, nicht für Kinder. An Themenimpulsen fehlte es der Herausgeberin nicht, gerne schöpft sie aus Begegnungen mit Menschen und dem, was daraus entsteht, aus dem ganzen Sammelsurium an Stolpersteinen, Verletzungen, Fragezeichen und Erwartungen eines mittlerweile fünfzigjährigen Lebens. Aus der Kluft dessen, was man zu wissen meint und dem, was man in Wirklichkeit erst im Nachhinein weiß. Der Schmäh sitzt dabei in und zwischen den Zeilen. Elisabeth Riegler: „Der Prozess des Schreibens ist auch für mich selbst Augen öffnend, allerdings habe ich immer im Fokus, die Leserschaft zu unterhalten und sie nicht zur Zeugenschaft meiner inneren Prozesse zu machen. Diesen relativierenden Moment zu erleben, sagen zu können, ‚so einfach ist das‘, darin steckt für mich persönlich eine große Wahrheit, auch wenn ich sie als Erkenntnis selbst immer wieder aufs Neue finden muss.“
Regelmäßig lassen wir in Zukunft Vorarlberger:innen über die Straße ihrer Kindheit erzählen. Den Auftakt macht poolbar-Gründer Herwig Bauer.
Maikäferfangen mit dem Federballschläger. Federballspielen mit demselben. Fahrradstunts, bis das Fahrrad auseinanderbricht. Fußball, bis es stockdunkel ist. Geldscheine an die Schnur binden und sich verstecken, bis einer uns die Freude macht sich blöd zu stellen und zugreifen zu wollen. Aus dem Hinterhalt Radfahrer erschrecken. Mit dem Spuckrohr auf Fenster und Glühbirnen der (weiter entfernten) Nachbarn zielen und davonrennen. Mit Löwenzahnblüten riesig auf der Straße die Autonummer des beobachteten Wüstlings notieren. Schwertkämpfe mit riesigen Bohnenstangen, an deren Ende Blecheimer hingen (bis einer der Eimer
auf einem Kopf landet – wieder Spital). Wettrennen trotz Liegegips bis die Sohle durchgewetzt ist. Bei jedem Regen rausstürmen und das Wasser barfuß zusammenschieben und in kleine Bäche in die Wiese leiten, die zur Sumpfwiese werden soll. Sonnenbaden auf dem Asphalt (ok, das hat nur der Nachbar gemacht, und wir haben uns über ihn lustig gemacht). Mit dem wegen der wilden Sommerhitze geschmolzenen Teer spielen und sich Hände und Füße verkleben. Später dann alle möglichen Fortbewegungs- und Sportarten ausprobieren, Rollschuhe, Inline Skates, Skateboards – und Landhockey mit Tennisbällen. Und wenn dann doch mal ein Auto kommt so tun, als würde man es nicht sehen. Und dann natürlich den Autofahrer mit strafenden Blicken rügen.
Heute würde man aus dem Rügen nicht mehr rauskommen.
THEATER KOSMOS
MONDMILCH TRINKEN
JOSEF MARIA KRASANOVSKY
Nehmet und trinkt, wer weiß, wie lang noch was da ist!
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„
Bin kein Selbstdarsteller, sonst wäre ich Bodybuilder geworden“
Chris Comper aka Prinz Grizzley veröffentlichte kürzlich sein drittes Album mit dem Titel
„Dear Leftovers“. Auf ihm kommt ein straighter Country-Stil zum Vorschein. Die marie hat mit ihm über sein neues Album, seine Karriere und seine Zukunftspläne gesprochen.
Wir treffen uns standesgemäß an einem Ort, an dem es Egger-Bier gibt. Einen Wälder kann man mit diesen Dingen locken, außerdem mit der Atmosphäre des Honolulu-Gastgartens in Bregenz. Der Foodtruck hat bereits geöffnet, Regen ist zum Glück an diesem Nachmittag noch keiner in Sicht. Prinz Grizzley sitzt mir gegenüber, im Holzfällerhemd und mit Schnabelkappe.
„JAHRELANG
HABE ICH MENSCHEN
ERKLÄRT, DASS ICH
EIGENTLICH AMERICA-
NA SPIELE UND KEINE COUNTRYMUSIK, JETZT
HABE ICH EIN COUNTRYALBUM AUFGENOMMEN.
ICH GLAUBE DAMIT
IST DIE VERWIRRUNG PERFEKT.“
„Am Anfang wollte ich das neue Album ganz pragmatisch nur ‚Leftovers‘ nennen, da ein paar Countrysongs von den beiden Vorgängeralben übriggeblieben waren. Aber wie es die Magie so will, handeln die meisten Songtexte von Übriggebliebenen. Von Einsamen, unglücklich Verliebten, Verlassenen. So ist dieses Album eine Ode an die übriggebliebenen Menschen geworden, darum ‚Dear Leftovers‘“, erklärt Chris.
Kein Americana mehr, jetzt nur noch Country? „Jahrelang habe ich Menschen erklärt, dass ich eigentlich Americana spiele und keine Countrymusik, jetzt habe ich ein Country-Album aufgenommen. Ich glaube damit ist die Verwirrung perfekt“, schmunzelt er. Die Realität ist noch etwas komplexer. „Dear Leftovers“ ist ein eingeschobenes Album, die beiden Vorgängeralben „Come on In“ (2017) und „To My Green Mountains Home“ (2020) bilden eine Trilogie mit einem noch unveröffentlichten Album. Das kommt vielleicht als nächstes. Die Titel der drei Alben bilden einen vollständigen Satz, der Schluss fehlt noch. „Ich wollte den Sound bei ‚Dear Leftovers‘ fetter machen und habe immer mehr draufgepackt. Sogar das Vorarlberger Symphonieorchester hat mitgespielt. Aber der Sound wollte sich einfach nicht mit der Thematik der Songs verschmelzen lassen. Ich wollte das Album eigentlich schon in den Müll schmeißen.“ Toni Meloni, der Dornbirner Musikproduzent, hat ihn aber doch noch dazu überredet, einen neuen Versuch zu wagen. „Auf einmal hatte ich eine Idee, eine Eingabe: Es sollte alles ‚Punk‘ sein. Das Verschnörkelte weg, einfach gerader, cut down to the core, Emotionen unfiltriert, nur mit der kongenialen Unterstützung seiner
Backing Band, den Beargaroos. Johannes „Der Jogi“ Bischof an der Pedal Steel, Claude Meier am Bass und Andreas Wettstein an den Drums. Somit fiel das Symphonieorchester raus, auch drei Klavierspuren, die George Nussbaumer eingespielt hatte. „Am Schluss war es so, wie ich es wollte. Natürlich ist es schade, dass Musikerinnen und Musiker nicht auf dem Album sind, obwohl sie sich echt ins Zeug gelegt haben. Aber da es mein Album ist, habe ich mich so entschieden und es hat sich gelohnt.“
„Die Muse küsst mich oft“
Chris ist ein Vielschreiber. 30 bis 40 Songs entstehen jährlich. „Wenn ich mich mit der Gitarre hinsetze, dann kommt die Muse fast immer zu mir. Manchmal mit sehr guten Ideen, manchmal mit etwas weniger guten, aber das ist okay.“ Er schreibt dabei lieber, als auf der Bühne zu stehen, das hat sich in all den Jahren nicht verändert. „Ich bin nicht der große Selbstdarsteller. Wenn ich das wäre, wäre ich Bodybuilder geworden, haha. Versteh mich nicht falsch, ich präsentiere gern meine Songs auf der Bühne. Es ist für mich so eine Art Sahnehäubchen. Aber am liebsten schreibe ich alleine Songs, die dann viele Menschen erreichen.“
Mit Fans, die ihn nach Konzerten belagern, kommt Prinz Grizzley inzwischen gerne ins Gespräch und erfüllt deren Autogrammwünsche, meist auf die Vinylhülle. „Der Kontakt zum Publikum ist mir wichtig. Wenn sich Menschen ins Auto setzen, Geld bezahlen und extra zu mir zum Konzert kommen, dann nehme ich mir gerne die Zeit für sie. Das war früher bei meiner Band Golden Reef nicht der Fall, aber da hatten wir auch nicht so viele Fans.“ Er grinst dabei. Vom coolen, abweisenden Frontman aus vergangenen Zeiten ist nichts mehr übriggeblieben. Ehrlich freut er sich über jede und jeden, der mit ihm nach dem Konzert reden will.
