SAILING JOURNAL 55

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M A G I S C H E H E A D S

&

M E T E R H A N D S

H Y D R O F O I L

CULT URE

PEOPLE

T RAVEL

ART

# 55 | 03/2013 | D 6,00 € | A 6,00 € | CH 10 SFR | Benelux/E/I 7,20 €


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3 AHOI

Dann blickte er sich um und sah, dass kein Land zu sehen war. Das macht keinen Unterschied, dachte er. Ich kann immer mithilfe des Lichtscheins 端ber Havanna reinkommen. Es sind noch zwei Stunden, ehe die Sonne untergeht. SchlieSSlich hat er den Haken im Maul, nicht ich. Aber was f端r ein Fisch, der so zieht.

Ernest Hemingway. Der alte Mann und das Meer. Poesie des Meeres. Editon Maritim


E D ITORIAL

Die Welt denken?

Immer noch am Nachdenken da­ rüber, warum der Mensch fürs Au­ tofahren ungeeignet ist, wie ich im

vergangenen Editorial schrieb? Die Forscher der Uni Bochum

Stattdessen werden wir abgelenkt. Ruhig gestellt mit poli­

hat das nicht sonderlich überrascht, da sie sich mit der Natur

tischen Allerweltsfloskeln, mit sozial-wirtschaftlichen Nah­

des Menschen beschäftigen. Mit Positivem als auch Nega­

erholungsgebieten à la Facebook. Ach, da fällt mir, mal wie­

tivem. Kurioserweise waren es seit Anbeginn immer nur

der, eine Studie ein: Facebook macht NICHT glücklicher.

einzelne Querdenker, freundlich ausgedrückt Menschen

Obwohl die Forscher das Gegenteil annahmen. Nutzer

mit Charakter, die uns einen Schritt weiterbrachten. Als da

mögen sich zwar besser vernetzt fühlen, glücklicher wer­

wären: Galilei oder Darwin oder Kolumbus. Nicht selten

den sie dadurch nicht. Die amerikanischen Wissenschaftler

wurden sie in ihrer jeweiligen Epoche verfolgt, vor Gericht

fanden heraus, dass das Netzwerk zwar das urmenschliche

gestellt, gebrandmarkt. Das ist wohl das Schicksal, wenn

Prinzip nach sozialer Bindung befriedigt, aber anstatt das

man sich gegen die Masse stellt, die sich auch nur dort wohl

Wohlbefinden zu steigern, tritt genau das Gegenteil ein. Le­

und sicher fühlt. Sich kommod einrichten bedeutet dann

diglich 16 Prozent finden es erstrebenswert, viele Kontakte

wohl leben. Ein gutes Leben? Nichts hinterfragen, heißt

auf FB zu haben. 60 Prozent dagegen wünschen sich einen

auch nicht nachdenken, nicht anecken, nicht schämen.

„echten Freundeskreis“ im realen Leben. Wie selbstbetrügerisch leben wir? Wollen wir

Nichts hinterfragen, nicht nachdenken, nicht anecken, nicht schämen. Stattdessen werden wir abgelenkt. Ruhig gestellt mit politischen Allerweltsfloskeln, mit sozial-wirtschaftlichen Naherholungsgebieten à la Facebook.

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überhaupt eine andere Wahrheit wahrhaben? Der Mensch – angeblich so einzigartig in der „Tierwelt“, fähig zu Gefühlen, zum kogniti­ ven Denken. Handelt aber genau gegenteilig. Schon mal auf die Idee gekommen, dass der Mensch gar nicht so einzigartig ist, wie es gern wäre? Nehmen wir die Sprache. Paralle­ len zwischen Mensch und Vogel sind bis aufs Gen zurückzuverfolgen. Forscher an der FU Berlin fanden das FoxP2-Gen, das für das Ler­ nen durch Nachahmen verantwortlich ist. Zum


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Wie frei kann ich sein, wenn mein Leben gröSStenteils fremdgesteuert verläuft? Die Fragen nach Gerechtigkeit, nach Mut und Philosophie drängen wieder nach Beispiel beherrschen Nachtigallen rund 200 verschiedene

vorn. In allen drei Beispielen spielt Glück,

Strophenfolgen – beweisen dadurch Intelligenz und Er­

Denken und Menschenwürde eine ekla­

innerungsvermögen. Verstörend menschenähnlich ist ihr

tante Rolle. Sind lügende Politiker ge­

Verhalten, bei Lärm lauter und höher zu singen. Erkennen

recht? Wird Mut belohnt oder bestraft

Sie das? Nachtigallküken lernen nur durch Nachahmung

(siehe Edward Snowden oder Bradley

den Gesang ihrer Eltern. Erkennen Sie das? Die bevorste­

Manning)? Ab wann sind die USA und

henden Ergebnisse könnten die Sprache als ultimativen

England keine Rechtsstaaten mehr?

Beleg für die Einzigartigkeit des Menschen infrage stellen. Lieber nicht erkennen?

Leben Philosophen hinter dem Mond, wie Adorno einst kundtat und sogleich

Wie frei kann ich aber sein, wenn mein Leben größten­

missverstanden wurde? Was für Aus­

teils fremdgesteuert verläuft? In einer Gesellschaft, die

wirkungen haben allein diese drei Fra­

vor sich hinschnurrt wie ein gut geölter Motor, die kaum

gen auf die uniformierte Gesellschaft?

noch ein selbstbestimmtes Leben, ein Ausbrechen

Noch mehr Ja-Sager? Stillhalten. Klappe

aus der Norm, ein einfaches NEIN toleriert. Wandel in

halten. Händchen halten. Können wir

Sicht? Könnte sein. Die indiskrete Idee eines möglichst

unsere Welt denken? Nein sagen, quer

freien und damit guten Lebens säuselt uns verführerisch

denken, weiterentwickeln. Ist das viel­

ins Ohr. Immer mehr Menschen suchen nach dem, was

leicht „das gute Leben“? Wie am Anfang

sie nicht kaufen können. Sind sie frei, wenn sie neue Sta­

ende ich mit einer Frage.

tussymbole gefunden haben? Benötigt nicht jedes imma­ terielle Symbol wieder ein Produkt, in dem es sich wieder­

Schlusszitat: „Wir kaufen Statussym­

findet? Ab einem bestimmten Punkt stellt sich alles von

bole mit Geld, das wir nicht haben, um

allein infrage. Vielleicht ist die Bestimmung eben dieses

Menschen zu beeindrucken, die wir

Punktes die größte Herausforderung. Einer weiteren

nicht leiden können.“ Ein sinnvolles,

Umfrage zufolge sind neun der Top-Ten-Begehrlichkei­

freies Leben sähe anders aus.

ten nicht zu kaufen.


one for the road

Carlo Borlenghi. Porto Cervo Maxi Yacht Rolex Cup

„ 6

Often during the races there are some days without wind, as you can see in the picture, so I’m looking for some graphic composition. The close up on the sails give the idea that I am shooting a Maxi Race, with all the big sails. I took the shot out of a helicopter.


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inhalt

stammtisch Tom Körber

Wenn er nicht segelt, denkt er übers Segeln nach. Und wenn er nicht übers Segeln nachdenkt, redet er darüber. Mehr Segeln geht kaum. Der fertige Jurist liebt Mehrrümpfer. Egal ob auf einem F18 bei der Archipelago Raid, auf einem Extreme 40 mit Roland Gäbler oder, oder, oder …

Jan Weisner

Felix Kling | Büro Bodensee/Bayern

Bei seiner Leidenschaft für anspruchsvolles und schönes Layout kam 2007 das Sailing Journal gerade zum richtigen Zeitpunkt. Er ist seither für die grafische Umsetzung und Druckvorstufe zuständig. Mit seiner Firma Outline-Graphix gestaltet er noch weitere erstklassige Wassersport-Magazine.

Er segelt, egal ob auf historischen Yachten wie auf der BAYERN II oder modernen Boo­ ten wie Starboot. Er fotografiert, er gibt mit Sailing Media Wettkampfregelwerke heraus und seit Neuestem ist er unser Mann am Bodensee und in Bayern. Die Adresse finden Sie hinten im Impressum.

18 technik. hydrofoil 34 worte. jochen schümann 38 fotografie. richard walch 50 Charakter. heads & hands 62 classic. 6mr – magische meter 80 vintage. des seemanns alte kleider 86 reise. noonshade & siesta - türkei

03 Ahoi 04 Editorial 06 One for the Road 08 Inhalt 10 Shorttracks 17 Lesen 42 zeiger 44 Kolumne Recht

45 Kolumne Umwelt 46 Kolumne training 47 Regeln 48 Style 84 Test 85 Wissen to go 96 ausblick 97 Abo

covershot // Richard Walch

storys

autoren dieser ausgabe

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Hans Mühlbauer

Claus Langenhan

Als Absolvent der Deutschen Fachjournalisten­ schule DFJS, als Journalist, Autor, Filmemacher und Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband erkundet er spannende internationale Reviere, publiziert sein inzwischen zehntes Buch, schreibt Fachartikel für Magazine und Zeitschriften und produziert Videos auf DVD und für das Fernsehen.

Claus Langenhan segelt seit 15 Jahren 6mRYachten. Mittlerweile gehört ihm die ELISABETH IV, ein Bjarne-Aas-Design, eines der finnischen Lotterieboote. Damit nicht genug, gleichzeitig ist Claus Vorsitzender der deutschen 6mRKlassenvereinigung.

illustration // Pierre Hervé

Michael Walther

Er sieht die Welt nur noch in Bildausschnitten und Perspektiven. Das kann mitunter sehr be­ lastend sein – für die Augen und das Gehirn. Ob analog oder digital ist dabei völlig egal. Über Tellerränder und in Magazine zu schauen, ist seine zweite große Leidenschaft. Das Sailing Journal basiert auf seiner Idee.



foto // Kurt Arrigo

shorttrack

Rolex Fastnet Race

336

Yachten aus 20 verschiedenen Nationen nahmen am Klassiker um

seinen französischen Coskipper Sébastien Audigane eine Premiere: Zum ersten Mal

den Felsen vor der irischen Küste teil, darunter auch viele deut­

segelten sie als Zweihand-Team auf der IMOCA 60. Als beste deutsche Yacht landete

sche Boote wie BANK VON BREMEN, MARE (mit Jörg Riechers)

die Swan 441 R von Susann Wrede auf Rang 31. Ihrer Favoritenrolle wurde indes die

oder SGM mit der German Offshore Crew um Robert Stanjek und Frithjof Kleen.

ESIMIT gerecht. Sie erreichte als schnellste Yacht nach 60 Stunden und knapp 30 Mi­

Die unter russischer Flagge auf einer gecharterten Swan 60 segelnde Crew hat

nuten das Ziel. Der 100-Füßer kam vor der ICAP LEOPARD und ABU DHABI ins Ziel.

beim 45. Langstreckenklassiker einen eindrucksvollen Erfolg errungen. Die junge Mannschaft, verstärkt durch eine Handvoll erfahrener Profis, konnte sich im Duell

Den Vogel aber schoss eine Zweihand-Crew ab: Nach berechneter Zeit gewann

mit der russischen Weltmeisterin BRONENOSEC durchsetzen und überquerte mit

das Vater-Sohn-Duo Pascal und Alexis Loison das berühmt-berüchtigte Rennen.

einem mehr als dreiminütigem Vorsprung die Ziellinie.

Sie brauchten auf ihrer zehn Meter Langen Yacht NIGHT & DAY vom Typ JPK 10 drei Tage und 18,5 Stunden. Kleinere Yachten profitierten von den starken Winden,

Auch Jörg Riechers aus Hamburg erreichte auf seiner neuen IMOCA 60 MARE ei­

selbst die großen Rennziegen wie ICAP LEOPARD oder ESIMIT kamen nur auf einen

nen hervorragenden sechsten Platz. Die Platzierung ist umso höher zu bewerten,

275. beziehungsweise 271. berechneten Platz. Eins fehlt den beiden Siegern aber

als in dieser Klasse die internationale (um nicht zu sagen französische) Weltelite um

zu ihrem Glück: „Wir haben den Rock mal wieder nicht gesehen. Immer wenn wir

Vendée-Globe-Sieger Francois Gabart am Start war. Zudem war es für Riechers und

ihn passieren, ist es nebelig. Wir sind gar nicht sicher, ob es ihn überhaupt gibt.“

10



foto // guido cantini/panerai

shorttrack

Panerai Classic Week/Cowes

N

ach einer aufregenden Woche mit herrlichem Wet­

rin der Regatta. Sie zeigte über die gesamte Woche hinweg

ter, spannenden Rennen zu Wasser, erstklassiger

außergewöhnliche Schnelligkeit und Leistung. CLARIONET,

Gastlichkeit an Land und viel Spaß und Gemeinsinn

eine Kultyacht aus dem Jahr 1966, setzte ihre Siegesserie mit

ging die Panerai British Classic Week 2013 zu Ende. In die­

einem Triumph in der Klasse 3 fort. Die CERESTE (Baujahr

sem Jahr gingen die British Classic Yacht Club Racing Trophy

1938), eine der ältesten Yachten in diesem Jahr, entschied

und eine Panerai-Uhr an SASKIA, eine wunderschöne klas­

die Klasse 4 für sich. Die „Je Ne Sais Quoi”-Preise, die dem

sische 8mR-Yacht, 1931 auf der berühmten „William Fife”-

Boot mit dem „gewissen Etwas” in jeder Klasse verliehen

Werft gebaut. Der Gesamtsieg in der Klasse 1 ging an die

werden, gingen an die CERESTE, die GLÜCKAUF in der

METEOR, einen einzigartigen modernen Klassiker aus dem

Klasse 3, die STIREN in der Klasse 2, FLIGHT OF UFFORD

Jahr 2006. Die Klasse 2 gewann SASKIA, die Gesamtsiege­

in der Klasse 1 sowie die ZOOM in der Cruising Division.

12


Expect the Unexpected

1975 in Frankreich gegründet, avancierte tbs innerhalb von zehn Jahren zum erfolgreichsten Bootsschuhhersteller Europas. In enger Zusammenarbeit mit den bekanntesten Skippern haben wir innovative Produkte entwickelt, die in puncto Sicherheit, Funktion, Design und Komfort Maßstäbe gesetzt haben. Wir danken: Eric Tabarly, Pierre Follefant, Isabelle Autissier, Florence Arthaud, Ellen Mc Arthur, Vincent Riou, Armel Le Cleach und besonders Michel Desjoyeaux. Erhältlich im gut sortierten Fachhandel. www.tbs-deutschland.de


fotos // segel-bilder.de

shorttrack

Hobie-Weltmeisterschaft

I

nsgesamt 84 Hobies kamen nach Travemünde, um sich

meisterschaft mit einem fünften Platz und einem nicht

dem starken internationalen Feld aus neun Nationen

beendeten Rennen unterbrochen wurde, konnte das jun­

zu stellen. Obwohl man im Norden Deutschlands mit

ge Team – seine Vorschoterin Lea Selin Zisler ist erst zwölf

Wind und Wellen gerechnet hatte, wurden alle Teilnehmer

Jahre alt – von niemandem mehr aufgehalten werden.

von Hitze und schwachen Winden begrüßt. Startverschie­

Zehn der 17 Rennen beendeten die beiden Newcomer der

bungen am Morgen waren schon fast einzuplanen, bis am

Hobie-Szene auf Platz eins und sicherten sich verdient die

Ende der Woche sogar ein Segeltag wegen zu starker Win­

Goldmedaille und den Weltmeistertitel. Silber geht an Bran­

de ausfallen musste. Dennoch konnten in allen Hobie-Klas­

don Wijtenburg/Todd Fisher aus Südafrika und Bronze an

sen stolze 64 Regatten gestartet und auch beendet werden.

Lukas Vermeulen/Alexander van Grotenhuis aus Belgien.

Der erst 14 Jahre junge Hobie-Dragoon-Segler Tom Hein­

Spannend ging es auch bei den Hobie 14 zu. „Ich war

rich aus dem benachbarten Scharbeutz grinste über das

schon vor zehn Jahren zur Hobie-14-WM und vor drei

ganze Gesicht und war voller Freude. Auch wenn seine

Jahren zur EM in Travemünde. Als ich hörte, dass die WM

beeindruckende Serie von ersten Plätzen Mitte der Welt­

wieder hier stattfinden würde, wollte ich unbedingt dabei

14


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sein“, sagte der neue Hobie-14-Weltmeister Arnaud Thie­

Neue Weltmeister bei den Hobie Tiger wur­

me aus Frankreich. Der zweitplatzierten Oliver Stoltenberg

den Robbie Lovig/Andy Dins­­­­­dale – ohne

aus Deutschland freute sich über Silber.

