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ab dem 31.08.2015 erhältlich!
RED RUN
Der Letzte räumt die Erde auf. So könnte man den Satz von Stephen Hawking übersetzen, der sagte: „Ich glaube, dass wir keine 1.000 Jahre mehr überleben werden, wenn wir zuvor nicht von diesem zerbrechlichen Planeten flüchten.“
Etwas radikaler formuliert: Nachdem wir die Erde zerstört haben, suchen wir uns ein neu-
Technologie entstanden ist, die das Versenden von Funksignalen ermöglicht, die wir
es Opfer. Anstatt dass sich die Weltenlenker ändern und nach ewigen, teuren, mitleid-
empfangen können (fc). Fehlt noch ein Faktor: die Lebensdauer einer solchen funkfä-
erregenden Umweltschutzkonferenzen endlich den Konsens finden, den wir dringend
higen Zivilisation (L). „Die Gleichung war völlig plausibel. Sie hatte nur einen Haken:
brauchen und tatsächlich auch umsetzen. Denn schon jeder Fünftklässler mit durch-
Man kannte nur die erste Variable: die Häufigkeit, mit der sich sonnenähnliche Sterne
schnittlichem klaren Verstand versteht: Es ist 30 Sekunden vor zwölf. Ja, ich weiß, die
bilden. Alles Weitere war Spekulation (National Geographic, 2014).“
Politiker wissen sehr wohl, was los ist. Es geht mal wieder um Egos, um Macht und um Dickköpfe. Jede Kindergärtnerin kann ein Lied davon singen. Denn dort streitet sich die
Da es mit der Kontaktaufnahme nur – sagen wir – schleppend vorangeht, sieht man
kommende Generation im Sandkasten. Das dürfen sie, es sind Kinder. Erwachsene Politi-
sich daher nach erdähnlichen Gestirnen um. Erst in den 1990er-Jahren wurde der ers-
ker dürfen das auch. Nur Konsequenz und Weitsicht sollten andere sein.
te Planet entdeckt, der passen würde. Aufgrund seiner engen Umlaufbahn zu „seiner Sonne“ ist es dort allerdings 1.000 Grad warm. Das Jahr dauert vier Tage. Kurz da-
Der Run auf den Weltraum begann schon in den 1960er-Jahren, genauer gesagt 1961.
nach fand man einen weiteren und noch weitere. Heute kennen die Wissenschaftler
Frank Drake (Astrophysiker) ist heute 84. Berühmt wurde er, als er mit der Drake-For-
fast 2.000 dieser Exoplaneten. Und keiner ist genau wie die Erde. Neue Schätzungen
mel zu errechnen versuchte, wie viele außerirdische Zivilisationen es geben könnte.
sagen voraus, dass jeder fünfte sonnenähnliche Stern lebensfreundliche Bedingungen
N=R x fp x ne x fl x fi x fc x L
freundliche Planeten gibt, als Frank Drake 1961 geschätzt hatte und damit die Astrobio-
aufweist. Mit anderen Worten: Heute weiß man und schätzt nicht, dass es mehr lebenslogie begründete. Während man früher nur Licht und Funkwellen suchte, sprich natürliDie Lösung N besagt, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, mit außerirdischen Intel-
ches Licht, sucht man heute nach nicht natürlichem Licht, nach Biosignaturen und nach
ligenzen Kontakt aufnehmen zu können. Ausgangsfaktor ist die Häufigkeit, mit der
Leben, das nicht auf Wasserstoff basiert, sondern auf Schwefelverbindungen. Auf der
sonnenähnliche Sterne in der Milchstraße entstehen (R). Diese Zahl multipliziert man
Erde gibt es diese Lebenswesen, die Snottiten. Sie finden sich in Höhlen und in Wüsten.
