Ausgabe 40, Juni | Juli 2014
NEUES AUS BERLIN MITTE
POP UP DEUTSCH + ENGLISH
MODESTRECKE: HOT—COLD GLÜCKSTAG MIT KIM BROWN INTERVIEW MIT CONOR OBERST
Editorial
MITTE INS HERZ Fußball-Weltmeisterschaft und Sommer sind gute gute Kombination – auch wenn die deutsche Elf nicht um die Temperaturen in Brasilien zu beneiden ist. Unsere Reporterin Kathrin hat versucht, sich in die Nationalmannschaft rein zufühlen und bei gleißender Hitze in Berlin einen Samba-Kurs gemacht. Als bekennende NichtTänzerin ging für sie dabei so einiges daneben … Zur Abkühlung bietet sich unsere Modestrecke von Johanna Ruebel an, die Bikinis im winterlichen Rahmen präsentiert. Für unseren „Glückstag“ ist Ji-Hun mit Julian Braun – zusammen sind sie das Duo Kim Brown – vom Wedding nach Kreuzberg gelaufen und hat ihm zum Beispiel erklärt, inwiefern Abnutzungsspuren am Tiergarten etwas über die Evolution des Skatens erzählen. Außerdem in dieser Ausgabe: Ein Interview mit Conor Oberst, Lieblingsstücke und natürlich Neues von den Mitte-Muttis. Viel Spaß beim Lesen! Eure MITTESCHÖN-Redaktion
JI-HUN KIM Ji-Hun Kim ist Musiker, DJ, Redakteur und freier Dozent aus Berlin. Er betreibt seit einiger Zeit das Online-Magazin „Das Filter – Medium für Gegenwart“. Gemeinsam mit Julian Braun produziert und spielt er als Kim Brown DeepHouse-Musik. Beim „Glückstag“ zeigen sie sich ihre Lieblingsorte. dasfilter.com
DALIAH SPIEGEL Daliah Spiegel liebt das Analoge wie das Digitale. Wenn die Wiener Künstlerin nicht mit alten Analogkameras Alltagsdinge und Freunde (wie in dieser Ausgabe Kira Stachowitsch) fotografiert, werkt sie online an wahnwitziger Photoshop- und Internet-Kunst. Modedesignerin und DJane ist sie auch noch, dieses Jahr folgt ihr erstes gastronomisches Projekt, ein Restaurant in Shanghai! daliah-spiegel.tumblr.com
SOPHIA HOFFMANN Sophia Hoffmann schreibt schon eine Weile für Mitteschön, seit 2012 verfasst sie für uns die vegetarische Kochkolumne „Happa Happa“. Neben ihrer Tätigkeit als Journalistin kocht sie im veganen Restaurant „Let It Be“ in Neukölln. Momentan arbeitet sie zusammen mit unserer Grafikerin Sandra Stäbler an ihrem ersten Kochbuch, das im September erscheinen wird. Es wird sehr bunt und unterhaltsam – wir sind schon gespannt wie ein Flitzebogen. oh-sophia.net
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4 Impressum
MITTESCHÖN NO 40
HERAUSGEBER
Toni Kappesz VERÖFFENTLICHUNG
Vollstrudel GmbH Schröderstraße 12 10115 Berlin, Germany PROJEKT MANAGER
Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) ARTDIREKTION
Jan Erlinghagen (jan@mitteschoen.com) GRAFIKDESIGN
Sandra Stäbler (sandra@mitteschoen.com) REDAKTION
Anne Kammerzelt (anne@mitteschoen.com) REDAKTEURE
Anne Kammerzelt, Bettina Schuler, Björn Lüdtke, Fleur Flaneur, Ji-Hun Kim, Kathrin Gemein, Sophia Hoffmann, Tobias Stilz FOTOGRAFEN
Daliah Spiegel, Johanna Ruebel, Sibilla Calzolari, Tina Linster ÜBERSETZUNG
Nicholas Tedeschi (nicted@web.de) LEKTORAT
Kathrin Gemein (kathrin@commandante.org) ANZEIGENVERMARKTUNG
Vogel Corporate Media GmbH Christiane Maurer (Christiane.Maurer@vogel-corporatemedia.de) Bianca Welsch (bianca.welsch@vogel-corporatemedia.de) WEBSEITE:
www.mitteschoen.com DRUCK
hofmann infocom Nürnberg COVER
Jeanne fotografiert von Johanna Ruebel — Credits: Swimwear – Monki, Coat – Ganni, Tights – Anntian, Sandals – Adidas Originals, Necklace – Schmuckfritz, Rings – Antje Stutz and Vibe Harsløf
Inhaltsverzeichnis
INHALT / CONTENT
WEGWEISER 6
MOMENTMAL: ÜBER WINDUNGEN
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VERANSTALTUNGSTIPPS
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MITTESCHÖN LIEBLINGSSTÜCKE
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FUNDBÜRO: SUPERMARKET CONCEPT STORE Supermarket Concept Store
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PICKNICK TO GO
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HAPPA HAPPA: RADIESCHEN-SPIESSCHEN
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ENGLISCHE ÜBERSETZUNGEN English Translations
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MITTESCHÖN VERLOSUNG
KIEZTALK 12
GLÜCKSTAG MIT KIM BROWN
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AUGENSCHMAUS: SOME SERIOUS RAINBOWS
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INTERVIEW CONOR OBERST: PENDEL AUS OMAHA Pendulum from Omaha
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WIR MITTE-MUTTIS We Mitte-Mums
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BERLINER GESICHTER: DIE GEBRÜDER GUTMANN Berlin Faces: The brothers Gutmann
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KOLUMNE: DIE URINALE
KULTURGUT 18
SELBSTVERSUCH: I CAN’T SAMBA
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ILLUSTRATOR DES MONATS: JAN CARL BARTELS
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MODESTRECKE: HOT—COLD
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ÜBER WINDUNGEN Unsere Generation hat so viele Mög-
lichkeiten! Das Kreuz der Freiheit gleicht einer Kreuzung, auf deren Mitte man steht, sich dreht; wie ein Kompass neben einem
Magnet, nie sicher welcher Lebensentwurf der beste ist. Dieser Job oder jene Stadt, wo wartet das Glück? Anstelle einer Überwindung zu einer Entscheidung bleibt es oft bei einem Sich-Winden; ein
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Tina Linster fängt für MITTESCHÖN Berlin-Momente ein.
Neu in der Stadt
Oszillieren im Dazwischen lässt es dazu kommen, zu gar nichts zu kommen. “We get all kind of obsessed with finding the right thing instead of doing it”, sagt Tune-Yards, die erste aus einer Reihe von
KünstlerInnen, mit denen Kathrin Gemein und ich uns über dieses Phänomen unserer Zeit unterhalten haben.
8 Veranstaltungstipps, Translation P. 41
AUSSTELLUNG: LYNN CHADWICK Die Ausstellung des Bildhauers Lynn Chadwick (1914 – 2003) ist ein Grund mehr der Potsdamer Straße einen Besuch abzustatten. Chadwick arbeitete mit Stahl, den er in die Gestalt von Biestern zwang. Diese lebensgroßen, minimalistischen Kreaturen sitzen, kriechen, lauern und heulen zwar bewegungslos, erwecken aber den Anschein, als ob sie jeden Moment angreifen. Der Desi-
FUSSBALL-WM: ORGEL & FUSSBALL Bier, Leinwand, Orgel. Damit ist eigentlich schon alles gesagt. Denn kein Reporter dieser Welt schafft es, Dra-
gner Bill Katz hat die Beasts im ehemaligen Tagesspiegel-Gebäude inszeniert. BLAIN / SOUTHERN, BIS ZUM 26. JULI
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag ab 11 Uhr Potsdamer Straße 77–87, www.blainsouthern.com
KONFERENZ: TECH OPEN AIR Vielmehr „Unconference“, im Sinne von außergewöhnlich. Zum dritten Mal findet dieser Hybrid aus Kultur,
matik besser in einem Fußballspiel zu erzeugen, als
Technologie und Business statt. Das Tech Open Air ist
die aufreibende Orgelmusik des Stummfilmbegleiters
kein astreines Start Up Event, sondern eines, das be-
Stephan von Bothmer. Und das volle 90 Minuten lang.
wusst Strömungen aus der Kunst in das Programm mit
Wer möchte sich da noch das schöne Spiel kaputtreden
einfließen lässt, um Schnittstelle zu sein und Interdis-
lassen, etwa von Bela Rethy, dem Gerd Rubenbauer der
ziplinarität voranzutreiben. „Wir wollen den Austausch
Neuzeit. Bonus: ungestraftes Fluchen in der Kirche.
zwischen Technologie, Musik, Kunst und Wissenschaft
EMMAUSKIRCHE, AB 22. JUNI
fördern und zu künftigen Zusammenarbeiten anre-
Beginn: 22 Uhr
gen“, so TOA Initiator Nikolas Woischnik.
Eintritt frei
ALTE TEPPICHFABRIK, 16. JULI BIS 17. JULI
Lausitzer Platz 8a, www.emmaus.de
Tickets: ab 80 Euro Alt-Stralau 4, www.toaberlin.com
FESTIVAL: FEEL FESTIVAL Was schlägt einen Sommer-Tag am See? Na, ein Sommer-Festival-Tag am See natürlich! Das Feel-Festival am Kiekebuschsee ist liebevoll kuratiert und ein perfekter Ausflug ins Umland. Dabei sind Acts wie RY X, Clickclickdecker, The / Das, Thomas Azier, Messer, Trümmer, Unmap, Wasted Ruffians oder Schluck den Druck. Und wer zwischendurch keine Lust auf Musik
FESTIVAL: BERLIN CALLING ISTANBUL – EIN JAHR GEZI PARK Der Protest gegen die Bebauung des Istanbuler Gezi Parks entwickelte sich zu einer generellen Aushand-
hat, springt ins Wasser oder sonnt sich am Badestrand. Eigentlich perfekt.
KONZERT:
FEEL FESTIVAL, 11. BIS 13. JULI
AFGHAN WHIGS
Tagesticket: 16 Euro Kiekebuschsee
16 Jahre. Das ist eine lange Zeit, sich als Band nicht bli-
www.feel-festival.de
cken zu lassen. Aber die Afghan Whigs haben eh grund-
lungszone der türkischen Gesellschaft. Ein Jahr Gezi Park blickt in den Formaten Theater, Film, Ausstellung und Diskussionen auf das vergangene Jahr zurück und stellt fest: Die Proteste sind nicht verstummt. Die Beteiligten richten ihren Fokus auf die Diskurse im Hier und Jetzt. Überall ist Taksim. Überall ist Widerstand. GORKI (STUDIO Ð), 26. BIS 28. JUNI
Beginn: jeweils 20.30 Uhr Tickets: 5 bis 10 Euro Hinter dem Gießhaus 2, www.gorki.de
Foto-Credits: Goerkem Keser (Berlin Calling Istanbul), Peter Mallet (Lynn Chadwick), Piper Ferguson (Afghan Whigs)
sätzlich ihr eigenes Ding gemacht. Die Band rund um Mastermind Greg Dulli hat auf sechs Alben einen charakteristischen Sound aus den Zutaten Grunge, Soul und Postpunk entwickelt. Ihr aktuelles Album „Do The Beast“ lässt die Herzen derer höher schlagen, die schon damals Fans waren und hat dennoch kein Patina angesetzt. Bei ihrem einzigen Deutschlandkonzert können sich Comeback-Zweifler überzeugen lassen. C-CLUB, 2. JULI
Beginn: 21 Uhr, Tickets: 28,15 Euro Columbiadamm 9–11, www.c-club-berlin.de
Veranstaltungstipps, Translation P. 41 9
RESTAURANT:
AUSSTELLUNG:
TOMMI’S BURGER
WALKER EVANS. EIN
JOINT
LEBENSWERK
Typische Island-Assoziationen sind ja Björk, Fjorde und
Walker Evans erlangte erstmals öffentliche Aufmerk-
Pferde. Von nun an kommen aber auch Burger dazu:
samkeit, als er 1935 das Leben der von der Großen
Die Fastfood-Institution Tommi’s Burger Joint aus Rey-
Depression betroffenen Landbevölkerung der USA do-
kjavík hat endlich einen Ableger in Mitte aufgemacht.
kumentierte. Bereits 1938 im Museum of Modern Art
Im lässig eingerichteten Ladenlokal zwischen rustika-
ausgestellt, stehen seine Bilder für Sujets, die bis dato
ler Holzverkleidung und Bob-Dylan-Poster gibt es vier Burger-Variationen: Burger, Cheese Burger, Steak Burger und einen Veggie Burger (mit einem knusprigen
für herkömmliche Fotografie nicht infrage kamen:
FESTIVAL:
Alltagsmomente, die unbeachteten Ränder der indus-
PLAY NORDIC
triellen Landschaft, die Not der einfachen Leute. Das
Mo bis So, 11.30 bis 22 Uhr
Die Nordischen Botschaften präsentiert von 4. Juli bis
Einer der großen Fotografen des 20. Jahrhunderts.