Training und mit geliehenem Boot. So kann man kurz das Meisterstück der beiden Seg­

Der letzte Renntag der ersten Weltmeisterschaften in der

ler zusam­menfassen. Der Australier und

Klasse Hobie Wild Cat versprach große Spannung. Sollte sich

der Deutsch-­Franzose kennen sich schon

das Wetter doch ganz anders zeigen, als in allen Tagen zuvor.

lange und sind viel auch gegeneinander im

Keine Startverschiebung wegen Flaute, sondern die Absa­

Hobie 16 gesegelt. Gemeinsam saßen sie

ge der Wettfahrten wegen zu starker Winde. Emeric Dary

allerdings noch nie auf einem Boot.

und Maxime Blondeau aus Frankreich hatten den Bug vorn. Knapp gefolgt von den Brüdern Daniel und Nicolaj Bjørnholt

„Sailing Journal“-Mitherausgeber Michael

aus Dänemark. Die Bronzemedaille ging nach Deutschland:

Walther segelte mit seinem Steuermann

Daniel Paysen mit Nico Heinrich, dessen Sohn Tom gestern

Hauke Bockelmann im Hobie Tiger auf

schon Weltmeister im Hobie Dragoon geworden war.

den vierten Platz!


shorttrack

Bilder vom Segeln

D

as Zentrum Klassischer Yachtsport in Kiel präsentiert „Bilder vom Segeln“.

Schiffsausrüsters Tiessen, dem berühmten Tante-Emma-Laden für Seeleute wenige

Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums des Deutschen Segler-Verbands

Schritte von der Holtenauer Schleuse entfernt. Hier gab es von 1927 bis 2005 fast alles,

werden die Besucher auf einen Törn durch die Geschichte der maritimen

was Fahrensleute so brauchen – und zwar zollfrei. Das Zentrum Klassischer Yachtsport öff­

Malerei von 1882 bis heute entführt. Zu sehen sind wertvolle Seestücke aus den

nete im vergangenen Jahr mit einer Ausstellung über die kaiserliche Segelyacht IDUNA,

Beständen des Kieler Schifffahrtsmuseums und verschiedener Privatsammlungen,

eine Bibliothek und eine Zubehörsammlung klassischer Yachten werden aufgebaut. Hin­

unter anderem Gemälde von Willy Stöwer (1864-1931), Hans Bohrdt (1857-1945)

zu kommt ein Angebot an Foto- und Filmabenden sowie Lesungen maritimer Literatur.

und Robert Schmidt-Hamburg (1885-1963). Daneben zeigt die Ausstellung auch historische Fotografien aus der Sportsegelei von einigen der bekanntesten Licht­

Treibende Kraft ist der Freundeskreis Klassische Yachten. Er wurde 1994 in Kiel von

bildner; darunter Arbeiten der Fotografendynastie Renard ebenso wie Motive von

wenigen Enthusiasten gegründet. Getragen von einer anhaltenden Woge der Be­

Peter Cornelius (1913-1970).

geisterung für traditionelle Jollen und Yachten wurde er zu einer über 2.000 Mit­ glieder starken Interessenvertretung. Der FKY schuf ein Register mit über 3.000

Zeitgenosse von Cornelius war Arndt Georg Nissen, den meisten Seglern besser be­

klassischen Booten, machte historische Dokumente digital aufbereitet per Maus­

kannt als „Age” Nissen (1907-1979), auf seine Art ebenfalls ein Spezialist in der Dar­

klick zugänglich, sammelt Fotos, Zeichnungen, Nachlässe und Filme und hält so das

stellung von Segelmotiven. Nissen komplettiert zusammen mit Jochen Sachse diese

Thema Yachtsportgeschichte lebendig. Hinzu kommen zahlreiche Klassikertreffen

umfangreiche Ausstellung maritimer Kunst. Derweil vertreten Hinnerk Bodendieck,

und Regatten im deutschsprachigen Raum.

Uwe Lütgens, Nico Krauss und Ulf Sommerwerck die aktuelle Szene. Zentrum Klassischer Yachtsport, Kanalstraße 62, 24159 Kiel, 0431 76277,

Über die Ausstellung hinaus gibt es allerhand zu erinnern, zu sehen und zu staunen im

www.zentrum-klassischer-yachtsport.de

Zentrum Klassischer Yachtsport. Es befindet sich in den früheren Räumlichkeiten des

Geöffnet Mittwoch, Donnerstag, Freitag 14:00 bis 17:00 Uhr und nach Vereinbarung.

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17 lesen

Mein Ibiza

von Jens Rosteck

Sein „Eivissa“, sein Ibiza, das bereits Dutzende von Invasionen verkraften musste, hat nur wenig mit dem Party-Eiland der schicken Schönen und coolen Hipster gemein. Rosteck begreift das Bale­ aren-Idyll als kosmopolitische Stätte der Fantasie, als Sehnsuchtsort und Schimäre. Er zeigt uns ein Paradies für Aussteiger, Bilderfälscher und Modepioniere. Und stößt die Tür auf zu Parallelwelten der Diskothekenkultur und des Massentourismus: zu einer Off-Kultur, in der Anarchie regiert, zum Emigrationsort von Avantgardisten und zum kreativen Zentrum einer deutschen Künstlerkolonie. ISBN 978-3- 86648-175-6, Preis 18 Euro, mareverlag

Der grüne Blitz

von Jules Verne

Als Helena 18 wird, beschließen ihre beiden Ziehonkel, sie mit dem hochseriösen Gelehrten Aristobulus Ursiclos zu verheiraten. Doch sie fordert Bedenkzeit: Sie hat vom „grünen Blitz“ erfahren, einem seltenen Naturphänomen, das nur an besonders klaren Tagen bei Son­ nenuntergang am Meer beobachtet werden kann. Mit ihren Onkeln und deren Wunsch­ kandidat im Schlepptau begibt sich Helena auf eine Reise entlang Schottlands Westküste. Vernes einziger Liebesroman. ISBN: 978-3-866648-180-0, Preis 26 Euro, mareverlag

Leviathan oder Der Wal

von philip hoare

Seit der Roman von Herman Melville 1851 veröffentlicht wurde, hat man Wale mit anderen Augen gesehen. Aus einem bereits legendären, mythischen Tier schuf Melville einen modernen Mythos. Philip Hoare, seit jeher fasziniert von Walen, versucht in Leviathan, seiner Besessenheit auf den Grund zu gehen. Warum haben Wale eine so starke Anziehungskraft auf den Menschen? Ist der Wal ein Symbol paradiesischer Unschuld in Zeiten der Artenbedrohung und des Klimawandels? Oder eher ein uraltes Sinnbild für das Böse schlechthin, ein bizarrer Fisch, der Jona verschluckt hat? ISBN: 978-3-86648-154-1, Preis 26 Euro, mareverlag


technik

18


foto // Hydroptere/Christophe Launay

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Hydrofoil Ein sich selbst stabilisierendes System

Kleine Flügel an den Schwertern und Ruderblättern führen zu einem offensichtlich relativ stabilen Schwebeflug von Yachten, knapp über der Wasseroberfläche. Wie aber funktioniert das Segeln mit den Hydrofoils überhaupt? schrift // michael walther


technik

D

er America’s Cup ist im Gerede. Die hochge­ lobte Regattaveranstaltung, Formel 1 im Se­ gelsport, leidet unter geringer Teilnehmerzahl und unter nicht eingehaltenen Versprechen des Veranstalters hinsichtlich Organisation,

Medienaufmerksamkeit und der Schaffung eines spannen­ den Segelwettkampfes. Ein Aspekt trifft allerdings auf den aktuellen Cup genauso zu wie auf alle seine Vorgänger: Er beschleunigt die Weiterentwicklung neuer Technologien im

Der America‘s Cup war immer eine Veranstaltung an der Grenze des technisch Machbaren.

Segelsport. Der AC war immer eine Veranstaltung an der Grenze des technisch Machbaren. In der aktuellen Auflage wurde neben dem Austausch der Segel gegen einen Wing (Sailing Journal 02/2013) scheinbar auch das Element Was­ ser gegen Luft getauscht. So sieht es zumindest im ersten

Diese Instabilität lässt sich bei einem Multihull recht ein­

Moment aus, wenn man als Zuschauer die monströsen,

fach umgehen. Hebt sich ein Katamaran mit einem Flügel

knapp 22 Meter langen AC72-Katamarane „fliegen“ sieht.

an beiden Schwertern und den beiden Ruderblättern aus dem Wasser, so bewegt er sich auf vier Punkten und somit

Bereits seit dem Jahr 2000 arbeiten die Segler der inter­

in Längs- und Querrichtung relativ stabil. Dass auch lediglich

nationalen Moth-Klasse daran, ihre Boote in den sicheren

ein Ruderblatt für die Stabilität ausreicht, zeigt der Trimaran

Schwebeflug zu bringen. Die Technik bei Monohulls un­

HYDROPTÈRE. Problematisch ist für alle Konstrukteure die

terscheidet sich von der bei Multihulls jedoch deutlich. So

Flugstabilität der Yacht. Diese muss sich entweder vom Seg­

wird bei den Moth-Yachten am unteren Ende des Schwer­

ler herstellen lassen oder sich selbst konstruktiv regulieren.

tes einfach ein beweglicher „T“-Flügel montiert. Dieser

Ist dies nicht der Fall und die Flughöhe ändert sich ständig

reguliert mithilfe einer Stellmechanik, die vom Bug des

unkontrolliert, taucht die Yacht zurück ins Wasser. Meist wird

Bootes zum T-Flügel reicht, die Flughöhe des Bootes. Fliegt

dies, da der Bug als Erstes die Wasseroberfläche erreicht, zu

das Boot höher, stellt die Mechanik den beweglichen Flü­

einem Unterschneiden und einem Überschlag führen – Kata­

gel flacher, sinkt es auf die Wasseroberfläche, stellt sich der

maransegler kennen dies als „Stecker“. Wie aber entsteht bei

Flügel steiler. Nachvollziehbar ist, dass ein steiler eingestell­

einem starren Flügel ohne bewegliche Elemente überhaupt

ter Flügel mehr Auftrieb erzeugt – natürlich auf Kosten des

der Auftrieb, der das Boot aus dem Wasser heben soll?

Wasserwiderstandes. Die in Querrichtung sehr instabile Lage des Bootes, das im Idealzustand nur mit dem kleinen

Ein Schwert erzeugt wie jeder Flügel grundsätzlich senk­

Teil des Schwertes und einem kleinen Teil des Ruderblattes

recht zur Spannweite und zur Anströmung den sogenann­

das Wasser berührt, muss durch den Segeldruck und die

ten „Lift“ (siehe Abbildung 1, Seite 31). Bei einem normalen,

Gewichtsverlagerung des Seglers ausgeglichen werden.

vertikal im Wasser geführten Schwert wirkt dieser Lift gegen die seitliche Abdrift des Bootes. Wird das Schwert nun nicht vertikal durchs Wasser geführt, sondern mehr oder weni­ ger in Querrichtung gekippt, erzeugt es auch Auftrieb. Die Strömungswissenschaftler um Dr. K. Graf, Leiter der Yacht Research Unit Kiel, zerlegen den Lift daher in eine hori­ zontal und eine vertikale Komponente (siehe Abbildung 2, Seite 31). Ein schräg durchs Wasser geführtes Schwert er­ zeugt einmal die vertikale Kraft und einmal die horizontale. tikale hebt das Boot teilweise oder ganz aus dem Wasser.

20

foto // Jens Hoyer

Die horizontale Kraft wirkt der Abdrift entgegen, die ver­


21

Team LUNA ROSSA beim Training vor San Francisco. T-FĂźgel am Ruderblatt und das L-fĂśrmige Schwert unter dem LuvRumpf lasse sich deutlich erkennen.


technik

22


23 Klassischer T-Flügel beim Air Chair. Durch Gewichtsverlagerung des Piloten lässt sich das gesamte Board und damit auch der Flügel anstellen.

Die Hydrofoils tragen in der „Flugphase“ das gesamte Bootsgewicht inklusive der dynamischen Lasten. Ein Techniker überprüft vor dem Start von HYDROPTÈRE daher alle Hydrofoil-Rumpf-Verbindungen.

Hier ist nun deutlich zu unterscheiden zwischen Yachten,

Vor anderen Herausforderungen stehen die Konstrukteure

die ohne Reglement einfach als eine Art Machbarkeits­

und Segler der A-Cat-Klasse. Fest montierte Schwerter wie

studie angesehen werden können, und denen, die sich in

bei der HYDROPTÈRE sind aus Gründen der Praktikabili­

den Grenzen eines Reglements bewegen. Schräg gestellte

tät keine Lösung. Aufholbare, schräg gestellte Schwerter

Schwerter, die beim Aufholen über die Außenkante des

sind, dadurch dass sie im aufgeholten Zustand über die

Bootes ragen, sind häufig nicht klassenlegal.

Rumpfbreite hinausgehen, nicht klassenlegal. Die in die­

foto // Great Lakes Photography

ser Klasse bisher bevorzugte Lösung sind „C“-Schwerter. Um solche Dinge brauchen sich Konstrukteure des Tri­

Diese Form hat den großen Vorteil, dass die Schwerter

marans HYDROPTÈRE nicht kümmern. Ihre Yacht konn­

sich aufgrund des gleichbleibenden Radius durch einen

te ohne Rücksichtnahme auf irgendein Reglement das

gebogenen Schwertkasten normal aufholen lassen, ohne

„Fliegen“ lernen. Mit einem Topspeed von 61 Knoten ist

dabei über die Abmessungen des Bootes hinauszuragen.

HYDRO­PTÈRE eine der schnellsten Segelyachten der

Bei einem C-förmigen Schwert schafft der obere, eher ver­

Welt. Das System der Hydrofoils ist bei dieser Yacht relativ

tikale Bereich stärkere Kräfte gegen die Abdrift, je weiter

einfach: Zwei nach innen angewinkelte Schwerter schaf­

man zum Ende des Profils kommt, desto stärker wird der

fen Auftrieb und heben damit den Trimaran aus dem Was­

vertikale Anteil des Auftriebs (siehe Abbildung 3, Seite 31).

ser (siehe Foto Seite 20/21). Je nach Flughöhe nimmt die

Steigt der Rumpf nun aus dem Wasser, nimmt die Kraft, die

Fläche der Schwerter unter Wasser ab, und damit auch der

der Abdrift entgegenwirkt, zwar ab, der Lift bleibt jedoch

Auftrieb oder auch Lift. Die Yacht erreicht also irgendwann

zunächst fast stabil. Dies funktioniert so lange, bis die Strö­

den ausgeglichenen Punkt zwischen Gewicht und Auftrieb.

mung am C-Schwert plötzlich abreißt, weil zu große Teile

Das System stabilisiert sich demnach ohne bewegliche

des Schwertes aus dem Wasser ragen. Der Auftrieb ent­

Teile selbst. Dies funktioniert aber nur, weil der Trimaran

fällt damit abrupt und der Katamaran fällt zurück ins Was­

jederzeit beide Schwerter im Wasser nutzen kann. Abge­

ser. Häufig ist das bereits angesprochene Unterschneiden

sehen davon hat das System einen Nachteil: Hebt sich die

und damit eine Kenterung die Folge. Um dies zu umgehen,

Yacht aus dem Wasser, nähern sich die beiden Bereiche, mit

muss der Segler die Schwerter bei höheren Geschwindig­

denen sich das Boot im Wasser quasi abstützt, immer wei­

keiten teilweise aufholen. Die C-Schwerter müssen also so

ter an. Der Trimaran verringert damit seine Kippstabilität.

gefahren werden, dass der vertikale Auftrieb nicht zu stark wird. Sie eignen sich damit eher dazu, den Lee-Rumpf mit

Schräg gestellte Schwerter, die beim Aufholen über die AuSSenkante des Bootes ragen, sind häufig nicht klassenlegal.

etwas Auftrieb zu entlasten, die Eintauchtiefe zu verringern und damit den Wasserwiderstand des Bootes zu dezimie­ ren. Dies wird aktuell bei den Nacra 17, Seacart 26 und vie­ len aktuellen A-Cats genutzt. Bei Letztgenannten geht die Entwicklung jedoch schnell weiter, sodass an den ersten, vollständig fliegenden A-Cats bereits gebaut wird.


technik

Das klassische T-Foil wurde beim Kitesurfer nach hinten verl채ngert, um auch in L채ngsrichtung Stabilit채t zu schaffen.

24


foto // Lift Foils/Emiliano Gatica

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technik

26


foto // Great Lakes Photography

foto // Hydroptere/Christophe Launay

27


foto // tom körber

Das T-Foil am Ruderblatt von HYDROPTÈRE. Dem Trimaran reichen drei Punkte im Wasser für eine stabile „Fluglage“. Bei den Moth hilft eine Stellmechanik, um die Flughöhe zu regulieren. Ein Fühler am Bug schleift dazu immer über die Wasseroberfläche.

