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Frickingen – 3-Museen-Ort am Bodensee

3-Museen-Ort im Zentrum des Obstanbaus am Bodensee

Bodensee-Obstmuseum – Tüftler-Werkstatt-Museum – Gerbermuseum zur Lohmühle Autorin: Jutta Metzler

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Wenn wir heute Obst vom Bodensee überall im Supermarkt finden, hat das ganz viel mit einem kleinen Ort im Hinterland zu tun. Und auch der Strom für Maschinen Marke Eigenbau, urtümlich anmutende Baumspritzen, feines Leder und derbe Sohlen entstanden hier. In hügelige Wiesen gekuschelt liegt die ländliche Gemeinde Frickingen nahe Salem. Dass hier im Badischen schon immer hart gearbeitet wurde, Erfindergeist gedeihen durfte, geschätzt wurde, was die Natur Gutes hervorbringt, zeigen gleich drei sehr unterschiedlich geartete Museen: das Bodensee Obstmuseum, das Tüftler-Werkstatt-Museum und das Gerbermuseum zur Lohmühle. Sie machen die „Apfelgemeinde“ Frickingen, übrigens staatlich anerkannter Erholungsort, zur 3-Museen-Gemeinde. Sommerfrischler gab es in diesem verträumten Winkel Süddeutschlands schon in frühen Zeiten. Und bereits 1905 wurde Frickingen, im zweitgrößten Apfelanbaugebiet Deutschlands gelegen, per Eisenbahn erschlossen. So kam auch der Obstbau richtig in Schwung und die Obstbauern konnten ihre prächtigen Früchte innerhalb des Landes und sogar bis nach Italien verkaufen. Vom früheren Ortspfarrer Ludwig Herr als Obstgenossenschaft gegründet, hat sich heute die Marke „Obst vom Bodensee“ längst etabliert. Zeit also, mehr über die Ursprünge zu erfahren.

Das Bodensee-Obstmuseum Paradies auch für kleine Früchtchen

Fröhliches Kinderlachen hört man heute in dem stattlichen Haus bei der üppigen Kastanie mitten im Ort. Das Bodensee-Obstmuseum ist untergebracht in der Scheune des historischen Petershauser Hofs aus dem Jahr 1591, damals Lehenshof des Konstanzer Klosters Petershausen. Er ist einer der ältesten Eindachhöfe der Bodenseeregion. Die riesigen Dimensionen des Dachraumes lassen die Schwere der Handarbeit beim Einbringen von Heu und Stroh erkennen. Durch die großen Flügeltore der Tenne konnte ein- und ausgefahren werden. Die Struktur des Hauses bildet einen bäuerlichen Betrieb ab, wie er jahrhundertelang üblich war – ein Gemischtbetrieb mit allen Sparten: Viehhaltung, Ackerbau, Obstbau. Heute gibt es solche Betriebe kaum noch. Die Landwirte im Ort sind Vollerwerbsobstbauern – mit 10 ha Anbaufläche oder mehr – oder sie betreiben den Obstbau im Nebenerwerb mit 1 bis 2 Hektar Fläche. Die Tenne dient stattdessen u.a. als Raum für kulturelle Veranstaltungen, der ehemalige Heuboden im Obergeschoss z.B. für Filmvorführungen.

Der ehemalige Kuhstall mit dem ursprünglichen Stallboden und den Futterkrippen bildet das Herzstück der Ausstellung. Hier wird anhand von originalen Werkzeugen sowie historischem Bildmaterial anschaulich über die Geschichte des Obstanbaus, seine Entwicklung und seine Bedeutung informiert. Kleinen Besuchern erklärt der „Apfel-Krabb“ in einer interaktiven 3 D-Animation die Herkunft des Apfels. Um den Apfel schließlich ranken sich schon seit Eva die faszinierendsten Geschichten. Selbst das hinterfragt das Museum, wenn es um die Entwicklung der Früchte zu den heute so köstlichen Appetithappen geht. Auch die Museums-Themen Veredeln, Züchten und Schneiden, Pflanzenschutz, Ernte und Verarbeitung treiben Naturschützer, Obstbauern und Konsumenten bis heute um. Konservieren, dörren, brennen, so machte man das Obst haltbar. Sogar die ausgestellte Brennerei stammt aus Frickingen.

Im ehemaligen Wohnbereich des Gebäudes ist heute der Waldorfkindergarten untergebracht. Schon hier ist der Erfindergeist spürbar zu Hause.