Invalidenstraße 160, www.burgerjoint.de
zum 1. Oktober Musik, Design und Alltagskultur aus
MARTIN-GROPIUS-BAU, 25. JULI BIS 9. NOV
Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden.
Beginn: täglich (außer Mo) ab 10 Uhr
Am 3. Juli fällt dabei der Startschuss zu „Play Nordic“ zu
Tickets: 5 bis 7 Euro
dem Liebhaber elektronischer Klänge eingeladen sind.
Niederkirchnerstraße 7, www.berlinerfestspiele.de
Gemüse-Pattie). Und die Milchshakes sind der Kracher!
scheinbar Beiläufige wird bei Evans zum Besonderen.
Neben Nadja Chatti steht am Eröffnungsabend Kaspar Björke an den Plattenteller, dessen neues Album „After Forever“ im September rauskommt. Anmelden kann man sich für das Opening unter: www.play-nordic.com. Dabei gilt: first come first serve. ERÖFFNUNG: 3. JULI
Beginn: 20.30 Uhr Raucherstraße 1, Anmeldung: www.play-nordic.com
PERFORMANCE: FESTIVAL OF STUFF
FESTIVAL: MELT!-FESTIVAL
Was gibt es Schöneres, als sich nachts nach dem Feiern noch bei Youtube durch sämtliche Stationen der eige-
Das 17. Melt! Festival findet auch dieses Jahr wieder
nen Musiksozialisation inklusive Guilty Pleasures zu
unweit von Berlin auf dem atemberaubenden Gelände
surfen! Dasselbe dachte sich auch der Londoner Künst-
Ferropolis statt. Zwischen turmhohen Braunkohlebag-
ler Scott King und entwickelte darauf abgestimmt seine
ger und dem aus der ehemaligen Abhebung entstan-
Laptop-Late-Night-Fantasy „Festival of Stuff“. Hier werden die Fantasien, die jeder so in seine popgeschichtlichen Momente hineinprojiziert, plötzlich Realität … HAUS DER BERLINER FESTSPIELE,
denen See kann diversen Indie- und Electro-Acts wie
KINO: WELCOMEGOODBYE
10. UND 11. JULI
Tickets: 15 Euro, ermäßigt 10 Euro
Berlin besitzt momentan das größte Tourismuswachs-
Schaperstraße 24, www.berlinerfestspiele.de
tum weltweit – was nicht für alle Berliner Anlass zur Freude ist. Gentrifizierungsphobien, Touristenfeind-
Röyksopp & Robyn, Portishead, Who made Who oder Darkside gehuldigt werden. FERROPOLIS, 18. BIS 20. JULI
3-Tages-Ticket: 135,90 Euro, Sonntags: 53,90 Euro Ferropolisstraße, 06773 Gräfenhainichen www.meltfestival.de
lichkeit, Existenzängste: Die Dokumentation WelcomeGoodbye versucht, die aktulle gesellschaftliche Stimmung in der Stadt einzufangen, und lässt Freunde und Feinde des Tourismus zu Wort kommen. Dabei wirft der Film die Frage auf, wem die Stadt eigentlich gehört. MOVIEMENTO KINO (OMU)
Beginn: 19 Uhr Kottbusser Damm 22 www.welcomegoodbye.de
Foto-Credits: Burkhard Peter (Festival of Stuff), Kenneth Moller (Play Nordic), Alfaville (WelcomeGoodbye), Stephan Flad (Melt!-Festival)
10 Mitte Streets
MITTESCHÖN LIEBLINGSSTÜCKE Texte Björn Lüdtke
LIEBLINGSKLEIDER VON LIEBIG Ist: nur für kurze Zeit offen Kann: dir dein Lieblingskleid verkaufen Kostet: kommt drauf an – ein Besuch im Laden lohnt sich aber auf jeden Fall! Die Zeiten, in denen man zwischen Arbeit und dem Date am Abend nach Hause geht, um sich umzuziehen, sind lange vorbei. Dafür hat heute wirklich keiner mehr Zeit. Deswegen greifen Frauen morgens im Kleiderschrank gerne oft zum Kleid. Designerin Sandra Liermann vom Berliner Label Liebig stellt deswegen genau das in den Mittelpunkt ihrer Kollektion. Es ist das universellste aller Kleidungsstücke: reinschlüpfen, Schuhe an, Tasche dazu und schon ist man angezogen. Für kurze Zeit gibt es in der Bergstraße einen Mitteschön-Pop Up-Store mit Liebig-Sachen, in dem ihr euer neues Lieblingskleid findet! Gesehen bei: www.liebig-berlin.com
DIE GESCHICHTE(N) DES GESCHMACKS Ist: lecker Kann: Pasta verfeinern Kostet: ab 28 Euro Es gibt viele Gründe, bei Taste & Stories einzukaufen. Beim Online-Händler legt man Wert auf handwerkliche Tradition, eine Produktion der Lebensmittel, die im Einklang mit der Natur stattfindet und Preise, die in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung stehen, weil die Waren direkt beim Hersteller bezogen werden und so keinen Umweg über den Handel nehmen. Vor allem aber erfährt man bei Taste & Stories – und das ist bei dem Namen keine Überraschung – die Geschichte zum Produkt. Die gibt es auch zum „besten Parmesan der Welt“, dem Parmigiano Reggiano Bianca Modenese. Deren Kurzfassung geht so: Weiße Kühe grasen frische Kräuter in 800 Meter Höhe in der italienischen Provinz Modena und geben leckere Milch für geilen Käse. Die Langfassung findest du auf der Website von Taste & Stories. Gesehen bei: www.tasteandstories.com
Mitte Streets
FARBE FÜR DEN RÜCKEN Ist: hübsch Kann: Fahrradfahren bequemer machen Kostet: ab 110 Euro Ob Rucksäcke immer noch oder schon wieder in sind, darüber sollen sich Modeblogger ihre Köpfe zerbrechen. Fest steht, es gibt kaum eine bessere Möglichkeit, seine Habseligkeiten im modernen Stadtleben zu transportieren: beim Radfahren rutscht nicht ständig die Tasche nach vorne, beim Einkaufen hat man die Hände frei und für den Rücken ist die gleichmäßige Verteilung des Gewichts auf beide Schultern besser als das einseitige Tragen. In letzter Zeit dominierten oliv-farbene, überdimensionierte und von der Army inspirierte Modelle. Jetzt wird es etwas kompakter und bunter – die Rucksäcke vom ungarischen Label Ykra erinnern ein bisschen an Schulranzen aus den 70ern. Gesehen bei: www.ykra.bigcartel.com
WARMES LICHT AUS BETON Ist: außen grau und innen gold Kann: gemütliches Licht Kostet: 169,00 Euro Wenn wir in Berlin eines im Überfluss haben, dann ist es Beton. Das graue Material ist überall und verleiht unserer Hauptstadt sogar ihre Skyline. Der Schaft des Fernsehturms in Mitte wiegt 26.000 Tonnen und wurde aus 8.000 Kubikmetern Beton gebaut. Wer nicht genug von dem grauen Material bekommen kann, der hängt sich dann noch die T2 in seine Platte. Die Leuchte wurde vom Architekten Stefan Gant entworfen. Der Clou: Ihre Innenseite ist vergoldet und strahlt so ein freundliches und warmes Licht in die coole Betonwüste. Gesehen bei: www.gantlights.de
WEIN AUS QUITTEN! Ist: süffig Kann: schöne Sommerabende noch schöner machen Kostet: ab 4,50 Euro Man mag es fast schon nicht mehr hören und lesen, aber wichtig bleibt es trotzdem: kauft lokale Produkte! Warum, könnt ihr euch inzwischen denken. Das Gutshof Kraatz in der Nordwestuckermark ist zwar auch etwas über 130 Kilometer von Mitte entfernt, aber das lassen wir durchgehen. Schließlich haben wir hier keine Streuobstwiesen, die man braucht, um Wein aus Äpfel und Birnen machen zu können. Im April 2014 wurde der Wein aus der Apfelsorte „Prinz Albrecht von Preussen“ mit einem „Pomme d´Or“ ausgezeichnet. Und wem das nicht besonders genug ist, der probiert einmal den Quittenwein. Gesehen bei: www.gutshof-kraatz.de oder bei Berlin for Berlin, Schröderstraße 12, www.berlin-for-berlin.de
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Glückstag
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KIM BROWN Text Ji-Hun Kim
Fotos Sibilla Calzolari
Kim Brown sind Julian Braun und Ji-Hun Kim. Seit vielen Jahren legen sie gemeinsam auf und produzieren House-Musik. Im vergangenen Jahr erschien ihr Debütalbum „Somewhere Else It’s Going To Be Good . Für Mitteschön zeigen sie sich gegenseitig ihre persönlichen Lieblingsorte. In der Nähe des Humboldthain fing alles an. Ji-Hun wohnte einen Dosenwurf entfernt, als Kim Brown ihre ersten Tracks bastelten. Julian verbrachte unterdessen viel Zeit in seiner Jugend mit Skaten am Kulturforum. Da Ji-Hun praktischerweise von Hause aus Journalist ist, protokollierte er den Glückstag gleich mit. Über gallische Dörfer, hohe Kanten und ziemlich gute Burger.
14 Glückstag
Rosengarten im Humboldthain
Ji-Hun: Der Rosengarten hier im Humboldthain hat für mich etwas Verwunschenes. Einerseits gepflegt und schön, auf der anderen Seite total weit weg von dem Berlin, das man so gemeinhin kennt. Direkt dahinter ist ein alter Flakturm / Bunker mit einer Aussichtsplattform. Den wollten sie nach dem Zweiten Weltkrieg sprengen, was aber nicht geklappt hat. Der wurde einfach zu stabil gebaut, woraufhin er einfach aufgeschüttet wurde. Die Berliner Unterwelten-Ausstellung ist hier auch in der Nähe. Julian: Das ist lustig, weil ich da mein erstes Date mit einer früheren Freundin hatte.
Ji-Hun: Der Park wurde bereits im 19. Jahrhundert gebaut. Der Bunker wurde mehr oder weniger da rein gesetzt. Ich kenne keinen so schönen Park wie den hier in der Mitte von Berlin. Als Student hab ich hier viele meiner Uni-Seminare besucht. Julian: Ich finde es hier auch schön. Der Botanische Garten in Britz gefällt mir auch gut. Aber der ist schon wieder so weit weg. Ji-Hun: Im Görlitzer Park ist um die Uhrzeit die Hölle los. Ich mag die Ruhe hier. Der Wedding ist so etwas wie das kleine gallische Dorf, das sich nicht durchgentrifizieren lassen will. Bleibt die Frage: Für wie lang?
