Mitteschön Magazin - Ausgabe 23

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Ausgabe 23, Juli 2012

Neues aus Berlin Mitte

face me deutsch + English

soleil noir: modestrecke Interview: Jasna Fritzi Bauer Nachgehorcht: Mötley Crüe

Mittes Monatsheft!



Editorial  3

Mitte ins herz Jeder von uns trägt ein Kostüm. Mit unserer Kleidung senden wir Signale aus, vermitteln unseren Mitmenschen, wer wir sind. Oder vielmehr: für wen sie uns halten sollen. Oft glauben wir, besonders authentisch zu sein, wenn wir uns in einer bestimmten Art und Weise anziehen. Neben den klassischen Anzug- und Schlipsträgern gibt es noch andere Varianten der Uniformierung. Davon zeugt auch der Einheitsstil in den urbanen Szenekiezen rund um den Erdball von Berlin bis Melbourne. Was also bedeutet es, authentisch zu sein? Um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, mussten wir tief in die philosophische Mottenkiste greifen – bei Sartre wurden wir fündig. Wir treffen Else Edelstahl, die Veranstalterin der Bohème Sauvage Partys, und Luke Lalor, einen Insider aus der Berliner schwulen Fetisch-Szene, und erfahren, was Klamotten für sie bedeuten. In unserem Interview erklärt Jasna Fritzi Bauer die Bedeutung der Kostüme für Schauspieler. Schließlich schleichen wir uns in die Backstage Area der einzig wahren Legenden in Leggings: Mötley Crüe! Viel Spaß beim Lesen Eure MITTESCHÖN-Redaktion P. S.: Das Horoskop aus unserer letzten Ausgabe (Nr. 22, Juni 2012) hat die Wahrsagerin Gabriele Hoffmann erstellt, nicht unsere Redakteurin Bettina Schuler. Danke für den Blick in die Zukunft!

NICOLE PIELOTH Nicki ist beige, grau, blassrosa, rot und jeansblau. Sie ist Pusteblume, Frechdachs, Geistesblitz und Clown. Ihre Arbeiten sind ein Spiel aus Realität und Phantasie. Zierlich und verwunschen. Anmutig und wunderschön. Sie entführen uns in längst vergessen geglaubte Welten. Zurück zu dem Kind in uns allen. Wir reden immer davon, wie schön es war ein Kind zu sein, doch im Grunde haben wir vergessen, wie es war. Zurück ist nur ein Bild dessen geblieben, wie wir hoffen, gewesen zu sein, wie wir denken, gefühlt zu haben. Sie hält genau diese Gefühle illustrativ fest. Tiere, Geweihe, Muster, grinsende und heulende Gesichter, rosige Wangen, die Jugend von heute, Berlin und die ganz große Freiheit. www.nicolepieloth.tumblr.com

André Uhl André wurde vor langer Zeit im tiefen Westen geboren. Seine biografische Rundreise startete an der Ruhr, führte über die Mosel und weiter über den Rhein bis zur Spree, wo er heute als freier Journalist arbeitet. Am liebsten schreibt er über skurrile Menschen und seltsame Situationen. André ist Chefredakteur von MITTESCHÖN Online und des Style League Magazins.

Sophia SCHWAN Eigentlich ist Sophia gebürtige Wiesbadenerin, doch nach sämtlichen Aufenthalten in Amerika, den Niederlanden sowie Schottland schlug es sie, mit einem Journalismus- und Publizistikabschluss in der Tasche, nach Berlin. Seit zwei Jahren lässt sie in Pankow ihr Großstadtmärchen zur Realität werden. Das Schreiben, die Modewelt und das Fotografieren sind ihre großen Leidenschaften. Für MITTESCHÖN und ihren Blog Personal Uniform geht sie auch schon mal auf die Knie, um das perfekte Foto zu schießen, wie zum Beispiel die Fotoserie mit Jasna Fritzi Bauer.


4   Impressum

Mitteschön no    23

Herausgeber

Toni Kappesz Veröffentlichung

Vollstrudel GmbH Schröderstr. 12 10115 Berlin, Germany Projekt Manager

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) ARTDIREction

Dörte Lange (doerte@mitteschoen.com) Grafikdesign

Nicole Pieloth (nicole@mitteschoen.com) Presse

Pelén Boramir (pelen@mitteschoen.com) Redaktion

Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) André Uhl (andre@mitteschoen.com) Redakteure

Paul Schlosser, Bettina Schuler, Björn Lüdtke, Oliver Janik, Pelén Boramir, Katharina Geißler, Melissa Frost, Sophia Hoffmann Fotografen

Tina Linster, Jean-louis Wolff, Sophia Schwan ÜBersetzung

Nicholas Tedeschi (nicted@web.de), Robert Schlicht Lektorat

Katharina Geißler Anzeigenvermarktung

media@mitteschoen.com WEBSeITE:

www.mitteschoen.com

Projekt Manager online

André Uhl (andre@mitteschoen.com) Druck

Druckhaus Schöneweide Coverfoto:

Nadja, fotografiert von Jean-louis Wolff.


Inhaltsverzeichnis  5

INHALT / Content Wegweiser 6

Momentmal: EIN KOSTÜM

8

Konzerte und Ausstellungen Concerts and Exhibitions

10

Mitteschön Lieblingsstücke

31

Gimme five: Aufsehen erregende SonnenbrilleN

32

Kochtipps vom Kochhaus

41

Englische Übersetzungen English Translations

41

Mitteschön Verlosung

45

Stadtplan City Map

kieztalk 12

Soleil noir : Modestrecke

16

Leather vs. Lace: Fetisch und Identität

26

interview: Jasna Fritzi Bauer Interview: Jasna Fritzi Bauer

30

Neu in der Stadt: Mizunori Tee-Zeremonien

33

Wir Mitte-Muttis: verkleiden unsere kids We Mitte Mums: play fancy dress with our kids

38

Berliner Gesichter: BEATE BORRMANN, KOSTÜMBILDNERIN

46

Kolumne: missstände und andere belanglosigkeiten

Kulturgut 18

Echtsein 2012: über masken und Authentizität Echtsein 2012: On Masks and Authenticity

23

illustrator des Monats: YOH NAGAO Illustrator of the Month: Yoh Nagao

34 36

Angehört und Nachgehorcht: Mötley Crüe Kunsttipps von EyeOut EYEOUT Art Events

37

filmtipps DER filmgalerie 451


EIN KOSTÜM, in der Damenoberbekleidung als unauffälliger Zweiteiler bekannt, ist auch immer eine Verkleidung. Ausgenommen vielleicht des Adamskostüms gilt dies doch für jede Klamotte,

sei es das mädchenhafte Sommerkleid oder die strenge Uniform. Tagtäglich leben wir mit und hinter Masken und spielen unsere Rollen auf der Bühne namens Alltag. Eine ganz andere Bühne fand sich


neulich in Weißensee, in Form einer abgebrannten Fleischerei. Die perfekte Kulisse für die seltsamen Kreaturen, die meine Freundin Thari mit ihren Kostümen entwirft und in ihren Videos einen ganz

anderen Alltag verleben lässt. Tina Linster fängt für MitteSchön Berlin-Momente ein.


© 2010 Museum Associates/LACMA

8   Veranstaltungstipps von Katharina Geissler, Translations P. 41

Fashioning fashion Ausstellung Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 4 Euro 27. April bis 29. Juli 2012, täglich 10 - 18 Uhr Fashion Show der ESMOD: 2. Juli 2012 Der Juli steht im Zeichen der Mode. Während der Berlin Fashion Week 2012 vom 3. bis 8. Juli kann man auf Shows und Messen, bei Awards und Ausstellungen die Trends von morgen beäugen. Doch welche Schnitte und Stoffe waren früher angesagt? Das Deutsche Historische Museum dreht das Rad der Zeit zurück und widmet sich mit einer Sonderausstellung der europäischen Modegeschichte von 1700 bis 1915. Fashioning Fashion zeigt eine Auswahl an kostbaren historischen Kleidern, Hüten und Accessoires des wohlhabenden Bürgertums wie des Adels und gibt einen Einblick in den mode- und kulturhistorischen Wandel. So veränderten beispielsweise Nähmaschinen, synthetische Farben und Konfektionierung im 19. Jahrhundert maßgeblich die Mode. Ergänzt wird die Ausstellung durch Exponate der ständigen Ausstellung Fokus Fashion: Textile Kostbarkeiten, Gemälde, Grafiken, Modeblätter und Porzellanfiguren sind im Zeughaus zu begutachten. Beide Ausstellungen verknüpfen die Wechselwirkung von Körperbewusstsein und gesellschaftlichen Konventionen miteinander und präsentieren Mode als Kommunikationsmittel zwischen den Geschlechtern sowie als Repräsentation von Macht. Am Vorabend der Fashion Week finden Studenten der Kunsthochschule Esmod im historischen Schlüterhof eine Bühne für ihre Abschlussarbeiten.

Nachtmarkt Zitadelle Spandau Markt Einritt: frei 7. Juli 2012, 18 bis 24 Uhr Noch bis Ende August lockt das Citadel Music Festival in die Wasserstadt Spandau. Auf der vollständig von Wasser umgebenen Zitadelle Spandau treten im Juli Musiker wie Bob Dylan and his Band sowie die Heimspieler Jennifer Rostock, Jupiter Jones, Dendemann, Thees Uhlmann und IchKannFliegen auf. Die quadratisch angelegte Festung aus der Renaissance-Zeit ist aber nicht nur ein spektakulärer Ort für Konzerte und Public Viewing zur FußballEM. Auch in diesem Jahr kann man hier wieder auf dem Nachtmarkt nach schönen und ausgefallenen Dingen stöbern. Neben einem klassischen Markt mit Mode, Antikem und Vintage auf dem Burghof, der von einer Straße der internationalen Delikatessen, einer Handwerksgasse und einem Trödelmarkt ergänzt wird, schlagen auf den Bastionen zum ersten Mal auch Stände mit Raritäten und spezielle Kostbarkeiten auf. So wird es im Hafen einen Rock’n’RollMarkt mit Plattenbörse, Merchandise und einer Singer/Songwriter-Bühne geben. Der Nachtmarkt wird von Trinity Music veranstaltet und von MITTESCHÖN präsentiert. Zitadelle Spandau Am Juliusturm www. nachtmarkt-berlin.de

Wassermusik Open-Air-Festival Eintritt: pro Veranstaltung ab 10 Euro, ermäßigt 8 Euro 21. Juli bis 11. August 2012 Wasser ist energievoll, vielseitig und verbindet verschiedene Kulturen. Seit 2008 dreht sich jeden Sommer im Haus der Kulturen der Welt alles um dieses Element. Wassermusik 2012 präsentiert in diesem Jahr musikalische Phänomene, die aus einer ozeanischen Verbindung hervorgingen. Das Thema Süd-Süd behandelt Strömungen, die aus dem Kulturaustausch unter der europäisch-kolonialen Herrschaft bzw. dem anglo-amerikanischen Pop-Einfluss entstanden. Dazu gehört die Champeta-Musik, die sich aus der Begeisterung von Musikern der kolumbianischen Karibikküste für westafrikanische Highlife-Platten entwickelte, oder der ostafrikanische Taraab, eine Verschmelzung indischer, arabischer und afrikanischer Musikrichtungen. Ergänzend zu den Konzerten gibt es Künstlergespräche und ein Filmprogramm: Neben Dokumentationen zu den musikalischen Genres und den Musikern selbst werden Spielfilme parallel zum Musikprogramm gezeigt. Der Fokus liegt auf der kolumbianischen Karibikküste, auf Trinidad sowie West- oder Ostafrika. Mit dabei sind unter anderem Aurelio & The Garifuna Soul Band aus Honduras, der Godfather des Latin Jazz, Eddie Palmieri, und die karibische Ska-Salsa-Connection Ska Cubano. Das Festival wird von MITTESCHÖN präsentiert. Haus der Kulturen der Welt

Deutsches Historisches Museum

John-Foster-Dulles-Allee 10

Unter den Linden 2

www.hkw.de

www.dhm.de


Veranstaltungstipps von Katharina Geissler, Translations P. 41  9

Regina Spektor Folk Indie Special Guest: OnlySon Eintritt: ab 42 Euro 22. Juli 2012, Einlass: 19 Uhr, Beginn: 20 Uhr Früher fing Regina Spektor auf einer Farm Schmetterlinge ein und arbeitete als Assistentin eines Privatdetektivs. Schwer fassbar und geheimnisvoll ist auch die Persönlichkeit und Musik der US-amerikanischen Sängerin mit russischen Wurzeln. Im Alter von neun Jahren zog Regina Ilyinichna mit ihren Eltern nach New York. Sie sprach kein Wort Englisch und hatte ihr Klavier zuhause in Moskau zurücklassen müssen. Das sollte sie jedoch nicht davon abhalten, sich weiter der Musik zu widmen und später zur Pianistin ausbilden zu lassen. Inzwischen hat Regina Spektor mit What We Saw From the Cheap Seats bereits ihr sechstes Studioalbum herausgebracht. Von sperriger Barockmusik bis eingängigem Indie Rock, von einfühlsamen Piano-Balladen bis zur Human Beatbox, von ShakespeareZitaten bis zum John-Lennon-Cover – ihre musikalische Welt ist außergewöhnlich vielseitig und Genre überschreitend. Wenn die 32-Jährige nicht gerade an ihrer eigenen Musik bastelt, komponiert sie Songs für das Broadway-Musical Sleeping Beauty. Nun muss die Arbeit am SchneewittchenMärchen erst einmal hintenanstehen, während sie mit ihrem neuen Album um die Welt zieht. Ihr einziges DeutschlandKonzert gibt Regina Spektor am 22. Juli im Berliner Tempodrom!

