SAILING JOURNAL 57

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j ahre

Lich t bi l d

r o l e x

sy d n e y

&

Geschich t e n - m a g a z i n

h o bar t

y ach t

race

es f o l g e n dir hi m m e l & l ich t fair l ie

r o ads

# 57 | 01/2014 | D 6,00 € | A 6,00 € | CH 10 SFR | Benelux/E/I 7,20 €


e l l e W r e d . g n Auf u r e t s i e g e B der oche. 2014. i W n r u e J l . e i 29 er K 1. bis tner d r a p Vom 2 m u Premi Audi – en am groĂ&#x; nehmen l ie p Jetzt teil inns ing Gew e Audi Sail ailing.d s iw.aud w w f u a


Light Line

"Forward to the Sea, and the Sea comes back to you and there is no escaping when you’re a fish. The nets of summer destiny.“

Jack Kerouac. Mexico City Blues.

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E D ITORIA L

Generation X

dafür. Um Ausreden, wenn wir keine Lust hatten, waren wir nie verlegen. Oft trieb uns das schlechte Gewissen dann doch in den Supermarkt um die Ecke, der damals herrlich überschaubar und somit super war. Viele der damaligen Hersteller gibt es heute nicht mehr. Die Firmen konnten sich auf ihre Kunden verlassen – einmal Ariel, immer Ariel. Wir hatten

Klar bei 50? 1964 geboren, wuchs ich noch mit in Stereokommoden

peinlich genaue Anweisungen: nur DIESES Waschmittel, nur DIESE

integrierten Schwarz-Weiß-Fernsehern, Langspielplatten von Bach-

Butter, nur DIESEN Käse. Herrlich simpel. Eine geringere Auswahl kann

man-Turner-Overdrive, Smokie und T-Rex auf. Die Musik, die ich

auch Luxus bedeuten. Bio gab es nicht, kannten wir nicht, aßen wir nicht.

hören wollte, nahm ich mit einem Kassettenrekorder (Doppeldecker) in wöchentlichen Radiosendungen auf, vorzugsweise auf AFN (Ameri-

Was ist aber geblieben vom Rekordjahrgang der deutschen Nachkriegs-

can Forces Network) oder im RIAS (Radio im amerikanischen Sektor).

geschichte außer der Tatsache, dass wir viele waren? Die 68er waren

Auch wir waren in Berlin knapp 40 Schüler in unseren Klassen, die Leh-

schon am Abebben, Feminismus betraf uns nur peripher, No Future und

rer hatten Mühe, alle in den Griff zu bekommen. Es gab wenige Kinder,

No Nukes (Atomkraft? Nein Danke!) waren zu weit weg, zu global. Nicht

die keine Geschwister hatten. Immer war da wenigstens Bruder oder

unsere Kämpfe. Eine wie auch immer geartete Revolution war weit und

Schwester. Einzelkinder kamen so gut wie nie vor.

breit nicht in Sicht, dafür hatten unsere Telefone (orange oder grün) Wählscheiben (später Tasten), wir schrieben auf Schreibmaschinen,

1964 wurden mehr als 1,3 Millionen Kinder geboren. Wenn Kinder all-

hörten Musik auf Kassetten (TDK oder Maxell) und im Fernsehen lief

gemeinhin als Vertrauen in die Zukunft angesehen werden, waren un-

Rockpalast in der Dortmunder Westfalenhalle – die ganze Nacht. Seit-

sere Eltern mehr als euphorisch. Im Sommer gingen wir nachmittags

dem geschah viel. Waren wir vielleicht die erste Generation, die zu gar keiner Generation gehö-

ins Schwimmbad, machten dort Hausaufgaben, schauten nach Mädchen und aßen Pommes. Zu Hause sein mussten wir erst, wenn die Straßenlaternen angingen (zugebenermaßen gingen die

Unsere Mütter brüllten über den Hof, wenn das Abendbrot fertig war. Beim Bäcker gab es Kuchenkrümel und der Kinderarzt sah mich nur alle Jubeljahre.

damals früher an). Wir trieben uns

ren wollte? Waren wir zu nett? Außer dass wir bei der Volkszählung unsere Teilnahme verweigerten, gab es wenig offiziellen Widerstand.

rum, meistens auf der Straße, auf Abenteuerspielplätzen, in Hinterhöfen,

Von Hausbesetzern und Punks in Berlin mal abgesehen. Shit happens.

spielten Fußball, die Teppichklopfstange war das Tor. Wir waren Heyn-

Wir fielen praktisch nie auf, keine Kulturrevolution, die sexuelle war auch

ckes, Netzer oder Stielike. Wenn meine Großmutter einkaufen ging, sah

schon durch. Vielleicht waren wir eher Helden des Alltags als Maulhel-

ich zu, dass ich mit ihr ging, denn wir schauten in einem Spielzeuggeschäft

den, wie es – so schön nüchtern – Anfang des Jahres in der WAMS stand.

mit einem älteren Herrn in grauem Kittel vorbei. Mein Paradies. Beim Bäcker gab es Kuchenkrümel. Wir waren für unsere Eltern weder greif-

Jubiläum. Soso. Zehn Jahre. Wer uns kennt, weiß, dass große Wor-

noch erreichbar. Die hatten genug zu tun, sie mussten arbeiten. Wenn

te unser Ding nicht sind. Die Frage muss erlaubt sein: Wie zur Hölle

was war, gingen wir in eine Telefonzelle oder meldeten uns eben nicht.

konnten wir eigentlich seit 2004 überleben? Mit unserer suboptimalen

Abends war dann Alarm. Niemand machte sich Gedanken, der Kinder-

PR-Allergie, unserem nicht vorhandenen Marketing, ohne hippe After-

arzt sah mich alle Jubeljahre, wir wurden krank und gesundeten wieder.

Work-Sailing-Events, ohne forsche Messeauftritte? Ohne große Klappe? Ohne hinreißende Garantien, ohne halsbrecherische Versprechen, ohne

Inzwischen wurde das Fernsehen bunter. Politik war ewig weit weg, da-

vollmundiges Schlechtreden anderer Segelmagazine? Eine selbsttrüge-

für gab es aufgrund der Ölkrise autofreie Sonntage, in den wir die Auto-

rische „Wir-sind-die-Besten-Attitüde“ war noch nie unser Eigen. Unbe-

bahnen belagerten. Später fand ich immer und überall einen Parkplatz.

darfte oder Neider würden das als Arroganz bezeichnen. Dem ist nicht

Nicht nur mit meinem ersten Auto, einem VW Käfer, sondern auch in den

so. Vielleicht liegt es einfach nur daran, dass wir uns selbst für gar nicht

darauf folgenden Jahren. Wir bastelten, schmierten Gum-Gum-Kleber an

so wichtig halten, im Gegensatz zum Magazin.

Auspuffe, in Türen und unter Schweller. Von der Versicherung indes gab

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es jedes Jahr Geld zurück, wenn man keinen Unfall baute. Alles ohne

Das muss man sich erst einmal leisten können, finden Sie? Wenn Sie das

Smartphone. Wir waren nicht ständig erreichbar, wurden nicht genervt,

denken würden, hätten Sie wohl recht. Konnten wir uns aber nie leisten,

nervten höchstens andere Erwachsene. Unsere Mütter brüllten über den

taten es dennoch. Nicht aus Arroganz, eher weil es für uns der einzige

Hof, wenn das Essen fertig war, während ältere Bewohner auf Kissen ge-

Weg ist. Das, was am Ende überzeugt, ist das Endprodukt. Und im Zwei-

lehnt seelenruhig eine Zigarette rauchten. Um unser Taschengeld aufzu-

fel dessen Macher. Wir haben uns nie von Firmen erpressen lassen, ver-

bessern, gingen wir für ältere Damen einkaufen und wurden gut entlohnt

zichteten mehr als einmal auf Werbekunden und kommen seit Anbeginn


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mit einem Minimum an Ressourcen aus. Das schreibe ich nicht ohne Stolz.

Wir denken, dass gerade heute Stolz, Unbequemlichkeit und Konse-

Auf Jan Weisner, der das SJ seit 2006 als Grafiker betreut, und Michael Wal-

quenz keine bleiernen Worthülsen sein müssen. Das ganze Geheimnis?

ther, einen langjährigen Weggefährten, der dem SJ die segeltechnische

Aufgepasst jetzt, auch ihr da hinten in der letzten Reihe: Respekt. Wir

Note gibt, die bis dato fehlte und die ich – ehrlich gesagt – nie beisteuern

behandeln andere so, wie wir behandelt werden möchten.

konnte. Kein Wunder, komme ich doch eher aus der kreativen Ecke. 10. Zehn. Beruhigend und beunruhigend zugleich. Wie viele Sorgen Mittlerweile in dieser dritten Besetzung werkelnd, sucht das Sailing Journal

müssen wir uns eigentlich um Print machen, wenn schon die Hörzu ein

immer noch. Wenn diese Suche eines Tages beendet sein sollte, kann es

Reportagemagazin herausbringt?

stolz erhobenen Hauptes abtreten. So wie das Leben eine ständige Suche sein sollte, sollte es ein Magazin auch sein. Von Beginn an darauf ausgelegt,

Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, im Editorial keinesfalls über In-

Sie als Leser mitzunehmen und sich nicht auf durchlässigen „Unsere Leser

halte zu schreiben (dafür ist das Inhaltsverzeichnis da), mache ich in die-

möchten das“-Ausreden ausruhen. Wir machen das Sailing Journal nach

sem Fall eine Ausnahme: die Flucht von Heinrich Behrendt, dem Groß-

wie vor mit mehr Herzblut als finanziellen Mitteln. Gleichwohl, und zum

vater von Daniel Opitz. Er ist nicht nur Kolumnist des Sailing Journals,

ersten Mal, ohne störende Einflüsse von außen und innen. Mal werden die

sondern auch einer meiner besten Freunde. Im Herbst vergangenen Jah-

Ausgaben interessanter und mal eben nicht. Mal entwickelt sich die Grafik

res zeigte er mir ein Fotoalbum seines Großvaters und erzählte mir dessen

ein, zwei Schritte zu weit – alles besser als Beton anrühren.

Geschichte. Daniels Mutter schenkte es ihm zu seinem 38. Geburtstag. Lange ordnete und sammelte sie alte Fotos und Landkarten. Noch län-

Ja, wir waren die Ersten, die Segeln mit Lifestyle verknüpften (andere folg-

ger schrieb sie das handgeschriebene Tagebuch (in sehr kleiner, enger

ten erst Jahre später). Ja, wir waren die Ersten, die einen verkrusteten Markt

Schrift mit Bleistift geschrieben) ihres Vaters ab. Daniels 38. Geburtstag

aufbrachen (alte Seilschaften blocken uns bis heute ab). Ja, wir waren die Ersten, die die Bildsprache etwas weiter und moderner auslegten (selektive Schärfe, Fisheye). Ja, wir waren die Ersten, die das

war natürlich ein exakt ge-

Wie zur Hölle konnten wir eigentlich seit 2004 überleben? Ohne anständiges Marketing, ohne groSSe Klappe? Vielleicht durch das Endprodukt?

Durchschnittslesealter auf Mitte 40

wählter Zeitpunkt, denn in ebendiesem Alter flüchtete Heinrich Behrendt aus Danzig in einem Segelboot über die Ostsee. Friderike, Daniels Mutter, hatte

herunterbrachen. Ja, wir änderten jedes Jahr das Layout, um es Nachah-

nichts gegen eine Veröffentlichung, vertraute sie doch uns beiden,

mern schwerer zu machen (und weil es uns schnell zu langweilig wurde).

dass wir auch mit ihrem Erbe sorgfältig umgehen. Liebe Friderike,

Nein, wir sehen uns nicht als Visual Leader. Obwohl wir es vielleicht sind.

lieber Daniel, ich bin sehr stolz, dass ihr mir beide dieses Vertrauen entgegenbrachtet, diesen sehr persönlichen, ja schon historischen

Ja, wir könnten auch ohne Segeln leben. Nein, wir wollen es aber nicht.

Teil eurer Familiengeschichte zu veröffentlichen. Wir sprachen mit ehemaligen, noch lebenden Weggefährten Heinrichs, die zusammen

Ja, wir sind Wassersportler. Wir kommen vom Surfen, vom Windsurfen.

mit ihm den Nachfolgesegelclub des Segelclubs Danzig in Kiel grün-

Vom Funsport also. Jetzt Segeln. Alle sind Wassersportler. Sie spüren, sie

deten, den Yacht-Club Godewind, wir trafen uns mit Wilfried Horns

riechen, sie sehen das Meer auf eine intensivere Art und Weise. Die Kon-

(Freundeskreis Klassischer Yachten), der uns bei der Identifikation

sequenz war 2004 das Sailing Journal. Heute nennt man so was Bookazine

der Segelboote im Fotoalbum half.

oder Coffee-Table-Book. Damals war eine andere Zeit. Jeder nach 1980 geborene, der diese Geschichte liest, sollte sich bewusst Sehen Sie, so viel haben wir über das SJ noch nie schwadroniert. Aber gut

machen, dass sie Realität war und zum Trauma einer ganzen Generation

erzogen sind wir schon, daher möchten wir uns bei allen bedanken, die

wurde, so wie es Guido Knoop (ZDF-Chefhistoriker) formulierte. Dani-

uns seit 2004 unterstützten und unterstützen. Freischaffende Fotogra-

el, als Filmemacher und Dokumentarfilmer, sprach nicht nur mit Guido

fen, autonome Autoren, freidenkende Firmen, die ebenso wie wir nicht

Knoop über dieses Thema, sondern auch mit einem bekannten deut-

mit der Masse schwimmen, sondern einen freien und klaren Gedanken

schen Schauspieler über eine mögliche Verfilmung. Eine Verfilmung sei-

fassen können, wissen, was sie wollen, und noch wichtiger: was sie nicht

nes Erbes, seiner eigenen Vergangenheit und der seiner Mutter. Wohl

wollen. Ebenso danken wir so einigen feurigen Chefredakteuren, die von

dem, der dazu in die Lage ist.

ihrer Kanzel gegen uns predigten und uns somit die PR abnahmen, oder anderen, die uns schon vor Jahren in kürzester Zeit plattmachen wollten. Wir sahen damals höflich darüber hinweg. Danke, Leute. Wenn ihr euch angesprochen fühlt, dann soll es so sein.

Tom Körber. Chefredakteur.


one for the road

als print erhältlich unter www.sailing-journal.de – Grösse: Leinwand 50 x 40 ZENTIMETER für 99 euro oder Poster 60 x 45 für 69 Euro.

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„ This Image was shot soon after the start of The Fastnet Rolex Cup 2013. With over 300 boats taking part, starting at different times I wanted to capture a feeling of a large fleet. As the boats exited the solent they would congregate together with the larger boats catching up with the smaller ones. Shooting from a helicopter I chose to shoot into the light to create a more dramatic mood. I was using the Nikon D4 with a 2.8/400mm.

Kurt Arrigo.


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Covershot // Rolex/Daniel Forster

inhalt

W h at w o r k s , w o r k s – R o l e x S y d n e y H o b a r t Yac h t R ac e .

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N o b ac k s e at d r i v i n g – M o d e m ac h t m u n t e r

vor allem im Frühjahr.

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S a n d – V o r n e S a n d . H i n t e n M e e r . Da z w i s c h e n e i n Z i s c h e n .

Fairlie Roads – Schotten sind clevere Leute: bei dem schlechten Wetter findet die Regatta nur alle paar Jahre statt.

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Es f o l g e n d i r H i m m e l u n d L i c h t – Tag e b u c h e i n e r F l u c h t ü b e r d i e Os t s e e i m Z w e i t e n W e l t k r i e g .

B e t w e e n P l ac e s – D r e h a r b e i t e n e i n e s S e g e l - u n d K l e t t e r f i l m s i n G r ö n l a n d .

Editorial 4 One for the Road 6 Leserstimmen 10 Kolumnen 30/50 Style 86 Technik 88 1 Frage - 10 Antworten 90 Ausprobiert 92 Lesen/wissen to go 114 Swing is king 126 Ausblick/Impressum 128 Abo 129

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illustration // Pierre Hervé

Tom Körber Er sieht die Welt nur noch in Bildausschnitten und Perspektiven. Das kann mitunter sehr belastend sein – für die Augen und das Gehirn. Ob analog oder digital ist dabei völlig egal. Über Tellerränder und in Magazine zu schauen, ist seine zweite große Leidenschaft. Das Sailing Journal basiert auf seiner Idee.

Jan Weisner Bei seiner Leidenschaft für anspruchsvolles und schönes Layout kam 2007 das Sailing Journal gerade zum richtigen Zeitpunkt. Er ist seither für die grafische Umsetzung und Druckvorstufe zuständig. Mit seiner Firma Outline-­Graphix gestaltet er noch weitere erstklassige Wassersport-Magazine.

Michael Walther Wenn er nicht segelt, denkt er übers Segeln nach. Und wenn er nicht übers Segeln nachdenkt, redet er darüber. Mehr Segeln geht kaum. Der fertige Jurist liebt Mehrrümpfer. Egal ob auf einem F18 bei der Archipelago Raid, auf einem Extreme 40 mit Roland Gäbler oder, oder, oder …

Felix Kling | Büro Bodensee/Bayern Er segelt, egal ob auf historischen Yachten wie auf der BAYERN II oder modernen Booten wie Starboot. Er fotografiert, er gibt mit Sailing Media Wettkampfregelwerke heraus und seit Neuestem ist er unser Mann am Bodensee und in Bayern. Die Adresse finden Sie hinten im Impressum.


zehn Jahre Sailing Journal Rolf Haldemann, Schweiz

Christian Thor, Friedrichsdorf

An Ostern vor circa zehn Jahren, unsere Ferien endeten in Cuxhaven, ent-

Unglaublich, dass nun schon zehn Jahre vergangen sind, seit ich das erste

deckte meine Frau das Sailing Journal am Bahnhofskiosk. Mein erster Ge-

SJ aufgeschlagen habe. In den letzten Ausgaben hat das Magazin den für

danke war: „Endlich ein gutes Journal über den Segelsport.“ In der Schweiz

mich wichtigsten Inhalt, den des „Soul-Segelns“, zurückerhalten. Gerade

war es nicht einfach, an das Sailing Journal zu gelangen, und so fuhren wir

dieser Teil hat mich damals dazu bewogen, das SJ zu abonnieren und na-

mit dem Zug von Basel nach Freiburg. Bald entdeckten wir, dass es mit

hezu jede Ausgabe bis auf den letzten Artikel aufzusaugen. Artikel über

Ihrem Angebot durch ein Abonnement einfacher würde, was wegen des

das neueste Material sind natürlich sehr interessant, aber besonders die

Zolls und der Post oftmals Probleme bereitete. Aber wir bekamen immer

Geschichten über die Menschen, die es einsetzen, machen die Seele

Ersatzlieferungen, die jedes Mal bei uns eintrafen. Für mich war und ist

des Magazins aus. Ihr individuelles Editorial hat selbstverständlich auch

das Sailing Journal das beste Segelmagazin und so gaben wir niemals auf,

einen festen Leseplatz, denn dadurch wird das Magazin erst authen-

an diese Zeitschrift zu gelangen. Auch nach verschiedenen Hoch und

tisch. Ich freue mich bereits jetzt schon auf die nächsten Ausgaben, in

Tiefs – wir sind immer noch mit Freude dabei!! Es muss uns etwas verbin-

der Hoffnung, dass sie mir der Briefträger nicht wieder wegschnappt …

den, sodass wir Tom Körber sogar bei einer Chance von 1:1.000.000 in Kiel während der Kieler Woche trafen. Zufälle gibt es wohl nicht, oder?

Ludger Gawlitta, Berlin Ich lese das Sailing Journal seit zehn Jahren. Manchmal, wenn ich – be-

Andreas Potthoff, Köln

rufsbedingt – keine Zeit zum Lesen habe, reicht es mir auch, mir einfach

Das Sailing Journal ist anders, zum Glück. Anders als die Etablierten, die

die wunderbaren Aufnahmen anzusehen. Die Bilder sind überragend.

über unsere Passion berichten. Als „Soulsailer“ lange schon enttäuscht

Bitte weiter so und vielleicht noch mehr aktuelle Regattainformationen.

und gelangweilt über angestaubte, fast altbackene und klischeebehaftete Berichterstattungen, immer suchend nach neuer Darstellung

Jörg Posny, Hamburg

und bildlicher Inspiration, offenbarte sich quasi damals das völlig an-

Zunächst einmal möchte ich sagen, dass das Sailing Journal die einzige

dere SJ und ich habe es sofort gekauft, abonniert und verschlungen.

Zeitschrift ist, die ich jemals abonniert habe. Ich finde es nämlich wich-

tig, ein Zeichen der Unterstützung für so ein „kleines“ Nischenprodukt

Die anderen deutschsprachigen Magazine erscheinen auch zehn Jah-

zu setzen. Insbesondere wenn es so gut gemacht wird. Besonders in

re später noch immer zu traditionell, mit alljährlich wiederkehrenden

Erinnerung blieb mir mein Adressenwechsel nach Hamburg, den ich

Themen, leicht aktualisiert, aber sich doch ständig wiederholend und

vor ca. fünf Jahren per Email meldete. Als Antwort bekam ich die zu-

tendenziell zu einseitig im Classic- und Big-Boat-Genre angesiedelt.

sätzliche Notiz, dass ich ja nun schon mal näher an die Küste gekom-

Dem Gewohnten verpflichtet und meist ohne Blick über jedwede Tel-

men bin. Diese persönliche Meldung hat mich sehr gefreut. Ich hatte

lerränder. Dies ist sicher historisch so gewachsen, groß geworden und

aufgrund schmerzlicher Erfahrung nicht daran geglaubt, dass neben

scheinbar immer noch erfolgreich genug.

der übermächtigen Yacht eine weitere Segelzeitschrift bestehen kann.

Umso mehr freut es mich, dass ich mich geirrt habe, und freue mich auf

Das SJ ging und geht andere Wege, rettete sich glücklicherweise aus

weitere schöne Hefte.

derartigen Zwängen und dem kurzzeitig vermuteten Untergang durch Unterordnung eines selbsternannt erfolgreicheren Segelmagazins. Ich

Helmut Spohn, Eching

finde auf jeder Seite jeder SJ-Ausgabe das Gesuchte, dargestellt und

Mit großer Neugierde habe ich vor zehn Jahren die erste Ausgabe des

beschrieben von Leuten, die den jeweiligen Bereich auch „leben“. So-

Sailing Journals gelesen. Es hat mich von Beginn an begeistert. Trotz ver-

gar wir Kat-Segler werden bei euch von eben einen solchem „Verrück-

schiedener Wirrungen in der Aufmachung und der Herausgabe, bin ich

ten“ versorgt. Herrliches Segeln, in meist kunstvollen Bildern, grafisch

dem Sailing Journal über alle Jahre treu geblieben. Es hebt sich mit sei-

immer fantastisch verpackt, eingestreut tiefgehende Blicke auf gleichsam

ner hochwertigen Aufmachung, den tollen Fotos und den nicht alltägli-

begeisterte Menschen, da erscheint der Wunsch nach einer gelegentli-

chen Berichten wohltuend von der Masse der vielen Segelmagazine ab.

chen Rubrik mit Details technischer Entwicklungen in Jollen- und Cat-

Herzlichen Glückwunsch dem Sailing-Journal-Team und weiterhin eine

Klassen, wie einst das „selige“ Magazin REGATTA bot, fast vermessen.

glückliche Hand bei der Gestaltung.“

Glückwunsch zu eurem Jubiläum, macht weiter wie bisher, geht eu-

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Birgit Stamp-Oehme, Lübeck

ren eingeschlagenen Weg genauso weiter. So bleibt SJ auch die kom-

Vor mir liegt die Ausgabe Nr. 1 vom Jan./Feb. 2004. Beim Durchblättern

menden zehn Jahre dort, wo es hingehört: immer in Griffweite.

verliere ich mich gleich wieder in den Texten und Fotos und finde sie


11 L e s e r s t i mm e n

heute noch genauso aktuell wie vor zehn Jahren. Schön ist es aber auch zu

Segelpresse. Manchmal blättere ich es erst nur durch und schaue mir die

sehen, dass nicht nur wir älter werden, sondern auch ein Gunnar Struck-

Bilder an, verweile hier und da bei Dingen, die mich neugierig machen,

mann, den ich auf der „boot“ getroffen habe. Sicherlich gab es in den

und lese die Texte erst später. In eine Welt blicken, die von Freiheit ge-

letzten zehn Jahren auch Ausgaben, die mich wenig oder auch gar nicht

prägt ist, das macht das SJ für mich möglich, das drücken auch die Fotos

angesprochen haben, dennoch habe ich sie alle gesammelt. Und es sind

und Texte aus. Was soll ich da noch sagen: Ich freue mich auf die nächste

vielleicht gerade diese Ausgaben, die ich heute mit großer Begeisterung

Ausgabe! Lieben Gruß und viel Spaß für die nächsten zehn Jahre.

lese. Einfach nur mal wieder eine alte Ausgabe durchblättern und sich von den schönen Fotos einfangen lassen. In der aktuelle Ausgabe Nr. 56

Roland & Nahid Gäbler, Bremen

04/2013 fließen für mich die positiven Aspekte der zehnjährigen Entwick-

Jede Ausgabe des Sailing Journals ist für uns ein Kunstwerk. Hier se-

lung zusammen. Die Ausgabe ist grandios! Will sagen: Das Format stimmt.

hen wir Segeln in einer ganz besonderen Art und Weise. Fotos und Text

Lange Texte, kurze Texte oder eben nur eine kurze Info und die Fotos sind

vereinen sich in einer faszinierenden Form. Es ist ein Hochgenuss die

einfach genial. Freu mich und bin gespannt auf die nächsten zehn Jahre.

Seiten zu lesen. Das Talent von Tom Körber und seinem Team ist außergewöhnlich. Bitte weiter so!

Matthias Müller-Wolfgramm, Hannover Zehn Jahre SJ – Glückwunsch. Nicht zu allem, aber im Wesentlichen:

Christoph Fink, Hannover

Bestnoten. Die ersten Nummern: Toll. Klasse Bilder, nicht so konsumig

Als im Jahr 2004 die erste Ausgabe des Sailing Journal am Kiosk lag, war

das Heft, etwas avantgardistisch, fein layoutet. Niedriger Preis für so ein

mir schnell klar, dass es anders ist als der Mainstream der am Markt be-

Heft. Warum? Halten die das durch?

findlichen Magazine. Das Design und die Aufmachung sind klar und gut aufeinander abgestimmt. Die Wahl der Themen ist oft immer etwas näher

Die Mühen der Ebene: In den Jahren drei bis fünf die Themen nicht mehr

und direkter am Thema Segeln mit all seinen Facetten. Man hat – auch auf-

so speziell. Tastendes Suchen nach dem redaktionellen Profil. Nach wie

grund der vielen grandiosen Bilder – den Eindruck, direkt am Geschehen

vor großartige Bilder, sehr materiell, intensiv, fühlbar. Highlights in Holz-

teilzunehmen. Dies ist besonders spürbar, seitdem das Heft im vergange-

bootwerkstätten, auf Regatten, auch mal kleinere Bootsklassen als Zaun-

nen Jahr wieder in die ursprünglichen Gründerhände zurückgekommen

gäste. Für den eingefleischten Kat-Segler schöne Momente, auch wenn’s

ist. Der „alte“ klare Stil und die entsprechende Struktur, die in der Zwi-

»nur« um Jollen geht. Etwas beliebig, da wo es um Menschen und Events

schenzeit in den Hintergrund getreten waren, sind wieder sichtbar. Eine

geht, über die auch in anderen Medien Berichte laufen. Also VOR und

von mir zwischenzeitlich erwogene Kündigung des Abos ist daher heute

AC durchaus verzichtbar. Seid doch sonst so eigensinnig und mutig.

kein Thema mehr. Der Mut, nicht der Versuchung zu erliegen, das Heft mit zahllosen Anzeigen „zuzupflastern“, sondern mit großformatigen Bildern

Große Befürchtung: In der großen Delius-Klasing-Familie bestimmt »Sy-

einen eigenen Stil zu pflegen, verdient Respekt und Unterstützung. So ge-

nergie« das Design und den Inhalt. Kam aber nicht so. Danke. Dafür

lingt es mit dem Layout heute auch, die vorhandenen Anzeigen im Sailing

jetzt mehr Rechtschreibfehler und kreative Interpunktion. Naja. Solange

Journal als Bestandteil des Heftes wirken zu lassen. Ich wünsche mir für die

die Bilder gut bleiben. Preis jetzt so wie anfangs erwartet. Der Wechsel

nächsten zehn Jahre, dass es gelingt, diese Besonderheiten zu bewahren

schlecht kommuniziert, hätte man besser ankündigen können. Hätte ich

und den etwas anderen Blickwinkel beizubehalten.

fast gekündigt. Wegen des unerwarteten »Rollgriffs« ins Portemonnaie.