Ji-Hun: Auf dem Flakturm? Julian: Nein, Unterwelten. Ji-Hun: Wieso macht man da ein Date? Julian: Weiß nicht. Ich glaub, es war als Date getarnt. Ji-Hun: Du hast mich lange Zeit regelmäßig besucht, als noch hier in der Nähe gewohnt habe. Aber hier waren wir noch nicht? Julian: Irgendwie nicht. Ich fragte mich gerade, ob ich überhaupt schon einmal hier war. Ich glaube, auf einem komischen TechnoOpen-Air. Ji-Hun: Stimmt, die gab es eine ganze Zeit lang hier. Einige waren cool. Meistens waren die auf der Rodelbahn auf der anderen Seite. Julian: Aber wurde der Park dann erst nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut?
Kulturforum: Berlin-Tiergarten Julian: Hier war ich früher viel skaten. Ji-Hun: Wie oft? Julian: Hauptsächlich montags, weil dann die Museen zu haben. An dem Tag wurde das mehr oder weniger geduldet und es gab auch keine Wachmänner. Hier vor der Philharmonie wurde auch viel gefahren. Mittlerweile hängt da ein Schild, dass man nicht mehr skaten darf. Ji-Hun: Wann war das? Julian: Mitte / Ende der 90er. Guck mal, ich hab hier am Schienbein eine Narbe, die ich von genau dieser Stelle hier habe, diese Kante. Damals war hier richtig viel los.
Gl端ckstag
Aussicht vom Flakturm / Bunker
Kulturforum
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16 Glückstag
Ji-Hun: Hier hat sich dann die Berliner Skateszene versammelt. Julian: Total. Berlin wurde ja erst später zum Skatemekka. Ende der 90er sind alle nach Barcelona gezogen. Jetzt ist es Berlin, was aber auch mit dem Nachtleben und anderen Vorzügen der Stadt zu tun hat. Ji-Hun: In Barcelona fand ich immer, dass die Skater viel mehr das Stadtbild geprägt haben als hier. Hier siehst du nur Typen mit komischen Longboards.
Julian: Zum Blockbuster gucken geht man halt ins Sony-Center. Bevor es die ganzen Neubauten gab, ist man zum Polenmarkt gegangen. Wir sind immer zwischen den drei Spots hier, also Philharmonie, Kulturforum und Neue Nationalgalerie, hin und her gependelt. Vor allem das Kulturforum hier ist so perfekt zum Skaten. Als hätte es jemand mit Hinblick darauf so konzipiert. Die Linie von ganz oben über die Treppen bis zur Rail hier unten ist legendär. Kürzlich fand an dieser Line sogar ein professioneller Skatecontest statt.
Julian: Es gibt zum Beispiel immer mehr Skateparks, die gebaut werden. Das Gute hier ist, dass einige der Parks von Skatern entwickelt wurden. Häufig knallt die Stadt irgendwas neben einen Spielplatz und keiner kann was damit anfangen, weil die unbefahrbar sind. Das ist in Berlin ein bisschen anders.
The Bird: Berlin-Kreuzkölln
Ji-Hun: Wer ist der größte Berliner Skater?
Julian: Weil wir alle inklusive Sibilla Burger essen wollen und ausnahmsweise mal drauf scheißen, ob das jetzt cool ist oder nicht. (alle lachen)
Julian: Keine Ahnung. Lennie Burmeister vielleicht? Ji-Hun: Den kenn ich. Fotografin Sibilla: Lennie hab ich hier am Kulturforum auch mal fotografiert. Ji-Hun / Julian: Wie geil ist das denn? Julian: Du kannst hier gut die Evolution des Skatens sehen. Damals ist man an die hohe Kante hier gar nicht dran gekommen. Heute springen da alle drauf. Das kann man an den Abnutzungsspuren gut erkennen. In den 90er war die Kante kaum angerührt.
Ji-Hun: Da wir nun beide in Kreuzberg wohnen, müssten wir wahrscheinlich einen guten Köfte essen – wie beispielsweise den bei dir in der Wrangelstraße. Wieso sind wir hier gelandet?
Ji-Hun: Gerade für dich als alten Kreuzberger: Ist das nicht seltsam, dass jetzt die ganzen Mitte / Prenzlauer Berg-Restaurants wie Cocolo, The Bird oder White Trash hier ihre Läden aufmachen? Julian: Das stimmt schon, aber schlimm finde ich das nicht. Ich hätte gerne einen Dolores in Kreuzberg. Ji-Hun: Ich kenn bis jetzt nur The Bird aus der Gleimstraße. Ich hab’ da mal ein 50 Euro teures Steak gegessen und drei Nächte mit schlechtem Gewissen mies geschlafen. Das war mir zu dekadent. Julian: Dafür sind die Burger hier gut.
Ji-Hun: Wobei hier die Gegend am Potsdamer Platz noch immer schlecht angenommen wird.
Ji-Hun: Das stimmt. Der Hausburger ist hier wirklich prima. Vor allem medium rare.
The Bird
Fundbüro
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SUPERMARKET CONCEPT STORE Text Sophia Hoffmann
Fotos PR
Translation p. 42
Anti-Schnäppchen mit Häppchen und Zoo-Blick
Wir müssen zugeben, dass das Opening des nigelnagelneuen Supermarket Concept Stores auf dem Dach des brandneuen renovierten Bikini Hauses ein absolutes Highlight war. Wo es bei anderen Events dieser Art lauwarmes Bier und Erfrischungsdrinks in Geschmacksrichtungen gibt, die eher an Mundwasser erinnern, wurden hier feinster Champagner, sautierte Jakobsmuscheln und hochprozentige Kräuter-Cocktails gereicht – sehr zur Freude der Gäste, die mit zunehmendem Alkoholgenuss leichte Probleme mit den vielen Glaswänden bekamen, die den direkten Zugang zur Terrasse versperrten. Uns war klar: Hier wird Wert auf Qualität gelegt. Und auf Transparenz. Der erste Supermarket Concept Store entstand 2008 in Belgrad in den Räumlichkeiten eines alten Lebensmitteldiscounters, daher der Name und der Schriftzug im kyrillischen Alphabet. Mittlerweile ist ein weiterer Supermarket Concept Store in Montenegro dazu gekommen und in Berlin erstrahlt nun die Nummer drei. Die Idee ist einfach und gut: Hochwertige und schicke Mode, Wohndesign, Küchenartikel, Kosmetik und Kunst mit Gastronomie unter einem Dach. So können alle Stühle und Sofas, auf denen man sich vom anstrengenden Shopping erholen kann, auch gleich erworben werden. Ganz praktisch: So kann man sich bei einem Kaffee oder einem Gläschen Wein gleich überlegen, ob die Lampen, die die Bar erleuchten, über den heimischen Küchentisch passen würden.
Die Küche unter der Regie von Max Jensen und Felix Metzger (Berlin Cuisine) bietet Tapas-artige Gerichte, die man sich nach Lust und Laune zusammenstellen kann – erfreulicherweise gibt es auch viele fleischfreie Optionen. Außergewöhnlich und angenehm ist das „über den Wolken-Gefühl“ mit Blick auf das weite, satte Grün (und ein paar Affen) des Berliner Zoos. Mit diesem Ausblick wird der Store tatsächlich zu einem Ruhepol im, zumindest am Wochenende, stark touristisch frequentierten Bikini-Haus. Das Besondere hier ist ohne Frage die unkonventionelle Produktpräsentation. Der Laden sei „ein offener Projektraum, in dem sich Designer, Künstler, Architekten, Fotografen, Unternehmer, Medien und Meinungsführer regelmäßig austauschen und gemeinsam Projekte umsetzen“, so der Gründer Srdan Dzombeta. Der Supermarket Concept Store bietet ein Einkaufserlebnis, das dazu einlädt, der Freude an schönen Dingen zu frönen. Dinge, die einem hier vor die Nase gelegt werden, die man nicht zwingend braucht, aber die das Leben wesentlich angenehmer (und natürlich praktischer) machen und ein herrlich gutes, stilvolles Bauchgefühl hinterlassen. Wie einst ein schlauer Mensch sagte: „Stil kann man sehr wohl kaufen – aber billig ist das nicht!“
Budapester Straße 44 10787 Berlin
18 Kulturgut
I CAN’T SAMBA Text Kathrin Gemein
Illustration Susan Stäbler
Während der Weltmeisterschaft bin ich mit zwei Dingen konfrontiert, von denen ich nicht besonders viel verstehe: Einmal bin ich kein besonders großer Fußballfan und -Kenner und froh, so Sätze wie „Belgien ist dieses Jahr ein Geheimtipp“ nach brabbeln zu können, um nicht gänzlich außerhalb des News-Stroms zu wirken. Außerdem habe ich mich noch nicht intensiv mit dem Gastgeberland Brasilien beschäftigt und kenne deshalb nur die allgemeinwissenstypischen Eckdaten. Drum habe ich meine Assoziationskette einmal durchrasseln lassen, bei „Samba“ aufgehorcht – und mich einfach mal zu einer Probestunde angemeldet. By the way: Leicht ist mir das nicht gefallen – im Gegenteil!
