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Fragen an …

CORONAKRISE Mit einem Gewinn von 328 Mio. Franken schliesst die Landesrechnung 2019 ausserordentlich erfolgreich ab. Auch das Ergebnis aus betrieblicher Tätigkeit fällt mit CHF 100 Mio. deutlich besser aus als prognostiziert. Das Finanzergebnis fällt aufgrund der positiven Marktentwicklungen im Jahre 2019 aussergewöhnlich hoch aus. Auch das extern verwaltete Vermögen wirft eine Rendite von 10.6% bzw. rund 190 Mio. Franken ab. Zusammen mit den Erträgen aus den Beteiligungen ergibt sich somit ein Finanzresultat von total 228 Mio. Franken.

1Wie wirkt sich diese Krise Ihrer Meinung nach auf die Landesrechnung 2020 aus?

2Müssen wir damit rechnen, dass die Wirtschaftskrise über das

Jahr 2020 hinausgeht und wenn ja mit welchen Folgen?

3Was kann die Politik machen, um die Einbussen so gering als möglich zu halten?

Marcus Vogt Thomas Vogt

Die Corona-Krise wird in der Landesrechnung deutliche Spuren hinterlassen. Mit den ersten beiden Wirtschaftspaketen hat die Regierung 110 Millionen Franken bereits ausserhalb des Voranschlags bereitgestellt. Es kann aber sein, dass weitere Massnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft notwendig sind. Diese Kosten gehen direkt zu Lasten der Rechnung 2020. Hingegen werden die Steuereinnahmen noch gut sein, da diese jeweils auf dem Vorjahr basieren. Ungewiss ist, wie sich die Börsen entwickeln.

Die notwendigen Unterstützungsmassnahmen zeigen, dass die Unternehmen in einer extrem schwierigen Situation sind. Das betrifft die vielen kleinen Gewerbeunternehmen und Selbständigen, aber auch die grossen Industrieunternehmen in Liechtenstein. Weltweit wird 2020 mit einer starken Rezession gerechnet, wobei gemäss OECD und IWF die Industrieländer noch stärker betroffen sind. Neben dem Gewerbe sind damit auch die exportorientierten Unternehmen stark unter Druck. Wir müssen also davon ausgehen, dass die Steuereinnahmen aufgrund der einbrechenden Unternehmensgewinne ab 2021 sehr deutlich zurückgehen. Das sind keine guten Aussichten für den Landeshaushalt. Aufgrund der vorsichtigen Haushaltspolitik der Regierung Hasler konnten in den vergangenen Jahren erfreuliche Überschüsse erzielt und die Reserven aufgebaut werden. Davon können wir in den kommenden Jahren profitieren und haben die erforderliche Zeit, einerseits eine Durststrecke zu überstehen und andererseits gezielte Korrekturmassnahmen einzuleiten.

Die FPB hat sich immer für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Staatsfinanzen eingesetzt. Das zahlt sich jetzt aus. Damit können die staatlichen Leistungen auch in schwierigen Zeiten aufrechterhalten werden. Gleichzeitig sollen gerade jetzt die bereits beschlossenen und sich in Vorbereitung befindlichen Investitionen getätigt werden. Die gegenständliche Krise wird Auswirkungen auf die Landesrechnung 2020 haben. Auf die Steuereinnahmen im Jahre 2020 wird die Krise meines Erachtens noch keinen grossen Einfluss haben, da die Steuereinnahmen im Jahre 2020 zu einem grossen Teil von den Jahresergebnissen und den Einnahmen im Jahre 2019 abhängig sind. Es ist davon auszugehen, dass die Jahresergebnisse und die Einnahmen der Steuerzahler im Jahre 2019 gut bis sehr gut waren und folglich auch die Steuern entsprechend hoch ausfallen werden. Des Weiteren gibt es im Jahre 2020 auch noch einen ausserordentlich hohen Steueranfall bei den Ertragssteuern in Höhe von ca. CHF 200 bis CHF 250 Mio. Die Aufwände werden aufgrund der Sonderausgaben wegen der Krise höher ausfallen als budgetiert. Beim Finanzergebnis bleibt zu hoffen, dass wir mit einem blauen Auge davonkommen. Gesamthaft gehe ich nach wie vor von einem positiven Ergebnis für das Jahr 2020 aus.

Ja. Wir werden die Krise vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht wohl noch länger spüren. Es ist davon auszugehen, dass es noch weit in das Jahr 2021 dauern wird, bis wir in den verschiedenen Wirtschaftssektoren wieder einen gewissen Normalbetrieb haben. Auch auf die Landesrechnung wird sich die Krise wohl erst richtig im Jahre 2021 auswirken. Im Jahre 2020 ist mit deutlich schlechteren Ergebnissen der Betriebe und den anderweitigen Einnahmen zu rechnen, die sich dann steuerlich im Jahre 2021 negativ auswirken. Zusammengefasst gehe ich somit davon aus, dass wir ein, zwei Jahre brauchen werden, bis wir wirtschaftlich wieder auf einem ähnlichen Niveau sein werden wie vor der Krise.

Aus wirtschaftlicher Sicht ist das Wichtigste, dass die Betriebe vom Staat die notwendigen Mittel erhalten, damit sie die Krise überstehen. Es muss verhindert werden, dass Betriebe Konkurs anmelden müssen und Arbeitnehmer ihre Anstellung verlieren. Die Politik hat sehr schnell reagiert und Hilfspakete beschlossen. Diese Massnahmen helfen schon sehr vielen und werden, falls Mängel erkannt werden, ständig nachgebessert. Oberstes Ziel aus wirtschaftlicher Sicht muss es sein, die Arbeitsplätze in Liechtenstein zu erhalten!

