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Konrad Willeit: Valentin Webers Blick in die Zukunft

Valentin Weber: Sein Blick in die Zukunft

Was die St. Josefs-Missionare vor rund hundert Jahren in Borneo durchgesetzt haben, kann als „soziale Revolution“ für das damals wenig entwickelte Land bezeichnet werden. Unter vielen Mühen und Rückschlägen hatten sie seit den 1880er-Jahren, neben der Glaubensverkündigung, ein Netz von Schulen aufgebaut, das ab 1910 etwa mit gewisser Stabilität rechnen konnte.

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Über die Entwicklung im 1. Weltkrieg erfahren wir wenig. Aus Europa kommen kaum noch Missionare nach, und jene in Nordborneo sind in ihrem Arbeitsfeld eingeschränkt. Man weiß zwar, dass Josef Oss aus Patsch 1915 nach Borneo geschickt wird, mit dem Auftrag, Valentin Weber zur Hand zu gehen. Er bekommt aber keine Einreiseerlaubnis nach Labuan und Nordborneo. In einigen Köpfen, allen voran bei Valentin Weber und August Wachter, kocht immer wieder ein Gedanke auf, dass, was bisher nur Buben zugänglich war, auch Mädchen gewährleistet werden müsse.

Hocherfreut verkündet Valentin Weber am 1. Juli 1918, dass die Mission bald elektrischen Strom bekommt. Ein Quantensprung an Entwicklung und Komfort! Im selben Atemzug erwähnt er aber, dass die Mission immer noch an einem Mangel leide, der nicht länger ertragen werden könne. „Wir brauchen in dieser Mission ein Schwesternkloster und unbedingt eine Schule – auch für Mädchen. Die Schwestern sollen die Mädchen, denen gegenwärtig die Möglichkeit für Bildung fehlt, unterstützen.“ In einer kurzen Notiz vom 19. August 1919 wiederholt er: „Was wir jetzt am meisten brauchen, ist ein Kloster und Schwestern, welche die Mädchen erziehen und unterrichten und den Frauen gewisse Fertigkeiten

Oben:

Jugendliche begeistern mit ihrem Singen die Gemeinde zur Mitfeier.

Foto vom Jubiläum von Missionar Goosens; die SchwesternNamen fehlen. Sitzend von links: V. Weber mit Stock, Msgr. Dunn (Apost. Präfekt von Sarawak), A. Goosens, Msgr. A. Wachter (Apost. Präfekt von Labuan und Britisch Nordborneo), A. Williams. Stehend: Br. Pius, F. Sint, A. Raich, J. Böhm, T. Shak (Priester aus Honkong), Br. Gregory, J. Klyn, A. Verhoeven. beibringen.“ Ein Jahr später sieht er die Erfüllung seines Wunsches am Horizont aufsteigen. „Endlich ist die Errichtung eines Klosters in Sicht! Damit und mit der Mädchenschule schaut die Zukunft der Mission hell und strahlend aus!“

Schule für Mädchen und Buben

Am 4. Oktober 1923, Fest des hl. Franz von Assisi, werden das Kloster zum hl. Franziskus und die Mädchenschule, die erste in Britisch Nordborneo, feierlich gesegnet. Ein Traum ist wahr geworden, für Weber und für die gesamte Bevölkerung von Jesselton. Endlich gibt es gleichwertige Chancen für Frauen und Männer in Bildung und Partnerschaft. Allzu oft hatte man erlebt, dass katholisch erzogene Jungmänner wieder zum früheren angstbesetzten Geisterglauben und zu alten Bräuchen und Beschwörungsritualen zurückgekehrt sind, nachdem sie ein nicht-katholisches Mädchen geheiratet hatten. Nun, so heißt es launisch, aber auch mit unverhohlener Zufriedenheit, „hat die Herz-Jesu-Schule für Jungen endlich eine ebenbürtige Partnerin!“

Die beiden Mill Hill-Schwestern, die Holländerin Gerda Bonengaar und die Engländerin Rose Charnley, bewohnen das neue Kloster und leiten den englischsprachigen Zweig der Schule mit ungefähr 60 Schülerinnen, während der Katechist Thomas Lee und die Katechistin Theresa Ho den chinesisch-sprachigen Zweig mit 32 Schülerinnen unterrichten. Planung und Finanzierung des Projektes liegen ganz in den Händen von Valentin Weber, der von Mr. Tay Bee Chan, einem prominenten Christen und Geschäftsmann aus Jesselton, finanziell unterstützt wird. Sehr bald spielen die Schwestern und ihre Mädchen eine unersetzliche Rolle im kirchlichen und gesellschaftlichen Leben von Jesselton. Auch erweist sich die Mädchenschule als Quelle für Schwesternnachwuchs, ein „Nebeneffekt“, mit dem man anfangs nicht gerechnet hatte.