Alexander Schwenk, IWC Deutschland Zukunft: Gibt noch so viel, was nirgendwo anders stattfindet. Gerne

Ich GRATULIERE und DANKE Dir und Deinem Team für die herausra-

den Blick ganz nah dran. In die Werkstatt, unter den Kiel, in die Ge-

genden Fotostrecken und packenden authentischen Berichte der letz-

sichter, die bauen, trimmen, erfinden, warten, auch mal zur Shore-

ten Jahren zum Thema Segeln und wünsche Deinem/Eurem SAILING

Crew oder anderen Unsichtbaren. Was gar nicht ging: Schrift immer

JOURNAL alles GUTE!!! SAIL ON LIKE THIS!!!

kleiner – Augen immer schlechter. Was super ankam: die vielen Layoutwechsel – nicht immer besser als der vorige, aber spannend. Weiter so.

Gunnar Struckmann, Marinepool Zehn Jahre Sailing Journal – ein ganz besonderes Segelmagazin! Ide-

Anna Roeder, Mohnheim

enreiche Gestaltung in Verbindung mit sensationellen Bildern, beein-

Ich bin von Anfang an dabei – jetzt schon zehn Jahre – und bin nach wie

druckenden Berichten, die nah am Geschehen sind, und tolle Produkt-

vor sehr begeistert vom SJ. Es ist für mich die Kombination aus guten Tex-

präsentationen! Seit den Anfängen verfolge ich die Entwicklung des

ten und großartigen Fotos, dargestellt in einem sehr guten Gesamtdesign.

Magazins! Es hat sich von einem Nischenmagazin zu einem Exklusivma-

Das Format, die gute Qualität des Papiers, die Aufteilung innerhalb der

gazin der Segelszene entwickelt. Macht weiter so – ich freue mich auf

Seiten, das SJ unterscheidet sich einfach sehr von dem 08/15-Rest in der

die nächsten zehn Jahre!


What works, works schrift // Tom Körber, Michael Walther, Sebastian Vedder, Dörte Horn Bild // Rolex/Daniel Forster, Rolex/Carlo Borlenghi & VARUNA

Rolex Syd n ey Hob art Yac ht Race In Australien gilt das legendäre Rolex Sydney Hobart Yacht Race als einer der Höhepunkte im Sportkalender und auch international zählt die Regatta zu den absoluten Topveranstaltungen des Segelsports. Die jährlich aus­getragene Hochseeregatta findet bereits zum 69.

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Mal statt. Nach dem segeln die Teilnehmer durch die Tasmansee Richtung Süden, entlang der Küste von New South Wales und durch die Bass-Straße bis herunter nach Hobart, in die Hauptstadt des australischen Inselbundesstaats Tasmanien.


foto // Rolex/Carlo Borlenghi

13 race

NIKITA k채mpft sich an Tasmanien vorbei Richtung Hobart, dem Ziel des Rennens.


race

V

Die Regatta blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, die untrennbar mit dem australischen und dem Weltsegelsport verbunden ist. Bei der Erstaustragung des Hochseerennens setzte sich Captain John Illingworth mit der britischen Yacht RANI gegen die anderen acht Teilnehmer durch und gewann damit als Erster den begehrten Tattersall’s Cup für

on den 94 gemeldeten Yach-

den Gesamtsieg. Mit diesem historischen Sieg gebührt Il-

ten waren fünf 100-Füßer, drei Volvo 70 und sieben vorma-

lingworth und der RANI für immer ein Ehrenplatz in den An-

lige Gewinner des Hobarts an der Ziellinie. Darunter auch

nalen der Sydney-Hobart-Regatta. Zu den illustren Namen

sogenannte Dark Horses, also Yachten, die vorher noch gar

unter den Gesamtsiegern gehören unter anderem der späte-

keine beziehungsweise nur sehr wenige Rennen absolvier-

re britische Premierminister Sir Edward Heath mit der MOR-

ten, was bei einer Regatta dieser Kategorie eher vorteilhaft

NING CLOUD (1969), Medienmogul Ted Turner mit der

wäre. Darunter waren Neukonstruktionen wie die PERPE-

AMERICAN EAGLE (1972), der US-amerikanische Segelguru

TUAL LOYAL (ehemals RAMBLER 100), die BEAU GESTE

John Kilroy mit der KIALOA II (1977), Großunternehmer Karl Kwok mit der BEAU GESTE aus

(Botin 80), ICHI BAN (Carcreek 60) und GIACOMO (Volvo 70). Nur die WILD OATS nahm in der Preisklasse als „altes Boot“ an der 69. Austragung teil. Es kann durchaus von Vorteil sein, wenn die Mannschaft das Boot auf den Zentimeter genau kennt und weiß, wann es wie reagiert.

Seit der Erstaustragung 1945 hat sich das Rennen von seinen bescheidenen Anfängen zu einem der renommiertesten Segelwettbewerbe der Welt entwickelt.

Hongkong (1997) sowie der USSoftwareunternehmer Roger Sturgeon mit der ROSEBUD (2007). Seit die FREYA der Gebrüder Halvorsen in den 1960er-Jahren dreimal hintereinander als Erste über die Ziellinie segelte, konnte keine Crew mehr den Tattersall’s Cup erfolgreich verteidigen.

Traditionsreiches Rennen. Seit der Erstaustragung 1945 hat sich die Sydney-Hobart-

Aktuelle Titelverteidigerin ist die majestätische 100-Fuß-

Regatta von ihren noblen, aber bescheidenen Anfängen zu

Yacht WILD OATS XI des australischen Multimillionärs Bob

einem der renommiertesten Segelwettbewerbe der Welt

Oatley unter ihrem Skipper Mark Richards. 2012 schrieb

entwickelt. Im Verlauf seiner langjährigen Geschichte hat

die Super-Maxi-Yacht Geschichte, weil ihr zum zweiten Mal

das Rennen Politiker, Wirtschaftsgrößen, Ausnahmesport-

das Triple gelang: Die WILD OATS XI konnte ihren eigenen

ler und die Crème de la Crème des Segelsports angezogen

Streckenrekord von 2005 sogar noch leicht auf jetzt einen

und ist dabei stets seinem Gründergeist treu geblieben, ta-

Tag, 18 Stunden, 23 Minuten und zwölf Sekunden ver-

lentierten und segelbegeisterten Amateurcrews eine span-

bessern und segelte damit nicht nur als Erste durchs Ziel,

nende Herausforderung zu bieten. In den letzten Jahren

sondern sicherte sich auch den Tattersall’s Cup für den Ge-

bestand das Teilnehmerfeld meist aus etwa 80 internationa-

samtsieg. Dem ersten Boot im Ziel (Line Honours Winner)

len Segelyachten, und das wird auch in diesem Jahr wieder

wird in Hobart stets ein frenetischer Empfang bereitet. Zu

so sein: Zu Vertretern aus den meisten australischen Bun-

den bekannten internationalen Gewinnern des Sydney Ho-

desstaaten gesellen sich diesmal Yachten aus Deutschland,

bart Yacht Race gehören Larry Ellison mit der SAYONARA

Neukaledonien, Neuseeland, Singapur, dem Vereinigten

(1995 und beim tragischen Rennen 1998), der Franzose

Königreich und Zypern.

Eric Tabarlay mit der PEN DUICK II im Jahr 1967 sowie 1996 Hasso Plattner mit der MORNING GLORY. Die WILD OATS XI war in sechs der letzten acht Rennen des Rolex Sydney Hobart Yacht Race das schnellste Boot und startet deshalb in diesem Jahr als Favoritin auf die Line Honours.

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foto // Rolex/Carlo Borlenghi

BRINDABELLA begleitet von Delfinen kurz vor Tasmanien.

foto // varuna

VARUNA Onboard. Get Wet.


race Sollte sie ihrer Favoritenrolle gerecht werden, hätte die Crew beim diesjährigen Rennen sogar noch einen weiteren Rekord eingestellt: Die WILD OATS XI wäre mit der MORNA (später in KURREWA IV umbenannt) gleichgezogen, die bisher als einzige Yacht siebenmal als erste ins Ziel kam. Hauptkonkurrentin auf den Sieg ist die R00 unter Skipper Syd Fischer, einem legendären Teilnehmer der Sydney-Hosem Jahr zum 45. Mal an dem Rennen teil, das er 1992 als Gesamtsieger und in den Jahren 1988 und 1990 jeweils als Line Honours Winner für sich entscheiden konnte. Seine aktuelle Yacht segelte vor zwei Jahren mit dem damaligen Eigner Anthony Bell bei einer der knappsten Entscheidungen der Renngeschichte mit nur gut drei Minuten Vorsprung

foto // Rolex/daniel forster

bart-Regatta. Mittlerweile 86 Jahre alt, nimmt Fischer in die-

vor der WILD OATS XI über die Ziellinie. Für die meisten Crews geht es aber vor allem um den begehrten Tattersall’s Cup für den Gesamtsieg. Denn dank der Ausgleichsformeln für die Bootsklassen sind die Siegeschancen theoretisch für alle gleich, was die jüngsten Siege von Yachten mit 40 Fuß (TWO TRUE, 2009), 60 Fuß (LOKI, 2011) oder 100 Fuß Länge (WILD OATS XI, 2012) eindrucksvoll belegen.

Dass dieses Schiff schnell sein muss, sieht schon ein Laie. Die VARUNA hat dasselbe gewicht, ist aber zehn prozent länger und hat vierzig prozent mehr Segelfläche.

Die WILD OATS konnte sich auch in diesem Jahr sich gegen die Neubauten durchsetzen und gewann in zwei Tagen, sechs Stunden, sieben Minuten und 27 Sekunden zum siebten Mal als schnellstes Boot. Damit stellten sie tatsächlich den bisherigen Rekord der MORNA (KURREWA IV) ein. Die um diese Jahreszeit vorherrschenden starken Winden aus Nordwest wecken jedes Jahr aufs Neue Hoffnungen auf einen neuen Rekord. Und tatsächlich versprechen die Meteorologen viel Wind. Zum Nachteil der kleineren Yachten herrschen dann allerdings in der gefürchteten Bass Strai (Meerenge zwischen Australien und Tasmanien) hohe Wellen. Sehr hohe Wellen.

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Ei n ei n disc heG öt ti n n ame n sVARUNA . Die VARUNA mit einer um die 15 Segler umfassenden Stammcrew, zu der Finn Daase (Ex-UITG-Segler – deutsches AC-Team) und Sebastian Vedder (übrigens SJ-Leser der ersten Stunde), Nihat Aydin und Anrd Howar (beide North-Sails-Segelmacher) sowie Christian Stoffers gehören, war die einzige deutsche Yacht, die am Rennen teilnahm. Gebaut in Kiel von Werft Knierim, ist die Ker 50 eine reinrassige Rennziege. Schwarz. Puristisch. Kompromisslos. 15, 5 Meter lang, knappe fünf Meter breit und nur aus Hightechmaterialien wie Nomex-Honeycomb und Prepeg-Kohlefaser bestehend. Und so wiegt es nur gute sechs Tonnen, der größte Teil davon in der Kielbombe. Und was sagte der Eigner Jens Kellinghusen über seine Neue? „Ein Meisterstück.“ Auffällig: Die meisten Fallen und Strecker wurden „versteckt“ verlegt, das Cockpitlayout ist sauber und aufgeräumt. Passend dazu das futuristische Airfoil-Rigging von Hall Spars, ein Mast der neusten Generation. Innen wie außen wurde alles in Flint Black Metallic von Alexseal lackiert, aber matt. Das spart einen Spritzgang und damit noch mal zehn Kilogramm Gewicht! Bunt sind nur die Stander vom Norddeutschen Regatta Verein und von den Alsterpiraten am Heck, deren Farben Jens Kellinghusen seit jeher vertritt. Das Resultat verglich der Eigner mit der Vorgängerin, einer Rogers 46: „Diese VARUNA hat das gleiche Gewicht, ist aber zehn Prozent länger und hat 40 Prozent mehr Segelfläche.“ Dass dieses Schiff schnell sein muss, sieht schon ein Laie. Dass das nicht zufällig so ist, garantiert der international renommierte Yachtdesigner Jason Ker, der 2007 für den ersten südafrikanischen America’s Cupper verantwortlich zeichnete. „Wir haben in nur drei Wochen 130.000 verschiedene Rumpfformen durchgerechnet“, berichtet der Konstrukteur. Die letztlich 51 Fuß lange, dennoch weiter als Ker 50 bezeichnete Yacht wurde für Regatten nach dem IRC-Wertungssystem optimiert, habe aber auch ein konkurrenzfähiges ORCi-Handicap, so Ker. Herausgekommen ist ein „einzigartiges Unterwasserschiff“ (so Kellinghusen) und ein Rennwert, so hoch wie der einer TP 52 der jüngsten Generation. Erwähnenswert wäre noch, VARUNA auf ihrem Weg nach Hobart.

dass Jens Kellinghusen seine Regattaambitionen privat finanziert, ohne jegliche Sponsoren.


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foto // Rolex/daniel forster

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Start zum 69. Rolex Sydney Hobart Race im Sydney Harbour.


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Get the big header „It’s one of those unique Hobarts we’ll never forget“, sagte ein sichtlich erschöpfter Darryl Hodginson vom Gesamtsieger VICTOIRE. Die Cookson 50 lieferte sich mit der einzigen deutschen Yacht VARUNA ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Alle hochseeerfahrenen Segler haben einen riesigen Respekt vor diesen Tiefdruckgebieten in der Tasmanischen See, auch Hartwell Jordan, einer von zwei Profis an Bord der VARUNA: „We knew we were going to have the big shift to the left. Basically what everyone was doing was jockeying for position so you’re close enough to Tasman Island so you won’t get slammed by the front. You are running down the coast quicker – you’ll get the big header, but then you’re going to have to sail back in 45 knots of breeze.“ Auch der zweite Profi an Bord, Guillermo Altdaill, sah das ähnlich: „It was really tough, the sea state was really bad and it was really gusty, so the wind went from 20 to 40 knots very quickly, and it was a bit messy for the first few hours.“ Als Hochseeund America’s-Cup-Veteran mit Erfahrung gesegnet, bringt ihn so schnell nichts aus der Ruhe, zumindest hat er seine ganz eigene Theorie: „These kind of (short) ocean races are really tough because you don’t go into a watch routine. You are on duty all the time and need all hands for manoeuvres. I think this is tougher than a VOR (Volvo Ocean Race) or a long offshore race. It’s like a sprint of 600 miles.“

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WILD OATS XI segelt am Leuchtturm Iron Pot vorbei, gleich neben dem Zufluss des Derwent River.


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foto // Rolex/Carlo Borlenghi

onboard von Sebastian Vedder

Die Regattaambitionen des VARUNA-Eigners Jens Kellinghusen führten uns in den vergangenen zwei Jahren zu den unterschiedlichsten Regatten: Transpac, Fastnet Race, Middle Sea Race, Rund Skagen, Gotland Runt, Les Voiles de Saint-Tropez, der Carribean 600, Les Voiles de Saint Barth – und eben nun zum legendären Sydney Hobart Race. Diese Regatta beginnt ebenso wie alle vorangegangenen. Bereits vor dem Start. Schon Anfang des Jahres gingen die Vorbereitungen los, um den sehr umfangreichen Katalog der Sicherheitsbestimmungen für dieses Rennen erfüllen zu können. Es mussten jede Menge Dinge angeschafft werden und ein Teil der Crew musste offizielle Scheine in Sachen Überlebenstraining, Medizin und Funk schon weit vor Beginn der Regatta nachweisen. Unsere Vorhut ist bereits Mitte November nach Down Under gereist, um die Yacht sorgfältig vorzubereiten. Vasco Ollero hat einen Großteil seiner Zeit geopfert, um das Boot nach allen Sicherheitsbestimmungen, die das Race Committee verlangt, vorzube­ reiten – und hat dafür vom Chefvermesser ein deutliches Lob ausgesprochen bekommen. Die vollständige Crew versammelt sich jedoch erstmalig am 20.12.2013 im Hafen von Sydney. Ein paar kleine Arbeiten sind noch zu erledigen. Da wird die passende Segelgarderobe besprochen und letzte kleine Änderungen am Boot werden vorgenommen. Zum Glück haben wir auf den vergangenen Veranstaltungen schon viele Erfahrungen mit der Yacht gesammelt. Da zum Beispiel die Möglichkeit bestand, dass die aufblasbare Dichtung des Vorluks bei den vorhergesagten schweren Wetterbedingungen lecken könnte, „dichten“ wir diese einfach mit Sikaflex ab. Klar und deutlich: Sie wird einfach zugeklebt. Auch mit dem neu eingebauten Grenzwellen/KurzwellenFunkgerät mussten wir uns auseinandersetzen. Es wurden jede Menge Frequenzen eingespeichert, mehrere Funktests durchgeführt und von einem Offiziellen der Rennleitung wurde das Ganze dann auch noch mal an Bord abgenommen. Von den drei Position Skeds und einem Listening Sked jeden Tag wurde uns schon umfangreich berichtet und wir haben ehrlich gesagt Schlimmes erwartet. Es gab auch erhebliche Zeitstrafen, wenn man einen der Skeds verpasst.


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foto // Rolex/daniel forster

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PERPETUAL LOYAL (100 Fuß) und WILD OATS XI (100 Fuß), der spätere Sieger.


foto // Rolex/Carlo Borlenghi

BRINDARELLA (80 Fuß) kurz von Tasman Island.

Somit haben wir uns größte Mühe gegeben und waren doch

In den letzten Tagen vor dem Start hat vor allem unser

sehr beeindruckt, wie pünktlich der Mann des Radio Relay

spanischer Navigator Guillermo Altadil alle Hände voll zu

Vessel „JBW“ (Juliett Bravo Whiskey) auf Sendung ging. Wir

tun. Täglich wechseln die Vorhersagemodelle, weil ein

haben daraufhin Vermutungen angestellt, dass die Atomuhr

Hochdruckgebiet im Zentrum Australiens starken Einfluss

in Braunschweig wohl nach seiner Zeit gestellt wird.

auf die gesamte Region hat und schwer vorhersehbar ist. Wir treffen deshalb erst am 26.12. um neun Uhr, also

Natürlich muss für den Trip nach Hobart auch ausreichend

gerade einmal vier Stunden vor dem Start, die finale Se-

Verpflegung an Bord. Dies gestaltet sich zunächst schwie-

gelwahl. Leichter Wind ist in den ersten Stunden vorher-

riger als gedacht. Der Amerikaner, der Spanier und auch

gesagt. Da heißt es Meilen machen, um schnellstmöglich

wir Deutschen haben eben auch bei gefriergetrockneter

weg von Australien in die Bass Strait zu kommen – schnell

Ernährung unterschiedliche Prioritäten und die Auswahl ist

nach Süden ist die Devise!

in Australien sehr begrenzt. Schnell stellen wir jedoch fest, dass wir diesen übertrieben hippen Style der Australier, al-

Um Punkt 13 Uhr erfolgt der Startschuss. 93 Yachten, 13 bis

les vegan, laktose- oder glutenfrei zu verzehren, nicht mit-

15 Knoten Wind und strahlender Sonnenschein! Unter vol-

machen wollen. Es wird also alles gebunkert, was ordent-

lem Großsegel und unserer Medium-heavy-Genua versu-

lich Kalorien und Energie verspricht. Erst später an Bord,

chen wir gleich nach dem Start, mit voller Höhe und da-

zwischen Sydney und Tasmanien, stellen wir fest, dass wir

mit möglichst gut aus den Heads herauszukommen. Den

doch diesen Trend mitmachen, denn nahezu alle Lebens-

Code 0 hatten wir beim Start kurz angetestet, aber festgestellt,

mittel an Bord sind glutenfrei.

dass wir damit nicht die passende Höhe fahren können.

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25 race

Die Vorhersagen warnen schon jetzt vor 35 Knoten Wind - was noch untertrieben sein wird. Bei 40 Knoten wollen wir so schnell wie möglich unter Landabdeckung kommen.

Es zählt nun jede Seemeile nach Süden, da der Wind ir-

PRETTY Fly III am Morgen des viertes Tages.

gendwann von West auf Südwest drehen soll und von da an jeder Meter doppelt so viel

Zeit und Arbeit kosten wird. Umringt von elf Hubschraubern verlassen wir anfangs mit bis zu 18 Knoten Bootsgeschwindigkeit die Bucht von Sydney, um später dann bei 36 Grad TWA (True Wind Angel, also der Einfallswinkel des wahren Windes auf die Yacht) bei neun Knoten auf eine lange Kreuz zu gehen. Und zunächst wird es wie vorhergesagt: Wenig Wind, der immer weniger wird. Die ersten Seemeilen ziemlich von vorn, bis dann gegen Abend der Wind etwas Richtung Osten dreht und wir endlich wieder den Code 0 und später sogar noch unseren großen Gennaker setzen können. Die Vorhersagen warnen schon jetzt vor stark südlich drehendem Wind, der auf 35 Knoten zunehmen soll – was noch untertrieben sein wird. Die erste Nacht und der erste vollständige Renntag sind jedoch von lediglich leichtem Wind zwischen drei und zwölf Knoten geprägt. Die Kombination aus unserer schwarzen Yacht, dem australischen Sommer, der entsprechenden Sonne und unserem zugeklebten Vorluk ist alles andere als günstig. Eine Bullenhitan Schlaf kaum zu denken ist. Bei den vorhergesagten Bedingungen für die zweite Rennhälfte ist dieser jedoch zwingend nötig, sodass wir das Vorluk wieder von seiner Sikaflexhülle befreien und den Backofen so zumindest ein wenig entlüften können. Neben der Belüftung ist unsere Hauptaufgabe, das Schiff bei dem leichten Wind irgendwie in Fahrt zu halten und jeden Meter mitzunehmen.

foto // Rolex/Carlo Borlenghi

ze herrscht in unserem selbst gebauten Backofen, sodass


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foto // Rolex/Carlo Borlenghi

GIACOMO am Abend des zweiten Tages.

Am Morgen des 28. kommt endlich eine frische Brise aus

Wechsel auf die Genua 3 missglückt. Und unseren Backup-

Nordwest, die uns hoffentlich in den kommenden Stunden

plan mit der Genua 5 am Inner Forestay können wir aufgrund

über die Bass Strait schiebt. Bei dem vorhergesagten Süd-

einer abgerissenen Hydraulikverschraubung auch nicht um-

west mit mittlerweile 40 Knoten plus wollen wir möglichst

setzen. Daraufhin entscheiden wir uns für die Sturmfock, die

schon wieder Landabdeckung erreicht haben. Mit bis zu 21

bei den mittlerweile anliegenden 45 Knoten Wind auch bes-

Knoten und einem fantastischen Schnitt von circa 16 Kno-

tens passt. Storm Bay macht ihrem Namen alle Ehren, denken

ten bei perfekten Segelbedingungen überqueren wir, unter

wir bei uns. Die gesamte Nacht arbeiten wir uns gegen 35 bis 45 Knoten Wind und eine steile,

Gennacker, die die sonst so aufgewühlte Meerenge zwischen Australien und Tasmanien. Gegen Abend erreichen wir die felsige Insel und passieren einen Teil der Ostküste. Pünktlich mit

Meile um Meile kämpfen wir uns gegen den Wind Richtung Hobart. Später wird uns klar: das war richtig gut.

Einbruch der Dunkelheit zieht

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kurze und hohe Welle voran. Gegen fünf Uhr morgens erreichen wir so die spektakulären Organ Pipes, die bekannte Felsformation am Eingang zur Bucht von Hobart. Meile um Meile kämpfen wir uns gegen den Wind Richtung Hobart. Aber

die erste Front auf und der Wind dreht Richtung Südwest.

erst mit Erreichen des Eingangs zum Derwent River wird die

Der Gennacker muss runter, er hat uns die letzten Stunden

See endlich ruhiger und auch der Wind nimmt etwas ab. Um

gut vorangebracht. Die nun anstehende Nacht wird aber

auf den letzten Metern keine unnötige Zeit zu verlieren,

wohl ein anderer Schnack. Es wird richtig ungemütlich. Die

wird schell ausgerefft, auf die Genua 3 gewechselt und so

Jibtop ist oben, aber eigentlich auch zu viel und wir fahren 15

erreichen wir nach zwei Tagen und 19,5 Stunden als insge-

Grad zu tief. Der Wetterumschwung kommt schnell und hef-

samt zehnte Yacht die Ziellinie. Erst hier wird uns wirklich

tig. Wir wollen schnellstmöglich auf die Genua 3 wechseln.

klar – das war gut. Nicht nur seglerisch, sondern auch das

Erst mal muss aber das zweite Reff rein. Der Wind wird stetig

Regattaergebnis. Die Listen geben uns recht. Erster Platz

mehr, in jeder Front kommen aber noch stärkere Böen hinzu.

in der IRC1-Klasse und vierter Platz über alles. Die Regat-

Die Welle nimmt ebenfalls zu, Temperatur und Luftdruck fal-

taleitung musste sich den Racetracker mit lokal gebrautem

len rapide. Die 35 Knoten Wind sind längst überschritten. Der

Bier auslösen, das wir nach diesem Trip richtig genossen!


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w o rtwec hse l m i t F i n n Daase Dörte Horn und Finn kennen sich aus dem deutschen

gute Navigation hat uns sicher geholfen (Guillermo segel-

America’s-Cup-Team UNITED INTERNET TEAM GERMA-

te mehrfach um die Welt), dazu der Input von Hartwell als

NY. Dörte arbeitete, bevor sie mit ihrem Mann nach Austra-

Trimmer. Das war ebenso wichtig, da wir immer wieder von

lien ging, beim SJ und zeitweilig bei UITG in Valencia.

ihnen lernen konnten. Mann, die haben Tricks drauf ...

Siebter Platz overall. Überrascht gewesen? Das Boot hat das

Sydney Hobart war ein Traum von dir, oder? Definitiv.

Potenzial, keine Frage. Das hat es auch schon in verschiede-

Das ist die Regatta, die ich immer schon mal segeln woll-

nen anderen Regatten bewiesen. Manchmal hatten wir Pech

te. Nachdem ich mit der VARUNA schon mit Transatlantik,

mit dem Material, aber die Crew ist immer motiviert. Diesmal

Transpac, Fastnet und Middle Sea Race alle großen Regat-

hatten wir mit Guillermo einen Navigator, der das Wetter so

ten bestritten haben, war das die Spitze des Eisberges. Für

gelesen hat, dass wir damit gut vorankamen. Da würde ich

die anderen Jungs war es ebenso ein Traum wie für mich.

mal sagen: Gutes Boot + gute Crew = gutes Ergebnis.

foto // Rolex/daniel forster

Der Start vor dieser Kulisse muss euch doch umgeIhr seid hauptsächlich Amateure, diesmal hattet ihr zwei

hauen haben. 93 Boote rauschen zeitgleich über die

Profis dabei. Kommt daher der Erfolg? Wir haben häufiger

Linie. Der Start war absolut super. Wir sind fast mit

Profis an Bord. Aber ob das das Erfolgsrezept war? Die sehr

dem Schuss über eine der drei Startlinien gegangen.

VELOCE auf dem Weg nach Hobart, dem Ziel des Rennens. Im Hintergrund: Tasmanien.


race

Hier gibt es drei Linien: Die schnellen Boote starten vorn, die

fahren. Wir hatten einen Speeddurchschnitt von 15 bis

langsamen Boote hinten. Alle drei Linien liegen dicht hinter-

16 Knoten – bis abends. Beim Dunkelwerden frischte der

einander, alle starten zur selben Zeit – das war Wahnsinn.

Windspeed auf 28 Knoten auf, das Barometer fiel innerhalb

Wir sind gut weggekommen, direkt hinter den Großen wie

einer Stunde rapide von 1006 auf 996 Bar. Das war für uns

WILD OATS und der PERPETUAL LOYAL. Die waren schnell

das Zeichen, den Kite runterzunehmen, obwohl er eigent-

weg. Das, was mich so beeindruckte, war, dass da elf Helis

lich noch fahrbar war.

in der Luft waren, das Wasser voller Boote und an Land alles voller Zuschauer war. Da spürt man schnell die Begeisterung.