Kulturgut
Ich kann nicht tanzen. Damit meine ich nicht dieses fishing-for-complimentsartige Herunterspielen, wenn man keine perfekten Moves draufhat. Ich kann es wirklich nicht. Da ich früher nur zu lauter Gitarrenmusik aus war, bei der man eh nur sein Gewicht verlagert und den Kopf ein wenig mehr bewegt, ist mir das lange nicht aufgefallen. Als dann die ersten elektronischen Partys in meinem Leben dazu kamen, schwante mir, dass ich irgendetwas anders mache als die anderen. Während die Menschen um mich herum auf der Tanzfläche wie selbstverständlich einfach gut oder zumindest normal aussahen, musste ich mich immer konzentrieren, mich halbwegs unauffällig zu bewegen. Mittlerweile habe ich mir eine Art tanzendes Auf- und Abhüpfen angewöhnt. Da kann selbst ich nicht viel falsch machen. Als ich mich also zu meiner Samba-Probestunde ins Tanzstudio Dança Frevo begeben habe, wusste ich im vorhinein: Das wird hart. Um meine Unsicherheit ein wenig zu zügeln, löcherte ich erst einmal Carlos Frevo mit ein paar Fragen. Der 33-Jährige stammt aus Nordostbrasilien, lebt seit 18 Jahren in Deutschland und vermittelt seit einem Jahrzehnt als Tanzlehrer Samba – überwiegend an Europäer. Die größte Schwierigkeit liegt laut Carlos darin, dass die meisten verlernt haben, wirklich auf Musik zu hören und sie auch verstehen zu wollen. Und gerade wenn man sich an ein solches Kulturgut annähern wolle wie den Samba, sei es besonders wichtig, sich in die dazugehörige Musik zu vertiefen. Na prima. Ich höre wirklich viel und gerne Musik und habe auch einen gewissen Anspruch und Ehrgeiz, wenn es darum geht, komplexen Strukturen zu erkennen und zu entschlüsseln … aber wenn es um, sagen wir mal ganz allgemein, lateinamerikanische Musik geht, bin ich meistens raus. Ich ärger mich selber drüber, dass ich da so verbohrt bin, aber bis auf wenige Fälle nervt mich einfach die Rhythmik. Das denke ich natürlich nur, bekomme noch größere Bedenken, ob es eine gute
Idee war, diesen Kurs zu besuchen und ziehe mir Sportkleidung an. Im Tanzraum treffe ich auf die anderen Tanzschüler: Ein Ehepaar um die 60, ein etwa 40-Jähriger Typ und vier Frauen so um die 30. Da es rekordverdächtige 34 Grad sind, schwänzen viele an diesem Abend den Kurs. Wie Carlos vorher erzählt, ist ihm in den Anfängerkursen wichtiger, bei den Teilnehmern ein Gefühl für Samba zu entwickeln, als eine gutaussehende Choreographie auf die Beine zu stellen. Deshalb stehen wir zu Beginn auch nicht, wie bei vielen anderen Tanzstunden, einem Spiegel gegenüber, sondern stellen uns im Kreis auf. Carlos macht die ersten Schritte vor, die soo leicht ausschauen: Einfach das Gewicht von einem auf das andere Bein verlagern, dabei etwas federnd hin und her rutschen. Alle anderen Teilnehmern kriegen das recht gut hin. Ich fühle mich auch noch wohl, bis ich den dummen, dummen Fehler mache, kurz in den Spiegel zu gucken – und zu bemerken, dass ich ausschaue wie eine Winzerin, die barfuß Trauben keltert. Dieses Bild bringt mich erst einmal so aus der Fassung, dass ich mehrere Schrecksekunden brauche, um wieder den Takt zu finden. Carlos bemerkt das alles nicht und bringt uns immer mehr Schritte bei, die sich im Achteltakt abwechseln. Gerade als ich mich damit abgefunden habe, dass ich halt scheiße aussehe, aber zumindest die Schrittfolge mehr oder minder hinbekomme, kommt Carlos auf die Idee, uns zu den Schrittfolgen auch noch Armbewegungen beizubringen, die asynchron funktionieren. Da ist bei mir alles vorbei: Die Fähigkeit, eine Schrittfolge einzuhalten und GLEICHZEITIG die Arme zu bewegen, besitze ich nicht. Gar nicht. Als einzige in diesem Raum. Ich frage mich ernsthaft, ob mit mir etwas nicht stimmt. Aber so oft ich es versuche, entweder machen meine Arme oder Beine nicht mit. Meine Mitschüler, die mir vorher einfach nur aufmunternd zugelächelt haben, schauen immer mitleidiger in meine Richtung. Und ich möchte am Liebsten raus
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laufen. Aber es ist erst eine Viertelstunde Kurszeit vergangen. Also schlucke ich jeglichen Stolz runter und versuche, so unangestrengt drein schauend wie möglich meine Verzweiflung zu vertuschen. Carlos ist verdammt gut gelaunt, macht charmant einen Witz nach dem anderen, erzählt interessante Geschichten rund um den Samba und seine Entstehung. Alle Mitschüler lassen sich von einer beschwingten Art anstecken und wirken so leicht und natürlich in ihren Bewegungen, dass ich nach diesem berühmten Loch im Erdboden Ausschau halte. Schließlich kommen zu der Arm-Bein-Choereographie Carlos Ermunterung zu mehr Hüftschwung und Körpereinsatz. Und spätestens hier bin ich raus. Nicht nur, dass ich nicht tanzen kann – hinzu kommt, dass ich in einer Sache so richtig typisch westeuropäisch bin: Ich kann nicht einfach mal eben so einen Hüftschwung machen. Weiß der Geier, ob ich dafür zu gehemmt bin oder einfach ungeübt, aber wenn ich mich überhaupt dazu überwunden kriege, sehe damit aus wie ein Clown, der versucht, einen Hula-Hoop-Reifen zu bezwingen. Um mein Selbstbild nicht mit noch mehr merkwürdigen Vergleichen zu überblenden, verabschiede ich mich aus dem Kurs. Eine Stunde habe ich durchgehalten. Als ich rausgehe, kann ich mir nicht verkneifen, die anderen noch darüber aufzuklären, dass es sich bei meiner Teilnahme um einen journalistischen Selbstversuch handelt und ich mir dessen komplett bewusst bin, dass ich nicht tanzen kann. Ich ignoriere das erleichterte Aufatmen meiner Mittänzer darüber, dass ich keine weiteren Ambitionen hege, diesen für mich unbezwingbaren Tanz weiterzulernen und summe den Genesis-Hit „I can’t dance“, während ich den Ausgang suche.
20 Advertorial
„GEH ICH? GEH ICH NICHT …? Unser Alltag wird viel zu oft durch ein unnötiges Zögern gebremst. Besonders, wenn man sich nicht traut, jemand Unbekanntes einfach anzusprechen – schließlich treffen solche Begegnungen einen zumeist völlig unvorbereitet.
Eine fremde Person einfach aus dem Nichts anzusprechen kann aus Angst vor Ablehnung große Überwindung kosten. Und während Du noch zögerst, ist Dein Objekt der Begierde längst um die Ecke verschwunden. So verstreichen ungezählte Chancen, vielleicht die Person Deines Lebens kennenzulernen, aus fehlender Courage oder mangelnder Spontaneität. Für dieses Problem gibt es endlich eine Lösung – und zwar eine mobile App, die mit einem innovativen Konzept die Kontaktaufnahme erleichtert: happn spürt solche Begegnungen wieder auf. Und zwar mit dem Ziel, eine Verbindung zwischen Dir und allen noch fremden Menschen, die Dir in Deinem Alltag über den Weg laufen, zu schaffen. Von nun an ist es ohne Weiteres möglich, dieses hübsche blonde Mädchen, das gestern mit dem Fahrrad an Dir vorbei gedüst ist, wieder zu finden. Den interessanten Typ, im Café am Nebentisch tatsächlich in der Originalausgabe Deines Lieblingsromans geblättert hat! Oder vielleicht den coolen Schwarzhaarigen, der spätnachts in einer grünen Lederjacke neben Dir an der Theke stand. Alles in allem also alle Menschen, bei denen Du Dich bislang wegen der verpassten Chance grün geärgert hast.
Wie das funktionieren soll? Diese App nutzt in Echtzeit das Prinzip der Geolokalisierung. Jedes Mal, wenn wir jemandem begegnen, erscheint sein Profil auf dieser App – natürlich vorausgesetzt, dass diese Person die App auch auf seinem Smartphone installiert hat. So hat happn eine ganz neue Form des Online-Datings entwickelt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Dating-Seiten liegt hier der Anfang in einer realen Begegnung, die virtuell fortgesetzt wird. Das ärgerliche im normalen Online-Dating ist ja hingegen, dass man zunächst mit einer virtuellen Kunstfigur kommuniziert und bei ersten Treffen oft aus allen Wolken fällt. happns Stärke liegt somit darin, dass dem Zauber der realen ersten Begegnung ein wenig auf die Sprünge geholfen wird. Zusammengefasst: Dieses Konzept bringt Menschen auf eine unkomplizierte Art und Weise schneller zusammen. Und auch wenn happn gerade erst in Berlin gelauncht wurde – wir sind uns sicher, dass wir demnächst auch London und Paris erobern werden. Viel Spaß!
Augenschmaus
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SOME SERIOUS RAINBOWS Text Sophia Hoffmann
Foto Daliah Spiegel
Als Kira Stachowitsch im zarten Alter von 19 in Wien das Indie Magazine gründete, hätte sie sich niemals träumen lassen, dass daraus ein Job und vor allem eine Karriere erwachsen würde. Vom wild zusammen gebastelten Fanzine mauserte sich das MusicFashion-Lifestyle-Heft zu einem Hochglanz-Magazin mit internationalem Vertrieb. Dazu kommen heute noch zwei weitere Magazine, das Frauenmagazin Material Girl und das Monki Magazin. Auf ihrem mittlerweile begrabenen Blog thepetfanclub.blogspot.de ließ Kira ihre Leserschaft teilhaben an ihren ultra-extravaganten
SWEATER Kira trägt einen Sweater
Styling-Eskapaden, wöchentlich wechselnden Haarfarben und einer tiefen Leidenschaft für animierte Tier-Gifs und 1990er Jahre Ästhetik. Diese Frau, die optisch gerne wie eine nicht alternde Mischung aus Ravermädchen und LSD-Sahnetörtchen daherkommt, hält ziemlich viele Zügel in der Hand – wie schon der schlaue Herr Frank N Furter (aus der Rocky Horror Picture Show) sagte: „Don't judge a book by it's cover“, worauf Cyndi Lauper antwortete: „Girls just wanna have fun!“. Ihre beste und laut Wikipedia-Eintrag „Busen“-Freundin Daliah Spiegel ist Fotografin und hat Kira für uns portraitiert.
STRUMPFHOSE Strumpfhose und Socken
des dänischen Labels
sind von Falke, einer
Ganni in der eher un-
deutschen Traditions-
knalligen Farbe Grau. Sie findet, dass jede Farbe
marke, wahrscheinlich das Seriöseste, was Kira
ihren Anlass und ihre
im Schrank hat. Dass
Berechtigung hat. Die
die Modewelt leider weit
Grauheit wird mit einem famosen Farbspiel im
nicht so offen ist, wie mancher glaubt, merkt
Haupthaar ausgeglichen,
sie oft an den Blicken
das an die Zaubermähne
pikierter Business-
von My Little Pony erinnert.
Kunden: „Elitarismus ist unglücklicherweise ein in der Mode noch sehr weit verbreitetes Konzept!“.
SCHUHE SHORTS Die Secondhand-Shorts von Diesel sagen: „Hallo 1990er!“ genau wie Kira’s momentanes Lieblingsteil, eine schwarze Jogginghose mit Neonstreifen und ein Shirt mit einem Print von Jay Z’s
Ihre Füße zieren „alte Raverschuhe“ vom Flohmarkt. Wäre Kira eine Frucht, wäre sie nach eigener Auskunft eine Kirsche, ihr KindergartenSymbol. Peter-PanCherry-On-Top-ISM. We love.
Gesicht. Der hat es nicht aufs Foto geschafft, war wahrscheinlich noch im Aufzug …
indie-mag.com materialgirl-mag.com
22 Kulturgut
PICKNICK TO GO! Text Kathrin Gemein
Fotos Tina Linster
In der Theorie hört sich das Prinzip Picknick so schön an. In der Praxis haut es selten hin: Der Kühlschrank ist leer, der Park zu weit weg und außerdem ist alleine der Gedanke, alles zur Wiese und anschließend wieder zurückschleppen zu müssen, viel zu anstrengend. Wenn man aber an seinem Sommertag einfach den ganzen Tag auf dem Tempelhofer Feld abhängen möchte, muss eine gewisse Grundversorgung sichergestellt werden – dafür sind die Wege vom Feld zum Späti und wieder zurück zu weit. Als Lena Wenckebach mal wieder über das ehemalige Flughafenareal spazierte, dachte sie sich: „Was für eine Szenerie! Und ich wollte so gerne Verweilen, ohne jedoch von Zuhause einen ganzen Picknickkorb hierhin zu schleppen.“ Deshalb kam die 33-jährige Berlinerin auf die Idee, einfach vor Ort einen Picknick-Korbverleih-Service anzubieten. Seit dem 1. Mai ist ihr Service „Picnic Berlin“ in einem weiß-rot gekachelten Häuschen direkt am Neuköllner Eingang (beim Werner-Seelenbinder-Sportpark / St. Thomas Kirchhof) beheimatet. Auf rund 16 Quadratmetern Raum warten etwa 60 Weiden- und Picknickkörbe darauf, individuell befüllt zu werden. Im Angebot sind unter anderem verschiedene Salate (auch vegan und vegetarisch) in praktischen Schraubgläsern, Buletten, Makkaroni und Antipasti, Hummus, Brezeln oder Nachtisch, die vom Kreuzberger Restaurant Vabrique angeliefert werden. Außerdem gibt es –
natürlich gekühlte – Getränke wie Wasser, Apfelschorle, Bier, Wein und Crémant. Jeder Gast kann sich sein Paket individuell zusammenstellen. Für einen Grundpreis von zehn Euro gibt es neben dem Korb auch Porzellan-Besteck und richtige Gläser – „aus ästhetischen und nachhaltigen Gründen“. Zudem können nach Wunsch auch eine Decke und Freizeitaktivitäten wie Gedichtbände, Tageszeitungen, Speedminton oder Mensch ärgere Dich ausgeliehen werden. Na, so lässt sich der Sommer doch gut angehen! Picnic Berlin Oderstraße 12051 Berlin www.picnic-berlin.com mail@picnic-berlin.com
Kulturgut
23
ILLUSTRATOR DES MONATS: JAN CARL BARTELS
Jan Carl Bartels Arbeiten sind bombastische Sinfonien, komplexe Bildkompositionen, zusammen gesetzt aus hunderten Einzelteilen. Akribisch, detailliert und liebevoll arrangiert, mit Engelsgeduld zusammengefügte Formen, die den Betrachter in ihren Bann ziehen. Mal still, mal laut und immer auf den Punkt. Er knetet, formt, fügt zusammen, zieht, puzzelt, schiebt und spielt mit dem fotografischen Rohmaterial. Im Ergebnis stehen Collagenbilder, die sich nicht auf Anhieb entschlüsseln lassen. Sie holen den Betrachter zunächst durch die Darstellung vermeintlich Bekanntem dort ab, wo er sich wohl fühlt – um ihn dann beim zweiten Blick durch die irritierenden Details zu fesseln und in ihren Bann zu ziehen. „Die Natur sieht manchmal komisch aus, und noch komischer ist, was Fotos aus ihr machen.“ Dieser Satz steht im Mittelpunkt der Arbeit von Jan Carl Bartels. In den meist großformatigen Collagen spiegelt sich diese Aussage wider. Es geht ihm um die Ausdrucksformen der Natur, die Reflektion dieser Formen und die spannende Tatsache, dass die zwischengeschalteten Geräte, also Fotoapparate und der Computer selbst, auch noch ihr Übriges zum Ergebnis beisteuern. Vordergründig geht es um die Formen, die er mit seinem fotografischen Rohmaterial erzeugen kann. Und darum, heraus zu finden, welche gestalterischen Möglichkeiten die in Pixel aufgelöste Natur zu bieten hat. Auf diese Weise entstehen unter anderem merkwürdig verdrehte Wolkenformationen oder Blumensträuße mit groben Unschärfen, die, ähnlich wie bei der Fokussierung in der Fotografie, Tiefe suggerieren. Jan Carl Bartels hat Grafikdesign und Fotografie in Hildesheim, Bielefeld und Kouvola (Finnland) studiert. Er lebt und arbeitet seit 2011 in Berlin als freier Illustrator, Fotograf und Bildbearbeiter. www.jancarlbartels.de
Du bist Illustrator und möchtest mit deinem Artwork das nächste heraustrennbare MITTESCHÖN-Poster zieren? Dann schick uns deine Bilder und Entwürfe an: info@mitteschoen.com.