Greenville Festival Toast & Jam Markt und Fashion Show Eintritt: 4 Euro Markt: Samstag, 7. Juli 2012, 10 –22 Uhr und Sonntag, 8. Juli, 10 – 19 Uhr Fashion Show: Samstag, 7. Juli, 19 Uhr Seinen eigenen Stil zu finden ist bei dem Überangebot von Mode und den ständig wechselnden Trends gar nicht so einfach. Dabei kommt es auf die eigenen Ästhetikvorstellungen und nicht auf Marken an. Mit echter Vintage-Fashion widersetzt man sich eben diesem Zwang, greift auf Originale zurück, welche die neueste Mode lediglich kopiert, und setzt außerdem auf Nachhaltigkeit. Während der Fashion Week geht der Toast & Jam – Vintage Fashion Fair in die zweite Runde. Im Umspannwerk Kreuzberg, einem ehemaligen Transformatorraum aus dem frühen 20. Jahrhundert, präsentieren die exklusivsten Berliner Boutiquen auf zwei Stockwerken und über 440m² verteilt Vintage-Perlen und -Accessoires aus verschiedenen Jahrzehnten. Von Flapper-Dresses aus den 20ern bis hin zur echten 80er-Jahre-Pilotenbrille – an den 50 aufgestellten Ständen mit handverlesenen Qualitätswaren wird jeder Retro-Liebhaber fündig. Neben dem Markt findet am Samstag, den 7. Juli außerdem eine Fashion Show statt. Save the Date! Umspannwerk Kreuzberg Ohlauerstraße 43 www.toastandjam.de

Open-Air-Festival Eintritt: Kombiticket 85 Euro 27. bis 29. Juli 2012 Einlass: 10 Uhr, Beginn: 12 Uhr Camping: 25. Juli bis 30. Juli, 18 – 18 Uhr Nachhaltig. Paneuropäisch. Bewusst. Anders. Mit Greenville startet in diesem Jahr ein neues, innovatives Musikfestival ca. 30 km westlich von Berlin. Was genau ist anders daran? Das Open-Air-Event im idyllischen Paaren im Glien bietet ein Line-Up, das verschiedene Zielgruppen ansprechen soll, mit authentischen Acts aus der nationalen wie internationalen Musikszene. Hardcore meets Songwriter meets Exhibition. Mit vertreten sind unter anderem Deichkind, Kettcar, Bodi Bill, The Kabeedies, Selig, Zoe.Leela, HGich.T und Radio Dead Ones. Des Weiteren verknüpft Greenville das Thema Musik mit Nachhaltigkeit, Einklang mit der Natur sowie Kunst und Kultur im urbanen Raum. Zwei Open-AirStages, Indoor-Club, Art Park, Open-AirKino, Lichtinstallationen, Active Area, Chillout Lounge, Music Park – das alles und noch viel mehr erwartet uns auf dem dreitägigen Festival. Nach dem Konzert ist vor dem Konzert – und dazwischen könnt ihr bis in die frühen Morgenstunden bei den DJ-Nights feiern, die in Kooperation mit Remmidemmi und dem Karrera Klub in der Brandenburghalle stattfinden. Zu weit weg? Der Shuttle Service bringt euch von Mitte aus innerhalb von 45 Minuten ganz bequem zum Festivalort! MAFZ Erlebnispark Paaren im Glien

Tempodrom

Gartenstraße 1–3

Möckernstraße 10

14621 Schönwalde/Glien

www.tempodrom.de

www.greenvillefestival.com


10   Lieblingsstücke

Mitteschön Lieblingsstücke Texte Paul Schlosser

Grüne Welle Ist: fast zu schade, um als Underwear zu gelten Kann: seine Träger im Dickicht verschwinden lassen Kostet: 35 Euro Die Nähe zu militärischen Elementen ist in der Modebranche bekanntlich kein Novum. Viele Mode-Evergreens wie Trenchcoat oder das bretonische Shirt finden ihren Ursprung in der Kluft von Soldaten und Matrosen. Ebenso verhält es sich mit den Camouflagejacken. Dabei gibt es sicher kaum einen Modetrend, der regelmäßig für so viel Diskussionsstoff sorgt wie die mit hartnäckigen Vorurteilen behafteten Camouflage-Muster. Während der Großteil ihn am liebsten für ein paar Epochen in die No-Go-Ecke verbannen würde, greifen immer mehr Modebegeisterte zur polarisierenden Tarnkleidung. Die gelungene Kollaboration zwischen Testosteronbolzen und Stilikone Nickelson Wooster und dem schwedischen Unterwäschelabel The White Briefs beweist, dass Man(n) sich nicht scheuen sollte, auch unter der Kleidung Mut zu Tarnfarbe zu zeigen. Hätte Shakespeares Romeo früher von den grünen Schlüpfern und Henleys erfahren, so hätte er nachts wärend der rasanten Flucht über die Efeuranke sicherlich nichts zu befürchten gehabt. www.bungalow-gallery.com

Fesselnd: Nobuyoshi Araki Ist: auf 845 Exemplare begrenzt und nach japanischer Tradition handgebunden Kann: zuhause nachgemacht werden Kostet: 750 Euro Fesselspiele auf dem Catwalk. Kennt ihr schon den Schildkrötenpanzer-Knoten? Nein? Solltet ihr aber! Denn diese hoch komplizierte asiatische Schnürtechnik ist viel mehr Kunstwerk als erotisches Spiel und viele Stil gebenden Modebibeln, aber auch Designer wie Lagerfeld, Tisci und Prabal Gurung berufen sich auf die verspielte Knoterei. Nobuyoshi Araki ist Meister des Kinbaku-bi, was so viel wie „Die Schönheit des festen Schnürens“ bedeutet und eine japanische Form der erotischen Fesselung ist, gilt als das Enfant Terrible der Fotokunst und zählt zu den erfolgreichsten Fotografen Japans. Japanische Frauen stehen Schlange, um sich von dem Bewunderer von Henri Cartier Bresson und JeanLuc Godard ablichten oder gar fesseln zu lassen. Araki war dafür als Genie und Poet gepriesen – oder als Frauenfeind, Pornograf oder Monster verschrien. Die im August erscheinende Sammlung beinhaltet eine von Araki persönliche bestimmte Auswahl seiner liebsten Bondage-Aufnahmen aus seinem, keine Frage, polarisierenden Gesamtwerk, dass jede vereinfachende moralisierende Klassifikation hinter sich lässt. www.taschen.com


Lieblingsstücke  11

Reine Kopfsache Ist: wieder salonfähig Kann: zu jeder Jahreszeit getragen werden Kostet: 310 Euro Was haben wir im Zuge des noch immer ungebrochenen 90er Hypes nicht schon alles verwundert wiederentdecken können. Nachdem bereits Gameboys in Form von iPhone-Hüllen ihr Comeback als modisches Accessoire feiern dürfen und Buffalo-Plateau-Sneakers wieder zum ursprünglichen Preis von 200 Euro über die virtuelle Ladentheke gehen, rückt nun das gute alte Käppi wieder verstärkt ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Schenkt man nämlich den großen Designern und Modemagazinen glauben, so wird das Basecap diesen Sommer wieder einmal den Einzug in die Alltagsuniform vieler Fashion-affinen halten. Die Schildmütze des britischen Designers Nasir Mazhar vereint gleich zwei der angesagtesten Modetrends dieses Sommers: Floralen Print mit Sportswear in Form von funktionalem Sichtschutz und sportlichem Clipverschluss, wie man ihn sonst von Rucksäcken kennt. Durch die hochwertigen Materialien und das schlichte Design wird das alte Image der Käppi aufgebrochen und unkonventionell neu interpretiert. www.farfetch.com

Tierisch gut! Ist: was für zügige Sommernächte Kann: aber auch im Herbst getragen werden Kostet: 470 Euro Zugegeben, es macht wenig Sinn, bei 25 Grad im Schatten an Strickpullover zu denken. Normalerweise stimmen wir dem, ohne mit der Wimper zu zucken, zu, doch da wir noch genau wissen, wie schnell die Beanies mit Netzschleier oder auch die neonfarbenen Plastiktüten im vergangenen Sommer ausverkauft waren, hielten wir es dann doch für angebracht, euch zeitnah auf den dunkelblauen Jil Sander-Pulli mit einem putzigen, eingestrickten Wal aufmerksam zu machen, der soeben in den virtuellen Kaufhäusern eingetroffen ist. Wer hätte das von dem Label gedacht, das eher für minimalistisches Design wohlverdient beliebt ist? www.mrporter.com

Zeigt her eure FüSSe Ist: eine Sandale für Nicht-Sandalenträger Kann: Schweißfüße vorbeugen Kostet: 104 Euro Im Sommer geht es bei Dr. Martens verspielt blumig zu. Statt des für gewohnt eher düsteren Farbsegments trumpft das britische Kultlabel mit Pastelltönen und zarten floralen Druckmotiven auf. Besonders gut gefällt uns das Modell Kensington Carrie im klassischen Oxford-Style, wie er eigentlich bei Herrenschuhen üblich ist. Seitliche Cut-Outs verpassen dem Herrenklassiker aus robustem, beigen Canvas einen unübersehbaren femininen Touch. www.topshop.com


Soleil noir

Fotograf: Jean-louis Wolff  |  Assistenz: Sandra Bigan Model: Nadja Allegra @ Izaio Art Direction & Styling: Dörte Lange, Paul Schlosser Haare & Make Up: Felix using MAC @ nude-agency.com  Diese Seite: Ring von Kaviar Gauche. Nächste Seite: Kleid von Thone Negron.




Diese Seite: Bluse von Kaviar Gauche. Vorherige Seite: Kleid von Martin Niklas Wieser, Schuhe von Kaviar Gauche.


Diese Seite: Rock von Thone Negron, T-shirt von Uniqlo. N채chste Seite: Hut von NCA Berlin, Jackett von Karlotta Wilde, Hose von Augustin Teboul, Strumpfhose von Kunert, Schuhe von Kaviar Gauche, G체rtel von Filippa K.



18   Kulturgut

Echtsein 2012 Text Bettina Schuler  Illustration Nicole Pieloth  Translation P. 42

Man stelle sich das nur vor: Zwei erwachsene Menschen sitzen sich gegenüber an einem gedeckten Tisch. Der eine hat stundenlang gekocht und steckt freudig seine Gabel in das Essen, der andere verzieht bereits nach dem ersten Bissen angewidert das Gesicht und tönt lauthals: „Das ist ja widerlich!“.


Kulturgut  19

Wie unhöflich, denkt ihr jetzt hoffentlich, das macht man doch nicht. Aber müsste man nicht so ehrlich sein, wenn man von sich behauptet, dass man unverstellt und authentisch ist? Doch was heißt das überhaupt, authentisch? Dem Chef die Wahrheit zu sagen, wenn er einem mal wieder einen unsinnigen Vorschlag als genial verkaufen will? Laut Wörterbuch hat das wenig mit dem Begriff authentisch zu tun. Denn das Wort „authentisch“ stammt von dem spätlateinischen Wort authenticus, das man als „verbürgt“, „echt“ übersetzt. Und verbürgt ist es ja nicht, dass der Chef mal wieder nur Unsinn verzapft. Es ist in diesem Fall ja nur unsere ganz persönliche Meinung. Und sind wir gleich weniger authentisch, nur weil wir diese nicht gleich kundtun, um einen Konflikt aus dem Weg zu gehen? Wir begeben uns weiter auf die Suche nach einer Definition von diesem Wort, das in unserer ach so individualistischen Gesellschaft gerne als die Nonplusultra-Charaktereigenschaft gehandelt wird. Und für dessen Optimierung Jahr für Jahr Unmengen von Geld für Selbstfindungsseminare, Psychoanalysen und Meditationskurse ausgeben werden. Und kommen im Philosophischen Lexikon der Sache schon näher, denn dort wird die Authentizität als ein erstrebenswertes Ideal der Lebensführung bezeichnet, in dem meine innere moralische Haltung und Meinung mit der äußeren übereinstimmt. Hm, also muss ich meinem Chef doch sagen, was ich von seiner Idee halte, spiegelt das doch eins zu eins meine innere Überzeugung wider. Also bitte immer schön ehrlich sein?

Ja, sagt der französische Philosoph JeanPaul Sartre, wenn diese Ehrlichkeit für die Einhaltung unserer Handlungs- und Wertevorstellungen von Bedeutung ist. Denn nur so können wir zu unserer originären Persönlichkeit finden. Und darum geht es doch eigentlich in unserer auf Individualismus getrimmten Gesellschaft: Bloß nicht so zu sein wie die anderen und eine gesellschaftliche Maske zu tragen. Doch kann das natürlich auch sehr schnell wieder zu einer Farce werden. Zum Beispiel, in dem wir uns zu sehr an dem orientieren, was in der breiten Gesellschaft als Individualität definiert wird: Kreativität, eine gewisse Lässigkeit, die gerne mal in schlechte Manieren abdriftet, und Unverbindlichkeit, die man, wenn man gemein ist, aber auch einfach als Feigheit davor, Verantwortung zu übernehmen, bezeichnen kann. Und schon haben wir unser authentisches Ich gegen eine Maske ausgetauscht, auf der ein Kleber mit der Bezeichnung „besonders individuell“ pappt. Aber wie bitteschön funktioniert das denn dann mit dem Echtsein? Laut den Sozialpsychologen Michael Kernis und Brian Goldman gilt eine Person als authentisch, wenn das Handeln dieser Person in sich selbst begründet liegt und nicht von anderen beeinflusst wird. Doch wie soll das in unserer medialen Welt denn gehen? Gibt es wirklich einen Menschen, der ganz ehrlich von sich sagen kann: Nein, die Modemagazine haben mich nicht dazu verleitet, mir naturfarbene Karottenhosen zu kaufen. Ich habe mich ganz von alleine entschieden, die wieder gut zu finden. Niemand, würde ich, jetzt mal ganz ehrlich gesagt, behaupten. Mich eingeschlossen. Und überhaupt, wann mutiert die Ehr-

lichkeit zu schlechtem Benehmen? Schon, wenn ich dem anderen sage, dass mir das Essen, das er stundenlang vorbereitet hat, nicht schmeckt? Oder ist man dann einfach nur besonders authentisch egoistisch? Auch hier eilt uns wieder Sartre zur Hilfe. Denn der französische Philosoph sagt, dass wir alle für die Welt und deren Handlungen verantwortlich sind, da der Mensch von Natur aus die Freiheit besitzt, sich zu entscheiden und diese Entscheidungen wiederum Konsequenzen in der Welt nach sich zieht. Und somit wir alle, Ja- oder Nein-Sager, Rebellen oder Anpasser, für unsere Gesellschaft verantwortlich sind. Auch für deren Konventionen, gegen die es nun mal verstößt, wenn man bei einer Essenseinladung den Suppenlöffel angewidert fallen lässt. Doch wie ist es bei der Sache mit dem Chef gelagert? Wahrheit sagen oder die professionelle Maske aufziehen, brav nicken und hinter dem Rücken den Stinkefinger zeigen? Dafür gibt es leider keine allgemeingültige Regel. Denn, jeder hat die Freiheit, sich selbst zu entscheiden und zu bestimmen, welche Masken, Konventionen, Regeln, wie auch immer man es nennen mag, für ihn gut sind, weil sie ihm Sicherheit und Halt in der Gesellschaft geben. Wichtig ist nur, dass die Maske mit der inneren Haltung übereinstimmt, das heißt, wenn man vor dem Chef kuscht, weil man Angst davor hat, seinen Job zu verlieren, sich das ehrlich eingesteht und nicht im Nachhinein Ausreden für sich selbst erfindet. Denn dann ist man vielleicht nicht mutig, aber zumindest authentisch.