„Natürlich will ich Erfolg haben, ein einziges Vinyl zu pressen, das ich dann bei mir auf den Kamin stelle, das ist nicht das, was ich mir wünsche. Mir taugt es, wenn viele Leute meine Musik hören. Das ist in Zeiten des Streamings einfacher geworden. Inter-
Text und Fotos: Daniel Furxer
„WENN JEMAND WIRKLICH VIEL MUSIK HÖREN WILL, DANN SOLLTE ER WÄNDE STREICHEN. BEI MIR LÄUFT VON FRÜH MORGENS BIS AM ABEND EIN STREAMINGDIENST.“
netradios in Amerika spielen meine Songs. Das wäre vor einigen Jahren noch gar nicht möglich gewesen.“ Er hat in seiner Musikerkarriere ab 2000 schon viele Veränderungen im Musikbusiness erlebt. Myspace, Facebook, Streamingdienste, den Wiederaufstieg der Vinylverkäufe. „So wie es jetzt ist, gefällt es mir fast am besten“, gesteht der Prinz. „Ich habe schon mehr erreicht, als ich mir zu erreichen geträumt habe. Ich habe auf dem ‚Folk the light Festival‘ in Kansas/USA gespielt, 2017 auf dem ‚Kilkenny Festival‘ in Irland und bin vor Tausenden Leuten auf der Europatour mit Seasick Steve aufgetreten. Meine Liste mit Dingen, die ich als Musiker schaffen wollte, ist abgehakt, und ganz ehrlich … ich habe sie sogar schon weggeworfen.“
Das schwarze Loch
Danach ist er ins Grübeln gekommen, in ein Loch gefallen, alles gelungen, aber wie geht es nun weiter? „Ein ‚road dog‘ wollte ich nie werden. Immer unterwegs, immer auf Tour und das das ganze Jahr. Ich habe eine Frau und drei Kinder im Bregenzerwald und ich will meine Kinder beim Aufwachsen begleiten. In den vergangenen Jahren haben sich meine Prioritäten deutlich verändert.“
Zum Glück habe er nicht den Druck, von der Musik leben zu müssen. Chris Comper arbeitet selbständig als Maler. „Wenn jemand wirklich viel Musik hören will, dann sollte er Wände streichen. Bei mir läuft von früh morgens bis am Abend ein Streamingdienst. Ich
Prinz Grizzley live:
04.07.2024 – Kulturhauspark Album Präsentation –Dornbirn (AUT)
13.07.2024 – Static Roots Festival – Oberhausen (GER) 10.08.2024 – Open Air an der Ach – Lingenau (AUT) 11-14.09.2024 – Live At Heart – Örebro (SWE) 09.11.2024 – Thalsaal – Sulzberg-Thal (AUT) https://prinzgrizzley.com/
habe es damit schon unter die Top 5 der meisten Zuhörer in Österreich geschafft.“ Selbstredend gibt es dafür keinen Preis und auch kein Geld. Genauso wenig wie für die Streamings seiner Musik. Um gutes Geld zu verdienen, bräuchte es Streamings im zweistelligen Millionenbereich, rechnet er vor. Er ist froh, dass er eine geregelte Arbeit hat, nicht zuletzt wegen seiner Kinder. Sie sollen nicht darunter leiden, dass der Vater ein Musikengagement nicht bekommen hat. Prinz Grizzley ist vernünftig und pragmatisch geworden. „Ich habe eigentlich alles gesehen, jetzt überlege ich mir, wie die Reise weitergeht. Ich bin im Bregenzerwald gerne zuhause, darum schreibe ich auch so viele Lieder über den Wald.“ Er lacht. Jetzt hat es doch leicht zu regnen begonnen, wir bleiben aber auf unseren Gartenstühlen sitzen und warten ab, ob der Regen stärker wird. Ursprünglich wollte ich den HonoluluGastgarten für Fotos mit Prinz Grizzley nutzen, aber es sind mittlerweile einige Leute im Garten eingekehrt. Zu viele Schaulustige, wie wir beide finden. Wir suchen uns einen Hinterhof in Bregenz. Die Schnabelkappe trägt er aus reiner Notwendigkeit, damit ihn die Haare beim Malen nicht stören. „Die habe ich dann auf der Bühne einfach aufgelassen. Ich muss keinen Country-Hut tragen, um authentisch zu wirken. Ich muss auch niemand mehr etwas beweisen.“ Anspieltipp auf dem neuen Album und Motto für das Leben: „Got Nothing To Prove“.
„DER KONTAKT
ZUM PUBLIKUM IST MIR WICHTIG. WENN SICH MENSCHEN INS AUTO
SETZEN, GELD BEZAHLEN UND EXTRA ZU MIR ZUM KONZERT KOMMEN, DANN NEHME ICH MIR
GERNE DIE ZEIT, UM MIT
IHNEN ZU REDEN. DAS WAR FRÜHER BEI MEINER BAND GOLDEN REEF
NICHT DER FALL, ABER
DA HATTEN WIR AUCH
NICHT SO VIELE FANS.“
Text: Karin Kaufmann, Fotos: iStock und privat
Es ist der 28. April 2010 und ich erwache aus der Narkose. Wage erinnere ich mich, wie ich hierhergekommen bin. Es war schon so leicht. Habe diesen schmerzenden Körper schon nicht mehr gefühlt, der mich zuvor wochenlang beinahe in den Wahnsinn getrieben hat. Geweint und geschrien habe ich vor Schmerz wie ein Baby. Mein Bett habe ich nicht mehr verlassen. Als würde ich allein auf einer Insel einfach sterben. Schulterzuckend, resignierend die Antwort der Ärzte, die ich wochenlang verzweifelt aufsuchte. Mein Körper außer Kontrolle, scheinbar keiner normalen Reaktion mehr nachkommen wollend. Permanent hatte ich das Gefühl, mein Kopf würde platzen, ständig Fieber, Nachtschweiß, sodass das Schlafen nur im Bademantel möglich war. Irgendwann nachts platzte mir das Trommelfell am rechten Ohr, nachdem ich zuvor die Ohrenschmerzen meines Lebens hatte. Verzweifelt habe ich versucht zu erklären, dass das aus meinem Kopf kommt. Ich spüre, dass da etwas in meinem Kopf ist, dass mir dermaßen unsäglichen Druck und Schmerzen bereitet. Vergebens. „Kann nicht sein“, lautete jedes Mal die Antwort. Da lag ich also in meinem Bett. Ich sah nicht das Licht am Ende des Tunnels. Ich war das Licht. Bereit zu sterben, um endlich von diesen Schmerzen erlöst zu werden.
Doch plötzlich wurde meine Reise unterbrochen. Meine Freundin stand vor meinem Bett, zerrte mich raus, zog mich an. Ich war mir sicher, sie spricht meine Muttersprache, aber verstanden habe ich sie nicht. Sie schleppte mich ins Auto und brachte mich zu einer Ärztin, bei der ich ein Jahr zuvor einmal war. Ich hatte sie schon vergessen, so in Mitleidenschaft war mein Gehirn bereits gezogen. Ich kann mich noch an ihren besorgten Blick erinnern. Was sie sagte, verstand ich jedoch nicht. Der nächste Weg führte ins MRT, welches dann die für mich endlich erlösende und zugleich düstere Diagnose abzeichnete: reaktive Meningitis, reaktive Vaskulitis, Ostitis und Mastoiditis. Ab da an kann ich mich kaum mehr erinnern.
Bis ich wieder erwachte.
Kritisch beäugte mich der Primar. Er will wissen, ob ich sprechen kann. Sichtlich erleichtert ist er, dass ich keinen Dachschaden habe. Aus meinem Hinterkopf ragte ein Röhrchen. Einen Kopfturban wie Sindbad. Ich fühle mich dermaßen schlecht. Alles, woran ich dachte, war, direkt den Ausgang durchs Fenster zu nehmen, sobald er weg war. Aber dann plötzlich erinnerte ich mich, dass ich schon wochenlang fast nichts mehr gegessen hatte, so krank war ich. Und als nächstes nahm ich wahr, dass sie weg waren, diese Höllenschmerzen. Ich spürte plötzlich meinen Körper wieder. Alles da. Arme, Beine, Kopf und eben mein leerer Magen. Es war der Tag in meinem Leben, an dem ich beschloss, alles anders zu machen, sollte ich nochmal davonkommen.
Es vergingen Monate, in denen ich Schritt für Schritt wieder ins Leben zurück kam. Anfangs dachte ich, ich müsse für meine Kinder leben. Aber schnell wurde mir klar, dass ich den Sinn des Lebens verstehen muss. Ich spürte, dass es zu wenig ist, für andere leben zu wollen. Jede Faser meines Körpers zeigte mir das. Also ging ich von da an auf die Suche nach dem, wofür ich leben wollte. Wer war ich und warum? Woher komme ich und wohin will ich gehen?
Seither sind 14 Jahre vergangen. Es ist die Welle meines Lebens. Seit da an steige ich die Treppen hinab in die Tiefe meines Seins. Meine Kindheit war geprägt von Alkoholismus, häuslicher Gewalt, sexualisierter Gewalt, Trauer, Verzweiflung und Wut. Ich habe mich nie gut gefühlt. Am liebsten war ich überall, nur nicht zuhause. Ich kann mich noch gut erinnern, als unsere Mutter einmal Prospekte aus dem Reisebüro nach Hause brachte. Spaniens Strände waren dort abgebildet. Eine Offenbarung in meinem damaligen Leben. Hingefahren sind wir nie. Sowieso fuhren wir nie irgendwo hin. Für meinen Stiefvater gab es nur Arbeit, Fußball und Frühschoppen. Als Kind träumte ich oft davon, an einem dieser Strände zu sein. Sonne auf meiner Haut, Sand unter meinen Füßen und eintauchen in dieses wunderschöne Blau des Wassers. Meine Fantasie war immer die Rettung aus diesem schweren Leben. Immer sehnte ich mich danach, eines Tages dort zu leben. Gefühlt bin ich die einzige Vorarlbergerin, die den Winter bis heute nicht leiden kann. Alle erzählten mir immer, wie gerne sie Ski fahren. Ich hatte als Kind nur einmal Skier an
den Beinen. Und das war für ein Foto im Garten meiner Großmutter. Danach verstaubte das gut gemeinte Geschenk im Abstellraum. Weil wir auch nicht Ski fahren gingen. Winter bedeutet für mich bis heute, einfach nur Geld fürs Heizen erarbeiten zu müssen.
2020 war ich ab Mai mit Beginn der Pandemie arbeitslos geworden. Denn unsere kleine NGO lebt von Spenden. Dass diese in Krisenzeiten drastisch zurückgehen, war klar. Also suchte ich nach einem Bundesland, in dem ich – auf ungewisse Zeit – als arbeitslose Alleinerzieherin (über)leben konnte. Weiter weg konnte ich damals aufgrund der Situation nicht. Da kam also nur das Burgenland in Frage. Zwischen dem 1. und dem 2. Lockdown war es dann so weit. Ich packte meinen damals Dreijährigen ins Auto und verließ Vorarlberg. Es war definitiv die beste Entscheidung, die ich damals treffen konnte. Statt Lockdown für Lockdown isoliert in der viel zu kleinen Wohnung in Vorarlberg zu sitzen, zogen wir in eine schöne große Wohnung mit Garten. Meine neue Nachbarin dort war ebenfalls alleinerziehend. Wir hatten die schönste Zeit, die man sich unter den damaligen Umständen nur vorstellen kann. Heute sprechen wir ab und zu darüber, wie schön es war, einfach unserem natürlichen Rhythmus nachzukommen, obwohl nicht wissend, was morgen sein würde.