26 Kieztalk
PENDEL AUS OMAHA INTERVIEW CONOR OBERST Text Kathrin Gemein
Foto Butch Hogan
Translation p. 42
Conor Oberst, der ja unter anderem als Sänger seiner Band Bright Eyes bekannt geworden ist, macht seit 20 Jahren Musik. Insgesamt hat der mittlerweile 34-Jährige mit verschiedenen Projekten schon über 20 Alben herausgebracht. Sein aktuelles Solo-Album „Upside Down Mountain“, bei dem auch die Band First Aid Kit mitwirkt, klingt poppiger und griffiger als Oberst jemals geklungen hat – und das trotz eines nach wie vor ausgeklügelten Songwritings. Im Interview erzählt Conor Oberst, wie sich seine musikalische Herangehensweise verändert hat und inwiefern vielleicht auch sein Alter da mit rein spielt.
Conor, wie waren die Aufnahmen zu Deinem neuen Album „Upside Down Mountain“? Ich habe das Album zusammen mit Jonathan Wilson aufgenommen, der ein grandioser Musiker ist und einen großen Einfluss hatte. Wir haben die Stücke an verschiedenen Orten in L.A. und in Omaha, Nebraska, wo ich herkomme, aufgenommen. Abgemischt haben wir das Album in Nashville in einem Studio namens „Blackbird“. First Aid Kit, diese großartige schwedische Band, hat viele Harmonien auf dem Album gesungen. Außerdem waren ein paar meiner üblichen Verdächtigen wie Nate Walcott von den Bright Eyes dabei, der für die Bläser-Arrangements zuständig war.
Kieztalk
Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit First Aid Kit? First Aid Kit haben ihr letztes Album mit Mike Mogis aufgenommen, der ja auch bei den Bright Eyes mitspielt. Wir sind in Omaha direkte Nachbarn, weshalb unsere Garten auch miteinander verbunden sind. Und da sich dort ein Studio befindet, haben First Aid Kit quasi für ein paar Monate in meinem Garten gelebt. Ich habe dann bei ein paar Stücken auf ihrem Album mitgesungen und anschließend sind wir ein wenig miteinander getourt. First Aid Kit haben zunächst ein paar unserer Konzerte eröffnet und schließlich auch bei ein paar unserer Stücke mitgesungen. Da bin ich zum ersten Mal darauf gekommen, wie fantastisch es wäre, wenn First Aid Kit auch auf meinem Album mitwirken würden. Da ich eine recht kaputte Stimme habe, passt es einfach perfekt, die magischen Harmonien der beiden dazu zufügen. Als ich Dein neues Album zum ersten Mal gehört hab, war ich ein wenig überrascht, das es viel catchier klingt als Deine früheren Sachen ... Ich habe immer schon Popmusik geliebt und ich habe habe schon immer Wert darauf gelegt, dass meine Songs auf irgendeine Weise Hooks haben, also Stücke, an die Du Dich direkt erinnerst. Aber ich schätze, dass meine Art von Popmusik ein wenig von dem entfernt ist, was gemeinhin unter Pop verstanden wird. Ich finde es jedenfalls großartig, wenn Dinge gleichzeitig catchy und nachdenklich sein können, also beim Hörer den ein oder anderen Gedanken hinterlassen. Wenn Du auf Deine ersten Alben zurückblickst – denkst Du, dass sie sehr anders klingen würden, wenn Du sie heute aufnehmen würdest? Oh ja, definitiv! (Lacht auf). Alles, was ich in Sachen Musik gelernt habe, kam durch „trial and error“, da ich nie irgendwelchen Unterricht genommen habe. Man sagt ja, dass man 10 000 Stunden braucht, um in etwas wirklich gut zu sein. In diesem Sinne denke ich, dass ich in den letzten 20 Jahren
ein besserer Sänger und Musiker geworden bin. Ich hoffe es jedenfalls, ansonsten wäre bei mir etwas furchtbar schief gelaufen. Und wie schaut es mit Deinen Lyrics aus?
27
Somit ist bei meinem aktuellen Album das Pendel zurück geschwungen. Hier war mir ein einfacher Ausdruck wichtig, wie Du auch sagst, ein wenig bodenständiger und vielleicht auch unterhaltsamer.
Ich mag immer noch eine hohe Wortdichte in meinen Stücken und jede Menge Details, Bedeutungen und Bilder. Das ist mir sehr wichtig – aber dennoch habe ich das Gefühl, dass ich im Laufe der Zeit etwas ökonomischer mit Sprache umgehe. In meinen früheren Songs habe ich in jedem Vers soviel Worte wie möglich untergebracht. Das kann manchmal die Phrasierung verpfuschen – und die Phrasierung ist sehr wichtig, wenn es darum geht, wie Sprache und Melodie miteinander einhergehen. Ich denke, dass ich mich in diesem Bereich in den letzten Jahren verbessert habe. Wenn ich meine alten Aufnahmen höre, lässt mich meine Stimme bisweilen zusammen zucken.
Kann diese Herangehensweise vielleicht auch ein wenig am Älter werden liegen?
Was war dann Dein Ansatz für Dein aktuelles Album?
Ich war schon immer ein Mensch, der in existenziellen Dilemmas versunken ist – und ich schätze, dass ich auf eine Art immer noch so bin. Dieses Grübeln gehört einfach zu meiner Persönlichkeit, sich Fragen hinzugeben, die keine Antworten benötigen. Viele Menschen haben schon versucht, mich davon anzubringen. Dass ich mein Leben nicht an solche Gedanken verschwenden solle. Aber für mich sind diese Fragen einfach bedeutend und vielleicht auch der Grund, warum ich Songs schreibe: Um für mich zu mehr Klarheit zu gelangen. Unsere Existenz besteht aus so vielen wundervollen und so vielen schrecklichen Dingen. Du wirst nie an ihre Bedeutung gelangen. Aber ich denke nicht, dass das ein Grund ist, zumindest in den Versuch ein wenig Zeit zu investieren.
Die Lyrics sind nicht so abstrakt wie auf meinen anderen Alben. Jonathan und ich haben uns viel darüber unterhalten, welche akustischen Elemente wir in das Album einfließen lassen können, um die Stücke miteinander zu verknüpfen – so wie die Harmonien von First Aid Kit zum Beispiel. Solche musikalischen Motive, die immer wieder auftauchen, verleihen den Stücken eine Art Zusammenhalt. Für mich klingt Dein neues Album insgesamt ein bisschen pragmatischer und vielleicht auch bodenständiger …. Yeah, da kann ich auf jeden Fall zustimmen. Alle mein Outputs funktionieren nach dem Prinzip eines Pendels, also hinund her schwingend. Was bedeutet, dass ich immer das Gegenteil von dem mache, was ich zuvor herausgebracht habe. Unser letztes Bright-Eyes-Album „The People’s Key“ war sprachlich und von den Lyrics her sehr dicht und nahezu kryptisch. Ich wollte damit die Zuhörer dazu bringen, sich das Album öfter anzuhören und sich intensiv mit den Inhalten zu beschäftigen.
Ja, das auch. Zeit ist schon etwas seltsames – Du schaust in den Spiegel und bist plötzlich 34. Aber es fühlt sich gut an! Ich fühle mich ein bisschen wohler in meiner Haut, weil ich nicht das Gefühl habe, dass ich irgendwie viel zu beweisen hab. Vielleicht kann man das Zufriedenheit nennen, auch wenn ich den Begriff unglücklich finde, weil ich nicht an Zufriedenheit glaube. Die ständige Veränderung ist ja das, was das Leben ausmacht. Inwiefern glaubst Du nicht an Zufriedenheit?
Conor Oberst tritt am 12. August im Postbahnhof am Ostbahnhof auf. www.conoroberst.com
28 Modestrecke
HOT— COLD swimsuit—American Apparel pullover—Juliaandben shorts—Adidas shoes—cheap monday ring—Karoline Keiter necklace—Elena Ruebel
Concept—Photography: Johanna Ruebel
Hair—Make–up: Julie Skok
Model: Jeanne Mega Model Agency Berlin
Modestrecke
Silk overall—Anntian Hat—Henrik Vibskov Sandals—Adidas Originals Rings—Maria Black
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30 Kieztalk
Swimsuit—Monki Glasses—Mykita Trousers—Hien Le Belt—Frisur Sandals—Adidas Originals Ring—Antje Stutz Necklaces—Elena Ruebel
Kieztalk
Coat—Henrik Vibskov
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32 Brave New World
Beanie hat—Minimarket Knitted top—Monki Swimwear—American Apparel Sandals—Adidas Originals Rings—Elena Ruebel
Brave New World
Trousers and Top—Stine Goya Swimwear—Monki Rings—Elena Ruebel
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34 Kunsttipps von EYEOUT
Knitted top—Monki Rings—Karoline Keiter and Vibe Harslof
Filmtipps von der Filmgalerie 451
Swimsuit—American Apparel Double scarf—Reality Studio
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36 Augen zu und Mund auf
HAPPA HAPPA! Radieschen-Spießchen mit Neuköllner Grüner Soße mit „Ei“ Text Sophia Hoffmann
Fotos Tina Linster, Sophia Hoffmann
Zutaten (für 4 Personen, 20 min Zubereitungszeit)
Jeweils 1 Handvoll Sauerampfer, Petersilie, Dill, Zitronenmelisse, Minze, Postelein, Schnittlauch
100 ml gut gekühlte Sojamilch
8 Radieschen
200 ml Raps- oder Sonnenblumenöl
8 kleine Champignons
2 TL Zitronensaft oder Obstessig
4 Knoblauchzehen
2 EL scharfer Senf
100 g Räuchertofu
400 g vorgekochte Kichererbsen
2 EL Rapsöl
2 TL Kala Namak Salz (ayurvedisches Schwefelsalz)
Schaschlikspieße
Grüne Soße hat eine lange Tradition und in Deutschland wird gerne behauptet, die Mutter von Johann Wolfgang von Goethe habe sie erfunden. Klingt gut, ist aber leider totaler Blödsinn. Die klassische deutsche grüne Soße (Grie Soß, greane Soßn im Gegensatz zu Salsa verde, Sauce verte …) wird ja gerne mit gehacktem Ei aufgepeppt. Ich habe diese Geschmacksvariante mit Kichererbsen und Kala Namak Salz nachgebaut und weil ich dann eh schon so supercrazy drauf war, habe ich noch ein bisschen an der Kräuterzusammenstellung herum gespielt und mittels Minze und Zitronenmelisse harte Freshness hinein geschmuggelt. Diese Soße passt besonders gut zu Gegrilltem. Eigentlich passt sie zu allem. Außer zu Schokoladenkuchen.
