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Unabhängiger Journalismus im öff entlich-rechtlichen Umfeld
Unabhängiger Journalismus im öffentlich-rechtlichen Umfeld
Die letzten Monate haben gezeigt, dass eine umfassende und schnelle Information der Bevölkerung wichtig ist. Dabei sollen auch diejenigen Menschen erreicht werden, welche keinen Zugang zu Zeitungen oder anderen Quellen haben. Dies alles kann das Medium Radio erfüllen.
Wie informieren Sie sich tagsüber zu aktuellen Entwicklungen und Nachrichten aus Liechtenstein? Sicher über die Tageszeitungen und das Internet. Aber topaktuelle Nachrichten, die ihnen neben der Arbeit sozusagen als Push-News direkt geliefert werden, erhalten Sie aus dem Radio. Denn dies ist einer der Vorteile, die das Radio neben den anderen Nachrichtenmedien hat – neben der Unterhaltung verpassen die Hörerin und der Hörer keine wichtigen Entwicklungen. Unterhaltung und aktuelle Information in einem angenehmen Mix mit guter Musik – das ist Radio in Reinkultur.
Die bewegte Geschichte von Radio L Dass Liechtenstein heute über einen eigenen Radiosender verfügt, der den Fokus voll auf Liechtenstein richtet, ist das Ergebnis einer langen Geschichte. 1995 startete eine Gruppe Radiopioniere mit dem Sender Radio L als Privatradio mit Vollprogramm. Allerdings zeigte sich rasch, dass ein Betrieb, welcher sich ausschliesslich aus Werbeeinnahmen finanziert, nicht möglich ist. So unterstützte das Land ab dem Jahr 2000 Radio L mit einem bedeutenden Beitrag. Nachdem sich der Hauptaktionär 2003 nach massiven Verlusten zurückgezogen hatte, reagierte das Land Liechtenstein und schuf das Gesetz über einen liechtensteinischen Rundfunk. In der Folge wurde die Liechtensteinischer Rundfunk Anstalt öffentlichen Rechts gegründet, welche seit 2003 für den Betrieb des Landessenders zuständig ist. Radio L konnte sich rasch etablieren und ist heute mit seinen Studios mitten in Schaan zu finden und berichtet direkt aus der Mitte Liechtensteins.
Unabhängigkeit vom Staat gesetzlich garantiert Nun könnte man sich bei einem «Staatssender» fragen, ob nur noch berichtet wird, was der Eigner hören will. Dies ist klar nicht der Fall. Die inhaltliche Unabhängigkeit von Radio L ist sogar gesetzlich geregelt. So hält Art. 9 Abs. 2 des Rundfunkgesetzes fest: «Unabhängigkeit ist nicht nur Recht der journalistischen oder programmgestaltenden Mitarbeiter des LRF, sondern auch deren Pflicht. Unabhängigkeit bedeutet Unabhängigkeit von Staats- und Parteieinfluss, aber auch Unabhängigkeit von anderen Medien jeglicher Art sowie von politischen und wirtschaftlichen Lobbys.» Dies bedeutet, dass die Berichterstattung durch Radio L weder für den Journalisten noch für Radio L an sich zu Nachteilen führen darf. Diese heute bereits wahrgenommene Aufgabe soll nach Ansicht des neuen Präsidenten des Verwaltungsrates, Roman Banzer-Netzer, sogar noch weiter gestärkt werden. Er hält dazu im heutigen Interview fest , dass es die grundsätzliche Pflicht von Journalisten sei, Themen kritisch zu hinterfragen und Meinungen und Rechercheergebnisse zu präsentieren. Die vierte Macht im Staat, als die die Medien häufig bezeichnet werden, habe nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, diese Aufgabe wahrzunehmen. Gut gerüstet für die Zukunft, aber … Nach turbulenten Jahren konnte Radio L in den letzten zwei Jahren in ruhigere Gewässer geführt werden. Organisatorisch und programmtechnisch wurde und wird der Landessender neu ausgerichtet. Auch finanziell wurde die nötige Transparenz geschaffen und das Unternehmen damit fit für die Zukunft gemacht. Aber trotz all dieser Bemühungen und Entwicklungen hat die Coronakrise gezeigt, dass die Resilienz des Landessenders rasch an seine Grenzen gelangt, da er nicht über die notwendigen Reserven verfügt. Somit waren Unterstützungen des Landes nötig, um diese Krise überstehen zu können. Damit war Radio L aber nicht allein, praktische allen Medien und auch vielen anderen Unternehmen wurde vom Staat in diesen aussergewöhnlichen Zeiten finanziell geholfen. Trotzdem muss es aber mittelfristig das Ziel sein, Radio L so aufzustellen, dass es Krisen aus eigener Kraft bewältigen kann. Dabei ist aber eines sicher: Der Staatsbeitrag wird immer ein wesentlicher Faktor für das Überleben des Senders sein.
Wichtiges Medium in Krisen Der Staatsbeitrag wird allerdings nicht nur dafür bezahlt, dass Radio L seine Aufgaben als Landessender wahrnimmt. Viel mehr sind noch weitere Aufgaben zu erfüllen. So muss Radio L sicherstellen, dass die Bevölkerung in Krisenzeiten rasch mit Informationen versorgt werden kann. Deshalb sind alle relevanten Systeme des Radios mindestens redundant vorhanden, damit bei einem krisenbedingten Ausfall eines Systems weiterhin gesendet werden kann. Auch eine zeitlich begrenzte Unabhängigkeit von der Stromversorgung ist gegeben. Zudem kann Radio L in seinem Programm rasch reagieren und Sondersendungen senden. Dies hat sich auch in der Coronakrise gezeigt, als Radio L immer wieder Sondersendungen mit Mitgliedern der Regierung und Experten ausstrahlte und dabei den Hörerinnen und Hörern ermöglichte, ihre Fragen zu stellen.