Denn als das normale Leben wieder begann, war es genau umgekehrt. Ein Termin nach dem anderen. Jeden Tag Druck, genügend Geld für die Familie verdienen zu können. Meinen Kindheitstraum, einmal am Meer zu leben, hatte ich nie vergessen. Mir war klar, eines Tages geht die Reise weiter für mich. Sobald es möglich sein würde. Und nun war es möglich geworden. Die Lebenshaltungskosten waren zwischenzeitlich stark gestiegen. Mit einem Job nicht mehr machbar. Klar kann man in unserem Sozialstaat beim Amt betteln gehen. Aber für mich keine Option. Ich bin fit genug und gut ausgebildet, um selbst für meine Familie zu sorgen. Da gibt's jede Menge anderer Menschen, die den Bedarf danach haben.
ES WAR DER TAG IN MEINEM
LEBEN, AN DEM ICH BESCHLOSS, ALLES ANDERS ZU MACHEN, SOLLTE ICH NOCHMAL DAVON KOMMEN.
Der Vater meines Sohnes hat von einem Tag auf den anderen den Kontakt abgebrochen. Über Nacht wurde er streng gläubig und wollte nichts mehr mit seinem Kind zu tun haben. Dem „Bastard“, wie er ihn immer liebevoll nannte. Ich musste mich also auch nicht mehr darum bemühen, dass die beiden sich sehen bzw. Kontakt miteinander haben können. Schon gar nicht darum, wo ich mit dem Kind leben darf und wo nicht. Und weil mein Kleiner doch wesentlich dunkler ist als die anderen Kinder, kann ich ihm vielleicht auch so ersparen, dass man ihm in zehn Jahren empfiehlt, doch dorthin zu verschwinden, wo er herkommt. Und ich bin auch nicht traurig darüber, >>
wenn mich nicht ständig alles daran erinnert, wie ich aufgewachsen bin. Also habe ich nun ganz einfach meine Wohnung gekündigt, all mein Hab und Gut verkauft, eine vorläufige Unterkunft gemietet, zwei Flugtickets gekauft, 20 Kilogramm Lego und ein paar Unterhosen in zwei Koffer gepackt. Da bin ich nun. Da sitze ich jetzt einfach jeden Tag auf der Terrasse, blicke aufs Meer und mache meine Arbeit wie die letzten 15 Jahre.
Wenn mich hier das Schicksal eines Kindes oder eines Jugendlichen erreicht, das Opfer von sexualisierter Gewalt wurde, habe ich nicht mehr die Befürchtung, dem Täter auf der Straße begegnen zu können und meinen Mund halten zu müssen. Das hat mich nämlich auch immer sehr belastet. Denn man kann einfach nur wütend werden, wenn man weiß, dass der XY einem Kind etwas angetan hat und vielleicht noch vielen mehr. Und nichts, genau gar nichts geschieht. Denn Gerechtigkeit gibt es nicht, nachweislich auch nicht bei Gericht. Ja, hier bin ich frei. Hier sind meine Gedanken frei. Es fühlt sich an, wie eine Versöhnung für all das, was ich gesehen, gehört und erlebt habe. Sonne auf unserer Haut, Sand unter unseren Füßen und dieses wunderschöne Blau des Meeres tragen uns von nun an.
Nachhaltig handeln
Ganzheitlich denken
Verantwortung für die Gesellschaft tragen
Karin Kaufmann-Damdinsuren, geb. in Bregenz
46 Jahre, Mutter von drei Söhnen
Geschäftsführerin & Peer-Beraterin bei der Selbsthilfeorganisation
Schmetterlinge | www.schuetzedeinkind.at Bis September 2020 in Wolfurt gelebt Am 1. Oktober 2020 ins Burgenland/Kleinhöflein gezogen Seit 31. Mai 2024 auf Teneriffa
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wertschätzen
Sortimente bewusst gestalten
Lebensraum und Klima schützen
Auf sparsame Prozesse achten
Wir bei Haberkorn sind überzeugt, dass eine Wirtschaft, die nur auf Gewinn- und BIP-Wachstum ausgerichtet ist, langfristig nicht erfolgreich sein kann. Nachhaltiges Handeln ist für uns eine gesellschaftliche Verpflichtung und eine wichtige Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg. Zahlreiche Auszeichnungen und Kooperationen bestätigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. haberkorn.com
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Begegnungsorte | Folge 13
Café Donnschta im W*ORT Lustenau
Hier kann man sich in gemütlicher Atmosphäre ohne Konsumzwang jeden Donnerstag von 9 bis 12 Uhr treffen. Hausgemachte Kuchen oder frische Aufstriche inklusive.
Text und Fotos: Daniel Furxer
Seit es den Verein „W*ORT“ gibt, gibt es auch das Café Donnschta. „Wir haben von Anfang an gewusst, dass wir einen Ort der Begegnung brauchen“, sagt Gabi Hampson, Geschäftsführerin des W*ORT. Zentral in der Nähe des Kirchplatzes in Lustenau gelegen, ist das Café ein Treffpunkt für junge Familien mit ihren Kindern. Hier können die Kinder spielen (jede Menge Spielzeug und Malstifte sind vorhanden), auf den Möbeln rumklettern, die dazu einladen oder von den leckeren Kuchen schnabulieren. Gabi: „Es lernen sich mitunter auch neue Leute kennen, die ähnliche Ideen haben und diese gemeinsam umsetzen wollen. Wir sind ein Ort der Kreativität.“
Jeden Donnerstag bedienen ehrenamtliche Wirtinnen und Wirte die Gäste, insgesamt sind es über 30 Frauen und Männer, die sich abwechseln. Die einen bewirten, die anderen backen Kuchen, manche machen beides. So entsteht die Kaffeehausgemütlichkeit. „Im ersten Sommer sind „W*ORT-Kinder“ auf mich zugekommen und haben mich gefragt, ob sie auch einmal das Café übernehmen können. Eine super Idee, die wir natürlich verwirklichten“, erzählt die Geschäftsführerin. Seither sind im Sommer die Kinder die Café-Chef:innen. „Mir taugt am W*ORT, dass wir schon im jungen Alter viel in die Hand nehmen durften und als Wirtinnen das Café schupfen konnten“, berichtet Magdalena (19), ein W*ORT-Kind der ersten Stunde. „Oft hat man mit uns neue Ideen ausprobiert und uns nach unserer Meinung dazu gefragt, wir konnten das Projekt quasi mit aufbauen“, zeigt sich auch Sophia (19) begeistert.
Das W*ORT ist ein dritter Ort, an dem Kinder im Mittelpunkt stehen, das merkt man ganz deutlich. Ehrenamtliche Erwachsene begleiten Kinder, mit Worten zu spielen, ohne Angst vor Rechtschreibfehlern. „Diese sind sogar willkommen, entstehen daraus doch neue, überraschende Wortkreationen“, wirft Gabi Hampson ein. Heuer feiert das W*ORT und somit auch das Café Donnschta sein 10-jähriges Jubiläum. Zelebriert wird dies in Schwerpunkten. Kinder, Bücher, Kuchen, Gemeinschaft, Mittagstisch, Fotos. Insgesamt werden zehn Themen zum runden Geburtstag hervorgehoben. Einfach vorbeikommen und mitfeiern!
Gäste im Café Donnschta (oben) sowie Yasi, Irene und Gabi, drei von über 30 Wirtinnen des Café Donntscha (unten)
Jeden Donnerstag (außer feiertags) von 9 bis 12 Uhr, bis 8. August auch mit Mittagstisch ab 12 Uhr 07.09. ab 16 Uhr: Wortparty. Mit Worten spielen, Poetry Slam „Festrede“ (gestaltet von Jugendlichen), die den Politiker:innen das Wort stehlen. Den ganzen Sommer ist auch die Ausstellung „why do pictures matter?“ zu sehen, ein Fotoprojekt der Schüler:innen vom BG Lustenau mit Lehrer Lukas Wüstner, die Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter des W*ORT fotografisch porträtiert haben.
Vor fast genau einem Jahr war die marie bei einer außergewöhnlichen, alten Dame zu Besuch. Jetzt haben wir die älteste Bregenzerin Gertrud Thurnher kurz vor ihrem 105. Geburtstag wieder getroffen und mit ihr über ihre Leidenschaft für Bücher, das Lesen, die Natur und warum sie in ihrem hohen Alter noch immer große Freude am Leben hat, gesprochen.
„ DAS LEBEN HAT ES GUT GEMEINT MIT MIR“
Text und Fotos: Frank Andres
Es fühlt sich für mich alles so vertraut an. Dabei ist mein letzter und einziger Besuch schon ein ganzes Jahr her. Das schmiedeeiserne Tor. Die Warnung vor dem bissigen Hund. Die Steintreppe. Die Blumen vor dem Hauseingang. Das Bücherregal in der Stube. Die Blumenvase auf dem Tisch. Die Couch. Der wunderbare Blick in den Garten. Mein erster Eindruck. Nichts scheint sich verändert zu haben. Das finde ich beruhigend. Aber wie ist es, wenn ich die Dame des Hauses, die am 8. August ihren 105. Geburtstag feiert, wieder treffe? Wie geht es ihr? Ist sie noch immer diese Frohnatur? Meine anfänglichen Zweifel bzw. Ängste sind unbegründet. Die Tochter des Hauses, Ingeborg, geleitet mich wie beim letzten Mal in die gute Stube. Auf der Couch sitzt Gertrud Thurnher. Sie trägt einen blauen Pullover. Wie vor einem Jahr. Aber diesmal hat sie zusätzlich eine Perlenkette um den Hals gelegt. Nicht verändert hat sich aber die geistige Fitness der alten Dame. Sie ist immer noch hellwach. Nur das Kurzzeitgedächtnis und das Gehör der Mutter lassen etwas nach, wie mir ihre Tochter Ingeborg verrät. Das überaus kurzweilige Gespräch kann beginnen.
Gertrud Thurnher ist eine große Hundefreundin.
Gertrud Thurnher und ihre Tochter Ingeborg.
