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Konrad Willeit: Wie aus der Zeit gefallen (Wachter, Sabah)

Dazu hatten sie ein großes Vertrauen auf Gott, der sein Volk aus dem Sklavenleben durch die Wüste in ihr eigenes Land geführt hat. Mit der Bibel in der Hand konnte ich ihnen versichern, dass Gott auf ihrer Seite stand. Und dann die Kinder! Sie waren keine Belastung, sondern im Gegenteil, eine große Kraft in ihrem Kampf. So fröhlich, so frei und so tapfer!

Mit Freude und Fleiß nehmen die Mädchen ihre Aufgaben an. Leicht ist’s nicht, von so weit das Wasser zu holen. Mit Humor geht alles leichter.

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Konrad Willeit, Vinzentinum, Brixen

Wie aus der Zeit gefallen

„Meine lieben Freunde!“ oder „Lieber Botenmann!“. Damit überschreibt August Wachter die meisten seiner Briefe, die im Missionsboten der Jahre 1905 bis 1941 veröffentlicht sind.

Sie geben Einblick in seine Pläne und Ziele, sein Fühlen und Denken, seine Freuden und Leiden, Hoffnungen, Erfolge und Misserfolge, aber auch in seinen unerschütterlichen Glauben an Gott und die Mitmenschen. Daraus schöpft er immer wieder die Kraft, sich aufzuraffen, weiterzumachen und schier Unmögliches zu verwirklichen.

Er scheint, den inneren Antrieb zu spüren, von dem wir im Evangelium lesen: Das Reich Gottes duldet keinen Aufschub, es ist da, zwar noch nicht in seiner ganzen Fülle, aber es breitet sich aus, bricht sich Bahn gegen alle

Jungle Trecking: Immer noch findet man in Borneo Trampelpfade durch den Urwald, die uns die Beschwerlichkeit früheren Reisens erahnen lassen. Heute dienen einige von ihnen nur noch als touristische Attraktion.

Bundu Tuhan, am Fuß des 4095 m hohen Mount Kinabalu, hat sich in knapp hundert Jahren von einer schwer erreichbaren Siedlung in den Bergen zu einem beachtlichen Zentrum am Rande des Nationalparks Mount Kinabalu entwickelt. Widerstände. Ist der Same der frohen Botschaft einmal gesät, fällt einiges unter Dornen, anderes auf steinigen Boden, etwas aber auch in fruchtbares Erdreich. Sein Wachstum lässt sich nicht mehr aufhalten. Es wächst und entfaltet sich, wenn nicht hier, dann eben dort! So wie Blumen den Asphalt durchbrechen, Baumwurzeln Felsen verschieben und Samenkörner Jahre, ja sogar Jahrzehnte lang im Wüstensand verharren können, bis der nächste Regentropfen sie zum Keimen und Blühen bringt. Und du, Mensch, du bist gerufen, an der Ausbreitung des Reiches Gottes mitzuarbeiten.

Nicht, dass August Wachter ein so viel besserer oder erfolgreicherer Missionar gewesen wäre! So wie er haben viele sich abgemüht, gedacht und gefühlt… Auch war sein Weg, den „Auftrag abzuarbeiten“, weder der einzig mögliche, noch der einzig richtige. Gott bedient sich vieler unterschiedlicher, oft sogar konträrer Charismen, um sein Werk zu entwickeln. Was wir von Wachter hören und über ihn sagen können, gilt musterhaft in abgewandelter Form für viele eifrige und beherzte Missionare und Missionarinnen, die damals wie heute ihre ganze Lebenskraft für die Ausbreitung der Botschaft Christi und zum Wohl der Mitmenschen einsetzen. Wachter hat regelmäßig mit der Heimat brieflich kommuniziert und von seinen Plänen, Enttäuschungen und Erfolgen erzählt. So hat er die Menschen in seine Arbeit eingebunden und sie an seinem Missionswerk beteiligt, selbst wenn ihm dabei der Ruf eines offenkundigen Bettlers nachhängt. Ein Bettler für die Kirche und die Bedürftigen zu sein, ist keine Schande!

Wie war er, der Missionar August Wachter …

… was sagen andere über ihn und was sagt er über sich selbst? Zunächst muss man festhalten: Wachter und seine Mitstreiter haben sich in erster Linie als Priester gefühlt, als Auserwählte und Kämpfer Gottes gegen den Widersacher auf Erden, als Streiter für die Kirche Christi. Ihre erste und vordringliche Aufgabe haben sie, nach damaliger Sprechweise, in der

„Seelenrettung“, im Kampf gegen das Böse, gegen den Teufel gesehen. Dazu fühlten sie sich eigens berufen, dafür nahmen sie die Leiden und Strapazen auf sich. Es war ihnen aber auch sonnenklar bewusst: „Niemand darf sich die Priesterwürde selbst anmaßen – er muss von Gott dafür auserwählt sein. Gott wählt sich seine Priester aus Menschen aus, nicht aus Engeln, damit sie, weil sie selbst schwach und mit Fehlern behaftet, Mitleid, Nachsicht und Geduld zu haben vermögen mit den Schwachheiten und Fehlern der Mitmenschen“, wie der Brixner Fürstbischof Johannes Raffl im Fastenhirtenbrief des Jahres 1925 anmerkt. (MB Nr. 4, 1925, Jg. 30)