20   Kulturgut

Leather vs. Lace Text Björn Lüdtke  Translation P. 42

Kleider machen Leute. Und damit Identitäten. Wie sich beides bedingt, wird vor allem dann deutlich, wenn man Kleidung trägt, die von dem abweicht, was man im alltäglichen Straßenbild sieht. Else Edelstahl richtet Veranstaltungen wie die Bohème Sauvage-Partys aus, in denen sich alles um die Belle Époque, die zwanziger und dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, dreht. Luke Lalor ist seit 15 Jahren in der schwulen Fetisch-Szene unterwegs. Lest, was ihre Klamotten für jeden der beiden bedeuten. Else Edelstahl Welcher ist dein favorisierter Kleidungsstil? Ich mag diesen typischen Garconne-Stil. Das hat ästhetische, aber auch praktische Gründe. Blusen, strenge Westen, mal Krawatte, mal mit Monokel. Das war damals in den Zwanzigern auch ganz neu, dass Damen Herrenmode und kürzere Haare tragen. Ab und zu, zu Silvester zum Beispiel, trage ich auch Abendkleid mit Glitter und Fransen. Ich stehe aber gar nicht auf dieses FederboaGedöns. Zieht sich dieser Stil auch in dein tägliches Leben? Ich versuche mittlerweile schon, das zu trennen. Bohème Sauvage ist aus einer Leidenschaft entstanden und jetzt sozusagen mein Job. Wenn ich privat unterwegs bin, dann sage ich zu meinen Freunden und Bekannten, du, die Else ist gerade im Urlaub, besprich das mit ihr, wenn sie wieder da ist. Findest du es schade, dass du das so trennen musst? Nein, eigentlich nicht. Es gibt ja verschiedene Aspekte bei diesem Job. Das eine ist die Leidenschaft für die Veranstaltung selbst. Das andere ist die stupide Büroarbeit. Wenn bei den Partys die Türen aufgehen, dann bin ich natürlich beschäftigt – stimmt das Licht, wie lief der Soundcheck? Ich habe schon oft gehört, ich wäre dann so unnahbar, was in dem Moment gar nicht so gemeint ist, aber ich muss mich eigentlich nur konzentrieren und darauf achten, dass ich nichts vergesse. Das Unnahbare passt aber auch zu deinem Look... ... ja, diese kühlen blonden Haare. Privat kleide ich mich jetzt nicht völlig anders. Aber wenn ich dann abends ausgehe, dann nicht mit Wasserwelle. Trotzdem erkennt man mich sofort und ich werde oft als Else Edelstahl angesprochen. Wenn ich in den Supermarkt gehe, dann auch mal ohne Make-up und in Hosen und Turnschuhen. Foto: Heinrich v. Schimmer


Kulturgut  21

Gibt es einen Moment, wenn du dich als Else anziehst, in dem du auch merkst, dass sich dein Verhalten ändert? Ja, das merkt man schon, wenn man dann in der Garderobe sitzt und man schminkt sich, nimmt die Lockenwickler raus, legt die falschen Wimpern an – ja, da ändert sich die Haltung. Ich habe Freundinnen, die aus der Burlesque-Richtung kommen. Wenn die von der Bühne kommen, dann sind sie ganz anders, als wenn man mit ihnen frühstücken geht. Man begibt sich in die Rolle, ist elaborierter und distinguierter, man fängt dann nicht an, derbe Witze zu machen oder rumzuprollen. Nicht, dass ich letzteres überhaupt täte (lacht). Else Edelstahl findet an den Bohème Sauvage-Veranstaltungen besonders schön, dass sich alle Generationen treffen und die Grenzen zwischen arm und reich verschwinden. An diesen Abenden darf der Unternehmensberater auch mal den Bohémien geben.

Luke Lalor Warum Leder und nicht zum Beispiel Gummi? Ein Freund sagte mal zu mir: „Du suchst dir deinen Fetisch nicht, sondern der Fetisch findet dich.“ Ich wuchs in einem langweiligen und konservativen Vorort von Canberra auf. Dort gab es eine BikerGang. Durch sie ist mir Leder zum ersten Mal ins Bewusstsein gesprungen, aber es war keine bewusste Entscheidung. Trennst du Alltags- von Fetischkleidung? Früher, ja. Jetzt komme ich aber meistens in Boots zur Arbeit. Das hat nicht mehr unbedingt was mit Fetisch zu tun, das ist eher ein Lifestyle-Ding. Je älter du wirst, desto selbstsicherer wirst du und du weißt, dass dich dein Umfeld nicht mehr verurteilt.

www.boheme-sauvage.net

Schafft man sich dieses Umfeld mit der Zeit selbst? In gewissem Maße glaube ich das schon. Ich habe keine Geduld mehr für jemanden, der mich nicht so nimmt, wie ich bin. Kommst du jemals an einen Punkt, an dem du das Leder gerne wieder ablegst? Nein. Wie war es, als du es das erste Mal angezogen hast? Kürzlich war ich sehr traurig, weil mir meine ersten Biker-Boots im Gym geklaut wurden. Ich bin damals, mit 20, immer wieder an dem Laden vorbeigelaufen. Ich habe sie mir dann auf Pump gekauft. Klar erinnere ich mich daran, sehr gut. Auch meine erste Lederjeans, sowas vergisst man nicht. Hat sich dieses Gefühl über die Jahre verändert? Nein. Es ist nicht mehr ganz so intensiv und neu wie als Teenager, aber im Grunde noch gleich. Ich höre ein Motorrad und ich schaue rüber. Ich freue mich auf die Partys. Wenn ich ausgehe, dann lieber in eine Lederbar als woandershin. Was verändert sich in dir, wenn du Fetisch anlegst? Ich möchte glauben, gar nicht so viel. Ich bin heute auch ohne schon recht laut und geradeaus. Ich war kein sehr sportliches Kind. Meinen Fetisch zu akzeptieren und dessen Über-Machoness auf meine Persönlichkeit prallen zu lassen, hat wohl dazu geführt, dass ich heute mit 35 so selbstsicher bin. Mit 20 war der Unterschied wohl größer. Ein Freund hat sich letztens trotzdem über mich lustig gemacht. Er hat sich diese teuren Wesco-Boots gekauft. Wie ein Teenager habe ich gebettelt, dass ich sie zum Ausgehen anziehen darf. Er meinte, mein Gang hätte sich sofort verändert, säbelbeinig. Wie John Wayne. Luke wünscht sich bessere Fotos auf Dating-Portalen. Die meisten schwulen Männer seien sehr visuell, gerade im Fetisch-Bereich. Warum also nicht einen Profi holen, um Pics für sein Profil machen zu lassen? Es gäbe so viele gute Fotografen auf der Welt. Am 15. Juli launcht Luke seine Agentur Maximus, die sich auf die Vermittlung für Fotos in Fetisch spezialisiert. www.maximusmaximus.com Foto: Lars Bormann



Kulturgut  23

Illustrator des monats: YOH NAGAO

Yoh Nagao ist ein japanischer Künstler, der seit April 2012 in Berlin lebt. Nach dem Abschluss seines Studiums an der Nagoya Zokei University of Art & Design (BFA) in Aichi, Japan arbeitete er als Künstler und freier Grafiker, während er für verschiedene Design-Agenturen tätig war. Er verwendet hauptsächlich Acrylfarben und Collagen in einer bunten und dynamischen Art und Weise, in welche er mit Bleistift und Kugelschreiber Details einarbeitet, die natürlich, aber doch kompliziert vermischt werden. Hauptmotive sind imaginäre Landschaften und Kreaturen. Eine entscheidende Rolle spielte schon immer die amerikanische Pop-Kultur, welche ihn, seitdem er denken kann, inspiriert. Nach jahrelangem Schaffen in Japan wagte er 2007 den Sprung ins Ausland und schloss sich dem KünstlerKollektiv Wir-Sind-Familia in New York an. Ausgestellt wurden seine Kunstwerke seither bei Artaq 2. Urban Art Awards 2011 (Angers, Frankreich), Pick Me Up 2011 (London) und Illustrative (Berlin), des Weiteren hatte er SoloAusstellungen in Hongkong sowie Gruppenausstellungen in Japan und anderen Teilen der Welt. Durch seine vielen Erfahrungen in Europa hat Yoh Nagao Berlin als seine neue Basis ausgewählt. Berlin bietet mit die beste Mischung aus Natur und Stadtleben, etwas, das heutzutage in Großstädten immer seltener wird. Er hält es für wichtig, dass alle stressgeplagten Kreativen durch ihre Umgebung einen Ausgleich finden. Er hatte keine bestimmte Verbindung zu Berlin, sondern hat sich einfach in die Stadt verliebt. Das hektische und pulsierende Großstadtleben hatte ihn zunächst nur inspiriert; die Tatsache aber, dass die Berliner ihr Leben nach ihrer eigenen Geschwindigkeit leben und nicht von Trends beeinflusst sind, überzeugte ihn dann jedoch, in diese Stadt zu ziehen.

Du bist Illustrator und möchtest mit deinem Artwork das nächste heraustrennbare MITTESCHÖN-Poster zieren? Dann schick uns deine Bilder und Entwürfe an: info@mitteschoen.com.





Kieztalk  27

Same but different Interview mit Jasna Fritzi Bauer, Schauspielerin Text Bettina Schuler  Fotos Sophia Schwan  Translation P. 43

Klein, zart und zerbrechlich. Das sind die ersten Assoziationen, die einem in den Sinn kommen, wenn man Jasna Fritzi Bauer erblickt. Doch spätestens, wenn sie spricht und gestikuliert, spürt man die Kraft und Energie, die in ihr steckt. Auch in ihren Filmen und Theaterrollen zeigt sie immer wieder, dass sie sich keineswegs auf den Typ „Problemkind“ reduzieren lässt, auch wenn man sie aufgrund ihres fragilen Äußeren nur allzu gerne für diese Rolle besetzt.


28   Kieztalk

„Das Kostüm macht nicht nur den Charakter deiner Rolle aus, sondern es gibt dir auch eine ganz andere Körperlichkeit. Es ist wie eine Hülle, in die du schlüpfst und durch die du dich noch intensiver mit der Rolle verbunden fühlst.“

So spielte sie in Einen Tick anders ein Mädchen, das sich trotz Tourettesyndrom nicht daran hindern lässt, seinen ganz eigenen Weg zu gehen. Oder in Christian Petzolds Barbara eine starke, junge Frau, die es wagt, sich gegen das rigide DDRSystem zu stellen. Wir haben uns mit der diesjährigen New Faces Award-Gewinnerin getroffen und mit ihr über ausrangierte Jeans und Reisen in die Vergangenheit gesprochen. Du hast gerade den New Faces Award gewonnen, der einige Karrieren wie die von Jessica Schwarz oder Matthias Schweighöfer begründet hat. Und das auch noch völlig unerwartet. Weshalb? Ich dachte Ein Tick anders wäre nicht mehr aktuell genug. Immerhin lief der Film ja bereits im Sommer letzten Jahres in den Kinos. Außerdem ist Liv Lisa Fries, die ebenfalls nominiert war, in der letzten Zeit so viel im Fernsehen zu sehen gewesen, dass ich sicher war, sie würde gewinnen. Doch dann ist es ganz anders gekommen. Ja, das war eine riesige Überraschung. Zurzeit bist du festes Ensemblemitglied an der Schaubühne... Und ab nächster Spielzeit am Burgtheater Wien. Glückwunsch. Was kann danach noch kommen?

Hartz IV ?(lacht) Nein, Spaß beiseite, natürlich ist es schwierig, sich von da aus noch zu steigern. Zumindest, was das Theater anbelangt. Und, wirst du Berlin vermissen? Na klar, und wie! Ich werde auch in jedem Fall noch ein Zimmer hier behalten. In dem neuen Film von Christian Petzold spielst du ein junges Mädchen, das immer wieder aus der DDR-Besserungsanstalt Torgau ausbricht. Du selbst bist 1989, im Jahr der Wende geboren. Ist die DDR überhaupt ein Begriff für dich? Bevor ich nach Berlin gezogen bin eigentlich nicht so richtig. Wahrscheinlich auch, weil ich aus dem Westen stamme und wir selbst in der Schule das Thema DDR nie behandelt haben. Aber mit den Jahren, die ich jetzt hier in Berlin bin, und dank unserer Dozenten, die ja teilweise auch aus dem Osten stammen, wird das Wissen über die DDR immer größer. Ich finde es aber trotzdem immer noch unglaublich, dass diese Zeit in der Schule nicht behandelt wurde. Man kann unser heutiges Deutschland und die Differenzen, die es immer noch zwischen Osten und Westen gibt, ohne das Wissen um die Entstehung und den Zerfall der DDR doch gar nicht verstehen. Am spannendsten an den Dreharbeiten fand ich allerdings, dass ich in die Vergangenheit reisen konnte, in eine Zeit, in der es mich noch nicht gab. Die meisten meiner Filme spielen ja in der Gegenwart.


Kieztalk  29

Wie wichtig ist eigentlich das Kostüm? Besonders auffällig oder ungewöhnlich ist das ja in solchen Filmen nicht. Trotzdem ist es für meine Arbeit von immenser Bedeutung! Das Kostüm macht nicht nur den Charakter deiner Rolle aus, sondern es gibt dir auch eine ganz andere Körperlichkeit. Es ist wie eine Hülle, in die du schlüpfst und durch die du dich noch intensiver mit der Rolle verbunden fühlst. Das ist für mich beim Spielen sehr wichtig. Behältst du auch manche Sachen nach dem Dreh? Ja, aber ich habe mir vorgenommen, das nicht mehr zu tun, weil sie am Ende eh nur ungetragen im Kleiderschrank herumliegen. Irgendwie verbindet man dann doch zu viel damit. Noch schlimmer ist es, wenn man seine eigenen Sachen mit zum Dreh nimmt. Die kann ich dann eigentlich gleich am Set lassen, weil ich sie sowieso nicht mehr anziehe. Würdest du gerne mal in einem richtigen Kostümschinken mitspielen? Auf jeden Fall! Und in einem Zweiten Weltkriegsdrama. Das sind die beiden Sachen, die ich unbedingt noch machen möchte. Als Schauspieler schlüpft man innerhalb kürzester Zeit in die verschiedensten Identitäten. Besteht da nicht die Gefahr, die eigene zu verlieren? Ich persönlich finde es immer merkwürdig, wenn ein Schauspieler behauptet,

dass er gerade total in seiner Rolle ist. Man legt doch immer so viel von sich selbst in die Rolle hinein, dass man nie komplett jemand anderes ist. Bevor ich eine Rolle spiele, überlege ich mir immer, wie ich mit diesem Background auf eine bestimmte Situation reagieren würde. Ich kann mir doch auch nicht jedes Mal einen komplett anderen Menschen ausdenken. Aber was ist dann das Spannende an dem Beruf? In andere Epochen zu reisen, alte Sprachen zu sprechen, sich in extreme Situationen einzufühlen oder auch einfach wie bei Barbara sich eine Zeitlang mit einem bestimmten Thema intensiv zu beschäftigen. Gibt es einen größeren Luxus als dafür auch noch bezahlt zu werden?