Über das Lesen und die Liebe zu Büchern
Lesen und Schreiben haben mich mein ganzes Leben lang begleitet. Bereits in der Schule habe ich „Emil und die Detektive“ von Erich Kästner gelesen. Später waren wir Mitglied in gleich zwei Buchgemeinschaften. Da musste man jedes Quartal ein Buch kaufen. Was die Auswahl der Bücher anlangte, war ich nicht so wählerisch. Hauptsache, ich hatte überhaupt etwas zu lesen. Egal ob Klassiker oder zeitgenössische deutsche Literatur. Was ich aber immer geliebt habe, sind Gedichte. Ich habe meine Bücher nur ausgeliehen, aber niemals verschenkt. Früher hatten Bücher einen anderen Stellenwert als heute. Ich fand es immer schön, Bücher im Regal zu haben. Ich nehme auch heute noch lieber Bücher als ein Tablet in die Hand. Am Computer zu lesen finde ich zu nüchtern. Auch mein Mann hat gerne gelesen. Wenn nur einer liest, ist das für den anderen langweilig. Er hat sich aber mehr für andere Themen, vor allem für Politik interessiert. Das war nicht so meins.
Über das Schreiben von Gedichten
Ich habe früher in meiner Freizeit selbst Gedichte geschrieben. Zu einer Geschäftsfeier im Finanzamt dichtete ich für jeden Mitarbeiter einen persönlichen, humorigen Vierzeiler. Damit war ich eine Zeit lang jeden Abend beschäftigt. Ich habe das aber nur zu meinem Vergnügen gemacht. Wie mein Sohn Armin (Anm. der Redaktion: Herausgeber des Falter) in den Journalismus zu wechseln, hat mich nie interessiert.
Ingeborg über das Arbeitsleben ihrer Mutter
Das Leben meiner Mutter war immer sehr arbeitsreich. Sie war keine Dame, die in ihrer Wohnung gesessen ist und sich ihre Zeit mit Lesen und Schreiben vertrieben hat. Sie war immer eine begeisterte Gärtnerin und hat viel Fachliteratur, die mit Blumen zu tun hatte, gelesen. Auch Kochen war in ihrem Leben immer ein großes Thema. Sie hat früher in der Weihnachtszeit 20 verschiedene Kekssorten gebacken. Es lebten zudem ihre Eltern im Haus. Sie war voll ausgelastet.
Über die Liebe zur Natur
Ich war eine sehr lästige Schülerin. Ich habe im Fach Naturgeschichte meiner Lehrerin immer wieder Pflanzen mitgebracht, die sie für mich bestimmen sollte. Oft kam es dabei vor, dass
ich den Namen der Blume gewusst habe, aber meine Lehrerin nicht. Das war ihr dann richtig peinlich. Sie hat aber dann zu Hause nachgeschaut und mir in der nächsten Stunde erzählt, wie die Pflanze heißt. Ich habe aber nie mit meinem Wissen geprahlt.
Über ihre tägliche Routine
Ich stehe jeden Tag zwischen 7 und 8 Uhr auf. Dann frühstücke ich. Bringe den Haushalt in Ordnung. Lese jeden Morgen drei Tageszeitungen. Wenn ich alles lesen würde, wäre ich bis Mittag beschäftigt. Ich rätsle auch gerne. Jedes Kreuzworträtsel, das mir unterkommt, löse ich. Das ist eine Leidenschaft. Kochen tue ich heute nicht mehr. Das macht inzwischen meine Tochter Ingeborg. Sie bringt alle Zutaten mit und dann wird gemeinsam Mittag gegessen. Ich gehe am Abend meistens gegen 22:00 Uhr ins Bett. Ich habe eine sehr brave und aufmerksame Tochter, die sich um mich kümmert.
Über das Älterwerden
Jetzt, wo ich nicht mehr alles selber machen kann, fällt mir auf, dass ich alt bin. Aber sonst denke ich nicht ans Alter. Wenn man keine Beschwerden hat, muss man das auch nicht. Es ist doch bedrückend, wenn man glaubt, das Leben ist vorbei und nur mehr ans Sterben denkt. Das will ich nicht. Ich bin ein optimistischer Mensch, der auch mit fast 105 Jahren gerne lebt. Für mich ist das Leben noch lebenswert. Es wäre ja höchst undankbar von mir, wenn ich jammern würde. Es tut mir nichts weh. Ich habe ein schönes Heim, einen schönen Garten und brave Kinder. Was will ich mehr? Das ist doch viel. Wenn man mit seinem Leben zufrieden ist, wird man auch älter. Ich war immer schon ein zufriedener Mensch. Das Leben hat es auch gut gemeint mit mir. Deshalb habe ich auch keinen Grund, unzufrieden zu sein. Menschen, die den ganzen Tag nur jammern, verderben sich ihr Leben selbst.
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So geht‘s: Die leeren Felder sollen so ausgefüllt werden, dass sich eine Kette mit fortlaufenden Zahlen von 1 bis 64 ergibt, die sich entweder waagrecht, senkrecht oder diagonal direkt berühren. Viel Spaß!
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Kontaktieren Sie uns
Sie haben Anregungen, Wünsche oder Beschwerden? Dann schreiben Sie uns doch einfach. marie – Die Vorarlberger Straßenzeitung, Graf-Maximilian-Straße 18, 6845 Hohenems. E-Mail: redaktion@marie-strassenzeitung.at oder Sie rufen uns an unter 0677/615 386 40.
Internet: www.marie-strassenzeitung.at. Wir freuen uns über Ihre Zuschriften!
AUFSTEHEN, WO ANDERE MITLAUFEN –
Apropos: Sie leiten Ihr Buch ein mit „Es gibt nur eine Art, dieses Buch zu beginnen. Mit Ekel. Mit Selbstekel.“ Wann haben Sie sich zuletzt vor sich selbst geekelt?
Solmaz Khorsand: Um ehrlich zu sein, in der Vermarktung dieses Buches. Man kann meine ungewollte Anpassung an die Mechanismen der Buchwelt als lemminghaft interpretieren. Natürlich möchte ich, dass mein Buch „untertan“ gelesen wird, und freue mich sehr über jedes Interesse von Medien und Publikum. Gleichzeitig muss ein Teil von mir sich ver-
GEHT DAS ÜBERHAUPT?
Wir alle sind Mitläufer:innen. Diese unangenehme These verfolgt die Autorin und Journalistin Solmaz Khorsand in ihrem jüngsten Buch „untertan – von braven und rebellischen Lemmingen“. Sie verbindet darin historische Geschehnisse, sozialwissenschaftliche Erkenntnisse und philosophische Überlegungen und hat mit Künstlerinnen im Exil oder Fetischisten gesprochen, warum sie aufbegehren oder sich unterwerfen. Im Interview mit der Salzburger Straßenzeitung Apropos erläutert Khorsand außerdem, wie Aufrichtigkeit sich selbst gegenüber zu einer Exit-Strategie aus dem Mitläufertum werden kann.
Text: Sandra Bernhofer
Foto: Luiza Puiu
Mit ihrem Buch möchte Solmaz Khorsand bewirken, dass mehr Menschen darüber nachdenken, warum sie sich gewissen Gruppen anschließen.
biegen, wenn es darum geht, mich selbst zu vermarkten und ständig in den sozialen Medien zu posten. Dabei will ich nur schreiben.
Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich mit Gruppendynamiken und Mitläufertum auseinandersetzen?
Ich gehöre zu der Gruppe der Menschen in Österreich, die sich früh damit auseinandergesetzt hat, wie viel in einer Gesellschaft, die fast ausschließlich aus Nachkommen von Tä-
ICH MÖCHTE MENSCHEN DAZU BRINGEN, SICH ÖFTER DIE FRAGE
ZU STELLEN, WARUM SIE BEI GEWISSEN DINGEN MITMACHEN, WARUM SIE SICH GRUPPEN ANSCHLIESSEN UND WELCHE KONSE-
QUENZEN DAS HABEN KANN.
tern und Ermöglicherinnen des Zweiten Weltkriegs besteht, unter der Oberfläche eigentlich noch an Grausamkeit da ist und wie sich diese äußert. Ich hatte das Glück, dass ich in Schulen war, wo wir uns viel mit Literatur beschäftigt haben, die sich direkt oder indirekt mit Regimen auseinandersetzt, wie „Farm der Tiere“ von George Orwell oder „Die Nashörner“ von Eugène Ionesco. Dabei habe ich mich nie für die Anführer interessiert, sondern für die, die mitlaufen. Insofern hat mich das Thema schon immer umgetrieben und mir auch Angst gemacht, weil wir uns dem als Gesellschaft viel zu wenig stellen. Denn die Thematik ist nicht gerade jetzt besonders aktuell, wie mir viele sagen, die mein Buch gelesen haben, sondern immer.
Anhand von Beispielen wie dem Nationalsozialismus oder dem Genozid von Srebrenica zeigen Sie, dass Menschen recht schnell bereit sein können, grausame Dinge zu tun. Kann jede:r zum Täter, zur Täterin werden?
Ich habe dazu unter anderem mit dem deutschen Traumaforscher Thomas Elbert gesprochen. Er hat herausgefunden, dass der Mensch Spaß am Töten hat. Anders als andere Lebewesen hat er keine intraspezifische Tötungshemmung. Das Einzige, was uns davon abhält, einander etwas anzutun, ist die Moral, antrainiert durch die Erziehung. Diese Hemmschwelle kann unter den falschen Bedingungen so weit heruntergefahren werden, dass wir zu allen möglichen Grausamkeiten fähig sind: von der Gruppenvergewaltigung über Kannibalismus bis hin zum Holocaust. Zentral ist dabei die Propaganda. Sie sorgt dafür, dass wir den anderen nicht mehr als Menschen wahrnehmen, sondern als jemanden, der nicht zu unserer Art zählt und es daher verdient hat zu sterben. Also ja: Wir alle können zu Täter:innen werden.
