Interview Götz George

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hp,02,006,G_G.George 14.12.2004 20:29 Uhr Seite 6

interview tv

nie ernst genommen!“

„eweisen? Muss ich mir gar nichts mehr – und kein Interview geben, das ich nicht will!“ Sagt Götz George (66). Vielleicht ist er gerade deshalb so begehrt – und erntet einen Preis nach dem anderen (u.a. Goldener Löwe, GrimmePreis, Emmy). Drehen? Müsste er längst nicht mehr – nur die Liebe zu seinem „Handwerk“ (wie er es nennt) treibt den Charakter-Darsteller immer wieder vor die Kamera und nach Deutschland. Wie jetzt für seinen neuesten Film „Alpenglühen 2“. TV DIGITAL sprach mit Götz George über TV-Kitsch, große Hollywood-Schauspieler, abgekupferte ActionHelden und seine Wut auf einseitig berichtende Journalisten. Obendrein verriet der Schauspieler, warum es keine George-Biografie geben wird – obwohl er seit 40 Jahren Tagebuch führt: TV DIGITAL: Für „Alpenglühen 2“

B

waren Sie im Hamburger „Doll House“ auf der Reeperbahn. Haben Sie nach Drehschluß die Puppen tanzen lassen?

zusammen spielen, sagte kürzlich, Sie seien der „Aristokrat“ unter den deutschen Schauspielern. Ich kann das Kompliment nur zurück geben. Wir haben schon fünf Mal zusammen gearbeitet – und keiner hat den anderen enttäuscht. Obendrein haben Christiane und ich eine sehr ähnliche Biographie.

Sie entstammen beide berühmten Schauspielerfamilien. Gibt’s diese großen Familien heute noch in Deutschland? Die Tradition ist völlig ausgestorben! Man darf das jetzt nicht als xx interpretieren – aber das TV-Publikum wurde seit längerem nicht mehr dazu „erzogen“, gute Sachen zu sehen. Sonst würden ja solche fürchterlichen „QuotenQuäler“ wie das Dschungel-Dings oder „Big Brother“ nicht so boomen. Früher bestand das TV-Programm aus Fernsehspielen. Heute in der Mehrheit aus Trash-Situationen.

Heißt das, Sie legen den Programm-Bossen qualitativere Formate ans Herz? Ja, aber die richten sich natürlich nach dem Publikum – und das will diese Spiel- und Gerichtsshows sehen. Dabei kupfern die Sender ihre Formate alle gegenseitig ab.

Sie mögen nicht mal Quoten-Knüller wie Günther Jauchs „Wer wird Millionär“?

„Preise habe ich nie sehr ernst genommen!“ Götz George

GÖTZ GEORGE: Nein, das war für mich eine reine Arbeitssituation.

Hand aufs Herz, Herr George… Da ich überhaupt kein Rotlicht-Mensch bin, habe ich mich sogar völlig geniert. Und mit einem Promi-Status, kann man da ohnehin nicht hingehen – schließlich steht es sonst am nächsten Tag in der Zeitung.

Manche meinen, „Alpenglühen 2“ sei Kitsch. Warum spielt ein Schauspieler der ersten Garde trotzdem mit? Unter anderem auch, weil das Drehbuch mir sehr gefallen hat! Sehen sie sich Jack Nicholson, Robert de Niro und Dustin Hofmann an – alle diese tollen Schauspieler spielen in Abständen im „Kitschfilmen“ mit. Unser Autor hat sich ein dreiviertel Jahr Zeit gelassen – und eine schöne, funktionierende Geschichte geschrieben.

Christiane Hörbiger, mit der Sie ja in „Alpenglühen 2“

Genau! Ich kann nicht nachvollziehen, daß es spannend sein soll, wenn zwei Leute sich gegenübersitzen und einen Begriff raten müssen. Und das dauert oft 3-4 Minuten – ohne Schnitt. Das ist nichts für mich, das muß ich nicht sehen. Das langweilt.