Dann kam es richtig dicke. 44 Knoten Wind, zehn Meter Wellen und richtig Druck. Herrschte Alarm an Bord? Wir

Das erste Stück lief gut. Man munkelt, dass ihr euch da

hatten tatsächlich 44 Knoten auf dem Schirm, das ist schon

schon ein bisschen lustig gemacht hattet über die laschen

recht knackig. Gerade auf Amwindkurs. Da kommen einem

Bedingungen. Na ja, wer die größte Klappe hat, dem droht

die Wellen eh höher vor. Zehn Meter Wellen hatten wir

Schlimmstes, oder? Das erste Teilstück war tatsächlich eine

zwar nicht, aber sechs Meter waren schon dabei. Vielleicht

Kreuz, so haben wir uns ziemlich schnell unter Land ver-

hatten andere Boote höhere Wellen, das kann ich nicht sa-

drückt. Wir waren dementsprechend die Ersten, die halsten.

gen. Ehrlich gesagt, achtet man aber auch gar nicht so da-

Wir fielen auf Süd ab. Danach gab es nur Downwind. Warme

rauf. Wir haben so viel Vertrauen ins Boot, dass wir keine

Temperaturen, kurze Hosen, gutes Wetter, gute Stimmung.

Angst haben. Außerdem haben wir mittlerweile recht viel

Die nächsten zwei Tage waren echt easy. Da fragten wir uns

Hochseeerfahrung. Respekt ja, Angst nein.

schon, ob es das tatsächlich DAS Segelgarderobe zu diesem Zeit-

Sydney Hobart Race sein sollte. Das war wie Transpac-Segeln. Kurz danach kam die Quittung. Und zwar ziemlich schnell.

„Dann kam es richtig dicke. 44 Knoten Wind, zehn Meter Wellen und richtig Druck.”

punkt? Das zweite Reff war drin. Die Genua 5 zu ziehen, war aufgrund des Wetters nur bedingt möglich. Beim Hoysten ging sie

Dann kam erst mal der große

dann kaputt und wurde von Holger

Parkplatz ...? Wir sind gegen eine

unter Deck repariert. Dann haben

Flautenwand gefahren, sodass die kleinen Boote wieder auf-

wir – darf man eigentlich keinem erzählen – die Genua Stay-

holten. Guillermo verbrachte sehr viel Zeit unter Deck und

sail gesetzt, die für für diese Windstärken und -richtungen

hat uns versucht, da wieder durchzulotsen. Anscheinend

eigentlich gar nicht geht. Aber es hat gehalten. Na ja, ein

klappte das ganz gut – bei der Platzierung, die zum Schluss

bisschen größer ist sie schon geworden ...

rauskam. Wie er das schaffte, kann ich nicht sagen, dafür ist die ganze Wettergeschichte viel zu komplex. Also Flaute.

Mit der VICTOIRE (Cookson 50), dem IRC-Overallgewinner,

Das hieß A1, den großen Leichtwindgennaker. Damit fuhren

liefertet ihr euch ein enges Rennen und wurdet dann doch

wir einen Speed zwischen drei und fünf Knoten. Zumindest

überholt. Was ist da passiert? Dadurch, dass wir die Ge-

nicht rückwärts, obwohl einmal einparkten. Null Speed, null

nua Staysail und nicht die Genau 5 oben hatten, hatten

Ruderdruck. Zum Glück ist die VARUNA sehr leicht, sodass

wir schon in der Segelgarderobe einen Nachteil. Dazu

sie sich bei Leichtwind schnell fängt und dann gut beschleu-

kam, dass die VARUNA ein Downwindboot ist. Sobald

nigt, danach produzieren wir unseren eigenen Wind.

es auf Amwindkurs geht oder die Kurse spitzer werden, sind die schmalen Boote mit Kantingkiel schneller. So

28

Dann nahm der Wind richtig zu? Allerdings. Bevor er dann

konnten die anderen auf dem letzten Teilstück schneller

auf Westsüdwest drehte, nahm er ordentlich Fahrt auf.

segeln und uns überholten. Und waren somit rund 30

Das hieß Gennaker. Den A4 konnten wir lange und schnell

Minuten früher im Ziel.


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foto // varuna

Onboard VARUNA. Get Lucky.

Gab es sonstige Probleme an Bord? Große Unfälle gab es gar nicht. Keine Verletzungen außer blauen Flecken. Jens hatte mit Rückenproblemen zu kämpfen – durch das permanente und harte Eintauchen in die Wellen auf Amwindkurs. Ich bin unter Deck gestürzt und schlug bin mit dem Rücken auf. Im ersten Moment dachte ich an Schlimmeres, aber es gab zum Glück nur einen großen blauen Fleck. Was passiert jetzt mit der VARUNA? Die geht zurück nach Deutschland. Erst wird sie nach Melbourne gebracht. Unser Container muss dafür von Sydney nach Meldbourne transportiert werden. Dort baut die Shorecrew das Boot auseinander, verpackt es und dann wird es im Container nach Kiel gebracht. Ein großer Aufwand. Für uns ist es eine große Ehre, als Amateurcrew auf einer der modernsten Offshoreyachten segeln zu dürfen. Das gibt es in dieser Form nur ganz selten. Jens ermöglicht uns das und er ist im Gegenzug froh, dass wir seine Leidenschaft mit ihm teilen. Wir ergänzen uns sehr gut. Seine Philosophie ist, mit Freunden segeln zu gehen, mit Menschen, die seine Segelleidenschaft teilen. Die ihn mögen und die er mag. Er will nicht mit Leuten segeln, die nur mit ihm segeln, weil er sie dafür bezahlt. Die Schlüsselpositionen besetzt er natürlich mit Profis. Aber auch die muss er dann mögen.

Die Crew. Jens Kellinghusen – Eigner und Skipper Guillermo Altadil – Navigator Tim Daase – Pit/Boat Captain Finn Daase – Main Trim Jonas Blass – Gib/Downwind Trim David Blass – Gib/Downwind Trim Holger Lehning – Pit Sebastian Vedder – Bow Vasco Ollero Caprani – Bow Jan Hilbert – Steuermann Hartwell Jordan – Main Trim, Steuermann, Trim Coach Guenther Alajmo – Runner Christian Stoffers – Grinder/Runner Moritz Christiansen – Mid Bow


kolumne recht

Eine kleine Jolle – aber drei Millionen Haftpflicht

A

uch die kleinste Jolle sollte eine Haftpflichtversicherung haben.

Ein Fall aus der Praxis: Zwei 49er (ein Deutscher und ein Asi-

Heute ist eine Haftpflichtsumme von drei Millionen Euro üblich.

ate) knallen auf dem Gardasee in Italien zusammen. Die Jury

Das klingt im ersten Moment übertrieben. Beim zweiten Blick fallen

disqualifiziert den Asiaten. Er hatte den Unfall verschuldet.

einem dann doch Horrorszenarien ein: Eine Jolle zwingt einen Tanker zum

Der Deutsche möchte seinen Schaden regulieren. Die Re-

Ausweichen, der läuft auf Grund. Oder: Die Jolle fügt einem anderen einen

gattaleitung hat sogar eine Kopie der Versicherungspolice

Gesundheitsschaden zu, durch den ihm hohe Kosten und Verluste entste-

des Gegners, ausgestellt von einer russischen Versiche-

hen. Je größer die Boote, Segelyachten, Motoryachten werden, desto wich-

rungsgesellschaft.

tiger ist eine angemessene Haftpflichtversicherung. Die Prämie ist gering. Nach einigem Schriftverkehr stellt sich heraus, dass die rusEine gesetzliche Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversi-

sische Versicherungsgesellschaft pleite ist. Frustration bei

cherung besteht nicht. Aber fast alle Regattaveranstalter verlangen den

dem Deutschen, bis er einen versierten Anwalt trifft. Der

Abschluss der Versicherung von ihren Teilnehmern. Das klingt sinnvoll.

findet heraus, dass der Asiate zur Kieler Woche gemeldet

Doch ist es umsetzbar? Bei einer regionalen Regatta vielleicht noch,

hatte. Als die Gäste auch in Kiel nicht zur Zahlung bereit

doch wie verhält es sich bei einer internationalen Regatta, wie der Kieler

sind, beantragt er einen Arrest. Der Gerichtsvollzieher legt

Woche? Da sind 60 Nationen am Start, also Haftpflichtversicherungen

die Jolle der Asiaten an die Kette und siehe da: Am nächsten

aus 60 verschiedenen Staaten.

Morgen ist das Geld in bar beim Hafenmeister hinterlegt.

Ist die Forderung nach der Haftpflichtversicherung dann nur eine Beru-

Nicht immer geht die Sache so glimpflich aus. Deshalb

higungspille für den Wettfahrtleiter oder welchen Wert hat das? Schaut

sollte jeder Regattasegler neben der Haftpflichtversi-

man genauer hin, stellen sich für den Juristen gleich zwei weitere Fragen:

cherung auch eine Kaskoversicherung unterhalten, die auch das Regattarisiko deckt. Bei den meisten Gesell-

• Muss der Regattaveranstalter das Bestehen der Haftpflichtversicherung

schaften ist das Regattarisiko eingeschlossen, manchmal

kontrollieren? Herzlichen Glückwunsch! Hoffentlich hat die Organisation

gegen erhöhte Prämie/Selbstbeteiligung. Achtung: Eini-

einen Versicherungsexperten, der Chinesisch, Russisch, Griechisch,

ge wenige Versicherer schließen das Regattarisiko aus.

Ägyptisch etc. spricht und das Versicherungsrecht aller 60 Staaten kennt!

Prüfen Sie das, bevor Sie zur Ansegelregatta melden!

• Wenn die Organisation diese Nachprüfung unterlässt, wird sie dann vielleicht selbst haftbar? Beispiele für eine solche Klage liegen uns nicht vor. Wahrscheinlich gibt es sie nicht. Die Erfolgsaussichten dürften auch schlecht sein. Also sind Veranstalter gut beraten, die Versicherungspflicht aus der Ausschreibung zu streichen. Zu viel Fürsorge kann zum Bumerang werden!

30

Ecki von der Mosel Rechtsanwalt Eckhard „Ecki“ von der Mosel berät viele Betriebe in der Wassersportbranche und hilft Eignern bei Stress mit Werften und Versicherungen. In seiner Freizeit leitet er die Seeregatten des Kieler Yacht-Club, darunter MAIOR, BlueRibbonCup und die Kieler Woche.


31 kolumne umwelt

Blau.

Die Frage, die mich

Selbst Biologen stimmen überein: Die berühmten Gesänge der Buckel-

als Mensch und Filme-

wale sind die komplexeste Form nichtmenschlicher Kommunikation auf

macher seit jeher am

unserem Planeten. Delfine, Schwert- und Pilotwale leben in sozialen Fa-

meisten interessiert, ist die, ob neben uns noch anderes

milienverbänden, die nur mit den unseren vergleichbar sind, und die

intelligentes Leben auf unserem Blauen Planeten existiert.

gigantischen und geheimnisvollen Blau- und Finnwale kommunizieren

Warum immer in die Sterne schauen, anstatt den Blick

über mehrere Tausend Kilometer hinweg. Wenn es nicht so laut wäre

einmal umzukehren und in unseren Meeren – im „Inneren

in unseren Meeren. Denn nicht der immer noch stattfindende Walfang

Weltraum“ – nach „grünen Männchen“ zu suchen. Meine

oder das jährliche Abschlachten Tausender Delfine wie in der Bucht

persönliche Erfahrung sagt: Die Außerirdischen sind unter

von Taiji sind das Problem. Vielmehr der Müll, den wir Menschen ver-

uns! Nur dass sie nicht grün und hässlich, sondern grau,

ursachen, die Verschmutzung der Ozeane durch den Abfall unserer ei-

schwarz, teilweise weiß, atemberaubend schön und alles

genen Zivilisation, sei es nun in Form von Lärm, Plastik, Chemie oder

andere als bedrohlich und angsteinflößend sind.

radioaktivem Kühlwasser. Es wird Zeit umzudenken, nicht nur als Individuum, sondern auch als Gesellschaft. Denn der Blick der Menschen

Mehr als 80 verschiedene Wal- und Delfinarten bevölkern

ändert sich: Mathematische Analysen von Delfinlauten durch moderne

unsere Weltmeere. Das sind 80 verschiedene Kulturen,

Hochleistungsrechner des SETI-Instituts, das seit Jahrzehnten mit Mil-

Gesellschaften, Sprachen, Dialekte, die es zu entdecken

liardenbudgets, aber ohne Erfolg im Weltall nach intelligentem Leben

und erforschen gilt. Vor Jahrtausenden als Götter verehrt,

sucht, kamen zu folgenden Ergebnissen: Ja, die Sprache der Delfine

im vergangenen Jahrhundert teilweise fast ausgerottet,

ist mindestens so hoch entwickelt wie die unsere. Nein, wir können sie

mittlerweile mehr oder weniger in Vergessenheit geraten

nicht verstehen, trotz oder gerade wegen aller modernen Technologien.

in unserer globalen und vernetzten Welt. Eine trügerische

Wir stehen gerade erst am Anfang. Und nein, wir sind nicht allein!

Welt, in der grenzenlose Kommunikation über allem zu stehen scheint. Jeder, der einmal mit Delfinen schwimmen oder einem Wal direkt in die Augen schauen durfte, wird bestätigen: In unseren Ozeanen findet wahre Kommunikation statt! Auch ohne Computer, Handy, Internet. Wale und Delfine verstehen sich prächtig, und das seit Millionen von Jahren. Eine universale Sprache, die auch uns Menschen berührt, uns im tiefsten Innersten erreicht, fernab von Zahlen und Fakten, Verstand und Rationalismus. Eine Form von Kommunikation, die den Betrachter und Zuhörer meist zu Tränen rührt und ihn den Planeten, auf dem er lebt, mit anderen Augen sehen lässt.

Daniel Opitz Der 42 Jahre alte international preisgekrönte Filmemacher ist Kopf und Gründer von Ocean Mind mit Sitz in Kiel. Er schreibt regelmäßig im Sailing Journal über Umweltthemen, die alle Segler angehen sollten.


kolumne Foto

Mit dem Bauch sehen

M

it dem Fotografieren ist es wie mit dem Kochen – eigentlich kann

Ich sah mir also am Abend in der Dunkelheit die Örtlich-

es jeder! Es kommt meist nur auf den Anspruch, die Perspekti-

keiten genau an, plante mögliche Perspektiven und stellte

ve, die Umgebung und die Technik an. Und etwas Wichtiges

mir frühmorgens den Wecker. Am Morgen präsentierte

kommt noch hinzu: die Planung. Das geistige Vorwegnehmen einer foto-

sich das Wetter immer noch nicht besser, aber just, als ich

grafisch umzusetzenden Idee. Entscheidend ist sicherlich der Anspruch.

vor Ort eintraf, hörte es zu regnen auf. Ohne den vorheri-

Fotografiere ich „nur“, um etwas Privates festzuhalten, oder steht ein Auf-

gen Regen hätte ich keine Spiegelung am Boden gehabt,

trag dahinter, der mittels einer Werbeagentur ein klares Profil (Briefing)

die das Foto so interessant macht. Letztlich geht es also

hat. Bei letzterem Fall möchte ich gern anhand eines Beispieles einmal

um die oben genannten Punkte und eben auch um Erfah-

erläutern, wie es in der Praxis ablaufen kann.

rung und Instinkt – und besonders Letzteres kann man nicht lernen. Leider.

Ich bekam von meinem Kunden BLG den Auftrag, ein Kalenderfoto vom neuen Hafen in Wilhelmshaven zu schießen, möglichst atmosphärisch

Ich selbst habe nie Fotografie gelernt oder studiert. In mei-

dicht, ausreichend für ein großes Kalenderblatt. Das Problem war nur, dass

nem ersten Leben war ich bei Siemens im Vertrieb für Rech-

die Zeitspanne sehr eng und der Hafen noch gar nicht in Betrieb war. Hin-

neranlagen bei Industriekunden verantwortlich. Hatte aber

zu kam, dass die Wettervorhersage leider überhaupt nicht zutraf. Angesagt

mein Hobby zum Beruf gemacht, nachdem ich ein mehr-

war gutes Wetter (Ende Oktober), aber die Realität, als wir vor Ort eintrafen,

tägiges Assessment-Center für Führungskräfte bestanden

sah anders aus: Regen und komplett dichter Himmel. Unter normalen Um-

hatte und trotzdem nicht sonderlich glücklich darüber war.

ständen hätte ich meinem Kunden geraten, auf die Aufnahmen zu verzich-

Das machte mich stutzig und regte mich zum Nachdenken

ten. Irgendetwas in mir sagte aber das Gegenteil – und schon oft hatte ich,

über mein weiteres Leben an. Das Ergebnis ist bekannt.

gerade unter widrigen Bedingungen, das interessantere Foto geschossen!

Auch hier half der Bauch!

Heinrich Hecht lebt auf einem historischen Gutshof im Schaumburger Land bei Hannover. Seit 1986 arbeitet er im Segelsport. Er fotografierte den America’s Cup, die Olympischen Spiele und war Sprecher des deutschen Teams beim Admiral’s Cup 1989. Privat segelt er mit viel Liebe eine historische H-Jolle auf dem Steinhuder Meer – seit drei Jahrzehnten die H-484.

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Expect the Unexpected

1975 in Frankreich gegründet, avancierte tbs innerhalb von zehn Jahren zum erfolgreichsten Bootsschuhhersteller Europas. In enger Zusammenarbeit mit den bekanntesten Skippern haben wir innovative Produkte entwickelt, die in puncto Sicherheit, Funktion, Design und Komfort Maßstäbe gesetzt haben. Wir danken: Eric Tabarly, Pierre Follefant, Isabelle Autissier, Florence Arthaud, Ellen Mc Arthur, Vincent Riou, Armel Le Cleach und besonders Michel Desjoyeaux. Erhältlich im gut sortierten Fachhandel. www.tbs-deutschland.de


artverwandt

Wie sagt man denn auch so frohgemut? Bei wenig Wind fahren die Guten und die Schlechten schieben.

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Sand.

schrift // tom körber bild // tom körber & Kai Uwe Eilts

Vorne Sand, hinten Meer. Dazwischen ein Zischen. Mehr ein Ssstttt, ein Wispern, ein Säuseln. Noch stehe ich am Strandübergang St. Peter-Ordings oder wie erfahrenere Wind- und Wassersportler sagen: Sand Peter-Ording. Linker Hand erheben sich Dünen, die den sehr breiten trockengefallenen Strand Richtung Land abgrenzen. Rechts herrscht flacher Strand vor, ab und an schießen weit entfernt Strandsegler durchs Bild. Nahezu lautlos, bis auf besagtes Sssttt. Auf diese Entfernung gesehen scheint es, als ob sie über den Boden flögen. Einer fahrenden Fatamorgana gleich.


artverwandt

H

ier in St. Peter herrschen optimale Bedingungen. Beeindruckend, da es nur sehr wenige Strände an unseren Küsten gibt, an denen Strandsegeln überhaupt möglich ist. St. Peter ist da die Krone der landseglerischen Strandkultur. Eine 14 Kilometer lange, freie, flache und bis zu zwei Kilometer breite Fläche, die – wie sollte es an der Küste auch anders sein – bei jeder Ebbe trockenfällt. Zwei Stunden vor und nach Hochwasser besitzt der Sand die beste Struktur, noch feucht, aber schon trocken genug, um harte Regattabahnen legen zu können. Durchzogen von Weichsand, Loch- und Rippelfeldern und Prielen, die das abfließende Meer bei jeder Ebbe neu bildet.

Ergo: Der Strand ist jedes Mal anders. Es gibt keine Kurven, keine Speed-Bumps, keine Geraden samt Bremspunkten, die man sich einprägen könnte. Alles neu macht das Meer. Die großen Kurse liegen immer entlang der Wasserkante. Am besten – wenn sie befahrbar ist – liegt die „Große Sandbank“. Geschwungen wie ein Bumerang windet sie sich einen guten Kilometer vom Hauptstrand entfernt der Küste angepasst. Dort gibt es weder die gemeinen Weichsandfelder noch den für St. Peter typischen Hochsandflecken. Besonders der Regattaleiter braucht sehr viel Erfahrung auf dem beliebten harten Sand, der aussieht wie eine Mondlandschaft. Kurse setzen kann zu einer kniffligen

Angelegenheit werden. Mittendrin, aus dem Nichts auftauchend, Prielkanten und Löcher. Auf schlechten Kursen haben sich schon halbe Regattafelder zerlegt. Also, immer schön schmale Up-and-down-Kurse am Wasser, Dreiecke gibt’s so gut wie nie. Wo sollte man die auch legen?

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Die Idee zu der bis heute gültigen dreirädrigen Form hatte 1802 der Spanier (Valencia) José Boscana.


foto // kai uwe eilts

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artverwandt

Als Sport definiert wurde das Strandsegeln dann 1898 in Belgien. In St. Peter-Ording dauerte die Verbreitung noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg, als Eissegler und VW Käfer als Chassis herhalten mussten.

„ 38

„Wir fahren hier Kurse, die kennen die Engländer und Franzo-

gibt Jens zu bedenken. „Die sagen schon, dass wir bescheu-

sen gar nicht“, sagt Jens Brambusch (Strandsegler aus Ham-

ert sind. In England oder Frankreich ist aber die Küsten- und

burg) . Wir sitzen in einem umgebauten Reisebus (Setra S 315)

Strandbeschaffenheit eine komplett andere. Die Priele lau-

von Kai Uwe Eilts, der zur Zentrale der Europameisterschaft

fen nicht so tief und sind aufgrund der Sandbänke viel klei-

auserkoren wurde. Hinten schneidet Stephan Boden alias

ner. Durch die Priele haben wir hier aber auf beiden Seiten

Digger gerade ein kurzes Video als Tageszusammenfassung,

der Sandbänke Wasser, das unterirdisch abläuft. Auf diese

I n n e r h a l b e i n e s R e n n e n s ka n n s i c h d i e St r a n d b e s c h a f ­f e n h e i t ko m p l e t t v e r ä n d e r n . Das m ac h t d e n R e i z au s , we nn i m R ennen p lötz li c h e i n e Sa n d ban k vo r d i r au fge­taucht ist, die in der Runde zuvor noch gar nicht da war. jens brambusch

Sven Kraja steckt seinen Kopf durch die Tür. Im vergangenen

Weise unterhöhlt es quasi die Sandbank und senkt sie plötz-

Rennen ist an der Achse etwas gebrochen, jetzt muss alles

lich an exponierten Stellen um 20 bis 30 Zentimeter ab. So

ausgebaut werden, ein weiterer Journalist kommt rein und

kann sich innerhalb eines Rennens die Strandbeschaffenheit

holt sich neueste Infos über den morgigen Tag – dazwi­schen

komplett verändern. Das macht den Reiz aus, wenn im Ren-

Sand. Überall. Auf der Treppe, auf dem Tisch, auf dem Boden,

nen plötzlich eine Sandbank vor dir aufgetaucht ist, die in

auf den Ablagen. Weiter im Gespräch: „Wir müssen unsere

der Runde zuvor noch gar nicht da war. Und das mit knapp

Kurse durch die Priele stecken, weil es nicht anders geht“,

100 Stundenkilometer. Das kann lustig werden.“


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Gefahren wird in fünf verschiedenen Klassen. Die neues-

port. In Deutschland bietet sich nur SPO mit dem breiten

te ist die Mini-Klasse. Wie der Name schon sagt: Mini. So

Strand für die Klasse 3 an. Auf den Ostfriesischen Inseln,

handlich, dass der ganze Krempel in den Kofferraum eines

dem zweitbesten Revier, wird eher Klasse 5 gefahren, da

halbwegs passablen Automobils passt. Es gibt nur drei, vier

die handlicher sind. Die Königsklasse und vielleicht auch

Regeln. Alle Räder müssen in einen Kreis von 5,60 Me-

die schnellste Klasse ist aber die Klasse 3. Das sind die, die

ter Umfang passen. Der Segler kann zwei, drei oder fünf

man am ehesten mit Strandsegeln in Verbindung bringt. Bis

oder sechs Reifen haben, solange man keinen Wingmast

zu 130 km/h am Strand schnell. Je härter der Untergrund,

benutzt, denn der ist verboten. Die Segelfläche hingegen

desto schneller. Schneller als der Wind sind die Dinger alle-

ist unbegrenzt. Letztlich ist jeder frei in dem, wie er seinen

mal und immer. Dann gibt’s da noch die Klasse 5. Sie ist ein

Mini baut beziehungsweise als Bausatz kauft und verän-

bisschen die Konstrukteursklasse, in der viel selbst gemacht

dert. Für Bastler allemal interessant. Kein Wunder, dass die

ist. Radstand und Segelgröße allerdings sind vorgeschrie-

Klasse boomt. Allein auf der EM hier in „Sand Peter“ starten

ben. Zum Transport ab aufs Autodach.

sie in sechs Klassen. Hier noch mal die Klassen im Schnelldurchlauf: Früher gab Dann kommen die beiden großen Klassen 2 und 3. Wo-

es die Klasse 1, das waren Riesenteile. Klasse 2 hat überlebt

bei 2 die größere von den beiden ist. Sie sieht ähnlich aus

und ist schneller als die erste Klasse. 3 ist schneller gewor-

wie die 3. Ist nur ein bisschen länger, hat einen breiteren

den, weil sie kleiner und aerodynamisch wurden. Klasse 4

Radstand und einen höheren Mast, der mehr Segelfläche

(gibt es heute nicht mehr) war eine Konstruktionsklasse,

bedeutet. Dafür ist die 2 aber bei schwächeren Winden

genau das, was Klasse Mini heute ist. Aber es gibt noch

nicht so schnell wie die 3. Die wiederum wird hauptsäch-

die Standardklasse, mit nahezu identischen Bauteilen, die

lich hier in St. Peter-Ording gesegelt. Nachteil ist der Trans-

schon fast 30 Jahre alt ist, ähnlich dem Laser im Segeln.


artverwandt

Die fahren immer noch 30 bis 40 Leute. Im Moment fahren die

Schleswig, lebt, wie andere Ausnahmen auch, fürs Strandsegeln.

meisten in der Mini-Klasse, die erst vor zwei Jahren eingeführt

Als Segelmacher und Bootsbauer schneidert und baut er nahezu

wurde, aber am günstigsten und überschaubarsten ist.

alles selbst. Mit immensem Aufwand. Mehr dazu im Interview.

Das war aber noch nicht alles: In Frankreich ist im Gegensatz zu

Wäre schön, wenn man seine Vorteile als erfahrener (Wasser)Seg-

Deutschland jede Menge los. Die Libri besitzt mit einem Radius

ler ausspielen könnte. Man weiß zwar, wie das Segel in bestimm-

von 5,60 Metern exakt denselben Radius wie die Klasse Mini, ist

ten Stellungen reagiert. Leider ist das nicht gleichbedeutend damit,

dieser aber überlegen. Etwas modifizierter kommen die Promo/

dass man als guter Segler auch unbedingt ein guter Strandsegler

Libri daher. Sie sind schneller und am wenigsten reglementiert.

ist. Das wäre ja auch wirklich zu einfach. In vielen Bereichen ist der

Die reine Promo ist eine Nachwuchsklasse, die bei uns so gut wie

Unterschied zu groß. Das sieht man immer wieder in der Strandse-

gar nicht gesegelt wird, in Frankreich aber wahnsinnig populär ist.

gelschule. Viele Segler überschätzen sich. Dabei ist das größte Pro-

Diese Klasse wird dort an den Schulen gefahren. Kein Wunder, ist

blem gar nicht das Losfahren, sondern die Kiste zum Stehen zu be-

Strandsegeln in Frankreich doch Schulsport. Die haben weit mehr

kommen. Die Handbremse bringt nur was, wenn du einen sauberen

als 1.000 aktive Strandsegler und ein unerschöpfliches Reservoir

Aufschießer gefahren bist. Und dann auch nur auf den letzten zwei

an Nachwuchsfahrern. Im Gegensatz zu uns.