Diese vom Glauben gelenkte Zielstrebigkeit bei gleichzeitig gütiger Menschlichkeit, im Bewusstsein persönlicher Schwächen, bezeugt auch Schwester Cecilia Liew, FSIC, wenn sie Wachter als sehr seriöse, entschlossene und beeindruckende, aber auch überaus großzügige und freundliche Persönlichkeit beschreibt. „Er hatte ein goldenes Herz, mit einem weichen Kern für die Armen und Bedürftigen“, schreibt sie. Mother Rose, eine Schwester, die in einer seiner Schulen gearbeitet hat, sagt: „Nicht nur sein Herz war voll von Liebe für jene, die nicht vom Glück verwöhnt waren, sogar seine Augen, sein durchdringender Blick schien in der Lage zu sein, die Gedanken und Wünsche seiner ihm Anvertrauten lesen zu können. Er war voller Mitgefühl und Liebe zu Christus und zu den Menschen.“

Das Foto aus den 1920er-Jahren. Oft muss Missionär Wachter auf seinen Fußmärschen Flüsse überqueren oder sich auf dem Floß ans andere Ufer ziehen lassen.

Etwas zwiespältiger fällt das Urteil seiner Mitbrüder aus. Sie meinten: Wacher sei „die Freude eines jeden Bettlers“ gewesen. Damit drücken sie aus, dass er einerseits sehr großzügig war, andererseits die Mission wegen seiner Freigiebigkeit, immer chronisch unterversorgt war. Damit konnten seine Mitbrüder verständlicherweise keine große Freude haben. Trotz regelmäßiger und inständiger Bitt- und Bettelbriefe nach Amerika und Europa reichten Geld und Sachspenden nie aus. Zu viele Herzen und Hände reckten sich ihm entgegen, denen er eine Bitte nicht abschlagen konnte. Natürlich waren unter den vielen berechtigten Bittstellern auch

Der Katechist Marius Sabadan aus Kinuta mit der Großfamilie. Ohne die Unterstützung der Katechisten hätte die Mission kaum diesen Fortschritt gemacht. Sie kennen die Sprache, Sitten und Kultur der Leute und helfen dem Tuan (dem Herrn Pfarrer) Lösungen zu finden.

1917 wird August Wachter Rektor/ Pfarrer von Penampang und Inobong. Der Inobong Fluss, der hinter der Missionsstation vorbeifließt, kann in der Regenzeit mächtig anschwellen. solche, von denen Sebastian Rieger, der Reimmichl, etwas abschätzig schreibt: „Wohin denn mit der Welt? Jeden Tag reiten solche Bitt-für-unsHusaren daher und möchten dir in den Geldbeutel steigen.“

Charakterlich war Wachter zweifelsohne ein energischer, zielstrebiger Mensch, der seine Pläne durchzusetzen wusste. Davon zeugen Konflikte, mit denen er häufig konfrontiert war, und heikle Einsätze in verschiedenen Missionsstationen, die vom Zusammenbruch bedroht waren. Zeugnis von seiner Durchsetzungskraft geben all die Schulen, Kirchen und Kapellen, die er gebaut, erweitert und geleitet hat, und sogar die Neugründung eines Schwesternordens, ebenso die unzähligen Märsche durch unwegsamen Urwald, durch Schlamm und Flüsse watend, über Stock und Stein, zu Fuß, zu Pferd, im wackeligen Boot, in strömendem Regen und bei sengender Hitze, um „seine Kinder, seine Schäfchen“ – wie er sie nennt, in den entfernten Orten aufzusuchen und neue Missionen zu gründen.

Als Wachter 1917 von seinem vorgesetzten, Msgr. Dunn, als Pfarrer von Penampang und Inobong eingesetzt wird, muss er mit Launen seines psychisch angeschlagenen Mitbruders Franz Xaver Duxneuner zurechtkommen. Zudem muss er auf die Hilfe eines Kooperators verzichten und in einer alten, verfallenen Hütte wohnen. Seine Behausung ist derart heruntergekommen, dass er sich gezwungen sieht, beim Katechisten Claudius Yap um Unterschlupf zu bitten. Im Jahresbericht über den Zustand der Mission schreibt er: „Der erste Weltkrieg hat mir alle Mittel geraubt, die Gebäude in Inobong reparieren zu können. Die Bubenschule ist praktisch ohne Dach, die Küche eingefallen, das Kloster für die Schwestern konnte bisher noch nicht vollendet werden, mein Haus ist zwar irgendwie nur noch gut genug für mich selbst, aber die Leute nennen es ein altes, kaputtes, notdürftig geflicktes Ding.“

Erst Ende 1924 bekommt Wachter endlich mit Fr. Verhoeven einen Gehilfen und gleichzeitig, nach 19 Jah-

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