Oben links: Apfelblüte in Frickingen Oben rechts: Wildapfel Unten: Die Tenne hat ihren ländlichen Charme bewahrt Fotos: © Gemeinde Frickingen

Oben: Bodensee Obstmuseum Frickingen Rechte Seite: Tüftler-Werkstatt-Museum – Scheint, als hätte der Hausherr nur kurz die Werkstatt verlassen Fotos: © Gemeinde Frickingen

Bodenseeobst-Museum Kirchstraße 9 88699 Frickingen Tel.: 07554 9830-30 info@frickingen.de www.bodensee-obstmuseum.de AUDIOGUIDE BODENSEE-OBSTMUSEUM

Gleich in der Nachbarschaft, im Frickinger Ortsteil Altheim, befi ndet sich das Haus eines Tüftlers und Erfi nders, der bis über die Grenzen hinaus bekannt wurde. www.museum.de/m/5607

Das Tüftler-Werkstatt-Museum – der Geruch von Maschinenöl in der Luft

Karl Widmer, das war ein handwerkliches Urgestein weit über die Region hinaus, seine überdimensionale, selbstgebaute Drehbank legendär, die Maschinen, die sich bis heute im Originalzustand zeigen, wasserbetrieben – denn auch für die Umleitung des Dorfbächleins war natürlich Widmer zuständig, als er einen heimischen Maurermeister mit der Kanalisierung bis ans Gebäude beauftragte. Mit der Wasserkraft und dem Transmissionsriemen-System wurden nicht nur die Maschinen angetrieben – es wurde in der Werkstatt auch schon vor der Elektrifi zierung im Jahre 1924 Strom hergestellt. Und auch wenn das „fl iegende Auto“ nicht in der Tüftlerwerkstatt geplant wurde, steht es doch für den Aufstieg von Josef Maier, der hier seine Lehre machte, als pfi ffi ger Erfi nder große Erfolge verbuchen und so auch entscheidend zum Fortbestehen der genialen Werkstatt beitragen konnte. Bis zur Blütezeit der Mechanisierung Mitte des 20. Jahrhunderts war ein Mechaniker auf dem Land vor allem bei der Reparatur von Mühleneinrichtungen und stationären Dampfmaschinen gefragt. Mit der Mechanisierung kamen Mähbinder, Futterschneidmaschinen, kleine Dreschmaschinen und vieles mehr hinzu. Die Tüftler aus Altheim bauten alte Autos zu fahrbaren Baumspritzen um, Balkenmäher wurden zum Selbstfahrgerät aufgerüstet und bald schon stieg man auch in den Fahrradhandel ein. Für die Fertigung von Ersatzteilen war die Werkstatt genauso bekannt wie für die fahrbare Holzsäge, mit der die Widmers zur Kundschaft fuhren, um vor Ort das Brennholz aufzubereiten. Karl Widmer war zeitlebens unter Strom, arbeitete bis zu seinem 98. Lebensjahr täglich in seiner Werkstatt und gab die Zustimmung zur Umgestaltung der Werkstatt in ein Museum nur unter der Bedingung, dass er weiter – wann immer er wolle - darin arbeiten dürfe.

Heute noch zeigt sich die Werkstatt mit vielen Maschinen aus Eigenbau und vor über 120 Jahren eingerichtet nahezu unverändert und in allen Teilen voll funktionsfähig. Wie damals können heute noch alle Maschinen mit Hilfe der Wasserkraft über ein ausgeklügeltes Transmissionsriemen-System angetrieben werden. Über Wellen und Riemenscheiben wird die Kraft zu den Maschinen gebracht. Um sie „einzuschalten“ muss der Riemen auf die Riemenscheibe „geworfen“ werden.

AUDIOGUIDE TÜFTLER-WERKSTATT-MUSEUM

www.museum.de/m/5608

Tüftler-Werkstatt-Museum Hauptstraße 1 88699 Frickingen-Altheim Tel.: 07554 9830-30 info@frickingen.de www.tueftler-werkstatt-museum.de

Linke Seite, oben: Lehrling Josef Maier Linke Seite, Mitte: Blütezeit der Mechanisierung Linke Seite, unten: Lohe – zum Gerben verwendete Baumrinde oder Blätter Rechte Seite, kleines Bild oben: Der Gerberbrunnen zeigt Paul Mantz, den letzten Frickinger Gerber Rechte Seite, kleines Bild unten: Vorbereitung der Weichleder mit „Hundekoth“ Fotos: © Gemeinde Frickingen Rechte Seite, oben: Lederverarbeitung Foto: © Volurol – stock.adobe.com

Wie im Tüftler-Werkstatt-Museum war Wasserkraft auch dominierendes Element für die Lohmühle, frühere Heimat des Gerbers am Ort.