Metern. Sobald noch ein bisschen Druck im Segel ist, hat man keine Chance anzuhalten. Zur Not sucht man sich tiefen Sand, in dem man

Man braucht: viel Gefühl. Man muss: aus dem Bauch heraus fah-

leichter zum Stoppen kommt. Unerfahrene unterschätzen nur allzu

ren. Man sollte: den Strand sehr gut kennen. Der letzte Punkt

schnell die Geschwindigkeit. Wenn man auf der Autobahn mit 80

scheint für die angereisten Franzosen und Engländer gar kein

oder 90 km/h bei schlechter Sicht unterwegs ist, hat man einiges zu

Problem zu sein, allesamt weit vorn. Bemerkenswert, denn den

tun und muss sich konzentrieren. Am Strand geht’s dagegen schon bei geringeren Geschwindigkei-

Strand kennen sie lange nicht so gut wie die Einheimischen. Warum also? Erfahrung! Da sich alle Strände auf der ganzen großen Welt nach jeder Flut verändert haben, müssen sich sowieso alle neu orientie-

Man braucht: viel Gefühl. Man muss: aus dem Bauch heraus fahren. M a n s o l lt e : d e n St r a n d sehr gut kennen.

ten ordentlich zur Sache. Und auf den Rücken. Das hölzerne Springbord, das als „federnde Achse“ dient, ist größtenteils für die Dämpfung zuständig. Am besten ist man mit Eschenholz

ren. Was soll’s also? Wer aber viel strandsegelt, weiß den Sand zu

bedient. Gute Segler haben da mehrere Planken in verschiedenen

lesen. Wie Gott in Frankreich müssen sich demnach selbst die fran-

Härtegraden, die vor allem über die Dicke des Holzes variieren

zösischen „char à voile“ an der deutschen Nordseeküste fühlen.

und nicht so sehr über die Art. Eine weitere Regel: Je flacher der Strand, desto härter die Planke. Was also tun? Die Segelstellung

Die Kinder in der Bretagne oder Normandie wachsen geradezu in

noch filigraner austarieren? Bringt auch nicht viel, da man eh immer

den fliegenden Kisten auf. Außerhalb der Schule sind sie in Ver-

schneller als der Wind ist. Erfahrene Strandsegler lesen den Strand.

einen mit mehreren Hundert Mitgliedern organisiert. Die deut-

Tiefer Sand bremst aus, stattdessen muss man die Priele kennen.

schen strandsegeltechnischen Bemühungen sind zwar groß und

Die Beschaffenheit des Sandes ist auch von der Windrichtung ab-

greifbar, dennoch von deutlich weniger Massen geprägt. Kaum

hängig. Fließt das Meer langsamer ab, bilden sich eher Schlamm-

jemand wohnt in St. Peter-Ording, der Hochburg. Stattdessen

löcher, wie es bei Ostwind der Fall ist. So wird der Strand nicht so

kommen einige aus Frankfurt, und dann nur an den Regattawo-

stark überspült, das Wasser läuft langsamer ab, dann bilden sich

chenenden. Solch eine Situation wäre in Frankreich eine „grande

Löcher. Kann man das Gelände nicht lesen, ist man aufgeschmis-

catastrophe“, undenkbar, wirklich unannehmbar. Hier ist man or-

sen. Durch die niedrige Sitzposition von nur einem halben Meter

ganisiert mit Fitness- und Mentaltrainern, Sportförderung und al-

über dem Boden sieht man schlecht, ob die obere Sandschicht sehr

lem Pipapo. Wenn dann noch der St. Peter-Ordinger Strand eine

trocken ist. Die wirbelt dann wie aufgewirbelter Schnee durch die

gewisse Ähnlichkeit mit den französischen Stränden aufweist,

Luft. In Prielen voll spritzendem Modder sieht man aber auch nichts,

muss man als „deutscher Hobbysträndler“ nicht allzu große Chan-

da hilft nur Erfahrung. Wie im wirklichen Leben ohne Segel.

cen ausrechnen. Die wenigsten bewegen sich auf internationalem Niveau. Aber es gibt Ausnahmen. Einer von ihnen, Sven Kraja aus

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Weitere Infos zum Thema: www.ycspo.de oder www.frogsails.de


foto // kai uwe eilts

foto // kai uwe eilts

foto // kai uwe eilts

foto // kai uwe eilts

foto // kai uwe eilts

foto // kai uwe eilts

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artverwandt

Schon die alten Ägypter fuhren mit Booten samt Rädern und Segeln durch ausgetrocknete Flussbetten. Vor rund 400 Jahren tauchen an der belgischen/ französischen Atlantikküste die ersten Strandsegler auf, mit denen die Fürsten am Strand entlangfuhren. Riesige und schwere „Strandsegler“ aus Holz für 40 Menschen und mehr darauf. Zeichnungen belegen das.

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artverwandt

Hier in St. Peter herrschen optimale Bedingungen. Beeindruckend, da es nur sehr wenige Strände an unseren Küsten gibt, an denen Strandsegeln überhaupt möglich ist. St. Peter ist da die Krone der landseglerischen Strandkultur.

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artverwandt

Gespräch mit Sven Kraja. Er lebt in Schleswig und betreibt dort seine eigene Segelmacherei namens Frog Sails. Der 43-Jährige ist aus der deutschen Szene nicht wegzudenken: mehr als 20 Mal Deutscher Meister, Weltmeister in der Mini-Klasse, Europameister in der Klasse 5 und weltweit unter den Top fünf. So what?

Wieso bist du so gut? Mein Vater war Segelflieger, so

hillreifen in 3,7 Zoll gefunden, mit dem Mountainbiker im

kam ich früh mit Aerodynamik in Kontakt. Später kam ich

Schnee den Berge runterrasen. Das bedeutet mehr Dämp-

zum Bootsbau, arbeitete zehn Jahre bei Dübbel & Jesse auf

fung durch mehr Gummi – aber mit Noppen. Die muss ich

Norderney, bin gewindsurft, gestrandsegelt und „geallest“.

mit einer Schleifmaschine runterhobeln. Danach siehst du

Ich war verrückt nach allem, was mit Wasser und Segeln zu

zwar aus wie Sau, aber so hole ich fast ein Kilo an Gummi

tun hatte. Bin ich heute immer noch.

runter, erst dann habe ich einen Slick. Schließlich können

wir noch mit Luftdruck arbeiten, den wir auf die unter-

Wieso überhaupt Strandsegeln? Als Ergänzung

schiedlichen Strandbeschaffenheiten anpassen. Letztlich

zum Segeln? In der Werft waren fast alle am Strandse-

kann ich noch zusätzlich mit dem Springbord an der Hinter-

geln, so habe ich halt mitgebastelt. Wir haben die Sitze aus

achse arbeiten. Es gibt also einige Möglichkeiten.

Kohl/Kevlar und den kompletten Rumpf selbst gebaut. Irgendwann dann ging es der Werft nicht mehr so gut. Da habe ich eine Weltreise gemacht und gesehen, dass es woanders auf der Welt auch Strandsegler gibt. Zum Beispiel in Neuseeland oder den USA – dort gibt es eine kleine, aber gute Szene. Ich war knapp 30 und dachte,

Wie sieht es mit Däm­p­­­fung an der Vorder-

D e r St r a n d ändert sich nicht in dem Maße, wie sich das W e t t e r ä n d e r t. W e n n e i n Lo c h da i st, m u sst d u da d u r c h fa h r e n . Da g i bt ’ s n i c h ts .

achse aus? Mit meinem Auto bin ich gerade mit 30 km/h über einen Bordstein gefahren, da habe ich mir die halbe Felge verbogen. Beim Strandsegeln sind wir mit mehr 100 km/h unterwegs. Ich denke nicht, dass du mit 100 km/h gegen ei-

dass ich noch mal was anderes machen könnte. So machte

nen Bordstein fahren willst, da würden 90 Prozent aller Ge-

ich, als ich zurück war, eine Lehre als Segelmacher. Keine

ländewagen auseinanderbrechen. Beim Strandsegeln darf dir

Umschulung, sondern eine Lehre bei Ger Schmitz/Holm

das nicht passieren. Über die Jahre haben wir einen Entwick-

Segel. Ich wollte es von der Pike auf lernen. Natürlich

lungsstand erreicht, in dem die Dinger nicht mehr auseinan-

lag mein Hintergedanke aber schon beim Strandsegeln.

derfallen. Prielkanten, Löcher, Weichsand; das macht einmal „di-dumm“ und schon ist man durchge­fahren – keine plat-

Und nun – das Beste aus zwei Welten? Ich schnei-

ten Reifen mehr so wie früher. Wir fingen mit zwölf Millime-

dere nicht nur die Segel selbst, sondern baue auch meine

ter großen Achsen an, jetzt sind wir schon bei 20 Millimeter,

eigenen Standsegler. Mittlerweile gebe ich aber auch viele

und die halten. Allerdings werden dadurch auch wieder die

Tipps an andere weiter, die selbst bauen wollen.

Geschwindigkeiten höher. Das ist ein Teufelskreis, so langsam aber haben wir einen ausgereiften Entwicklungsstand

Wie kann ich den Strandsegler durch Trimm

erreicht. Der Strand ändert sich nicht in dem Maße, wie

verändern? Das fängt schon bei der Gummimischung

sich das Wetter ändert. Wenn ein Loch da ist, musst du da

der Reifen an. Wir haben jetzt in den USA einen Down-

durchfahren. Da gibt’s nichts.

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sven kraja


foto // kai uwe eilts

artverwandt

Die Preise liegen schnell bei 7.000 bis 10.00 Euro. Eine Klasse 3 kostet dann schon 12.000 bis 15.000 Euro. Ein Mini bekommt man dagegen bereits für 2.000 bis 2.500 Euro. Aber wenn man sich für einen Strandsegler entscheidet, mit dem man auch Regatten segeln kann, will man bald noch schneller werden.

Wie wird die Zukunft aussehen? Vor Kurzem

Was passiert, wenn es dich mit dieser Geschwin­

erst haben wir eine neue Klasse erfunden. Für Einsteiger.

digkeit zerlegt? Man darf nicht vergessen, es ist ein Ri-

Für Leute, für die auch gern mal im Keller basteln wollen.

sikosport, wie Kitesurfen auch. In der Vergangenheit haben wir viel gelernt. Wir wussten, dass bei 60 km/h der 15er-Bol-

Ist das eine Klasse, in der du dann fahren wol-

zen bricht, also nahmen wir einen 17er, der bricht dann erst

len würdest? Mache ich. Im Moment fahre ich in zwei

bei 90 km/h. Der 20er bricht jetzt nicht mehr. Dieses Risiko

Klassen, in Klasse 5 und in der neuen Klasse Mini. Die 5

haben wir also gegen null reduziert. An sich sind wir sicher.

ist über viele Jahre sehr innovativ gewesen. Jetzt arbeiten

Wir haben aber immer ein Problem, wenn Dritte zu Schaden

wir viel an den Segeln, aber das war’s dann auch. In der

kommen. Wir sind gegen alles versichert, haben alle Versi-

Mini haben wir ganz andere Möglichkeiten. Viele Leute

cherungen der Welt. Wenn der Sport nun breiter wird, wird

können sich keinen Klasse-5-Segler kaufen oder den ein-

es hoffentlich nicht problematischer werden. Wenn du dich

fach so nachbauen, es sind alles Unikate. Bei der Mini ist

zerlegst, hast du ein Problem, aber eigentlich zerlegen wir uns

das anders. Es gibt viele Hersteller wie Blokart, die zwar

nicht mehr. Es sei denn, es fahren sich zwei über den Haufen.

nicht so schnell sind, aber das ist egal. Wir Regattafuzzis

Das passiert extremst selten. Wenn, dann bei Vorfahrtspro-

weichen das wieder ein bisschen auf, weil wir anfangen,

blemen, wenn eine Schot eingeklemmt ist oder so was.

rumzuschrauben und zu verändern. Das Gute an der Klasse ist, dass du alles selbst bauen kannst. Ein Stück Rohr kostet ungefähr 80 Euro, kleine Räder mit Kugellager um die 17 Euro. Meine Räder aus Neuseeland kosten schon 500 Euro pro Stück. Die neuen aus Kunststoff werden circa 700 Euro kosten. Das ist eine 27-teilige Form. Es handelt sich um ein in Sandwich laminiertes Scheibenrad, das für mehr als 100 km/h ausgelegt ist.

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Wenn du dich z e r l e g st, h ast d u ein Problem, aber eigentlich zerlegen wir uns nicht mehr. Es s e i d e n n , e s fa h r e n s i c h z w e i ü b e r d e n H au f e n .


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Strandsegeln ist relativ einfach zu lernen. Man kann nicht umkippen, nicht ins Wasser fallen und man muss keinen Anleger fahren. Man setzt sich rein, zieht die Schot dicht und schon geht es los. Wenden? Schot auf. Wende. Zur端ckfahren. Fertig.


kolumne technik

Wie man heute das Regattasegeln lernt

I

n der Schulzeit war noch alles einfach. Man ging morgens hin und die Lehrer hatten alle Materialien in ausreichender Menge dabei. Unmengen Kopien, Schulbücher und Tafelbilder. Da hatte die Welt noch eine Ordnung, die Fragen

beantwortete die Lehrkraft. Wer heute bei einer Frage nicht weiterweiß, zückt sein Smartphone. Tante „Google“ hat Antworten auf fast alle Fragen. Auch über den Segelsport ist jede Menge Wissen im Internet vorhanden. Hunderte Bücher wurden geschrieben, Vorträge gehalten und Filme gedreht. Sich in diesem Wissensschatz zurechtzufinden, ist die eigentliche Herausforderung. Das Medienzeitalter bietet dazu für die Interessierten viele Lösungen. Onlineportale wie die „Khan Academy“ erfreuen sich mit einer Fülle von Lehrinhalten größter Beliebtheit. Auch für Segelthemen findet man dort ein passendes Angebot. Das Audi Sailing Team Germany hat für die olympischen Segler eine Onlineakademie ins Leben gerufen. Nach dem „Flip-Teaching“-System werden den Sportlern von ihren Trainern Inhalte aufbereitet, die sie dann eigenständig am heimischen Computer bearbeiten können. Dieser „umgedrehte“ Unterricht gibt den Sportlern die Möglichkeit, sich von zu Hause aus systematisch auf eine Trainingseinheit vorzubereiten. Was in der Corporate University von SAP, dem Technologie- und Premiumpartner des Audi Sailing Team Germany, schon längst üblich ist, hält jetzt also auch bei den Seglern Einzug. Sogar ganze Theorietests lassen sich in der Plattform durchführen. Die Trainer können dabei genau steuern, in welchen Kursen sich ihre Schützlinge anmelden. Die Lehrvideos dazu stehen auch der gesamten Segelöffentlichkeit zur Verfügung.

Die Saisonvorbereitung kann also beginnen. Regattataktisches Lehrgeld kann man zu Hause „bezahlen“, um sich dann im Sommer ganz auf die Anwendung beim Regattasegeln zu konzentrieren.

Marcus Baur Der Diplom-Ingenieur und zweifache Olympiateilnehmer im 49er entwickelte die erfolgreiche Zielmanagementsoftware Goalscape und ist Leiter der technischen Projekte beim Sailing Team Germany (STG).

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kolumne regeln

Verteidige am Start die Lücke ... schrift & grafik // willii gohl

W

ir hören es von fast jedem Trainer und lesen es immer wieder in

Freihalten geben. In der gezeigten Situation ist Rot jedoch

Aufsätzen oder Büchern über Regattataktik: Verteidige am Start

von dieser Verpflichtung befreit. WR 15 bestimmt nämlich

eine Lücke in Lee. Diese Lücke soll einem selbst den Raum zum

weiter, dass diese Verpflichtung nur dann gilt, „… sofern

Abfallen und Fahrtaufnehmen geben. So widmet der frühere DSV-Bundes-

es nicht das Wegerecht durch Handlungen des anderen

trainer Malte Philipp in seinem lesenswerten Buch „Regattasegeln – Strate-

Bootes erhält“. Hier hat Rot aber das Wegerecht durch

gie und Taktik“ im Kapitel über den Start eine Seite dem Prinzip „Platz nach

das Abfallen von Gelb erhalten. Gelb hat sein Wegerecht

Lee verteidigen“. Wenn ein Boot am Start Platz nach Lee hat, so bedeutet

freiwillig aufgegeben und ist nun nicht mehr durch WR 15

dies zwangsläufig, dass dort eine Lücke zwischen diesem Boot und dem

geschützt. Es muss sich also unmittelbar und sofort freihal-

nächsten in Lee ist. Eine Einladung für Boote aus der zweiten Reihe, dort

ten. Dies kann es eigentlich nur durch sofortiges Luven und

hineinzufahren und die Lücke zu schließen. Als Verteidigung der Lücke

läuft dabei natürlich Gefahr, über die Linie zu geraten. Wenn

wird nun gelehrt „falle ab und schließe die Lücke“! Dies noch mit erho-

Rot nur die geringste Ausweichmaßnahme ergreifen muss,

benen Stimmen „Nein, Nein … kein Platz … hier nicht“ oder ähnlichen

zum Beispiel Geschwindigkeit verringern oder eine Kurs-

Vokabeln unterstützt, mag das eine oder andere Boot davon abhalten, zu

änderung vornehmen, so kann es sofort gegen Gelb pro-

versuchen, die Lücke zu erobern. Wenngleich diese Taktik überwiegend

testieren und Gelb muss auch noch eine Strafe annehmen.

erfolgreich ist, so ist sie auch mit erheblichen Risiken behaftet. Mit diesen Risiken wollen wir uns im Folgenden beschäftigen.

Es kommt also für Gelb darauf an, die Lücke rechtzeitig zu schließen. Rot wird dann zwar immer noch zu einem Wege-

Schauen wir uns die Grafik 1 an:

rechtsboot, wenn Überlappung besteht, aber Gelb hat jetzt die Chance, dass Rot selbst die Überlappung in Lee herstellt. Wenn nun Rot weiter luvt, ist es seinerseits durch WR 16.1 verpflichtet, dem anderen Boot, hier also Gelb, Raum zum Freihalten zu geben. Die Gefahr, durch das Leeboot über die Linie gedrückt zu werden, besteht jedoch weiterhin, allerdings muss Rot Rücksicht auf die Situation von Gelb nehmen und kann nun nicht mehr einfach in die Lücke hineinsegeln. Malte

Vor dem Start sind die Boote an der Linie aufgereiht. Gelb hat in Lee eine

Philipp hat es sehr schön ausgedrückt: „Bei einer bequemen

Lücke und ausreichend Abstand zu Grau. Rot segelt in der zweiten Reihe

und großen Lücke muss man umso aufmerksamer sein, …

und sucht eine Lücke, sieht diese in Lee von Gelb und luvt. Gelb erkennt

denn sie weckt zumeist Begehrlichkeiten beim Gegner!“

dies und beginnt abzufallen (Position 1 und 2). Rot ist in dieser Zeit noch

Seien Sie aufmerksam beim Start!

klar achteraus von Gelb und ist nach WR 12 verpflichtet, sich freizuhalten. Dies tut es auch, denn Gelb kann seinen Kurs segeln, ohne Ausweichmaßnahmen ergreifen zu müssen. Gelb ist also Wegerechtsboot. Das Abfallen von Gelb hat Rot zwar erkannt, glaubt aber, immer noch eine ausreichend große Lücke vor sich zu haben. In Position 3 schließt Gelb diese Lücke durch weiteres Abfallen und hier kann es in eine Falle gehen. Durch das weitere Abfallen hat es jetzt selbst eine Überlappung zu Rot hergestellt. Dabei ist es das Luvboot und nun seinerseits nach WR 11 verpflichtet, sich freizuhalten. Erschwerend für Gelb kommt noch ein weiterer Umstand hinzu: Im Normalfall muss ein Boot, welches Wegerecht erlangt – hier also Rot – nach WR 15 dem anderen Boot anfangs Raum zum

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Willii Gohl ist langjähriger internationaler Schiedsrichter des Weltseglerverbandes ISAF. Bei den 8mR-Yachten ist er genauso zu Hause wie bei den J 24 und den 420/470ern sowie im ISAF Sailing World Cup. Er ist Mitinhaber von Sailing Media, einem Unternehmen, das Seminare im Bereich Wettfahrtregeln und Taktik anbietet. Die deutschsprachige Ausgabe des Standardwerks „Wettfahrtregeln in der Praxis“ von Bryan Willis wurde von ihm bearbeitet, ebenso der „Regelbegleiter 2009-2012“!


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kolumne mental

Auf Olympischen Erfolg programmiert Ein Gespräch zwischen Marcus Baur und Weert Kramer, Teil 2

M

arcus: Wir haben in der letzten Ausgabe über Erfolgsprogramme,

Marcus: Wie kann man Durchsetzungsvermögen trainieren?

Ziele und Sporthypnose gesprochen. Gibt es noch einen Aspekt,

Weert: Ein entscheidender Hebel sind bewusste oder unbe-

der für olympischen Erfolg aus mentaler Sicht wichtig ist? Weert:

wusste Glaubenssätze. Das sind innere Überzeugungen, die

Zwei weitere wichtige Themen sind Kampfwille und Durchsetzungsvermö-

unser Handeln steuern. Hier kann sich der Sportler bewusst

gen. Hochleistungssport ist kein „Ringelpietz mit Anfassen“! Am Ende geht

neue Glaubenssätze zurechtlegen wie zum Beispiel: „Ich weiß,

es darum, den Gegner zu dominieren und bereit dafür zu sein, sportliche

ich kann das, ich weiß, ich schaffe das!“ Diese Sätze lassen bei-

Gegner auf dem Spielfeld „auszuschalten“. Dafür braucht es Aggressivi-

spielsweise sich gut beim Kraft- und Ausdauertraining üben, in-

tät gegen sich selbst, um ans Leistungslimit zu gehen, gegenüber dem ei-

dem man sie immer wiederholt. Gleichzeitig kann der Sportler

genen Boot, um das Boot auch bei viel Wind zu dominieren, und natürlich

beim mentalen Training diese Sätze in die Visualisierung seines

braucht man taktische Aggressivität gegenüber dem Gegner. Das Programm

optimalen Rennablaufs einbauen. Damit hat man dann einen

„Kampfwille“ kann man relativ leicht anschalten, weil es sich dabei letztlich

kognitiven Anker gesetzt, den man im Rennen abrufen kann.

um das evolutionär gut gebahnte „Kampfprogramm“ handelt. Aber hier ist

„Ich weiß, ich kann das, ich weiß, ich schaffe das!“ wird dann

auch wieder das Feintuning entscheidend. Wie aggressiv muss ich in wel-

eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, die auf dem Wasser

cher Situation vorgehen? Was ist mein typisches Programm? Passt das Aus-

ihre Wirkung entfaltet. Würdest du als ehemaliger Olympiateil-

maß meiner bisherigen Aggressivität zur Segelsituation? Wie setze ich das

nehmer mir zustimmen?

passgenau um? Auch hier kann man wieder durch regelmäßiges mentales Training das optimale aggressive Programm gut trainieren. Beispielsweise

Marcus: Unbedingt. Mein Mentaltraining bestand aus einem

muss sich Dean Barker den Vorwurf gefallen lassen, dass er vor San Francisco

Coaching mit Hypnosetechniken und relativ viel Meditation. Es

im America´s-Cup-Finale beim Stand von 8:2 nicht aggressiv genug gestar-

trug dazu bei, dass ich mich sehr gut auf das Segeln fokussieren

tet ist. Hier hätte Dean sicher ein aggressiveres Startprogramm gebraucht.

konnte, in der Regel zu den schnellsten Booten auf dem Kurs zählte und trotzdem den Überblick behielt. Aber die Themen

Marcus: Wie sieht es mit dem Durchsetzungsvermögen aus? Weert: Beim

Kampfwille und Durchsetzungsfähigkeit habe ich vernachläs-

Durchsetzungsvermögen ist es etwas schwieriger. Durchsetzungsvermö-

sigt, was in den engen Situationen von Nachteil war. Ich glaube,

gen ist eng an das Selbstwertgefühl gebunden. Das heißt, ich kann mich

ich habe viel Potenzial vergeben. Heute empfehle ich jedem

nur wirklich durchsetzen, wenn mein Selbstwertgefühl mir das erlaubt.

Segler drei Ansätze: 1.) Die Programmierung auf Erfolg durch

Wenn also mein Selbstwertgefühl noch nicht auf der Stufe angekommen

einen Mentalcoach, der einem die Fähigkeit zur Selbstaktivie-

ist, dass ich wirklich innerlich überzeugt bin, dass ich den amtierenden

rung vermittelt. 2.) Die Schulung des Kampfwillens und der

Weltmeister schlagen kann und schlagen werde, wenn ich es will, dann

Durchsetzungskraft. Wir können da viel von den asiatischen

stehen die Chancen schlecht für einen Sieg. Die Arbeit am eigenen Selbst-

Kampfsportarten lernen. 3.) Meditation, um Klarheit, Vitalität

wertgefühl ist ein stetiger und extrem wichtiger Prozess, in dem die Trai-

und Konzentration in sein Leben zu bekommen. Mein Eindruck

ner und Bezugspersonen um den Sportler herum eine große Rolle spielen.

ist, dass die meisten Topsegler zu wenig mental trainieren. In

Hier ist es wichtig, einerseits realistisches Feedback über die Leistung zu

der Vorbereitung auf Großereignisse merken sie nicht, dass sie

geben und andererseits das Selbstwertgefühl immer mehr aufzubauen. Am

auf einen gravierenden persönlichen Engpass zusteuern. Da

Ende siegen nur Segler, die von sich selbst und ihren Möglichkeiten voll

benötigen junge Segler konkrete Hilfe und Angebote. Die be-

überzeugt sind. So ein Segler verfügt über eine hohe Selbstwirksamkeit. Er

finden sich zum Glück im Aufbau. Sollten sie greifen, wird es

weiß genau, dass er jetzt Erfolg haben kann, wenn er sich jetzt anstrengt.

auch wieder Medaillen für deutsche Segler geben.

Weert Kramer Der Psychologe bestritt den America´s Cup und alle großen europäischen Offshore-Rennen. Als Inhaber von TeamThink berät er seit zwölf Jahren Unternehmen und unterstützt als Mentaltrainer Sportler/innen des Sailing Team Germany (STG).

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mode

bilder // marco knopp Location // weltruf-kiel

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Mode macht munter, vor allem im fr체hj채hrlichen Taumel der neuen, beginnenden Saison. Es stellt sich vor: Eine kunterbunte Fr체hlingsmischung aus bekannten und unbekannten Firmen, aus technischem Tatendrang und modischer Meisterleistung.


mode

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Volker // Jacke Slam Blow Man 159 €, Schuhe Marinepool Cowes II 119 €, Hose Musto Evolution Performance 149 €, Gürtel Musto Evolution 29 €, Polo TBS „Race for water” Jonrac 64 € regina // Schuhe Marinepool Grace Moca 109 €, Jacke Dalmard Rennes 189 €, Shirt Dalmard Paimpol 54 €


mode

Volker // Jacke Henri Lloyd Rio 139 â‚Ź

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Volker // Weste TBS Ofgile 99 €, Hose Musto Evolution Performance 149 €, Stiefel Marinepool Borkum 75 € regina // Jacke Peak Performance 4S Down Liner 300€, Hemd Slam Camicia Gjuhez 79 €


mode

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Tim // Jacke Peak Performance Black Light 3S 450 €, Hoodie Slam Britomat 69 €, Schuhe Zhik ZKG's 89 € Martina // Jacke Peak Performance Pace 200 €, Jeans Marinepool Gwen 99 €, Stiefel Marinepool Hiddensee 69 €


mode

martina // Jacke Aigh Mila 229 â‚Ź, Stiefel Marinepool Hiddensee 69 â‚Ź

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Volker // Jacke Zhik Aroshell 199 €, Hose TBS Fabcot 99 €, Schuhe Musto Performance Deck Schuh 149 € regina // Jacke Aigh Meta 269 €


mode

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Volker // Schuhe Musto Performance Deck Schuh 139 €, Anzug Marinepool Ramsgate Jacke 699 €, Ramsgate Hose 599 €, Jacke 2. schicht Woolpower Merino 149 € regina // Jacke Marinepool Percé II 299 €, Hose Musto Evolution Performance 149 €, Stiefel Marinepool Amrum Rubber 69 €


mode

Volker // Jacke Aigh Fiete 229 €, Shirt TBS Race for Water Jonrac 64 €, Hose Musto Evolution Performance 149 €, Schuhe Marinepool Cowes II 119 € regina // Jacke Musto Evolution Soft Shell 159 €, Hose Musto Evolution Performance 149 €, Schuhe Musto Nautic Bay 120 €

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Volker // Weste Henri Lloyd Loft 109 €, Hose TBS Tech Fabcot 99 €, Pullover Rymhart 199 €


Regatta/Historie

Fairlie Roads schrift // erdmann braschos & ewan mcewan bild // marina kรถnitzer

OBLIO. Von William Five III. 1899 designter Gaffelkutter. Er wurde 2007 von Hubert Stagnol in Frankreich resaturiert.

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71

Die Fife Regatta 2013 fand bei normalen schottischen Bedingungen statt. Am ersten Tag regnete es Cats and Dogs, das Wetter wurde dann aber besser. Anlaß für eine Spurensuche zur Entstehung und zum Mythos der berühmten Fife-Yachten in Fairlie am Clyde. Man muss den Sport schon sehr mögen, um freiwillig in Schottland segeln zu gehen. An diesem nordwestlichen Vorposten Europas regnet es noch mehr als in Stuttgart Degerloch, Lüdenscheid, Kiel Düsternbook oder den Britischen Inseln. Das mag statistisch unmöglich erscheinen, ist aber so, weil die dräuend grauen Wolken der nordatlantischen Tiefdruckgebiete hier die erste intensiv genutzte Gelegenheit zum Abregnen haben.