mit dem Anteil von Sternen, die ein Planetensystem besitzen (fp) und dieses Ergebnis
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mit der Anzahl der Planeten in einer lebensfreundlichen Zone (ne) – also mit der Zahl
Die Wissenschaft weiß, dass Leben ohne Wasser nicht denkbar ist, also sucht sie da-
der Planeten, die ungefähr so groß sind wie die Erde und die ihren Stern in einer Ent-
nach und findet es. Auf dem Saturnmonden Enceladus und Titan, auf dem Jupitermond
fernung umkreisen, die Leben möglich macht. Den neuen Wert multipliziert man mit
Europa oder auf dem aktuellen Liebling Mars, dem roten Planeten. Obama äußerte
dem Anteil der Planeten, auf denen wirklich Leben entsteht (fl), und den wiederum mit
den Wunsch, dass bis Mitte der 2030er-Jahre eine Umrundung möglich sei. Keine
dem Anteil der Planeten, auf denen sich Intelligenz entwickelt (fi). Im vorletzten Schritt
Landung. Finanzierung? Nicht daran zu denken. Nach Jahren der Stagnation, des Ein-
multipliziert man das Zwischenergebnis mit dem Anteil von Planeten, auf denen eine
mottens und der Abkehr herrscht eine neue Aufbruchsstimmung. Chinesen, Russen,
EDITORIAL
Inder, Amerikaner, Europäer, alle wollen hoch hinaus. Allerdings fliegen nur des Men-
te und einen der beiden Piloten das Leben kostete. Eine Abkehr fulminanter Pläne ist
schen Gerätschaften durchs All, nicht er selbst. Dafür reichen Erfahrung und techni-
nicht in Sicht. Kein Wunder, ist Bransons Virgin Galactic doch praktisch die Keimzelle für
sche Möglichkeiten anscheinend nicht (Geld schon mal gar nicht). Gerade mal 40 Jahre
weltweit zahlreiche Projekte im Weltraumtourismus. Auch für Dennis Tito, den ersten
nach der Mondlandung können sechs Menschen auf der ISS zeitweise leben. Forscher
Weltraumtourist aus dem Jahr 2001. Er plant seine erste Mars-Mission 2018. Das ist in
träumten dagegen andere Träume. In den 60ern war von bis zu 100 Menschen die
drei Jahren. Die Reise soll durch private Spenden komplett finanziert werden. Die NASA
Rede, die auf dem Mond leben sollten und Mitte der 80er sollten sich die ersten Erd-
begrüßt die Pläne. Natürlich. Alle für Amerika und gegen die anderen. Da nehmen sich
linge auf dem Weg zum Mars machen. Doch Richard Nixon („Das All interessiert mich
die europäischen Pläne SpacePlane von Airbus zunehmend bescheiden aus.
einen Dreck.“) gab den Auftrag für den Bau des Spaceshuttles, dem Milliardengrab der NASA. Damals, als der Kalte Krieg herrschte, war es ein Zweikampf mit den Russen,
Aber warum wollen alle nur auf den Mars? Neugier? Überleben? Weil der Mensch es
heute sieht es anders aus. Die Chinesen wollen in zehn Jahren zum Mond fliegen. Die
kann. Elon Musk, der schon mit dem Tesla seinen Einfallsreichtum unter Beweis stellte, will
USA ziehen mit. Die „Orion“, eine unbemannte Kapsel, wurde in knapp 6.000 Kilome-
noch in diesem Jahr konkrete Pläne für sein privates Raumschiff präsentieren, das Men-
ter gebracht. So weit weg war seit den 70er-Jahren keine bemannte Raumsonde mehr
schen zum Mars bringen soll. In elf oder zwölf Jahren. Kühne Pläne für eine Menschheit,
im Weltraum. Die ESA schickt 2016 eine Sonde zum Mars, 2019 soll Rover durch die
die momentan noch nicht einmal in der Lage ist, zum Mond zu fliegen. Höchstens zur ISS
rote Wüste rollen. Für weitere Vorhaben reichen weder Pläne noch finanzielle Mittel.
in 400 Kilometer Entfernung. „Die Menschheit hat nur eine Chance, wenn sie den Weltraum erobert“, sagt Hawking. Eher Philanthrop geht er nicht so sehr von der Zerstörung
Mit SpaceX ist in den USA ein privates Unternehmen wie Phönix aus der Asche in den
der Erde durch den Menschen aus, sondern von der Gefahr durch Asteroideneinschläge.