Das Gerbermuseum zur Lohmühle: Einblicke in ein einst anrüchiges Handwerk

Nicht ein Müller, sondern ein Gerber übte in der Lohmühle im Ortsteil Leustetten sein Handwerk aus. Das Gerben von Häuten und Fellen – also die Umwandlung zu Leder – ist eine der ältesten Künste der Menschheit, wenn auch immer wieder kritisch diskutiert, was die Herstellung angeht. Dennoch ist, selbst wenn wir heute

vieles durch Plastik und Leder-Imitat ersetzen, das echte Leder höchst begehrt. Tatsache ist: Ohne schwere Schuhe mit festen Ledersohlen wären die meisten landwirtschaftlichen und handwerklichen Berufe damals kaum auszuführen gewesen. Nachweislich seit dem 18. Jahrhundert war der Gerber am Ort tätig und stellte außer Ledersohlen beispielsweise das Leder für Pferdegeschirre, für Zaumzeug und Sättel her. Noch bis Ende des 20. Jahrhunderts wurde hier mit Rinderhaut und -fell gearbeitet.

Neben den 11 Gruben auf dem Dorfplatz, in denen die Häute gegerbt wurden, fanden sich in der Gerberei 7 Gruben des Farbganges, die zur sogenannten Wasserwerkstatt zählen. In diese Gruben wurden die vorbereiteten Häute unter Zugabe von Lohe, also gemahlener Rinde, und Wasser eingeschichtet und ruhten über mindestens vier Monate. In der dunklen Rindenbrühe reiften die Häute allmählich zu Leder, wurden fester und nahmen Farbe an.

Freundlich und einladend mit seinem Fachwerk-Gesicht steht das Museum aus dem Jahr 1835 heute über dem Ort. Gut vorstellbar, dass man Gerber früher ungern mitten im Ort hatte. Die Gerüche scheinen die Nase bis heute derbe zu kitzeln, auch wenn ausschließlich natürliche Materialien verwendet wurden. Selbst Taubenmist, der im Taubenschlag des Wohnhauses immer wieder anfiel, wurde für den Gerb-Vorgang eingesetzt.

Ohne Wasser läuft bis heute beim Gerben gar nichts. In der Lohmühle wurde mit der Wasserkraft die zum sogenannten Rotgerben benötigte Rinde zerkleinert, nachdem man sie vorher von den Bäumen geschält, im Obergeschoss der Mühle gelagert und dann mit der „Lohmühle“ zerschreddert hatte. Diese Hackschnitzel landeten dann in der Lohgrube. Auch die weiteren Arbeitsschritte, von der rohen Tierhaut zum widerstandsfähigen Hartleder, erfolgten hier. Bis heute ist dieses seltene Zeugnis vorindustrieller Handwerkskunst originalgetreu erhalten. Wieder ist es der Dorfbach, der schlau genutzt wurde, über ein Wehr mit einem Fallenstock gestaut, auf einem offenen Kanal auf das Wasserrad der Lohmühle geleitet. In Betrieb gesetzt

treibt dieses die großen Maschinen im Museum an. Damit ist die Lohmühle Leustetten die einzige erhaltene Lohmühle in der Region Oberschwaben-Bodensee.

Die 3-Museen-Runde

Auf 5,5 oder 6,5 oder auf insgesamt 12 Kilometern ist der Rundweg mit dem Apfelsignet auf gelbem Grund gekennzeichnet. Der Weg führt in Altheim am Tüftler-Werkstatt-Museum vorbei und in Leustetten am Gerbermuseum zur Lohmühle, Museen, die sich ebenso wie das Bodensee-Obstmuseum über webbasierte Video-Guides erklären.

Linke Seite: So hübsch wie hier hatten es Gerber früher selten Rechte Seite, oben: Die Restauration der Lohmühle Fotos: © Gemeinde Frickingen

AUDIOGUIDE GERBERMUSEUM ZUR LOHMÜHLE

www.museum.de/m/5609

Gerbermuseum zur Lohmühle Dorfstraße 14 88699 Frickingen-Leustetten Tel.: 07554 9830-30 info@frickingen.de www.gerbermuseum-lohmuehle.de

Licht für das Morgen

Individuelle Beleuchtung für Museen Autorin: Anja Bröscky, mawa design

»Wie groß ist meine Welt?« Diese und andere Fragen beleuchtet mawa im Futurium Berlin. Das im September 2019 eröffnete „Haus der Zukünfte“ ist direkt an der Spree, zwischen Hauptbahnhof und Reichstagsgebäude, gelegen und stellt den Austausch über wissenschaftliche, technische und gesellschaftliche Entwicklungen in den Mittelpunkt.