Thomas Lageder

Sicher negativ. Das Ausmass ist sehr schwierig abzuschätzen.

Ado Vogt

Hier gibt es drei wesentliche Auswirkungen: Die erste sind die Steuererträge, die aufgrund der gesunkenen Wirtschaftsleistung wohl abnehmen werden. Zweitens sind die Finanzerträge aus dem Volksvermögen unsicher. Haben diese letztes Jahr eine Rendite von sehr guten zehn Prozent generiert, so sind die Aussichten dieses Jahr noch unsicher, obwohl die Börse sich bereits wieder leicht erholt hat. Drittens sind die erhöhten Ausgaben des Staates zu erwähnen, speziell natürlich für die Linderung der wirtschaftlichen Folgen für Einwohner und Betriebe.

Herbert Elkuch

Die Corona-Krise führt zu weniger Einnahmen und mehr Ausgaben. Dies beeinflusst die Landesrechnung 2020 und auch die von 2021 negativ. Wie schnell sich die Wirtschaft erholt, lässt sich nicht abschätzen.

Das ist mit Sicherheit so. Als exportorientiertes Land werden wir die weltweite Wirtschaftskrise deutlich zu spüren bekommen. Landesintern haben wir die Möglichkeit, dank unserer Finanzreserven die schlimmsten Auswirkungen abzufedern. Wir dürfen aber die globalen Herausforderungen in den Bereichen Klimawandel und Verteilungsgerechtigkeit nicht aus den Augen verlieren. Gerade die bereits spürbaren negativen Auswirkungen des Klimawandels werden zu einer möglicherweise noch grösseren Krise führen. Diese kann dann aber kaum mit Unsummen von Geld gemildert werden, weil diese gemäss wissenschaftlichen Fakten nicht mehr unumkehrbar sein wird. Es gilt daher, die Anstrengungen in diesem Bereich nicht zu vernachlässigen, sondern nicht zuletzt zu unserem Wohl zu intensivieren.

Die lokale Politik hat diverse Instrumente, um die Einbussen so gering wie möglich zu halten, ohne die Gesundheit der Menschen zu gefährden. International sollte sich Liechtenstein solidarischer zeigen, sei es durch Aufnahme von Flüchtlingen, durch finanzielle Unterstützung internationaler Organisationen oder Aufstockung des Budgets des liechtensteinischen Entwicklungsdienstes (LED) für die Hilfe vor Ort. Das kommt darauf an, wie rasch die Lockerungen umgesetzt werden können und die Wirtschaft zur Normalität zurückkehren kann. Wie es weitergeht, hängt sehr stark davon ab, ob es zu einer allfälligen zweiten Corona-Welle kommt. Eine mögliche zweite Welle im Herbst würde sicher dazu führen, dass die Wirtschaft über 2020 hinaus nicht wieder so richtig in Schwung wird kommen können. Die Folgen werden gravierend sein. Zur Abkühlung der Konjunktur durch Handelskonflikte, Strukturwandel (Autoindustrie) und Überbewertung des Schweizer Frankens, kommen jetzt noch «Corona-Einbussen». Der Landtag hat zwei Massnahmenpakete beschlossen, die kurzzeitig wirken. Das war noch relativ einfach. Schwieriger ist, wieder Leben in die Wirtschaft zu bringen. Den derzeitigen Zustand kann auch der reiche Staat Liechtenstein nicht lange verkraften. Im Moment kann nur appelliert werden, möglichst die regionale Produktion zu berücksichtigen, auch wenn die Produkte teurer sind. Die Exportmöglichkeit der Industrie und des Gewerbes ist eingebrochen. Glücklicherweise ist der Staat finanziell gut situiert, sodass Infrastrukturprojekte vorgezogen werden können, in besonderer Berücksichtigung einheimischer Unternehmen.

Regierung und Landtag haben bereits viel getan, es gibt ja diverse Massnahmen. Meiner Meinung nach muss nun darauf geachtet werden, dass so rasch wie möglich, aber so langsam wie notwendig, wieder zum «Normalbetrieb» zurückgekehrt werden kann. Zudem sollte man in naher Zukunft einen Kassensturz machen und dann denjenigen Menschen und Betrieben gezielt helfen, die bisher durch die Maschen gefallen sind. In die staatliche Infrastruktur zu investieren, ist sinnvoller als Arbeitslosengeld auszuzahlen. Die Entwertung von erarbeitetem Besitz und Betriebseinrichtung (Konkurse) muss minimiert werden. Bei der gesunden Bevölkerung verläuft die Krankheit eher milde. Für Personen mit Vorerkrankung und betagte Personen kann die Krankheit schwere Dauerschäden hinterlassen und tödlich sein. Schutzmassnahmen und Wirtschaftsprogramme sind derart zu gestalten, dass vor allem die Gefährdeten, meist Ältere, geschützt sind. Der Umstand, dass Gesunde weniger gefährdet sind, hilft, die Produktivität wieder zu steigern. Abstand halten, Hände waschen, Veranstaltungen und Reisen meiden, ständige Beobachtungen und Anpassungen, das bleibt in jedem Fall noch längere Zeit. Eine zweite Welle, das wäre schlimm.

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