In Ihren Recherchen haben Sie herausgefunden, dass es im Schnitt nur rund 20 bis 30 Prozent sind, die sich Systemen entgegenstellen. Welche Faktoren spielen hier eine Rolle? Ein beliebtes Feld für die Täterforschung im Holocaust ist das Hamburger Polizeibataillon 101. Das waren ganz normale Männer, Familienväter, gewöhnliche Hafenarbeiter, die während des Naziregimes aus ihrem regulären Arbeitsbetrieb gerissen wurden, um zwischen 1939 und 1943 Zehntausende Juden zu ermorden. Das waren keine eingefleischten Nazis, keine Sadisten und doch hat sich von knapp 500 nur ein Dutzend geweigert zu morden. Die, die nicht mitgemacht haben, haben das so begründet, dass sie in ihrem Leben bereits gefestigt waren, sich nicht mehr andienen mussten, um befördert zu werden oder es zu etwas zu bringen. Das ist relevant, weil wir gerade am Arbeitsplatz sehr oft Dinge tun müssen, die gegen unsere Prinzipien sind. Wir machen es trotzdem, weil wir sonst gefeuert oder nicht befördert werden. Diese Einwände sind berechtigt, aber oft nur eine Entschuldigung, um nicht autonom zu handeln.
Sie sprechen die Arbeitswelt an, ein System, das per se wenig demokratisch ist. Kann man an einem solchen System etwas ändern?
Das kommt darauf an, was der Anspruch ist. Wenn es Teil der Firmenkultur ist, dass jemand von Kolleg:innen oder einem Vorgesetzten gedemütigt wird, kann man sehr wohl für ihn einstehen, anstatt zu schweigen und zu meinen, dass einen das nicht betrifft. Marginalisierte Gruppen oder Frauen glauben häufig, dass sie etwas verändern könnten, wenn sie erst selbst an der Spitze sind. Damit sitzen sie einer Illusion auf, haben mir sowohl die Expertinnen aus der Organisationsoziologie wie der Gruppendynamik bestätigt. Denn um an die Spitze zu kommen, müssen sie sich so sehr an die Firmenkultur anpassen, dass sie in diesem Prozess ihre Autonomie meist nicht bewahren können.
Sie bringen Beispiele, in denen Anpassung nichts Schlechtes ist.
Anpassung per se ist weder schlecht noch gut. Mir war es wichtig, das mit meinen rebellischen Lemmingen zu zeigen, den sogenannten Passern, nach dem englischen Wort für „durchgehen als“. Die Menschheitsgeschichte ist eine Geschichte voller Passer: Menschen, die aus ihrer sozialen Identität ausbrechen, weil sie als Angehörige einer bessergestellten Gruppe durchgehen und so ein selbstbestimmtes Leben führen können. Schwarze mit hellerer Haut, die im 19. Jahrhundert als Weiße gelesen wurden und damit dem Sklavendasein entfliehen konnten und so die Vorteile des Weißseins genossen. Auch religiöse Minderheiten, die vorgeben, dass sie Atheisten sind oder der Mehrheitsreligion angehören. Ebenso der Fall des französischen Schriftstellers Edouard Louis aus der Unterschicht, der zu einem Star der französischen Elite wurde. Dafür musste er seinen Namen und seinen Dialekt ablegen, lernen, leiser zu lachen, leiser zu niesen, sich die Zähne richten lassen. Ich will nicht romantisieren, dass man sein Selbst verleugnen muss, um ein besseres Leben für sich zu schaffen. Aber man kann es als Rebellion lesen, weil man sich gegen das stellt, was für einen vorgesehen gewesen wäre.
In Ihrem Buch zitieren Sie auch Sokrates: „Es ist besser, mit der ganzen Welt uneins zu sein als mit sich selbst.“ Wie können wir lernen, die Aufrichtigkeit uns selbst gegenüber zu leben? Mit meinem Buch will ich keine Ratschläge geben, sondern Denkanstöße. Die Abkehr von einer Gruppe ist oft mit existenziellen Ängsten verbunden – wer geht, wird ausgeschlossen. Gerade totalitäre Regime setzen darauf, Menschen zu vereinzeln. Ich plädiere dafür, Einsamkeitskompetenz zu entwickeln. Das heißt nicht, dass Einsamkeit nicht auch zermürbend sein kann. Sie wird in Form von „weißer Folter“ gezielt eingesetzt, um Menschen zu brechen. Aber es auszuhalten, auch einmal allein dazustehen, ist zumindest für mich besser, als Teil eines Wirs zu werden, das anderen schadet. >>
WIR SOLLTEN UNS BEWUSST SEIN, WELCHE
ZIELE EINE GRUPPE HAT UND DASS WIR VER-
ANTWORTUNG DER GESELLSCHAFT GEGENÜBER HABEN, WENN WIR UNS EINER GRUPPE
ANSCHLIESSEN.
Was wollen Sie mit Ihrem Buch auslösen?
Ich möchte Menschen dazu bringen, sich öfter die Frage zu stellen, warum sie bei gewissen Dingen mitmachen, warum sie sich Gruppen anschließen und welche Konsequenzen das haben kann. Denn viel zu oft schieben wir es auf die Umstände oder ein System und behaupten, dass wir nicht anders können, als uns anzupassen. Mein Buch ist außerdem eine Anklage an jene, die sich oft als Unschuldige positionieren und die Verantwortung abgeben, indem sie sagen: „Wir wurden von Demagogen und Populisten verführt“, wenn sie wie jetzt rechtsextreme Parteien wählen. Wir sollten uns bewusst sein, welche Ziele eine Gruppe hat und dass wir Verantwortung der Gesellschaft gegenüber haben, wenn wir uns einer Gruppe anschließen.
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Krankenhaus in Bushulo – ein Lichtblick für Südäthiopien
Entscheidend über Leben und Tod
Eine Geburt ist in Äthiopien mit großen Risiken verbunden. Durch Mangelernährung und die schlechte medizinische Versorgung sterben so viele Frauen und Kinder bei der Geburt, wie sonst kaum irgendwo auf der Welt. Ein Lichtblick ist das vor kurzem eröffnete Mutter-Kind-Krankenhaus in Bushulo. Hier haben Frauen mit Risikoschwangerschaften die besten Überlebenschancen. Schwester Kamilla, eine Hebamme vom Orden der Franciscan Missionaries of Mary, berichtet von Müttern, deren Leben und die des Babys oft erst durch einen Notkaiserschnitt gerettet werden.
Interessiert mehr zu erfahren?
Einladung zum Filmabend
Mutter-Kind-Krankenhaus
Do, 18. Juli 2024, 19:00 Uhr Dornbirn, WirkRaum der Caritas, Bahnhofstr. 9
Mutter sein in Äthiopien.
Gezeigt wird ein sehr berührender Film über die einzigartige neue Einrichtung in Südäthiopien. Anmeldung erbeten: wirkraum@caritas.at, Infos: 05522 200-1036 Eintritt ist frei. Wir freuen uns auf Ihr Kommen!
QR-Code scannen und vorab im Kurzfilm mehr über das Krankenhaus erfahren.
Die Zahl ziviler und militärischer Opfer der Kriege weltweit ist unbekannt. Das Leid der Hinterbliebenen, die Sorge um Verwundete und die Ängste um den Verlust der Heimat sind kaum zu ertragen. Da geraten die Folgen von Kriegen auf die Umwelt und das Klima schnell aus dem Fokus. Und doch: Die aufgrund von kriegerischen Auseinandersetzungen freigesetzten CO2-Emissionen bewirken eine überproportionale Menge an Treibhausgasen.
Allein von 1950 bis 2000 fanden weltweit mehr als 80 Prozent der größten bewaffneten Konflikte in Biodiversitäts-Hotspots statt. Das sind Regionen, in denen es eine besonders hohe Anzahl von Tier- und Pflanzenarten gibt. Kriege zerstören nicht nur Leben, sondern ganze Lebensräume. In einer wissenschaftlichen Studie vom März 2023 gaben Analysten der europäischen Forschungsgruppe „Initiative on GHG Accounting of War“ (zu Deutsch in etwa: „Initiative zur Eruierung der Treibhausgasemissionen durch Kriegsfolgen“) eine Einschätzung zu durch den Ukraine-Krieg verursachten Umwelt- und Klimaschäden. Beispielsweise ist die Zahl der Brände mit einer Flächengröße von mehr als einem Hektar im Vergleichszeitraum zu einem Jahr vor Kriegsbeginn um das 36-fache gestiegen. Dabei handelt es sich um Brände nahe der Frontlinie, von denen viele die Zerstörung bewaldeter Flächen zur Folge hatten. Außerdem ermittelten die Forschenden, dass sich die kriegsbedingten Treibhausgasemissionen in den ersten zwölf Monaten des Kriegs auf insgesamt 120 Millionen Tonnen CO2 beliefen. Das ist etwas weniger als die jährlichen Treibhausgasemissionen von Belgien, dem Land, das 2019 in der EU den siebthöchsten Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase aufwies.
Die Untersuchungen der „Initiative on GHG Accounting of War“ sind ein Teil des sogenannten „Global Stocktake“. Diese „weltweite Bestandsaufnahme“ ist ein elementarer Bestandteil des Pariser Klimaabkommens von 2015. Mit ihm wird die Umsetzung des Abkommens überprüft und der Fortschritt bei der Verwirklichung der Ziele bewertet. Der „Global Stocktake“ war auch Teil der COP28 in Dubai.
Weiter steigende, statt sinkende Emissionen
„Mit einem aggressiven Nachbarn im Osten muss Europa stark aufrüsten, um eine ausreichende Abschreckung zu schaffen“, betonten die Autoren der Studie. Ein deutlich stärkeres Militär in Europa werde aber dazu führen, dass die Emissionen in einer Zeit steigen werden, in der sie eigentlich sinken müssten.
Hinzu kommt, dass das notwendige massive Wiederaufbauprogramm der zerstörten Infrastrukturen in der Ukraine die Emissionen ebenfalls erhöhen werde. Auf den schon jetzt in Teilen stattfindenden Wiederaufbau entfielen im ersten Jahr des Kriegs rund 42 Prozent der gesamten konfliktbedingten Treibhausgasemissionen.