Auch im nächsten Jahr ist Jasna Fritzi Bauer wieder an der Schaubühne zu sehen, und zwar in Michael Thalheimers Version von Leo Tolstois Die Macht der Finsternis. Ein Drama, das sehr schön zeigt, wohin uns der unstillbare Drang nach wirtschaftlichem Wachstum schlussendlich führen wird.

Schaubühne Kurfürstendamm 153 10709 Berlin Tel. 030 89 00 23 ticket@schaubuehne.de www.schaubuehne.de


30   Gimme Five

Gimme Five: Garantiert Aufsehen erregende Sonnenbrillen Text Paul Schlosser

Zum Sommer gehören zwei wichtige Dinge: Viel Sonnenschein und eine Sonnenbrille auf die Nase. Der Weg zu der idealen Brille mag ein steiniger sein, doch hat man erst mal eine der Gesichtsform schmeichelnde gefunden, begleitet sie ihren Träger oft über mehrere Jahre und ist von morgens bis abends im Dauereinsatz. Die dunklen Gläser mit Rahmen und Bügel sind inzwischen weit mehr als nur ein Schutz für die Augen. Sie sind Stil gebende Accessoires und der Hingucker. Auch in diesem Jahr bleiben die Formen sachlich, weitgehend ohne viel Zierde und Schnörkel. Auffällig jedoch ist diesen Sommer das verstärkt auftretende Spiel mit Proportionen, wie unsere Gimme Fives unter Beweis stellen.

01  Blickdichter Minimalismus Bei den Entwürfen des italienischen Design-Kollektivs Kuboraum geht es um die Besinnung auf die eigene Persönlichkeit, um Rückzug und Schutz vor der Außenwelt. Was bei Sonnenbrillen ohnehin kein Problem ist, wird bei Brillen möglich, sobald sie massiv genug sind, um das Gesicht zu verkleiden. Und trotz der Wucht, mit der die minimalistischen Gestelle in einheitlichem Schwarz im Gesicht dominieren, unterstreichen sie Persönlichkeit und Charakter ihrer Träger, die durchaus eine starke Persönlichkeit mitbringen müssen, um den unkonventionellen Designs gerecht zu werden. www.kuboraum.com

02

Humorvoller Retro-Look Auch bei Louis Vuitton neigt man zu Übertreibungen. Ob Taschen aus Fell, eckige Plateau-Pumps, fluffige Hüte oder Sonnenbrillen. Alles scheint dem Vergrößerungsstrahler von Wayne Szalinski aus Liebling wir haben ein Riesenbaby ausgesetzt worden zu sein. Während sich die Kuboraum-Brillen noch im Understatement übten, sieht uns Marc Jacobs im Herbst mit gigantischen Yoko-Ono Brillen herumlaufen, die mit runden Glitzersteinen verziert, mit der Sonne um die Wette strahlen. www.louisvuitton.com

03

Post-Apokalyptische Eyewear Genau so, wie sich in Berlin immer mehr eine Designerszene, die internationalen Ansprüchen gerecht wird, etabliert, so hat sich auch München als Brutstätte für eine neue Generation von Avantgarde Männerdesignern entwickelt. Neben Damir Doma oder Patrick Mohr, ist der dritte im Bunde dieser Clique Boris Bidjan Saberi, ein Bayer mit persischen Wurzeln, der seine Mode aus Codes seiner Skateboard Jugend entwickelt. Diesen Sommer hat er zusammen mit dem britischen Label Linda Farrow seine erste Sonnenbrillenkollektion entworfen. www.daad-dantone.com

04  Auffallen um jeden Preis Jeremy Scott und Linda Farrow gehören zu den Enfantes Terribles der Sonnenbrillenszene und sind für ihre Kuriositäten schon hinlänglich bekannt. Doch mit den Plastic Hands haben sie den Vogel endgültig abgeschossen. Das Modell à la „Kuckkuck, wer bin ich“ mit leichter Ähnlichkeit zu den inzwischen als Atzenbrillen verschrienen Shuttershades gibt es bei luisaviaroma für schlappe 180 Euro. www.luisaviaroma.com

05  Dramatischer Augenaufschlag Ähnlich wie die ersten Brillen, dient auch der das halbe Gesicht verdeckende Sonnenschutz von Rick Owens als Unterschlupf vor der Außenwelt. Das spacige Re-Design der Aviator gibt es in drei unterschiedlichen Farbnuancen und kann für 462 Euro über oki-ni bestellt werden. www.oki-ni.com


Neu in der Stadt  31

Mizunori: Tee-zeremonien Text Björn Lüdtke

Thomas Langnickel-Stiegler bringt Berlinern die feine Art des Teetrinkens bei. Ob im Park oder bei euch zuhause: Kaffee war gestern, Tee ist heute. Coffee Shops findet man an jeder Ecke, den passenden Coffee to go dementsprechend auch – Kaffee sorgt für den schnellen Koffein-Kick. Mit Tee verhält es sich da anders. Nicht nur, dass die Wirkung von Teein, das de facto eigentlich auch Koffein ist, später eintritt und länger anhält. Tee-Fans nehmen sich Zeit, für die Zubereitung und vor allem zum Trinken. Das macht sich in Japan vor allem in den Knien bemerkbar. Wem schon einmal die Ehre einer Tee-Zeremonie zuteil wurde, der weiß, wovon die Rede ist. Während dort der Gastgeber den Tee zubereitet, kniet der Gast auf einem Tatami. Für Touristen veranstaltet man zwar oft eine „light“-Version, die nicht ganz so lange dauert. Aber eine originale Zeremonie kann eine Mahlzeit und das zweimalige Servieren von Tee umfassen. Das bleibt den Knien von Tee-Liebhabern hierzulande Gott sei Dank erspart. Seit Anfang Mai veranstaltet Thomas LangnickelStiegler in Berlin und Umgebung Teeseminare und Verkostungen vorwiegend japanischer Grüntees, aber auch feiner Tees aus China, Indien und Nepal. Unter dem Label Mizunori – Fine Tea Receptions bietet er Einblicke in die Welt des Tees und berichtet von seinen ganz persönlichen Erfahrungen auf dem Chad, dem sogenannten Teeweg. „Ich erhebe nicht den Anspruch, authentische japanische oder chinesische Teekultur wiederzugeben. Das können andere wesentlich fundierter. Mir geht es eher darum, die dem Teeweg zugrunde liegenden

Werte, wie sie sich mir erschließen, mit unserem westlichen Lebensstil zu verbinden. Ich möchte den Leuten zeigen, dass sich bewusster Teegenuss und ein arbeitsreicher Alltag verbinden lassen. Und dass er meiner Erfahrung nach eine effektive Methode zu mehr Gelassenheit und weniger Stress sein kann.“ Wer mehr über Geschmack und Wirkung besagter Teesorten erfahren möchte, für den hält LangnickelStiegler mit Mizunori eine breite Palette an mobiler Ausrüstung rund um die Teezubereitung parat. Auch, wenn man sie nicht unbedingt auf Knien verbringen muss, für die jeweils bis zu fünf Aufgüsse pro Teesorte sollten Teeliebhaber dabei vor allem eines mitbringen: Zeit. Wo man diese dann verbringt, steht jedem allerdings völlig frei. Wer gerne einen sonnigen Nachmittag im Park verbringen möchte, auf den wartet eine Verkostungs-Session am minimalistischen Bambus-Tisch. Wer sich dem Tee lieber stilvoll Zuhause mit Gästen widmet, den sucht Langnickel-Stiegler mit edlem chinesischen Teemobiliar auf. Das Einsteiger-Seminar Summer Reception Basic ist bereits für 28 Euro pro Person buchbar. In der sechzigbis neunzigminütigen Verkostung enthalten sind eine Einführung in Teesorten, deren Herstellung, Inhaltsstoffe und Zubereitung sowie zwei Teeverkostungen am Picknick-Bambus-Teetisch (à vier Aufgüsse) – auf Wunsch kalt oder warm.

Mizunori Fine Tea Receptions info@mizunori.com www.mizunori.com Buchungsanfragen sind per E-Mail an booking@ mizunori.com möglich. Leserinnen und Leser von Mitteschön erhalten unter Angabe des Stichworts Umami bis Ende September einmalig pro Person einen Rabatt von 50 Prozent auf die Summer Reception Basic.


32   Hmmm, Lecker!

Kochtipps vom Kochhaus Putenbrust in schwarzem Sesam mit Aprikosen-Vinaigrette, Basmatireis und Shiitakepilzen Text und Bilder Kochhaus

Auf dieser Seite findet ihr monatlich einen Rezeptvorschlag mit Fotoanleitung vom Kochhaus, dem weltweit einzigartigen begehbaren Rezeptbuch in Prenzlauer Berg (Schönhauser Allee 46) und Schöneberg (Akazienstraße 1). Im Kochhaus findet man nicht nur regelmäßig wechselnde Rezepte, sondern auch gleich noch alle Zutaten, die man für das Gericht braucht – fertig portioniert an einem Tisch. Schaut doch mal vorbei und bis dahin: Guten Appetit! Zutaten für 2 Personen: 2 Putenbrustfilets, 150 g Basmatireis, 10 Shiitakepilze, 1 Zitrone, 2 Frühlingszwiebeln, 6 getrocknete Aprikosen, 20 g Honig, 20 ml Sojasoße, 10 g schwarzer Sesam, 3 g Tandoori, 8 EL Olivenöl, 1 EL Weißweinessig, 6 EL Wasser, Salz, Pfeffer* * Mengenangaben beziehen sich auf 2 bzw. 4 Personen.

Shiitakepilze putzen, Stiele entfernen und Pilzkappen

In einem kleinen Topf 3 bzw. 6 EL* Zitronensaft, Zitro-

2 bzw. 4 EL* Öl hinzugeben und zu einer Vinaigrette

von oben mit einem Messer kreuzförmig einritzen. Das

nenabrieb, Honig, 1 bzw. 2 EL* Weißweinessig, und 6

verrühren. Gewürfelte Aprikosen und Frühlingszwie-

Grün der Frühlingszwiebeln in feine Ringe schneiden,

bzw. 12 EL* Wasser bei mittlerer Temperatur erhitzen.

belgrün dazugeben und mit ¼ bzw. ½ TL* Salz und

die Knolle längs halbieren. Schale der Zitrone abreiben

Anschließend vom Herd nehmen.

Pfeffernach Geschmack würzen. Anschließend bedeckt warmhalten.

und den Saft auspressen. Aprikosen fein würfeln.

Reis mit der doppelten Menge Wasser und ½ bzw. 1 gestri-

3 bzw. 6 EL* Öl in einer Pfanne erhitzen und Shiitakepil-

Putenbrustfilets kalt abspülen, trocknen und jedes Fi-

chenen TL* Salz zum Kochen bringen. Ca. 15 Minuten bei

ze 1 Minute bei mittlerer Temperatur auf der eingeritz-

let in 3 Streifen schneiden.

geringer Hitze köcheln lassen, bis das Wasser verkocht

ten Seite anbraten. Wenden, Frühlingszwiebelknollen

und der Reis gar ist. Gelegentlich rühren.

dazugeben und 2 Minuten mitbraten. Mit Sojasoße ablöschen, vom Herd nehmen und bedeckt warmhalten.

Sesam, ½ bzw. 1 gestrichener TL* Salz und Tandoori auf

3 bzw. 6 EL* Öl in einer Pfanne erhitzen und Puten-

Gegarten Reis mittig auf einen Teller geben. Putenbrust-

einem flachen Teller vermengen und Putenbruststrei-

bruststreifen bei hoher Temperatur 3 Minuten braten.

streifen mit den Shiitakepilzen und den Frühlingszwie-

fen darinwenden. Dabei den Sesam andrücken.

Gelegentlich wenden.

beln darauf anrichten und mit Aprikosenvinaigrette beträufeln.


Neu in der Stadt

33

Ars Electronica Text Tina Fraas  Foto Kazuhikoi Hachiya, Joseph Herscher

Wie Impulse und Bewegungen funktionieren, ist ja eigentlich klar. Doch was bedeutet es, sich künstlerisch damit auseinanderzusetzen? Was heißt es, nach Grenzen zu suchen, wo keine vermutet wurden? Was passiert dann eigentlich?

Impuls und Bewegung heißt die dritte interaktive Ars Electronica-Ausstellung im Volkswagen Automobil Forum und setzt genau bei diesen Fragen an. Ihren Besuchern wird die Chance geboten, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Und das meine ich im wahrsten Sinne des Wortes. Die Inter-Discommunication Machine von Kazuhiko Hachiya macht dies möglich. Ausgerüstet mit Videobrille und Kamera bewegen sich zwei Personen im Raum. Beide sehen nur den integrierten Bildschirm, der das Sichtfeld des Anderen zeigt. Wie ändert die neue, ungewohnte Sichtweise das Fortbewegen? Wie umständlich, aufwendig und kompliziert Impuls und Bewegung sein können, zeigt die Rube Goldberg Machine Tipp Kicker, die Joseph Herscher eigens für diese Ausstellung gebaut hat. Über zwei Stockwerke wandert hier ein Impuls, um dann eine Kugel zu bewegen oder eine

andere Aufgabe zu erledigen. Je umständlicher und aufwendiger diese Handlung geschieht, desto besser. Umso mehr Spaß macht das Zusehen dieser absurden und zugleich faszinierenden Maschine.

Ars Electronica Impuls und Bewegung 12. Juli bis 16. September 2012 Volkswagen Automobil Forum Unter den Linden 21 10117 Berlin Öffnungszeiten:

Den direktesten Weg nehmen die ParcourKünstler Democracia in einer Video-Installation. Wie wahre Meister der Hindernisse bewegen sie sich an Orten, die, nicht nur in physischer Hinsicht, voller Hindernisse sind. Mit ihren zwölf Exponaten und sechs Videoinstallationen entführt Ars Electronica, die Medienplattform für Medienkunst, ihre Besucher in andere Welten, abseits gewohnter Strukturen. Und mit Strukturen zu brechen, soll ja manchmal sehr gesund sein.

Mo bis So von 10 – 20 Uhr Eintritt frei


34   Angehört und nachgehorcht

Legenden in Leggins Text Sophia Hoffmann  Translation P. 43

Der Mann ist eine lebende Legende. Vince Neil ist seit 1981 Sänger der berühmt-berüchtigten kalifornischen Glam-MetalBand Mötley Crüe, die neben übermässigem Macho-Gehabe durch

unfassbare

Bühnenoutfits

und

lebensgefährdende

Drogenexzesse berühmt wurden. Wer deren unterhaltsame Bestseller-Biografie The Dirt gelesen hat, weiß, was dieses Sexsymbol der Achtziger alles auf dem Kerbholz hat. Sein Vorstrafenregister Geschäftsideen,

die

ist

genauso

Anzahl

lang

seiner

wie

die

Frauen

ist

Liste nicht

seiner mehr

nachzuvollziehen, nicht umsonst hieß einer der größten Hits der Band Girls Girls Girls. Wir trafen den Mann mit der blonden Mähne in Berlin.