Stichwort Preise. Sie zählen zu den besten Schauspielern Deutschlands, haben im Ausland sogar den Emmy für „Mein Vater“ bekommen und die Nominierung in diesem Jahr für zwei Schimanskis. Auszeichnungen habe ich sonst nie so ernst genommen. Manchmal habe ich Preise bekommen, wo ich verblüfft war – manchmal bekam ich keine Preise, wo ich mir sagte: jetzt hätte ich eigentlich einen verdient.

Bitte ein Beispiel… Für „Mein Vater“ wurden wir in Deutschland nicht mit dem Arsch angeguckt – in Amerika gab’s sogar den Emmy! Oder nehmen Sie ein noch aktuelleres Beispiel: Am Ausstrahlungstag der „Golem“-Folge von „Schimanski“ schrieb die „Welt“ einen großen Artikel mit dem Titel: „25 Gründe, warum Schimanski abgesetzt werden soll“. In Amerika gab’s dagegen erneut eine Emmy-Nominierung.

„Preise habe ich

Auszeichnungen pflastern seinen Weg: Hier verrät GÖTZ GEORGE, warum er auch in „Kitschfilmen“ mitspielt – und Handys haßt…

Ein Mann mit 1000 GesichDer VerwandlungsKünstler

Neugierig, forschend, wachsam – mit 66: Götz George

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Götz George wurde am 23. 7. 1938 geboren – beide Eltern waren berühmte Schauspieler. Für seine Filme – und Vielfalt – wurde er mit vielen Preisen geehrt:

SCHTONK!

DER SCHATZ IM SILBERSEE

Satirisch: Im Film des Jahres – von Helmut Dietl – spielt Götz George einen HitlerTagebuchReporter

Held: Mit 25 brilliert Götz als Western-Hero in Karl-May-Filmen

AUS EINEM DEUTSCHEN LEBEN 1963

Angepaßt: Ein Film über blinden Gehorsam in Auschwitz

1977

1981

SCHIMANSKI

Populär: George als rauhbeiniger „Tatort“-Ermittler

1991

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tv interview Interview im Hamburger „Atlantic“Hotel: Götz George, Chefreporter Mike Powelz

abgekupfert: Es gibt immer einen Dicken und einen Dünnen. Aber jetzt „boomt“ ja gerade etwas „ganz Neues“ – die Vielzahl der weiblichen Ermittler.

Wie gefällt Ihnen die Vielzahl der neuen weiblichen Kommissare? Das Prinzip wird überstrapaziert. Früher hat man sich noch die Namen der Ermittler gemerkt. Heute weiß ich überhaupt nicht mehr, wer diese ganzen Kommissare spielt. Besonders bei den Frauen ist es extrem.

Wie würden Sie eigentlich die Rolle des Götz George spielen, wenn Ihnen die jemand auf den Leib schreiben wollte? Den würde ich gar nicht spielen wollen. Den kapiere ich selber oft nicht.

Auf jeden Fall müßten Sie ihn als „Macher“ spielen. Schließlich sind Sie der einzige Actionheld, der noch selbst Türen einrennen konnte.

Will sagen: Was ist hier los in diesem Land? Die Tatsache, daß wir nominiert werden, daß wir eingeladen werden – das zeigt doch, daß wir Qualität gemacht haben.

Stichwort Horst Schimanski. Wie lange wird er noch Currywurst essen in Zeiten von Quotenkampf?

„Weibliche Kommissare? Werden überstrapaziert!“ Götz George

Die Quote von Schimanski ist immer stabil. Außerdem nehmen wir uns extremer Themen an, die sehr genau ausgearbeitet werden.

Funktioniert der über 20 Dienstjahre alte Schimanski heute wirklich noch? Schimmi ist als freischaffender Ermittler eine viel belastbarere Figur geworden – er hat wieder eine Richtung! Obendrein ist er viel politischer und gesellschaftskritischer geworden.