Dies begründen die Autoren der Studie damit, dass kohlenstoffintensiver Beton sowie Stahl beim Neubau und der Sanierung von Gebäuden genutzt werden. Damit sei der Wie-
deraufbau schon jetzt die bei weitem größte Emissionsquelle an Treibhausgasen.
Die ZEIT berichtete am 30. Oktober 2023 über ein noch laufendes Forschungsprojekt der ukrainischen Wissenschaftlerin Maria Fedoruk. Sie leitet am Forschungs- und Transferzentrum Nachhaltigkeit und Klimafolgenmanagement der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) das Projekt „Ukraine-Nature“. Es soll dokumentieren, wie der Krieg der Umwelt des osteuropäischen Staates schadet. Gleichzeitig soll er auch eine Grundlage für künftige Wiederherstellungsmaßnahmen liefern.
Die Initiative von Fedoruk und der Bericht der „Initiative on GHG Accounting of War“ sind Teil eines Novums mit Bedeutung weit über die Grenzen der Ukraine hinaus: Der russische Angriffskrieg gegen sein Nachbarland könnte der erste sein, in dem Umweltverbrechen nahezu vollständig erfasst werden. Bei der Kriegsberichterstattung geht es überwiegend um menschliches Leid durch Tod, Verwundung, Flucht und Zerstörung. Wie viele Wälder durch Bombenangriffe in Brand geraten oder wie viel Öl aus Kriegsmaschinen in den Boden läuft, weiß im Detail aktuell niemand. In der Ukraine arbeiten trotz der täglichen Kriegshandlungen das ukrainische Umweltministerium, Naturschützende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an einer fortlaufenden und möglichst lückenlosen Dokumentation von Schäden. Es wurde sogar eine Hotline eingerichtet, bei der Umweltvergehen gemeldet werden können. In interaktiven Karten wird festgehalten, wo, was und wie etwas zerstört wurde. So schätzt die ukrainische Regierung beispielsweise die Umweltschäden, die allein durch die Zerstörung des Nowa-Kachowka-Staudamms verursacht wurden, auf knapp 1,4 Milliarden Euro. Tonnen von Öl flossen in den Fluss Dnipro. Landminen trieben bis ins Schwarze Meer.
Schäden an der Umwelt nahezu lückenlos dokumentieren
Während der zerstörte Staudamm ein offenkundiger Beweis für eine der katastrophalsten Umweltfolgen des Kriegs ist, veranschaulicht der Bericht der „Initiative on GHG Accounting of War“ auch die weniger offensichtlichen Treibhausgasemissionen, die durch den Konflikt verursacht werden. Der Bericht wurde im Juni 2023 in Bonn auf der Konferenz führender Klimaschützer und Diplomaten veröffentlicht. Diese wiederum war die vorbereitende Veranstaltung für den UN-Klimagipfel COP28, der im November 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfand.
Die zweithöchsten Emissionen entfallen auf die eigentliche Kriegsführung, hauptsächlich durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe wie Diesel und Benzin. Der Ukraine-Krieg ist vor allem ein Bodenkrieg, weshalb die von Dieselkraftstoff stammenden CO2-Emissionen bei dieser Offensive als hauptverantwortlich zu betrachten sind. Im Irak-Krieg hingegen war es beispielsweise Kerosin.
Klimaziele durch Emissionen aus Kriegshandlungen weltweit erheblich gefährdet
Die Messung von Treibhausgasemissionen laufender Konflikte ist generell schwierig. Forschende, die Emissionen aus rein militärischen Aktivitäten ermitteln, konzentrieren sich deshalb vor allem auf Daten des weltweiten Militärbetriebs.
Expertinnen und Experten für Konfliktemissionen bei der in den USA ansässigen gemeinnützigen Organisation „Tipping Point North South“ schätzen, dass die großen, von fossilen Brennstoffen abhängigen Militärs der Welt einen Anteil von geschätzten 5,5 Prozent an den globalen Treibhausgasemissionen haben. Wenig überraschend fordern die Analysten eine deutliche Reduzierung militärischer Aktivitäten und deren menschen-, umwelt- und klimavernichtender Wirkungen. Was wir täglich sehen und worunter die betroffenen Gebiete und Menschen leiden, ist das genaue Gegenteil.
Beachtenswert ist, dass Treibstoffverbrauch durch Armeen, durch kriegerische Handlungen verursachte Brände, der Einsatz von Munition, Schäden an der Infrastruktur sowie der gesamte Wiederaufbau als Kriegsfolgen in allen Emissionsbilanzen bisher nicht enthalten sind.
Die jährlichen Emissionen des US-Militärs, der größten Armee der Welt, sind mittlerweile höher als die nationalen Emissionen von ganzen Ländern wie etwa Schweden oder Dänemark. Dies hatten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bereits im Jahr 2017 berechnet. Die reichen Länder der Welt gaben im Jahr 2020 sechs Mal mehr Gelder für das Militär aus als für die öffentliche Finanzierung klimarelevanter Maßnahmen.
Bei kriegerischen Auseinandersetzungen in der Vergangenheit achtete man bestenfalls auf die Spitze des Eisbergs. So schockte im Vietnamkrieg der Einsatz des Entlaubungsmittels „Agent Orange“. Während des Golfkriegs brannten Ölquellen ab. In keinem der bisherigen Kriege wurden die unzähligen weiteren Schäden an der Natur erfasst. So gilt die Umwelt bis heute als „stilles Opfer“ von Kriegen. Die erwähnten beiden Forschungsgruppen betonen, dass ihre Berichte nicht nur zeigen, welche Auswirkungen der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat. Vielmehr weisen sie darauf hin, dass am Ende jede und jeder Einzelne mit den Folgen von Kriegen konfrontiert ist.
Die Forschenden ermittelten, dass sich die kriegsbedingten Treibhausgasemissionen in den ersten zwölf Monaten des Ukraine-Kriegs auf insgesamt 120 Millionen Tonnen CO2 beliefen.
Das ist etwas weniger als die jährlichen Treibhausgasemissionen von Belgien, dem Land, das 2019 in der EU den siebthöchsten Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase aufwies.
Turnlehrer Ihrer Majestät, Kaiserin Elisabeth
„Fit mach mit“ und „Servus die Wadln“. Schon lange vor Willi Dungl und „Fit mit Philipp“ wusste Dr. Ludwig Seeger, worauf es im Leben ankommt: Bewegung, Bewegung und noch mal Bewegung. Sogar Österreichs Kaiserin Elisabeth tanzte nach der Pfeife des 1831 in Thüringen geborenen und in Ludesch aufgewachsenen Arztes.
Text: Gerhard Thoma Fotos: Archiv, Alois Niederstätter
DAus Wien wird berichtet, dass unser Landsmann
Dr. Ludwig Seeger als Turnmeister Ihrer Majestät der Kaiserin fungiert, die eine außerordentliche Vorliebe speziell für das Turnen besitzt und eine ebenso ausgezeichnete als wohlgeübte Jüngerin dieser so gesunden und nervenstärkenden Kunst ist.
en Sprung in die Promi-Liga der Fitness-Gurus schaffte Dr. Ludwig Seeger um das Jahr 1870. Unverfroren schickte er seine Publikation „Das Zimmerturnen mit Kugelstab, Hanteln und Wurfnadeln. Eine Anleitung, mit diesen Handgeräten Gesundheit, Frische und Kraft zu erhalten und zu fördern“ samt Seeger'schem Kugelstab an Kaiser Franz Joseph. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Dem Kaiser gefiel's, seine Gattin, Kaiserin „Sisi“, war begeistert. Wie lange Franz Joseph mit Kugelstab, Hanteln und Wurfnadeln trainierte, ist ungewiss. Er war nicht sehr sportlich. Elisabeth hingegen zögerte nicht lange. Körperpflege und Fitness waren ihr sehr wichtig. So engagierte sie den Vorarlberger als persönlichen FitnessTrainer für sich und ihre Tocher Valerie. In der Hofburg ließ sie sich ein Turnzimmer von ihm einrichten. Ihre Majestät war zufrieden. Als Dank erhielt Seeger unter anderem eine goldene, brillantenbestückte Anstecknadel. Die „Feldkircher Zeitung“ veröffentlichte am 23. September 1880 einen Artikel: „Aus Wien wird berichtet, dass unser Landsmann Dr. Ludwig Seeger als Turnmeister Ihrer Majestät der Kaiserin fungiert, die eine außerordentliche Vorliebe speziell für das Turnen besitzt und eine ebenso ausgezeichnete als wohlgeübte Jüngerin dieser so gesunden und nervenstärkenden Kunst ist.“ Aber auch etliche andere Adelige reckten und streckten sich unter seiner Anleitung.
Schon während seines Medizinstudiums in München, Würzburg und Wien interessierte sich Ludwig Seeger für die damals aufkommende Turnbewegung und sportelte in der 1848 in Wien gegründeten Universitätsturnanstalt. Dabei kam er auf neue Ideen. Zum Beispiel erfand er für Schulkinder einen verstellbaren Sitz mit Schreibaufsatz, um Haltungsschäden zu vermeiden. Der Stuhl hatte ein Fußbrett. Eigentlich unglaublich, dass es angesichts der vielen Haltungsschäden bei Kindern
und Jugendlichen bis heute in vielen Schulen keine derartigen verstellbaren Sitze und Schulbänke gibt. Schon damals gab es bei Jung und Alt „das Kreuz mit dem Kreuz“. Seeger erkannte die Problematik und versuchte mit seinem Werk „Pathologie und Therapie der Rückgratsverkrümmungen –ärztliche Zimmergymnastik für beide Geschlechter und jedes Alter“ gegenzusteuern. Zudem wies er auf eine gesunde Ernährung hin.
Für die von ihm propagierte Gymnastik und Leibesertüchtigung erfand Seeger auch den nach ihm benannten Seeger'schen Kugelstab, der aus einem Stab aus Hartholz und zwei gleich schweren Kugeln aus Eisen an deren Ende bestand – im Prinzip ein ähnliches Gerät, wie es heute zum Gewichtheben benutzt wird. Sogar bei der Erfindung bzw. Entwicklung des Dart-Spiels soll er eine große Rolle gespielt haben. Mit seinen Turngeräten nahm Ludwig Seeger 1873 an der Wiener Weltausstellung teil.