Angehört und nachgehorcht  35

Vor dem Eingang der Berliner Max-Schmeling-Halle lungern bereits Stunden vor dem Konzert Fans herum, die hoffen, einen Blick auf Vince, Tommy Lee, Nicki Sixx oder Mick Mars erhaschen zu können. Neidvolle Blicke streifen mich, als ich in die Treppe zu den heiligen Hallen hinuntersteige. Sicherheitsstufe Eins. Journalistengrüppchen werden von Raum zu Raum verfrachtet, zwischendurch stöckelt eine eindrucksvolle Blondine mit gelangweiltem Blick an mir vorbei auf die Toilette. Wie ich später feststelle, ist sie die persönliche Begleitung von Vince. Wie ich Anfang 30, doch trennen uns zwölf Zentimeter Schuhabsätze, zwei falsche Brüste, vier Liter Selbstbräuner und ein Kilo blonde Extensions. Ich beschließe, dass wir keine Freundinnen werden. Endlich werde ich vorgelassen in den Backstage-Bereich, dort muss ich noch ein paar Minuten vor der Garderobe des Sängers ausharren. Tommys Tür steht offen und ich höre ihn lautstark herumfucken, das heißt, er regt sich über irgendetwas fürchterlich auf und jedes zweite Wort ist fuck. Ich muss kichern. Dann geht die Tür auf und ich werde vorgelassen, es geht los... Wenn du auf deine über dreißigjährige Karriere zurückblickst – bereust du Dinge oder bist du mit dir im Reinen? Nein, kein Bereuen. Wenn du mal eine falsche Entscheidung fällst, mach weiter, sieh es als Erfahrung. Ihr seid gerade wieder auf Tour, diesmal mit Slash im Vorprogramm, ihr kennt euch ja auch schon lange, wie hat sich das Tourleben verändert über die Jahre? Ja, wir sind schon lange befreundet. Wie es sich verändert hat? Es ist alles viel einfacher, wir haben Geld, das wir ausgeben können, es ist alles bequemer, wir sitzen nicht mehr alle in einem Bus, zusammen mit der Crew. Böse Zungen behaupten das würden die Herren auch gar nicht mehr aushalten, tatsächlich verfügt jedes Bandmitglied über einen eigenen Nightliner, vier dieser Riesen stehen vor dem Backstage Eingang geparkt. Ich würde dich gerne zu euren Bühnenoutfits befragen. Schon zu Beginn eurer Karriere seid ihr durch außergewöhnliche, exaltierte Kostüme aufgefallen. Ray Brown, ein verrückter Designer, hat euch das Zeug auf den Leib geschneidert. Kannst du dich noch daran erinnern, als ihr das erste Mal so aufgetreten seid? Eigentlich sahen wir alle schon davor so aus, als wir noch in anderen Bands spielten. Als ich noch bei Rockandi war (die Band von der Tommy Lee und Mick Mars ihn abwarben, um bei Mötley Crüe mitzuspielen, Anmerkung der Redaktion) – suchten wir einfach alles zusammen, was so herumlag und zogen es an. Wir gingen in Baumärkte und Sex Shops und suchten uns zusammen, was man so alles verwenden könnte! Als wir anfingen mit unserer Musik Geld zu verdienen, engagierten wir dann Designer. In der Ecke der Garderobe steht ein Kleiderständer, auf dem traurig und einsam eine abgrundtief hässliche Bleached-FransenSchlaghose und ein seltsames Print-Shirt baumeln. Während des Interviews trägt Vince einen gedeckten grauen Anzug mit etwas

zu weit geöffnetem Hemd, das den Blick auf seine sonnengegerbte Brust freigibt, die mit verblichenen Tätowierungen verziert ist. Um den Hals trägt er eine dickgliedrige Goldkette. Ich nehme an, das da drüben ist dein Bühnenoutfit für die heutige Show. Was bedeutet es dir, wenn du in deine Auftrittsklamotten wechselst? Würdest du jemals in diesem Anzug auf die Bühne gehen? Es ist halt Teil der Show, das gehört dazu. Nein, niemals würde ich in Alltagsklamotten auftreten. Ich empfinde das auch nicht als Kostüm, ich will einfach nur cool aussehen. Deine letzte Trauung wurde von MC Hammer vollzogen, es gibt unzählige Details aus deinem Leben, die darauf schließen lassen, dass du es extravagant liebst. Gibt es irgendwelche Bereiche deines Privatlebens, in denen du dich selbst als ganz konventionell bezeichnen würdest? Ich lebe in Las Vegas, besitze mehrere Bars, Strip Clubs und Tattooläden, ich bin immer beschäftigt, wenn ich nicht mit Mötley auf Tour bin, spiele ich Konzerte mit meiner Soloband, die meiste Zeit bin ich also „on the road“. War das die Antwort auf meine Frage? Ich bin mir nicht ganz sicher. Egal, nächste Frage... Du hast es bereits erwähnt, du hast viele Geschäftsideen umgesetzt und so viele Sachen ausprobiert. Was möchtest du unbedingt noch machen, was fehlt noch auf deiner Liste? Sobald ich zurück in den USA bin, werde ich anfangen meinen Pilotenschein zu machen, Helikopter darf ich schon fliegen, aber noch keine Flugzeuge... Könntest du dir vorstellen ähnlich wie Bruce Dickinson, Sänger von Iron Maiden, auch mal den Tour-Jet (festgehalten in der empfehlenswerten Iron-Maiden-Doku Flight 666) zu steuern? Mhm, nee, ich glaube eher nicht. Welches war deine erste Tätowierung und wie alt warst du da? Ich glaube, ich war 19, es war ein ganz einfaches Motiv, eine Musiknote, um die sich eine Schlange windet. Hast du das noch oder ist es überdeckt? Nein, das ist alles mittlerweile eine einzige große Fläche geworden. Was ist dein Lieblingsessen? Ich liebe mexikanisches Essen, praktischerweise habe ich gerade ein mexikanisches Restaurant im Hilton in Las Vegas eröffnet. Oh, wie praktisch. Was für eine Frucht wärst du? (ist irritiert, muss aber lachen)...ein Apfel. Was sollte man kleinen Kindern mit auf den Weg geben? Werte. Es ist wichtig Werte zu haben.


36   Kulturgut

Kunsttipps

von

EyeOut

Text Melissa Frost  Translation Robert Schlicht, P. 45

In dieser Kolumne stellen wir euch jeden Monat eine kleine Auswahl der interessantesten Ausstellungen in Mitte vor. Weitere spannende Tipps findet ihr in der iPhone App EYEOUT Berlin (www.eyeout.com).

Larry Clark 26. Mai – 12. August 2012 C/O Berlin, Oranienburger Str. 35/36 (Postfuhramt), S1, S2, S25 Oranienburger Strasse, Täglich 10-20 h +49-30-284 44 16 61, info@co-berlin.info, www.co-berlin.info

Larry Clark (Installationsansicht) Courtesy C/O Berlin; Luhring Augustine, New York; Simon Lee Gallery, London

c/o Berlin präsentiert rund 200 Fotografien von Larry Clark aus den Serien Teenage Lust und Los Angeles, die zum ersten Mal in Deutschland zu sehen sind. Clarks Fotografien werden wegen ihres Inhalts – jugendliche Sexualität, Drogen, Subkulturen und Gewalt – als schockierend bezeichnet, doch ebenso schockierend ist die zärtliche, uneingeschränkte Intimität, mit der Clark sich den Porträtierten nähert. In dieser monografischen Ausstellung richtet Clark in mehreren Collagenarbeiten aus Zeitungsausschnitten, Briefen, Postern und anderen Objekten das Objektiv im metaphorischen Sinne auch auf sich selbst. Diese aufschlussreichen Arbeiten fungieren als Selbstporträts, sie lösen den Fotografen von seinem Standort hinter der Kamera und erlauben den Zugang zu seiner privaten Welt mit der gleichen Offenheit, mit der Clark seinen üblichen Porträtierten gegenübertritt.

Anthony McCall 20. April – 12. August 2012 Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Invalidenstr. 50/51, S3, S5, S7, S75 Hauptbahnhof, Di–Fr 10–18 h, Sa 11-20 h, So 11-18 h +49-30-266 42 42 42, hbf@smb.spk-berlin.de, www.hamburgerbahnhof.de

Anthony McCall: You and I Horizontal (Installationsansicht Institut d’Art Contemporain, Villeurbanne, 2006) Foto: Blaise Adilon

Five Minutes of Pure Sculpture im Hamburger Bahnhof präsentiert eine physische Erfahrung, die sich nur schwer entschlüsseln lässt. Bei seinem Neuanfang nach der Pause von zwei Jahrzehnten stieg Anthony McCall von traditionellem Film auf Digitalproduktion um. Dadurch konnte er statt horizontaler vertikale Projektionen einsetzen. Die entstandenen großen Lichtprojektionen nennt McCall Solid Light und wirft in ihnen verwirrende Fragen danach auf, ob etwas sowohl in zeitlicher wie in taktiler Hinsicht existieren kann. Ob man die Projektionen als Filme betrachtet – was sie tatsächlich sind –, als Skulpturen oder als Zeichnungen, man wird unmittelbar und instinktiv gezwungen, die Grenzen zwischen ihnen zu überprüfen, da die zweidimensionale Welt der projizierten Linien die dreidimensionale Welt zu bilden scheint.

Thomas Zipp 27. April – 21. Juli 2012 Galerie Guido W. Baudach, Oudenarder Str. 16–20 (Osramhöfe), U9 Nauener Platz, Di–Sa 11–18 h +49-30-28 04 77 27, galerie@guidowbaudach.com, www.guidowbaudach.com

Thomas Zipp – Blackout Chambers (Installationsansicht) Courtesy Galerie Guido W. Baudach, Berlin Foto: Roman März

In Blackout Chambers. L’Arc de Cercle & Dissociative Amnesia in der Galerie Guido W. Baudach bildet Thomas Zipps bekannte Palette von Schwarz, Weiß und gedeckten Erdtönen die visuelle Grundlage für eine Rauminstallation, die Retro-Futuristisches und Naturhaftes nebeneinanderstellt. Aus der Zusammenstellung wiederkehrender Elemente in Zipps Arbeit – insbesondere Äpfel, Neonbeleuchtung und skulpturale Strukturen, die Organisches und Synthetisches vereinigen – entsteht der Eindruck einer Bunkersiedlung in einem toten Wald. Wenn man eine der vier bunkerartigen Konstruktionen betritt, die den Raum bestimmen, tritt man in eine völlig andere Welt ein. Diese von Spiegeln gesäumten Räume, die (ebenfalls völlig verspiegelte) Sitzplätze bieten, rücken den Betrachter in ein desorientierendes, unendlich reflektiertes – und selbstreflexives – Zentrum.


Wir Mitte Muttis  37

Wir mitte-Muttis Text Bettina Schuler  Illustration Nicole Pieloth  Translation P. 44

Kinder lieben es sich zu verkleiden. Und ich als Rheinländerin finde das natürlich absolut unterstützenswert. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich jeden Morgen mit einem rosa Einhorn am Tisch sitzen möchte. Nein, wir sprechen hier nicht von einem Kuscheltier, das neben meinem Kind am Frühstückstisch sitzt, sondern von meiner Tochter selbst, die in letzter Zeit am liebsten in einem pinken Ganzkörper-Polyesterkostüm, mit goldenen Flügeln und weißem Horn auf der Kappe herumrennt. Und das selbst dann, wenn das Thermometer 27°C im Schatten misst. „Ist doch niedlich“, sagt ihr jetzt. Ja, vielleicht, wenn man es zum ersten Mal sieht. Aber wenn man sich den ganzen Tag mit solchen Scheußlichkeiten wie glitzernden Mini-Einhörnern, rosafarbenen Prinzessinnen mit MangaAugen und Plastikpferden mit einem Schweif aus Regenbogenfarben beschäftigen muss, will man zumindest in den ersten fünf Minuten des Tages noch das Gefühl haben, zu der Welt der Erwachsenen zu gehören. Außerdem, wofür haben wir Rheinländer den Karneval erfunden? Reicht das nicht für den Rest des Jahres? Trotzdem habe ich mir natürlich für den Kindergeburtstag meiner Tochter brav die beste EinhornSchminkanleitung aus dem Netz gezogen. Denn der Programmpunkt Schminken darf auf einem ordentlichen Mädchenkindergeburtstag auf gar keinen Fall fehlen. Ansonsten gibt es Tränen. Gute Anregung und Ideen dafür gibt es in dem Buch Kinder fantasievoll Schminken und auf diversen Homepages wie www.happyfaces-kinderschminken.de. Und ich kann allen Eltern nur raten, sich wirklich auf alle noch so abstrusen Schminkwünsche vorzubereiten, denn ansonsten steht ihr genauso blöd da wie ich beim letzten Kindergeburtstag, wo alle Mädchen von jetzt auf gleich ein freundlicher Vampir sein wollten. Schuld daran war der kleine, blond gelockte Junge aus der Kindergartengruppe. So früh geht es also mit der Manipulation des anderen Geschlechts schon los. In jedem Fall musste ich mich dann zwischen meinem roten Chanel-Lippenstift und einem glücklichen Kind entscheiden. Ihr wisst Bescheid. Doch zurück zu den Kostümen. Denn ein richtig schönes Kostüm zu finden ist viel schwieriger, als man denkt. Nicht nur, weil die handelsübliche

Massenware die Kinder dank Polyester nach fünf Minuten wie in der Sauna schwitzen lässt. Nein, die Mäuse, Eulen oder Katzen sehen meistens auch noch so aus, als seien sie mit der Addams Family verwandt. Deshalb möchte ich euch hier an dieser Stelle einige wirklich hübsche Anleitungen vorstellen. Zum einen das extrem niedliche Eulenkostüm der amerikanischen Bloggerin Lisa, deren Blog für jede näh- und bastelbegeisterte Mutti sowieso einen Besuch wert ist. Oder ihr schaut auf der Homepage des finnische Geräteherstellers Fiskar vorbei, wo ihr, wenn ihr bei den Suchbegriffen das Wort „Costume“ eingebt, jede Menge extrem hübsche Kinderkostüme zum Selbernähen findet. Wenn euch das alles zu viel ist und ihr, so wie ich, eher der Typ Geld-auf-denTisch-und-gut-ist seid, dann müsst ihr unbedingt in dem dawanda-Shop von ekamaus vorbeischauen. Denn dort könnt ihr vom frechen Fuchs über den gefährlichen Drachen bis zum brüllenden Löwen jede Menge hübsche Kinderkostüme finden. Eher etwas für die Eltern von kleinen Kindern, die sich noch nicht gegen ihr Kostüm wehren können, ist der Shop von Costume Café, wo ihr Sushi-, Karotten- oder American Pie-Kostüme für die Kleinsten kaufen könnt. Bitte unbedingt ein Foto machen, damit ihr später immer kompromittierendes Material in der Hinterhand habt. Man weiß nie, wofür es gut ist. Meine Tochter hat mir gestern übrigens erklärt, dass es Einhörner und Elfen nicht mehr bringen und sie ihr komplettes Playmobil-Prinzessinnenschloss plus Pegasuse gegen ein Reiterhofset austauschen will. Woraufhin ich ihre Pippi Langstrumpf-Bücher erst mal konfisziert habe. Ansonsten haben wir demnächst ein Pferd bei uns in der Küche stehen.