Zubereitung:
Radieschen und Pilze waschen, die Knoblauchzehen schälen, Tofu würfeln. Die kalte Sojamilch, den Zitronensaft / Essig und das Öl genau in dieser Reihenfolge in einen Mixer geben und etwa 30 Sekunden kräftig mixen. Man erhält eine vegane Soja-Mayonnaise. Den Senf, das Kala-Namak-Salz, die Kichererbsen sowie die Hälfte der Kräuter dazu geben und zu einer sämigen Soße pürieren. Die andere Hälfte der Kräuter mit einem Küchenmesser hacken und
in die Soße rühren. Mit Salz, Pfeffer und eventuell noch etwas Zitronensaft abschmecken.Die Radieschen-Spießchen mit der grünen Soße servieren. Guten Appetit! Noch mehr Happa Happa gibt’s unter www.oh-sophia.net!
Mitte für Kids
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WIR MITTE-MUTTIS schicken unsere Kinder ins Grüne Text Bettina Schuler
Translation p. 43
Sommer, Sonne, Sonnenschein: So kann es am besten das ganze Jahr über für uns Muttis sein. Denn jetzt müssen wir nicht mehr stundelang im Kindereinkaufsladen shoppen gehen und uns am Ende anbrüllen lassen, weil wir unser Kind nicht „liebe Frau Verkäuferin“, sondern beim Namen genannt haben. Nein, jetzt können wir die Kids endlich wieder mit gutem Gewissen auf den Spielplatz schicken und sich dort gegenseitig die Köpfe einschlagen lassen, während wir zu Hause in himmlischer Ruhe schwelgen und gemütlich die Füße hochlegen. Blöd nur, wenn das Kind noch zu klein ist, um alleine nach draußen zu gehen. Denn dann dürfen wir unsere himmlische Ruhe gegen den Vorhof der Hölle, auch Spielplatz genannt, eintauschen. Doch anstatt uns dort mit einem Café Latte und einer Zeitung schick auf die Bank zu setzen, wie es in diversen Zeitungen und Zeitschriften immer so gerne beschrieben wird, müssen wir uns dort mit den anderen Eltern um ein Stückchen freien Sandplatz prügeln. Oder uns bei der Schaukel anschreien lassen, weil wir uns vorgedrängelt haben – das ist aber auch so was von unverschämt. Warum wollten wir gleich noch mal überhaupt dahingehen? Ach ja, um frische Luft zu schnappen und dem Kind etwas über die Natur beizubringen: Zum Beispiel, dass das Sandförmchen leider immer in der Hand des Stärkeren landet. Da bleibe ich dann doch lieber gleich zu Hause und spiele mit meinem Kind das großartige NABU-Vogelstimmen-Quiz, das jedem online zur Verfügung steht und bei dem man sich entscheiden muss, welcher verflixte Vogel da jetzt gerade singt. Und vielleicht, ganz vielleicht, habt ihr dann genauso viel Glück wie wir und ihr hört vor dem Fenster einen anderen Vogel ver-
wirrt auf das Gezwitscher antworten. Ich würde wirklich allzu gerne wissen, worüber die beiden sich unterhalten haben …
Bauspielplatz Kolle 37 Kollwitzstraße 35, 10405 Berlin kolle@netzwerkspielkultur.de Öffnungszeiten im Sommer: Montag bis Freitag,
Wer mehr auf Erlebnisse aus ist, der kann sich bei der Grünen Liga für zehn Euro auch eine Apfelerlebniskiste ausleihen, dank der eure Kids alles rund um das Thema Streuobstwiese erfahren. Übrigens auch für Kindergärten und Grundschulen eine prima Sache.
12–19 Uhr, Samstag 13–18 Uhr www.kolle37.de Berlin Goes Green berlingoesgreen.de 27. Juni 2014, 21 Uhr, Nachtwanderung im Grunewald www.waldmuseum-waldschule.de
Das Ökowerk Berlin bietet ein Sommerferien-Programm für die kleinen und grossen Kinder bis 16 Jahre an, in denen sie den Wald und seine Bewohner ein gutes Stückchen besser kennenlernen.
Grüne Liga Berlin e.V. apfel@grueneliga.de Apfelerlebniskiste kann gegen eine Schutzgebühr von 10 Euro ausgeliehen werden, 50 Euro werden als Pfand bei der Abholung abgegeben und nach vollständiger
Eine meiner Lieblingsseiten ist Berlin Goes Green, auf der man nicht nur schauen kann, was für tolle Parks und Gärten es hier so gibt, sondern die auch eine Sammlung von weiteren Aktivitäten und Adressen bereit stellt, die sich mit dem Thema Umwelt und Natur hier in der Hauptstadt beschäftigen. Zudem kann man unter dem Unterpunkt „Für Kinder“ die Adressen aller Berliner Kinderbauernhöfe, Waldschulen, umweltpädagogischen Projekte und Abenteuerspielplätzen finden.
Rückgabe wieder ausgehändigt. Natur Erleben Berlin: www.naturerleben-berlin.de NABU Vogelstimmenquiz: nabu.de/tiereundpflanzen/voegel/portrait/quiz.html Sommerferienprogramm Ökowerk Berlin Für Kinder von 7 bis 11 Jahren: Naturerlebnisse in jeweils zwei Gruppen à 16 Kinder Ferienprogramm für Kinder von 12 bis 16 Jahre (18.8 bis 22.8): Wege in die Wildnis
Mein Favorit unter den etwas wilderen Spielplätzen ist der Bauspielplatz 37, auf dem es nicht nur eine richtig ordentliche Kletterlandschaft, sondern auch jede Menge anderer cooler Attraktionen wie eine Schmiede, ein altes vergammeltes Auto oder einen offenen Proberaum gibt. Wem es besonders gut gefällt, der kann den Bauspielplatz auch gleich für seinen Geburtstag mieten. Spart man sich zumindest schon mal das Aufräumen zu Hause. Und wessen Kind dann immer noch unterbeschäftigt ist, der kann es sehr gerne bei mir zum Unkraut jäten vorbei schicken. Dann lernt es zumindest die guten von den bösen Pflanzen zu unterscheiden.
Anmeldung (ab 28.5. telefonisch ) 030 300 00 50 Kosten: 95 Euro / 65 Euro für Ökowerksmitglieder und berlinpass-Inhaber. www.oekowerk.de
Berliner Gesichter
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BERLINER GESICHTER Text Bettina Schuler
Foto Tina Linster
Translation p. 44
Die Brüder Gutmann, Betreiber und Inhaber des Waschsalons 115, Alter unbekannt
Unseren Waschsalon mit Café gibt es bereits seit 19 Jahren. Wir haben diese Idee – keine Ahnung mehr wo – gesehen und dachten uns: So etwas fehlt noch in Berlin. Und da wir beide schon vorher in der Gastronomie gearbeitet haben, war die Kombination Café und Waschsalon wie für uns geschaffen. Ob wir hier Stammkunden haben? Sicher, aber auch jede Menge Touristen, die so schnell verschwinden wie sie gekommen sind. So ähnlich wie der antike Teppich, den ein Mann einmal hier im Waschsalon säubern wollte. Wir haben ihn noch gewarnt und gesagt, er soll ihn nicht in der Maschine waschen, sondern lieber zur Reinigung ins Museum bringen. Aber der junge Mann wollte ja nicht auf uns hören und siehe da: plötzlich waren Mann und Teppich verschwunden. Den Teppich haben wir dann später völlig aufgelöst im Flusensieb wiederentdeckt. Wirklich schade um das schöne Stück! Zum Glück sind nicht alle Gäste so renitent. Die meisten hören auf unsere Ratschläge. Obwohl manche einen richtigen Waschspleen haben. So kommt zum Beispiel alle paar Wochen eine ältere Dame mit ihrer kompletten Wäsche in einem Taxi vor den Salon gefahren, um dann ganz akribisch in die
eine Maschine ihre Höschen, in die andere ihre Söckchen, in die nächste ihre Blusen hinein zu räumen bis alle Maschinen belegt sind. Sie benutzt natürlich nicht etwa ganz gewöhnliches Waschmittel, sondern träufelt in jede einzelne Kammer eine andere, ganz spezielle Flüssigkeit, was auch der Grund ist, warum wir sie auch gerne unsere kleine Kräuterhexe nennen. Ich denke, im Grunde sucht sie mit ihren Besuchen vor allem Anschluss. So oder so wissen wir immer, wenn wir das Taxi vorfahren sehen, dass der Salon ab jetzt erst mal für einen Tag komplett belegt ist. Manche Kunden haben auch eine richtige Wasch-Philosophie, so wie andere bei der Zubereitung ihres Kaffees. Die lassen ihre Wäsche dann zum Beispiel gleich zwei Mal durchlaufen oder prinzipiell noch einmal extra nachspülen. Die meisten Kunden waschen ihre Sachen jedoch ganz normal: Waschmittel rein, Programm an und fertig. So wie wir auch. Wir haben natürlich keine Waschmaschinen zu Hause. Das wäre ja völlig absurd. Außerdem würde das ja auch nicht gerade für die Qualität unserer Maschinen sprechen, wenn wir unsere Wäsche nicht hier waschen würden, oder meinen Sie nicht?
Waschsalon 115 Torstraße 115 10119 Berlin Öffnungszeiten: 6–22 Uhr
JETZT EINKAUF LIEFERN LASSEN! Sofortlieferung garantiert in 90 Minuten oder zu Ihrem Wunschtermin.
English Translations
Events (p. 8)
ORGAN & SOCCER
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building.
16 years is a long time not to hear from a band. But the
BLAIN / SOUTHERN
Afghan Whigs have always done their own thing. The
Potsdamer Straße 77–87, www.blainsouthern.com
band behind mastermind Greg Dulli created a signature sound on their six albums with ingredients that
FEEL FESTIVAL
World Cup from June 22
includes Grunge, Soul and Post-Punk. Their current album "Do The Beast" makes the hearts of their fans
Begins at: 10 pm
Festival
beat faster, and doesn’t sound dated in the least. Skep-
Tickets: Free admission
July 11 to 13
tical? Come and be convinced at their only concert in
Day ticket 16 Euros
Germany. C-CLUB
Beer, TV monitor, organ. Almost says it all. There’s no
Columbiadamm 9–11
sportscaster in the world who can manage to make a
www.c-club-berlin.de
football game more dramatic than silent film accom-
What beats a summer day at the lake? Why a summer fes-
panist Stephan von Bothmer with his organ music. And
tival day at the lake, of course! The Feel Festival, which is
for a full 90 minutes. Who wants to have a great game
held on Kiekebusch Lake, is curated with a lot of love and a
talked to pieces? Bonus: swearing in church that goes
perfect excursion into the countryside surrounding Ber-
Restaurant
unpenalized.
lin. Musical acts such as RY X, Clickclickdecker, The / Das,
Open: Mondsays to Sundays,
EMMAU CHURCH
Thomas Azier, Messer, Trümmer, Unmap, Wasted Ruffi-
11.30 am to 10 pm
Lausitzer Platz 8a, www.emmaus.de
ans and Schluck den Druck will be performing. And if
TOMMI’S BURGER JOINT
you’re suddenly no longer in the mood for music, you can
BERLIN CALLING ISTAN-
always take a dip or do some sun worshipping on the
BUL – 1-YEAR GEZI PARK
beach. Perfect, really.