Weltraum aufgestiegen. Der südafrikanische Milliardär Elon Musk, der sein Unterneh-
Zugegeben, auch von (menschgemachten) Atomkriegen. Eine grundsätzliche Abkehr
men erst 2002 gründete, bringt schon jetzt Fracht zur ISS, ab 2017 die ersten Astronau-
vom Weltraumtourismus ist wohl nicht zu erwarten, heißt es in der Branche. Der Mensch
ten. Solche Privatunternehmen sparen der NASA viel Geld und Manpower, denn die
strebe in den Weltraum. Selbst zur Mission „Mars One“, bei der im Jahr 2025 Menschen
Forschungsarbeit bleibt beim jeweiligen Unternehmen hängen. Nicht immer verlaufen
zum Mars ohne Rückkehr zur Erde fliegen sollen, gab es über 200.000 Interessenten. Wie
die Arbeiten positiv. So geschehen vor einigen Wochen, als sich eine (unbemannte)
sie dort überleben wollen? Terraforming heißt das Zauberwort. Damit wir dort dauerhaft
Rakete kurz nach Start in Rauch auflöste. Hier arbeiten sie mit wiederverwertbaren Ra-
leben können, muss es deutlich wärmer werden. Dazu bedient sich der Mensch dem,
keten, die direkt zur Erde zurückfliegen und nach wenigen Tagen wieder starten kön-
was er am besten kann: Treibhausgase entwickeln. Ein künstlicher Treibhauseffekt soll die
nen. Das reduziert die Kosten für einen Flug ins All auf etwa ein Hundertstel. Der Traum
Temperatur (momentan um minus 50 Grad) um 50 bis 70 Grad steigen lassen. Mit der Zeit
von Reisen ins All, den Richard Branson träumt, wird anscheinend Wirklichkeit. Aber
würden Meere entstehen, Pflanzen würden wachsen und die Marsmenschen hätten ein
leider nicht von ihm. Seit Ende 2014 sein SpaceShipTwo bei einem Testflug abstürz-
bisschen Luft zum (Durch-)Atmen. Der Wermutstropfen: Es würde 1.000 Jahre dauern.
Tom Körber. Chefredakteur.
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VOLVO OCEAN RACE 2014/2015 WAS WAR? WAS WIRD?
THEGRACEOFRACE
VOLVO OCEAN RACE
8 TEXT // MICHAEL WALTHER
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V O LV O O C E A N R AC E
Die Sieger bei der wohlverdienten und langersehnten Siegerehrung. Allerdings: Alle Segler, die ankamen, sind Sieger. Foto // Ian Roman/ABU DHABI RACING
Es ist die wohl wichtigste Offshoreregatta der Welt. In neun Monaten über sechs Kontinente um die Erde. Viele Legenden ranken sich um diese Regatta. Bilder und Videos gehen um die Welt wie bei keinem anderen Rennen. Yachten im Surf, als wenn es Jollen wären. Gischt und Wasser an Bord, dass die Crew sich panisch am Grinder festklammert. Sonnenverbrannte Gesichter, die Fertignahrung in sich hineinlöffeln oder mit absurden Masken eine Äquatortaufe zelebrieren.
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AUSGABEN & EINE PHOTO ISSUE IM ABONNEMENT FÜR 22 EURO
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REGATTA
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KS, KURZE KURSE & KOCHENDES WASSER.
Dichter gehts kaum. Eine Handbreit Wasser – nein, nicht unterm Kiel, sondern zwischen Rumpf und Mauer. So dicht segeln die 40-Füßer unter Land. Extrem, könnte man meinen. Kein Wunder, die Dinger heißen ja auch so. Extreme 40 macht seinem Namen alle Ehre. Extreme Regattabahn. Extreme Kurse. Extremes Reagieren. Extreme Manöver.
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FOTO // JENS HOYER
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Paul Kohlhoff an der Pinne des TEAM EXTREME GERMANY. Mit nur wenig Trainingszeit ersegelte sich die Crew dennoch einige Achtungserfolge.
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DER UNBEKANNTESTE Die SAINT MICHEL II war, wenn wundert es, die zweite Yacht Jules Vernes. Im Jahr 2014 machte sich eine französische Crew auf, auf einem Originalnachbau der SAINT MICHEL II Jules Vernes Reise aus dem Jahr 1881 von Nantes über die Nordsee, durch die Eider und den Nord-Ostsee Kanal nach Kopenhagen nachzusegeln. Jules Verne, der gern reiste, vor allem mit seinem Bruder Paul, verarbeitete seine Eindrücke oft in seinen Werken. Bereits 1860 erschien das Buch „Reise mit Hindernissen“, in dem er von seiner Reise nach England und Schottland berichtet. Die folgende Reise durch Norddeutschland aus dem Jahre 1881 war bereits seine zweite touristische Unternehmung. Auch diesmal begleitete ihn sein Bruder Paul.