Vielseitig interessiert und aktiv
Es ist erstaunlich, wie viele Interessen Dr. Ludwig Seeger in seinem Leben hatte. Im Juni 1866 begann zwischen Österreich als Hauptvertreter des Deutschen Bundes und Preußen sowie Italien der sogenannte Deutsche Krieg. Auch in Vorarlberg wurden Truppen bereitgestellt. Die Bludenzer Standschützen unter dem Kommando von Baron Steinbach wählten Ludwig Seeger zu ihrem Oberleutnant. Die Vorarlberger Soldaten kämpften an der Südfront gegen italienische Truppen, ehe sie im September 1866 wieder zurückkehrten.
Dann war er Mitglied in mehreren Vereinen. 1867 belebte er den Blumenegger Schützenverein wieder und gründete 1868 den Blumenegger Männerchor, dessen Obmann er auch wurde. Bald darauf half er bei der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr mit. In Wien war er Mitglied im „Verein der Vorarlberger in Wien“ und ab 1891 auch dessen Ehrenmitglied. In Bad Sonnenberg in Nüziders nahm er an Versammlungen eines intellektuellen Kreises teil. Dabei
Turnübungen nach Dr. Ludwig Seeger. Für Schulkinder konstruierte er verstellbare Stühle und Schulbänke, um Rückenprobleme zu verhindern. Mit seinen Wurfnadeln gilt er als Mitbegründer des Darts. Aus seinem Kugelstab – ein Holzstück mit zwei Eisenstücken – entwickelte sich das Gewichtheben.
tauschte er unter anderen mit Hermann Sander, Josef Wichner, Jakob Jehly, Johann Baptist Biedermann, Ludwig Hörmann von Hörbach, Kaspar Moosbrugger, Robert Vonbun und Anton Emanuel Schönbach seine Gedanken aus.
Anlässlich des 50. Geburtstags von Franz Michael Felder veranstaltete dieser Kreis am 1. September 1889 in Au eine Feier, bei der Seeger vor dem Wohnhaus des verstorbenen Dichters und Sozialreformers eine Ansprache hielt.
Politisch war Seeger nicht aktiv. Er lebte in einer Zeit, in der sich klerikal-konservative Kräfte und Liberale mit teils fanatischem Eifer gegenüber standen. Wie viele Bewohner in Ludesch gehörte Seeger dem liberalen Lager an. Als Mitte der 1860er-Jahre der junge Priester Anton Walter in Ludesch eingesetzt wurde, veränderte sich das politische Klima und der Konservatismus nahm – wie in fast ganz Vorarlberg – überhand. Konflikte mit dem Geistlichen sollen auch der Grund gewesen sein, warum Seeger mit Frau und Kind Ludesch im April 1869 verließ und nach Wien zog. In Ludesch hatte er seinen Vater in dessen Landarztpraxis unterstützt. Jetzt, in Wien, begründete er ein heilgymnastisches Privatinstitut, die „Anstalt für orthopädische Gymnastik“. Ab Juli 1870 leitete er die elektrotherapeutische Station am Krankenhaus Wieden. Diese Abteilung wurde später von seinem Sohn übernommen. Seegers Heimatliebe war jedoch so groß, dass er jeden Sommer in seinem Haus in Ludesch verbrachte. Dr. Ludwig Seeger starb am 8. Jänner 1893 im Alter von 62 Jahren.
Nit lugg lo!
Den meisten Leuten in Vorarlberg ist Dr. Ludwig Seeger wohl als Mundartdichter unter dem Pseudonym „Seeger an der Lutz“ bekannt. 1886 wurde der Band „Nit lugg lo! – Mundartliche Gedichte alemannischen Stammes“ veröffentlicht. 1891 folgte „Auf freier Flur. Gedichte“. Dazwischen verfasste er „Ulrich von Hutten, Schauspiel in fünf Aufzügen“.
Einige von Seegers Gedichten wurden vertont, darunter das legendäre „Uf da Berga ischt mi Läba“. Die Musik dazu hat der Kirchenmusiker Wunibald Briem komponiert. Er gewann damit 1890 den ersten Preis beim Sängerfest des Vorarlberger Sängerbundes.
Kaiserin Elisabeth und ihre Tochter Valerie wurden von Dr. Seeger trainiert. „Sisi“ ließ sich sogar ein Turnzimmer in der Wiener Hofburg von dem Vorarlberger Arzt einrichten.
Literaturtipps
• Elmar Schallert, „Heimatbuch Ludesch“, Gemeinde Ludesch (Hrsg)
Österreichs erster Fitness-Guru: Dr. Ludwig Seeger (1831 - 1893). Der in Thüringen geborene und in Ludesch aufgewachsene Arzt erkannte, wie wichtig Bewegung und Sport sind. Bekannter ist er wohl als Mundartdichter. „Uf da Berga ischt mi Läba“ ist eines der beliebtesten Volkslieder in Vorarlberg.
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„Guten Morgen Hofkultur“ heißt es am 6. Juli um 6 Uhr morgens wieder im Gutshof Heidensand in Lustenau. Die traditionelle Einstimmung zum Sonnenaufgang mit Kaffee und Croissants bildet den Auftakt zum Hofkultur-Festival und einem Monat, in dem die Kultur mit Konzerten, Kino, Kunst, Küche, Theater, Singen und Erzählen „Uf om Bänkli“ wieder Einzug auf dem Hof halten. Seit der HofkulturPremiere 2016 hat sich das Festival an diesem außergewöhnlichen Ort mit dem besonderen Ambiente mitten auf dem Hof zu einem Fixpunkt im Lustenauer Kulturleben entwickelt. Auch heuer garantieren innovative Formate und die Zusammenarbeit mit langjährigen Partnern wieder großartige Unterhaltung an lauen Sommerabenden: Freuen Sie sich auf das Wanderkino der Hans Bach Lichtspiele in der Heuhalle, auf ein Überraschungsmenü in vier Gängen, gekocht von Bernd Moosmann/ Freigeist, auf ein jazziges Gastspiel im Freudenhaus, auf eine Lesung, Theater, Geschichten für Kinder, die Bewirtung durch das Team der Lebenshilfe und vieles, vieles mehr. Mehr Infos zum Programm und Tickets auf www.lustenau.at
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1.Txd8 [Schlechter ist 1.Tc4? wegen 1...Td3 und Schwarz leistet noch Widerstand.] 1...Kxd8 2.Lh4! Die Abwicklung in ein Bauernendspiel sichert Weiß einen ungefährdeten Sieg. 2...Kc7 [2...Ke7 3.Kf1 (3.a4 Ke6 4.Lxf6 Kxf6 5.a5! gefolgt von 6.b5 gewinnt ebenfalls) 3...Ke6 4.Lxf6 Kxf6 5.Ke2 Ke5 6.Kd3 Die weiße Bauernmehrheit am Damenflügel entscheidet die Partie.] 3.Lxf6 gxf6 4.Kg2 Kc6 5.a4 Kd5 6.Kg3 Kc4 7.b5 axb5 8.axb5 Kxb5 9.Kf4 Die Anziehende erobert durch ihren aktiven König den Bauern f6 und steht klar auf Gewinn.
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Eine hochbegabte Mathematikerin will nach einem wissenschaftlichen Fehler von einem Tag auf den anderen ihr Leben komplett umstellen: Mit einer großartigen Ella Rumpf in der Hauptrolle erzählt Anna Novion solide und unterhaltsam, aber auch sehr stromlinienförmig von einem Neustart und einer Wandlung.
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→ TaSKino Feldkirch im Kino GUK: So 11.08., tba; Mo 12.08., 18 Uhr; Do 15.05., 18 Uhr (franz. O.m.U.)
Stop Making Sense
Love Lies Bleeding
40 Jahre ist Jonathan Demmes Konzertfilm mit den Talking Heads alt und gehört längst zu den Klassikern dieses Subgenres des Musikfilms. Der Fokus liegt ganz auf dem Auftritt der Band. Keine Hintergrundinformationen werden geliefert, keine Interviews mit den Bandmitgliedern gibt es: Die Musik soll hier für sich sprechen – und das kann sie fraglos.
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Rickerl – Musik is höchstens a Hobby
Adrian Goiginger lässt Voodoo Jürgens als erfolglosen Musiker, der sein Leben nicht auf die Reihe bekommt, zwischen ungeliebten Jobs, Beisl-Besuchen und Wochenenden mit seinem sechsjährigen Sohn durch Wien stromern: Eine atmosphärisch stimmige, ganz auf den Hauptdarsteller zugeschnittene Wiener Variante des Coen-Films „Inside Llewyn Davis“.
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Call Jane
Phyllis Nagy erzählt von einer Anwaltsgattin, die sich in den USA der späten 1960er Jahren zur engagierten Unterstützerin einer Frauengruppe wandelt, die illegale Abtreibungen durchführt: Die Erzählweise ist allzu geradlinig und vereinfachend, doch durch das starke Spiel von Elisabeth Banks und Sigourney Weaver und die Aktualität des Themas packt das Drama dennoch.
→ „Hofkultur“ im Gutshof Heidensand, Lustenau: Di 23.7., 20 Uhr (Deutsche Fassung)
Die Britin Rose Glass erzählt in ihrem düsteren Film noir vor dem Hintergrund der brutalen Männerwelt einer Kleinstadt in New Mexico von lesbischer Liebe. Ein bildstarker, schmutziger kleiner Thriller, der genau das bietet, was der Titel verspricht.
→ TaSKino Feldkirch im Kino GUK: So 05.08., tba; Mo 06.08., 18 Uhr; Do 08.08., 18 Uhr; Fr 09.08., tba; Sa 10.08., tba (engl. O.m.U.)
→ Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 21.8., 20 Uhr (engl. O.m.U.)