28


29 technik

Der Unterschied zwischen einem C- und einem L-Schwert erscheint zunächst gering. Die Selbstregulation des L-Profils ist jedoch der entscheidende Unterschied. Mit anderen Problemen müssen sich die Segler der AC72

die Selbstregulation des L-Profils ist jedoch der entschei­

herumschlagen. Bewegliche Teile an den Schwertern

dende Unterschied. Den Umstand, dass das Luvschwert

sind verboten, außerdem muss, bis auf einen kurzen Zeit­

aufgeholt bleiben muss und der Katamaran sich somit nur

raum beim Wenden und Halsen, das Luvschwert aus dem

auf dem Foil des Lee-Rumpfes abstützen kann, müssen die

Wasser gezogen werden. Eine stabile Flugphase auf vier

Segler der AC72 ähnlich wie auf einer Moth durch den

Punkten, mit beiden Schwertern und den Ruderblättern,

Segeldruck regulieren. Des Weiteren können die Teams

ist also unmöglich. Die Lösung, zu der die Konstrukteu­

der AC72 das obere Lager des Schwertes in Längsschiffs­

re der AC72 gekommen sind, ist der des Trimarans HY­

richtung verstellen, was ihnen weitere Möglichkeiten zum

DROPTÈRE ziemlich ähnlich. Insbesondere EMIRATES

Trimmen dieses wichtigen Elementes gibt. Die Segler kön­

TEAM NEW ZEALAND begann recht früh damit, spitz­

nen das Leesschwert also seitlich neigen, vorlich oder

winklige „L“-Schwerter zu konstruieren. Der Vorteil dieser

achterlich kippen und teilweise aufholen – was ihnen zahl­

L-Schwerter liegt darin, dass sich auch hier die Flughöhe

reiche Möglichkeiten gibt, den vertikalen wie den horizon­

selbständig reguliert. Mit einem Steigen des Katamarans

talen Auftrieb zu kontrollieren. Natürlich haben die Kon­

verringert sich der Teil des Schwertes, der gegen die

strukteure auch mit einer Vielzahl von anderen Formen als dem L- und dem C-Schwert experimentiert. Das hier be­

WIND WIND

WIND

schriebene L-Schwert hat sich

WIND WIND

WIND

für die AC72 bisher jedoch als Rumpf

Rumpf

Rumpf

Rumpf

das Optimum erwiesen. Die

Rumpf

Rumpf

Wasseroberfläche Wasseroberfläche

Wasseroberfläche Wasseroberfläche

Wasseroberfläche

Wasseroberfläche

aktuell im America’s Cup ein­ gesetzten L-Schwerter unter­

1

2

Schwert

3

Schwert

Schwert

Die spitzwinkligen L-Schwerter der AC72 sind der Konstruktion von HYDROPTÈRE sehr ähnlich. Die Flughöhe reguliert sich von allein und schafft so Stabilität. Das System ist den V-Profilen von motorisierten Tragflächenbooten nachempfunden. Rumpf

LEEWAY

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Abdrift wirkt. Die der Abdrift entgegenwirken­ HIGH PRESSURE

HIGH PRESSURE

HIGH PRESSURE

LOW PRESSURE

LOW PRESSURE

HIGH PRESSURE

LOW PRESSURE

Schwert

LOW PRESSURE

LOW PRESSURE

HIGH PRESSURE

HIGH PRESSURE

angewinkelten Bereich umspült, ist nun teilweise

Schwert

LOW PRESSURE HIGH PRESSURE Schwert HIGH PRESSURE

LOW PRESSURE

Schwert

Schwert

stärkt seitwärts zu driften. Das Wasser, das den

Schwert

LEEWAY

Wasseroberfläche

Schwert

HIGH PRESSURE Schwert

HIGH PRESSURE

Rumpf

HIGH PRESSURE

de Kraft lässt also nach. Die Yacht beginnt, ver­

LOW PRESSURE LOW PRESSURE

Wasseroberfläche

LOW PRESSURE

Rumpf

LEEWAY LEEWAY

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Rumpf

Rumpf

Rumpf

Rumpf

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Wasseroberfläche

sseroberfläche

Schwert

Rumpf

Rumpf

LEEWAY

Schwert

Rumpf

Rumpf

Rumpf

scheiden sich im Wesentlichen Schwert

4

LOW PRESSURE

HIGH PRESSURE

Schwert

Schwert

Schwert Schwert

durch die eigene Abdrift verwirbelt, was die Effi­ zienz dieser Fläche, also den Auftrieb, verringert.

im Winkel zwischen dem vertikalen und horizontalen Teil

Spätestens dann,wenn die oberste Spitze des angewinkel­

und dem Übergang zwischen diesen beiden. Hier müssen

ten Teils aus dem Wasser kommt, verringert sich der Auf­

allerdings auch die Grenzen der Materialien berücksich­

trieb, das System arbeitet dann wie die beiden einzelnen

tigt werden. So lassen sich mit Kohlefasergelegen gerade

Schwerter der HYDROPTÈRE. Der Unterschied zwischen

kleine Krümmungsradien nur schwer realisieren, obwohl

einem C- und einem L-Schwert erscheint zunächst gering,

diese am strömungsgünstigsten wären.


foto // Jens Hoyer

technik

Fazit: Der aktuelle America’s Cup mag für einige Se­

zugute. Dass dies nicht für alle Entwicklungsbereiche gilt,

gelenthusiasten eine Enttäuschung sein. Jochen Schü­

ist jedoch auch offensichtlich. Wenn Segel durch feste Flü­

mann spricht in unserem Interview sogar von einem

gel ersetzt werden, hat dies für den normalen Segler sicher

wahren „Desaster“. Dennoch werden technische Entwick­

keine unmittelbare Relevanz. Ein fester Flügel lässt sich für

lungen im Segelsport, die ansonsten nur durch einzelne

„Otto Normalsegler“ ebenso schlecht nutzen wie eine ver­

Projekte langsam vorangebracht werden, durch diese

stellbare Bremskraftverteilung eines Formel-1-Fahrzeugs

Veranstaltung beschleunigt. Dies ist vergleichbar mit der

für den normalen Autofahrer. Das Segeln mit Hydrofoils

Formel 1. Nimmt sich die Rennserie einer bestimmten Ent­

ist jedoch bereits ein wichtiges Thema für die Moth- und

wicklung an, weil diese für das Gewinnen der Rennen un­

A-Cat-Klasse. Die Entwicklung wurde nun sicher beschleu­

verzichtbar erscheint, treibt sie damit die Entwicklung weiter.

nigt und wird damit in den kommenden Jahren auch bei

Dies kommt dann dem normalen Automobilbau ebenfalls

uns auf den Revieren vor der Haustür ein Thema werden.

30


foto // Sylvain Cazenave

31

Laird Hamilton auf Hawaii: Foil Surfing wird dort schon seit Mitte der 1990er betrieben. Laird war einer der ersten Surfer, die den Schritt vom Tow-in-Surfen zum Foil Surfing machten.


foto // Hydroptere/Christophe Launay

technik

Baldwin 1919 eine Weiterentwicklung, die HD-4. Das Boot

verschiedenen Wasserfahrzeugen genutzt. Das weltweite erste

hielt den Geschwindigkeitsrekord für hydrofoilbetriebene

Hydrofoilboot wurde im Jahr 1906 vom Italiener Enrico Forla-

Wasserfahrzeuge bis in die 1960er-Jahre. In dieser Zeit expe-

ni designt und gebaut. Das Design war dem einer klassischen

rimentierten sowohl die US-Navy als auch der Flugzeugkonst-

Stufenleiter angelehnt, das mit mehreren Verstrebungen/Stüt-

rukteur Boeing mit ersten Jet-Foil-Antrieben. So kamen die ers-

zen stabilisiert wurde. Quasi mehrere Leitern nebeneinander

ten militärischen Schnellboote und zivilen Fähren zum Einsatz.

im Wasser, die durch zusätzliche Querverbindungen gestützt

Anfang der 1960er-Jahre entwickelte Walter Woodward, ein

wurden. Ausgestattet mit einem 60-PS-Motor, der zwei gegen-

Luftfahrttechniker, seinen ersten Hydrofoil-Wasserski. Seit-

einander rotierende Rotoren antrieb. Damit erreichte er eine

dem gibt es kaum noch Grenzen. Ob Wasserski, Wakeboard,

Geschwindigkeit von 42,5 Meilen pro Stunde. Basierend auf

Wind- und Kitesurfer oder Surfer – alles, was sich auf dem

diesem Design entwickelten Alexander Graham Bell und Casey

Wasser bewegt, funktioniert als Hydrofoil.

foto // United States Hydrofoil Association

Exkurs: Hydrofoils werden schon seit rund 100 Jahren bei

32


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foto // Thomas Eibenberger

worte

10 Fragen an

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jochen sch端mann


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Er war schon immer ein Freund deutlicher, aber objektiver Worte. Obwohl natürlich subjektiv geprägt, bemüht er sich immer, beide Seiten zu verstehen. Vielleicht ist er für alles andere auch einfach zu lange im Business.

D

u bist Deutschlands erfolgreichster Regatta­

Gibt es in Europa keine Unternehmen mehr, die sich auf

se­gler, welche Erfolge sind dir noch in beson-

diesem Niveau im Yachtsegeln engagieren möchten? Das

derer Erinnerung? Ehrlich gesagt lebe ich nicht

ist eine komplexe Frage, die ich nur mit einer langen Ant­

so sehr in Erinnerungen, deshalb sind mir die aktuellen Re­

wort beantworten kann. Richtig ist, dass ESIMIT EUROPA

gattaerfolge immer die wichtigsten. Wenn ich das im großen

ein europäisches Projekt ist und das Boot quasi als Bot­

Zusammenhang sehe, ist es natürlich der erste Olympiasieg,

schafter des europäischen Gedankens segelt und die eu­

der sehr wichtig für mich war. Genauso der erste Sieg mit

ropäische Vision verkörpern soll. Diese Vision halte ich für

ALINGHI (America’s Cup 2003), der das Segeln in Deutsch­

eine sehr gute, die ich deshalb schon unterstütze, weil sie

land deutlich stärker in die Öffentlichkeit getragen hat. Den­

sicher auch mit meinem eigenen Entwicklungsweg zu tun

noch interessiert mich viel mehr, was aktuell gerade passiert.

hat – bei ALINGHI, da waren wir eines der ersten wirklich multikulturellen AC-Teams, was durch die Regeln gar nicht

Der Segelsport lebt von Hochs und Tiefs. In welchem Mo-

so einfach umzusetzen war. Letztlich sollte man nur die bes­

ment hättest du die Segelhandschuhe am liebsten an den

ten Segler in einer Crew zusammenbringen – unab­hängig

Nagel gehängt? Grundsätzlich habe ich immer mächtig

von ihrer Nationalität. Es unterstützen mit Audi und SAP

Spaß am Segeln, sodass das für mich noch nie zur Diskussi­

zwei internationale deutsche Marken das Sailing Team

on stand. Der einzige Moment, an dem ich das olympische

Germany. Und man braucht gar nicht viel weiter zu schau­

Segeln an den Nagel hängen wollte, hat mit dem Olympia­

en. So unterstützen große Versicherungen in England

boykott der Ostländer in Los Angeles 1984 zu tun, quasi als

und Frankreich den Segelsport, ebenso wie ein Erzeuger

Revanche für den 80er-Boykott der USA und weiterer 41

von alternativer Energie, der das AF Round Gotland Race

Länder in Moskau. Für einen Olympioniken, der sein Leben

unterstützt. Viele weitere Industriezweige nutzen den Se­

in Vier-Jahres-Rhythmen teilt, sich vier Jahre lang akribisch

gelsport als Betätigungsfeld. Auch Luxusmarken wie Ro­

vorbereitet hat und als Europameister in guter Form ist, eine

lex sind stark im Segelsport engagiert. Ich denke, der Se­

herbe Enttäuschung. Das war tatsächlich ein Zeitpunkt, an

gelsport hat im Sponsoring seinen festen Platz – natürlich

dem ich dachte, dass es offensichtlich keinen Sinn macht,

ist er dabei nicht wettbewerbsfähig mit Fußball, Formel 1

sein Leben darauf auszurichten. Zum Glück kamen zu die­

oder Athleten der anderen TV-Sportarten, aber der Segel­

sem Zeitpunkt Trainer und Freunde auf mich zu. Sie sagten:

sport bietet eine hervorragende Plattform.

„Genug allein gesegelt, probiere doch mal Soling“ (DreiMann-Kielboot). Das motivierte mich wieder neu, sodass

Abgesehen von den Offshoreregatten mit ESIMIT scheint dich

ich dabei blieb. Der Spaß am Segeln hat mich jedoch nie

nichts zu den großen Ocean Races wie dem Vendée Globe

wirklich verlassen, es war mehr der Frust über die Situation.

oder Volvo Ocean Race zu ziehen. Woran liegt das? Das hat einfach mit meinem Werdegang zu tun. Ich bin auf kleinen

Aktuell bist du Skipper der ESIMIT EUROPA 2. Das Pro-

Schiffen groß geworden und habe auf Binnenseen das Se­

jekt soll den europäischen Gedanken verkörpern und

geln erlernt. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich am liebsten

wird dabei von einem russischen Gaskonzern unterstützt.

auch heute noch bei Tagesregatten auf kleinen Booten segele.


worte

Das schließt natürlich nicht aus, dass ich trotzdem an kurzen

Kurz bevor der AC startet, werden Nachwuchssegler beim

Offshorerennen teilnehme. Es ist ja nicht so, dass wir mit

Youth America’s Cup antreten. Es gab in den vergangenen

der ESIMIT Wochen und Monate unterwegs sind. Wir se­

Wochen und Monaten unterschiedliche Meinungen hin­

geln gerade wegen des schnellen Bootes (ESIMIT – die alte

sichtlich dieses Events. Die einen halten es für ein Sprung-

ALFA ROMEO ist eine der schnellsten Monohulls der Welt.

brett in die Welt des professionellen Segelsports, andere für

Anm.d.R.), natürlich lange Kurse und recht kurzer Zeit. So

einen Showevent, bei dem, außer für den Hauptsponsor,

rechnen wir für die 600 Meilen beim Fastnet Race etwa zwei

nichts herumkommt. Wie stehst du zu dieser Veranstaltung?

Tage. Und die Heraus­

Ich glaube, beide Aussagen sind richtig. Eben weil es ein

forderungen, die dieses

purer Showevent ist, ist es ein Sprungbrett für die Sieger

Rennen mit sich bringt,

dieses Events. Diese werden damit voraussichtlich eine

machen mir auch Spaß,

Eintrittskarte in den professionellen Segelsport bekommen.

ich bin aber einfach kein

Genau deshalb muss man diese beiden Aspekte jedoch zu­

reiner Oceansegler.

sammenbringen, was gerade der Auslöser für diese Diskus­

„Was ist das für ein Wettbewerb, bei dem nur ein Boot am Start ist?“

sion ist. Die Teilnahme der deutschen Teammitglieder, zu Vom 7. bis 21. September findet in San Francisco der

denen unsere größten Olympiahoffnungen gehören, bringt

America’s Cup auf AC72-Katamaranen statt. Wie beurteilst

ihnen seglerisch nichts. Wenn ein Lasersegler zusätzlich auf

du den aktuellen Louis Vuitton Cup und was erwartest du

Regatten im Finn antritt, hätte er hinsichtlich seiner Olym­

für den AC? Da muss ich natürlich spekulieren, aber was

piavorbereitung sicherlich mehr davon. Emotional kann

jetzt passiert, kam, wie es kommen musste. Es ist so, dass

ich die Jungs aber gut verstehen. Ich halte es auch für eine

der Louis Vuitton Cup, also das Rennen der Herausforde­

hervorragende Idee, dass Red Bull diesen Event veranstal­

rer, eigentlich zu einem Desaster geworden ist. Erst einmal

tet, da der America’s Cup es sicher verdient hat, dass mehr

gibt es nur drei Herausforderer, was zeigt, wie verfahren

junge Leute dabei sind. Auf der anderen Seite soll der Youth

der America’s Cup 2013 eigentlich ist. Davon ist ARTEMIS

America’s Cup all die Probleme kaschieren, die dadurch

durch den tragischen Unfall zwischenzeitig gar nicht am

entstehen, dass es nur drei Herausforderer gibt. Hier sind

Start und greift erst später in die Rennen ein. PRADA hat

zehn Youth-Teams am Start, die sonst nicht dort wären, und

gegen die neuen Regelauslegungen für die Foils protestiert

bringen spektakulären Segelsport aufs Wasser. Dies wertet

und dadurch auch nicht alle Rennen gesegelt, sodass bei

den AC als Ganzes natürlich auf, der ansonsten ein absolu­

den Round Robin, an denen nur drei Boote teilnehmen

tes Desaster wäre. All diese Aspekte muss man im Hinter­

müssten, zeitweise TEAM NEW ZEALAND allein am Start

kopf haben, wenn man die Diskussion verfolgt. Das Thema

war – also ein Desaster. Was ist das für ein Wettbewerb,

ist komplexer, als es zunächst erscheint.

bei dem nur ein Boot am Start ist? Was den Cup angeht,

36

so gehe ich fest davon aus, dass dieser zwischen ORACLE

Nun treten die deutschen Nachwuchssegler beim Youth

und NEW ZEALAND ausgetragen wird. Ich glaube, dass bei

America’s Cup an und wurden im Vorfeld stark dafür kritisi-

dem Potenzial, das hinter dem Team steht, ORACLE den

ert. Es hieß, sie sollen sich eher auf Olympia konzentrieren

Cup gewinnen wird. Mich würde es aber natürlich freuen,

und würden damit einen Teil ihrer Förderer vor den Kopf

wenn die Kiwis gewinnen würden, da ich dies für das Bes­

stoßen. Haben die Jungs mit der Teilnahme ihre Karriere

te für den Cup und den Segelsport im Allgemeinen halte.

gefährdet? Den Jungs ist klar geworden, dass sie sich dort

Die Kiwis haben lange Zeit bewiesen, dass sie echte Se­

auf absolute Eigeninitiative hinbewegen, was offensichtlich

gelenthusiasten sind und sich jeder Segelherausforderung

ihren Partnern im Sailing Team Germany nicht weiter hilft

stellen – in einer sportlichen Art und Weise.

und nicht deren Interesse ist. Die Segler haben mittlerweile


37

begriffen, auf welch schwieriges Terrain sie sich da bege­

die Mithilfe der Yachtclubs. Momentan übernehmen die

ben. Deshalb war ich von Beginn an der Meinung, dass wir

Yachtclubs mit der dafür entsprechenden Infrastruktur die

unsere Olympiasegler gar nicht erst hätten melden sollen.