ALLER MENSCHEN
TEXT & BILD // TOM KÖRBER
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Anmerkungen zum Text: Übersetzung von Dr. Prose. Bis zu seiner Übersetzung ging man davon aus, dass Jules und nicht Paul Verne den Bericht schrieb. Die Logbucheintragungen tauchten erst vor einigen Jahren auf und sind in dieser Form nur in den Mitteilungen des Kieler Canal-Vereins Nr. 29/30 (Herausgeber Jürgen Rohweder) integriert. Weiterhin angemerkt sei, dass Paul und Jules Verne die damalige Reise auf der SAINT MICHEL III unternahmen. Für einen Nachbau allerdings wäre dieses Schiff zu groß und durch den Originalbau aus Eisen zu teuer geworden. Daher unternahmen die Franzosen des Vereins „La Cale 2 I’IIe“ ihre Reise auf der SAINT MICHEL II. Der vorliegende Bericht stammt von Jules Vernes zweiter Schleswig-Holstein-Rundreise. Schon 1861 fuhr er durch das Herzogtum Lauenburg, dann über Schweden, Norwegen und Dänemark und über Kiel nach Hamburg-Altona, die bereits mit einer direkten Straßen- beziehungsweise Bahnverbindung miteinander verbunden waren. 1881 dann die zweite Reise bis nach Kopenhagen.
Quellenhinweis: Mitteilungen des Canal-Vereins Nr. 29/30, Rendsburg 2013. Autor und Herausgeber des Textes „Jules Vernes Reise zum Mittelpunkt des Nordens 1881“ ist Friedemann Prose, ohne dessen Hilfe der Artikel kaum zustande gekommen wäre.
ANTIPOLIS
PANERAI VOILES D’ANTIBES Was die Griechen mit Antibes zu tun haben? Ganz einfach, sie haben es gegründet, und zwar schon um 340 vor Christus. Damit ist die kleine Hafenstadt eine der ältesten Städte an der Côte d’Azur. Als eine der wenigen französischen Mittelmeerstädte, deren Stadttor erhalten blieb.
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TEXT & BILD // TOM KÖRBER
ie stattliche Stadtmauer samt Stadttor am Port of Vauban zeugen von alter heroischer Herrschaft und glanzvollem Reichtum. Benannt nach dem Stadtplaner und Baumeister Vauban, der gleich am Hafen das Fort Carré erweiterte und ausgebaute. 1553 wurde die damals kleine Festung hinter dem Hafen gebaut, um Stadt und Hafen gleichermaßen zu verteidigen. Von da an wurde sie immer wieder ausgebaut und vergrößert. Heutzutage gehört das Fort zum alltäglichen Hafenbild. Die hohen Festungsmauern werden wie selbstverständlich von Besuchern und Einheimischen genutzt, denn der Blick von hier oben weit übers Meer ist sagenhaft. Das mag sich auch Panerai gedacht haben, als sie – schon vor vielen Jahren – be-
gannen, die Voiles d’Antibes auszurichten. Hier, hoch oben in der Festung, regt sich zumindest noch eine kühlende Brise, während unten in der Stadt die Glut glüht. Fast 40 Grad um diese Jahreszeit, Anfang Juni, hauen selbst die hartgesottensten HitzeHüter fast um. Man muss sich schon weit bis in die kleinsten und schattigsten Winkel der Altstadt zurückziehen, um der wallenden Wärme zu entkommen. Auf dem Wasser klappt das nur bedingt. Wenig Wind und schleppende Thermik machen den Crews zu schaffen. Wer keinen Schatten abbekommen hat, brennt. Die anderen schützen sich mit großen Hüten, schattenspenden Segeln und der hehren Hoffnung nach ein bisschen Wind. Der dann auch am frühen Nachmittag so langsam in die Gänge kommt. Aber bitte nicht zu schnell, laissez faire gilt auch für windige Gesellen vom Meer.
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REISE - VOILES D´ANTIBES.
Im Hintergrund die NY49: ROWDY, eine Bermuda Sloop aus dem Jahr 1918. Eine Bootslänge voraus im Vordergrund die TIGRIS, eine Côtre aurique (Cutter) aus dem Jahr 1899, gezeichent von Alfred Mylne.