Das wurde mir immer übel genommen! Das war doch immer das Problem! Sie sind doch Journalist – achten Sie mal auf die Statements, die jeder neue TV-Kommissar bringt. Die antworten immer auf die Standardfrage: „Wie legen Sie denn den Kommissar an?“ „Er ist ein Kopfarbeiter, um Gottes willen kein körperlicher Mensch – er rennt nicht die Türen ein!“ Da weiß ich sofort, von wem sie sich abgrenzen wollen. Schimanski ist kein Büromensch – sondern eine ganz körperliche, physische Präsentationsfigur.

Was mag Götz George nicht? Angeblich sind Sie kein Über-den-Roten-Teppich-Flanierer und Champagnerschlürfer – richtig? Ich mag die Öffentlichkeit nicht so. Aber das ist so bei vielen meiner Kollegen – jedenfalls bei den ernsthaften. Ich muß kein Interview geben, das ich nicht geben will.

Gibt es überhaupt Situationen, in denen ein Kerl wie Sie so richtig nervös wird?

Was denken Sie, wenn Sie die Heerschar der TVActionhelden sehen, die sich neuerdings im Fernsehen tummeln. Alles abgekupferte Schimanskis?

DO 27.1.

Vor allem die Kombination der Ermittler wird

Wenn ich nur mit 50 Prozent gefordert werde. Wenn ich beispielsweise eine Verletzung habe, die mich erst mal lahm legt.

Mal ganz ehrlich: Wie ist die aktuelle Drehbuchqualität in Deutschland? Die Drehbuchqualität hat abgenommen, weil eher Trash-Produktionen gedreht werden – wie Dschungelcamp, Jauchs Millionenspiel und Superstar-Shows. Und viele weitere schwachsinnige Produktionen.

Welches TV- bzw. Kino-Projekt würden Sie gern mal machen? Kein bestimmtes. Ich bin da völlig offen. Und das war mein ganzes Leben lang so. Ich habe mich immer überraschen lassen.

Warum wollen Sie keine Biographie über Ihr Leben schreiben – daran sind schließlich sehr viele Menschen interessiert? Weil es ein Problem dabei gibt: Um eine Biographie zu schreiben, muß man sich für neun bis zwölf Monate ganz ausklinken – vorausgesetzt, sie soll optimal recherchiert sein. Also müßte ich in Klausur gehen und mich fragen: was ist in meinem Leben passiert? Das würde mir zwar leicht fallen, weil ich seit 40 Jahren Tagebuch schreibe – und zwar konsequent – aber allein das Lesen von 40 Jahren Tagebüchern beansprucht viel zu viel Zeit. Und da drücke ich mich vor. Aber auch, weil ich mich wirklich nicht für so wichtig nehme. Obendrein scheue ich davor zurück, mich selbst zu vermarkten. Das kann ich nicht gut.

Also eine kluge Entscheidung? Ich glaube ja. Es gibt ja wahnsinnig viele Biografien. Gute, wie die von Laurence Olivier, haben mich selbst sehr stark interessiert. Wo waren die Knackpunkte dieser Menschen, wo sind sie dem Alkohol verfallen, wo den Drogen, wie stark waren sie in ihrem Beruf? Aber ich? Ich habe ja nicht mal einen Joint geraucht, habe bis heute kein Handy.

Sie haben was gegen Mobiltelefone? Ja – weil mein Leben auch künftig so funktionieren soll, wie vor 20 Jahren. Interview: Mike Powelz

Liebe versetzt Berge: Alpenglühen 2 TV-FILM Götz George bandelt mit Sonja Kirchberger an ab 20.15 Uhr ARD

DAS TRIO Vielseitig: Götz George als tuntige „Fummeltrine“

NICHTS ALS DIE WAHRHEIT 1995

DER TOTMACHER

Beängstigend: als Mörder FritzHaarmann

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1998

Der CharakterDarsteller mimt das „Monster“ Josef Mengele

2003 1999

MEIN VATER

Brillant als Alzheimer-Kranker (Grimme-Preis)

2004

ALPENGLÜHEN 2

Georges neues TV-Projekt: Bergbauer Seeger

FOTOS: jifgd ghjkfs gklf gjklfd sjgklfd jgklfdj gklfj klgfdhj kglfhjgklfdhgjkfdghj

Götz George fliegen die Auszeichnungen zu


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