Glück auf einer Skala von 1 bis 10 Ein verschlossener Leichenbestatter und ein philosophisch gebildeter, aber durch eine zerebrale Lähmung körperlich beeinträchtigter Mann kommen sich während eines Leichentransports langsam näher: Ein herzerwärmendes Roadmovie, in dem dank der blendend harmonierenden Hauptdarsteller und punktgenauer Inszenierung leichthändig Fragen von Leben und Tod, Ängsten und Lebensglück verhandelt werden.
→ KUB Open-Air, Bregenz: Do 25.07., 21.15 Uhr (franz. O.m.U.)
Was will der Lama mit dem Gewehr
Pawo Choyning Dorji erzählt mit sanftem Witz von Modernisierung und demokratischem Aufbruch im Himalaja-Staat Bhutan: Ein bildschöner Film, der mit seiner unaufgeregten Erzählweise die Zufriedenheit und Gelassenheit der Bhutaner auf das Kinopublikum überträgt.
→ Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 15.08., 20 Uhr (dzongkha-englische O.m.U.)
→ Filmkulturclub Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 21.08., 18 Uhr + Do 22.08., 19.30 Uhr (dzongkha-englische O.m.U.)
Die kompletten Filmclubprogramme finden Sie hier: www.filmforum.at // www.spielboden.at // www.allerart-bludenz.at/leinwand-lounge // www.fkc.at // https://saumarkt.at/taskino
VERANSTALTER AKZEPTIEREN DEN KULTURPASS FÜR FREIEN/ERMÄSSIGTEN EINTRITT
Infos über den Kulturpass unter www.hungeraufkunstundkultur.at
Mi., 03.07.
19.30 Uhr, Theater am Saumarkt, Feldkirch
JUNGE SZENE: LIEST! von literatur:vorarlberg präsentiert, Literatur
Fr., 05.07.
14.30 Uhr, Kunsthaus, Bregenz KUB ARTCLASS
Treffpunkt für kreative Jugendliche im KUB Atelier
Fr., 05./06./07.07.
je 19.30 Uhr, Theater Kosmos, Bregenz FIDELIO UND EGMONT – BEETHOVENS BEFREIUNGEN
Jeden ersten Sonntag im Monat erhalten sämtliche Besucher:innen den ganzen Tag freien Eintritt ins Stadtmuseum
So., 07.07./04.08./ 01.09.
jeweils 10 Uhr, Jüdisches Museum, Hohenems
DAUERAUSSTELLUNG UND JÜDISCHES VIERTEL
Öffentliche Führung
So., 07.07./04.08./ 01.09.
10 bis 17 Uhr, inatura, Dornbirn REISEZIEL MUSEUM
Kinder
So., 07.07.
19:30 Uhr, Salomon Sulzer Saal, Hohenems
ZEALOTS THROUGHOUT THE EPOCHES
Fundamentalism, religious Zionism and Modern Judaism.
Vortrag von Abraham Burg (Jerusalem) im Rahmen der Sommeruniversität 2024 (auf Englisch) —
Di., 09.07.
19 Uhr, Salomon Sulzer Saal, Hohenems
RADICAL JEWS
Post-1967 American Zionism and the Settler Movement. Vortrag von Dr. Sara Yael Hirschhorn (Jerusalem/Haifa) im Rahmen der Sommeruniversität 2024 (auf Englisch)
Mi., 10.07. 16 - 17.30 Uhr
Mi., 24.07. 10.30 Uhr
Mi., 14.08. 16 Uhr
Mi., 28.08. 10.30 Uhr
Stadtbibliothek, Dornbirn
SHARED READING
Miteinander lesen
Mi., 10.07.
19 Uhr, Salomon Sulzer Saal, Hohenems
DIE HAMAS
Zwischen Widerstand und Terror, Herrschaft über Gaza und Krieg gegen Israel, Buchvorstellung und Gespräch mit Joseph Croitoru (Freiburg i. Br.) im Rahmen der Sommeruniversität 2024
Do., 11.07.
16 Uhr, Kunsthaus, Bregenz
KUB SOMMER OPENING
Freier KUB Eintritt 16-20 Uhr
Stefanie Sargnagel Lesung & Talk 19-20 Uhr
IKAN HYU – Open Air Konzert Beginn 20.30 Uhr, Freier Eintritt zu den Veranstaltungen, Open Air Kino
jeden Donnerstag, 25. Juli bis 15. August, immer 21.15 Uhr
Do., 11.07.
17 Uhr, Stadtmuseum, Dornbirn RUNDGANG ZUM GEDENKSTEIN FÜR DIE OPFER DES NATIONALSOZIALISMUS DORNBIRN Führung
Do., 11.07. bis Sa. 13.07.
18 bis 2 Uhr, Hinterplärsch, Bludenz WOODROCKFESTIVAL Konzerte
16-18.30 Uhr Kostenlose Führungen für Jung, Alt und die ganze Familie
18-22 Uhr Musik, Snacks und Drinks auf dem KUB Platz
Fr., 12.07.
17 Uhr, vorarlbergmuseum, Bregenz KRAFTWERK
Carmen Pfanner, Vernissage
Sa., 13.07.
17 Uhr, Kunsthaus, Bregenz
TAG DER WIENER SYMPHONIKER IM KUB Musik
Sa., 13.07.
20 Uhr, Conrad Sohm, Dornbirn MATTHEW MOLE
Musik
So., 14.07.
10 Uhr, Stadtbibliothek, Dornbirn LITERATURBRUNCH IM PARK
Lydia Mischkulnig: Die Gemochten, Lesung Die Stadtbibliothek lädt zu einem besonderen Literaturbrunch ein. Während wir den Geschichten der österreichischen Autorin Lydia Mischkulnig lauschen, genießen wir das Ambiente des Parks und unser Picknick.
Do., 18.07. 16 Uhr
Fr., 19.07. 14 Uhr mumo im Stadtgarten, Dornbirn ERBGESCHICHTEN @MUMO
Das Büro für Erbgeschichten öffnet seine Türen am mumo. Kommt vorbei und redet mit Gabriele & Frau Müller über das Erben, hinterlasst eine anonyme Erbgeschichte, denkt über die Frage des Tages am schwarzen Brett nach oder bringt einen besonderen Erbschatz mit. Diesen fotografieren und dokumentieren wir gerne und stellen das Foto im mumo aus – als Beitrag zu unserer Erben-Ausstellung. —
18 Uhr, Rathausgasse, Bludenz BEATS & BEER live mit den Souljackers, Musik
Sa., 27.07.
19 Uhr, Würbel-Areal, Bludenz JÜRGEN-THOMAS ERNST
Im Rahmen der Literaturreihe „Auf Du und Du mit der Natur“ lädt Jürgen-Thomas Ernst zu einer Lesung ein, bei der er Auszüge aus seinem Umweltkrimi „Das Wasserkomplott“ sowie seinen Sachbüchern „Geheimnisse des Waldes“ und „Der Wald in Zeiten der Veränderung“ präsentieren wird. Das Publikum wird dabei nicht nur in den Genuss seiner literarischen Werke kommen, sondern auch von seinem umfangreichen Erfahrungsschatz profitieren.
Di., 30.07.
20 Uhr, Conrad Sohm, Dornbirn KIEFER SUTHERLAND
Musik —
Do., 01.08.
12.15 Uhr, vorarlbergmuseum, Bregenz
TETRAPOL
Von Aperol bis Ottakring, Konzert am Mittag
Do., 01.08.
17 Uhr, Kunsthaus, Bregenz
KUB NIGHT
Freier Eintritt
Fr., 02.08.
19 Uhr, vorarlbergmuseum, Bregenz ZEITKLANG IM MUSEUM II Konzert mit dem Wiener Concert-Verein —
Sa., 03.08.
19 Uhr, Würbel-Areal, Bludenz FRISCHE STIMMEN DER JUNGEN LITERATURSZENE
Ines Strohmaier, Constantin Eberle & Samuel Basil Rhomberg, Lesungen —
Di., 06.08.
17.30 Uhr, inatura, Dornbirn KRÄUTERGARTENTREFF
Di., 06.08.
20 Uhr, Conrad Sohm, Dornbirn WOLFMOTHER
Support: The Picturebooks, Musik
Di., 06.08.
21 Uhr, Kunsthaus, Bregenz
KONZERT IM KUB
Bregenzer Festspiele —
Mi., 07.08.
20 Uhr, Kammgarn, Hard
KULTUR.BAR.KAMMGARN
Gute Musik, feine Getränke, bunte Gesellschaft und anregende Gespräche
Do., 15.08. & Sa., 17.08.
jeweils 20 Uhr, Kunsthaus, Bregenz
HOLD YOUR BREATH
Opern-Uraufführung
Do., 22.08.
20 Uhr, Conrad Sohm, Dornbirn
XAVIER RUDD
Musik
Fr., 23.08.
14 - 18 Uhr, Uhr, Kunsthaus, Bregenz
JUGEND@KUB
Ein Nachmittag nur für Jugendliche: Die Kunstvermittlung öffnet das KUB Atelier und gibt Impulse für kreatives Schreiben.
Fr., 23.08.
20 Uhr, Conrad Sohm, Dornbirn
GOTTHARD
Musik
Sa., 24.08.
16 Uhr, Würbel-Areal, Bludenz
DURCH DIE TÜR NACH ANDERSWO
Schreibworkshop für Kinder mit Irmgard Kramer 14:00 Lesung mit Irmgard Kramer
Mi., 28.08.
18 Uhr, Kapelle Bangs, Rheinstr. 181, Feldkirch
ARTENREICHE NATURINSEL BANGSER RIED
Inatura Exkursion
Fr., 30.08.
10 - 16 Uhr, Stadtbibliothek, Dornbirn
URBIKUSS
Hörspielkino in der Stadtbibliothek. In der Dornbirner Innenstadt wird wieder das Stadtfest Urbikuss gefeiert. Die Stadtbibliothek ist den ganzen Tag über mit einem Hörspielkino für Jung und Alt.
Sa., 31.08.
10 - 16 Uhr, Parkplatz unterhalb Bad Rothenbrunnen, Buchboden/Sonntag NATURWALDRESERVAT UND TRADITIONELLE ALPWIRTSCHAFT IM GADENTAL