Katechisten – Rückgrat der Missionsarbeit

Eines kann man Valentin Weber sicher nicht vorwerfen, nämlich dass er in westlich kolonialer Manier versucht hätte, europäische Mentalität und Lebensweise über seine Mission drüber zu stülpen. Sehr früh hatte er erkannt, dass Gedeih und Verderb der Missionsarbeit wesentlich von der gewinnenden Persönlichkeit einheimischer Katechisten und Lehrern abhängen. Sie kennen Sprache, Bräuche und Eigenheiten der Einheimischen. Ständig ist Weber auf der Suche nach „gut ausgebildeten und verlässlichen“ Leuten. Seine Suche dehnt er sogar bis Honkong aus, wo die Jesuiten eine theologische Hochschule führen. Zur Eröffnung der neuen Mädchenschule 1923 gelingt es Weber, Thomas Lee nach Jesselton zu holen. Der war zuvor als Katechist in Sandakan und Tawau tätig gewesen. Ihm überträgt Weber die Leitung des chinesischsprachigen Zweiges der Mädchenschule. Thomas Lee gilt als „Leuchtturm“ unter den Katechisten. Sein über 70 Jahre dauerndes Wirken ist bis zum heutigen Tag tief in der Erinnerung der Katholiken von Sabah verankert. Er war nicht nur ein enger Mitarbeiter von Missionar Weber, der ihm bedingungslos vertraut, sondern er gilt als begnadeter Lehrer und Katechist, erfüllt von einem außergewöhnlichen Gespür für Menschen und Eifer für die Evangelisierung. Sein ganzes Leben lang hat er den christlichen Glauben gelehrt und verteidigt. Im Auftrag der Mission hat er Katechisten ausgebildet und mehrerer Schulen gegründet, nicht nur in der rasant wachsenden Hauptstadt Jesselton, sondern auch in Orten an der Straße nach Tuaran und entlang der Eisenbahnlinie ins Landesinnere, nach Beaufort und Tenom. Er legt großen Wert auf Wissenschaft und Kunst, unterstützt Weber bei der Gründung des Priesterseminars. Wesentlich trägt er dazu bei, dass die katholische Kirche Zugang zu eher verschlossenen und ablehnenden Bevölkerungsgruppen findet. Er erweist sich als treuer Begleiter und Fels in der Brandung für die katholische Kirche in Sabah. Hochbetagt, stirbt Thomas Lee 95-jährig am 29. April 1996.

Die ersten Seminaristen

Eigentlich verwundert es nicht und zeugt von Größe, wenn Valentin Weber als einer der ersten bereits in den 1920er-Jahren daran dachte, einheimischen Klerus auszubilden, wohl auch aufgrund der positiven Erfahrungen mit seinen Katechisten! Mit dem noch unklaren Ziel schart er

Die ehemaligen Schüler organisieren für ihren geschätzten Lehrer ein Fest zum 61. Geburtstag am 16.5.1939.

Das Foto zeigt Valentin Weber in der Mitte sitzend mit den Seminaristen im Jahr 1932.

Der Gedenkstein aus dunklem Marmor, der hinter der HerzJesu-Kathedrale in Jesselton, heute Kota Kinabalu, steht, erinnert an die wichtigsten Etappen im Leben von Valentin Weber. eine kleine Gruppe von Buben seiner Herz-Jesu-Schule um sich. Von denen denkt er, sie seien für den Priesterberuf geeignet, und erteilt ihnen Lateinunterricht. 1929 holt Msgr. Wachter den chinesischen Priester, Joseph Shak, aus Honkong „leihweise“ nach Nordborneo. Besonders in der chinesischen Gemeinde wird dieser wärmstens aufgenommen, so sehr sogar, dass ein chinesischer Kirchenbesucher erstaunt bemerkt: „Er sieht aus, wie ein Chinese, hat dunkle Hautfarbe, wie wir und macht am Altar alles genau so, wie die Priester aus Europa!“ Shak ist Vorbild und lebender Beweis, dass nicht nur Europäer Priester sein können. Nun sieht Weber die Gelegenheit gekommen, Nägel mit Köpfen zu machen. Mit Erlaubnis des Apostolischen Präfekten Wachter packt er die auserwählte Gruppe „Seminaristen“ zusammen und zieht mit ihnen am 8. Dezember 1930 in ein altes Haus am Fuße des „Carmel-Hügels“. Den treuen Katechisten Thomas nimmt er mit. Das ist die Geburtsstunde des Priesterseminars „Zur Unbefleckten Empfängnis“ in Jesselton. Genau betrachtet ist Weber mit seiner neuen Aufgabe komplett überfordert, denn er hat keine Ahnung von einem Fächerkanon für ein Seminar. Die Buben fühlen sich pudelwohl in der kollegialen Atmosphäre des Seminars. Wachter allerdings erkennt sehr bald, dass die Ausbildung der Seminaristen auf eine akademisch solidere Basis gestellt werden muss. Deswegen veranlasst er, dass 1935 eine erste Gruppe Studenten nach Honkong in das von Jesuiten geführte Priesterseminar geschickt wird. Von dort kommen schon bald Klagen, dass die jungen Männer aus Jesselton nur mangelhafte Studienvoraussetzungen mitbringen. Nach über 35-järiger, ununterbrochener Arbeit, ohne sich je eine Auszeit zu nehmen, wirkt Valentin Weber ausgelaugt und kraftlos. Er geht auf die sechzig zu, bemüht sich zwar sehr, aber alle merken, dass es ihm zu viel wird. Sein Vorgesetzter, August Wachter, holt ihn Ende Juni 1937 zu sich auf die Missionsstation Penampang, da er befürchtet, sein Mitbruder könnte einen Nervenzusammenbruch erleiden. Im „Seminar zur Unbefleckten Empfängnis“ in Jesselton übernimmt Franz Sint aus Kartitsch die Leitung. Er organisiert die Ausbildung neu und steigert das akademische Niveau, was anfangs zu Protesten und einer Austrittswelle der Studenten führt. In seinen letzten Lebensjahren erreicht Valentin Weber auch noch der lange Arm des Zweiten Weltkrieges, dessen Ende und dramatischen Folgen für die Tiroler Missionare er nicht mehr erleben muss. Weber übersiedelt 1942 von Penampang zurück in das wegen des Krieges leerstehende Seminar, um den Christen von Jesselton beizustehen, so gut es geht. Am 4. Februar 1944 stirbt der charismatische Missionar im Alter von knapp 66 Jahren.

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