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Coronahilfen für Fitness-Studios mit physiotherapeutischen Leistungen
Mischbetriebe oder Verbund?
Coronahilfen für Fitness-Studios mit physiotherapeutischen Leistungen
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Seit nunmehr fast zwei Jahren führen wir als Gesellschaft den Kampf gegen das Coronavirus. Die Maßnahmen sind sehr verschieden und treffen den Einzelnen, aber auch die Unternehmen sehr unterschiedlich. Besonders Umsatzrückgänge wegen fehlender Kunden bringen Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Hier sollen die Coronahilfen der Bundesregierung, wie die Überbrückungshilfen I bis IV, helfen.
Sehr umfangreiche und für viele Branchen einschneidende Lockdown-Maßnahmen wurden sowohl am 28. Oktober 2020 als auch in den beiden folgenden Ministerpräsidentenkonferenzen (MPK) beschlossen. So wurde unter anderem die Gastronomie/Hotellerie, die Reisewirtschaft, aber auch die Fitnessbranche verpflichtet, ihre Einrichtungen zu schließen. Im Rahmen der medizinischen Versorgung war und ist die Physiotherapie davon explizit ausgenommen. Damit waren „klassische“ FitnessStudios ebenso wie jedes andere der Gesundheit verschriebene Studio betroffen, soweit der Patient keine ärztliche Verordnung vorlegen konnte.
Zur finanziellen Absicherung der Unternehmen, die von diesen Lockdown-Maßnahmen betroffen waren, wurden durch die Bundesregierung außerordentliche Wirtschaftshilfen, auch kurz November-/Dezemberhilfe genannt, aufgelegt. Im Gegensatz zu den Überbrückungshilfen ermittelt sich die Anspruchsberechtigung jedoch komplett anders. Während es in den Programmen zu den Überbrückungshilfen einen Zuschuss zu den berücksichtigungsfähigen Fixkosten von bis zu 100 Prozent in Abhängigkeit vom tatsächlichen Umsatzrückgang gibt, wurde die Beihilfe im Rahmen der November-/Dezemberhilfe in Höhe von 75 Prozent des Umsatzes des Vergleichsmonats aus 2019 gewährt.
Doch welche Unternehmen waren antragsberechtigt für die November-/Dezemberhilfe?
Das dreistufige Antragssystem
1. Eine direkte Antragsberechtigung hatten alle Unternehmen aller Branchen, die direkt von einer Schließungsanordnung auf der Grundlage des MPKBeschlusses vom 28. Oktober 2020 und/oder den beiden Folgebeschlüssen vom 25. November 2020 und 2. Dezember 2020 betroffen waren.
2. Eine Antragsberechtigung als indirekt betroffenes Unternehmen lag vor, wenn nachweislich und regelmäßig mindestens 80 Prozent aller Umsätze mit direkt betroffenen Geschäftspartnern erzielt wurden.
3. In der dritten Stufe –indirekt über Dritte betroffen - waren auch Unternehmen antragsberechtigt, die mindestens 80 Prozent ihrer Monatsumsätze im Vergleichszeitraum mit betroffenen Unternehmen der Stufe 1 und 2 erzielt haben und bei denen auch im Durchschnitt des Vergleichsjahres diese 80-%Grenze eingehalten wurde.
Die Betroffenheit musste vom antragstellenden Unternehmen nachgewiesen werden – und hierin lag die erste Hürde. Denn als Unternehmen im Sinne des Beihilferechts galt dabei jede rechtlich selbstständige Einheit. Dabei konnte eine natürliche Person immer nur ein beihilferechtliches Unternehmen, gegebenenfalls mit mehreren Betrieben haben.
a L n i n C o r 1 7 8 2 8 9 8 0 4 9 o c k s t e r t t h u s
Die Gretchenfrage: Mischbetrieb oder Verbund?
Gerade wenn der Unternehmer eine konsolidierte Umsatzsteuererklärung abgeben musste, lag immer nur ein Unternehmen bestehend aus mehreren Betrieben vor. Und auch wenn für jeden einzelnen Betrieb eine separate Buchhaltung und ein separater Jahresabschluss erstellt wurden, handelte es sich um ein einziges Unternehmen.
Wurden in den Betrieben mehrere wirtschaftliche Tätigkeiten ausgeübt, so handelte es sich bei dem Unternehmen um einen Mischbetrieb mit mehreren wirtschaftlichen Tätigkeitsfeldern. Ein solcher Mischbetrieb konnte von den MPK-Beschlüssen vom 28. Oktober 2020, 25. November 2020 und/oder 2. Dezember 2020 unterschiedlich stark betroffen sein. Daher war er antragsberechtigt, wenn mindestens 80 Prozent der Jahresumsätze als direkt, indirekt oder indirekt über Dritte betroffen galten.
