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Der neue Landtag wird demnächst seine Arbeit aufnehmen. Die Regierung ist seit dem 25. März im Amt. Und es wartet viel Arbeit. Was sind Ihrer Ansicht nach die brennendsten Themen, die es unverzüglich in Angriff zu nehmen gilt und was ist in absehbarer Zeit umzusetzen?
Daniel Oehry, FBP
Wir sehen uns in der Verantwortung, den künftigen Generationen ein lebenswertes Liechtenstein mit einer intakten Natur und Umwelt zu überlassen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Staatshaushalt werden noch Jahre zu spüren sein. In erster Linie werden die Einnahmen geringer ausfallen. Darauf hat sich die Finanzpolitik der kommenden Jahre auszurichten und sparsam mit den vorhandenen Mitteln umzugehen. Die ungleiche Finanzentwicklung zwischen den Gemeinden gilt es zu korrigieren, indem die Bedürfnisse von Land und Gemeinden beim Finanzausgleich berücksichtigt werden. Waren es früher die Familienmodelle «Familie und Beruf» bzw. «Familie als Beruf», sind es heute verschiedene Mischformen. Unabhängig davon ist es für uns zentral, dass Eltern selbst wählen können, welches Modell für sie das richtige ist. Die Mehrheit der Eltern möchte aber Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren können. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Eltern ihr Kind im ersten Lebensjahr selbst betreuen können. Mit 20 Wochen Karenz und jeweils vier Monaten Elternzeit wäre das möglich. Darum müssen wir festlegen, welcher Topf für die Elternzeit aufkommt und wie hoch die Entschädigung sein soll, damit das Angebot attraktiv und finanzierbar ist. Im Vergleich zu anderen Ländern weist Liechtenstein einen sehr hohen Wohlstand auf, welcher zu kleineren Familien führt und in Folge zu weniger Einzahlerinnen und Einzahlern in unsere Sozialsysteme AHV und PK. Am Ende eines langen Berufslebens müssen unsere Systeme dazu führen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Pension ein Auskommen haben. Wenn dies nicht sichergestellt ist, dann müssen wir die Parameter für Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge sowie das Pensionsalter anpassen. Weitere Themen wie Verkehrskonzept, Digitalisierung, E-Dossier, Eindämmung Kostenwachstum bei Gesundheitskosten und vieles mehr werden sicher auch einer Lösung zuzuführen sein.
Thomas Zwiefelhofer, VU
Im Vordergrund steht weiterhin das Thema Corona-Pandemie. Nach Beendigung der Massnahmen, was hoffentlich in diesem Sommer grossteils der Fall sein wird, müssen wir die Folgen der Pandemie bewältigen und unsere Lehren daraus ziehen. Dieses Thema durchzieht alle Politikbereiche, vom Staatshaushalt bis zur Wirtschafts-, Sicherheits- und Sozialpolitik. Für die nächsten vier Jahre stehen vor allem die Hauptthemen Demographie und Digitalisierung im Fokus. Reformen bei der Altersvorsorge müssen mit dem Thema «Leben im Alter» verknüpft werden. Mit dem Schlagwort Digitalisierung ist vor allem der Bereich Bildung eng verknüpft. Dort gilt es, von den Erfahrungen in der Pandemie zu lernen, um das Positive mitzunehmen und auszubauen. Weitere Aspekte der Digitalisierung, die unsere Politik beschäftigen müssen, sind die rechtlichen Grundlagen für Veränderungen in der Arbeitswelt, die Sicherheit von Daten und Informationen sowie die notwendigen Investitionen in unsere Infrastruktur, gerade auch im Energie- und Kommunikationsbereich. Bei vielen zentralen Agenden kann dabei auf den in der letzten Legislatur von der Regierung erarbeiteten Strategien aufgebaut werden, so zum Beispiel auf dem Mobilitätskonzept 2030, auf der Bildungsstrategie 2025plus, auf der Energiestrategie 2030 und auf der Energievision 2050 sowie auf der Klimavision 2050. Politik ist aber nichts Abstraktes, sondern vor allem dazu da, sich um die Sorgen und Anliegen der Menschen zu kümmern. Bei allem Verständnis für die Priorisierung eines gesunden Staatshaushalts darf zum Beispiel das Thema einer qualitativ hochstehenden, aber dennoch bezahlbaren Gesundheitsversorgung nicht aus den Augen verloren werden. Schliesslich muss neben Fortschritten in der Familienpolitik auch der Umweltschutz ein zentrales Thema bleiben. Dazu gehört neben der Klimapolitik auch der Schutz der uns umgebenden Natur und Landschaft sowie die Förderung und Erhaltung der Artenvielfalt.
