polit:zeit
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08/2020
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Fragen an … DOPPELTE STAATSBÜRGERSCHAFT Die doppelte Staatsbürgerschaft könnte bald auch in Liechtenstein Wirklichkeit werden. Die Regierung hat vorgeschlagen, EWR- sowie Schweizer Bürgern die doppelte Staatsbürgerschaft im Falle einer Einbürgerung zu erlauben. Gleichzeitig sollen andere Hürden höher werden. Bei der Behandlung der Vorlage im Landtag sprachen sich 20 Abgeordnete für den Regierungsvorschlag aus, fast alle Abgeordneten waren dafür, dass das Volk das letzte Wort haben soll.
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Wie stehen Sie zur doppelten Staatsbürgerschaft nach Vorschlag der Regierung?
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Welche Kriterien hätte man besser machen können?
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Können Sie den Argumenten des Gegenkomitees von Dr. Wanger etwas abgewinnen. Wenn ja, welchen?
Daniel Seger
Violanda Lanter
Ich stehe der doppelten Staatsbürgerschaft offen gegenüber, auch wenn ich selbst nur den liechtensteinischen Pass habe. Ausserdem gibt es die doppelte Staatsbürgerschaft in Liechtenstein bereits: beispielsweise für Personen mit liechtensteinischem Pass, die im Ausland leben und sich dort einbürgern lassen oder für Kinder von Eltern, die in Liechtenstein wohnen, wobei deren Eltern unterschiedliche Staatsbürgerschaften haben. Mit der Vorlage soll in der Zukunft bei Einbürgerungen von Personen aus der Schweiz oder einem EWR-Staat auf den Verzicht der bisherigen schweizerischen oder EWR-Staatsbürgerschaft verzichtet werden.
Nachdem die Regierung meinem Vorschlag gefolgt ist und Doppelbürgerschaften nur zulassen will, wenn die Einbürgerungswilligen aus Staaten des EWR-Raums oder der Schweiz kommen, ist meine Antwort klar Ja. Es liegt damit ein guter Kompromiss zur Abstimmung vor. Er berücksichtigt, dass Menschen, die uns kulturell, religiös und in ihrer Wertehaltung nahestehen, ihre Integration nicht noch zusätzlich durch einen Verzicht auf ihre bisherige Staatsbürgerschaft beweisen müssen. Die oft eingebrachte Loyalitätsfrage, das heisst, welchem Staat man sich mehr verbunden fühlt, ist müssig. Genügend Liechtensteiner und Liechtensteinerinnen mit doppelter Staatsbürgerschaft beweisen als Vereinsmitglieder, Diplomaten, Regierungsmitglieder oder Landtagsabgeordnete seit langem, dass sie sehr wohl auch mit zwei Pässen treu zu Liechtenstein stehen.
Ich hätte die Anforderungen an die mündlichen Spracherfordernisse erhöht, da die Sprache für mich ein wesentliches Kriterium ist, wenn es um Integration geht. Die erfolgreiche Integration wie auch die Vertrautheit mit den liechtensteinischen Lebensverhältnissen hätte man als Voraussetzung in den Gesetzesvorschlag mitaufnehmen können. Leider fand sich im Landtag für diese Punkte keine Mehrheit.
Unser Bürgerrechtsgesetz und die dazugehörende Verordnung sind einfach in ihrer Handhabung, sowohl für die rechtsanwendende Behörde als auch für den Gesuchsteller. Dies gilt insbesondere für die beizubringenden Nachweise, die auch in Zukunft von allen Einbürgerungswilligen zu erbringen sind. So dürfen keine Verurteilungen oder hängigen Strafverfahren vorliegen, die internationalen Beziehungen nicht beeinträchtigt sein, keine Gefahr für die öffentliche Ruhe und Sicherheit bestehen und der Lebensunterhalt muss durch Belegen von festen und regelmässigen Einkünften gewährleistet sein. Ausserdem sehen die ausländerrechtlichen Bestimmungen vor, dass gute Sprach- und Staatskundekenntnisse nachzuweisen sind. Was überdacht werden soll, sind die zugegebenermassen kurzen Fristen bei der erleichterten Einbürgerung durch Heirat.
Ich stimme Dr. Wanger zu, wenn er sagt, dass die Einbürgerung am Ende der Integration passieren soll und nicht am Anfang. Allerdings teile ich seine Meinung nicht, wenn er weiter äussert, dass jemand nicht von der liechtensteinischen Staatsbürgerschaft überzeugt ist, wenn er nicht bereit ist, auf die bisherige Staatsbürgerschaft zu verzichten. Ein Beispiel dafür sind meine Landtagskollegen, die über mehrere Staatsbürgerschaften verfügen: Sie setzen sich mit Herzblut und viel Zeitaufwand für die Interessen unseres Landes ein und haben weder im Landtag noch sonst irgendwie erkennen lassen, dass sie von der liechtensteinischen Staatsbürgerschaft nicht überzeugt sind. Darum werde ich am 30. August 2020 ein Ja in die Urne werfen.
Dr. Wanger hält als ultimativen Integrationsnachweis am Verzicht auf die bisherige Staatsbürgerschaft fest. Das sehe ich überhaupt nicht so. Unter uns leben Bürger und Bürgerinnen aus Drittstaaten, die zwar auf ihr bisheriges Landesbürgerrecht verzichtet haben und gemäss seiner Diktion «echte Liechtensteiner» sind. Deren ebenfalls eingebürgerte Ehegatten oder Kinder sind aber z.B. kaum der deutschen Sprache mächtig und dürfen aus religiösen Gründen nicht am Turn- und Schwimmunterricht teilnehmen. Auf der anderen Seite leben unter uns Schweizerinnen und Schweizer, die aufgrund ihrer Biographie nicht auf die angestammte Staatsbürgerschaft verzichten wollen, zweifelsfrei aber völlig integriert sind.