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FLIEGEN&SIEGEN TEXT & BILD // TOM KÖRBER
Die knapp zehn Meter langen und rund 950 Kilogramm schweren Katamarane erreichen Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 40 Knoten (circa 70 km/h). Dank ausgereifter Konstrukteurstechnik und der Foils vermögen sie regelrecht über dem Wasser zu fliegen. Gesegelt wird in Fleetraces. Das heißt, alle Teilnehmer sind gleichzeitig auf dem Race Course. Pro Tag werden sechs bis acht Wettfahrten absolviert. So viel zur Theorie.
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FOTO // SANDER VAN DER BORCH
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Schrecksekunde auf der ALINGHI. In einer schweren Schauerböe kenterte der Cat. Aufgrund weiterer starker Böen bis Stärke sieben wurde das Rennen aus Sicherheitsgründen für den Tag beendet.
ine Szene wie in einem Marketinglehrbuch: Keine zehn
sogenannten Foils, wieder die Fahrtrichtung wechselten, um im nächsten Moment erneut die
Meter von den voll besetzten Brücken und der Kaimauer
Tonnen zu runden. Die fachkundigen Kommentatoren auf einem Brückenkopf erklärten den
an der Kiellinie entfernt setzen die Teams ihre Wenden
Ablauf präzise.“ Auf den Vorwindstrecken Richtung Ostufer der Kieler Förde hoben die Renn-
und Halsen. Das Kreischen der Schoten auf den Winsch-
maschinen auf ihren L-förmigen Flügeln immer wieder ab und erreichten atemberaubende
trommeln und das Surren der Tragflächen beim Abheben
Geschwindigkeiten. „Für wenige Hundert Meter hat es zum Foilen gereicht, das war manches
scheinen zum Greifen nah. Das fachkundige Publikum
Mal schon ausschlaggebend“, berichtete McMillan (SULTANATE OF OMAN), der mit seiner
hielt ebenso mehrfach den Atem an wie Zaungäste, alle
Leistung allerdings weniger zufrieden war. Als Gesamtführender der GC32 Racing Tour habe
spendeten ehrlichen Applaus – für jede der augenschein-
er höhere Ansprüche als im Mittelfeld zu landen. Der Steuermann vermisste vor allem seinen
lich hart kämpfenden Mannschaften, die alle Hände voll
langjährigen Weggefährten Pete Greenhalgh schmerzlich. Der Segeltrimmer und Mitdenker ist
zu tun haben, ihre „Rennziegen“ schnell, aber heil über
kurzfristig erkrankt und wird beim Event in Kiel von Paul Campell-James ersetzt, der extra aus
die Bahn zu bringen. „Das ist richtig cool“, sagte Ralf
England eingeflogen wurde. „Die enge Regattabahn war eine große Herausforderung für alle
Scherzer und traf es auf den Punkt. Der Chef der fünf-
fünf Teams“, sagte McMillan zurück an Land. Der westliche Wind schwankte zwischen Stärke
teiligen Bullitt GC32 Racing Tour war hochzufrieden mit
zwei und gut fünf Beaufort in den Böen. Hinzu kamen Winddrehungen von bis zu 30 Grad, die
der Performance seines dritten Events. Strahlender Son-
eine hohe Flexibilität und schnelle Reaktionen bei den taktischen Entscheidungen verlangten.
nenschein hatte nicht nur Kielerinnen und Kieler an die
„Oft war es eine Frage von wenigen Sekunden, ob du vorn mitfährst oder das Feld von hinten
Schokoladenseite ihrer Landeshauptstadt gelockt.
aufrollen musst“, so der Skipper.
Die Segelenthusiasten hatten an den drei Regattatagen je-
Auch am zweiten Tag sah es auf dem Wasser zunächst wieder nach einem Alleingang der ALIN-
den Grund, mehr als einmal mit der Zunge zu schnalzen.
GHI aus, die schon am ersten Regattatag überragte. Doch im weiteren Verlauf nahm die SPIN-
Am Donnerstag, dem Trainings- und Medientag, schoss
DRIFT immer besser Fahrt auf. „Wir sind wie ein Diesel, kommen nur langsam in Gang, aber
ALINGHI in die Sonne und fabrizierte einen filmreifen Sal-
laufen dann wie am Schnürchen“, sagte Skipper Yann Guichard, der mit gesamten Crew bei
to. Niemand verletzt, weiter ging es dennoch nicht. Kno-
der Tagessiegerehrung eine echte, geräucherte Kieler Sprotte stilecht verzehrte und bei den
chen zählen und Rigg checken war statt Segeln angesagt.