Ausrichtung der Regatten, was natürlich zum Teil die etwas

Nachdem dies dann passiert war, bin ich einer derjenigen,

größeren Yachtclubs sind. Dennoch hat die Segelbundesliga

der sagt, dass wir so ein Ding durchziehen müssen. Erst „Ja“

nichts mit den elitären Yachtclubs zu tun. Im Gegenteil: Alle,

und dann wieder „Nein“ zu sagen, lässt sich in der Öffent­

gerade die kleineren Vereine, haben hier die Möglichkeit, zu

lichkeit schwer vermitteln und bringt sicher auch die jungen

zeigen, welche hervorragenden Segler sie haben und dass es

Segler in eine schwierige Situation. An einem solchen Event

nicht nur Mitglieder sind, die ihre Boote an den Steg binden.

ohne Siegchancen oder nur sehr geringen Siegchancen teilzunehmen und dafür auch noch zu bezahlen, ist meiner

Abgesehen von den Regatten bietet der Segelsport noch

Meinung nach unprofessionell – das ist pures Entertain­

viele andere Möglichkeiten. Wie stehst du zu einem Ur-

ment. Und wenn man schon als Topathlet an einem puren

laubschartertörn mit Frau und Kindern? Eines der High­

Entertainment-Event teilnimmt, muss man dafür bezahlt

lights des Segelsports ist sicher, dass er viele unterschiedli­

werden und nicht umgekehrt. Die Jungs zahlen ja im Ge­

che Facetten bietet. Dennoch muss ich für mich sagen, dass

genteil noch eine Menge Geld für ihre Teilnahme. Aber es

ich mich nun mal dem Regattasport verschrieben habe und

sind junge Segler, die hoffentlich daraus lernen. Wenn sie in

dies auch zu meinem Beruf gemacht habe. Dies heißt natür­

Zukunft Profis werden wollen, brauchen sie eine prinzipien­

lich, dass es mich im Urlaub eher in die Berge zieht als aufs

feste Einstellung, um sich in der Sportwelt durchzusetzen.

Wasser. Meine Kinder sind mittlerweile erwachsen, sodass sie keine große Rolle mehr in der Urlaubsplanung spielen.

Die Segelbundesliga ist in den vergangenen Wochen gestartet. Organisiert wird diese von der Konzeptwerft (Sailing Team Germany) und einigen großen Yachtclubs. Ist ein erfolgreiches Regattasegeln in Deutschland ohne eine Herkunft aus den elitären Segelclubs noch möglich? Bei der Gründungskon­ ferenz der Segelbundesliga waren auch viele kleine

„Das Interesse der Vereine an der Segelbundesliga ist riesig und auch internationale Verbände sind mittlerweile darauf aufmerksam geworden.“

Yachtclubs, sodass ich mit dem Vorurteil der „elitären“ Yachtclubs aufräumen möchte. Mittlerweile gibt es noch viel

Du bist extrem viel unterwegs und die Planungssicherheit

mehr Bewerber für eine Teilnahme an der Segelbundesli­

im professionellen Segelsport ist sicher nicht immer gege-

ga, sodass es zum Ende der Saison zur Relegation kommen

ben. Würdest du dich heute noch einmal für diesen Beruf

wird, wer im kommenden Jahr an der Bundesliga teilnimmt

entscheiden? Was heißt entscheiden. Im Grunde genom­

und wer nicht. Eventuell kommt es sogar zu einer zweiten

men hat sich alles langsam entwickelt, ich musste da nichts

Liga – warten wir es ab. Das Interesse der Vereine ist riesig

entscheiden. Ich hatte nie den Berufswunsch „Profisegler“

und auch internationale Verbände sind mittlerweile darauf

auf der Agenda. Zum bezahlten Profi bin ich erst durch den

aufmerksam geworden. Während der Travemünder Woche

America’s Cup geworden. Ich bin wohl einer der deutschen

hatten wir Besuch aus Dänemark. Der dortige Verband denkt

Segler, die sich im internationalen Profisegelsport durchset­

über ein ähnliches Konzept nach. Wer weiß, eventuell kön­

zen konnten. Wenn man Erfolg hat, sprich den Biss und das

nen wir in ein paar Jahren über eine Champions League nach­

technische Interesse, ist der Segelsport ein komplexer und

denken – wir bewegen uns hier ja in Fußball-Termini. Die Idee

interessanter Beruf. Mal ehrlich: Natürlich ziehe ich den Job

funktioniert offensichtlich und natürlich benötigen wir dazu

als Profisegler auch an Regentagen einem Bürojob vor.


fotografie

The Nightfly. Segelbilder gibt es haufenweise, Perspektiven sind endlich – und alle wollen immer die gleichen Motive. Spannend ist das auf Dauer nicht. Von Zeit zu Zeit gibt es einen Fotografen, der sich eine neue Perspektive sucht. Andere machen diese nach – bis alle sie langweilig finden. Wirkliche Highlights bleiben die Ausnahme.

schrift // tom körber bild // richard walch

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39

Beide Boote müssen entweder versetzt oder parallel zueinander segeln, damit Geometrie beziehungsweise Symmetrie ins Bild kommt. Bei der Montage der Blitze prellt sich Richard die Rippen und arbeitet unter Schmerzen weiter. Durch die Blitze heben sich die Boote deutlich vom Hintergrund ab – eine möglichst perfekte Position ist vonnöten. Per Funkgerät verständigen sich Segler und Fotograf, der die Infos an seinen Bootsführer weitergibt.


fotografie

Warum war das Shooting überhaupt in Kiel möglich? Zwei Gründe: Ich konnte für das Shooting ein recht neues

R

Blitzsystem von Canon einsetzen – mit dieser Technik ist es möglich, per Funk mit einer Fernsteuerung die Systemblit­ ze, die ich vorher im Heck der beiden Segelboote montiert habe, zu steuern. Dabei konnte ich nicht nur den Blitz vom Fotoboot aus bis zu 20 Meter Entfernung zünden, sondern ichard Walch gehört mit zu den innovativen

sogar noch die Leistung verändern. Doch noch wichtiger

Fotografen der Szene. Ihm flitzen ständig tausend Ideen

als die Technik war die Audi-Segelcrew – ein dickes Danke­

durch den Kopf. Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis er sich

schön an die Jungs und Mädels, die sich um 19.00 Uhr bei

etwas Neues ausdenkt. Nachtaufnahmen sind selten genug.

leichtem Nieselregen noch mal das Ölzeug übergezogen

Ich erinnere mich an mein erstes Nachtsegeln

haben, um unser gemeinsames Experiment zu starten.

unter Flutlichtmasten bei einem Match Race in Berlin vor vielen Jahren (Gruß an Ludger und Philipp). Hohe ISO-Zahlen und damit rauschen­ de Sensoren sorgten für heftiges Bildrauschen. Heute, mit modernen Sensoren, ist das viel einfacher geworden. Da rauscht es bei 3.200

„wenn du eine Chance hast, dann musst du zupacken und nicht lange überlegen.“

Ist das mit jeder Bootsklasse möglich? Grundsätz­ lich schon, aber die Bavaria B/One ist in meinen Augen „das“ perfekte Boot. Die Größe ist ideal und der Systemblitz ist stark genug, um das komplette Segel auszuleuchten.

ISO wie früher bei 400. Die Steigerung davon überlegte sich nun Richard auf der Kieler Woche. Er war

Warum hast du nicht einfach vom Fotoboot aus geblitzt? Tech­

für Audi im Einsatz und hatte entsprechenden Zugang zu

nisch ist das möglich, aber das Bild sieht dann eben komplett

Möglichkeiten, dieses spezielle Shooting durchzuführen.

anders aus. Mein Ziel war es, dass die Segelboote von innen heraus leuchten und in der direkten Umgebung die Wasser­

Wie kommst du auf die Idee, nach einem hektischen Pro­

oberfläche etwas aufhellen – wie ein Lichtpunkt auf einer gro­

duktionstag noch ein Nachtshooting dranzuhängen? Die

ßen dunklen Fläche. Blitzt man direkt von der Kamera, dann

Idee für das Shooting hatte ich schon länger – jedoch erst

wird das komplette Wasser im Vordergrund ausgeleuchtet.

in Kiel war es möglich, meinen Plan in die Tat umzusetzen. Und wenn du eine Chance hast, dann musst du zupacken und nicht lange überlegen – egal wie müde du bist oder wie viel Uhr es ist. Wenn ich ein spannendes Shooting habe, dann bin ich immer „on fire“.

SES L GROS SPIE N N I g.de -GEW i-sailin n w.aud AUDI ei

uf ww a n d e r e m . piel a s er n nnen in d unt gewi Gew n 3 u Q n em ache n ein 13 Mitm paß i s r 10.20 h . a 1 F 3 r : s h s a J hlu ndesc Einse

40

Seit 25 Jahren ist er im Extremsport zu Hause. Mit 16 Jahren begann er, Snowboarder aufzunehmen. Zehn Jahre später ver­öffentlichte er im Terra Oceanis Verlag (Vorgängerverlag des Sailing Journals) „The German Dream of the America‘s Cup“.


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zeiger

Edox Grand Ocean

Extreme Sailing Series

Eine Hommage an die großen Ozeanregatten dieser Welt. Gravur am Gehäuseboden. Edelstahlgehäuse. Chronograf. Startfrequenz auf der Neun-Uhr-Position. Durchmesser: 48 Millimeter. Bis 300 Meter wasserdicht. Armband aus Naturkautschuk. Preis: 3.250 Euro.

IWC Big Pilot Top

Gun Boutique Edition

Inspiriert von den beleuchteten Instrumentendisplays der Düsenjäger. Gehäuse aus Keramik. Mechanisches Chronografenwerk. Automatischer Aufzug. 68 Stunden Gangreserve. Flybackfunktion. Limitiert auf 500 Exemplare. Durchmesser: 46 Millimeter. Keramikgehäuse. Bis 60 Meter wasserdicht. Preis: 12.200 Euro.

Sinn u200 b Deutscher U-Boot Stahl, geprüft durch den Germanischen Lloyd. Gehäuse und Krone aus Stahl. Durchmesser: 37 Millimeter. Bis 2.000 Meter (!) wasserdicht. Funktionssicher von minus 45 bis plus 80 Grad Celsius. Zeitlich limitierte Version (31.12.2013) mit mattblauem Ziffernblatt. Uhr wird mit zweitem Armand, Box und Bandwechselwerkzeug geliefert. Preis: 1.890 Euro.

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Rolex Yacht-Master II Chronometer der Superlative. Mechanisches Chronografenwerk. Verschraubter Gehäuseboden. Kratzfestes Saphirglas. Programmierbarer Regattacountdown. Sekundenstopp für exaktes Timen. Bis 100 Meter wasserdicht. Durchmesser: 44 Millimeter. Gangreserve 72 Stunden. Preis: 15.000 Euro.

Tutima M2 Pioneer 6450-02 Generation Glashütte. Mechanisch mit automatischem Aufzug. Gehäuse und Armband (mit Faltschließe) aus Titan. Durchmesser: 46 Millimeter. Beidseitig drehbare Lünette. Schraubboden. Chronograf. Bis 300 Meter wasserdicht. Preis: 5.800 Euro.

Panerai Radiomir 1940 Um 1940 in den Werkstätten von Florenz für Marinetaucher entwickelt. Mechanisches Uhrwerk mit Handaufzug. Durchmesser: 42 Millimeter. 60 Stunden Gangreserve. Sekundenzeiger auf Neun-Uhr-Position. Bis 100 Meter wasserdicht. Preis: 6.300 Euro.


kolumne recht

für sein Gebrauchtboot Vertrackte Den Käufer Verträge zu finden, ist nicht alles

Z

weimal hat Paul seine Preisvorstellung für sein schönes Gebraucht­ boot schon nach unten korrigiert. Jetzt hat er endlich einen ernsthaf­ ten Interessenten gefunden. Doch dem Käufer war es immer noch zu teuer. Hier ein Kratzer, da ein nicht funktionierendes Instrument,

dort ein Vergleichsangebot zum Schleuderpreis. Paul musste schließlich nochmals den Preis reduzieren. Schon lange liegt er dabei unter seiner Schmerzgrenze. Irgendwann ist Paul es leid und will das Thema Boots­ verkauf endlich abschließen und vergessen. Einzige Bedingung, die Paul noch durchsetzen kann: Der Käufer übernimmt das Boot, wie es

Das sollte der Kaufvertrag mindestens enthalten:

„steht und liegt“. Das soll der Käufer ihm unterschreiben! Im Internet

• vollständige Namen mit Vornamen, Kontaktdaten beider Parteien

findet Paul ein Formular für einen Kaufvertrag und fummelt ihn für seine

• genaue Bezeichnung des Bootes, Segelnummer, Motornummer etc.

Zwecke um. Beide unterschreiben und das Boot wechselt den Besitzer.

• genaue Spezifikation, detaillierte Zubehörliste • Eigentumsvorbehalt bis zur vollen Bezahlung

Einige Wochen später, Paul hat sein altes Boot schon fast vergessen, klin­

• Gewährleistungsausschluss/-beschränkung

gelt das Telefon. Sein Käufer meldet sich. Angeblich lecke das Vorluk und

• Aussage, ob und wann Umsatzsteuer bezahlt wurde, mit Nachweis

im Unterwasserbereich gäbe es „komische Pickel“ (Osmose?). Paul meint,

• Regelung zur Übergabe (Gefahrübergang = Versicherungspflicht)

damit habe er nichts zu tun, schließlich habe man sich doch auf einen Ge­ währleistungsausschluss vertraglich geeinigt. Nervös kramt Paul den Ver­

Vor ungesicherten Vorauszahlungen soll hier ausdrücklich nochmals

trag heraus, liest ihn nochmal und nochmal. Der Satz ...„übernehme alles

gewarnt werden: Besser ist die Abwicklung über ein Treuhandkonto

im gegenwärtigen Zustand unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“

eines Rechtsanwalts oder Notars. Die geringen Mehrkosten rechnen

fehlt in seinem Formulartext! Bei seiner Bastelei am Internet-Formular hat

sich in jedem Fall. Das gesamte Geld wird dort hinterlegt und der Ver­

er ihn wohl gelöscht! Das wird teuer!

käufer bekommt es mit Vorlage der Übergabequittung ausgezahlt.

Ein Anruf bei einem bekannten Wassersport-Anwalt bestätigt seine schlimmsten Befürchtungen: Nach §437 BGB haftet der Verkäufer einer gebrauchten Sache zwei Jahre lang für Mängel. Als Verbraucher hätte er die Mängelgewährleistung ausschließen können, Unternehmer können sie nur auf ein Jahr beschränken. Paul beteuert die mündlich Absprache zwischen den Parteien, doch es nützt nichts. Die spätere schriftliche Ver­ einbarung geht vor. „Da können Sie nur mit viel Charme und Freundlich­ keit nachverhandeln“, empfiehlt der Anwalt. Paul bittet den Anwalt, das für ihn zu erledigen. Er will das Boot endlich vergessen. So schützen Sie sich vor Überraschungen beim Kauf/Verkauf von Gebrauchtbooten: Benutzen Sie erprobte Formulare, wie Sie sie beispielsweise auf www.pantanenius.de finden. Besonders gefällt uns die deutsch-englische Version bei www.dbsv.de, die Sie auch über von der Mosel Rechtsanwälte www.vondermosel.de erhalten können.

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Ecki von der Mosel Rechtsanwalt Eckhard „Ecki“ von der Mosel berät viele Betriebe in der Wassersportbranche und hilft Eignern bei Stress mit Werften und Versicherungen. In seiner Freizeit leitet er die Seeregatten des Kieler Yacht-Club, darunter MAIOR, BlueRibbonCup und die Kieler Woche.


45 kolumne umwelt

Blau.

Was tun, wenn man schon

wonach sucht Mr. Ellison? Es war sein Traum seit dem Moment, als er als

alles hat? Milliardenschwer

Mittzwanziger in einer Cessna über die Insel flog. Diese Insel sollte ei­

dank eines der erfolgreichs­

nes Tages die Seine sein. Auch das hat er geschafft. Die weltweit erste

ten Unternehmen der Welt.