N

Mythos Fife of Fairlie

un sind Schotten clevere

Von Largs ist es nur ein Spaziergang nach Fairlie, jener

Leute. Wer nicht in den

kleinen Ortschaft, in der einst die berühmten Fife-Yachten

sonnigen Süden fliegen

entstanden. Der Schweizer Sammler, Auto-, Häuser- und

kann, lockt ahnungslose

Yachtrestaurator Albert Obrist hat mir vor Jahren im fernen

Fremde mit einer Einla-

Gstaad einmal von Fairlie erzählt. Der Yachthistoriker Dr.

dung zum Segeln in sei-

William Collier in Southampton auch und ebenso Werftlei-

ne Heimat. Das Poster

ter Duncan Walker im südenglischen Hamble. So begebe

zur fünften Fife Regatta im Sommer vergangenen Jahres

ich mich vor dem Dorf auf dem flachen Sandstrand der

zeigt eine idyllisch-heitere Fjordlandschaft. Welten ab-

überschaubar großen Bucht auf Spurensuche. Der Strand

wechslungsreicher als der Ammer-, Boden- oder Starnber-

ist wenige 100 Meter lang, außen ein bisschen unrein, mit

ger See, aber mit Wind. Eine Regatta ist eine unausweich-

Steinen. Es ist auflaufendes Wasser und die Tide hat etwa

lich terminierte Veranstaltung mit eingebautem Gruppen-,

die Hälfte ihres üblichen Drei-Meter-Hubs zurückgelegt.

sprich Ablege- und Segelzwang. Wenn die Stunden der

Abgesehen von etwas Seegras und an Land gewehtem

Wahrheit gekommen sind und alle raus müssen, egal wie es

Schaum ist der feinsandige Strand leer. Eine Zeile dreistö-

regnet oder bläst, kneift keiner. Nicht mal nachweislich was-

ckiger Häuser. Die alten Gebäude sind aus grauen, bemoos-

serscheue Italiener und sonstige südländische Warmdu-

ten Steinen, die neueren ein Beispiel praktischer Allerwelts-

scher, die aus einem einzigen, nicht beruflich verordneten

architektur: pflegeleicht in mattem Ocker, schalem Rosa,

Grund nach Schottland kommen: Wer eine Fife-Yacht hat

fahlem Gelb, blassem Rosa oder hellem Blau verputzt. Dort

oder einen Freund, der eine hat, muss mindestens einmal

wo die Reihenhäuser den Panoramablick auf Fairlie Roads

im Leben hierher.

bieten, auf die Reede der Ortschaft, auf den Largs Channel dahinter und die Insel Cumbrae draußen, entstanden die Er-

Natürlich wissen die cleveren Schotten auch, wie vergess-

zeugnisse der Bootsbauerfamilie William Fife and Son. Drei

lich der Mensch ist. Deshalb findet die Fife Regatta nur ab

Generationen einer Familie und ihrer Angestellten, die den

und zu statt. Im Sommer vergangenen Jahres war es nach

schottischen Yachtbau weltweit zum Begriff machten. In Fair-

den Zusammenkünften 1998, 2003 und 2008 im Sommer

lie kam es vor, dass der Gottesdienst erst begann, nachdem

2013 wieder so weit. Von der 100-füßigen Fahrtenyawl

die Einheimischen sonntagmorgens ein neues Fifesches Re-

KENTRA über den etwas kleineren Schoner ASTOR, den

gattaboot besichtigt hatten. Und weil sich hier eigentlich alles

berühmten und weitgereisten Doppelender LATIFA, Achter

um den Yachtbau drehte, ziert die Silhouette der berühmten

und Sechser bis hin zum handlichen Fife One Design kamen

Fife-Yawl LATIFA als Wetterfahne den Kirchturm.

18 sehenswerte Fife-Yachten. Der Gaffelkutter AYRSHIRE LASS von 1887 war das älteste Schiff der zunächst in der modernen Marina von Largs versammelten Flotte. Sie befindet sich gleich nördlich der kleinen Ortschaft Fairlie. Der Besucher der trichterförmig westlichen Zufahrt Glasgows braucht heute einige Fantasie, um zu glauben, dass der Firth of Clyde einst die Wiege des Segelsports war: die Kieler Förde des industrialisierten Empire, der prosperierenden Kolonialmacht Großbritanniens. Hier wurden America’sCup-Herausforderungen vorbereitet und mancher zu ehrgeizig bewegte große Schlitten im Schlachtgetümmel der Regattabahnen mit gnadenlos durchgesetztem Wegerecht versenkt. Es ist kaum zu glauben, dass der pfiffige Lebensmittelhändler Sir Thomas Lipton einst die Regattabojen auf dem Firth of Clyde als Werbefläche nutzte.

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Natürlich wissen die cleveren Schotten auch, wie vergesslich der Mensch ist. Deshalb findet die Fife Regatta nur ab und zu statt.


73 Regatta/Historie

AYRSHIRE LASS. 1887 von William Fife II. gebaute 24-Fuß-Yacht. Segellegende Sir Pete Goss kaufte das Schmuckstück und ließ es 2004 vollständig restaurieren.

Über diesen Strandabschnitt feinen Sands wurden 1807

Werfthalle stand und die Plattform des einstigen Masten-

bis 1938 rund 800 Yachten, vom Kutter COMET bis zum

krans. Viele Fife-Yachten wurden vor ihrem Stapellauf auf

Zwölfer FLICA II, rückwärts bei Niedrigwasser zu ihrem

dem Strand stehend aufgetakelt. Im Ort selbst erinnert die

Element geschoben. Regattaboote meist und gediegene

Wetterfahne auf der Pfarrkirche und ein Schild neben dem

Fahrtenyachten, die über ein Jahrhundert das Beste des

„Gasthaus zum Schlammhaken“, dem „Mudhood Inn“ an

Bootsbaues verkörperten, die heute eine nahezu irrationale

die Familie Fife aus Fairlie.

Wertschätzung genießen. Clyde-built, das war nicht nur in der Berufsschifffahrt ein Begriff. Wer an der exponierten

Zum Verständnis, wie der Clyde zur Wiege des angel-

schottischen Westküste bestehen wollte, lieferte Qualität.

sächsischen Segelsports und Yachtbaues wurde und

Es ist heute, im Zeitalter ausgebaggerter Hafenbecken und

warum das Segelrevier eine Autostunde südwestlich von

moderner Travellifts, zwar irgendwie vorstellbar, dass hier

Glasgow heute so still wie ein vergessenes Naherholungs-

der 160 Tonnen verdrängende Big-Class-Schoner ALTAÏR,

gebiet ist, lohnt die Erinnerung an die Kolonial- und Indus-

große Schlitten wie SUMURUM oder MOONBEAM IV,

triegeschichte Großbritanniens. In der 1837 beginnenden

23-mR-Yachten wie SHAMROCK und CAMBRIA, 19er,

Viktorianischen Ära gelangt das Empire mit dem Im- und

15er, Zwölfer, Achter und mancher edle Sechser vom Sta-

Export zu Reichtum. Der Hafen wird neben London zum

pel liefen. Dennoch muss sich der Besucher ganz sicher

wichtigsten, problemlos vom Nordatlantik her anzu-

sein, dass es hier stattfand. Es ist nichts mehr da. Nicht eine

steuernden Tor zur Welt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts

einzige Schwelle, kein Gleis eines Slips ist zu sehen. Nach

wird es zum maßgeblichen Umschlagplatz für Tabak,

einer Weile ratlos über den Strand streunender Suche ent-

Baumwolle und Zucker. Glasgow wird nach London, Pa-

decke ich das molenartige Fundament, wo einst die große

ris und Berlin zur viertgrößten europäischen Metropole.


Regatta/Historie Die Förderung von Kohle und Eisenerz im Süden der Stadt,

Als sich der erste William Fyfe (1785 bis 1865), er stammt

Baumwollverarbeitung und Textilwebereien, der Schiffbau

aus einer Wagenbauerfamilie und schreibt sich noch mit

und damit zusammenhängende Branchen entwickeln sich

Ypsilon, vermutlich 1803 am Strand von Fairlie im Boots-

rasant. Der Industrie- und Schiffbauhistoriker Fred Walker

bau versucht, ist die Verfeinerung des Handwerks von

zählt 392 Werften. Davon sind zwei übrig geblieben.

zweckmäßig-haltbaren Fischerbooten und Transportern landwirtschaftlicher Erzeugnisse zum Luxusartikel der

Der älteste Schlepptank der Welt wird 1840 in Dunbar-

Renn- oder Fahrtenyacht noch nicht abzusehen. Damals

ton gegründet. Froudes Untersuchungen über den Was-

ist Vergnügungssegeln noch eine abenteuerliche, auch der

serwiderstand, der Ersatz der traditionell durchgängigen

Erkundung und Vermessung schottischer Gewässer die-

Holzbauweise durch die stabilere, leichtere und Platz spa-

nende Beschäftigung aristokratischen Zuschnitts. Steeles

rende Mischbauweise aus Holzplanken über Metallspan-

Standardwerk „Naval Architecture“ bedeutet dem ersten

ten wird von einer örtlichen Werft seit den 1860er-Jahren

Fife der berühmten Bootsbauerfamilie so viel, dass er die

bei Rahseglern durchgesetzt. Bald nimmt Fife seine erste

Geburtstage seiner Kinder vorn im Buchdeckel notiert. Die-

Stahlspantenbiegemaschine in Betrieb. Eine davon steht

ser Brauch ist sonst bei der Familienbibel üblich. Zunächt

heute im Scottish Maritime Museum in Irvine. Erfolgrei-

ernährt das Handwerft mit Ach und Krach die wachsende

che Industrielle, Kaufleute und Werftinhaber arrivieren

Familie, die sich mit einträglichen Nebenjobs wie dem da-

neben dem Adel. Sie kultivieren ihre Lebensart nicht

mals in Schottland üblichen Schmuggel über Wasser hält.

allein mit der Errichtung repräsentativer Residenzen am

Als Fyfe den Betrieb 1839 an seinen Stammhalter gleichen

Clyde oder ansehnlicher Kunstsammlungen. Sie takeln im

Namens übergibt, sind am Strand von Fairlie ganze zehn

Format und Stil der Upper Class auf. Die steile Karriere

Schiffe entstanden.

des gebürtigen Iren Thomas Lipton beginnt in Glasgow, wo der pfiffige Entrepreneur seinen ersten Lebensmittel­

Der zweite William Fife (jetzt mit i), er lebt von 1821 bis

laden eröffnet. Lipton wird Ende des 19. Jahrhunderts

1902, wird den Betrieb zur weithin geschätzten Adresse

zum Fife-Kunden. Wer kann, lässt den Schmutz und die

machen. Er hält das handwerkliche Niveau auch in Zeiten

Enge Glasgows hinter sich und lebt am Firth of Clyde.

oben, wenn damit kein Geld verdient wird. Spaltmaße im

Passage von Rothisity bis Tighnabruaich. Letzteres spricht sich in Gälisch folgendermaßen aus: Taigh na Bruaich. Auch nicht einfacher zu sprechen, aber zu lesen. Sicher dagegen ist: Der Küstenabschnitt gehört zur Argyll's Secret Coast, eine Stunde westlich von Glasgow.

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Lipton wird Ende des 19. Jahrhunderts zum Fife-Kunden. Wer kann, lässt den Schmutz und die Enge Glasgows hinter sich und lebt am Firth of Clyde.


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FINTRA. Ein Sechser aus dem Jahr 1928. Sie wurde von William Fife III. entworfen und gewann im selben Jahr die Goldmedaille beim British American Six Metre Cup.

Interieur werden von Fife abschließend mit einer Münze

Mehr noch als der Vater und Großvater beschäftigt sich der

überprüft. Bei zu großen Toleranzen wird es neu gebaut.

Filius mit dem Yachtentwurf. Eine seine frühen Konstruktio-

Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein erfolgt das Handwerk am

nen ist VAGRANT von 1884, ein prototypisches „Plank on

Strand von Fairlie unter freiem Himmel. Das ist im Winter

Edge“-Boot der Themse-Vermessung, die schmale, generös

ein klammer wie kalter, ein harter Knochenjob. In der Ort-

besegelte und reichlich beballastete Boote bevorzugt. Die-

schaft, sie bietet abgesehen von etwas Landwirtschaft und

ses Schiff existiert heute noch als Restaurierungsobjekt. Die

Fischerei kaum andere Verdienstmöglichkeiten, dreht sich al-

Werft am Strand von Fairlie wird zum Haus- und Hoflieferan-

les um das Handwerk, dessen Geschick von den Großvätern

ten des viktorianischen Yachtsports. Die Emporkömmlinge

über die Väter an die Söhne weitergegeben wird. Im Frühjahr

des Empire beschäftigen sich mit Outdooraktivitäten. Golf

zahlt Fife die Bootsbauer aus, die sich den Sommer über an

und Tennis werden im Großbritannien des 19. Jahrhunderts

Bord der selbst gebauten Yachten als Mannschaft verdingen.

zum beliebten Pläsier. Die Briten exportieren ihre Sportarten und die Hardware dazu weltweit. 1864 wird der Fife-Werft-

1865 läuft mit FIONA ein 80-Tonnen-Rennkutter vom Sta-

bau VIDID nach Australien überführt. Gezielt bemüht sich

pel, der als FAWN OF FAIRLIE und schnellster Kutter seiner

der dritte William Fife um Kontakte in die Staaten und nach

Zeit mit sechs Queens Cups, drei Albert-Pokalen und vielen

Kanada. Bald wird die Rivalität zwischen dem Yachtbau der

Tausend Pfund ersegelter Preisgelder Regattageschichte

alten und neuen Welt vorübergehend zwischen Fife- und

schreibt. Seit diesem Boot muss sich Fife um den Betrieb

Herreshoff-Erzeugnissen ausgetragen. Mit zunehmender

kaum noch Gedanken machen. Der Präzision seiner Boote

Größe wird das Einwassern der fertigen Boote schwieriger.

ist sich Fife derart sicher, dass er seinen Kunden eine trocke-

Der größere Hub der Springtide allein reicht nicht mehr.

ne Bilge garantiert. Er verspricht selbstbewußt, sie würden

Seit Ende des 19. Jahrhunderts werden die Yachten mithil-

keine Tasse Wasser darin finden. Aus den herkömmlich kru-

fe eines Schwimmdocks zu Wasser gelassen. Nach einem

den Rümpfen mit reichlich Kalfat sind fugenlos zusammen-

America’s-Cup-Debüt mit der Fife-Konstruktion SHAM-

gefügte Plankengänge mit mittig in einer millimeterfeinen

ROCK I lässt Lipton 1908 eine 176 Tonnen verdrängende

Falz eingelegten Baumwollfäden geworden. Fifes Familie

23-mR-Yacht gleichen Namens über den Strand von Fairlie

in Croftsend House zwischen dem Pub und der Kirche

rutschen. Für die Passage des ruppigen Nordatlantik ist der

wächst. Drei Töchter und der dritte William werden gegen-

Kompositbau innen mit temporären Zugstangen versteift.

über der Werft in jenem Zuhause groß, das heute noch an

Anfang des 20. Jahrhunderts rutschen in Fairlie in rascher

der Bay Street steht.

Folge 15- und 19-mR-Yachten über den Strand.


Regatta/Historie Heute erscheinen die Stückzahl und Qualität des Fifeschen Bootsbaus rätselhaft. Duncan Walker, der Ende der 1980er-Jahre Projektleiter Paul Goss bei der Überholung des Fifeschen Fahrenschoners ALTAÏR half, berichtet mit Respekt von der beim Fahrtenschoner ALTAÏR vorgefundenen Qualität. Und Walker ist kein Mann großer Worte. Nach dem Ersten Weltkrieg blüht der Segelsport noch einmal auf. Doch spielt die Musik nun eher im Süden Großbritanniens und in der neuen Welt. Hinzu kommen die Weltwirtschaftskrise und die Konkurrenz durch nachwachsende Talente wie Johan Anker, Charles Nicholson oder Olin Stephens. Es wird ruhiger in den Werfthallen, am Strand und auf der Reede von Fairlie Roads. Die Zeiten, wo der Gottesdienst sonntags erst nach einem Blick der Gemeinde auf eine neue Fife-Yacht beginnt, sind vorbei. Ein paar Meteryachten und Fahrtenboote wie LATIFA oder EILEAN noch, der herrliche Fahrtenschoner ALTAÏR, dann ist mit SOLWAY MAID und dem Laurent-Giles-Zwölfer FLICA II Schluss. Die Hallen verwaisen, werden abgerissen, weichen den bunten Reihenhäusern. Heute ist es in Fairlie beinahe so ruhig wie Anfang des 19. Jahrhunderts, als sich der erste William Fyfe am Strand selbstständig machte. Es bleiben die Schiffe und die Begeisterung der Klassikerszene für dieses sagenhafte, schottische Yachtbau-Kapitel. So wallfahrtet der harte Kern der Fife-Aficionados alle fünf Jahre zum Clyde. Der Skipperprofi Paul Goss beispielsweise mit seiner eigens zurechtgemachten AYRSHIRE LASS oder der bei internationalen Regatten wie der Extreme Sailing Series beschäftigte Schiedsrichter Ewan McEwan mit CORALIE. Er rettete das vom William Fife 1926 konstruierte Menai Street One Design von einem Schiffsfriedhof und machte es unterstützt von Sympathisanten in eigener Regie fertig. Der bekannteste Fife-Fan war übrigens der französische Segelprofi Eric Tabarly, der die väterliche PEN DUICK als junger Mann mit Bordmitteln zurechtmachte und jahrzehntelang segelte. Ausgerechnet im Jahr des 100. Geburtstages seines Gaffelkutters kam der stille Bretone bei der Überführung zur ersten Fife-Regatta in der Irischen See ums Leben. Die Yachtwelt blickt auf mehr als 600 Konstruktionen des dritten William Fife zurück, darunter zwei America’s Cupper, vier 23-mR-Yachten, zwei 19er, acht 15er, 17 Zwölfer, mehr als 40 Achter und über 50 Sechser. Hinzu kommen die Fahrtenboote. Dank ihrer Qualität und Wertschätzung existiert etwa ein Drittel der Fife-Yachten noch.

Der Fife-Drachen Fife-Yachten sind meist anhand des 1889 anlässlich DRAGON, einem Rennkutter der so genannten „20 Rater“-Vermessung, eingeführten Drachen und Schweif am vorderen und hinteren Göhlende zu erkennen. Warum es zum Respekt heischenden Drachenkopf am Bug der Schiffe kam, bleibt Geheimnis der schottischen Bootsbaugeschichte. Möglicherweise zitiert der Drachenkopf den Bugschmuck der Wikingerschiffe. Oder er erinnert an die Schlacht von Largs gleich nördlich von Fairlie, bei der König Haakon von Norwegen dem schottischen Herrscher Alexander III. unterlag. Sie sind eben Patrioten, die Schotten. Sie sind stolz auf ihre Heimat, die sich während kostbarer Momenten mit Sonnenschein in phänomenal leuchtenden Grüntönen zeigt. Dann ist es am Firth of Clyde so schön, dass man beim nächsten Konvent der FifeYachten 2018 dabei sein möchte.

76

Dank ihrer Quailität und Wertschätzung existiert etwa ein Drittel der Fife-Yachten noch heute.


77 FIONA. Ein 80-TonnenRennkutter, der als FAWN OF FAIRLIE seiner Zeit als schnellster Rennkutter in die Geschichte einging.


Regatta/Historie

KENTRA, LATIFA, SOLWAY MAID. KENTRA: Ein 105-Fuß-Schooner, wurde 1923 für Kenneth MacKenzie Clark gebaut. Bereits ein Jahr später wurde sie an Charles Livingstone (Cunard Reederei) verkauft. Ihr jetziger Eigner Ernst Klaus ließ sie 1994 aufwendig restaurieren. LATIFA: Die 70-Fuß-Yawl wurde 1936 gebaut und war die Lieblingsyacht von W. Fife III. Ihr jetziger Eigner Mario Piri segelte mit ihr sogar um die ganze Welt. SOLWAY MAID: siehe rechts unten.

CORALIE. Ewan McEwan rettete das von William Fife 1926 konstruierte Boot vor dem Schiffsfriedhof.

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Tarbert Castle. Die ersten Aufzeichnungen tauchen schon vor dem 13. Jahrhundert auf. 1392 von „Robert the Bruce” eingenommen. Während der Schottischen Unabhängigkeitskriege gegen England war er Anführer der aufständischen Schotten. Bis zu seinem Tod 1306 war er König von Schottland.

SOLWAY MAID. 1938 als eine der letzten Slups von Fife in seiner Werft Fairlie Yard gebaut.


Regatta/Historie

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VIOLA. 1908 wurde sie in Schottland als Gaffelkutter von William Fife I. entworfen und gebaut.


THE TRUANT & SOLWAY MAID (H12). THE TRUANT: Eine 8mR-Fife-Yacht aus dem Jahre 1910. Im Jahr 1912 wurde sie UK Class Winner und Europameister in Stockholm, wo sie w채hrend des Zweiten Weltkrieges auch blieb. Danach ging sie nach Norwegen und Irland. SOLWAY MAID: siehe Seite 79.

Autor Ewan McEwan bei der Inspiration f체r seinen Artikel 체ber seine CORALIE. In der Ruhe liegt die Kraft.

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83 Regatta/Historie

„Die Qualität des Fifeschen Bootsbaus lässt sich so wenig erklären wie die des schottischen Whiskeys.“ Graham Kennison


Coralie

by Ewan McEwan

It was love at first sight! I was attending an interview to

way Fife One-Design originally designed in the 1920s and

join Plas Menai, the national water sports centre, as a sai-

mostly built in the 1930s and 1940s. The design by William

ling coach and was looking around the area for places to

Fife III was, of course, “fast and bonnie” the famous essential

live, in case my interview was successful. We went over the

parameters for all of Fife’s designs.

famous Menai Bridge, built by Telford and one of the first suspension bridges, and on to the island of Ynys Mon (its

I got the job at Plas Menai and was appointed National Ra-

name in the Welsh language, more commonly known by its

cing Coach for Wales. The role was mainly a co-ordination

English language name of the Isle of Anglesey).

one and also to coach the youth classes, the Laser and the 420. The years went by and I forgot about the day I

We saw there were some sailboats in the straits racing bet-

was transported to another world, the world of elegance

ween the towns of Menai Bridge and Beaumaris – Beauma-

and tradition. My life was filled with fitness tests, training

ris is famous for its Norman fort, the best example left and

squads, funding applications and talking endlessly to pa-

one that attracts many tourists each year from all over the

rents. After a few years, I moved on to start my own trai-

world. The drive along the sou-

ning business and again my life was busy, full of travel,

theast coast of the island is full of

preparation, design and delivery. Eventually I remembe-

twists and turns and well hidden

red that day on the pier at Beaumaris and decided to try

by all the trees, thus only provi-

and find a boat to buy, to try and find a piece of tradition

ding the occasional glimpse of the

and elegance, and in some way mitigate the stresses and

water and of the racing sailboats.I

strains of daily work-life. I found CORALIE at the back of

was intrigued – what were these

a boat yard on her builder‘s cradle. There were brambles

boats; they looked so majestic,

growing through the cradle, she was half full of rainwater,

the racing looked close and competitive. Turning into the

with no cover and a large hole in her port bow - she had

town of Beaumaris the coast road takes you down to the old

been hit by a motorboat whilst on her mooring 18 months

Victorian pier built to allow the visitors to ‘take the air’, we

previously and was considered an insurance write off. Ori-

arrived just in time to see the racing fleet scooting by with

ginally built in 1928 by Dickies & Son of Bangor, North

the wind behind them and a full flood tide under them, it

Wales, to a William Fife III design from 1926, CORALIE is a

didn’t take long for them to pass the pier and on to the finish

Fife one-design, one of 20 built to race in the tricky waters of

line just off the town green. There was a tight battle for the

the Menai Straits, an area of water created between the Isle

lead, a clear sign of a healthy class.

of Anglesey and the mainland of North Wales. The design

It's a truly special feeling AND one I will never forget.

was commissioned by members of the Royal Anglesey Yacht BANG! Wow, real cannons. Not often seen or heard these

Club, lady members, looking for an enjoyable, outdoor ac-

days it was great to hear the traditional sound of a race fi-

tivity in which to partake. It seemed a simple task to mend

nishing. And then in quick succession, BANG, and again,

the hole - 3 ribs and 7 blanks - and get Coralie racing again.

BANG – the first three places had been decided. The boats

I estimated three months and we would be back in the wa-

immediately turned to fight their way back upwind, and

ter. However, it was actually 5 years later that Coralie was

upstream to pick up their moorings. The club launch, tradi-

launched. Most of the time was taken in carefully drying the

tional and elegant, steamed around to herd up the stragg-

hull out and repairing the structure to prevent any further

lers and be ever-ready to offer assistance though without

deterioration. The construction is mahogany planks on

interfering unnecessarily – the trait of perfect service. The

steamed oak ribs, with a Scottish Pine ‚book-matched‘ deck.

whole scene could have been an old film, all very Victorian,

84

all very proper and correct. It was seductive. On enquiring

Ironically the rainwater had probably saved the hull - the

I found out from the Pier Master that the boats were Con-

salt from the seawater had been flushed out of the wood


85 Regatta/Historie

The design by Fife III. was, of course, "fast & bonnie" the famous parameter for all Fife's designs.

and prevented the wood from becoming hydrostatic. After

Held only every five years, The

drying the hull we routered out the seams to three-quarter

Fife Regatta is incredibly well

depth and splined them with new mahogany and SP ep-

organised; the fleet move to

oxy. This saved the hull’s rigidity and was considered the

3 different locations – after a

only viable option given the age and condition of the origi-

local race around the island

nal wood. The decks were completely redone by the boat

of Great Cumbrea we raced

builder Classic Sailboats, refurbished spars and a new set of

across the Clyde to the island

sails from Ratsey & Lapthorn (the original traditional sail ma-

of Bute and into Rothesey.

ker) completed the project. Once back on the water, Coralie

This is followed by a ‘Cruise In

obviously enjoying her new lease of life, won her first race!

