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Toni Amort: Fröhlich, frei und tapfer (Brasilien)

Fröhlich, frei und tapfer

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Glücklich am Ziel der künftigen Heimat angekommen. Von staunenswerten Kindern in Brasilien will ich erzählen und dem großen Abenteuer, das sie mit ihren Eltern erleben.

Mitten in einer Nacht wurden sie aus ihren Betten geholt. Die Erwachsenen waren alle so hektisch, aber niemand durfte Lärm machen. Gepäck wurde aus dem Haus getragen und auf einen LKW geladen, der dort stand. Alle mussten sich aufs Gepäck setzen. Es ging noch an einigen Häusern vorbei und mehr Menschen und mehr Gepäck kamen herein, bis alles richtig voll war. Dann fuhren sie in der finsteren Nacht fröstelnd aus dem Dorf. Erst als der Morgen graute, blieb der Wagen am Rand einer Wiese stehen. Endstation. Nur Weideland und ein paar Bäume; so weit weg von allem, an was sie gewohnt waren. Allmählich kommen weitere LKWs an; eine große Menge von Leuten war da und ein Berg von Gepäck, Matratzen, Werkzeugen. Auf diese Weise haben landlose Bauern auf einem unbenutzten Großgrundbesitz ihre Zelte aufgeschlagen. Als sie aus ihren Häusern stiegen, war das für immer. Sie wollten es drauf ankommen lassen, um auf einem riesigen Grundbesitz, der laut Gesetz für die Landreform enteignet werden sollte, ihr eigenes Stück Grund und Boden zu erhalten. Die Kinder verstanden nur recht wenig von diesen Dingen, spürten aber doch, dass das für ihre Eltern etwas sehr Wichtiges war.

In großer Eile wurden hässliche schwarze Zelte montiert, einige Gruben wurden gegraben und erhielten ringsum eine Wand aus Zeltplanen, die ersten und einzigen Klos! Und Wasser, wo war das nur zu finden? Wenn kein Wasser da ist, hat man nichts zum Trinken, zum Kochen, kann man sich nicht waschen. In einer Mulde am Fuß eines Felsens hat

jemand eine Quelle entdeckt. „Kinder, nehmt die Kübel, ihr müsst jetzt Wasser holen!“ Auf einmal war die Welt nicht mehr trostlos, auch sie hatten jetzt Wichtiges zu tun, mitsammen, toll! Kaffee gab es heute noch keinen und erst am Nachmittag gab es etwas Warmes zu essen, weil man zuerst ja aus Lehm einen Herd bauen und aus der Umgebung Brennholz bringen musste. Die Sonne steht über dem Kopf, es wird schrecklich heiß; daheim würde man ins Haus flüchten und den Ventilator einschalten.

Nichts von dem gibt’s hier. Kein Sofa, keinen Stuhl; nur die Zeltplane gibt Schatten, aber sie ist schon so heiß, dass man sich daran die Hand verbrennen könnte. Dann kommt die Nacht, schon eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang wird es finster. Kein Licht und, oh je! Kein Fernsehen! Alle die Opfer dieses Tages sind nichts im Vergleich zu diesem. Das Herdfeuer und eine Petroleum-Lampe sind das einzige Licht. So muss man im Zelt bleiben und hat nichts zu tun. Die einzige Lösung: schon früh schlafen gehen, zwei Stunden früher als gewohnt; und nicht in einem Bett, sondern auf einer Matte im Gras. Es beginnt das Heldenleben für diese Kleinen.

Schon gleich in aller Frühe gibt es Versammlung für alle. Die Lage wird besprochen, Aufgaben werden verteilt und am Ende immer das Wichtigste: mit erhobenen Händen das Losungswort: „Landreform, jetzt! Wer vereint ist, wird nie besiegt!“ Dazu noch eine Hymne, bei der sich alle umarmen und einander Mut machen. Das ist eine Morgenstund‘ mit Gold im Mund für die Kinder! Mit ganzer Seele und ihren ganzen Körperchen machen sie es den Großen nach. Ohne viele Worte wissen sie nun, worum es und wo es lang geht.

All die Entbehrungen haben jetzt einen großen Sinn. Das vereint sie auch mit den anderen, die sie noch nicht gekannt haben. Kinder lernen

Die Kleinen sind ganz und gar nicht unglücklich im Lager. Bei Papa und Mama sein genügt ihnen vollauf.

Mit der Heiligen Schrift in der Hand versichert Toni Amort, dass Gott auf ihrer Seite steht. Er gibt Kraft und Ausdauer. sich immer viel schneller kennen als Erwachsene. Noch viel fleißiger machen sie jetzt mit bei den Aufgaben, die man ihnen zuteilt. Sie freuen sich wirklich, mit ihren Eltern zu kämpfen, sind stolz darauf. Das Heimweh nach dem Leben in der Stadt verschwindet schnell. Sie sind gefasst auf ein Leben, das hier beginnt und ihre Zukunft sein wird.

Wenigstens in einem Fall gab es eine echte Heldengeschichte. Da kam eine ganze Kolonne Wagen mit Militär den Weg herauf zum Lager, wohl in der Absicht, das Lager gewaltsam zu räumen. Schwerbewaffnete Soldaten waren das und schauten böse drein. Auf den Rat der Eltern hin, taten sich alle Kinder zusammen und gingen tanzend und mit offenen Armen auf die Soldaten zu, ganz, ganz nah an sie heran.

Soviel unschuldige Fröhlichkeit und Wehrlosigkeit entwaffnete buchstäblich diese rauen Männer! Einige der Kommandanten gingen mit ihnen ins Lager, führten ein sachliches Gespräch mit dem Volk und zogen hierauf friedlich ab. Ich fragte diese Kinder nachher, ob sie wirklich kein bisschen Angst gehabt hatten. So richtig von Herzen und sehr laut kam ihre Antwort: „Überhaupt nicht!“ Schwer zu glauben, aber sie waren so begeistert und wirkten so überzeugend.

Immer bin ich voll großer Bewunderung gewesen über die Entschlossenheit und den Mut dieser Menschen. Sie haben alles, was sie hatten, alles, an was sie gewohnt waren, und alle Sicherheit aufgegeben, für immer. All die Entbehrungen des Lagerlebens, all die Unsicherheit, wie es ausgehen wird, all die fürchterlichen Bedrohungen haben sie willig auf sich genommen. Einzig der Zusammenhalt und das Vertrauen auf Gerechtigkeit trieben sie zum Weitermachen.

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