Typical Iceland associations include Björk, fjords and
KIEKEBUSCH SEE (LAKE)
horses. And from now on it’ll burgers. The fast-food
www.feel-festival.de
institution Tommi’s Burger Joint from Reykjavík has
Festival 26 to 28 June
finally opened a branch in Mitte. Casual, with rustic
TECH OPEN AIR
Start: 8:30 pm Tickets: 5 to 10 Euros
wood paneling and Bob Dylan posters, they offer four burger variations: burger, cheeseburger, steak burger
Conference
and veggie burger (with a crunchy vegetable patty).
The protest against the building of Gezi Park in Istanbul
16 to 17 July
And the milkshakes are to die for!
became a scene for general negotiation for the Turkish
Tickets: from 80 Euros
Invaliden Straße 160
people. 1 year Gezi Park looks back at the past year in the
www.burgerjoint.de
format of theater, film, exhibition and discussions, and
FESTIVAL OF STUFF
the conclusion is: the protests have not abated. The parties are focused on the discourses in the here and now.
Make that, “unconference” in the sense of the extraor-
Taksim is everywhere. Resistance is everywhere.
dinary. This hybrid event of culture, technology and
Performance
GORKY,
business will be taking place for the third time. The
10 and 11 July
Behind the Giesshaus 2, www.gorki.de
Tech Open Air is not a pure start up event, but one that
Tickets: 15 Euros,
consciously incorporates the influence of art into its
concessions 10 Euros
LYNN CHADWICK
program. It is an interface that promotes interdisciplinarism. “We want to promote the exchange between
Exhibition
technology, music, art and science, and to encourage
What else could be better after partying all night than
till 26 July
future collaborations,” says Nikolas Woischnik the
to surf the YouTube stations of music socialization
Hours: daily (except Mondays
founder of TOA.
which include Guilty Pleasures! London artist Scott
and Sundays) from 11 am
ALTE TEPPICHFABRIK
King thought the same, and created his laptop late
Alt-Stralau 4, www.toaberlin.com
night fantasy “Festival of Stuff”. This is where all of the fantasies we project into pop history moments sud-
The exhibition of the sculptor Lynn Chadwick (1914 -
AFGHAN WHIGS
2003) is one more reason to visit Potsdamer Strasse.
denly become reality ... HAUS DER BERLINER FESTSPIELE
Chadwick worked with steel, which he forced into the
Concert
Schaper Straße 24
shape of beasts. These life-size, minimalist creatures
July 2nd
www.berlinerfestspiele.de
might sit, crawl, lurk and howl motionlessly, but it
Begins at 9 pm
seems as if they’ll attack at any moment. The exhi-
Tickets: 28.15 Euros
bition was designed Bill Katz who staged the Beasts in reduced but right light in the former Tagesspiegel
42 English Translations
PLAY NORDIC
the plight of ordinary people. The seemingly casual is
tenegro and number three in Berlin. The idea is simple
what characterizes Evans. He’s one of the great photo-
and good: high quality and chic fashion, home design,
Theater
graphers of the 20th century.
kitchen products, cosmetics and art with gastronomy
Opening: 3 July
MARTIN GROPIUS BAU
located all under one roof.
Begins 8.30 pm
Niederkirchner Straße 7, www.berlinerfestspiele.de That means that all the chairs and sofas you relax on
MELT! FESTIVAL
after your exhausting shopping can be purchased. It’s very practical. While sipping your coffee or wine you
The Nordic Embassy will be presenting music, design
Festival
can mull over whether the lamps that illuminates the
and everyday culture from Denmark, Finland, Iceland,
July 18 to 20
bar would fit over your kitchen table.
Norway and Sweden July 4 to October 1. For lovers of
3-Day Ticket: 135,90 Euros
electronic sounds lovers, be sure not to miss “Play Nor-
The kitchen is run by Max Jensen and Felix Metzger
dic”, which will start on July 3. Besides Nadja Chatti,
(Berlin Cuisine) and offers tapas-like dishes that you
Kaspar Björke will also be at the opening night. His new
can put together according to your mood. Fortunately,
album “After Forever” comes out in September. You can
The Melt! Festival will take place again this year not far
there are many meat-free options. Particularly pleas-
register for the opening under: www.play-nordic.com.
from Berlin on the stunning Ferropolis grounds. Indie
ant is the “above the clouds feeling” you get from the
Please remember: first come first serve.
and electro acts such as Portishead, Robyn & Röyksopp,
view of the wide, deep green (and a few monkeys) of
FELLESHUS
Moderat, Metronomy and Darkside can be worshiped
the Berlin Zoo. This view makes the store an oasis of
Raucherstraße 1, www.play-nordic.com
between towering brown coal diggers and lakes. If you
peace, at least on weekends, in the very high-tourist
don’t want to sleep in a tent, you can travel by train par-
volume Bikini House.
WELCOMEGOODBYE
ty, which is conveniently placed turned into a hotel. FERROPOLIS
The special feature here is without question how un-
Cinema
Ferropolisstraße, 06773 Gräfenhainichen
conventionally the products are presented. Accord-
Begins at 7 pm
www.meltfestival.de
ing to founder Srdan Dzombeta, the store is “an open project space where designers, artists, architects, photographers, entrepreneurs, media and opinion lead-
Supermarket Concept Store
ers can have regular exchange and jointly implement
(p.17)
projects.”
Berlin is currently experiencing the largest tourism
ANTI-BARGAINS WITH APPE-
growth worldwide - which is not much cause for cele-
TIZERS AND ZOO VIEW
The Supermarket Concept Store offers a shopping ex-
bration for all Berliners. Gentrificationphobia, tourism
perience that invites you to indulge in the joy of beau-
hostility, existential fears: The documentation Wel-
tiful things, things that are set up right in front of your
comeGoodbye attempts to capture the current social
nose, which you do not necessarily need. They make
atmosphere in the city, and allows friends and foes of
life so much more pleasant (and of course practical),
tourism to speak. The film raises the question of who
and leave behind a wonderfully good, stylish gut feel-
actually owns the city.
ing. As a clever man once said: “Sure you can buy style,
MOVIEMENTO KINO IN BERLIN
We must admit that the opening of the brand new Su-
Kottbusser Damm 22, www.welcomegoodbye.de
permarket Concept Stores on the roof of the recently
but it ain’t cheap!”
renovated Bikini House was an absolute highlight.
Supermarket Concept Store
WALKER EVANS.
Whereas at similar events you get lukewarm beer and
Budapester Straße 44, 10787 Berlin
A LIFE’S WORK
refreshment drinks in various flavors reminiscent of mouthwash, here they served the finest champagne,
Exhibition
sautéed scallops and high-proof herbal cocktails;
Pendulum from Omaha
25 July to 9 November
much to the delight of the guests, many of whom, with
(p. 26)
Hours: daily (except Mon-
increasing alcohol consumption, had trouble with the
days) from 10 am
glass walls that blocked direct access to the terrace.
Tickets: 5 to 7 Euros Walker Evans first came to public attention in 1935
We realized: the emphasis here is on quality. And
when he documented the lives of the rural population
transparency. The first Supermarket Concept Store was
of the United States affected by the Great Depression.
founded in Belgrade in 2008 on the premises of an old
His images were exhibited in the Museum of Modern
grocery discounter, hence the name and the text in the
Art early as 1938. His subjects were not eligible for
Cyrillic alphabet.
conventional photography: moments of everyday life, the neglected edges of the industrial landscape, and
Conor Oberst, of Bright Eyes, has been creating music Meanwhile, there’s now a Supermarket Store in Mon-
for 20 years. Time has flown, and 34-year-old Oberst
English Translations
43
has – impressively – put out more than 20 albums
Yes, absolutely (laughs) Everything for me in music,
and shifting, thats what life is.
under different monikers and with different forma-
everything I learned, I never had lessons, is through
What do you mean, you don’t believe in contentment?
tions. His newest solo-effort, “Upside Down Mountain”,
trial and error. It takes a while – they talk about this
recorded with a little help from First Aid Kit (among
10000 hour rule, you need to do 10000 hours of some-
I have always been a person who was preoccupied with
others) sounds brighter and catchier than Oberst ever
thing to get good at it. So I feel like I became a better
existential dilemmas and I think I still am. It’s just a
has - while still featuring his trademark sophisticated
singer and a better musician over the past 20 years,
part of my personality, this pondering, maybe ques-
songwriting. Conor Oberst talks about the ways his
hopefully. Something would be terribly wrong with
tions that don’t need answers. It’s like many people tell
musical approach has changed, and how his age might
me if I hadn’t.
me: Don’t waste your time with things like this. But to
be a factor in all that.
me, maybe a big part of me and why I write, is to find a And what about your lyrics?
I produced it with a guy called Jonathan Wilson. He is
way to clarify myself more, cause existence is so many wonderful things and horrible things and you will nev-
a pretty amazing musician and he was a big collabora-
I still like to have a lot of the words in my songs and
er figure it out. But i don’t think that’s a reason not to
tor on the album. We did it in a few places in LA and in
a lot of details and meanings and images. This is im-
invest a little time in trying.
Omaha, Nebraska, where I am from and then we mixed
portant to me, but I feel like I’ve become a little more
and finished it in Nashville in a studio called “Black-
economic with language. Like in my earlier songs I
bird”. The two of us where the main people the whole
liked to stuff every line with as many words as I could.
time. And First Aid kit, this great band from Sweden,
Which sometimes can mess with phrasing, phrasing is
sang a lot of harmonies on the album. Also some of my
very important, the way the words fall in line with the
Summer, sun, and sunshine: that’s how it could be all
old usual suspects like Nate Walker from Bright Eyes
melody. I think I got better with that over the years,
year long for us mums in Mitte. Because now we don’t
did the horn arrangements …
when I hear my old recordings the sound of my voice
have to go shopping for hours on end just to be finally
kinda makes me cringe.
yelled at by our kids for calling them by name and not
How did you wind up collaborating with First Aid Kit?
We Mitte-Mums (p. 37)
as “dear sales associate”. No, now, with a good conSo what did you change on your new record?
They made their last album with Mike Mogis, who
science, we can finally send them off to the playground where they can butt heads while we cozily put up our
plays in Bright Eyes with me. We have our houses in
The lyrics are not as conceptional as on the other re-
Omaha next to each other so that our backyards con-
cords, so Jonathan and I talked a lot about these sonic
nect. And there is a studio back there and they basically
elements that we can bring in to tie the songs together
The only dumb thing is if your children are too small
lived in my backyard a few months. I was singing with
– like First Aid Kit, for example. So these musical mo-
to go out alone. Because if that’s the case, then you will
them, contributing to their album and then subse-
tifs come back in all the songs to kinda bring cohesion.
trade in your heavenly peace for the portals of Hell, aka
quently we did a few tours together. They were open-
feet and revel in heavenly peace at home.
as the “playground.”
ing for some of our shows and then ended up singing
I had the feeling that everything sounded a little more
some of my songs at some shows.
pragmatic, more grounded ...
That was when it started seeding in my mind: It would
Yeah, I can definitely agree with that. With this album,
media, we have to fight with the other parents for a bit
be kind of amazing to get them on my record because
like with all of my outputs and my work, its like a pen-
free of sand. Or let ourselves be shouted because we
i have a kind of ragged voice, so it would be perfect to
dulum, like swinging. Like all that I did on my last re-
cut in the swing line – so outrageous! What are we do-
add some of the magical harmonies that they provide.
cord, I kind of want to get away from all that, and do it
ing here anyway? Oh, right, getting some fresh air and
First Aid Kit have got that whole sisters / sibling-like,
a little differently. The last proper album I made with
teaching our children something about the nature: for
perfect harmony-thing going on.