Company’ up the East Kyle of Bute and to moor at Tighna­

A few years later, in 2013, I was invited to attend The Fife

bruaich. Then after a lay-day, to enjoy a ride on the Waverly a

Regatta in 2013. Started in 2003, The Fife Regatta was es-

traditional paddle steamer around Lock Fyne a race to Porta-

tablished to celebrate the designs of the Fife dynasty. With

vadie, then back to Largs for a final local race on the famous

many of the boats having been built on the beach at Fairlie,

‘King’s Course’ out on the Clyde to close the week. How­

the regatta is based on the West Coast of Scotland. Only

ever, the racing was not the only activity that needs dedica-

20 entries are invited - the event follows a series of passage

tion, good timing and energy; the Social Programme arrived

races to different harbour destinations and at each destina-

in a 7-page booklet! There were the usual events that you

tion, the room for moorings is limited. In order to create the

would expect though all with a Scottish twist – kilts, the

fantastic and very special atmosphere of all the boats in one

traditional Scottish dress, were abundant (the skipper of

place all together the number of entries is restricted. I invi-

Coralie able to proudly wear his own family tartan), as was

ted the boat builder and owner of Classic Sailboats, John

dancing, beer drinking and of course great food, which was

Jones, and a good friend of mine, the international marine

often locally sourced.

photographer, Marina Koenitzer, to join the crew of Coralie. There were of course lots of preparations to complete; I

Everywhere the fleet went there was a warm and friendly

wanted Coralie to look her best!

welcome. Eager volunteers busied around helping make arrangements for everything from day-trips to visit local at-

The journey from Beaumaris, Wales, to Largs, Scotland, is

tractions to finding additional accommodation for late extra

quite straightforward being mostly motorway, though a ner-

crew joining in all the fun. The organisers arranged for our

ve-wracking experience for an owner – taking an antique

bags to move from location to location, essential with all

boat anywhere, anyhow is a risk. John lent his Transporter

those additional posh clothes to carry. The midges, a small

van and we took the trip slowly and steadily and fortunately

mosquito-like creature, did their best to try and dampen

with no adventures along the way. The Largs Marina based

spirits though those in the know acquired a special cream

just south of Largs and just north of Fairlie – home of the

that kept the little blighters at bay. It‘s hard to describe

Fife family – was ready to receive us and very willing to help

the wonderful feeling of racing a Fife - my own refurbis-

with all the craning. The staff were fantastic, always atten-

hed Fife - amongst a Fife fleet, in Scottish waters. It‘s a truly

tive and, essential for old boats and nervous owners, care-

special feeling and one I will never forget. John, Marina and

ful. Finally, with Coralie sitting comfortably in her berth we

myself are still feeling the warm glow of friendship and ca-

hoisted the signal flags to dress her overall, a task I always

maraderie we experienced last summer. We all very much

enjoy doing – a lovely sight. Gradually the marina filled with

look forward to the next Fife Regatta in 2018.

other Fifes, boats of all types of design and size though easily identified by the common lines of the hull; this was going

Ewan McEwan, Skipper/Owner CORALIE Fife 12, Beauma-

to be a very special occasion.

ris, Isle of Anglesey, United Kingdom


style

Adidas Women‘s Asa Hooded Long-Sleeve Shirt Dieses lässige Longsleeve ist perfekt geeignet, um Seglerinnen zwischen den Wettfahrten oder beim längeren Törn warm zu halten. Sollte es einmal nass werden, trocknet es schnell wieder und schützt damit vor Kälte. Und durch den modischen Schnitt ist auch der anschließende Landgang kein Problem. Erhältlich ab 84,95 Euro. INFO www.terrathree.de

Hessnatur Rucksack aus Hanf mit Biobaumwolle Strapazierfähig, reißfest und ökologisch – diese Merkmale umschreiben den Rucksack am besten. Die vielen Taschen sind einfach zweckmäßig und mit chromfrei gegerbten Lederriegeln verschlossen. Natürlich sind die Schultergurte verstellbar und können somit an beinahe alle Schulterbreiten angepasst werden. Erhältlich ab 79,95 Euro. INFO www.hessnatur.de

BMW Solargerät i Solar Charger Energie tanken, speichern, abgeben: Das sind die Aufgaben des i Solar Charger – und genau diese erfüllt er perfekt. Dank MicroUSB-Kabel mit verschiedenen Anschlussmöglichkeiten lassen sich so Smartphones, Laptops oder MP3-Player spontan mit Strom versorgen. Erhältlich ab 39 Euro. INFO www.bmw-shop.de

Chris Benz uhr Depthmeter Digital SSI Edition Der Wassertemperaturmesser, Maximaltiefenspeicher und der Tiefenmesser machen diese Uhr zum Highlight für jeden Wassersportler. Dank des Gehäuses aus MarineEdelstahl ist diese Uhr außerdem ein Hingucker im Alltag. Erhältlich ab 550 Euro.INFO www.chrisbenz.de

Bose Boxen Sound Link Mini Sieben Stunden Musikgenuss mit einer Akkuladung, und das bei gerade einmal 0,67 Kilogramm Gewicht. Dank Bluetooth verbindet sich die kleine, handliche Box mit nahezu jedem Smartphone. Und über einen Aux-Eingang lassen sich auch ältere MP3-Player anschließen. Erhältlich ab 199,95 Euro. INFO www.bose.de

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Schiesser Revival-hemd Karl-Heinz Das Kurzarmhemd Karl-Heinz besticht durch seine klassische Form und die hochwertige Verarbeitung. Original Feinripp aus 100 Prozent stückgefärbter Makro-Baumwolle zeigt deutlich: Alte Handwerkskunst wird nie außer Mode kommen. Das Hemd ist in den Größen S bis XXL erhältlich. Erhältlich ab 55 Euro. INFO www.schiesser.com

Silver Boot Fox Avant 485 Das passende Zweitboot für Segler. Das robuste, formschöne und solide verarbeitete Aluminiumboot ist perfekt für kurze Ausflüge geeignet. Dank der versetzten Steuersäule bietet auch das kleinste Silver-Boot ausreichend Platz für Ausflüge oder zum Arbeiten. Die Silver-Boote werden seit der Firmengründung bis heute in Finnland gefertigt. Erhältlich ab 11.900 Euro. INFO www.boat-solutions.de

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technik

Karver Fallenstopper KJ10 Nur 128 Gramm leicht und hält bis zu einer Tonne. Der neue Fallenstopper von Karver hat ein Drei-Backen-Futter und hält damit das Tauwerk schonender und zuverlässiger als viele andere Fallenstopper. Die kleinste Version fasst zwischen sechs und zehn Millimeter Tauwerksdurchmesser, die größte bis zu 32 Millimeter. Erhältlich ab 273 Euro. INFOS www.kohlhoff-online.de

Antal Hook Einfach, robust und leicht, das sind wohl die wichtigsten Aspekte des Hook. Perfekt für jegliche Leinenführung, zum Beispiel als Barberhauler für den Spinnaker. Im Prinzip arbeitet der Hook wie ein geöffnetes Leitauge. Für unterschiedliche

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Tauwerksstärken ist der Hook

abgedichtete Abschlüsse sorgen für mehr Wärmerück-

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halt als bei bisherigen Neoprenanzügen. Natürlich ist der

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One Design Trockenanzug TH-4 Der Trockenanzug wird in Deutschland aus dreilagigem, atmungsaktivem Material gefertigt und bietet einige durchdachte Details. So ist der Reißverschluss etwas länger als üblich, was das Ein- und Aussteigen vereinfacht und auch bei anderen Bedürfnissen hilft. Die abnehmbare Kapuze mit Reflektorstreifen kann im norddeutschen Sommer Gold wert sein! Erhältlich ab 569 Euro. INFOS www.sportmohr.de

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Båtsystem Bugplattform Race Speziell für den Einsatz von Code-0- und Gennakersegeln konstruiert, ermöglicht der neue Bugspriet das einfache und schnelle Setzen von allen Vorwindsegeln. Über die Race-Bugplattform gelangt man außerdem einfach und sicher an und von Bord. Der Race-Bugspriet ist für zwei Größen erhältlich, für Gennaker- und Code-0-Segel bis 80 beziehungsweise 130 Quadratmeter. Erhältlich ab 889,50 Euro. INFOS www.watski.de

Henri Lloyd Jacke Elite Offshore Dank des neuen Gore-Tex Pro Shell ist diese Jacke leicht wie ein InshoreÖlzeug, hält aber auch jedem härteren Offshoretrip stand. Ansonsten bietet die Jacke die für Henri Lloyd typische perfekte Verarbeitung und eine durchdachte Taschenpositionierung. Sie ist in Rot und Ozeanblau zu haben. Erhältlich ab 665 Euro. INFOS www.henrylloyd.de

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eine frage, zehn antworten

Wie hat sich der Regattasport in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? Andrew MacPherson

the way ahead. This has been a thrilling project and although

(COO der „Great Cup 32“-Serie)

there has been a lot of foiling about it, it is Paul who has truly

In the last decade we have seen more development and pro-

embraced the dramatic step change that awaits. The next

gress both in terms of outright speed and accessibility to that

ten years will be fascinating.

speed than we have seen for 50 years prior. The next ten years will see more people being able to experience the thrills

Jochen Schümann

of foiling and generally pushing the limits of what we used to

(Skipper der ESIMIT EUROPA 2)

think was impossible, but now seems normal!

Leider sehe ich in den letzten zehn Jahren keine wirkliche Entwicklung des Segelsportes in der heutigen Gesellschaft.

Mischa Heemskerk

Natürlich hat sich das Segeln innerhalb der Sportart insbe-

(A-Cat- & Formula-18-Weltmeister)

sondere technologisch weiterentwickelt – dafür gibt es viele

The sport had many steps to always improve the speed and

Beispiele. Das ist herausfordernd, spannend und begeistert

more important the control so everybody can sail more easily.

alle Perfektionisten, die Handwerk und Hightech in unserem

The most excitement happened recently with foiling cata-

Sport schätzen, auch mich. ABER leider ist der Segelsport

marans, cool to see and great to sail.

heute noch genauso individuell und ego-getrieben wie vor zehn und mehr Jahren.

Meike Schomaker (Deutsche Meisterin & Europameisterin 505er)

Das ist der Bekanntheit und Popularität unseres Sportes

In den letzten zehn Jahren ist der Segelsport spektakulärer

nicht zuträglich. Eine zu hohe Exklusivität des Segelsportes

geworden, denkt man nur mal daran, wie allgegenwärtig

verhindert, dass in vielerlei Hinsicht „die kritische Masse“ er-

„fliegende“ Segelboote inzwischen sind. Oder an die neu-

reicht wird, um den Segelsport bezahlbar und verständlich

en olympischen Bootsklassen. Im olympischen Bereich hat

für die Öffentlichkeit zumachen. Das gilt für die Anzahl der

meines Erachtens die Professionalisierung zugenommen. Im

Teilnehmer bei Regatten genauso wie für das Preisgefüge

Nacra 17 und vor allem im 49er FX ist es kaum mehr mög-

bei Booten und Ausrüstungen sowie für die Akzeptanz des

lich, ohne Vollzeiteinsatz passable Ergebnisse zu segeln,

Segelsportes in den Medien und bei den Sponsoren.

weil der Trainingsaufwand enorm ist. Sportlich gesehen sind die fortschreitende Exklusivität

Erik Heil

und der permanente, unkontrollierte Technologieeinsatz

(Deutscher Meister & Vize-Europameister 49er)

auch eine Flucht vor einem sportlich „fairem“, einheitlichen

Der Segelsport entwickelt sich sehr gut. Er wird spektakulä-

Wettbewerbsniveau. Natürlich kann man leichter gewin-

rer, jünger und für Zuschauer und Medien attraktiver. Ich bin

nen, wenn weniger Wettbewerber auf gleichem Niveau

gespannt, wie es weitergeht, und hoffe, dass die Freude an

antreten. Das mag das Ego des Einzelnen erfreuen, ist aber

schnellem und spektakulärem Segeln nicht verloren geht.

nicht gut für den Segelsport. Leider fehlt es scheinbar dem SegelSPORT an einer klaren Vision, um die hervorragenden

Sir Pete Goss

90

Werte und die Vielfalt des Segelns deutlich und erlebbar zu

(englische Segellegende)

machen – ein Hightechsport in und angetrieben durch die

Much of interest has happened across the broad spectrum

Natur, Teamwork mit klaren Kapitänsprinzip, Strategie und

of sailing but I have been drawn to the sharp end of the

Taktik in einem permanent wechselndem natürlichen Um-

wedge and for me Paul Larsen and Sail Rocket have carved

feld, Lifestyle und Tradition, Persönlichkeiten …


91 frage

Diese fantastische Vielfalt muss in klare Bahnen gelenkt wer-

gether with the strong support of Volvo. Providing another

den und braucht Kontinuität, um einer „Leuchtturm-Funktion“

opportunity for the mainstream of the sport to benefit from

nachzukommen – innerhalb der Sportart und für die breite

what is learned on these technologically advanced and de-

Öffentlichkeit und die Medien. Momentan scheint keine

veloped boats. As I look towards the generations behind

Person, kein Gremium, kein Event in der Lage zu sein, dieser

and the development of junior programs it would appear

„Leuchtturm-Funktion“ gerecht zu werden und für Kontinui-

that the numbers in Optimist and junior events are larger

tät und Attraktivität zu sorgen, um mehr mediale Beachtung

than ever and at the same time the sport needs to continue

und gesellschaftliche Anerkennung zu generieren. Das fehlt

to push the “fun” aspect to keep kids involved. There is

unserem Sport im Wettbewerb mit anderen Sportarten sowie

a small number that will go on to Olympics, World Cham-

anderen Kulturevents und gesellschaftlichen Ereignissen. Se-

pionships, and America’s Cup. Developing a lifelong pas-

geln ist nach wie vor ein privater Sport und damit weit hinter

sion for the water and sailing will keep our sport healthy.

der Zeit zurückgeblieben – Zeit für Veränderungen!

Terry Hutchinson

Johannes Polgar (Olympiateilnehmer Tornado, Europameister Starboot)

(Americas-Cup-Taktiker, TP-52-Weltmeister)

Gott sei Dank ist Segeln auch in den letzten zehn Jahren der

Development in sailing over the last ten years has been

schönste Sport der Welt geblieben, diese Wahrnehmung

quite significant. In Olympic style racing we have seen the

hat sich bei mir nicht geändert. Sowohl die sportliche als

emergence of very well developed teams that approach

auch die mediale Seite haben sich rasant entwickelt. Neue

the games as a professional sport producing winning for-

technische Entwicklungen lassen Boote fliegen und machen

mulas. In conjunction the games have gone to a medal race

das auch noch spektakulär medial darstellbar. Zweifelsoh-

with bonus scoring in a tight venue. Many of the athletes

ne zeigt der Segelsport immer mehr seine schlummernden

have been outspoken against this formula as it places a

Potenziale. Vereine platzieren sich als Dienstleister, bieten

lot of the emphasis of the regatta on one race. America’s

moderne Boatsharing-Modelle an und kämpfen um lokale

Cup has gone through an amazing transition. In 2003 there

Attraktivität. Entscheidend ist dabei, dass die Seele und der

were ten teams that competed in Auckland, New Zealand

Spaß beim Segeln erhalten bleiben und es auch in Zukunft

and for the first time a land locked nation in Europe won

einen breiten Zugang für Segler weltweit gibt.

with a multi-national team. In 2007, eleven teams in Valencia (Spain) and again the cup was retained by Alinghi with

Mathew Belcher

a repeat of the 31st match final between Alinghi and Team

(Olympiasieger 470er London 2012)

New Zealand. A deed of gift challenge ensued in 2010

There has been considerable changes within our sport over

against Alinghi and Oracle with the challenger succeeding

the past 10 years. However, I think the most development

after an 18 month legal battle.

has occurred within the last few years. The London 2012 Olympics and the Americas Cup 34' have broadened sai-

2013 a new look America’s Cup emerged with multi-hulls

lings support worldwide, not only towards being more

in an attempt to change the sport, three challengers and a

media friendly but also the interest of the worlds sporting

defender showed the trend of the America’s Cup with the

community. It is exciting times for our sport. I am looking

event taking a massive decline in participation. Through

forward to being part of this development.

this 10 year cycle the development of equipment has had a great trickle down effect into the mainstream of our sport.

Philipp Buhl

From sails, to spars, winches, and hydraulics the America’s

(Steuermann Youth America’s Cup,

Cup has been the pinnacle of our sport in developing gear.

Weltmeisterschaftsdritter Laser)

With the introduction of the multihull with wings it will be

Auch wenn eine Revolution immer etwas Zeit braucht, hat

interesting to see if in the next ten years the positive trickle

sich mit dem Audi Sailing Team Germany in den letzten Jah-

down to the mainstream holds true. The professional ele-

ren viel im deutschen Segelsport getan, vor allem im olym-

ment of the sport has had the TP 52 Med Cup and Super

pischen Bereich. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir wieder ein

Series stay intact and the Volvo Ocean Race has stayed to-

deutsches Team an den Start beim America's Cup bringen!


Der neue Velocitek Shift

test

schrift & bild // Michael walther

aus pro biert Es sind die ersten Tage auf dem Wasser nach einem überraschend kurzen Winter. Jede Bewegung an Bord ist noch holprig und ungelenk. Zum Glück bin ich heute vor Palma de Mallorca unterwegs, um ein paar Nacra 17 zu trainieren. 18 Knoten Wind aus Nordwest, die Welle ist sportlich und die Jungs auf den Katamaranen haben gut zu tun. Schön, dass ich die Zeit finde, ein neues elektronisches Gerät im Bordalltag zu testen.

Als ich den Velocitek Shift am Morgen im Hotelzimmer ausgepackte, fiel mir

Segle ich also auf Backbordbug und drücke auf die linke Taste, merkt sich das

zunächst die hochwertige Optik der Verpackung und des Gerätes auf. Wenn

Gerät den Kurs. Wende ich dann und drücke auf die rechte Taste, merkt es

die Amis was können, dann wohl Geräte chic verpacken. Klar im Apple-

sich den zweiten Kurs. Wenn ich nun zurückwende, zeigt mir das Gerät mit

Style gehalten, wird erfreulicherweise auch eine Schutztasche mitgeliefert.

Pfeilen und einer Gradanzeige an, ob und wie weit der Kurs von dem alten

Wie immer war es jedoch zeitlich etwas knapp, mich mit der Bedienungsan-

Kurs auf Backbordbug abweicht. Ich kann also ablesen, ob der Wind nach

leitung zu befassen, zumal ich diese nicht direkt im Karton gefunden habe.

Backbord oder Steuerbord gedreht hat, davon ausgegangen, dass ich weiter-

Wahrscheinlich soll man sie sich aus dem Internet laden. Ich versuche das

hin so konzentriert steuere wie beim letzten Mal auf diesem Kurs. Dank des

erst mal ohne. Schnell die Bahnmarken für die Jungs ausgelegt und den

geteilten Displays kann ich abgesehen davon weiterhin den aktuellen Kurs

Kompasskurs auf dem Shift abgelesen. Okay, so weit komme ich auch ohne

ablesen und überraschenderweise sogar den Kurs, den ich auf diesem Bug

Bedienungsanleitung. Anschalten und ablesen. Nun geht’s zum Timer. Die

zuvor eingestellt hatte.

Tasten am Rand des Gerätes sind groß, deutlich beschriftet und lassen sich sogar mit meinen nassen Fingern gut bedienen. Da ich jetzt offensichtlich

Mein Resultat nach einem Tag an Bord mit dem Velocitek Shift ist sehr po-

im Kompass-Modus bin, nutze ich die „Mode“-Taste einfach einmal. Auf

sitiv. Die Amis können nicht nur gut verpacken und hübsche Geräte bauen.

dem Display erscheint die Anzeige: 05:00! Ich scheine den Timer gefunden

Die Geräte können sogar noch was. Ich hadere für mich selbst als Formula-

zu haben. Ein kurzer Druck auf die „Gun“-Taste und schon läuft das gute

18-Segler mit der Größe des Gerätes. 17 x 10 x 5 Zentimeter sind eben im

Stück. Da ich den Teams noch kein Signal gegeben habe, muss ich wohl

Vergleich mit anderen Kompassen echt groß. Auf der anderen Seite wünsche

den Countdown noch einmal abbrechen. Die „Reset“-Taste scheint dafür

ich mir immer gut lesbare Zahlen und große Knöpfe; die Solarzellen benöti-

ein adäquater Weg zu sein. Das Training läuft also, die Konzentration gehört

gen natürlich auch eine gewisse Fläche. Auf die Hintergrundbeleuchtung und

jetzt natürlich den Teams vor meiner Nase.

den damit notwendigen Akku könnte ich hingegen gut verzichten.

Ende des ersten Trainingstages. Ergebnis: Gut und viel gesegelt sowie neben-

Nun ist der Shift in meinen Augen aber auch eher für kleine Kielboote gedacht.

bei hervorragend mit dem neuen Shift herumprobiert. Zu guter Letzt habe ich

An Bord einer Varianta 18, Skippi 650, Bavaria B-one, J 70 oder eines herkömmli-

sogar die Funktion der letzten beiden Tasten entdeckt. Blau links oben ist zum

chen Jollenkreuzers ist das Gerät ziemlich perfekt. Mit einem Preis von 599 Euro

Festlegen des Kompasskurses auf Backbordbug, die blaue rechts oben für den

ist der Velocitek Shift jedoch auch kein Schnäppchen. Wer aber einen gut be-

Gegenkurs auf Steuerbordbug. Nähert sich das Gerät einem der Kurse, teilt sich

dienbaren, robusten und sauber verarbeiteten, elektronischen Kompass sucht,

das Display und die Abweichung zu dem eingestellten Kurs wird angezeigt.

wird nicht enttäuscht. Weitere Informationen: www.kohlhoff-online.de

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Historie

Es folgen dir Himmel & Licht. Friderike Opitz: „Auszug aus dem Tagebuch meines Vaters Heinrich Behrendt“ Flucht aus Danzig über die Ostsee im März 1945 von Heinrich Behrendt in seinem 38. Lebensjahr.

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Intro. Daniel Opitz. Enkel. Denke ich zurück an meinen Großvater, so erinnere ich mich noch gut an die regelmäßigen Tagestouren an Bord der ANTARIS, seinem Folkeboot mit Liegeplatz im Laboer Hafen. Gemeinsam mit meiner Mutter Friderike ging es hinaus auf die Ostsee. Je stärker der Wind, je höher die Wellen, je feuchter die Luft, desto besser. Auch wenn er die Stunden mit seiner geliebten Tochter und dem Enkelkind stets genoss, am liebsten war er ganz allein unterwegs. Glücklich einsam mit sich selbst. Hand an der Pinne, Zigarre im Mundwinkel, seine zerschlissene „Prinz-Heinrich-Mütze“ fest auf dem Kopf. Vorbei am Feuerschiff KIEL in die Nacht hinein, das war im Alter sein größtes Glück. Eins mit seinem Boot, eins mit dem Meer, eins mit sich und seinen Erinnerungen. Erinnerungen an die friedlichen und von Freude erfüllten Tage mit Freunden und Clubkameraden in den Gewässern vor Zoppot. An Bord seiner stolzen MARIENBURG. Eine sorgenfreie Zeit als erfolgreicher Unternehmer, glücklicher Vater dreier Kinder und leidenschaftlicher Segler. Eine Zeit, bevor der Krieg alles zerstörte und ihm alles nahm. Dies ist die Geschichte meines Großvaters Heinrich Behrendt und seiner ungewöhnlichen Flucht aus dem brennenden Danzig.


Historie

25. März 1945   6.00 Uhr  Es setzt wieder über Danzig starkes Fliegerbombardement ein. Es übertrifft alles bisher Dagewesene. Ein Feuersturm und Funkenregen brausen durch die Stadt. Ein riesiges Feuermeer, in dem Frauen, Kinder und Soldaten herumirren. Nur der Gedanke „raus aus der Hölle“ gibt mir die Kraft weiterzulaufen. Über Trümmer, Kadaver und herumirrende Menschen kämpfe ich mich durch die brennenden Straßen östlich Richtung Weichselmündung.  9.00 Uhr  Am Yachthafen METEOR sind bereits Männer bemüht, Yachten klarzumachen, die noch im Wasser liegen. Die Menschen laufen ziellos herum. Ich suche mir eine Yacht aus, die noch vom Herbst aufgetakelt im Wasser liegt und mir seefest erscheint. Segel finde ich auch in der unverschlossenen Kajüte. Ich will hier weg und ich kenne hier den Weichseldurchbruch zum Meer.  10.00 Uhr  Jetzt ist der Tag leider klarer geworden und Tieffliegergeschwader auf Geschwader kommen alle fünf Minuten. 200 Meter entfernt versuchen zwei Männer noch die ELFE ins Wasser zu bringen. Eine Bombe in unmittelbarer Nähe wirft das Boot um. Uns sausen die Holzsplitter nur so um die Ohren. Die zwei Männer fliegen durch die Luft und rappeln sich auf und kommen zu mir. Wir bleiben zusammen. Ich entscheide mich ganz schnell für KÖRTE II. Sie gehört dem Club BALTIC-Königsberg. Menschen laufen hilflos herum. Ich werde von allen Seiten gebeten, die Führung auch der anderen Yachten zu übernehmen – ich lehne ab. Jeder muss zusehen durchzukommen, nur keine Aufmerksamkeit als Convoy erzeugen. Immer wieder läuft die Gendarmerie am Rande des Geländes herum und hängt Männer auf, die auf der Flucht sind. Man schämt sich, Deutscher zu sein. Dieser Kriegsirrsinn. Ich machte meine KÖRTE II klar mit dem, was vorhanden ist, und beschmiere mit meinen rissigen

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und blutenden Händen die Segel mit Dreck, ein defekter Kompass ist an Bord, sonst nichts. Die Angriffe kommen in immer kürzeren Abständen, jetzt auch Bomber, die so tief fliegen, dass wir ganz deutlich die russischen Piloten erkennen. Es ist grausig mit anzusehen, wie auf der überfüllten und von Fahrzeugen verstopften Chaussee, im Wald und am Strand Bombe auf Bombe in die Menschenmassen fallen und alles durch die Luft wirbelt, als seien sie Puppen. Der Kopf ist leer, man spürt gar nichts, nur „weg hier“. Bei wieder herunterkommenden Bomben werfe ich mich in menschlichen Kot, alle wünschen mir Glück. Wir können lachen, aber es ist kein Lachen, man fühlt gar nichts mehr, irgendwie ist auch das Gefühl von Angst in der Zwischenzeit nicht mehr da. Ich sehe Einschläge in der Werft und vermute mein eigenes Schiff TROLL in den tausend Trümmern.  13.00 Uhr  Von nun an werden wir bis zum Abend bombardiert und beschließen, dass an ein Weiterarbeiten am Boot nicht zu denken ist. Ich liege stundenlang unter einem Balkenstapel Holz platt wie eine Briefmarke, sehe, wie das östliche Neufähr völlig zerstört wird. Wie auf der Chaussee voll mit Menschen beladene LKW im Nu in Flammen stehen und die Menschen dort mit Verrenkungen verbrennen. Es stinkt barbarisch. Bombe auf Bombe zischt durch die Luft, ich glaube jetzt doch an mein Ende. Von den anderen sehe ich nichts, wir haben uns alle verkrochen. Eine Yacht nach der anderen geht in Flammen auf. Allein KÖRTE II ist bisher nur mit Dreck beschmissen und ich denke an die Scheiße, in die ich gefallen bin! Vielleicht habe ich weiteres Glück. Ich sehe, wie ein Hochrangiger in geschmückter Uniform tot vorübergetragen wird. Es war der Befehlshaber Generalleutnant Clemens Betzel (war von Januar bis März 1945 in Danzig stationiert – Anm. d. R.) oder jetzt hat zum Glück auch ihn sein Schicksal erreicht,

denn er hatte noch vor Stunden die Befehle zum Aufhängen gegeben. In diesen gefahrvollen Stunden untergeklemmt unter einen Holzstapel, alles mit wachen Augen erlebend, bin ich Gott und meiner Familie wohl nie näher gewesen.  19.30 Uhr  Abends tritt Ruhe ein. Die Verwüstungen und Opfer besonders an Frauen und Kinder sind unbeschreiblich. Welch grauseliges Vaterland. Man kann das Grauen gar nicht mehr aufnehmen. Das sonst so friedliche Neufähr und diese Wirklichkeit.  20.00 Uhr  Meine Mannschaft oder die, die mitwollen, erscheinen. Wir kennen nicht mal unsere Namen. Ich dränge jetzt zur Ablegen, um die Dunkelheit zu nutzen. Will Trinkwasser in einer herumliegenden Pütz holen lassen, da kommen schon die nächsten Tiefflieger, der Tanz beginnt von Neuem. „Tannenbäume“ fallen vom Himmel, es wird taghell. Zwei Pützen Dreckwasser schaffen wir noch, dann nur noch aufs Schiff und weg. Wir schieben uns mühevoll drei Pfähle voraus, sind ziemlich das einzige Boot, was noch heil geblieben ist und irgendwie wirkt alles um uns auf einmal menschenleer. Dieser entsetzliche Gestank. Da kommen wieder Bomben, wir springen von Bord und werfen uns in den Dreck. Ich halte irgendeinen Tampen krampfhaft in den Händen, um Kontakt zum Boot zu behalten. Genau, von wo wir vor Minuten gestartet waren. Volltreffer, der Druck in den Ohren ist nicht zu beschreiben, ein großes Loch, wir mit Schlamm überschüttet. Bruchteile zwischen Leben und Tod. Ich schaue nur zurück, kann es gar nicht aufnehmen. Wir staken Richtung Schleuse. Keiner sagt ein Wort. Die anderen schauen mich nur groß an. Ohne Seekarte, ohne Kocher, ohne sauberes Trinkwasser, ein Kompass, der nicht mehr funktionsfähig ist – mir ist es egal. Ich streite mich mit dem Tode.


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An Bord der ELFE. Das Segeln in der Danziger Bucht war noch nie zu unterschätzen. Kurze, steile Wellen entstehen durch die ungeschützte Lage in der polnischen Ostsee, vor allem um die Halbinsel Hela. Im Sommer herrschen hier vorwiegend Westwinde, die, wenn sie auf Nordwest drehen, sehr stark werden können.


1933 oder 1934. Heinrich (links außen) und Ilse Behrendt, geb. Froese (2. re) im Alter von 28 Jahren an Bord der ELFE, das „erste richtige Schiff” der Familie - sogar mit Grammophon. Als Zweiter von rechts sitzt Heinrich Froese (Zigarette im Mund), Ilses Bruder und Heinrichs enger Schul- und Segelfreund. Er „musste” seine Schwester zum Segeln mitbringen … Die anderen beiden Männer sind unbekannt. Bis 1945 wurde noch munter gesegelt und im Kasino von Zoppot gezockt.

Beim Danziger Yacht Club, 1897 gegründet, wurde anfänglich nur als Mitglied zugelassen, „wer sein Geld nicht mit eigner Hände Arbeit verdienen musste”. Gesegelt wurde damals noch unter dem Stander des Königsberger Segel Clubs.