Wichtiger Teil der Medienlandschaft Radio L konnte sich in den letzten Jahren als wichtiger Bestandteil der Medienlandschaft positionieren. Damit dies so bleibt, ist eine ständige Weiterentwicklung des Radios notwendig. Zudem müssen die Radiomacher als Betreiber eines öffentlich-rechtlichen Radiosenders auch weiterhin auf den Staatsbeitrag zählen können. Dies sieht auch Roman Banzer-Netzer als eine der wichtigsten Aufgaben des Verwaltungsrates in den nächsten Monaten: «Sicherlich eine grosse Rolle spielt dabei die nachhaltige Finanzierung des Senders. Darum werden wir uns zeitnah kümmern müssen – und darauf freue ich mich.»
NACHHALTIGE FINANZIERUNG DES RADIO-SENDERS
Interview mit Roman Banzer-Netzer, seit 1. Februar 2022 Präsident des Verwaltungsrates der öffentlich-rechtlichen Anstalt «Liechtensteinischer Rundfunk (LRF)»
Herr Banzer-Netzer, Radio L stand ja in den letzten Jahren immer wieder wegen Problemen im Rampenlicht. Wieso ist man bereit, in einem solchen Unternehmen eine verantwortungsvolle Position zu übernehmen? Roman Banzer: Für mich persönlich ist es zum einen eine Herzensangelegenheit, gehörte ich doch zu den Radiomachern der ersten Stunden, als Radio L 1995 seinen Sendebetrieb aufnahm. Aber abgesehen von diesen eher nostalgischen Gründen bin ich überzeugt, dass das Medium Radio relevant ist und aus der Medienlandschaft nicht weggedacht werden kann.
Was macht das Radio konkurrenzfähig gegenüber Zeitungen, die heute auch schon in verschiedenen Formaten senden und etwa Podcasts produzieren? Der Radiojournalismus unterscheidet sich insofern, als Radio unser Hauptmedium ist. Bei anderen Medien ist es ein Nebenkanal, der auch bedient wird, bei uns ist es der Hauptkanal. Wir haben die Kompetenzen, die es benötigt, Radio zu machen. Dazu gehört mehr als ein gutes Mikrofon. Gleichzeitig freuen wir uns aber über Konkurrenz, denn jeder neue Hörer und jede neue Hörerin, die gewonnen wird, landet auch einmal bei uns. Und dann müssen wir sie oder ihn überzeugen, uns treu zu bleiben.
Aber Radio L muss nicht unbedingt Hörerinnen und Hörer gewinnen, sie werden ja sowieso vom Staat finanziert. Ja, wir bekommen einen Staatsbeitrag – wie in anderer Form andere Medien auch. Und dies ist auch richtig. Radio L hat den gesetzlichen Auftrag, ein öffentlich-rechtliches Radio zu betreiben, und dieser Auftrag wird gut erfüllt. Das Radio spielt aber auch eine wichtige Rolle bei der Kommunikation in Krisen. Auch dafür leisten wir Aufwände, um für den Fall der Fälle vorbereitet zu sein. Gleichzeitig ist der Markt Liechtenstein aber auch zu klein, um ohne Staatsbeitrag nur von Werbeeinnahmen wirtschaftlich reüssieren zu können. Obwohl die Werbeeinnahmen pro Kopf verglichen mit der Schweiz und Österreich hoch sind, genügen diese nie, um den Sendebetrieb aufrechtzuerhalten. Dies ist eine Tatsache, die der Politik aber auch bereits bewusst war, als sie 2003 Radio L übernommen hat. Fakt war und ist, dass der Staat, wenn er ein öffentlich-rechtliches Radio will, dafür auch die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen muss, damit dieser Auftrag erfüllt werden kann.
Ein staatlich finanzierter Sender wird aber nie unabhängig berichten, oder? Doch, davon bin ich zu 100 % überzeugt. Es ist die grundsätzliche Pflicht von Journalisten, Themen kritisch zu hinterfragen und ihre Meinungen sowie die Ergebnisse ihrer Recherchen ungefärbt zu präsentieren. Die vierte Macht im Staat, als die die Medien häufig bezeichnet werden, haben nicht nur Rechte, sondern auch die Pflicht, diese Aufgabe wahrzunehmen. Bei Radio L ist dies sogar im Gesetz festgehalten. Wir sind also quasi verpflichtet – wobei dies auch ohne eine solche Pflicht für uns selbstverständlich ist – Qualitätsjournalismus zu betreiben. Dies wurde bereits bisher gemacht und wird zukünftig noch stärker in den Fokus rücken.
Was ist denn derzeit die grösste Herausforderung, die sie als Erstes angehen werden? Ich werde mit dem gesamten Verwaltungsrat und der Geschäftsführung analysieren, was am dringendsten zu erledigen ist. Sicherlich eine grosse Rolle spielt dabei die nachhaltige Finanzierung des Senders. Darum werden wir uns zeitnah kümmern müssen – und darauf freue ich mich.