Patrick Risch, FL
Handlungsbedarf besteht bei der Sicherung der AHV, doch die AHV kann nicht als isoliertes Sozialwerk betrachtet werden. Ebenso wichtig ist die Aufbesserung der Zweiten Säule. Mit den heutigen Einlagen in die Pensionskasse steht im Alter vielen zu wenig Geld zum Leben zur Verfügung, obwohl sie ihr Leben lang gearbeitet haben.
Die Fraktion der Freien Liste wird beim Klimaschutz sowie bei der Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele handeln und Forderungen stellen. Konkret heisst dies: raschestmögliches Erreichen der Klimaneutralität. Wir müssen nicht bis 2050 warten, um dieses Ziel zu erreichen. Jeder noch so kleine Schritt bringt uns näher ans Ziel. Insbesondere beim Verkehr haben wir in Liechtenstein grossen Handlungsbedarf. Ein betriebliches Mobilitätsmanagement mit Parkplatzbewirtschaftung, eine Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Verkehrs, ein Ausbau des Radwegnetzes und eine CO2abhängige Motorfahrzeugsteuer sind konkrete Ziele, welche die Freie Liste auf die politische Agenda setzen will.
Die Vereinten Nationen haben 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung formuliert, und diese gilt es auch in Liechtenstein umzusetzen. Wenn wir 0,7 Prozent des Bruttonationalprodukts in die internationale Zusammenarbeit investieren und das Ziel verfolgen, jegliche Art der Diskriminierung in Liechtenstein zu bekämpfen und jedem und jeder Chancengleichheit garantieren, kommen wir als Gesellschaft in Liechtenstein voran.
Aktuell werden die Ehe für alle und das Wahlalter 16 diskutiert: Zwei Themen, für welche ich mich einsetzen werde. Mit der Senkung des Wahlalters wird die Jugend stärker in die politische Meinungsbildung einbezogen. Die Senkung des Wahlalters ist auch ein guter Gegenpol zum ständig grösseren werden Anteil der älteren Bevölkerung.
Harry Quaderer, DU
In einer Umfrage des Liechtenstein-Instituts sahen nur die Mitglieder der Freien Liste die Gleichstellung von Mann und Frau als eines der zehn drängendsten Probleme, denen das Land gegenübersteht.
Anhänger der du-die Unabhängigen sahen die Gesundheitskosten als oberste Priorität, gefolgt von der Finanzierung der Altersvorsorge.
Die Gesundheitskosten lagen bei der Vaterländischen Union an oberster Stelle und die Finanzierung der Altersvorsorge bei der FBP.
Die grosse Koalition weiss nun, was anzupacken ist.
Thomas Rehak, DPL
Die in der letzten Legislatur nicht zu Ende gebrachte Stabilisierung der AHV ist umzusetzen. Die längst nicht mehr erhöhten Renten bedürfen einer Anpassung. Entweder ist das AHV-Gesetz, welches die Rentenanpassung regelt, zu ändern oder den in Liechtenstein wohnhaften Rentnern wird ein Rentenzuschuss aus der Staatskasse bezahlt. Die Verkehrsinfrastruktur bleibt ein Dauerbrenner. Engpässe im Strassennetz müssen beseitigt werden, damit die Arbeitsplätze nicht durch Staus eine Abwertung erfahren. Die Mobilität beschränkt sich nicht nur auf Autoverkehr, soll aber so organisiert sein, dass die Staatskasse möglichst geschont wird. Eine sichere Energieversorgung ist systemrelevant. Ohne Strom geht fast nichts mehr. Die Auslandsabhängigkeit stellt derzeit zwar kein Problem dar, aber wer weiss, wie es in ein paar Jahren aussieht. Für einen Ausbau der Eigenversorgung mit erneuerbarer Energie sind lange Vorlaufzeiten notwendig. Deshalb sollte über Varianten für Projekte baldmöglichst nachgedacht werden.
Noch nicht zu Ende ist die Corona-Krise. Es muss aber wieder Normalität einkehren, auch wenn diese vielleicht etwas anders aussieht wie gehabt. Beim Umwelt- und Klimaschutz ist viel geredet worden, aber wenig ist passiert. Der Verbrauch an Ressourcen und Energie kann mit Kosmetik nicht wesentlich reduziert werden. Der medizinische Fortschritt ist eine Wohltat, zieht anderseits steigende Kosten nach sich. Wo ist das vernünftige Mittelmass, sodass die Gesundheitskosten für den Normalverdiener im Rahmen bleiben?
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf darf auch in dieser Legislatur nicht vernachlässigt werden. Nur mit bezahltem Elternurlaub ist die Sache nicht abgetan. Die Wahl der Regierung nach dem heutigen System ist zu hinterfragen, die Bevölkerung sollte in den Wahlvorschlag stärker einbezogen sein. Nicht zuletzt ist eine solide finanzielle Grundlage des Staates mit angemessenen Reserven von elementarer Bedeutung