Zuschauern weitere Pluspunkte sammelte. Kurz zuvor hatte der smarte Franzose von einem
Allerdings war die Crew von dem Punkt an hellwach, kein
knüppelharten Zweikampf der ALINGHI mit der SULTANATE OF OMAN profitiert, in dem Mor-
Wunder bei 16 Grad Wassertemperatur. Am folgenden Tag
gan Larson sein Pendant auf dem arabischen Boot, Leigh McMillan, an der allerletzten Wende-
konnte die Crew um Morgan Larson gleich sechs Läufe ge-
marke so aggressiv „abklemmte“, dass er zwar vor dem Briten blieb, aber nur als Vorletzter die
winnen. Enge Kurse haben ihre Tücken, das ist in Kiel nicht
Ziellinie überquerte. Das war das schlechteste Rennen der ALINGHI überhaupt in Kiel.
anders als in anderen Städten. „Die Taktik war ausschlaggebend“, erklärte Larson seine Siegsträhne, „meine ganze
„Danke, Kiel!“, sagte Larson, „der Austragungsort hat uns alles gegeben, was wir für dieses
Mannschaft ist taktisch versiert und hält alle Augen offen.“
Regattaformat brauchen, von packenden Manövern bis zum frenetischen Beifall. Das war
Auch während der zahlreichen, kräftezehrenden Manöver
eine glatte Eins.“ Einen rabenschwarzen Schlusstag erwischte dagegen GC32-Klassenprä-
auf der engen Regattabahn habe immer einer den Über-
sident Flavio Marazzi aus der Schweiz, der mit seinem ARMIN STROM SAILING TEAM auf
blick, wo der nächste Böenstrich einfällt. Oft vergingen
den letzten Platz hinter das Team ENGIE von Sebastien Rogues zurückfiel und in der Tour-
zwischen zwei Wenden oder Halsen nur wenige Sekunden,
wertung von zwei auf vier abrutschte. „Kiel war großartig für die GC32-Klasse, aber ein
bis die zehn Meter langen Katamarane mit Tragflächen, den
Desaster für meine Mannschaft“, so Marazzi.
TECHNIK
Black boss der Bau der neuen hugo boss von alex thomson
Schrift // Michael Walther Refitbilder // Cleo Barnham
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Der unbearbeitete Rumpf der neuen IMOCA 60 HUGO BOSS. Vorangegangen sind unzählige Schritte. Ein Jahr Entwicklung und Design, dann der Bau der Formen und später der Aufbau der Kohlefaser-Waben-Kohlefaser-Schichten. Einige Bereiche des neuen Rumpfs hingegen bestehen lediglich aus einer 2,6 Millimeter dicken Kohlefaser-Schicht. Diese Bereiche sind dann durch kleine Querstreben verstärkt, was eine noch leichtere Alternative zu der herkömmlichen Sandwichbauweise ist.
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REISE - MENORCA MAXI.
MIT DEN ZÜGELN IN DER HAND. Auf Menorca trifft #Modernelegant auf #Raketenpeng.
Die Menorca Maxi bringt dieses Jahr zwei sehr unterschiedliche Klassen zusammen. Auf der einen Seite die Wallys, erfunden von Luca Bassani, mit E-Winschen, Hydraulik und Teakdeck. Ihnen gegenüber stehen die Max 72, bepackt mit vier Grindern, voll mechanisch und geziert mit Anti-Rutsch. Gegensätze ziehen sich an, sagt man so. Aber jetzt mal halb lang, wir sprechen hier von Superyachten und nicht vom Flirten. Fünf Max 72 mit zwölf Wallys auf einem Regattafeld? Wie jetzt? Yep, richtig gelesen. Und es geht, ganz wunderbar sogar. Nein, geradezu hervorragend. TEXT // NIKOLAS NOETZEL BILD // JESUS RENEDO/CONSELL INSULAR DE MENORCA
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CAOL ILA R, eine Maxi 72 unter britischer Flagge
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