Bright Eyes, “The People’s Key”, was language-wise and
example, sand molds unfortunately always end up in
lyrically very dense and almost cryptic. I wanted peo-
the hands of the fittest.
So, instead of attractively perching on a bench with a cafe latte and a magazine, as you always see in the
When I was listening to your album I was a bit surprised
ple really to listen to it a lot of times, repeatedly. So this
because it sounded much catchier than the ones before …
record was swinging back the other way. I wanted it
I personally would rather just stay at home and play
more simple, and like you said, more pragmatic, more
the wonderful, online NABU bird song quiz with my
conversational I guess.
daughter. You have to guess which darn bird is chirp-
I have always loved pop-music and I have always loved to have some hooks, in whatever way, in my songs,
ing. And maybe, just maybe you’ll be as lucky as we
you know, parts that you can remember. But I guess
Is that the only reason, or does simply getting older tie
were, and hear a confused bird chirping an answer out-
my kind of pop-music is a little to the left from what
in somehow?
side the window. I would really like to know what those
normal pop-music is. But I love when things can be
two birds were talking about …
simultaneously catchy and thoughtful, leave you with
Yeah, time is weird. You look up one day and you are
some ideas.
34. It feels good! I do feel a bit more comfortable in my
If you’re more into the experiential, you could rent an
own skin, like I don’t really have a whole lot I feel like I
apple crate (“Apfelerlebniskiste“) from the Grüne Liga
Looking back at your first songs, do you think they
gotta prove to anybody, you know, it’s like, more like, I
organization for 10 euros. It’ll help your kids learn all
would sound very differently if you recorded them now?
don’t know if content is the right word, because I don’t
about fruit and meadows. It’s, incidentally, also great
believe in “content”, because there is always changing
for kindergartens and elementary schools.
44 English Translations
And for all those who are staying in city during the
(A 50 Euro deposit is required but returned to you when
Our laundry café has been around for 19 years. We saw
long Pentecost weekend, take the event “Merlin’s Mag-
the crate is returned in it’s entirety.)
one – no idea where anymore – and thought: hey, so-
ic Forest Adventures” to heart. Organized by Ökowerk
mething like that is missing in Berlin. And since we
Berlin, kids can learn all about magic, druids and other
Experience nature in Berlin:
both used to work in the restaurant business, the com-
fantastic forest creatures. The Ökowerk also offers a
www.naturerleben-berlin.de
bination of café and laundry facilities was just right for
summer vacation program for younger and older chil-
us.
dren (up to age 16) in which they can learn a lot more
NABU Bird song quiz:
about the forest and its inhabitants.
www.nabu.de/tiereundpflanzen/voegel/portrait/quiz.
Whether we have regular customers? Sure, but also a
html
lot of tourists who disappear as quickly as they came.
One of my favorite websites is Berlin goes green where
Sort of like the antique carpet a man once wanted to
you can find great parks and gardens. It also offers a
Nature Center Ökowerk Berlin
collection of other environment and nature related
„Merlins Zauberwald Abenteuer“
clean here in the Laundromat.
activities and addresses in Berlin. Moreover, under the
“Merlin’s Magic Forest Adventures”, (our translation)
We warned him not to wash it in the machine, and
sub-heading, “Für Kinder” (For Children), you’ll find
8 June, starts at 12, 2 pm, 4 pm
that he should instead bring it to a museum to have
Berlin addresses of farms for children, forest schools,
Adults 4 Euros / Children 3 Euros / Families 10 Euros /
it cleaned. But the young man didn’t listen, and lo and
educational projects about nature and adventure play-
Ökowerk members free entry
behold, man and carpet were suddenly gone. We later
grounds.
www.oekowerk.de
discovered the carpet later completely unraveled in
My favorite of the more wild playgrounds is the Baus-
Ökowerk summer vacation program
piece! Fortunately, most guests listen and take our ad-
pielplatz 37. There you’ll not only find a really neat
For children from 7 to 11:
vice. Although some have a real laundry fetish.
climbing area, but also lots of other cool things such
Nature tours in groups of 16 children
the lint screen. Really shame. It was such a beautiful
as a forge, an old, banged up car, and an open rehearsal
For example, every few weeks, an elderly lady arrives in
room. If you really like the place you can rent it for a
Vacation programs for children from 12 to 16 (18 Au-
a taxi with all her laundry. She then meticulously puts
birthday party. At least it’ll save you having to tidy up
gust to 22 August)
all her panties in one machine, her socks in another,
at home.
„Wege in die Wildnis“
blouses in another until all the machines are in use. Of
Registration (started on 28 May by Telephone):
course she doesn’t use just any ordinary detergent but
And if your children need even more activity, you can
030 00 00 50
sprinkles a very special liquid into each one, which is
gladly send them to me to pull out weeds. At least
Cost: 95 Euros / 65 Euros for Ökowerk members or and
also why we call her our little herb witch.
they’ll learn the difference between good plants and
Berlin pass owners
bad plants.
I think she comes to us because she’s basically looking for contact. Either way, when we see the taxi pull up, we Berlin Faces (p.47)
know that the salon’s fully occupied for the day.
Adventure Playground
The brothers Gutmann, owner /
Bauspielplatz kolle 37
operators of Launderette 115,
Some customers also have a real laundry philosophy,
Kollwitzstraße 35, 10405 Berlin
age unknown
like some people have when it comes to making coffee.
Tel 030 442 81 22
They let their clothes run through the cycle twice or
E-Mail: kolle@netzwerkspielkultur.de
rinse them one time extra just out of principle. However, most customers wash their stuff normally: add
Open in summer from:
detergent, set the program and finish up. Like we do.
Monday to Friday, 12 to 7 pm Saturday, 1 to 6 pm
Of course we don’t have a washing machines at home.
www.kolle37.de
That would be completely absurd. Also, it wouldn’t exactly speak for the quality of our machines if we didn’t
Berlin goes green
wash our clothes here, don’t you think?
berlingoesgreen.de Waschsalon 115 June 27, 2014, 9 pm,
Torstraße 115
Night Walk in Grunewald
10119 Berlin
www.waldmuseum-waldschule.de
Hours of operation: 6 am to 10 pm
Grüne Liga Berlin e.V. Tel 030 44 33 91 -0 E-Mail: apfel@grueneliga.de An apple crate can be rented for 10 Euros
Advertorial
45
LANG LEBE DIE KIEZKNEIPE Um ein echtes Stück Berlin zu erhalten, zeichnet die Traditionsmarke Schultheiss 2014 weitere 30 Kiezkneipen mit einem Denkmal-Schutzschild aus. Schirmherr der Aktion ist Frank Zander: „Die Kiezkneipe ist ein echtes Berliner Original – genau wie die Currywurst, die Goldelse, das Brandenburger Tor, Schultheiss und der Zander“, so der der Musiker und Entertainer. „Diese einmalige Institution Kiezkneipe, die seit jeher ein wichtiger Treffpunkt für Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten ist, muss unbedingt erhalten bleiben!“ Beim Auftakt der Aktion brachte Frank Zander das erste Denkmal-Schutzschild 2014 mit einem historischen Pferde-Kutschenwagen zu „Mariellas Treff“ im Wedding. Es folgen weitere Veranstaltungen wie die „Lange Nacht der Kiezkneipen“, ein Kiezkneipenkonzert und der Kiezkneipenführer. Zum Finale im September kann jeder seine Stimme für die „Beste Kiezkneipe Berlins 2014“ abgeben. Mehr unter www.schultheiss.de
MITTESCHÖN VERLOSUNG Wer noch das ein oder andere Kleid für einen stylishen Sommerauftritt braucht, sollte alsbald im MITTESCHÖN Pop-Up-Store aufschlagen. Seit dem 5. Juni gibt es in dem Shop in der Bergstraße 22 in Mitte ausgewählte Mode. Neben exklusiven Vintage-Stücken verschiedener Labels wie Burberry, Missoni oder Alexander Wang werden auch neue Kollektionen von Liebig, mongrels in common oder Hien Le angeboten. Donnerstags bis Samstags von 12 bis 20 Uhr habt ihr die Möglichkeit, euch im Shop ein wenig umzuschauen. Außerdem verlost MITTESCHÖN einen Einkaufsgutschein für den MITTESCHÖN Pop-Up-Store: Die Gewinnerin kann sich ihr Lieblings-Kleidungsstück aus dem Sortiment mit nach Hause nehmen. Natürlich können auch Männer teilnehmen – und dann für eine Frau ihrer Wahl ein Teil aussuchen. Die Verlosung ist ab sofort online unter www.mitteschoen.de.
46 Kieztalk
DIE URINALE Text Fleur Flaneur
Manche Geschichten sollten reifen, wachsen und gedeihen …
Diese hier musste für lange Zeit ungläubig aus dem Kopf verbannt werden, bin ich doch keine Charlotte Roche, die nach dem Schamhaar in der Suppe des Lebens löffelt. Ein Freund lädt zum Essen. Ins KaterHolzig. Club und Speiselokal. Mit tollem Blick von der Dachterrasse. Man kultiviert das urbane „Wir-haben-diese-wilde-Stadt-seinerzeit-erfunden“-Gefühl. Unter anderem mit Mädchen, die als Katzen verkleidet, in American Apparell Catsuits lustlos am Tisch vorbeistreunen und showfauchen. Die Geladenen treffen sich am reservierten Tisch, bis auf den sich verspätenden Gastgeber. Da sitze ich nun mit zwei mir fremden Gestalten. Erfrischenderweise hält sich Vesna, die serbo-kroatische Handgranate, nicht mit Smalltalk auf. Sie steigt umgehend in ihre schillernde Erlebniswelt von Penissen, Penetrationen und anderen Köstlichkeiten ein. Jakob, Modell „Berlin Hängengeblieben“, samt Federn am Hut und der Auffassungsgabe selbiger, kommuniziert pro geschossenem Granatensatz ausschließlich mit zustimmendem Kopfwackeln. Da kommt auch schon ein erster Haselnussschnaps. Mein neuer bester Freund in der Kopulations- und Körperöffnungsdauerbeschallung.
Der Gastgeber erscheint, man speist. Ein wenig sediert nehme ich schemenhaft wahr, wie die Handgranatenfrau ein Wasserglas unter ihren Stuhl stellt, am Kleid nestelt und … tröpfchenweise realisiere ich, dass Vesna durch die Stuhlstrebe ins Glas pinkelt und starre ungläubig auf die Urinprobe im gastronomischen Kontext. Milde lächelnd schiebt Lady Harndrang das Biesiglas in Richtung Jakob, der diesmal nur zehn Sekunden braucht um zu begreifen, allen freundlich zuprostet und es austrinkt. Mein Unterkiefer entgleist in Richtung Knie und ich verfalle in hysterisches Husten. Kratzen, abschlecken und nach Läusen suchen wäre die Alternative. „Schlimmer geht nimmer!“, wiege ich mich in vermeintlicher Sicherheit, als plötzlich aus dem Hinterhalt die inkontinente Sitznachbarin zu ihrer Kür kommt: Speisekarte unterm Stuhl platziert, den Schritt hin- und herjustiert und ein formschönes Muster auf die handgeschriebene Karte revuegebieselt. Im Anschluss werden mit versierter Miene und der Stoffserviette etwaige Urinreste von der Vulva gewischt. Ich huste mich mithilfe eines fingierten mittleren Asthmaanfalls raus in die Berliner Nacht und zurück in mein kleines exilbayrisches Leben.
Fleur Flaneur ist eine exilbayrische Durch-Berlin-Flanierende und eröffnet hiermit ihre mitteschönste Wortdreh- & Silbenschubskolumne. Fleur wird ab jetzt und vorläufig zukünftig an dieser Stelle über ihre Exkursionen ad Kuriosum und Tagesausflüge nach Absurdistan berichten.
neues & exclusive vintage in berlin mitte
mongrels und viele andere …
donnerstag—samstag | 12—20 h bergstraße 22 | 10115 berlin mitte