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03/2022
Unabhängiger Journalismus im öffentlich-rechtlichen Umfeld Die letzten Monate haben gezeigt, dass eine umfassende und schnelle Information der Bevölkerung wichtig ist. Dabei sollen auch diejenigen Menschen erreicht werden, welche keinen Zugang zu Zeitungen oder anderen Quellen haben. Dies alles kann das Medium Radio erfüllen. Wie informieren Sie sich tagsüber zu aktuellen Entwicklungen und Nachrichten aus Liechtenstein? Sicher über die Tageszeitungen und das Internet. Aber topaktuelle Nachrichten, die ihnen neben der Arbeit sozusagen als Push-News direkt geliefert werden, erhalten Sie aus dem Radio. Denn dies ist einer der Vorteile, die das Radio neben den anderen Nachrichtenmedien hat – neben der Unterhaltung verpassen die Hörerin und der Hörer keine wichtigen Entwicklungen. Unterhaltung und aktuelle Information in einem angenehmen Mix mit guter Musik – das ist Radio in Reinkultur.
Die bewegte Geschichte von Radio L Dass Liechtenstein heute über einen eigenen Radiosender verfügt, der den Fokus voll auf Liechtenstein richtet, ist das Ergebnis einer langen Geschichte. 1995 startete eine Gruppe Radiopioniere mit dem Sender Radio L als Privatradio mit Vollprogramm. Allerdings zeigte sich rasch, dass ein Betrieb, welcher sich ausschliesslich aus Werbeeinnahmen finanziert, nicht möglich ist. So unterstützte das Land ab dem Jahr 2000 Radio L mit einem bedeutenden Beitrag. Nachdem sich der Hauptaktionär 2003 nach massiven Verlusten zurückgezogen hatte, reagierte das Land Liechtenstein und schuf das Gesetz über einen liechtensteinischen Rundfunk. In der Folge wurde die Liechtensteinischer Rundfunk Anstalt öffentlichen Rechts gegründet, welche seit 2003 für den Betrieb des Landessenders zuständig ist.
Radio L konnte sich rasch etablieren und ist heute mit seinen Studios mitten in Schaan zu finden und berichtet direkt aus der Mitte Liechtensteins.
Unabhängigkeit vom Staat gesetzlich garantiert Nun könnte man sich bei einem «Staatssender» fragen, ob nur noch berichtet wird, was der Eigner hören will. Dies ist klar nicht der Fall. Die inhaltliche Unabhängigkeit von Radio L ist sogar gesetzlich geregelt. So hält Art. 9 Abs. 2 des Rundfunkgesetzes fest: «Unabhängigkeit ist nicht nur Recht der journalistischen oder programmgestaltenden Mitarbeiter des LRF, sondern auch deren Pflicht. Unabhängigkeit bedeutet Unabhängigkeit von Staats- und Parteieinfluss, aber auch Unabhängigkeit von anderen Medien jeglicher Art sowie von politischen und wirtschaftlichen Lobbys.» Dies bedeutet, dass die Berichterstattung durch Radio L weder für den Journalisten noch für Radio L an sich zu Nachteilen führen darf. Diese heute bereits wahrgenommene Aufgabe soll nach Ansicht des neuen Präsidenten des Verwaltungsrates, Roman Banzer-Netzer, sogar noch weiter gestärkt werden. Er hält dazu im heutigen Interview fest , dass es die grundsätzliche Pflicht von Journalisten sei, Themen kritisch zu hinterfragen und Meinungen und Rechercheergebnisse zu präsentieren. Die vierte Macht im Staat, als die die Medien häufig bezeichnet werden, habe nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, diese Aufgabe wahrzunehmen.
Gut gerüstet für die Zukunft, aber … Nach turbulenten Jahren konnte Radio L in den letzten zwei Jahren in ruhigere Gewässer geführt werden. Organisatorisch und programmtechnisch wurde und wird der Landessender neu ausgerichtet. Auch finanziell wurde die nötige Transparenz geschaffen und das Unternehmen damit fit für die Zukunft gemacht. Aber trotz all dieser Bemühungen und Entwicklungen hat die Coronakrise gezeigt, dass die Resilienz des Landessenders rasch an seine Grenzen gelangt, da er nicht über die notwendigen Reserven verfügt. Somit waren Unterstützungen des Landes nötig, um diese Krise überstehen zu können. Damit war Radio L aber nicht allein, praktische allen Medien und auch vielen anderen Unternehmen wurde vom Staat in diesen aussergewöhnlichen Zeiten finanziell geholfen. Trotzdem muss es aber mittelfristig das Ziel sein, Radio L so aufzustellen, dass es Krisen aus eigener Kraft bewältigen kann. Dabei ist aber eines sicher: Der Staatsbeitrag wird immer ein wesentlicher Faktor für das Überleben des Senders sein. Wichtiges Medium in Krisen Der Staatsbeitrag wird allerdings nicht nur dafür bezahlt, dass Radio L seine Aufgaben als Landessender wahrnimmt. Viel mehr sind noch weitere Aufgaben zu erfüllen. So muss Radio L sicherstellen, dass die Bevölkerung in Krisenzeiten rasch mit Informationen versorgt werden kann. Deshalb sind alle relevanten Systeme des Radios mindes-
tens redundant vorhanden, damit bei einem krisenbedingten Ausfall eines Systems weiterhin gesendet werden kann. Auch eine zeitlich begrenzte Unabhängigkeit von der Stromversorgung ist gegeben. Zudem kann Radio L in seinem Programm rasch reagieren und Sondersendungen senden. Dies hat sich auch in der Coronakrise gezeigt, als Radio L immer wieder Sondersendungen mit Mitgliedern der Regierung und Experten ausstrahlte und dabei den Hörerinnen und Hörern ermöglichte, ihre Fragen zu stellen.
Wichtiger Teil der Medienlandschaft Radio L konnte sich in den letzten Jahren als wichtiger Bestandteil der Medienlandschaft positionieren. Damit dies so bleibt, ist eine ständige Weiterentwicklung des Radios notwendig. Zudem müssen die Radiomacher als Betreiber eines öffentlich-rechtlichen Radiosenders auch weiterhin auf den Staatsbeitrag zählen können. Dies sieht auch Roman Banzer-Netzer als eine der wichtigsten Aufgaben des Verwaltungsrates in den nächsten Monaten: «Sicherlich eine grosse Rolle spielt dabei die nachhaltige Finanzierung des Senders. Darum werden wir uns zeitnah kümmern müssen – und darauf freue ich mich.»