Faszinierende Einblicke auf drei Etagen

Das Erdgeschoss dient als Ort der Zusammenkunft. Es verbindet die gegenüberliegenden Haupteingänge, beherbergt zentrale Funktionsbereiche und das Veranstaltungsforum.

Eine Etage darüber lässt sich eine rund 3.000 m2 große, zusammenhängende Ausstellungsfläche erkunden. Untergliedert in drei „Denkräume“ widmet sie sich zukunftsrelevanten Fragen rund um Mensch, Natur und Technik.

Erfinder und Experimentierfreudige kommen im „Futurium Lab“ auf ihre Kosten. Auf 600 unterirdischen Quadratmetern ist anschaulich erlebbar, wie spannend Zukunftsforschung sein kann.

Hohe Räume und dunkle Flächen

Dunkel gefärbter Sichtbeton und schwarzer Gussasphaltboden prägen die über sechs Meter hohen Ausstellungsräume im Ober- und Untergeschoss. Um eine multifunktionale Bespielbarkeit der Flächen zu gewährleisten, wurden stromführende Schienen in Deckenkanäle eingelassen oder von der Decke abgependelt. Das ermöglicht Leuchten mit entsprechendem Adapter entlang der Schienengeometrie individuell zu platzieren und nachträglich zu versetzen.

Aufgrund der großen Raumhöhe waren neben musealer Lichtqualität vor allem Leistungsstärke, enge Abstrahlcharakteristik und komfortable Bedienung gefragt. Das waren nur einige von vielen Gründen, die für die Zusammenarbeit mit mawa und den Einsatz des Lichtwerkzeuges „seventies 70’s“ sprachen.

Unten: Außenansicht des Futurium Rechte Seite: „Denkraum Mensch“ – Obergeschoss Fotos: © Stefan Wolf Lucks

Mehr als zwanzig Jahre Erfahrung machen mawa zu einem professionellen Partner in Sachen Beleuchtung. Die hauseigene Produktion nahe Potsdam ermöglicht es zudem kurzfristig auf individuelle Kundenwünsche einzugehen. So wurde kurzerhand eine alternative LED-Geometrie ins Serienprodukt „seventies 70’s“ eingebracht, um eine noch engere Abstrahlcharakteristik zu erreichen.

Im Zuge voranschreitender Ausstellungsplanung ergab sich außerdem der spontane Bedarf eines bereichsbezogenen Lichtfarbenwechsels. Trotz bereits ausgelöster Bestellung und laufendem Fertigungsprozess machte mawa dies möglich.

Lichtwerkzeug und Museumsspezialist

Seit 2013 produziert mawa die „seventies 70’s“-Serie, die mit zeitlosem Design, formaler Klarheit und Perfektion bis ins Detail überzeugt. Professionelle LED-Technik mit hoher Farbwiedergabe und Farbortgenauigkeit bringen Exponate realitätsgetreu zum Strahlen. Der Einsatz hochwertiger Vorschaltgeräte ermöglicht ein flickerfreies, HDTV-taugliches Beleuchtungsergebnis bei hoher Systemeffizienz. In Verbindung mit Leistungsstärke sowie großer Vielfalt an Dimmoptionen und leicht zu wechselndem Zubehör ist ein wandlungsfähiges Lichtwerkzeug entstanden. Es begeistert Planer und Kuratoren gleichermaßen und wird von mawa kontinuierlich weiterentwickelt. Ausstellungbeleuchtung: mawa design GmbH Neu-Langerwisch 36/Palmhof 14552 Michendorf Tel +49(0)33205.2288 22 info@mawa-design.de www.mawa-design.de

Planung Ausstellungbeleuchtung: Studio Dinnebier

Oben links: Deckenuntersicht – Galerie Oben rechts: Galerieraum Unten links: „Stadtdschungel“ – Obergeschoss Unten Mitte: „Futurium Lab“ – Untergeschoss Unten rechts: seventies-Stromschienenstrahler Rechte Seite: „Denkraum Natur“ – Obergeschoss Alle Fotos: © Stefan Wolf Lucks

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