100-prozentig „grüne“ Insel soll es werden, in kleine Unternehmen will

Eine 288-Fuß-Megayacht. Eine 183-Fuß-Segelyacht. Pri­

man investieren, ein weiteres Luxushotel soll gebaut werden, und das,

vatmuseen rund um den Globus. Einen eigenen Segel­

obwohl die bisherigen gigantische Verluste einfahren. Elektroautos statt

rennstall, der mit seinem unendlichen Budget alle ande­

Heavy-Duty-Trucks, Windkraft und Solar statt Ananas und Massentouris­

ren in Grund und Boden segelt.

mus. Ein Hideaway für die Reichen und Schönen, die gern mal für einen Kurztrip aus Los Angeles anreisen. Einfach mal entschleunigen, vor und

Na klar, man kauft sich eine Insel und schafft sich seine

nach dem Yoga, rein biologisch, gern auch vegan.

ganz eigene Welt. So geschehen mit Larry Ellison, Mit­ gründer und Chef von Oracle, vielen eher bekannt durch

Hört sich gut an, macht Sinn, aber kann das wirklich alles sein? Erste Ge­

den America‘s Cup als durch geniale Software. 300 Mil­

rüchte kursieren vor Ort. Man wundert sich, fragt, was wirklich hinter

lionen Dollar hat sie gekostet, die kleine Insel Lanai.

allem steckt. Wofür all die grüne Energie? Sicherlich nicht für die 3.100

Mitten im Pazifik gelegen, in Sichtweite der Insel Maui,

Menschen, die auf der Insel leben. Am Ende vielleicht doch eher für ei­

zwischen den Inseln Molokai und Kahoolawe. Alle Teil

nen Megaserver, mitten im Pazifik, auf halber Strecke zwischen Asien und

des hawaiianischen Archipels. Bis auf Ananasplantagen,

den USA? In einer Zeit, in der es bei globalen Finanztransaktionen um

menschenleere Strände, zwei Luxushotels und Golfplät­

Millisekunden geht, spielt räumliche Distanz zu den jeweiligen Märkten

ze hat Lanai wenig zu bieten. Dafür Sonne und Wind satt

eine immer wichtigere Rolle. Information und Geschwindigkeit bedeuten

und natürliches Frischwasser ohne Ende.

Macht in unserer vernetzten Welt. Ein Vorteil, der sich am Ende auszah­ len wird. „Es fühlt sich surreal an, eine ganze Insel zu besitzen“, soll Ellison

Die wenigen Menschen, die hier leben, genießen die

gesagt haben. „Surreal real“, sage ich. Ziel sei es nun, ein weltweit einzig­

Abgeschiedenheit, die fast schon mit Isolation zu verglei­

artiges Projekt in die Wege zu leiten, gemeinsam mit der Bevölkerung.

chen ist. Ruhe, das ist es, wonach man hier sucht. Und

Die Schaffung eines „nachhaltigen Garten Eden“, mitten im Pazifik.

Daniel Opitz Der 42 Jahre alte international preisgekrönte Filmemacher ist Kopf und Gründer von Ocean Mind mit Sitz in Kiel. Er schreibt ab jetzt regelmäßig im Sailing Journal über Umweltthemen, die alle Segler angehen sollten.


kolumne training

Die Sperre im Kopf

E

wir an nachzudenken, uns über Situationen im wahrsten

Wenn der Kopf nicht frei ist, verhilft auch das härteste Training nicht zum Erfolg. Doch es gibt Strategien, diese Blockaden zu überwinden und sich mental fit für das Rennen zu machen.

Sinne des Wortes den Kopf zu zerbrechen, benötigen wir die Ressourcen unseres Arbeitsgedächtnisses. Dadurch sinkt unsere Leistungsfähigkeit, denn das Arbeitsgedächtnis ist sehr begrenzt. Häufig löst Nervosität das Bedürfnis nach bewusster Kontrolle aus, dann werden die Bewegungen hölzern und ungelenk. Ein sicheres Zeichen, dass der Flow gestört ist. Tipp: Auch wenn Nervosität aufkommt, sollte

s gibt Situationen, die kennt fast jeder Regattasegler.

man ES laufen und geschehen lassen. Nichts funktioniert

Spitzensportler mit olympischen Ambitionen genau­

schlechter als die bewusste Kontrolle von Bewegungen und

so wie engagierte Amateure, die mit Leidenschaft auf

Abläufen, die man eigentlich intuitiv beherrscht.

Clubniveau Regatten segeln. Wenn der Start nicht so gelau­ fen ist, wie er sollte. Oder die geplante Taktik nicht aufgeht.

Kommunikationsprobleme: Nichts versaut die Stimmung

Eine Kenterung die sicher geglaubte gute Platzierung zunich­

an Bord so schnell wie eine schlechte Kommunikation. Wenn

te macht. In diesen Situationen ist es wichtig, mental fit zu

der Skipper nicht klar ausdrücken kann, was er will, und die

sein, um weiter zu kämpfen und sich nicht aufzugeben, son­

Crew nicht mitteilt, was sie sieht, kommt schnell ein unschö­

dern gedanklich die Wettfahrt neu zu starten. Die folgenden

ner Misston in die Kommunikation. Dann drängen sich Emo­

Punkte führen häufig zu psychologischen Schranken an Bord.

tionen in das Regattageschehen, die blockieren anstatt zu motivieren. Und ganz plötzlich dreht sich das Denken nicht

Es gibt keine bessere Handbremse an Bord, als über gerade Gewesenes oder Zukünftiges nachzudenken.

Nur der Augenblick zählt: Es gibt

mehr um die gemeinsame Sache, also das aktuelle Rennen,

keine bessere Handbremse an Bord

sondern um die zwischenmenschliche Beziehung an Bord.

(und im Leben), als über gerade Ge­

Denken und Handeln werden blockiert. Tipp: Sofort zu einer

wesenes oder Zukünftiges nachzu­

sachlichen Ebene zurückfinden. Alles andere wird nach dem

denken. Egal ob das Manöver eben

Zieldurchgang oder im Hafen besprochen. Dann auch in al­

gut oder schlecht war, der Dreher zu

ler nötigen Offenheit. Und mit gemeinsamen Strategien, wie

früh oder gerade richtig kam oder in

solche Konflikte künftig vermieden werden können.

drei Schlägen ein Zieher zu erwarten ist: Entscheidend ist, was in der Gegenwart passiert. Was passiert ist, können wir

Realistische Ziele setzen: Wer mit zu hohen Erwartungen

nicht mehr beeinflussen. Umso wichtiger ist es, das Boot wie­

an sich und die Crew ins Rennen geht, gibt negativen Ge­

der schnell zu machen und den maximalen Speed zu fahren.

fühlen unnötig Futter. Eine realistische Selbsteinschätzung –

Selbstverständlich muss man seine Fehler analysieren und

auch der Crew – schützt vor Enttäuschungen. Natürlich sollte

sich weiterentwickeln – aber dazu ist nach dem Rennen Zeit.

das Ziel sein, kontinuierlich immer besser zu werden. Doch

Tipp: Schnell umschalten. Manchen hilft ein Fixpunkt am

entscheidend ist nicht ein Tagessieg bei einer Regatta, son­

Boot, eine kleine Marke, die sie fixieren, um wieder die volle

dern eine konstant gute Serie. Diesen Flow gilt es zu finden.

Konzentration zu entfalten und in den Flow zu kommen.

Es ist der schmale Korridor zwischen Unter- und Überforde­ rung, in dem sich jeder Segler der selbst gesteckten Heraus­

Intuition ausnutzen: Je besser man etwas kann, desto we­

forderung stellen kann. Tipp: Das Motto „Be careful what

niger wird für diese Tätigkeit das Arbeitsgedächtnis benutzt.

you wish for“ braucht keine Übersetzung. Auf eine Regatta

Diesen Part übernimmt dann unsere Intuition. Gepaart mit

übertragen gilt es, den unsere Leistung pushenden persönli­

der nötigen Erfahrung erscheint dann alles spielerisch leicht

chen Flow nicht zu verlieren. Nicht das kurzweilige Spitzen­

und kostet wenig psychische und physische Kraft. Fangen

ergebnis ist wichtig, sondern die konstant gute Leistung.

Weert Kramer Der Psychologe bestritt den America´s Cup und alle großen europäischen Offshore-Rennen. Als Inhaber von TeamThink berät er seit zwölf Jahren Unternehmen und unterstützt als Mentaltrainer Sportler/innen des Sailing Team Germany (STG).

46

Marcus Baur Der DiplomIngenieur und zweifache Olympiateilnehmer im 49er entwickelte die erfolgreiche Zielmanagementsoftware Goalscape und ist Leiter der technischen Projekte beim Sailing Team Germany (STG).


47 regeln

Überlappung am Gate schrift & grafik // willii gohl

In diesem Jahr habe ich bei unterschiedlichen Regatten mehrfach Protest-Situationen erlebt, die besonders bei schnellen Skiffs, Mehrrümpfern und Sport­booten mit Gennaker immer wieder vorkommen. Schauen wir uns dazu die Grafik an.

G

Protest!

Protest!! Wegerecht!!

elb kommt von der rechten Seite der Bahn

hey, hey“ oder „Kein Raum für euch“, obwohl

In diesem Fall kommt die Regel 18.2(b) zur An­

und hat Wind von Steuerbord, Blau kommt

nach den Regeln keine solchen Zurufe nötig sind.

wendung: „Überlappen Boote, wenn das erste

von links und hat Wind von Backbord. Beide

Blau segelt immer noch unter Gennaker und

von Ihnen die Zone erreicht, muss das zu diesem

Boote sind noch weit voneinander entfern. Da sie

kommt mit hoher Geschwindigkeit rasch näher.

Zeitpunkt außen liegende Boot anschließend

einen Kurs tiefer als 90 Grad segeln, sind sie über­

Auch hier wird das zumeist nicht schweigend er­

dem innen liegenden Boot Bahnmarken-Raum

lappt, obwohl sie den Wind von unterschiedli­

ledigt. Es erkennt, dass es keinen Raum zwischen

geben.“ Gelb war als erstes Boot in der Zone und

chen Seiten haben. Die Definition „Überlappung“

Gelb und der Bahnmarke gibt und Kollisionsge­

von diesem Zeitpunkt an war es verpflichtet, dem

lautet: „… Sie überlappen, wenn keines von ih­

fahr besteht. Es ruft „Protest“ und luvt stark an, da

innen liegenden Boot, also Blau, Bahnmarken-

nen klar achteraus ist. Sie überlappen außerdem,

es nur so die Kollision vermeiden kann. Meistens

Raum zu gewähren.

wenn ein zwischen ihnen liegendes Boot beide

endet ein solches Manöver damit, dass das Boot

überlappt. Diese Definitionen gelten immer für

außer Kontrolle gerät, Skiffs und Katamarane ken­

Ein Taktiker, der sich entscheidet, die linke Gate-

Boote mit Wind von der gleichen Seite. Sie gelten

tern dann auch oft.

Bahnmarke zu runden, obwohl er von der rechten

nicht zwischen Booten mit Wind von entgegenge­

Seite der Bahn kommt, muss diese Regelsituation

setzter Seite, sofern nicht Regel 18 gilt oder beide

Gelb ist sich keiner Regelverletzung bewusst

in seine Überlegungen einbeziehen und beachten.

tiefer als 90 Grad zum wahren Wind segeln.“ Der

und segelt weiter. Gelb ist der Meinung, dass es

Die ähnliche Situation an der rechten Bahnmarke

letzte Satz beschreibt die Situation in der Position

als Wegerechtsboot, mit Wind von Steuerbord,

ist ein wenig anders. Dies werden wir in der nächs­

1. Regel 18 wird hier noch nicht gelten. Gelb ist

die Zone als Erstes erreichte, seinen Kurs nicht

ten Ausgabe des Sailing Journals untersuchen.

zwar in der Zone einer der beiden Gate-Marken,

änderte und es somit keinen Grund gab, Blau

aber es ist hier noch unklar, ob beide Boote die

irgendwelchen Raum zu gewähren. Umso über­

gleiche Bahnmarke runden wollen.

raschter dürfte das gelbe Team sein, wenn es in einer Protestverhandlung disqualifiziert wird.

Gelb will nach dem Gate zunächst auf die linke

Auf dem Weg nach Lee müssen wir uns bewusst

Seite der Bahn und segelt weiter. Als es die Zone

sein, dass wir oft mit einer Vielzahl von Konkur­

der linken Bahnmarke erreicht, birgt es den Gen­

renten überlappen, auch wenn die sehr weit

naker und wird kurz darauf deutlich langsamer.

entfernt sind. Auch wenn oder gerade weil Gelb

Bei Eintritt in die Zone hat es das blaue Boot be­

die Zone als erstes Boot erreichte, darf es nicht

merkt, das immer noch außerhalb der Zone ist.

übersehen, dass Blau dennoch das innen liegen­

Gelb verlangt laut rufend Raum und Wegerecht,

de Boot war! Gleichgültig, ob es sich in der Zone

meistens geschieht das durch Zurufe wie „Hey,

oder noch außerhalb befand.

Willii Gohl ist langjähriger internationaler Schiedsrichter des Weltseglerverbandes ISAF. Bei den 8mR-Yachten ist er genauso zu Hause wie bei den J 24 und den 420/470ern sowie im ISAF Sailing World Cup. Er ist Mitinhaber von Sailing Media, einem Unternehmen, das Seminare im Bereich Wettfahrtregeln und Taktik anbietet. Die deutschsprachige Ausgabe des Standardwerks „Wettfahrtregeln in der Praxis“ von Bryan Willis wurde von ihm bearbeitet, ebenso der „Regelbegleiter 2009-2012“!


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Charakter

heads&hands

BILD // TOM KÖRBER

Jeder kennt die Kieler Woche. Segler sowieso. Leute, die schon mal ein Boot gesehen haben, aber noch nie auf einem waren. Partymacher, die nie ein Boot betreten werden, egal in welchem Aggregatzustand sie sich befinden. Die größte Regatta der Welt. Die Stadt Kiel freut sich über drei Millionen – sagen wir mal – Gäste, die Krankenhäuser über stabilen Zulauf und der Kieler Yacht-Club auf Segler, die gern segeln. Aber wo kommen die denn alle nur her? Natürlich aus aller Herren Länder. Für manche stehen Qualis für Weltmeisterund Europameisterschaften oder Olympische Spiele an. Dies ist ein bescheidener Versuch, diejenigen ins rechte Licht zu rücken, um die es geht. Die Sportler. Die Segler. Und da sie zum Segeln vorrangig Kopf und Hände einsetzen, ist es doch naheliegend, beides vorzustellen, oder?

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bencornish


Charakter

DenissKarpak

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ElliotHanson


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hugohegt


Charakter

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Charakter

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Vanessa&markuswieser


6mR

Magische Meter. Eine helle, laue Sommernacht Anfang August 1936 an der Kieler Fรถrde. Die Ostsee, die Kieler Innenfรถrde wiegt ruhig in sich selbst. Vor dem Kieler Yacht-Club, im groร en Becken im heutigen alten Olympiahafen, liegen die Boote der Teilnehmer der olympischen Segelwettbewerbe, der internationalen Sechs-MeterRennklasse. Unter anderem auch die Privatyacht von Henry Rasmussen, dem erfolgreichen Yachtkonstrukteur und Werftchef (Abeking & Rasmussen) aus Lemwerder an der Weser. Die AR ist das Begleitschiff der deutschen Teilnehmer an den olympischen Regatten der 6mR-Klasse. schrift // Claus Langenhan bild // tom kรถrber & Swedish National Maritime Museum

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63 classic

LISBETH V (FIN 74). Design und Bau: Johan Anker. Baujahr 1932. Ehemals N 46 und SWE 136. LILLEVI (GER 68). Design und Bau: Zake Westin. Baujahr 1938. SARA AF HANGÖ (FIN 49). Replik. Baujahr 2006. Früherer Name: VIOLET. Wurde aber zerstört. Baujahr 1947.


classic

E

s ist etwa 21.45 Uhr, als in der Kieler Hauptfeuer­

Seemannsgarn oder wahre Begebenheit? So oder so eine

wache ein Alarm aufläuft, ausgelöst von aufmerksa­

schöne Geschichte, die von der Lebendigkeit und Freude

men Seglern des Kieler Yacht-Clubs. Sie hatten auf

einer aktiven sportlichen Gemeinschaft erzählt. An den Se­

besagter AR starke Rauchentwicklung beobachtet,

gelwettbewerben der Sommerolympiade aus dem Jahr 1936

daraus auf Feuer an Bord geschlossen und kurzer­

nahmen Boote aus Argentinien, Dänemark, Deutschland,

hand die Kieler Berufsfeuerwehr alarmiert. Nur viereinhalb

England, Finnland, Frankreich, Italien, Norwegen, Schwe­

Minuten später steht ein Löschzug am Düsternbrooker

den und den USA teil. Zur diesjährigen Weltmeisterschaft

Weg und beginnt sofort mit den Vorbereitungen der Lösch­

der 6mR Anfang August vor Flensburg starteten 34 Boote

aktion auf dem vermeintlich brennenden Schiff. Schläuche

aus neun Nationen und dabei fällt auf, dass viele Schiffe, die

werden ausgerollt, Feuerwehrmänner laufen über den

1936 vor Kiel segelten, auch heute noch regattaaktiv sind.