Buchtipps: René Reiche/ Bettina Wilberg, Kinder fantasievoll Schminken: Die schönsten Ideen für Karneval & Kinderfeste, Christopherus Verlag 2009 7,50 Euro Anleitungen für Schminken: www.happyfaces-kinderschminken.de Anleitungen für Kostüme: Eulenkostüm: www.5orangepotatoes. com/blog (in der Kategorie Sewing) Niedliche Kostüme zu kaufen gibt es im dawanda-Shop von ekemaus oder bei Costume Café.



Berliner Gesichter  39

BERLINER GESICHTER Text Bettina Schuler  Foto Tina Linster

Beate Borrmann, 36 Jahre Kostümbildnerin

Ich habe Modedesign und später Bühnen- und Kostümbild an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und in Krakau studiert. Aber ich wusste schon während meines ersten Studiums, dass ich später nicht als Designerin, sondern am Theater arbeiten will. Ich hatte schon sehr früh den Wunsch als Kostümbildnerin zu arbeiten, weil dieser Beruf zwei meiner Interessen perfekt miteinander kombiniert: die Liebe zur Dramatik und den Spaß am Schneidern. Mein erstes Stück als verantwortliche Kostümbildnerin war ein Tanzstück mit Juan Kruz Diaz de Garaio Esnaola und Joanna Dudley an der Schaubühne. Diese Zusammenarbeit hat sich durch meine Hospitanz bei Sasha Waltz ergeben, für die ich mittlerweile festangestellt als Kostümleitung arbeite. Dass ich vorwiegend für das Tanztheater tätig bin, hat sich eher zufällig ergeben. Aber dass ich selbst fünfzehn Jahre lang getanzt und ich mich deswegen immer für Tanz interessiert habe, macht diese Entwicklung rückblickend verständlich. Viele Menschen scheuen das Tanztheater. Mein Vater zum Beispiel. Manche Menschen brauchen einfach das gesprochene Wort der Dramatik und können mit dem tänzerischen Ausdruck nichts anfangen. Ich liebe beides, das Tanz- und Sprechtheater und fühle mich auch beim Arbeiten in beiden Bereichen heimisch. Die Idee zur farblichen oder zeitlichen Ansiedlung eines Kostüms habe ich meistens schon zu Beginn eines Projektes. Wir beschäftigen uns ja

auch schon lange Zeit vor den Proben mit dem jeweiligen Thema. Dementsprechend habe ich davor auch immer genug Zeit, um mit einer Idee schwanger zu gehen. Bei dem CarmenTanzprojekt der Berliner Philharmoniker, das Sasha Waltz mit 120 Schülern und Schülerinnen von Berliner Schulen realisiert hat, und bei dem ich für das Kostümbild verantwortlich war, habe ich vorher wochenlang Jugendliche auf der Straße beobachtet. Ich kam mir schon wie ein Spanner vor. Aber ich brauche dieses genaue Hinschauen, um später eigene Ideen entwickeln zu können. Ein dem Zeichnen verwandter Prozess. Jeder Kostümbildner hat seine ganz eigene Handschrift. Der eine liebt es, zu überzeichnen, der andere wiederum legt besonderen Wert auf historische Genauigkeit, ein anderer hat einen eher verspielten Ton. Mein eigener Stil? Der ist immer noch von der Mode geprägt, obwohl ich davor doch eigentlich geflüchtet bin. Aber es reizt mich immer wieder, etwas Neues aus einem Stück Stoff zu erfinden. Wahrscheinlich finde ich es deshalb auch viel spannender für das Theater als für den Film zu arbeiten, wo man sich an viel klarere Vorgaben zu halten hat. Wenn Michael Haneke mich allerdings fragen würde, ob ich Lust hätte, bei seinem Film mitzuarbeiten, würde ich sofort ja sagen. Allein schon, um durch die haptische Beschäftigung mit Elementen einer Epoche komplett in diese Zeit eintauchen zu können. Und weil ich ein großer Bewunderer seiner Kunst bin.

Kunsthochschule Berlin-Weißensee Bühringstraße 20 13086 Berlin Tel. 030 47 70 50 sekretariat.rektorin@kh-berlin.de www.kh-berlin.de Schaubühne Kurfürstendamm 153 10709 Berlin Tel. 030 89 00 23 ticket@schaubuehne.de www.schaubuehne.de


40   Mitteschön Filmtipps

Filmgalerie 451 presents:

CINEMA CAN BE GREAT Text Silvio Neubauer

Alles beginnt 2004: Der nordirische Filmkritiker Mark Cousins schreibt ein Buch: The Story of Film – an Odyssey. Bald folgt der Wunsch, daraus einen Film zu machen. Im Laufe der Entstehung wächst das Projekt immer mehr und nach fünf Jahren schließlich ist das 15-teilige Werk vollendet. Etwas, was es vorher nicht gab. Keine Star-Historie oder Hollywood-Chronik, kein Klatschreport oder intellektuelles Essay. Eine Liebeserklärung an das Kino, das ganze Kino. Wenn der sechste 451-DVD-Tipp also erst mal nur von einem Film zu handeln scheint – so sind es in Wirklichkeit 1.000 und noch viel mehr... „Fasten your seatbelts, it’s going to be a bumpy ride...“ Dieses leicht abgewandelte Zitat aus dem Klassiker All About Eve mit Bette Davis steht am Anfang und deutet an, dass die Odyssee im Titel ernst gemeint ist. Mark Cousins bereist nämlich Orte rund um die Welt, an denen große Momente des Kinos stattgefunden haben, wie z.B. das kleine indische Dorf, in dem Pather Panchali von Satyajit Ray gedreht wurde, Cinecitta bei Rom, wo Federico Fellini (La Dolce Vita) drehte und die Toho-Studios in Tokio, in denen Akira Kurosawa (Sieben Samurai) seine Heimat hatte. Er zeigt auf, wie das Kino nicht vom Geld, sondern von Personen und deren Ideen vorangetrieben wird, weil sie etwas von der Kraft verstehen, die vom Kinos ausgehen kann und das eben nicht unbedingt an dem einen Ort, Hollywood, sondern ganz besonders in Europa, Asien, Indien, Lateinamerika, Australien und Afrika. Wir erleben die Entdeckung der neuen Kunstform, die Entwicklung ihrer Sprache und Technik, der Erfindung von Studios, Stars und Genres und wie das Kino sich immer weiter entwickelt im Spannungsfeld zwischen der Kunstwelt der Romantik (Desire, Marlene Dietrich) und der Realität des dokumentarischen Blicks (Nanuk, Robert Flaherty).

Nach dem Trauma des Zweiten Weltkriegs begegnen uns der NeoRealismus, z.B. mit Rom – Offene Stadt von Roberto Rossellini und die düsteren Filme der Schwarzen Serie, des Film Noir, Filme wie Double Indemnity (Billy Wilder) oder Der dritte Mann (Carol Reed) entstehen und werden ebenso stilbildend (Blade Runner, Ridley Scott 1982) wie die Dramen von Douglas Sirk und die Filme von Ingmar Bergman, Ozu , Luis Bunuel und Alfred Hitchcock. Anfang der 60er Jahre dann fegt eine Woge neuer Strömungen rund um die Welt, wie das britische New Cinema und die französische Nouvelle Vague. In den 70er Jahren folgt New Hollywood und der Neue deutsche Film. Die neuen Namen: Francois Truffaut, Jean-Luc Godard, Roman Polanski, Martin Scorsese, George Lucas, Werner Herzog, Wim Wenders, u.v.a. Und schon sind wir angelangt beim Krieg der Sterne, VHS + DVD, Filmen aus dem Iran, Rumänien und Burkina Faso. Das Kino: Es ist überall und kann alle Formen annehmen. Ob es im digitalen Zeitalter den Realismus ganz verlässt oder ihn neu entdeckt. Ob es nun ausgelassen ist oder traurig: „Cinema can be great“, sagt Mark Cousins – und zeigt uns, warum. Filmgalerie 451, Torstraße 231, 10115 Berlin, www.filmgalerie-berlin.de


English Translations  41

Events (p. 8)

shion Week. The most exclusive Berlin boutiques will be

deals with currents that have emerged from the cultural

on hand with vintage beads and accessories displayed

exchange between the European-Colonial domination

Fashioning Fashion

in over 440 square meters and two stories in the Um-

and the Anglo-American pop influence. This includes

Exhibition

spannwerk Kreuzberg, a former transformer station

the Champeta music that evolved from the enthusiasm

Admission: 8€, reduced 4€

from the early 20th century. From 1920s flapper dresses

of musicians from the Colombian Caribbean coast for

27 April to 29 July 2012

to real 80s pilot glasses, retro-lovers are bound to find

West African highlife records; East African Taraab, a

Opening times: daily 10 to 6

something at one of the 50 stalls decked out with hand-

fusion of Indian, Arabic and African music styles; and

ESMOD Fashion Show: 2 July

picked quality products. In addition to the market, a

the Afro-Cuban rumba, which traveled from Central Af-

2012

fashion show will be held on Saturday, 7 July. Umspann-

rica to Cuba, and from there back to East Africa. In ad-

July is the month of fashion. During the Berlin Fashion

werk Kreuzberg

dition to the concerts, there are artists' talks and a film

Week 2012 from 3 to 8 July, you’ve got ample opportu-

Ohlauer Strasse 43

program: included are documentaries on the musical

nity to check out shows, trade fairs, awards and exhi-

www.toastandjam.de

genres or on the musicians themselves or their homelands. A music program will also be shown. The focus

bitions of tomorrow’s trends. And if you happen to be wondering what patterns and fabrics used to be in fa-

Regina Spektor

is on the Colombian Caribbean coast, Trinidad, Zanzibar

shion, the German Historical Museum is turning back

Indie Folk

and West and East Africa. Among the participants are

the clock of time with it’s special exhibition dedicated

Special Guest: OnlySon

Aurelio & The Garifuna Soul Band from Honduras, the

to European fashion history from 1700 to 1915. FASHI-

Admission: from 42€

Indo-Canadian musician Kiran Ahluwalia, the godfa-

ONING FASHION is a selection of historical dresses,

22 July 2012, doors open: 7

ther of Latin jazz, Eddie Palmieri, the Lingala Band Les

hats and accessories of the wealthy bourgeoisie and

pm – Show begins 8 pm

Mangalepa from Kenya, and the Caribbean Ska Salsa

nobility from the collection of the Los Angeles County

Regina Spektor used to work

Connection Ska Cubano. The Water Music Festival will

Museum of Art. The exhibition provides insight into

on a butterfly farm and as

be presented by Mitteschön.

the fashion and cultural-historical changes that arose

an assistant to a private detective. The personality and

Haus der Kulturen der Welt

from political and economic changes and technologi-

music of this American singer of Russian heritage is

John-Foster-Dulles-Allee 10

cal progress. Sewing machines, synthetic colors and

both elusive and mysterious. At the age of nine, Regi-

www.hkw.de

finishing profoundly changed fashion in 19th Centu-

na Ilyinichna moved to New York with her parents. She

ry. The exhibition is complemented by exhibits from

spoke no English and had to leave her piano behind in

Night market at the

the permanent exhibition FOKUS FASHION. Textile

Moscow. But that didn’t stop her from devoting herself

Spandau Citadel

treasures, paintings, prints, fashion papers and por-

to music and later training to be a pianist. Since then,

Market

celain figurines are also on display. Both exhibitions

Regina Spektor has released her sixth studio album,

Admission: free

connect the interaction of body awareness and social

What We Saw from the Cheap Seats. Her musical world

7 July 2012, 6 pm to midnight

conventions, and present fashion as means of commu-

is exceptionally versatile and crosses the borders of Ba-

The Citadel Music Festival in

nication between the sexes as well as a representation

roque music to Indie rock, from piano ballads to Human

Spandau will still be open

of power. On the eve of Fashion Week, the historical

Beatbox, and from Shakespeare to John Lennon. When

for visitors until the end of August. Musicians such

Schlüterhof provides a stage for art history students

the 32-year-old isn’t working on her own music, she’s

as Bob Dylan and his band, Jennifer Rostock, Jupiter

from the ESMOD school to present their final projects.

composing songs for the Broadway musical, Sleeping

Jones, Dendemann und Thees Uhlmann and IchKann-

German Historical Museum

Beauty. However, that’s now got to take a backseat to the

Fliegen will be performing in July at the Zitadelle

Unter den Linden 2

world tour she’s on with her new album. Her only Ger-

Spandau, which is completely surrounded by water.

www.dhm.de

man concert is on 22 July in Tempodrom.

The square-shaped fortress was built in the Renais-

Tempodrom

sance period and is not only a spectacular venue for

Toast & Jam

Möckern Strasse 10

concerts and public viewing of the European Football

Market and Fashion Show

www.tempodrom.de

Championship. Again this year you can again browse the night market for beautiful and unusual things.

Admission: 4€ Market: Saturday, 7 July 2012,

Wassermusik – Süd-Süd

In addition to a traditional market with fashion, an-

10-10 and Sunday, 8 July, 10-7

Open-Air Festival

tiques and vintage, which is complemented by in-

Fashion Show: Saturday, 7

Admission: from 10 €

ternational delicacies, there’s handicraft and a flea

July, 7 pm

21 July to 11 August 2012

market. Stands with rare and special treasures will

Trying to find your own sty-

Water is full of energy, multi-

be on the ramparts for the first time. There will be a

le in the glut of fashion and ever-changing trends isn't

faceted, and brings different

rock'n'roll market with record fair, merchandise and

easy. So what it comes down to is your own aesthetic

cultures together. Every sum-

a singer / songwriter stage in the harbor. The night

attitude, and not brands. With true vintage fashion, you

mer since 2008, House of

market is organized by TRINITY MUSIC CENTER and

defy the pressure and return to the originals, which the

World Cultures has dedicated its rooftop space to this

presented by MITTESCHÖN

latest fashions only copy anyway, and plus, you do so-

life-giving element. This year the water-music, open-air

Spandau Citadel (Zitadelle)

mething for sustainability. The Toast & Jam - Vintage

summer festival is presenting musical phenomena that

Am Juliusturm

Fashion Fair is presenting a second round during Fa-

have an oceanic connection. The theme South-South

www. negative market-berlin.de


42   English Translations

Greenville Music

which is translated as "guaranteed,"or "real". It's not gu-

call it, is good for him and gives him security and sta-

Festival

aranteed that your boss is once again spouting nonsen-

bility in society. The important thing is that the mask

Open Air Festival

se. No, that’s only your personal opinion. Is it being less

matches the inner attitude. If one kowtows to the boss

Admission:

authentic because we don't say something just to avoid

because one is afraid of losing his job, that’s honest. Ad-

ticket € 85

conflict? Let's search further for a definition of the word

mit it, and don’t make excuses in hindsight. You might

27 to 29 July 2012, gates

that our oh-so individualistic society considers the ul-

not be brave, but at least authentic.

open: 10 am, show be-

timate character trait. Uncountable amounts of money

gins 12 pm; Camping: 25

Combined

are annually spent on self-discovery seminars, psycho-

Leather vs. Lace

July, from 6 pm till 30 July, 6 pm

analysis and meditation classes to optimize this trait.