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99 Historie

22.00 Uhr  Im Dunklen taste ich mich durch die offene Schleuse – Flaute. Wir staken am westlichen Ufer entlang um unser Leben. Die Flagg hat sich jetzt bis hier eingeschossen, alle zwei Minuten ein Einschlag, einer direkt vor uns ca. 50 Meter entfernt. Steinbrocken fliegen um uns, wir staken wortlos wie Marionetten, beleuchtet von dem Flammenschein des östlichen Neufähr. Wir kommen durch die Enge, werden jedoch an der Spitze von Uniformierten mit gezogener Pistole zum Halten aufgefordert.  23.30 Uhr  Wir müssen anlegen, und schon sehe ich dekorierte Feldsoldaten mit rot-weißroten Armbinden, Zeichen der übereifrigen Henker. Auf Befragen, wohin wir wollen, sage ich Hela. Ob wir einen Abmarschbefehl hätten. Ich sage nein, soll mitkommen, ich gehe klopfenden Herzens als Bootsführer mit, meine Mannschaft wird blass, sehe mich bereits nach fünf Meter erschossen in den Dünen. Kurz vor dem Zollhaus leuchten über uns drei „Weihnachtsbäume“ auf und schon vernehmen wir das Pfeifen der Bomben. Der Oberstleutnant flitzt wie ein Wiesel zu den Dünen, schmeißt sich in den Sand und ich, nicht auf die Bomben achtend, in umgekehrter Richtung zum Boot.  23.50 Uhr  Schnell ablegen und bei leichter südlichen Brise laufen wir raus in die Dunkelheit, aus der Hölle des Krieges. Ich fühle mich gerettet. Die Einschläge der Bomben in unmittelbarer Nähe haben wir gar nicht bemerkt. Eisiger Wind, ich merke gar nicht, dass ich nur einen Troyer, eine Wehrmachtshose und ein Paar Stiefel trage. Den Pullover hatte ich irgendwo in Danzig in einem Keller gefunden. Mit dieser Bekleidung über die Ostsee im März bei diesem Wetter? Die Einschläge der Bomben in unserer unmittelbaren Nähe ignoriere ich, wie auch die Kälte. Ich will nur raus aufs offene Meer. Meine Augen haben sich an die Dunkelheit gewöhnt.

27. März 1945  0.00 Uhr  Wir sind auf See. Ich fühle mich in der Dunkelheit sicher. Leichte südl. Brise schiebt uns langsam Nordost. Das Wasser ist bedeckt mit schwarzem Ruß. Danzig sieht hinter uns aus wie ein großer brennender Öltank. Hier draußen in der Bucht sammeln sich im Dunkeln unzählige Motorkutter, die voller Verwundeter sind, um sie nach Hela zu bringen. Rückblickend auf Neufähr hört man nur noch das Knistern der Flammen. Ich fühle mich auf einmal nicht mehr so verlassen und bin ganz sicher. Wieder hören wir Bomben fallen, weiter weg. In Bohnsack sehen wir zwei Tanks in die Luft gehen, es wird fast taghell auf See. Zum ersten Mal fühlen wir, wie erschöpft wir alle sind. Schweigend sitzen wir im Cockpit, jeder in sich versunken. Ich habe sechs Tage und Nächte durch das brennende Danzig hinter mir. Es tritt ein gefährlicher Erschöpfungszustand ein, ich reiße mich zusammen. Jetzt hätte ich gern einen Cognac getrunken, irrer Gedanke. Ich merke, wie mich ein tiefer„Frieden“ erfasst. Hier auf dem Boot fühle ich mich sicher, ich „schipper“ wie früher in Friedenszeiten über die Danziger Bucht, vor dem Bug gluckert es. Fahles Mondlicht dringt durch die Rauchschwaden. Mich überfällt eine Stille und Ruhe, als wenn ich in den Himmel führe. Ich danke Gott für diese Stunde. Ich sehe endlich Sterne und kann mich orientieren. Auf den Kompass ist kein Verlass, meine Armbanduhr darf mich jetzt nicht verlassen. Nordost muss die Richtung werden. Ich hoffe, die Nacht bleibt klar. Ohne die anderen zu befragen, entschließe ich mich in diesen einsamen Nachtstunden noch ca. zehn Seemeilen Kurs Nordost, also Pillau, zu halten, der Himmel ist glücklicherweise noch offen. Dann hoffe ich, die Minenfelder querab zu haben, dann will ich stur Nordkurs halten. Hoffe auf

offenes Wetter, bis ich Schwedens Küste Gotland fühle, um dann auf Westkurs nach Bornholm zu gelangen. Ich will möglichst weit nach Norden hoch, um nicht mehr in die Arme der jetzt belebte Ostsee russischer Schnellbote zu gelangen. Hinter mir liegt meine grausam gequälte Heimat brennend in Schutt und Asche. In dieser einsamen Nacht ziehen alle schönen vergangenen Seetage noch einmal an mir vorbei. Es ist so still um mich, die KÖRTE II zieht ganz ruhig ihre Bahn. Hier kenne ich jede Tonne. Es ist eine unwirkliche Feierlichkeit in mir. Unfassbar, dass ich aus dem Inferno, aus diesen schrecklichen Tagen der Schlacht um Danzig lebend herausgekommen bin und jetzt auf diesem Boot sitze. Welch eine schöne Nacht.  8.00 Uhr  Die Mannschaft wacht auf, ich hatte sie zwischenzeitlich völlig vergessen. Bei mir ist die Müdigkeit verflogen, es ist diesig. Sofort lasse ich das Schiff klarmachen. Wir müssen uns bewegen bei dieser Kälte. Es sieht schlimm aus, das hatten wir vorher gar nicht bemerkt. Auf dem Deck Erde, Steine und alles mit Blut vermischt von Granateinschlägen. Mit dem Lehm beschmieren wir wieder und wieder unsere weißen Segel, um sie nicht allzu weit sichtbar zu machen. Jetzt lerne ich das erste Mal meine Mannschaft kennen. Wir hatten bisher kaum ein Wort zusammen gesprochen. Herrn Schnackenberg, hatte ihn unterwegs irgendwo im Luftschutzkeller aufgegabelt. Wir blieben zusammen. Herr Gucknat sagte, er sei Paddler. Herr Galke war noch nie auf einem Boot gewesen. Eine Mannschaft aus Nichtseglern.  9.00 Uhr  Wir kreuzen vor der Westernplatte und sehen in der Ferne unsere stolzen Kreuzer LÜTZOW und noch weiter weg unseren Kreuzer PRINZ EUGEN sowie weitere vier Zerstörer. Ich bange vor Tieffliegern. Gott sei Dank, es ist inzwischen sehr diesig. Alle Umrisse verschwinden in Kürze. Es ist unsere einzige Chance.


Historie

Laut Familienchronik ist die ELFE ein Schwesterschiff der KÖRTE, auf der Heinrich nach Schweden flüchtete. Heinrich Behrendts ELFE verbrannte im Schuppen bei einem Bombenangriff. Er liebte das Nachtsegeln und das Alleinsein auf See. Freitagabend ging es los und Sonntagabend zurück an Land. Für Friderike, die Tochter, im Nachhinein die wertvollste Zeit ihres Lebens.

Stapellauf der MARIENBURG in Danzig. Die MARIENBURG, eine 19-KR-Yacht, kaufte er im Sommer 1936 und segelte sie parallel zur ELFE, einer 6 KR. Die erste Auslandsreise machte Heinrich Behrendt im Juli 1936 mit dem Ziel Schweden. Er, seine Frau und zwei Mitsegler gerieten in einen tagelangen Sturm und wurden als vermisst gemeldet. Als sie total erschöpft zurückkamen, hatte niemand mehr mit ihnen gerechnet. Sie bekamen eine Urkunde mit folgendem Text: „Wir sind stolz einen solchen Yachtführer in unseren Reihen zu haben und danken für sein heldenhaftes Verhalten. Heil Hitler.“

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Regatta in der Danziger Bucht von Danzig nach Hela und zurück. Circa 1936. Damals wurde viel auf National- und Seefahrtkreuzer gesegelt. Heinrich besaß eine 6-KR-Yacht. Später in Kiel segelte er einen alten Schärenkreuzer, später dann ein Folkeboot.

Segeltouren bis nach Schweden retteten Heinrich Behrendt das Leben. Durch sie sammelte er so viele Erfahrungen, vor allem über die geografischen Bedingungen, die er auf seiner Flucht Richtung Gotland einsetzen konnte.


Der Danziger Segel Club von oben. Während Polen schon komplett unter deutschem Beschuss stand, bildete Danzig die letzte noch freie Enklave. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die noch stehenden Häuser von sowjetischen Soldaten in Brand gesteckt. Nach dem Krieg wurde der Club aus vier bis fünf verschiedenen Clubs aus Zoppot, Königsberg und Danzig in Kiel als Yacht-Club Godewind neu gegründet. Heinrich Behredt war lange Jahre dessen Clubvorsitzender.

Er wohnte in Zoppot und kämpfte sich durch das brennende Danzig bis nach Neufähr, um von dort aus zu starten. Seine Odyssee startete dann auch hier und führte ihn bis an Schwedens Küste Richtung Norden nach Gotland. Hier nahm er einen westlichen Kurs Richtung Bornholm, seinem eigentlichem Ziel.

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10.00 Uhr  Nach schätzungsweise zehn Seemeilen Fahrt geh ich jetzt auf Nordkurs. Ich kann nicht darüber nachdenken, ob es der richtige Moment ist. Ich entscheide nach Gefühl für dieses Gebiet. Wir müssen so schnell wie möglich aufs offene Meer. Hinter uns lebt die Gefechttätigkeit wieder auf. Es grummelt und kracht um uns herum. Es wird klarer Sonnenschein. Wir beschmieren unser Segel wieder mit Dreck. Davon scheinen wir genug an Bord zu haben. Von unserer Küste sehen wir jedoch nichts mehr. Zurückblickend nur starke Rauschwaden. Hoffentlich entdecken uns hier auf der glitzernden Wasserfläche nicht russische Flieger. Wieder versuchen wir unsere Segel mit Dreck zu beschmieren. Unsere schweren Einheiten eröffnen jetzt ihr Feuer. Ein grandioses Seespektakel wie aus einem Film, Krachen und Bersten in der Luft. Ich lasse weiter klar Schiff machen, um meine Mannschaft abzulenken. Nur nicht denken. Wir müssen uns mehr bewegen, die Kälte dringt durch. Es ist saukalt. Wir reden kein Wort miteinander. Jeder von uns ist hochkonzentriert und wartet auf den nächsten Einschlag aus der Luft. Ich fertige mir aus meinem kleinen Notizheft, in dem ich für meine Familie alles festhalten möchte, eine Seekarte an, indem ich von einer Landkarte in meinem Kalender maßstabsgerecht ganz kleine Quadrate zeichne und die Ostssee abpause. Gotland ist jedoch nicht drauf. Der Maßstab stimmt nicht. Ich schätze die Entfernung aus meinem Gedächtnis ca. 220 Seemeilen. Ich kann mich jetzt gedanklich ganz auf meine ehemaligen Seekarten konzentrieren, die alle irgendwo verbrannt sind. Ich bin ganz ruhig und konzentriere mich stündlich nur auf unseren Kurs, der nur zu schätzen ist. Ich warte wieder auf eine helle Nacht.  22.00 Uhr  Es kommt schlecht Wetter auf, Stärke 4-5, und dazu noch Seenebel. Segel wird

28. März 1945 Die Nacht war lausig kalt und

23.00 Uhr  Der Himmel ist teilweise offen. Nordwest müsste stimmen. Ein U-Boot, ganz deutlich am Motorengeräusch und dem gekräuselten Oberwasser zu erkennen, umkreist uns zwei Mal. Es scheint ein Russisches zu sein in dieser Gegend. Wir bewegen uns nicht. Wir hocken stoisch da und denken an unsere Familien.

nass. Höchstens vier Grad. Die Glieder sind schwer und jede Bewegung schmerzt.

29. März 1945  8.00 Uhr  Nach diesiger Nacht

gerefft. Das schlechte Wetter bringt uns voran Richtung Norden. Richtung Schweden, so hoffe ich und verspüre weder Kälte noch Durst. Meine Mannschaft schaut mich ungläubig an. Niemand spricht ein Wort.

8.00 Uhr  Wir vermissen jetzt einen Kocher, um uns etwas warmes Wasser zu machen. Das bisschen Trinkwasser, was wir noch in der Pütz hatten, wird von mir strikt eingeteilt. Der Mannschaft ist es inzwischen egal, wo ich sie hinsegle. Kein Gefühl für Zeit. Es bleibt weiter sehr windig. Wir frieren jämmerlich, machen aber Fahrt. Die KÖRTE II reitet zu meiner Freude die See trocken ab. Keiner der Anwesenden kann es verstehen, warum ich so ruhig bin.

klart sich das Wetter auf. Wir sind ganz klamm und können uns kaum bewegen. Kurswechsel auf West. Ich entscheide es einfach so, wir müssen nach meiner Schätzung 200 Seemeilen geschafft haben. Ich führe mein provisorisches Logbuch präzise weiter.  10.00 Uhr  Sicht voraus, Ölands Küste? Ich versuche mich zu erinnern, halte weiter darauf zu und lasse ausreffen. Ein Crewmitglied bekommt einen epileptischen Anfall, wir sind ganz hilflos und ratlos. Wir können nicht helfen.

16.00  Wir berühren vier Mal hinter einander Drahtstücke bzw. Metallenes oder so was ähnliches. Es kratzt und knirscht unter uns. Mir ist kalt und heiß. Ich wage kaum zu atmen. Wir sehen uns schon in die Luft fliegen. Keiner spricht ein Wort.

12.00 Uhr  Anfall geht vorüber. Der Wind dreht direkt auf Südwest. Den Kurs, den ich jetzt einschlagen muss. Wir müssen also kreuzen, um an Öland vorbei nach Bornholm zu kommen. Die Wolken sind grau, es riecht nach Schnee.

17.00 Uhr  Jetzt müssten wir in ein weiteres Gefechtgebiet gekommen sein, denn jetzt ist wieder ganz nah das Kanonendonnern und Stalinorgel zu hören. Ein Geschoss schlägt in der Nähe ein. Der Druck ist so stark, dass der Großbaum zerbricht und die Kajüttüren zittern. Wir zerreißen ein Stück Stoff aus der Kajüte und machen eine Bandage aus Takelage. Die Mannschaft bekommt endlich eine Aufgabe. Wir beginnen wieder, miteinander zu sprechen. Uns ist sehr beklommen ums Herz. Wir haben kein Material, um eine wirkliche Reparatur vorzunehmen. Es muss halten, es muss halten.

20.00 Uhr  Wetter verschlechtert sich. „Mein“ mir bekannter Südwest lässt sich nicht lumpen. Ich denke an meine letzte Gotland-Sturm-Fahrt im Jahre 1936, die uns auf meiner MARIENBURG fast zum Verhängnis wurde.

30. März 1945  1.00 Uhr  Dichter Nebel. Wind frischt mehr und mehr auf. Nebel verzieht sich. Jetzt wird es mir auch ungemütlich, zumal wir alle körperlich total erschöpft sind. Diese Kälte, Graupelschauer fegen über die See. Unsere Hände sind gefühllos, unsere Kleidung durchnässt, bekleidet mit Sachen, die nicht auf See gehören. Ich merke bei dem wenigen Zeug, dass die KÖRTE II sehr schlecht kreuzt.


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2.00 Uhr  Dichter Nebel unerwartet. Ich sehe keine Küste, kein Zeichen. Ich sehe nur undurchdringliche Suppe um mich herum und halte eigentlich nur die Pinne fest. Bei einem weiteren Schlag laufen wir bei dichtem Nebel auf Steine auf. Ich war zu dicht. Leichter Wind ablandig. See ist hier ruhig. Das Boot nimmt zum Glück kein Wasser auf. Es schabt und rumpelt unter dem Schiffsrumpf. Total erschöpft verkriechen wir uns nachts in die Kajüte. Ich kann nicht mehr. 70 Stunden Fahrtzeit waren vom Ablegen vergangen.

Karfreitag  8.00 Uhr  Irgendwann wachen wir auf. In der Kajüte dampft es vor Nässe, draußen scheint die Sonne. Bitterkalt, graublaue Schneewolken über uns und vor uns ca. 100 Meter die schwedische Küste. Wir danken Gott, dass wir zunächst bis hierher gekommen sind. Von den Steinen kommen wir nicht mehr runter. Es poltert und rumpelt unter uns.  9.00 Uhr  Es kommt ein Motorkutter auf uns zu, ein schwedischer. Wir sind also angekommen. Ohne viel Gehabe und Worte schleppt es uns runter und in einen nahe gelegenen kleinen Fischerhafen. Wir geben zu verstehen, dass wir kein Trinkwasser an Bord haben und was übernehmen wollen und ein wenig Brot, um dann weiter nach Bornholm zu segeln. Ich zeige auf meine handschriftliche Seekarte, die völlig durchnässt ist. Die Fischer sind sehr freundlich, laden uns mit verständlichen Gesten ein, in das nahe liegende Dorf zu kommen. Wir gehen von Bord bzw. wir torkeln von Bord. Ich liege mehrfach platt auf dem Boden, weil ich keine Kontrolle über meine Beine habe. Wir stehen das erste Mal seit Monaten glücklich in einem Land, in dem Frieden ist. Im Dorf werden wir von der herumlaufenden

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Dorfjugend begafft. Mein Gesicht ist voller Ausschlag. Wir sehen wohl mehr wie Banditen aus oder Seeräuber. Ich genieße, wieder die schwedische Sprache zu hören. In Sicherheit.  10.00 Uhr  Im Dörfchen werden wir von den Fischern in einer herrlichen Art bewirtet. Wir denken, das ist das Paradies. Kaffee, ein großes Tablett mit diesen belegten Weißbrotscheiben mit sehr viel Butter und einen Schluck Portwein. Da erscheint ein Gendarm und heißt uns willkommen. All meine Argumente, dass wir wieder an Bord möchten, sind zwecklos. Also gehen wir mit – noch fünf Häuser weiter. Zum Erstaunen werden wir vom Polizisten zu Hause genauso bewirtet wie bei den Fischern. Wir können in dieser Kriegszeit all die Freundlichkeit gar nicht fassen. Was hatte man uns vorher alles von den Schweden erzählt. Verwöhnt und gesättigt, es fährt ein LKW der schwedischen Wehrmacht vor. Unser Sträuben nützt nichts, wir müssen aufsteigen, ohne vorher noch mal an Bord zu gehen. Wir sind so fertig, dass wir alles nur geschehen lassen. Nach eineinhalb Stunden Autofahrt nordwärts kommen wir um 14.00 Uhr in Borgholm auf Öland an und ehe wir uns versehen, stehen wir vor einem Epidemie-Haus. Ich bin lediglich bekleidet mit hohen Stiefeln, Militärhose und blauem Troyer, den ich durch das brennende Danzig geschleppt habe. Mein Gesicht sieht schlimm aus, überall offene Stellen. Man schaut uns von der Seite an. Wir sehen wild aus, riechen wohl auch stark. Die nicht seetauglichen Kleidungsstücke, die wir noch am Körper haben, machen uns noch jämmerlicher. Wir waren uns bisher gar nicht bewusst, womit wir eigentlich wirklich bekleidet waren.

Karfreitag 1945 Erster Tag in Schweden. Danzig lag mehr als 70 Stunden hinter uns.

30. März 1945, Karfreitag – Öland Im Krankenhaus werden wir freundlichst empfangen, kommen gleich ins Badehaus, werden heiß geschrubbt und erhalten dann lediglich ein kleines Hemdchen als Bekleidung. Vier Betten im Zimmer und keine fünf Minuten später waren wir alle erschöpft eingeschlafen. Nur ein komfortables Abendbrot ließ uns noch aufwachen. Wir fühlen uns wie im Himmel, um dann gleich wieder einzuschlafen. Wir hatten es geschafft.

31. März 1945 Wir haben uns unserem Schicksal ergeben. Vor unserem Fenster im Park sehen wir einen Soldaten mit Gewehr über der Schulter. Wir werden also bewacht. Ein Arzt, Dr. Trönswall, riesig nett, spricht deutsch und erklärt uns: Da wir aus Danzig kommen, müssen wir unter Fleck­typhus-Beobachtung. Ich habe auffälligen Ausschlag im Gesicht. Wir müssen uns mit 14 Tagen Quarantäne abfinden und dürfen das Haus nicht verlassen. Die Schwestern dekorieren unser Zimmer österlich, und wir bekommen eine besondere Ernährung: Milch-MehlSuppe, Eier, kalte Puffer und 2x warmes Essen mit Fleisch, Kaffee und Kekse. Was liebte ich früher die schwedischen Kekse. Die Oberschwester schmuggelt uns hin und wieder eine Zigarette und Schokolade ins Zimmer. Uns wird gesagt, dass unsere Kleidung, die uns am Körper hing, und das gesamte Boot desinfiziert werden.

7. April 1945 Wir freuen uns doch sehr, mit anderen Flüchtlingen zusammen zu sein. Es setzt ein Gedankenwechsel vom Erlebten ein. Zwei andere waren auch mit einem Segelboot unterwegs gewesen, ganz zuletzt noch aus Stralsund herausgekommen. Sie hatten unterwegs in einem starken Sturm ihre Segel verloren und so trieben sie hilflos zwischen Gotland und Öland, bis sie von Schweden aufgefischt wurden.


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Sein handgeschriebenes Tagebuch, das er w辰hrend der Flucht f端r sein Familie f端hrte. Es ist ein kleines Wunder, dass es diese Tortour 端berlebte. Mehrmals nass geworden, kann man die mit Bleistift geschriebene sehr kleine Schrift heute kaum noch entziffern.


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joachim ringelnatz

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19. April 1945 Heute erfahren wir, dass wir in den nächsten Tagen doch über Malmö und Kopenhagen abgeschoben werden. Unsere Yachten bleiben hier in Schweden beschlagnahmt. Ich muss mich fügen. Wir freuen uns jedoch auf jede Veränderung Richtung Heimat, denn hier tatenlos zu sitzen, geht gar nicht. Abends hören wir Göbbels die Geburtstagsrede auf den Führer halten. Wir sind angespannt. Wir sehen uns alle ganz dumm an und können die Rede einfach nicht begreifen, entweder lebt unsere Führung in einer anderen Welt oder wir.

22. April 1945 Frühmorgens brechen wir unsere Zelte in Borgholm auf Öland ab, mittags geht es per Schiff über den Kalmar-Sund nach Kalmar. Dort werden wir von der Polizei sehr liebenswürdig in Empfang genommen und stoßen noch auf weitere deutsche Flüchtlinge. Abends ist Kalmar hell erleuchtet, Schaufenster mit wundervollen Auslagen. Wir fühlen uns wie im Märchenland. Als Krönung gibt uns die Polizei in einem Lokal ein Abendessen aus, was alles bisher Erlebte übertraf. Alle gehen so freundlich mit uns um. Vom Polizei-Chef erhalte ich eine Bescheinigung über die Beschlagnahmung meiner Yacht. Abends steckt man uns alle mit ein paar geschenkten Kronen in der Tasche per Zug nach Malmö.

23. April 1945  7.30 Uhr  Ankunft in Malmö. Wir werden sofort mit einem Bus zum Hafen auf ein Fährschiff gebracht und verlassen um 8.30 Uhr Schweden, das so gastfreundschaftliche Land. Wir werden immer voller Dankbarkeit zurückblicken.  10.00 Uhr  Ankunft in Kopenhagen. Jetzt sind wir in Dänemark und die deutsche Sprache springt uns entgegen. Im Hafen sehen wir plötzlich die PRINZ EUGEN und die NÜRNBERG liegen (Anm. Friderike Opitz: Schwerer Kreuzer PRINZ EUGEN fuhr ab Jan. 1945 Einsätze zur Evakuierung von Flüchtlingen aus Ostpreußen. Im März 1945 verließ das Schiff Gotenhafen und

erreichte am 20.4.1945 Kopenhagen. Mangels Brennstoff blieb der Kreuzer bis Kriegsende in Kopenhagen. Der leichte Kreuzer NÜRNBERG galt als modernstes Schiff der deutschen Kriegsmarine. Ab Frühjahr 1945 in Kopenhagen stationiert. In den letzten Kriegstagen Versuche dänischer Partisanen, das Schiff zu entern. Im Mai 1945 wurde das Schiff als Kriegsbeute in die Sowjetunion überführt). Wir werden über ein Durchgangslager per LKW in ein Flüchtlingslager in eine Schule – völlig überfüllt mit ca. 650 Personen – gebracht. Frauen, Kinder, alte Menschen, alles durcheinander. Wir müssen ohne Stroh auf dem Fußboden liegen, Verpflegung saumäßig.

24. April 1945 Wir werden von der deutschen Gestapo vernommen, saumäßiger Ton. Wir fürchten uns davor. Ich will jetzt so schnell wie möglich aus dem Lager raus, aus dieser Misere. Warme Verpflegung gab es seit Tagen nicht mehr. Die Mütter müssen sehen, wie sie ihre Kinder sattbekommen. Flüchtlinge sind hier alle aus Ost-Vorpommern und Pommern per Schiff hergebracht worden. Höre, es sollen in Dänemark bereits 1 Millionen deutsche Flüchtlinge registriert sein. Es werden Lager eingerichtet.

25. April 1945 Heute muss ich zur Wehrbereichskommandatur und erhalte Marschbefehl nach Flensburg zum Fronteinsatz. Sind die verrückt. Ich bekomme Kronen und Marschverpflegung und darf mich bis zum Termin frei bewegen. Schaue mir Kopenhagen an. Die Bevölkerung ist sehr freundlich. Hier scheint es bisher noch keine Engpässe zu geben. Beim Konsulat verhandele ich wegen Auslieferung meiner Yacht aus Schweden. Ich bleibe hartnäckig. Die Verständigung zieht sich in die Länge, ich muss noch bleiben. Noch keinen Termin zum Fronteinsatz.

26. April 1945 Mein Marschbefehl wird mir heute wieder abgenommen. Es wird behauptet, sie brauchen keine Soldaten mehr an der Front. Aus dem Wehreinsatzbericht lese ich, dass die

Russen bis Berlin kommen, das heißt dann auch bis Segeletz (Anm. Friderike Opitz: In Segeletz, Kreis Ruppin bei Neustadt an der Dosse, gab es ein Lebenszeichen der Familie). Ich bin voller Sorge und kann hier nicht weg. Ich vermute meine Frau und meine Kinder dort. Ein Fortkommen aus Kopenhagen ist nicht mehr möglich, da keine Züge mehr fahren. Ich bemühe mich bei der Wehrmachtsdienststelle um Arbeit als BauIng. Auf dem Arbeitsamt treffe ich viele Danziger.

28. April 1945 Ich bin als Bau-Ing. eingestellt und kann endlich aus dem Lager. Ich bekomme bei meiner Dienststelle ein Zimmer, Truppenverpflegung und für zehn Tage 61 Kronen. Die Nachrichten von außen werden immer verworrener. Die Dänen werden immer nervöser und ungemütlicher. In der Stadt hat es heute wieder Schießereien gegeben. Ich will hier raus. Ob ich meine Familie wohl je wiedersehen werde. Trotzdem schreibe ich weiter an meine Frau. Vielleicht kommt diese Nachricht durch. 3. Mai 1945 Die deutsche Niederlage ist gewiss. Hier im Ausland fühle ich mich mehr als ohnmächtig. Heute hatten wir 3x Alarm. Die Gedanken sind nur noch bei Frau und Kindern. Kein Essen schmeckt mehr, wir sind abwesend. Dänemark wird wohl auch noch Kriegsgebiet – Gnade uns! Vielleicht kann ich noch per Schiff nach Hamburg, um von dort zu meiner Familie nach Segeletz zu stoßen.

4. Mai 1945 Heute ist die Luft in Kopenhagen geladen. Deutsche Sender sind nicht mehr zu bekommen. Wir haben Ausgehverbot. Abends um 20 Uhr tanzt Kopenhagen auf der Straße. Der Mob ist wie im Taumel. Der dänische Rundfunk hat die Kapitulation der deutschen Streitkräfte in Dänemark bekannt gegeben. Wir glauben noch nicht daran. Nachts gehen wir nicht mehr schlafen und hören dann diesen Funkspruch: die Bestätigung unserer Kapitulation. Jetzt fühlen wir so ganz unsere Niederlage. Wir sind hier gefangen.