Gleiches galt für einen beihilferechtlichen Verbund mit verschiedenen Tätigkeiten. Ein solcher Verbund besteht, wenn ein Unternehmen an einem anderen Unternehmen mit mindestens 25 Prozent beteiligt ist oder eine Gruppe natürlicher Personen mehrere selbstständige Unternehmen beherrscht. Mai 2020) und in allen weiteren Coronahilfe-Programmen gelten.
Die Begriffe „Unternehmen, Mischbetrieb“ und „Verbund“ sind im europäischen Beihilferecht wesentlich weiter gefasst als im deutschen Steuerrecht. Sie haben auch nicht erst mit den außerordentlichen Wirtschaftshilfen oder der Überbrückungshilfe III in das „Regelwerk“ des BMWi Einzug gehalten. Die beihilferechtlichen Begrifflichkeiten wurden zudem auch nicht erst mit der CoronaPandemie bestimmt, sodass sie bereits seit der Soforthilfe (März 2020 bis Die Konsequenz
Im Rahmen der Anfang Februar 2022 beginnenden gemeinsamen Schlussrechnung für die Überbrückungshilfe I bis III und die November-/Dezemberhilfe wollen die Bewilligungsstellen in Abstimmung mit den Finanzämtern ein besonderes Augenmerk auf die Berücksichtigung eines beihilferechtlichen Mischbetriebs oder Verbundes legen.
››› Beispiel
Die ABC-GbR betreibt ein Rehasport-Studio und ist zudem mit 60 Prozent an der Fitness4me-GmbH beteiligt. Während die GbR nur medizinische Physiotherapie und Rehasport anbietet, betreibt die GmbH ein Fitness-Studio. Auf der Grundlage des MPK-Beschlusses vom 28. Oktober 2020 musste die GmbH ab 3. November 2020 ihr Studio schließen und galt für sich genommen als direkt betroffenes Unternehmen im Rahmen der November-/Dezemberhilfe. Das Rehasport-Studio war zur Sicherung der medizinischen Versorgung vom Lockdown nicht betroffen, hatte aber wegen der zu beachtenden Coronaauflagen einen Umsatzrückgang von 27 Prozent.
Aufgrund der Gesellschafterstellung in der GmbH bildet die GbR gemeinsam mit der GmbH einen beihilferechtlichen Verbund, dessen Tätigkeitsschwerpunkte bezüglich der Schließungsanordnungen einer unterschiedlichen Betroffenheit unterlagen. Wie der Mischbetrieb des Einzelunternehmers war der Verbund nur dann antragsberechtigt, wenn die Umsätze der GmbH mindestens 80 Prozent der Jahresumsätze 2019 des Gesamtverbundes betrafen. Sofern dies nicht zutraf, konnte für den beihilferechtlichen Verbund nur ein Antrag auf Überbrückungshilfe II oder III gestellt werden. Hierbei wurden die berücksichtigungsfähigen Fixkosten des Gesamtverbundes –wie Miete, Geräteleasing oder Strom, Gas und Wasser – mit maximal 90 Prozent bzw. 100 Prozent gefördert, je nach gewählter Überbrückungshilfe II oder III und dem vorliegenden Umsatzrückgang. Im Ergebnis konnten Fixkosten der GbR berücksichtigt werden, obwohl diese – für sich genommen –keinen Umsatzrückgang von mindestens 30 Prozent zu verzeichnen hatte. Sollte also aufgrund der beihilferechtlichen Bestimmungen zu „Unternehmen, Mischbetrieb“ und „Verbund“ für Ihr Unternehmen eine Überbrückungshilfe und/oder eine der außerordentlichen Wirtschaftshilfen zu Unrecht beantragt worden sein, ist es ratsam, umgehend die zuständige Bewilligungsstelle zu kontaktieren, um den Schaden zu minimieren. Denn bereits bei leichtfertig falschen oder unvollständigen Angaben müssen Antragsteller mit strafrechtlichen Konsequenzen wegen Subventionsbetrug (§ 264 StGB) und gegebenenfalls weiteren rechtlichen Konsequenzen rechnen. Nehmen Sie in diesem Fall eine rechtliche Beratung in Anspruch.
z a o D i o n i t A n a o l i o t F
Bezüglich der Fragen, die mit der Beantragung der Corona-Hilfen aus betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Sicht zusammenhängen, kann Sie Ihr Steuerberater in seiner Funktion als sogenannter prüfender Dritter beraten. Zögern Sie nicht, ihn anzusprechen.
Thomas Pech
Autor Thomas Pech ist Steuerberater im ETL ADVISION-Verbund aus Zwickau, Fachberater für den Heilberufebereich (IFU/ISM gGmbH) und auf die Beratung von Heilmittelerbringern spezialisiert. E-Mail: advisa-zwickau@etl.de, Internet: www.advisa-zwickau.de