(p. 20)

Sustainable. Pan-European. Conscientious. Different.

We get closer to the subject with the philosophical le-

Clothes makes people. And

GREENVILLE is a new, innovative music festival about

xicon because therein authenticity is identified as a

their identities. How this is

30 kilometers west of Berlin. What exactly is different

desirable ideal in life; in which my inner moral attitude

connected is especially clear

about it? With authentic acts from the national and

and opinion match my exterior. Hm, so maybe I do

when people wear cloth-

international music scene, this open-air event in the

have to tell my boss what I think of his idea because it

ing that is different from

idyllic village of Paaren in Ganglia offers a cross-genre

reflects my inner conviction? So, please always be nice

what you usually see in the

line-up that sure to appeal to all different types of au-

and honest? Yes, says the French philosopher Jean-Paul

streets. Else Edelstahl creates events such as the Bohème

diences. Hardcore meets exhibition meets songwriter.

Sartre if honesty is to keep our actions and moral con-

Sauvage parties, which are dedicated to the Belle Époque

Deichkind, Kettcar, Bodi Bill, The Kabeedies, Selig, Zie.

cepts important. Because only in this way can we the

of the Twenties and Thirties of the last century. Luke Lalor

Leela, HGich.T and Radio Dead Ones are just of the acts

find our original personality. And that's the really point

has been around the gay fetish scene 15 years. Read what

included. GREENVILLE also links the topic of music

of our society, which is geared towards individualism:

their clothes mean to them.

with sustainability, harmony with nature, and art and

don’t be like the others and wear a social mask. But of

Else Edelstahl

culture in urban spaces. Two open-air stages, indoor

course it can very quickly become a farce. For examp-

Which is your favorite clothing style?

club, art park, open-air cinema, lighting installations,

le, where we focus too much on what is defined in the

I like the typical Garconne style. It has aesthetic, but also

active area, chill out lounge, music park - all this and

broader society as individuality: creativity, a certain

a practical basis. Blouses, strict vests, sometimes ties, or

much more awaits you at the three-day festival. Con-

nonchalance that drifts into bad manners, and flaki-

a monocle. Back in the Twenties it was quite new for wo-

cert after concert you can party until the early mor-

ness that is, if you want to be mean, also a cowardice

men to wear men's fashion and short hair. From time

ning hours during the DJ nights, which take place in co-

in assuming responsibility. And so we soon have repla-

to time, New Year's Eve, for example, I wear an evening

operation with REMMIDEMMI and Karrera CLUB in the

ced our authentic ego with a mask with an "especially

dress with glitter and fringe. However, I’m not really

Brandenburg Hall. You think it’s too far away? There’s a

individual" sticker on it. So then please tell me how

into boas.

shuttle service that will take you from Mitte out to the

being real works? According to social psychologists

Does this style crop up in your daily life?

festival location within 45 minutes!

Michael Kernis and Brian Goldman, a person is consi-

I've been trying to separate it. Bohème Sauvage was

MAFZ Theme Park in Paaren im Glien

dered authentic if his actions are justified in himself,

born of passion and is now my job so to speak. When

Garden Strasse 1-3

and not influenced by others. How is this supposed to

I’m out and about for personal reasons, I tell my friends

14621 Schönwalde-Glien

work in our medial world? Is there really a person who

and acquaintances, listen, Elsie’s on vacation now. Talk it

www.greenvillefestival.com

can honestly say of himself: no, fashion magazines did

over with her when she gets back.

not seduce me to buying those natural, carrot-colored

Do you find it sad that you have to separate it?

Echtsein 2012

pants. I alone made the decision. No one can, I would

No, not really. There are different aspects about this

(p. 18)

honestly conclude. Myself included. And anyway, when

job. One is the passion for the event itself; the other is

Just imagine: two adults

does honesty mutate into bad behavior? When I alrea-

the mindless office work. When the doors to the parties

sitting opposite each oth-

dy tell someone that the food they prepared for hours

open, then I'm obviously very preoccupied - is lighting

er at a dinner table. One

doesn’t taste good? Or am I just being authentically

right, how was the sound check? I've heard many times

has cooked for hours and

selfish? Again, Sartre to the rescue: the French philoso-

that I’m unapproachable, which isn’t really the case. It’s

happily puts his fork into

pher says that all of us are responsible for the world and

just that I’m really concentrated, and making sure that

his meal while the other

our actions. Man by nature has the freedom to choose

I forget nothing.

grimaces in disgust after the first bite, saying loudly:

and these decisions in turn will have consequences in

But unapproachability fits to your look ...

"It's disgusting"

the world. And so all of us, yes-sayers or naysayers, rebel

... yes, this blonde, cool hair. At home, I don’t dress very

Hopefully you’re thinking, how impolite, you can’t

or conformist, are responsible for our society; and also

differently. But when I go out at night, then not with a

do that. But isn’t that just being honest if you want to

for those conventions that one sometimes breaks when

water wave. Nevertheless, I’m immediately recognized

be genuine and authentic? What does it really mean,

dropping the soup spoon in disgust at a dinner party.

and often addressed as Else Edelstahl. When I go to the

authentic? Telling your boss the truth when he once

But back to my boss. Tell the truth, or wear the profes-

supermarket, then it’s without makeup and in pants

again wants to pawn off one of his inane proposals as

sional mask, nodding obediently and giving the finger

and sneakers.

brilliant?That has little to do with the meaning of au-

behind my back? Unfortunately, no universal rule ap-

Is there a moment when you’re getting dressed as Else

thenticity. According to the dictionary, the word "au-

plies. Everyone is free to decide for themselves, which

and you also realize that your behavior changes?

thentic" comes from the late Latin word “authenticus,”

masks, conventions, rules, or whatever you want to

Yes, you notice it sitting in your dressing room putting


English Translations  43

on make up, taking out curlers, putting on the false eye-

So why not get a professional to make your profile pics?

still think it’s unbelievable that this era isn't dealt with

lashes - yes, it changes your attitude. I have girlfriends

There are so many good photographers in the world. On

in school. You can’t understand our present-day Ger-

who are into Burlesque. When they get off stage, they’re

15 July, Luke’s launches his agency Maximus, which spe-

many and the differences that still exist between East

quite different than when you go out for breakfast with

cializes in fetish photography.

and West without knowing about the rise and fall of the

them. You get into the role, its more elaborate and dis-

www.maximusmaximus.com

GDR. The most exciting thing about the filming was that I could travel to a period of time before I was born. Most

tinguished. You don’t make crude jokes or fool around. Not that I would do the latter at all (laughs).

Same same but

of my films take place in the present.

Else Edelstahl thinks it’s especially nice that all the gene-

different (p. 26)

How important are the costumes then? Because they're

rations meet at the Bohème Sauvage events, and that the

Small, delicate and fragile.

not particularly striking or unusual in films set in the

barriers between rich and poor come down. On nights

These are the first associ-

present.

like these nights, the business consultant goes bohemian.

ations that come to mind

Nevertheless, it’s of immense importance for my work!

www.boheme-sauvage.net

when you see Jasna Fritzi

The costume is not only the nature of your role, but it

Luke Lalor

Bauer. But the moment

also gives you a completely different physicality. It's like

So, why leather and not rubber?

she speaks and gestures,

slipping into a wrapping, and you feel more intensely

A friend once told me: "You don’t pick your fetish, it

you can feel the power and energy she has.

connected to the role. That’s very important to me while

picks you." I grew up in a boring, conservative suburb

Even in her films and theater roles she has repeatedly de-

acting.

of Canberra. There was a biker gang. They made me con-

monstrated that she won't allow herself to be reduced to

Do you keep some things after the shoot?

scious of leather for the first time, but it wasn’t a con-

the "problem child", even if she is often cast in this role

Yes, but I've made up my mind not to do that anymore

scious decision.

because of her fragile appearance. In Ein Tick Anders,

because they just hang unworn in my closet. Somehow

Do you separate everyday clothes from fetish clothes?

she played a girl who, despite Tourette's syndrome, can’t

you do associate too much with it. It’s even worse when

In the past, yes. Now I come to work mostly in boots.

be stopped from going her own way. Or in Christian

you bring your own things to the set. I can basically lea-

That doesn’t necessarily have anything to do with fe-

Petzold's Barbara, she is a strong, young woman who

ve them there because I won't wear them again.

tish, but it’s more a lifestyle thing. The older you get, the

stands up to the rigid system of the GDR.

Would you like to be in a real hammy costume film?

more confident you become, and you know that those

We caught up with her at this year's New Faces Awards

Absolutely! And in a Second World War drama. These are

around you won’t condemn you.

and talked to her about old jeans and time travel.

the two things I still really want to do.

Does one create one’s environment over time oneself?

You just won the New Faces Award, which jump-started

Actors are able to quickly slip into a variety of identities.

To some extent I think so. I have no patience for someo-

the careers of people like Jessica Schwarz and Matthias

Is there a danger of losing your own?

ne who does not take me as I am.

Schweighofer.

I personally find it stranger when an actor claims he’s

Do you ever been get to the point when you like to take

It was so completely unexpected.

totally into his role. You put so much of yourself into the

off leather?

Why?

role that you are never completely someone else.

No.

I thought Ein Tick Anders wasn’t up-to-date enough. And

Before I play a role, I always ask myself how I would

What was it like the first time you put it on?

besides, the film was released last summer. Also, Liv Lisa

react to a particular situation with such a certain back-

Recently, I was very sad because my first biker boots

Fries, who was also nominated, has been on television

ground. I can’t think up a completely different person

were stolen in the gym. When I was 20 I always used to

so much recently that I was sure she would win.

every time.

pass the store where I bought them on credit. Of course,

But it turned out quite differently, didn't it?

But what is the most exciting thing about the job?

I can remember it very well. Also my first leather jeans.

Yes, it was really a huge surprise.

To travel to other eras, to speak ancient languages, to

It’s something you never forget.

You’re a permanent member of the Schaubühne Thea-

feel your way yourself in extreme situations, or simply,

Has this feeling changed over the years?

ter...

as in "Barbara," to intensely deal with a particular topic

No. It’s not quite as intense and as new as for a teenager,

And next season I’ll be joining the Burgtheater in Vien-

for some time. Is there a greater luxury than being paid

but basically the same. I hear a motorcycle and I look

na.

to do that?

around. I look forward to the parties. When I go out,

Congratulations. What’s after that?

Jasna Fritzi Bauer can be seen on the Schaubühne again

then rather to a leather bar than somewhere else.

Unemployment? (laughs) No, joking aside, of course, it’s

next year in Michael Thalheimer's version of a Leo

What changes in you when you put on fetish?

difficult to top that. At least, as far as theater goes.

Tolstoy play, a drama about where the insatiable thirst

I want to believe, not so much. Without it, I am quite

And will you miss Berlin?

for economic growth ultimately leads.

loud and straightforward. I wasn’t a very athletic kid. To

And how! But I’ll keep a room here in any case.

accept my fetish, and let its über-machoness impact on

In the new Christian Petzold film you play a young girl

Legends in leg-

my personality probably led to me being so confident

who repeatedly breaks of the East German reformatory

gins (p. 34)

today at 35. At 20, the difference was probably greater.

institution, Torgau. You were born in 1989, the year the

The man is a living legend.

A friend recently made fun of me. He bought those ex-

wall fell. Is the GDR a concept for you?

Vince Neil has been lead sin-

pensive Wesco boots. As a teenager, I begged that I could

It wasn’t really before I moved to Berlin. Probably be-

ger of the notorious Califor-

wear them out. He said, my walk would have immedia-

cause I come from the West, and the GDR wasn’t a topic

nia glam metal band Mötley

tely changed, bow-legged. Like John Wayne.

for us in school.But over the years that I've been here

Crüe since 1981. He became

Luke would like to see better photos on dating sites. Most

in Berlin, and thanks to our staff who are partly from

famous for his excessive

gay men are very visual, especially in the fetish section.

the East, I’ve learn more and more about the GDR. I

macho posturing, incredible stage outfits and life-threa-


44   English Translations

tening drug excesses. Anyone who has read the entertai-

a coat rack in the corner. During the interview, Vince is

that still doesn't mean I want to sit at the table with a pink

ning, best-selling biography The Dirt, knows everything

wearing a gray suit with a shirt wide open, allowing a

unicorn every morning.And no, we’re not talking about a

that this Eighties sex symbol has been up to. His rap sheet

view of his sun-tanned chest that is decorated with fa-

stuffed animal that sits next to my child at the breakfast

is as long as his list of business ideas, you can’t count the

ded tattoos. He wears a thick gold chain around his neck.

table, but about my daughter herself who’s lately been

number of his ex-wives, and it’s not for nothing that one

I guess that over there is your stage outfit for today's

running around in a pink, full-body polyester suit with

of the biggest hits of the band was Girls Girls Girls. We

show. What does it mean for you when you change your

golden wings and a white horn cap. Even when it’s 27 °C

met the man with the blond mane in Berlin.

appearance with clothes? Would you ever go on stage in

in the shade."Oh, that’s so sweet," you’re probably think-

At the entrance of Berlin's Max-Schmeling-Halle fans

this suit?

ing. Yes, perhaps; if you're seeing it for the first time. But

have been hanging around hours before the concert,

It's just part of what belongs to the show. No, I’d never

if you have to deal with horrors such as glittery mini-

hoping to catch a glimpse of Vince, Tommy Lee, Nicki

perform in my street clothes. I don’t think this is a

unicorns, pink princesses with manga eyes and plastic

Sixx and Mick Mars. I get envious glances as I walk down

costume. I just want to look cool.

horses with a tail of rainbow colors all day long, then

the stairs to get into the hallowed halls. Security level

Your last wedding ceremony was performed by MC Ham-

you at least want to have the feeling that you're part

one. Groups of journalists are transported from room

mer. There are countless details from your life that indi-

of an adult world for the first five minutes of the day.

to room. A striking blonde with a bored look teeters past

cate you live extravagantly. Are there any areas of your

Besides, what did we create the Rhineland carnival for?

me to the bathroom. I later find out she is the personal

private life, where would you describe yourself as a very

Isn’t this enough for the rest of the year?Nevertheless,

companion to Vince. She’s like me, in her early 30s, but

conventional?