Hauptsteg durch den ansonsten friedlichen Hafen, Kom­ mandos werden durch die beginnende und so ruhige Nacht

Klangvolle Namen – nicht nur der Boote, wie AIDA, LILLEVI

gerufen. Durch den Lärm neugierig geworden, schiebt sich

und SLEIPNIR, sondern auch der Konstrukteure – stehen

plötzlich, erst Schiffermütze und dann auch Kopf, „Hen­

damit bis heute für eine gelungene Synthese aus sportli­

ny“ Rasmussen aus dem eilig geöffneten Schiebeluk eines

chen Ambitionen, klassischer Yachteleganz, historischem

Seefahrtkreuzers neben der AR. Völlig verdattert und er­

Bewusstsein und gelebter Tradition.

schrocken blickt der Schiffsbauer auf die sich ihm bietende Szene. Im wirklich allerletzten Moment kann er die im vol­

Bjarne Aas, Johan Anker, Tore Herlin und Henry Rasmussen

len Umfang angelaufene Löschaktion gerade noch vor dem

zählten zu den erfolgreichsten Bootskonstrukteuren der

„WASSER MARSCH!“-Befehl stoppen.

Olympiade von 1936. Ihre Boote wie die NORNA IV, die MAY BE III, die RANI II und die ELISABETH IX & X segeln

Was war passiert? Die deutschen Segler der Sechs-Meter-­

noch heute. Im Lauf der vergangenen 106 Jahre wurden

Rennyachten hatten sich nach einem segelreichen Tag

und werden nach wie vor 6mR-Boote gebaut – seit der Ei­

zu Manöverkritik und „intensiven Betrachtungen des

nigung 1907 in Kopenhagen auf die sogenannte Internatio­

Sechserseglerlebens“ auf die AR zurückgezogen. Neben

nale Meter-Rennyachten (IMR) etwa 1.500 weltweit. Circa

alkoholischen Erfrischungsgetränken hatten die Herren –

500 sind heute noch erhalten. 100 davon sind als regattaak­

damals, wie auch später noch üblich – eine Kiste Zigarren

tiv bei unterschiedlichsten Wettbewerben zu bezeichnen.

an Bord. Im Lauf der besagten allgemeinen und speziellen

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Betrachtungen der Lage und des Lebens muss die Luft

Das ist umso erstaunlicher, als die 6mR-Yachten zu Beginn

unter Deck so dick geworden sein, dass man sich dazu

des 20. Jahrhunderts eher als „Wegwerfboote“ galten, wie

entschloss, das Skylight zu öffnen, um der sich ausbrei­

sie Professor David Turner-Ryder, Konstrukteur und Boots­

tenden Atemnot Linderung zu verschaffen. Die dicken

bauer aus Schottland, einmal bezeichnete. Nicht selten

Rauchschwaden, die sich nun über das Schiff erhoben,

kam der Mast nach der regattaaktiven Zeit ins Lager, der

hatten die Segler im Kieler Yacht-Club gesehen und ohne

Kiel wurde abgebaut und fürs nächste Schiff aufgehoben,

Umschweife die Feuerwehr alarmiert.

der Rest im Winter im Kamin verheizt.


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MAY BE IV. Segelt heute mit der Segelnummer FIN 53. Design und Bau: Tore Holm. Auftraggeber war der schwedische Reeder Sven Sรกlen.

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67 classic

Klangvolle Namen wie AIDA, LILLEVI und SLEIPNIR stehen bis heute für eine gelungene Synthese aus sportlichen Ambitionen, klassischer Yachteleganz, historischem Bewusstsein und gelebter Tradition. AIDA (GER 59) Design: Bjarne Aas. Baujahr 1936. Heutiger Besitzer ist Dr. Björn Storsberg. SLEIPNIR II (GER 17). Design und Bau: Henry Rasmussen. Baujahr 1935. Heutiger Besitzer ist Andreas Krause.

Wegwerfboote einer regattabesesse­ nen Upperclass? Sven Salén (schwe­ discher Reeder), Marcus Wallenberg (schwedischer Industrieller), Hans Lubinus (Kieler Chirurg, Orthopäde und Inhaber der gleichnamigen Pri­ vatklinken) oder Kronprinz Olav V. (späterer norwegischer König) – al­ lesamt wie die Rothschilds oder der Aga Khan begeisterte und erfolg­ reiche Sechsersegler, die sich ihre Boote für die jeweiligen und anste­ henden Regatten von den besten Konstrukteuren und Werften (diese waren meist identisch) ihrer Zeit ent­ werfen und bauen ließen und nach maximal zwei Saisons wieder abga­ ben. Von den nachfolgenden Seglern „aufgesegelt“, droh­

ELISABETH, ein Name mit einer ganz besonderen Ge­

te ihnen dann der Kamin oder sie wurden ihres Bleikiels

schichte. Im Auftrag der KNS (Kongelig Norsk Sejlfore­

beraubt, weil der Rohstoff dringend für die Kriegsindus­

ning, Oslo) wurden bis 1947 insgesamt zehn Yachten mit

trie benötigt wurde. In ihrem zweiten „Leben“ wurden sie

diesem Namen gebaut (ELISABETH I bis X), die soge­

dann Tourenboote oder Küstenkreuzer – mit gusseisernem

nannten Lotterieboote. Im Herbst bei dem erfolgreichs­

Kiel, gekürztem Mast und Kajüte. So hat ein Teil der alten

ten Kon­strukteur der gerade beendeten Saison in Auftrag

Rennyachten (wie zum Beispiel AIDA, ELISABETH IX) die

gegeben, wurden sie im Laufe des Winters fertiggestellt.

50er-, 60er- und 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts überlebt.

Im Frühling beziehungsweise zur Preisverleihung der ers­

Ein anderer Teil wurde am Ende der Rennkarriere schlicht

ten großen Regattaserie wurden sie verlost. Der jeweilige

in einer Scheune oder Halle vergessen, manche wurden

Gewinner war verpflichtet, sie über einen vorbestimmten

passend gekürzt und in einen Container verpackt, andere

Zeitraum auf den anstehenden Regatten zu präsentieren.

stehen noch heute vorzugsweise in Skandinavien und den

Zu den international und national wichtigen Regatten stell­

USA in den Wäldern unweit des Wassers und warten auf

ten die jeweiligen Vereine eine kompetente und anerkannte

ihre Wiederentdeckung, Restaurierung und Renaissance.

Crew zusammen und ließen das Schiff von dieser segeln.


classic

MAYBE VI (FIN 51). Baujahr 1946. Design und Bau: Tore Holm. FLAPPER (NOR 71). Design: Christian Jensen. Baujahr 1939.

Die großen führenden skandinavischen Segelvereine – im­

Was geschah in Deutschland – von Henry Rasmussen ab­

mer bemüht, bei den internationalen und wichtigen Segel­

gesehen? Der Aufschwung begann erst viel später und

veranstaltungen wie dem Gold Cup, dem Eintonnerpokal

eigentlich erst mit dem marinefanatischen Kaiser. Nur

oder den Olympischen Spielen mit eigenen und erfolgrei­

bei der Entwicklung der Meterrennformel (mR) hatten

chen Booten vertreten zu sein – hatten früh die Wichtigkeit

die Deutschen von Anfang an ihre durchaus internatio­

erkannt, die Szene durch ständig neue und moderne Boote

nal anerkannte Teilhabe. Der Kopenhagener Apotheker

und erfolgreiche Crews zu inspirieren. Sie waren der gesell­

Benzon hatte zur maßgeblichen Konferenz nach London

schaftliche Gegenpol zur Upperclass, ohne ihr Konkurrent

eingeladen und alle waren gekommen. Für die Deut­

zu sein (denn sie stand für einen Teil des Stiftungsvermö­

schen Prof. Carl Busley (ein Yachtkonstrukteur aus Kiel)

gens, aus dem die Boote finanziert wurden). Es war eine

und Adolf Burmester vom DSV (außerdem Kon­strukteur

gemeinsame Sache, die es voranzutreiben galt: die jeweilige

in Hamburg). Alle Nationen waren vertreten, mit einer

Nation als weltführend darzustellen. Die Skandinavier hatten auch früh die wirtschaftliche Bedeutung des Freizeitbootsbaus erkannt. So be­ richtete die schwedische Zeitschrift „Svenska Idrottsrörelsen“ (Schwe­ dische Freizeitsportbewegung) be­ reits 1875 über die Neuansiedlung einer Bootswerft im Stockholmer

Im Jahr 1933 hatte man sich zum dritten Mal und in Anbetracht der bevorstehenden Olympiade zu einer Regeländerung getroffen. Diese hat bis heute Bestand.

Süden, ganz in der Nähe der heuti­

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gen Hammarbyslussen (Hammarbyschleuse, der Übergang

Ausnahme: die Amerikaner. Erst spät erkannten sie ihr

vom Mälaren mit Süßwasser zur Ostsee, dem Salzwasser).

Versäumnis und es dauerte bis in die späten 30er-Jah­

Die Redakteure stellten Betrachtungen darüber an, was

re des 20. Jahrhunderts, bis es Olin Stephens gelang,

eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung für Unterneh­

den Vorsprung der Europäer einzuholen. Unmittelbar

men und für die Ansiedlung weiterer Betriebe wie Segel-

nach der Einigung auf die internationale Meterrenn­

und Seilmachereien, aber auch für Metall verarbeitende

formel setzte in Deutschland ein wahrer Bauboom ein.

Betriebe und damit für die Stadtentwicklung der Region be­

Schon 1910 gab es laut dem Register des Germanisches

deutet. Diese Werften agierten schon damals international.

Lloyds 23 internationale Sechs-Meter-Rennboote. Nur

Nicht nur Henry Rasmussen in Lemwerder verkaufte einen

in Frankreich gab es mehr. Die Register weisen für die

Teil seiner Produktion nach Übersee. Weltmarktführer war

Grand Nation 33 Boote aus. 1913 waren es in Deutsch­

Bjarne Aas, der Schiffsladungen von vier, sechs oder zehn

land bereits 58 Boote, in Frankreich hingegen schon 60.

Schiffen gleichzeitig in die neue Welt exportierte, ebenso

Weltweit gab es 298, und das in nur sechs Jahren! Eine

Johan Anker und Tore Herlin.

erstaunliche Entwicklung.


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Neuer Weltmeister. FRIDOLIN. Foto 2013.

FRIDOLIN. Baujahr 1930, Design und Bau: Tore Holm. Auftraggeber war Carl Matthiessen. Foto circa 1935.

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71 MAY BE VI (FIN 51). Design und Bau: Tore Holm. Baujahr 1946.

LISBETH V (FIN 74). Design und Bau: Johan Anker. Baujahr 1934. Ehemals N 46 MAY BE VI (FIN 51). Design und Bau: Tore Holm. Baujahr 1946.


classic

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CARMELA (SWE 15). Design: Gustav Estlander. Baujahr 1924. Wurde 2009 in einer Werft in Stockholm entdeckt, restauriert und ist seit 2011 wieder auf dem Wasser.


classic

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LILLEVI, SLEIPHNIR und SARA AF HANGÖ.


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Tore Holm.

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Yacht 1928.

Foto // Gustav Grahm/Swedish Marine Museum

Foto // Oscar Norberg/Archiv Swedish Maritime Museum

Foto // Archiv Freundeskreis Klassischer Yachten

Sechser leben über ihre Konstrukteure: Henry Rasmussen Als er die Hose eines Seglers an der Hoteltür zum Reinigen hängen sah, kreuzte er „Hose kürzen“ an. Am nächsten Tag erschien der Segler mit Hochwasserhosen. Johan Anker Er verabschiedete den norwegischen König bei der Regatta, während der der Zweite Weltkrieg ausbrach, mit den Worten „Wir sehen uns bald wieder“. Wie viele andere auch überlebte er den Krieg nicht. Bjarne Aas Er widersetzte sich dem dänischen König, der nachträglich ein modernes Heck für seinen Sechser konstruiert haben wollte. Letztlich machte er es doch. Einem König kann man eben keinen Wunsch/Befehl abschlagen. Zake Westin Er erhielt von Freunden den Auftrag, den schönsten Sechser aus den besten Materialien zu bauen. Wusste aber nicht, dass er ihn geschenkt bekommen sollte. Leider erlebte er die Fertigstellung „seines“ Sechsers nicht mehr.

MAY BE VI 1948.


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AIDIA (GER 59) und SLEIPNIR (GER 17) bei der Rolex Baltic Week 2010 in Kiel.

Der Erste Weltkrieg brachte ein jähes Ende. Das Verbot

Mit der Vergabe der Olympischen Sommerspiele nach

der Teilnahme an internationalen Wettbewerben, als eine

Berlin und Kiel traten auch die Meterrennklassen wieder

der Friedensvertragsbedingungen von Versailles, konnte

ins Bewusstsein der deutschen Segler. Abermals waren

zwar die Ausrichtung regionaler Regatten auf den deut­

es die „Sechser“, aber auch die „Achter“ (beide damals

schen Binnenseen nicht verhindern, aber die Entwicklung

olympisch), die in Vorbereitung auf die Spiele nach vorn

der Bootsklasse wurde nicht mehr aktiv vorangetrieben.

gebracht werden mussten. Ein erneuter Boom, eine zwei­

Wer international segeln wollte, musste sich nach Skan­

te Renaissance begann, führte aber vor Kiel aus deutscher

dinavien orientieren und sich auf die kleinen Schären­

Sicht nur zu mäßigen Erfolgen. Klar dominierend waren

kreuzerklassen beschränken. So entstanden in den Nach­

die Skandinavier. Ein erneuter Weltkrieg, ein erneutes

kriegsjahren auf deutschen Bootswerften viele 22KR- und

Ende – nur diesmal mit totaler Zerstörung. Alles, auch das

30KR-Schärenkreuzer (eine Formel, die übrigens von Ras­

Niet- und Nagelfesteste, war im Krieg verfeuert worden.

mussen und dem Hamburger Reeder Erich Laeisz 1927

Alles Übriggebliebene wurde von den Besatzungsmäch­

auf dem Seglertag in Wien entwickelt wurde).

ten beschlagnahmt oder – schlimmer noch – zerstört.


Völlig unbemerkt und von niemandem wirklich wahrgenom­ men, setzten die Klassiker zeitgleich allerdings zu einer gna­ denlosen Aufholjagd an. Die Kajüten wurden abgebaut und das originale Deckslayout wiederhergestellt, Bleikiele rekon­ struiert und hochleistungsfähige Riggs (zum Teil sogar aus Spruce, dem aus dem klassischen Holzmastbau bekannten astlosen, leichten Fichtenholz) installiert. Die erfolgreichen Boote, die im Laufe des Jahrhunderts unwiederbringlich ver­ loren gegangen waren, werden heute als Repliken nachge­ baut (NIRVANA, APACHE, SARA AF HANGÖ). Mit Folien­ segeln und Rodriggs mutieren sie zu Kampfmaschinen, die ihren modernen Schwestern kaum noch in etwas nachste­ hen, außer beim Start. Dort müssen sie zehn Minuten länger auf ihren Schuss warten. Die schnellsten Boote unter den Klassikern passieren die Ziellinie allerdings nur etwa fünf Minuten nach dem ersten modernen. To be continued ... Kommentar der Autors: Das heutige Momentum ist Grund genug, die nationalen als auch die internationalen Klassenvereinigungen aufzurufen, dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und

AIDA (GER 59). Design und Bau: Bjarne Aas. Baujahr 1936. Nahm unter argentinischer Flagge mit dem Namen WIKING an den Olympischen Spielen 1936 in Kiel teil.

ihre Regelwerke zu überarbeiten. Und damit dem eigentlichen Sinn der von Apotheker Benzon ins Leben gerufenen internationalen Rennformel zu neuer Geltung zu verhelfen. Denn vieles mag sich in den letzten 106 Jahren verändert haben, aber für die aktive, weltweite Sechser-Gemeinschaft gilt, dass die Meter-

Mit den Olympischen Spielen von 1948 in London began­

rennyachten die perfekte Verbindung von klassischer Eleganz,

nen erste vorsichtige Versuche eines Neuanfangs. Die Lis­

Schönheit und sportlicher Herausforderung bei ständigem

ten weisen für 1947 erste und bis heute erfolgreiche Neu­

Fortschritt sind. Oder eben einfach der Inbegriff des Segelns ...

bauten der Sechser aus. Allmählich kam man wieder auf die Füße, baute neue und, wie wir heute sagen können, wohl die vollendetsten Boote der „Third Rule“. Im Jahr 1933 hat­ te man sich zum dritten Mal und in Anbetracht der bevor­ stehenden Olympiade zu einer Regeländerung getroffen. Diese hat bis heute Bestand. 1952 war die 6mR-Klasse zum letzten Mal olympisch. Nun könnte man meinen, dass sie sich damit endgültig aus dem Rampenlicht des Seglerinte­ resses hätte verabschieden müssen, wobei das in Deutsch­ land in gewisser Weise auch zutraf. In Skandinavien, den USA, England, Frankreich sowie Italien hingegen nicht: Die Boote waren und sind der Inbegriff des Schiffes für sport­ lich-elegantes Segeln und niemand ist bereit, auf sie zu ver­ zichten – das gilt bis heute. Bereits in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts gab es eine wesentliche Neuerung: den modernen Sechser (wie auch die modernen Achter oder Zwölfer). Aus Gewichtsersparnis sie sind vorn und hinten abgesägt sowie aus GFK gebaut. Mit allerhand technischer Raffinesse versehen, dominieren diese Boote bis heute die Regattaszene. Die klassischen Meterrennboo­ te (Vintage) starten in der zweiten Reihe. SARA AF HANGÖ.