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6. Mai 1945 Heute ist für uns ein ereignisreicher Tag, kein guter. Nachdem der Tag außer kleineren Schießereien ruhig verlaufen war, sahen wir von unserem Fenster abends 20 Uhr dänisches Militär in langen LKW-Kolonnen heranrücken. Sie kommen aus Schweden, wo sie während der Kriegsdauer interniert waren. Ohne jeden Grund eröffnen die Dänen das Feuer auf unser bewohntes Westerporthuus mit allen Waffen. Eine Stunde dauert die Beschießung mit MG und Handgranaten. Wir zähen 34 Tote und 86 Verletzte. So auch mein netter Zimmerkamerad, den ich hier kennengelernt hatte, er muss nun noch nach Waffenruhe sein Leben lassen. Ich bin wieder mal wie durch ein Wunder unversehrt geblieben. Nicht nachdenken. Wir kriechen wie die Regenwürmer auf dem Fußboden von einem Zimmer in das nächste. Ich fühle mich wieder ganz wie in Danzig. Nach Kampfeinstellung erklären die Dänen, wir hätten zuerst geschossen. Die Dänen wollten jedoch „ihren“ Krieg noch mit uns haben.

7. Mai 1945 Früh müssen wir unsere Sachen packen, um unseren zerschossenen Bau zu verlassen. Unter Schmährufen der Bevölkerung werden wir auf LKWs geladen, um im Freihafen, der noch unter deutschem militärischem Schutz steht, Zuflucht zu suchen. In unserem Werkstattgebäude auf den Holmen richten wir uns provisorisch ein, sind nur noch acht Mann von 24 unserer Dienststelle. Die Verwundeten und die Leichen müssen wir zurücklassen. Keine Namen, keine Kennzeichen. Wir können niemanden benachrichtigen. Wir werden uns wohl einer Einheit anschließen müssen, um alle zu Fuß nach Deutschland tippeln zu können. Abends streife ich noch unerlaubt im Freihafen herum und treffe auf unseren Baustoffleiter, ein Kapitänleutnant, der mich mit einem auf Reede liegenden Truppentransporter nach Flensburg mitnehmen will. Jetzt nur fort von hier.

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8. Mai 1945  17.00 Uhr  Wir verlassen das Gebiet nördlich Kopenhagen mit 17 Schiffen. Wir bauen uns mit Hilfe von Deckpappe eine Hundehütte zum Schlafen. 2 x 1,0 x 0,70 m. Die Nacht ist nicht kalt, wir schlafen auf den harten Schiffsplanken. Ich kann die Sterne sehen. 9. Mai 1945 Wir sind durch den Kattegat und fahren jetzt südlicher. Die Verhältnisse an Bord sind aber nicht zu beschreiben. Toiletten gibt es nicht, Verpflegung miserabel, nur eine Roggenmehl-Kleistersuppe. Nachrichten gibt es nicht. Wissen nur, dass der Krieg nun endgültig zu Ende und verloren ist. Hoffentlich ist meine Familie am Leben geblieben. All dieser Jammer erfüllt mein ganzes Inneres. Das Wetter verschlechtert sich und wir erleben auf unserem Vogelnest eine Sturmnacht. Unser ramponiertes Schiff kann die langsame Fahrt im Konvoi nicht beibehalten und schert aus dem Geleit heraus und fährt vor, gesteuert nur mit einem achterlich primitiv zu benennenden Notruder. Der Rudergänger war freundlich, ich habe ihn öfters abgelöst und war froh, etwas tun zu können. Für mich war der Sturm interessant.

wann und wo die „Gefangenen“ untergebracht werden sollen. Wir sind also Gefangene. Abends gibt es in der Kieler Förde ein grausiges Feuerwerk. Alle Schiffe verschießen ihre Gefechtsmunition. An der Küste sieht man die Engländern Gleiches tun. Außerdem sieht man, wie die Küste dauernd mit großen Scheinwerfern abgeleuchtet wird. Nachts versuchen fünf Lanzer zu türmen und wollen an Land schwimmen. Drei ertrinken. Das Wasser ist noch zu kalt.

12. Mai 1945 Von Land hört man, dass dort frei gelassenen Russen sehr hausen. Wir sollen vorläufig auf den Schiffen bleiben. Nette Aussicht. An Bord nimmt der Dreckzustand zu, dazu Läuse. Ich bin deprimiert und denke viel an meine Familie in Segeletz. Hoffentlich ist die Baracke erhalten geblieben, in der sie unterkommen konnten.

15. Mai 1945 Nachmittags gelingt es uns endlich, mit einem Trupp Mariner zum Torpedoarsenal nach Schilksee an Land zu kommen. Wir werden dort im Torpedohanger untergebracht. An Land sieht alles anders aus als von Bord.

10. Mai 1945 Morgens bessert sich das Wetter und am Fehmarn Feuerschiff gehen wir bei ruhiger See vor Anker, um auf die anderen Schiffe zu warten. Sie treffen am Abend nach und nach ein. Wir bleiben alle an diesem Platz vor Anker, da noch keine Order vorliegt, wo diese Schiffe voller Soldaten und auch Zivilisten hinfahren sollen.

16. Mai 1945 Wir Zivilisten dürfen zu zweit zeitweise aus dem Lager und besorgen uns Essensmarken. Zufällig treffe ich den Oberst, den ich bei mir in Zoppot im Quartier hatte. Ich tausche ein paar armselige Sachen gegen Tabak ein. Er rät mir, einfach abzuhauen.

11. Mai 1945 Um sieben Uhr geht der Anker auf. Jetzt 25 Schiffe, alle voll beladen mit Truppen. Nach dreistündiger Fahrt zwischen Schiffswracks gehen wir um zehn Uhr vor Laboe (Kieler Förde) vor Anker. Hier liegen bereits 50 Schiffe. Unsere Stimmung sinkt jedoch auf den Nullpunkt, als eine Verpflegungsschute uns Verpflegung bringt und es heißt, man wisse noch nicht,

Schilksee und gehe zu Fuß nach Friedrichsort, von dort mit einem Fährschiff nach Kiel. Kiel selbst ist vollkommen verwüstet. Es steht wirklich kaum ein Haus. Von hier aus gehe ich alleine weiter. Ziel Lübeck. In Kiel sieht man die Russen frei herumlaufen. Ich drücke mich an den Häuserwänden entlang und weiche immer wieder in Ruinen aus.

17. Mai 1945  7.00 Uhr  Ich verlasse heimlich


109 Eine selbst angefertigte Seekarte diente zur Orientierung. Heinrich Behrendt pauste sie von einer Landkarte in die Quadrate seines Notizheftes ab. Der MaĂ&#x;stab stimmt zwar nicht, aber er kannte das Seegebiet sehr gut und erinnerte sich an seine verbrannten Seekarten.


Historie

Rund 72 Stunden waren er und seine drei Begleiter mit dem Boot unterwegs, bevor sie in Schweden endlich wieder Land unter ihren Füßen hatten. An Bord: Eine aus dem Gedächtnis gezeichnete Karte, ein defekter Kompass, kein Wasser, keine Nahrung, bekleidet nur mit einem Pullover und Wehrmachtshose (trotz Schneegestöber).

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13.00 Uhr  Komme auf die Chaussee nach Lübeck und jetzt beginnt bei heißem Wetter meine Tippelei. Vorher habe ich in Kiel noch bei Frau Klein, in der Schaumburger Straße 44, ein paar Sachen dagelassen, da mein Gepäck mir zu schwer erscheint. Sie schenkt mir eine alte zerknitterte Straßenkarte. Ein Stück werde ich mit einem LKW bis Eutin mitgenommen und übernachte kurz hinter Eutin bei einem Bauern in der Scheune. Bekomme Brot. Die Landschaft hier ist so friedlich. Ich habe das leise Hoffnungsgefühl, meine Frau und die Kinder inzwischen bei Frau Grube in Lübeck anzutreffen. Die Tippelei fällt mir noch etwas schwer und ist ungewohnt. Habe aber heute viel geschafft. Halte mich nur auf Feldwegen auf und treffe keine Menschenseele.

18. Mai 1945 Früh gegen sechs Uhr geht es weiter, noch 31 km bis Lübeck. Um 14 Uhr bin ich in Schwartau, kann kaum noch weiter. Meine Füße sind durch. Die restlichen Polen und Russen sind die Herren der Straße. Ich ducke mich in die Hauseingänge. Es ist ungemütlich. Gegen 18 Uhr treffe ich in Lübeck unbehelligt ein und erkundige mich anhand eines alten herumliegenden Telefonbuches nach Grubes Adresse. Ich muss noch quer durch die Stadt und treffe in der Höveln-Straße um 22 Uhr tatsächlich ein. Frau Grube empfängt mich so offen, so herzlich. Bin so überglücklich, wieder nach so endlos langer Zeit in einem deutschen Haus untergekommen zu sein. Von meiner Frau leider keine Spur. Dies scheint mir ein schlechtes Zeichen. Frau Grube gibt mir den letzten Brief von meiner Frau, datiert vom 22.3.1945.

23. Mai 1945 Lasse Stiefel und Stiefelhose dort. Trotz Regen tippele ich jetzt weiter nach Schwerin Richtung Segeletz. Fünf Kilometer hinter Lübeck

komme ich nicht mehr weiter. Ich darf nicht in das Mecklenburgische Gebiet. Man droht mir, mich einzusperren. Ich schlage mich seitwärts in die Büsche und finde dort unberührte Landschaften im Fürstentum Ratzeburg. Ich nutze den Wald. Bei Schönberg komme ich wieder gegen 15 Uhr unbehelligt auf die Chaussee, verdrücke mich aber ganz schnell wieder in die Büsche. Kurz vor Rhena übernachte ich wieder bei einem Bauen in der Scheune. Die Polen sind hier sehr aufsässig. Nachts bekomme ich Gesellschaft: zwei Konzentrations-Insassen. Eine unruhige Nacht. Wir horchen auf jedes Geräusch. Der Bauer gibt uns sogar etwas Brot und Butter.

mann, treffe Jutta Rinart. Sie hat nur noch den Dieter, alle anderen Kinder verloren, das Jüngste auf der Flucht. Sie ist sehr alt darüber geworden. Voller Schrecken und Sorgen denke ich an meine Frau. Hier sind zur Zeit ca. 2.000 Danziger untergekommen.

24. Mai 1945 Früh um sechs Uhr geht es weiter. Meine Füße sind wieder wund. Über Rhena geht es durch wunderschönen Wald weiter gen Schwerin, wo ich um 18 Uhr ziemlich erschöpft eintreffe und durch Tippelbekanntschaft privat in der Robert-Beltz-Str. 21 unterkomme. Ich bekomme auf dem Boden eine Bleibe und fühle mich glücklich. Ich muss eine kleine Pause einhalten.

25. Mai 1945 In Schwerin treffe ich viele Danziger. Die damalige Reichsstatthalterei und die Wirtschaftskammer sind jetzt hier. So kann ich mich jetzt orientieren. 26. Mai bis Juli 1945 In Schwerin werde ich rührend aufgenommen mit voller Verpflegung und Wäsche. Ein schöner Garten gibt mir Beschäftigung, dass ich nicht wertlos bin. Das Gartenhaus baue ich um. Mein Ischias ist dermaßen entzündet, dass ich nicht weiter kann. Es ist aber so, dass der Russe zur Zeit keinen über die Grenze lässt. Ich kann mir ein Fahrrad organisieren und besuche Familie Schule-

2014 Anmerkung der Tochter Friderike Opitz, geb. Behrendt: Hier endet das schriftliche Tagebuch meines Vaters. Aus Erzählungen erinnere ich mich, dass mein Vater durch die Russenfront kam, sich tagsüber bei Bauern versteckte und nachts getippelt ist, nach endlosen Wochen in Segeletz ankam und uns gesund antraf.


Historie

Heinrich Behrendt, geboren 28.9.1906 in Danzig, gestorben 27.4.1991 in Laboe/Kiel.

„Hinaus an den Strand will ich gehen, wenn keiner wacht. Das wilde Meer zu sehen und die heilige Nacht. Und wieder fasst mich das alte Weh.“

joachim ringelnatz

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Outro. Daniel Opitz. Enkel. Die Geschichte nahm ein gutes Ende: Alle Familienmitglieder haben überlebt und sich wiedergefunden. Im Auffanglager Meezen/Holst. begann der Neuanfang. In Laboe fand Familie Behrendt 1958 eine neue Heimat, einen neuen Hafen, neue Perspektiven. Direkt an der Ostsee, mit Blick aufs Meer, diesen stets nach vorn gerichtet. Mit Engagement und Hingabe engagierte sich mein Großvater über Jahrzehnte hinweg im Yacht-Club Gode Wind, traf alte Danziger und Königsberger Kameraden, förderte den Nachwuchs, gab sein Wissen an zukünftige Generationen weiter und begab sich selbst erneut und immer wieder auf große Fahrt. 1965 war er einer der ersten Deutschen, der an Bord des Clubschiffes DÜSSELDORF bis zu den ShetlandInseln segelte. Heute fast schon normal, damals eine halbe Weltreise. Am Bau des Olympiahafens in Schilksee war er als Architekt und Ingenieur beteiligt. Planen, bauen, entwickeln, Dinge schaffen, die Freude bereiten und über sein eigenes Leben hinaus Bestand haben, das blieb seine Berufung, bis zu seinem Tode. Als ich, sein Enkel, 38 Jahre alt wurde und damit ungefähr das Alter erreichte, in dem mein Großvater aus dem brennenden Danzig floh, überreichte mir meine Mutter die gesammelten Tagebuch- und Logbuch-Aufzeichnungen ihres Vaters. Darunter ein kleines zerknittertes Büchlein, in dem er die Flucht aus dem brennenden Inferno von Danzig beschrieb. Ein Schauer lief mir über den Rücken, der bis heute anhält. Ein Vermächtnis, das es zu bewahren, aufzuarbeiten und auch zu teilen gilt.


lesen

RIVA TRITONE 258 Ein echtes Highlight für Bootsbauer, Restaurateure und Fans der klassischen Riva-Motoryachten. Dieses Buch beschreibt die Wiederinstandsetzung der ehemaligen Axel-Springer-Yacht

wissen to go

durch den Restaurator Jürgen Renken. Beschrieben wurde die mühevolle Kleinarbeit von Erdmann Braschos, fotografiert von Nicole Werner. Entstanden ist ein wunderschönes Stück Bootsbaugeschichte. ISBN 978-3-9814808-0-1, Preis 225 Euro, RIVA Verlag, www.tritone258.de

01 Der Bau von Korallenriffen ist ein Tierverhalten, das dem Menschen Wege zur Verringerung von CO2-Emissionen aufzeigt.

02 Menschen und Giraffen haben dieselbe Anzahl an Halswirbeln.

03 Das größte Lebewesen der Welt ist der Pilz Armilllaria ostoyae. In Oregon/USA wächst ein Exemplar, das den Tegernsee in Bayern bedecken könnte.

mare Ein Meer ist eine See ist ein Ozean

04 Bambus kann an einem einzigen Tag einen Meter wachsen.

Westlich der Ostsee liegt die Nordsee, die Südsee dagegen auf der anderen Seite der Erde als Teil des Pazifiks. In welcher Mitte liegt das Mittelmeer? Gibt es Leben im Toten Meer? Unter welchen Umständen heißt die Nordsee Blanker Hans. Und wie viele Meere gibt es überhaupt? Sieben (wie in den Piratenfilmen)? Vier (wie bei den Chinesen)? Oder sechsundsechzig (laut IHO)? Sie alle haben Namen und erzählen eine Geschichte – eine überraschender als die andere. Ein bereicherndes Buch, nicht nur über die Namen der Meere. Sondern eins, das auch wichtige Wahrheiten ans Licht bringt. Oder wissen Sie, was den Malstrom mit dem Bermudadreieck ver­bindet? ISBN 978-3-86648-189-3, Preis 14,95 Euro, mareverlag

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05 Seeschnecken haben sowohl weibliche als auch männliche Geschlechtsorgane, die gleichzeitig eingesetzt werden können.

06 Schneeglöckchen produzieren Biowärme, mit der sie Schnee schmelzen können.

07 Schmetterlinge im Amazonas trinken die Tränen von Schildkröten.

08 Himalajasalz wird nicht im Himalaja, sondern im Salzgebirge in Pakistan sowie in Polen abgebaut.

09 Die Quallenart Turritopsis nutricula ist unsterblich.

10 Um sich vor Haien zu schützen, schlafen die Delfinmutter und ihr Junges einen ganzen Monat lang nicht.


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a u s g abe n & ei n e p h o t o iss u e i m ab o n n e m e n t f端r 22 Euro


Between Places

schrift & bild // Peak Performance

Erik der Rote – eine isländische Sage berichtet, wie Erik im 10. Jahrhundert das Land westlich von Island Grünland nannte, weil er der Meinung war, dass ein attraktiver Name Menschen dazu bewegen würde, dort zu siedeln. Frühes Marketing also. Erik der Rote und weitere Kolonisten gelangten im Jahr 985 dorthin und siedelten, obwohl das Land so gar nichts mit dem zu tun hatte, was ihnen darüber berichtet wurde, für eine lange Zeit. Nahezu 500 Jahre versuchten sie, Landwirtschaft zu betreiben. Ihr abruptes Ende bereitet den Wissenschaftlern bis heute Kopfzerbrechen.

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117 reise

Between Places ist ein Dokumentarfilm über die drei Kletterer Edurne, Martial und Erwan, über ihren Lebensstil, ihre frühen Erlebnisse und ihre Reise entlang der Westküste Grönlands.


reise

D

Mit der Arktis wurden in der Vergangenheit die unterschiedlichsten, oft widersprüchlichen Vorstellungen verknüpft und weitergesponnen.

ies ist die Geschichte eine Films, eines

Dort kann man „seinen Lebensstil“ nämlich auch ausleben,

kombinierten Segel- und Klettertrips nach

jenseits von Alpen, Anden oder Himalaja. Edurne Pasaban

Grönland. Wohl denn. Kein Spielfilm im herkömmlichen

(erste Frau, die alle Achttausender bestieg), Erwan Le Lann

Sinne, eher ein Dokumentarfilm im unkonventionellen Sin-

(Bergsteiger und Filmemacher), Jacopo Bufacci (Hochge-

ne. „Wir hatten nicht genügend Zeit, um uns an ein Story-

birgsexperte aus Italien) und Martial Dumas (Kletterer,

board zu halten. In vieler Hinsicht folgten wir einfach dem

verbringt seine Zeit mit Eis- und Schluchtenklettern) sind

Gang der Ereignisse“, sagt Henrik Rostrup, der Regisseur.

professionelle Kletterer, die gern in der „Wildnis verloren

„Wir hatten Karteikarten mit, auf denen allerlei Motive be-

gehen“, so wie Erwan Le Lann es im Film sagt. Das gingen

ziehungsweise Szenen standen, aber das meiste drehten

sie zwar nicht, fanden aber unberührte Plätze, an denen

wir dann aus dem Bauch heraus. Wir wollten alles so au-

weder viel gesegelt noch geklettert wurde. Mit der Arktis

thentisch wie möglich haben.“ Obwohl sich genau das ein

wurden in der Vergangenheit die unterschiedlichsten, oft

bisschen chaotisch anhört, lief alles reibungslos. Wirklich

widersprüchlichen Vorstellungen verknüpft und weiter-

alles. Keine Probleme auf dem Boot, keine im Eis, keine mit

gesponnen. Diese Geschichten prägten ihrerseits wieder

dem Wetter, keine mit dem Team. Keiner verletzte sich, die

die Ideale, die der Entdeckung und Erforschung zugrunde

Kameraausrüstung blieb verschont. Sehr ungewöhnlich.

gelegt haben. Sie nahmen Einfluss auf unsere Sichtwei-

Vor allem, wenn man weit ab vom Schuss im grönländischen

sen auf Grönland und deren indigene Völker gegenüber.

Eis unterwegs ist. Aber auch da gibt es außergewöhnlich

Aufgrund politischer, wirtschaftlicher und klimapolitischer

gute Plätze zum Skifahren. Und die galt es zu finden.

Diskussionen sind inzwischen die Regionen um den nörd-

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Alle Teilnehmer wissen, dass sie gemeinsam etwas wirklich Einzigartiges erleben, wenn sie ihre Erfahrungen zusammen in der Gruppe nutzen können. Nur so können sie unerforschtes Terrain und unbekanntes Potenzial entdecken.


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lichen Polarkreis von der Peripherie ins Zentrum gerückt. Die Gletscher schmelzen immer schneller ab und innerhalb der kommenden Jahrzehnte könnte die Arktis vermutlich eisfrei sein. Solche Veränderungen hat es noch zuvor jemals gegeben und sie sind vermutlich irreversibel. Es ist kein Film, der sich mit der Erderwärmung oder dem Untergang grönländischer Kultur befasst. Es wird gesegelt und geklettert. Vorzugsweise war das Team an der Westküste um die Hauptstadt Nuuk unterwegs. Gedreht von zwei Kameraleuten (dem Norweger Fred Arne und dem Franzosen Bertrand Delapierre), die zur Not auch allein in den Bergen klarkommen.


reise

K e i n e r v e r l e t z t e s i c h , d i e Kam e r aa u s r ü s t u n g blieb verschont. Sehr ungewöhnlich. V o r a l l e m , w e n n ma n w e i t a b v o m S c h u s s im grönländischen Eis unterwegs ist. 120


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reise

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Vorzugsweise war das Team an der Westküste Grönlands um die Hauptstadt Nuuk unterwegs. Zehn Tage waren sie weit weg von jeder Zivilisation auf sich allein gestellt. Vor allem für Martial Dumas (rechts) nichts Außergewöhnliches, dreht sich doch sein gesamtes Leben ums Klettern. Egal wo.

Es ist kein Film, der sich mit der Erderwärmung oder dem Untergang grönländischer Kultur befasst. Es wird gesegelt und geklettert.


reise

Edurne Pasaban (links) aus dem Baskenland hat als einzige Frau der Welt alle 14 Achttausender bestiegen. Grönland zählt zu den Regionen dieser Welt, in denen sehr wenig geklettert und gesegelt wurde. Eine umfangreiche Erfahrung bei dem, was man tut, war also vonnöten.

Das Wetter kann hier oben in kurzer Zeit umschlagen, vom schönsten Sonnenschein im T-Shirt bis zum gefürchteten piteraq, einem Schneesturm, verursacht durch Fallwinde, die von 3.000 Meter hohen Bergen herabstürzen. Die kalte und schwere Luft rast die Gletscher hinab und zerstört dabei schon mal Häuser, die im Weg stehen. Allerdings treten diese Stürme vorwiegend an der Ostküste auf. So war denn auch die Zeit die größte Herausforderung, die das Team meistern musste. Bestimmte Gebiete konnten nur in engen Zeitrahmen besucht werden. LA LOUISE, so der Name des 20 Meter langen Schoners, auf dem die Franzosen unterwegs waren, wurde von Thierry Dubois geskippert, den geneigte Insider von der Vendée Das hatte gute Gründe, denn wenn man in Grönland eine

Globe 1996 und 2000 mit der SOLIDAIRES kennen. Nun be-

Siedlung oder Stadt verlässt, ist man sofort weit weg von

sitzt er die LA LOUISE und ist damit im Nordmeer unterwegs.

jedweder Zivilisation. Grönland ist das am dünnsten besiedelte Land der Welt – fünf Minuten nachdem man die

Der von Pixl Family und Peak Performance produzierte Film

Hauptstadt verlassen hat, befindet man sich inmitten der

läuft NUR online unter: www.betweenplacesfilm.com.

Wildnis. Während der insgesamt circa dreiwöchigen Drehzeit traf das Team auf höchstens zwei oder drei andere Boote. Alles in allem dauerte die Produktion rund fünf Monate.

G r ö n l a n d i s t d a s am d ü n n s t e n b e s i e d e l t e La n d d e r W e l t – f ü n f M i n u t e n n a c h d e m ma n d i e Ha u p t s t a d t v e r l a s s e n h a t , b e f i n d e t ma n s i c h i n m i t t e n d e r W i l d n i s .

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foto // Mark Lloyd

Swing is King

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„

MA S T WALK

Alex Thomson. I definite-

ly had a different perspective running up the mast as I’m not used to seeing my boat from a 60 degree angle. We actually looked at enhancing the grip of the BOSS Green sneakers that I wore for the stunt because we thought I would need it to run up the mast. Mark Lloyd. Fotograf.

We waited weeks for the right wind and light and had to change location at the last minute to make sure it would work. Everything had to be considered, the guys helming the boat whilst Alex was up the mast, getting exactly the right speed and angles and running alongside that the two RIB's and a helicopter. However, my hat goes off to Alex, the mast walk and then a dive is a whole new level. I went a little way up the mast to shoot Alex running towards me and that was a buzz.


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Sailing Journal 2/2014 erscheint im Juni. Family Business: Vater & Sohn segeln um die Welt. 20 Jahre Kieler Woche: der fotografische Rückblick von Heinrich Hecht. Made by Hand: Rymhart – der beste Troyer der Welt. Laufendes Gut: Alles, was man darüber wissen sollte.

Sehr geehrter „Sailing Journal“-Abonnent, im Zuge der Umstellung auf einen einheitlichen Euro-Zahlungsraum (Single Euro Payments Area – SEPA) wird europaweit auf das einheitliche SEPA-Basislastschriftverfahren umgestellt. Gekennzeichnet wird dieses Lastschriftmandat durch unsere GIN: DE289542228. Wir stellen ab der Ausgabe 1/2014 (April) um und werden die von Ihnen bereits erteilte Abbuchungsermächtigung als SEPA-Basislastschriftmandat weiternutzen. Die Abbuchungen werden vier Wochen nach Erscheinen der jeweiligen Ausgabe abgebucht.

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Meeresleuchten Verlag UG (haftungsbeschränkt), Esmarchstraße 61, 24105 Kiel, Tel. +49 (0) 431-888 67 79, info@sailing-journal.de, www.sailing-journal.de Bankverbindung Förde Sparkasse, Kto.-Nr. 100198 03 49, BLZ 210 501 70 Herausgeber Tom Körber, Jan Weisner, Michael Walther Chefredakteur Tom Körber, t.koerber@sailing-journal.de Art-Director/Produktion Jan Weisner, Klausdorfer Weg 167, 24148 Kiel, j.weisner@sailing-journal.de, Tel. +49 (0) 431-64 73 173 Technische Redaktion Michael Walther, Frankestraße 5, 24118 Kiel, m.walther@sailing-journal.de, Tel. +49 (0) 177-622 84 67 Büro Bodensee/Bayern Felix Kling, Sailing Media, Bootshaus Hummler, Heuriedweg 53, 88131 Lindau/Bodensee, www.sailing-media.com Anzeigenkoordination & Mediaberatung Office for Media, Kleiner Kielort 6, 20144 Hamburg, Tel. +49 (0) 40-555 659 431, thorsten.peters@officeformedia.de Webadministration Mathias Wichmann, mw@o-graphix.de Druck Impress Media GmbH, Heinz-Nixdorf-Str. 9, 41179 Mönchengladbach Ständige Mitarbeiter Eckard von der Mosel, Daniel Opitz, Willii Gohl (williigo@gmx.net), Bendix Hügelmann (b.huegelmann@sailing-journal.de), Pierre Hervé Lektorat Kirsa Stoltenburg (engl.: Dörte Horn) Fotografen Mark Lloyd, Rolex/Daniel Forster, Rolex/Carlo Borlenghi, Kurt Arrigo, Kai Uwe Eilts, Marco Knopp, Marina Könitzer, Peak Performance, Friderike Opitz Illustrator Pierre Hervé Ständige Mitarbeiter Willi Gohl, Daniel Opitz, Weert Kramer, Markus Baur, Eckart von der Mosel, Bendix Hügelmann Autoren Alex Thomson, Kurt Arrigo, Sebastian Vedder, Erdmann Braschos, Ewan McEwan, Daniel Opitz, Heinrich Behrendt, Friderike Opitz, Peak Performance

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Erscheinungsweise 5-mal jährlich Abonnements info@sailing-journal.de, Einzelheftpreis Deutschland 6 €, Jahresabonnement Deutschland 22 €, Jahresabonnement Ausland 38 €, jeweils inkl. Versandkosten. Das SAILING JOURNAL ist nach Ablauf des Mindestbestelljahres (5 Ausgaben) jederzeit kündbar. Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes bedarf der Zustimmung des Verlags. Durch Annahme eines Manuskripts erwirbt der Verlag das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Haftung übernommen. Das SAILING JOURNAL wird ganz oder in Teilen im Print und digital vertrieben.


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"The three great elemental sounds in nature are the sound of rain, the sound of wind in a primeval wood, and the sound of outer ocean on a beach. I have heard them all, and of the three elemental voices, that of the ocean is the most awesome, beautiful and varried."

Henry Beston. The Outermost House. 1928.

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und Innendrehring, verschraubte Krone, Saphirglas, wasserdicht 30 bar, Armband-Schnellwechselsystem, Gehäusehöhe 17 mm, Durchmesser 44 mm

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