I dutifully downloaded the best unicorn-make-up in-

we’re separated by 12 centimeters of heels, two silicone

I live in Las Vegas, own several bars, strip clubs and tat-

structions from the net for my daughter's birthday

breasts, four liters of self-tanner and a kilo of blonde ex-

too shops. I'm always busy when I'm not on tour with

party. There are always lots of tears if make-up is miss-

tensions. I decide that we’re not gong to friends. Finally,

Mötley. I play concerts with solo band, so most of the

ing at a girl’s birthday party. There are good suggestions

I’m allowed into the backstage area where I have to wait

time I'm "on the road."

and ideas for putting fanciful make-up on children in

a few minutes in front of his dressing room. Tommy's

Was that the answer to my question? I'm not quite sure.

the book Kinder fantasievoll Schminken, and more in-

door is open and I hear about him “fucking”, meaning

Anyway, next question ...

formation can also be found on various websites such

he’s really upset about something and every other word

You've already mentioned that you make many business

as www.happyfaces-kinderschminken.de. I can only ad-

is “fuck.” I have to chuckle. Then the door opens and I am

ideas happen and try out many things. What do you still

vise all parents to be really well prepared for all abstruse

allowed in. Here we go ...

want to do? What’s missing on your list?

wishes. Because if you’re not, then you’ll suddenly just

When you look back on your thirty year career –are there

Once I'm back in the U.S., I’m going to get a pilot's licen-

be standing there as stupidly as I did at the last birth-

things you regret or are you ok with everything?

se. I can fly helicopters but not planes yet...

day party when all the girls wanted to look like friendly

No, no regrets. If you make a wrong decision, move on,

Could you imagine flying the tour jet like Bruce Dickin-

vampires. The reason was the small, blond-haired boy

see it as an experience.

son, singer of Iron Maiden? (as seen in the recommenda-

from the kindergarten class. You see how early the ma-

You are currently on tour again, this time with Slash as

ble Iron Maiden documentary, Flight 666)

nipulation of the opposite sex already starts. In any

the opening act. You’ve known each other for a long

Hmm, no, I don’t think so.

case, I had to decide between my red Chanel lipstick and

time, how has tour life has changed over the years?

What was your first tattoo and how old were you then?

a happy child. You know of course I did what I had to

Yeah, we’ve been friends for a long time. How has it

I think 19, it was a very simple design, a musical note

do.Back to the costumes: finding a really nice costume

changed? Everything’s much easier, we have money we

with a snake winding around in it.

is much more difficult than you might think. Not only

can spend, everything’s more comfortable, we don’t all

Do you still have it or is it covered?

because the standard, mass-produced polyester ones

have to sit together with the crew in the bus.

No, it's all become one. (He shows me his forearms,

make children sweat drip with sweat after five minutes,

Wagging tongues say that the men wouldn’t be able to

which are covered with various tattoos from the last 30

but also because the mice, owls and cats usually look

handle it anymore, in fact, each band member has his

years)

like they’re related to the Addams Family.That’s why

own Nightliner; four of these giants are parked outside

What is your favorite food?

I’d like to tell you something nice. First there’s blogger

the backstage entrance.

I love Mexican food. Conveniently, I just opened a Mexi-

Lisa’s extremely cute owl costume. Her blog is a must

I’d like to ask you about your stage outfits. Early in your

can restaurant at the Hilton in Las Vegas.

for every mother who is enthusiastic about sewing and

career you were known for unusual, exalted costumes.

Oh, that is convenient. If you were a fruit, what type

crafts. Or visit the homepage of the Finnish equipment

Ray Brown, a crazy designer, tailored them for you. Can

would you be?

manufacturer Fiskar, where if you enter the search word

you still remember when you first performed like that?

(He’s confused, but has to laugh) ...an apple.

“Costume”, you’ll find lots of extremely nice children’s

Actually, we all looked like that when we still played in

What would you give young children along the way?

costumes you can sew yourself. If this is all too much

other bands. When I was with Rockandi (Tommy Lee and

Values, it’s important to have values.

and you’re like me, more the type of money-on-thetable-and-well-be-it, then you absolutely have to stop by

Mick Mars recruited him from this band to play in Mötley Crüe, Editor's Note) - we tried on everything together

We MitteMums

ekamaus’ dawanda shop. There you can find every type

that was lying around and wore it. We went to DIY stores

(p. 37)

of children’s costume from the sly fox, dangerous drag-

and sex shops together and looked for whatever could

Children love to dress up. And

on and the roaring lion.For the parents of young chil-

be used! When we started to make money with our mu-

as someone who comes from

dren who still cannot defend themselves against having

sic, then we hired designers.

an area where carnival is cel-

to dress up, you can buy sushi, carrot or American Pie

An abysmally ugly, pair of bleached-fringe-bell-bottom

ebrated, I think it's an idea ab-

costumes for the kids at the Costume Café’s shop. Make

trousers and a strange print shirt hang sad and alone on

solutely worth supporting. But

sure to take pictures, because you never know when a


English Translations  45

compromising photograph might come in handy later.

means of several collage works made from newspaper

are – as sculpture, or as drawing, one is immediately

By the way, my daughter told me yesterday that uni-

cuttings, letters, posters, and other objects. These re-

compelled by instinct to test out the boundaries bet-

corns and elves aren’t in anymore, and that she wants to

vealing works function as self-portraits, removing the

ween them as the two-dimensional world of the pro-

trade her entire Playmobil princesses castle share plus

photographer from behind the camera and allowing

jected lines appears to form the three-dimensional.

Pegasuses for a horse riding set. I immediately confis-

access to his private world with the same candor Clark

cated her Pippi Longstocking books for the time being.

applies to his usual subjects.

Thomas Zipp 27 Apr to 21 Juni 2012

Otherwise we’ll soon have a horse in the kitchen. Anthony Mc-

Galerie Guido W. Baudach,

Call

Oudenarder Str. 16–20

26 Apr to 12 Aug 2012

Tue to Sat, 11 am – 6 pm

Larry Clark

Hamburger Bahnhof –

In Blackout Chamber. L’arc

26 May to 12 Aug 2012

Museum für Gegenwart,

de Cercle & Dissociative Amnesia at Guido W. Baudach,

C/O Berlin, Oranienburger

Invalidenstr. 50/51

Thomas Zipp’s usual palette of black, white, and muted

Str. 35/36

Tue to Fr, 10 am – 6 pm;

earthy tones forms the visual foundation for a spatial

daily 10am – 8pm

Sat, 11 am – 8 pm; Sun,

installation juxtaposing the retro-futuristic with the

C/O Berlin presents some

11am – 6pm

natural. Recurrent elements in Zipp’s work – notably

EYEOUT Art Events (p. 36)

200 of Larry Clark’s photo-

In Five Minutes of Pure Sculpture at the Hamburger

apples, fluorescent tube lighting, and sculptural struc-

graphs from his series Teenage Lust and Los Angeles

Bahnhof, present a physical experience that is dif-

tures that blend the organic and the synthetic – are used

– the first time they have been shown in Germany.

ficult to decipher. When Anthony McCall returned

to create the feeling of a bunker village in a dead forest.

Clark’s photographs are often called shocking for

after his two-decade break, he switched from traditi-

Entering any of the four bunker-like structures that de-

their content – adolescent sexuality, drugs, subcul-

onal film to digital. This allowed him to move from

fine the space is to step into an entirely different world.

ture, and violence all feature, and sometimes all at

horizontal to vertical lines of projection. McCall calls

Lined with mirrors, and offering (also fully mirrored)

the same time – but equally shocking is the tender,

the resulting large light projections solid light, raising

seating, these rooms place the viewer in a disorientat-

uninhibited intimacy with which Clark approaches

disorienting questions about the ability of something

ing, infinitely reflected – and self-reflexive – center. A

his subjects. In this monographic exhibition, Clark

to exist both temporally and tactilely. Whether one

fifth room of the installation is on show at Guido W.

also turns a metaphorical lens back onto himself by

sees the projections as movies – which indeed they

Baudach’s Charlottenburg location.

Mitteschön Verlosung 45   English Translations

GAUMENSCHMAUS VOM ALLERFEINSTEN Einen Abend lang hervorragend essen und trinken, sich bedienen und verwöhnen lassen, ohne selbst in der Küche gestanden zu haben oder den Abwasch danach machen zu müssen? Das klingt verlockend und mit Hilfe des scent Restaurants könnt ihr solch einen Abend mit etwas Glück genießen. Ottmar PohlHoffbauer, passionierter Küchenchef im Cosmo Hotel Berlin Mitte, zaubert täglich im hoteleigenen scent Restaurant seine charakteristische „Aromaküche“. Mit exotischen und mediterranen Kräutern lockt er den Eigengeschmack der Produkte heraus. Alle Zutaten und Produkte stammen zum größten Teil aus kontrolliert biologischem Anbau und werden lokal bezogen. Da wäre zum Beispiel der lauwarme Wildkräutersalat mit gebeiztem Lachs, als Hauptspeise gebratenes US-Rinderfilet mit Beelitzer Spargel und Kartoffeln mit Sauce Bernaise. Den krönenden Abschluss liefern Schokolade mit Earl Grey oder geschmorter Rhabarber mit Quark und Vanille. Wenn da einem nicht das Wasser im Mund zusammen läuft. Neugierig und hungrig? Dann macht mit. Das scent Restaurant und Mitteschön verlosen ab sofort auf mitteschoen.com ein abendliches 4-Gang Überraschungsmenu mit korrespondierenden Getränken für zwei Personen. Guten Appetit!


46   Kolumne

„Wer nichts zu sagen hat, der trete vor und schweige.“ (Karl Kraus) Text Oliver Janik

Illustration Nicole Pieloth

„Was ich noch sagen wollte…“ – Hinweise auf Missstände und andere Belanglosigkeiten. Wenn das hier erscheint, ist die EM schon fast zu Ende. Deutschland ist dann noch im Turnier oder ist es nicht. Junge Männer, die häufiger Mario, seltener Mesut heißen, sind inzwischen zu Volkshelden stilisiert oder „haben nie richtig ins Turnier gefunden“, wie man das nennt, wenn ein Spieler oder eine ganze Mannschaft bei einem Turnier im großen Stile versagt. Denn Sportler und deren partner in crime, die Sportkommentatoren, sind ja bekanntlich nicht nur die größten Aphorismen-, sondern vielmehr Euphemismen-Schleudern unter der Sonne, sieht man mal von Bundesministern ab. Wenn der Gegner „sehr kompakt gestanden“ hat, hat man eigentlich festgestellt, dass Sturm und offensives Mittelfeld munter vor sich hin dilletierten, „nicht aggressiv genug in Zweikämpfe gegangen zu sein“ übersetzt sich mit Kollektivschlaf der Hintermannschaft. „Manchmal zu weit weg vom Gegenspieler gewesen zu sein“ unterstellt Arbeitsverweigerung bis hin zum Unvermögen. So läuft das nun mal im Fußball und wir haben uns daran gewöhnt wie an so viele Ungereimtheiten und Rätsel in der Sportberichterstattung. Zur Beweisführung ein paar Beispiele aus der Reihe „völlig unnütze Fragestellungen ohne vernünftige Antworten“: Zum Beispiel Hochburgen: die gibt es in der öffentlichen Meinung grundsätzlich nur in der Politik (Kommunalwahlen), beim Karneval (Köln, Düsseldorf, Mainz) und bei Sportarten, die vornehmlich im 3. Programm stattfinden oder punktuell auch mal ein öffentlich-rechtliches, weil Gebühren-rechtfertigendes „Blick hinter die Kulissen-Glaubwürdigkeits-Feature“ in der ZDF Sport Reportage am Sonntag bekommen. Immer und unbedingt, aber Provinz. Es gibt also Fechthochburgen wie Tauber-Bischofsheim, Tanzhochburgen wie Ludwigsburg, natürlich aber auch Rhönradhochburgen wie Kaltenkirchen oder Bönningstedt. Keiner würde aber jemals darauf kommen, München oder Hamburg als Fußballhochburgen zu bezeichnen: falsche Sportart, falsche Größe. Natürlich völlig wurscht. Trotzdem seltsam. Zum Beispiel Herkunft: auch hier ist kein wirkliches Muster zu erkennen. Manche Sportler werden seit je her auf Ihre Herkunft reduziert, wie „der Greinauer“ (Striezel Stuck), „der Schlierseer“ (Markus Wasmeier) oder „die Inzellerin“ (Anni Friesinger) – kein

Mensch sagt hingegen „der Heppenheimer“ (Sebastian Vettel) schon gar nicht „der Wetzlarer“ (Fabian Hambüchen). Kaum nachvollziehbarer, dafür immer wieder überraschend, die diagnostische Kompetenz von Sportlern „Ich hab gleich gemerkt, das ist ein Druckschmerz, wenn man drauf drückt.“ (Lothar Matthäus) oder Kommentatoren „Er hat sich die Schulter gebrochen.“ (Dieter Kürten, aus ca. 500 Meter Entfernung). Für beide gleichermaßen spricht auch ihr modernes interkulturelles Verständnis („Und jetzt skandieren die Fans wieder: Türkiye, Türkiye, was so viel heißt wie Türkei, Türkei“, Heribert Faßbender) oder „die sollen nicht glauben, dass sie Brasilianer sind, nur weil sie aus Brasilien kommen.“ (Paul Breitner). Und das ist nur die Spitze des Eisberges an Ungereimtheiten, Seltsamkeiten und Fehleinschätzungen im Sport, und dank des 100-jährigen Titanic-Untergang-Jubiläums haben wir ja nun dankbarerweise erneut multimedial eingehämmert bekommen, dass 2/3 des Eisbergs gar nicht sichtbar, weil unter Wasser sind, was nicht gerade Anlass zur Hoffnung gibt. Ein bisschen mehr Substanz, ein bisschen mehr Fokus bleibt uns also nicht nur in der Politik, sondern auch in der Sportberichterstattung zu wünschen, wenn man das schon anbietet. Und deshalb schließe ich voller Bewunderung mit dem unvergessenen Helmut Qualtinger, der die Dinge noch auf den Punkt brachte: „Simmering gegen Kapfenberg? Dös is Brutalität.“ Rumms.


Legende Kultur/Freizeit

Bars/Cafés/Clubs

1. Deutsches Historisches Museum, Unter den Linden 2

8. Kochhaus Prenzlauer Berg, Schönhauser Allee 46

2. Umspannwerk Kreuzberg, Ohlauerstraße 43 3. Tempodrom, Möckernstraße 10 4. Haus der Kulturen, John-Foster-Dulles-Allee 10 5. Zitadelle Spandau, Am Juliusturm 6. Volkswagen Automobil Forum, Unter den Linden 21 7. Filmgalerie 451, Torstraße 231



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