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79 classic

MELLUM (GER 22). 1935 mit Blick auf die Olympischen Spiele 1936 in Kiel gebaut. Schaffte aber die Qualifikation nicht.

Exkurs: Gesegelt wird bei den Sechsern in zwei Gruppen, so-

lich der erfolgreichste deutsche 6mR-Segler Albert Batzill. Als

dass am Ende zwei Weltmeister gekürt werden: In der klassischen

Skipper segelt er die COURAGE IX von Dietrich Grünau vom

Division, den „Classics“ (vor 1956 gebaut, mit klassischem Lang-

Bodensee und wurde bereits zweimal Weltmeister (2005 und

kiel und eingebautem Ruder), und in der modernen Division, den

2007) und zweimal Europameister (2006 und 2008).

„Moderns“ (nach 1965 gebaut, mit freistehendem Ruder). Beide

segeln auf demselben Regattakurs. Allerdings starten sie nachei-

Neue Weltmeister wurden:

nander mit einem zeitlichen Abstand von fünf bis zehn Minuten.

6mR Classic:

FRIDOLIN/FIN 12

Die längste Anreise haben wohl die Kanadier auf sich genommen.

FLAPPER/NOR 71

Sie stellen mit ihrem Sechser GALLANT den amtierenden Vize-

LLANORIA/US 83

weltmeister der Classic Division, sind amtierende Europameister

2012 und gewannen 2009 die Weltmeisterschaft vor Newport/

6mR Modern:

USA. Titelverteidiger ist in diesem Jahr die finnische SARA AF

ST. FRANXIS IX/CAN 135

HANGÖ, und auch die Drittplatzierten der WM 2011, die Ame-

VALHALLA/GBR 107

rikaner, werden mit dem Sechser LANORIA wieder am Start sein.

COURAGE IX/GER118

In der Division der Moderns liegen neun Meldungen vor, al-

12mR:

lerdings ist der Weltmeister 2011 nicht unter ihnen. Allein aus

TRIVIA/D 1

Deutschland gehen sieben Sechser an den Start, fünf in der

SPHINX/G 4

Classic Division und zwei bei den Moderns. Mit dabei natür-

EVAINE/K 2


D e s S e e m a n n s a l t e K l e i d e r

01

D

ie erste regelmäßige Matrosenbekleidung wird auf

Am ehesten findet man heute historisch überlieferte Details wie Exkragen,

das 15. Jahrhundert datiert. Dort trugen die Seefahrer ei­

weite und kürzere Ärmel, innenliegende Knöpfe etc. bei der bretonischen Fi­

nen Kittel und eine weite wadenlange Hose. Anfang des

scherkleidung. Was für Fischer gut ist, ist für Seemänner gerade recht. Durch­

17. Jahrhunderts gab die englische Marine erstmalig fer­

dachte Details und damit praktischer Nutzen gehen weit über modischen

tige Kleidung an ihre Besatzungen aus, die aus Leinenja­

Schnickschnack hinaus. Winddichte, naturbelassene Materialien (Merino-

cke, Baumwollhose, Weste, Hemd, Mütze und Schuhen

und Schurwolle) werden bis heute verwendet. Natürlich wollen wir aktuelle,

bestand. 1780 wurde der Matrosenanzug Vorbild für die

atmungsaktive Kleidung kaum noch missen, aber Nutz- und Stylewert der

Jungenmode. Vielleicht sollten sie schon frühzeitig an

Kleidung nach „guter alter Väter Sitte“ steht heutzutage hoch im Kurs. Das

die Marine gewöhnt werden. Etwa 1830 wurde dann ein

bestätigt der Trend zu Merinoprodukten in der Outdoor- und Segelbranche.

dunkelblauer („marineblauer“) Anzug zum Modell des Matrosenanzuges. Lange, weite Hose ohne Latz und ein

Vielen Dank an Claus Langenhan, der nicht nur den vorangegangenen 6mR-

Kittel mit breitem eckigen Rückenkragen, der bei echten

Artikel schrieb, sondern sich und seinen Sechser (ELISABETH IV) für unser

Matrosen ein Besatz aus Leder war, um die Kleidung beim

kleines Special zur Verfügung stellte. Keine gestellten Photoshop-Models,

Ziehen der Taue vor Teer zu schützen. Dieser Kragen heißt

sondern bei realistischer Arbeit am Boot aufgenommen. So sehr unterscheidet

Exerzier- oder Exkragen. Die deutsche Matrosenkleidung

sich die Arbeit an Bord von der Arbeit auf Fischerbooten wohl nicht, denn kurze

wurde im Deutschen Reich zentral in Kiel hergestellt. Da­

Ärmel und innenliegende Knöpfe haben auf beiden Booten ihre Berechtigung.

her erhielt sie den Spitznamen „Kieler Anzug“.

Ach ja, bevor Fragen aufkommen: Den Friesennerz haben wir weggelassen.

80


81 vintage

02 01 Mütze: Aus doppeltem Perlfangstrick gefertigt wie der

02 Vareuse: Das Arbeitshemd der Fischer und Seefahrer. Das schwere

Troyer, besitzt die Mütze einen vierfachen Aufschlag.

Ochsenblutrot entstand zum einen daraus, dass Blut als Färbemittel

Da kommt kaum noch Wind durch. Und nebenbei schützt

immer vorhanden war, und zum anderen, damit man auf den rostigen

sie durch ihre Dicke vor Großbäumen und Niedergängen.

Booten nicht jeden Fleck sieht. Die Vareuse hat innenliegende

Firma: Rymhart. Material: Merinowolle. Farben: Marineblau,

Knöpfe, damit diese beim Heben des Fischernetzes nicht abreißen.

Stein und Grafit. Preis: 35 Euro.

Firma: Dalmard Marine. Material: schwere Baumwolle. Preis: 69 Euro.


vintage

03 Streifenhemd: Erstmalig taucht das Shirt 1858 als

Berufskleidung der französischen Marine auf. Durch seine 21 Streifen sollten über Bord gegangene französische Seemänner besser zu erkennen sein. Bis heute wird das Streifenhemd in der französischen Marine getragen. Seit Ende der 1930er-Jahre wird es auch von bretonischen Fischern als Arbeitshemd genutzt – mit kürzeren Ärmeln, damit sie sich nicht in den Fischernetzen verfangen. Rund 25 Jahre brachte Coco Chanel es auf die Laufstege, später trugen Brigitte Bardot oder Jacky Kennedy das Hemd.

06 Pont-Aven: Man könnte sagen: Das ist die feine

Pablo Picasso machte es zu seinem Markenzeichen.

Ausgeh-Takelbluse der Fischer. Es ist quasi die edlere

Firma: Dalmard Marine. Material: Baumwolle. Preis: 59 Euro.

Variante, in der nicht gearbeitet wird, sondern mit der in der Taverne für guten Fang gedankt wird. Heute wird die Takelbluse gern von Shanty-Chören angezogen. An

04 Caban: Seit Jahrhunderten nutzen bretonische Fischer

Bord ist sie ein guter Übergang zwischen der Vareuse

den Caban als Arbeitsjacke. Ursprünglich in Weiß, wird

und – bei kälteren Temperaturen – dem Caban. Klapp­

er seit dem frühen 19. Jahrhundert blau gefärbt. Seither

kragen? Kommt der Wind von hinten, klappt der große

erobert er die Kriegs- und Handelsflotten. Sein Geheimnis?

Kragen über Hals und Nacken – und schützt so vor dem

Beidseitig knöpfbar, damit er je nach Windrichtung windun­

Wind. Firma: Dalmard Marine. Material: Schurwolle. Winddicht.

durchlässig ist. Wichtig für den Steuermann, der Stunden­

Wasserabweisend. Preis: 89 Euro.

lang im Wind stehen muss. Das Familienunternehmen fertigt den Kaban seit mehr als 100 Jahren. Firma: Dalmard Marine. Material: Schurwolle. Wind- und Wasserdicht. Preis: 329 Euro.

07 Troyer: Der klassische Seemannspullover. Seit dem

18. Jahrhundert wird der Pullover von Fischern und Matrosen getragen. Der hohe Kragen, bis tief auf die Brust 05 Sebago-Moc: 1946 wird die Firma von drei Neueng­

abgesetzt, sorgt für Stabilität bis unter die Nase. Zwei

ländern gegründet. Zwei Jahre später, also 1948, kommt

Lagen Wolle sorgen für ein Wärmepolster. Gestrickt im

der erste lederne Bootsschuh auf den Markt. In den

Perlfangmuster, bei dem zwei Lagen übereinander liegen.

1960er-Jahren kauft ein Schweizer ein paar Schuhe und

Firma: Rymhart. Material: Merinowolle von zwei Schafen. Auf

ist so begeistert, dass er sie fortan in Europa vertreibt. Bis

Wunsch mit speziellem Innenfutter. Nummeriert und mit Zertifikat.

dato stellt die Firma Sebago-Moc zwei Paar unterschiedli­

Garantie: ein halbes Leben. Preis: 199 Euro.

che Formen her. Segelschuhe und die legendären Penny Loafer. 1970 kommt der Docksides auf den Markt, der bis heute in nahezu unveränderter Form (Leisten) auf dem Markt ist. Im selben Jahr verschwindet auch der Beiname Moc aus dem Firmennamen. Bis heute werden einige Exemplare (Loafer, Westbroock-Modell) in Maine handge­ näht. Firma: Sebago. Material: 5 Prozent Kalbs- und 95 Prozent Rindsleder. Rohlederne Schnürsenkel, rostfreie Ösen. Farben: Braun, Sand, Blau. Preis: 139,90 Euro.

Herstellernachweis Rymhart: Karl Siegel VertriebsGmbH & Co. KG, Drosselstieg 50, 21682 Stade, +49 4141 99080, info@rymhart.de, www.rymhart.de Dalmard Marine: Elbvision, Patrick Werno, Modering, 22457 Hamburg, +49 40 85102480, p.werno@elbvision.de Sebago: A Division of Wolverine Europe B.V., House of Sports,

82

An der Pönt 45, 40885 Ratingen.


83

03

06

05

04

07


Hands-on SUP – Stand Up Paddling

84


test

wissen to go

schrift // Michael walther bild // Tom Körber

W

as für eine lächerliche Sportart, nur um sich ein Surfbrett aufs Dach zu schnallen und einen auf Surfer zu machen“, dachte ich mir vor etwa zwei Jahren. Der Gedan­

foto // andreas hermsdorf/pixelio.de

85

ke kam mir, als ich zum ersten Mal vom Stand Up Paddling las. Mittlerweile hat sich

das Ganze zu einem echten Boom entwickelt. Inzwischen sieht man an unseren Küsten im­ mer mehr Leute jeder Altersklasse „suppen“. Und „suppen“ hat nichts mit der dünnflüssigen Mahlzeit zu tun, sondern bezieht sich ganz einfach darauf, dass sich ein Paddler mit einem langen Stechpaddel auf ein Surfbrett stellt und lospaddelt. Dies kann in der Welle oder zum Entspannen auf einem See, Fluss oder jedem anderen Gewässer passieren. Nun musste ich mich meinem Vorurteil einmal stellen, damit ich hinterher nicht als ver­ bohrter Segler gelte, dem jedes Wasserfahrzeug mit weniger als zehn Zentimeter Freibord zu gefährlich erscheint. Bei wenig Wind und ruhigem Seegang stellte ich mich also auf ein Testboard der Marke Hobie. Als Katamaransegler muss mir diese Absicherung gestattet sein, zumindest einer Segelmarke treu zu bleiben. Nach 15 Minuten kam mir zum ersten Mal der Gedanke, dass sich dieses Board zum Pad­ deln in den schwedischen Schären, auf der Schlei, auf dem Ammersee und auf allen wei­ teren Gewässern hervorragend eignen müsste, um bei Flaute zumindest ein wenig die At­ mosphäre auf dem Wasser zu genießen. Mit relativ entspannten Paddelschlägen erreicht man lässige Geschwindigkeiten zwischen zwei und vier Knoten, was für den einen oder anderen Ausflug sicher ausreichend ist. Das Spannende bei dieser Art der Fortbewegung ist neben echtem Paddelspaß, dass der Trainingseffekt deutlich umfassender ist. Neben dem Schulter-, Rücken- und Bauchbereich werden auch die Beine mit trainiert, die bei jeder Paddelbewegung die Kraft des Oberkörpers auf das Brett übertragen. Außerdem trainiert so ein wackeliges Brett den Gleichgewichtssinn, was ich bereits nach wenigen Minuten gemerkt habe. Nach und nach steht man sicherer auf dem Brett und kann damit beginnen, die Kraft bestmöglich ins Wasser zu bringen.

01 Im Toten Meer bekommt man keinen Son-

nenbrand: Weil es über 400 Meter unter dem Meeresspiegel liegt, ist die darüber befindliche Dunstschicht so dick, dass die schädlichen UVStrahlen gar nicht erst bis zum Boden kommen.

02 Wenn man „Der weiße Hai” rückwärts schaut, handelt der Film von einem Hai, der so lange Menschen ausspuckt, bis sie eine Strandbar eröffnen.

03 Das Pfeifen unter Wasser ist in Florida verboten. 04 Chopsuey ist eine amerikanische, Ketchup eine chinesische Erfindung.

05 Jede vierte Hexe, die im Mittelalter verbrannt wurde, war ein Mann.

06 Mithilfe des Windes und ihrer Fäden können Spinnen kilometerweit über das offene Meer segeln und so neue Inseln besiedeln.

07 Die Softwarefirma Adobe hat ihren Namen von einem Bach, der am Haus der beiden Firmengründer vorbeiplätscherte.

08 Inuit definieren die Kälte der Nacht über die Anzahl der Hunde, die nötig sind, um warm zu bleiben.

Nun kann man sicher darüber streiten, ob so ein unförmiges Brett nun auch noch auf ein Segelboot gehört. Mein getestetes Hobie-SUP ist ein sogenanntes „Inflatable“, also ein aufblasbares Brett. Die Entwicklung von der Luftmatratze zum Inflatable SUP ist etwa so wie

09 Um den Süßegrad einer Ananas zu steigern, muss man diese salzen.

die von einer Hansekogge zu einem Formula-18-Katamaran. Auch Letzterer ist sicher nicht

10 Krokodile fressen Steine, um tiefer tauchen zu können.

ausgereizt und macht dennoch richtig Spaß. Das von mir getestete Hobie Tour Inflatable

11 Scheibenwischer, kugelsichere Westen und Laserdru-

lässt sich binnen zehn Minuten aus der mitgelieferten Tasche entnehmen und mittels ei­ ner Handpumpe auf etwa 14 PSI aufpumpen. Die Struktur im Inneren des Boards sorgt dafür, dass sich die Ober- und Unterseite nicht gegeneinander verschiebt und die perfek­ te Form behält. Im direkten Vergleich zu einem festen Raceboard sind mir nur minimale Geschwindigkeitsunterschiede aufgefallen. Der Vorteil, insbesondere für uns Segler, das Board einfach ins Vorschiff zu werfen und dann im Laufe des Urlaubs bei Bedarf aufzu­ pumpen, ist für mich hingegen unschlagbar. Die Weiterentwicklung, der Stylefaktor, aber auch die hervorragende Verarbeitungsqualität haben jedoch auch ihren Preis. 1.099 Euro muss man für dieses klasse Sportgerät hinblättern. Es gibt sicher auch günstigere Angebo­ te, ob diese dann jedoch auf Dauer denselben Spaß vermitteln, würde ich bezweifeln.

cker wurden von Frauen erfunden.

12 Um Zeit und Kosten zu sparen, dürfen UPS-Lieferfahrer in Amerika nicht links abbiegen.

13 Zwei Drittel der Menschen auf der Welt haben noch nie Schnee gesehen.

14 Regentropfen fallen im Schnitt mit einer Geschwindigkeit von 22 Stundenkilometern vom Himmel.

15 Um übers Wasser gehen zu können, hätte Jesus eine

Geschwindigkeit von genau 72 km/h haben müssen.


reise

Noonshade schrift & bild // Hans M端hlbauer

86

Siesta


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„Hinter“ dem Golf von Fethiye geht’s weiter! Die lykische Küste bietet nicht nur einen berühmten Wanderweg, sondern teils atemberaubende Küstenstriche mit Ankerplätzen und sogar typische Küstenorte abseits des Charterrummels. Gleichzeitig erwarten eine ganze Reihe moderner und teils nagelneuer Marinas die Gastyachten. Es lohnt sich, nach Osten zu segeln, entlang der Küste bis hinter Alanya.


reise

E

ine Reihe von Charterseglern sucht nach immer

neuen Segelrevieren. Sie haken die Reviere nach Ländern ab: Italien, Kroatien, Griechenland, Türkei … überall schon gewesen. Aber in praktisch jedem Land gibt es mehrere Segelreviere, die so gänzlich unterschiedlich sind, dass es sich lohnt, mehrmals dasselbe Land, aber verschiedene Re­ viere zu besegeln. So auch in der Türkei: Das Zentrum des türkischen Chartertourismus bildet seit Jahren die Region zwischen Bodrum, Marmaris, Göcek und Fethiye. Hier tum­ meln sich die Charteryachten. Erst östlich hiervon wird es ruhiger. Segeln noch manche Chartercrews bis nach Kalkan und Kas, trifft man in Finike, Antalya, Side oder Alanya nur noch auf Fahrtensegler. Bis nach Zypern ist es dann für ei­ nen Chartertörn zu weit. Meint man. Wir machen die Probe aufs Exempel und segeln „andersrum“, also nach Osten.

Ölüdeniz In Göcek, dem ehemaligen Fischerdorf, haben sich inzwi­ schen vier moderne Marinas etabliert, in denen eine große Auswahl an Charteryachten liegt. Praktisch an Göcek ist, dass der Transfer vom Airport Dalaman nur etwa eine halbe Stunde dauert – doppelt so lang fährt man nach Marmaris und Fethiye. Und schön ist, dass gleich nach dem Auslau­ fen aus dem Yachthafen eine Vielzahl geschützter Buchten allein im Golf von Fethiye einen mehrwöchigen Segelurlaub rechtfertigt. Wer aber Meer will, der segelt hinaus auf die offene See, und nach Südost. Als erstes Highlight steht der Besuch von Ölüdeniz, dem wohl berühmtesten Ankerplatz der Türkei, auf dem Programm. Die knapp 20 Segelmeilen sind ein gutes Warm-up am ersten Segeltag. Die gänzlich geschützte Bucht hinter der sandigen Landzunge darf aus Umweltschutzgründen nicht mehr befahren werden, aber gegenüber diesem bekannten Sandstrand ankert man re­ vierüblich vor Buganker mit zwei langen Achterleinen zum Land. Diese bitte nur an Felsen, nicht an Bäumen festma­ chen – das ist bei Strafe verboten und strapaziert außer­ dem die Bäume! Ölüdeniz, die beliebte Landzunge, ist tags von Badetouristen dicht bevölkert – erst in der Ruhe des Abends zeigt sich die Schönheit dieses Platzes.

88

Nur drei Meilen südlich von Kas liegt Kastelorizon, ein kleines Eiland, bereits unter griechischer Flagge!


89

Am nächsten Morgen holen wir aus zum 55-Meilen-Schlag. Kalkan sparen wir uns für die Rückreise auf, die neue Ma­ rina von Kas ist das Tagesziel. Dieser Yachthafen ist nagel­ neu und erstreckt sich entlang der Küstenlinie in der gut geschützten Bucht nördlich des alten Hafens und der Ort­ schaft. Liegeplätze gibt es noch genügend, weshalb Tuncay Özses, der agile Marinamanager, tüchtig Werbung macht, um Eigneryachten aller Größen als Dauerlieger in diesen modernen Yachthafen zu bekommen. Sein-100-TonnenTravellift ist auch für große Superyachten geeignet, um sie dann an Land zu reparieren und überholen zu können.

Kastelorizon Nur drei Meilen südlich von Kas liegt Kastelorizon, ein kleines Eiland, bereits unter griechischer Flagge! Schon im Altertum war es wegen seines Naturhafens an strategisch wichtiger Stelle dicht besiedelt und wechselte immer mal wieder die Besatzungsmacht. Auch unsere Crew will zum Mittagessen heute ausnahmsweise mal „zum Griechen“ gehen. Das klappt in aller Regel auch ohne das Aus- und Einklarierungsprozedere – wir fahren einfach rüber. Aber es gibt auch Skippermeldungen, dass Yachten, die nach ihrem „Griechenland-Ausflug“ direkt nach Kas segelten, erhebli­ che Schwierigkeiten mit den türkischen Behörden wegen illegaler Aus- und Einreise ohne Klarierung bekamen! Die griechische Seite drückt meist beide Augen zu, um den Gastwirten die Kundschaft nicht zu vergraulen.

Die Moschee an der Backbordseite der Einfahrt zur Hafenbucht.


reise

Finike In Finike ist es schon ein wenig anders ... türkischer ... und noch ohne große Hotelburgen. Hier liegt eine der ältesten Marinas dieses Küstenstriches nahe beim Stadtzentrum, das aus sich heraus gewachsen, aber nicht antik ist. Gro­ ße Hotels gibt es hier nicht, weshalb nur wenige auslän­ dische Touristen hierherkommen – so hat sich der typisch türkische Ort seine angenehme Einfachheit bewahrt. Der Wochenmarkt, auf dem die Bäuerinnen der Umgebung ihr frisches Obst, Gemüse, Eier, Käse und weitere Leckereien feilbieten, liegt in Fußmarschentfernung zur Marina. Der sanft abfallende Sandstrand gegenüber der Hafenmole ist einen Kilometer lang.

Golf von Antalya Gut zehn Meilen nach Finike und dem Runden des Kap Taslik Burun wenden wir unseren Kurs nach Norden, in den Golf von Antalya hinein. Von der Turkiz-Marina in Kemer aus ist es – zumindest zwischen September und Mai – möglich,

Demre

in einer Autostunde zum Skifahren hoch in die Berge zu ge­

Die 30 Seemeilen bis nach Demre sind am Nachmittag noch

langen, um abends noch ein angenehmes Bad im Mittelmeer

locker abgesegelt, denn dann hat sich die Thermik bis auf

zu nehmen. Der Ort Chimaira ist bei einem Ausflug in die

etwa 20 Knoten Wind aufgebaut, und das bringt uns auf

Berge sehenswert: Nach Schwefel riechende Gase strömen

Raumschotskurs flinke sieben Knoten Speed. Der durch ein

dort aus der Erde und brennen mit bläulicher Flamme. Hier

Erdbeben versunkenen lykischen Stadt Kekova widmen wir

hat der auf Pegasus reitende Bellerophon das Fabelwesen Chimäre getötet – zumindest der Sage nach. Le­

bei der Vorbeifahrt nur kurz unsere Aufmerksam­ keit, obwohl die knapp unter Wasser liegenden Ruinen und die Sarkophage interessant zu besich­ tigen sind. Es sind (zu Hochsaisonzeiten) zu viele Gulets der „Blauen Reisen“ im sonst so zauberhaf­ ten und absolut geschützten Buchtenrevier rund um Kekova unterwegs, die uns die Entscheidung zum Weitersegeln leicht machen: zu touristisch.

Gleich neben dem Hafen von Demre wartet der lang gezogene Badestrand auf die Sommerfrischler.

Demre Yat Limani, der Hafen von Demre, ist da an­

vent Tokac, der hiesige Marinachef, guckt, dass es seinen Gästen gut geht. Um die Yachten sorgt sich die Marinatechnik in allen Belangen. Antalya ist nun nicht mehr weit! Mit Nordkurs passieren wir eine Hafenbaustelle. Die Wellen­ brecher sind vollendet, die ersten Stege liegen schon aus, aber Yachten oder Fischerboote ha­

ders. Ein Plätzchen am Kai findet sich leicht. Und gleich da­

ben noch nicht im Becken festgemacht ... Mal sehen, was

neben wartet der lang gezogene Badestrand auf die Som­

daraus wird – und wann. In der Stadt treffen wir auch Hasan

merfrischler. Demre ist der Ort, an dem Nikolaus, damals

Kacmaz, Repräsentant der Kreuzer Abteilung des DSV, Or­

Bischof der alten Stadt Myra, gewirkt hat. Später wurde er zur

ganisator internationaler Messepräsenzen, Marinaberater

Kultfigur, die uns bis heute mit Rauschebart und roter Robe

und Erfinder und Initiator der „EMYR“, der Eastern Mediter­

am 6. Dezember die Leviten liest und Geschenke bringt.

ranean Yacht Rally. Jedes Jahr segeln in einer lockeren Flottil­ le die Yachten ab Istanbul entlang der gesamten Küste über Zypern bis nach Ägypten. Er kennt hier schier jeden entlang der Küsten – und er macht alles möglich. Wer einen Broker benötigt, Yachtservice oder sonstige Hilfe: Hasan fragen!

90


91

Eine Marina, in der an Bord dauerhaft gewohnt wird, erkennt man an vielen fest installierten Satellitensch端sseln.

Der alte Hafen von Antalya ist mit Fischerbooten und Ausflugsdampfern voll belegt.

Kormorane m端ssen ihr Gefieder nach dem Futtersuch-Ausflug im Meer an der Sonne trocknen.


reise

92


93

Imposant: die mehrstöckige Bühnenwand. Vor dem Theater warten Kamele auf Kunden für einen Ausritt.

Mehrere Wasserfälle rund um Antalya sorgen gerade vom Wasser aus für spektakuläre Anblicke.

Was sein muss, muss sein: Netzflicken am Vormittag.


reise

Side Östlich von Antalya erstreckt sich bis nach Side eine lange

kämpfen noch ein wenig dagegen an, drehen dann aber

und flache Küstenregion, die durch die hoch aufragenden

ab in eine lauschige Ankerbucht südlich von Finike und

Hotelkomplexe, die sich zuhauf entlang der Küste auftür­

verbummeln den Tag mit Dösen, Angeln (ohne Erfolg),

men, lediglich aus der Ferne zu bestaunen ist. Nicht umsonst

Schnorcheln und Baden – unser Zeitplan lässt dies ja zu.

verzeichnet die Großstadt Antalya mehr als zehn Millionen Besucher pro Jahr, die das ganzjährig gute Klima nutzen und die Hotels bevölkern. Wir segeln die 35 Meilen durch – vor

Golf von Fethiye

allem schnell. Side hat nur einen kleinen Hafen, an dessen

Zwischen Kalkan und dem Golf von Fethiye ist noch die

Ostseite unmittelbar die antiken Ruinen und Säulen zu be­

Küste der sieben Kaps in einem Schlag zu bezwingen. Auch

wundern sind. In der sich anschließenden Altstadt auf einer

hier kommt der frühe Vogel in den Genuss einer angeneh­

Halbinsel reihen sich die Geschäfte, aber so direkt unterhalb

men Passage ohne Gegenanbolzen, wenn man die letzten

der Säulen mit dem Boot zu liegen – das hat schon was!

zwei nassen Stunden bis zum Abfallen in den Golf und zum Hafen von Fethiye nicht mitrechnet.

Gazipasa Limani

94

Hier in Gazipasa Limani ist unser östlichster Punkt und in

Göcek

den kommenden Tagen segeln wir mit Generalkurs West in

Am letzten Tag unseres Törns verholen wir uns nach aus­

Richtung Ausgangshafen, wo wir unsere Charteryacht ab­

giebigem Bad im Meer gemütlich die letzten zehn Meilen

geben müssen. Wir wollten es so: Mit einem langen Schlag

bis nach Göcek, wo wir nachmittags an unserem Liege­

von 150 Meilen überqueren wir den gesamten Golf von An­

platz festmachen. Das Auschecken ist fix erledigt, sodass

talya. Zwischen 24 und 32 Stunden sind dafür eingeplant,

wir unseren Törn stilvoll beenden können. Mehr als 600

was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von viereinhalb

Seemeilen sind auf unserer Logge verewigt! Eine mehr als

bis gut sechs Knoten ergibt. Dies scheint, auch dank der

ordentliche Strecke für einen zweiwöchigen Chartertörn.

Wetterlage, leicht machbar. Falls wir langsamer sind, ha­

Andererseits: Bei Ausbildungstörns werden auch 300 See­

ben wir noch zwei Tage in Reserve. Zum Auslaufen tritt die

meilen pro Woche verlangt und gesegelt – und zusätzlich

traditionelle Wacheinteilung in Kraft: Zwei Wachen à acht

müssen alle Manöver geübt werden, was viel Zeit in An­

Glasen (vier Stunden) für je eine Hälfte der Crew. Der Skip­

spruch nimmt. Diese Strecke ist also zu schaffen, wenn

per bleibt wachfrei, denn er kann, darf, soll, muss geholt/

man sich halbwegs früh auf den Weg macht und auch

geweckt werden, wenn irgendeine Unklarheit besteht. Als

mal eine Nacht durchsegelt. Wer auf den sommerlichen

wir in die Nacht hineingleiten, will niemand von uns schla­

Meltemi achtet, der aus westlichen Richtungen weht, sich

fen – alle sind an Deck, genießen den Sonnenuntergang

am Vormittag aufbaut und gegen Abend wieder abflaut,

und warten auf die Mondsichel über der Kimm. Doch bald

kann bei der Hinreise komfortabel mit halbem Wind oder

fallen einigen doch die Augen zu – bis sie zum Wachwech­

raumschots gut Strecke machen. Wer zeitig ausläuft, kann

sel. Das WÄRE der Plan gewesen ... Den Windgott Äolus

ruppiges Gegenan-Aufkreuzen minimieren und schon früh

nicht mitgerechnet. Während wir mit leichter Brise durch

in den Häfen einlaufen. Da gibt es oft noch die besseren

die Nacht über den Golf von Antalya rutschen konnten,

Liegelätze und genügend Zeit für Exkursionen. Wer nicht

bläst uns der auffrischende Meltemi am Vormittag nach

so viele Meilen absegeln möchte oder kann, macht schon

Passieren des Kaps Taslik Burun die Gischt ins Gesicht! Wir

in Antalya oder noch früher kehrt.


95

Die neue Marina in Kas liegt ortsnah in einer wettergeschützten Bucht.

Marinas Name

Telefon

E-Mail

Web

Info Hasan Kaçmaz,

Club Marina, Göcek

+90 252 6451800

info@clubmarina.com.tr

www.turkeyclubmarina.net

+90 242 323 6680,

Marin Turk Village Port, Göcek

+90 252 6452229

villageport@marinturk.com.tr

www.marinturk.com.tr

mobil +90 532 441 7616,

Marina Türk Exclusive, Göcek

+90 252 6452229

exclusive@marinturk.com.tr

www.marinturk.com.tr

hasan@east-med.com,

D-Marina Göcek Marina, Göcek

+90 252 6451520

gocek@d-marin.com

www.dogusmarina.com.tr

www.east-med.com

Ece Seray Marina, Fethiye

+90 252 6128829

marina@ecemarina.com

www.ecemarina.com.tr

Kas Marina, Kas

+90 242 8363470

Tuncay@seturmarinas.com

www.kasmarina.com.tr

Udo Hinnerkopf –

Setur Finike Marina, Finike

+90 392 366 2611

ziyadal@seturmarinas.com

www.seturmarinas.com

viele detaillierte Türkei-Infos:

Kemer Türkiz Marina, Kemer

+90 242 8141490

Levent.tokac@aytint.com

www.kemerturkizmarina.com

www.insidersegeln.de

Çelebi Marina, Antalya

+90 242 2593359

Fusun.aldirmazoglu@celebi.com

www.celebimarina.com

Alanya Marina, Alanya

+90 242 5121219

manager@alanyamarina.com.tr

www.alanyamarina.com.tr

Side

Göcek Golf von Fethiye Ölüdeniz

Türkei Golf von Antalya Finike Demre

Kastelorizon

Gazipasa Limani


ausblick

watch out now

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Sailing Journal 4/2013 erscheint Ende November. Einmal im Jahr brennt das Meer: Unsere Photo Issue. Sichtweisen. Perspektiven: Wo kommen die ganzen Segelfotos her? Blaue Flecken. Kaputte Kameras. Schlechte Bootsfahrer: Der Job des Fotografen. AINHOA Sanchez: Eine Frau im Business. Die besten Fotos der Saison.

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96

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Die Beaufort-Skala ist eine anschaulich beschreibende Skala, die den Namen eines Mannes tr채gt, der verr체ckt nach anschaulichen und pr채zisen Beschreibungen war. Die nach einem Mann benannt ist, f체r den Beobachtung einfach unverzichtbar war, bis an sein Lebensende, als er nur noch beobachten konnte, wie es mit seiner Gesundheit bergab ging.

Scott Huler. Die Sprache des Windes. mareVerlag

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A new wAy of overtAking.

Ingenieur Chronograph Racer. Ref. 3785 : Diese Uhr kennt

boden: Dort ist ein FORMEL 1-Bolide graviert.

iwc . engineered for men .

nur eine Richtung. Nach vorne. Mit einem unserer ef fektivsten Antriebe, dem Kaliber 89361, im massiven Edelstahlgehäuse ist sie dafür bestens gerüstet. Den einzigen Rückblick, den die Ingenieur Chronograph Racer gestattet, ist der Blick auf den Gehäuse-

Mechanisches Manufaktur-Chronographenwerk, Automatischer Aufzug, Gangreserve nach Vollaufzug 68 Stunden, Datumsanzeige mit Schnelleinstellung über die Krone, Stoppfunktion Stunde, Minute und Sekunde, Stunden- und Minutenzähler, kombiniert in einem Compteur bei 12 Uhr, Flybackfunktion, Kleine Sekunde mit Stoppvorrichtung, Verschraubte Krone, Saphirglas ist beidseitig entspiegelt, Wasserdicht 12 bar, Gehäusehöhe 14,5 mm, Durchmesser 45 mm

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