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DampfLandLeute – Museum Eslohe

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Haus im Moos

Haus im Moos

Autoren: Gudrun Schulte und Klaus Gottfried

Kaum jemand, der nicht gerade ein Dampfmaschinen-Fan ist, weiß, dass es in Eslohe, mitten im Sauerland, eines der bedeutendsten Technikmuseen Deutschlands gibt. Hier ist (fast) alles zur Geschichte der Antriebstechnik und rund um Dampfmaschinen, Lokomotiven, historische Motoren und Traktoren nicht nur zu finden, sondern auch in Aktion zu sehen und zu erleben. Etwa bei den „Dampftagen“, die am letzten Wochenende im Mai und September stattfinden. – Wie es in diesem Jahr sein wird, weiß unter den gegebenen Umständen keiner. – Fahrten mit der alten Krauss-Dampflok, Baujahr 1898 und zwei Dieselloks mit unterschiedlichen Waggons - mal überdacht, mal im Cabrio – gehören sicher zu den Höhepunkten eines Museumsbesuchs bei diesen großen Dampffesten. Alle Maschinen stehen „unter Dampf“ und zeigen in faszinierender Weise, was die zum Teil über 150 Jahre alten „Schätzchen“ noch draufhaben. Oldtimer-Traktoren und die alte Straßenwalze ziehen ihre Runden auf dem Museumsgelände. Einige Besucher kommen mit ihren Oldtimern zu Besuch. Gelegentlich melden sich ganze Gruppen mit Oldtimern an, seien es Trecker Clubs oder etwa Gruppen, die „Kabínenroller“ oder „Goggos“ haben. Dazu gibt es Festivalstimmung mit Musik und Gastronomie.

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Linke Seite: Grundstein des Museums mit Wohnhaus des Gründers, alter Maschinenhalle und Gleisanlage Foto: © DampfLandLeute – Museum Eslohe Rechte Seite: Die Krauss-Dampflok von 1898 zieht jetzt wieder ihre Runden. Foto: © DampfLandLeute – Museum Eslohe

Außergewöhnliches Technikmuseum

„Das Museum Eslohe vereinigt in gelungener Weise die Darstellung des regionalen Gewerbes und die von wichtigen Teilen der Technikgeschichte. Insbesondere die Maschinensammlung hebt das Esloher Museum weit über das Niveau eines typischen Heimatmuseums hinaus, indem es nicht nur Handwerk und Landwirtschaft präsentiert, sondern als „lebendiges Museum“ auch Maschinen in Funktion zeigt. Hierbei verdient besonders die Dampfmaschinensammlung hervorgehoben zu werden. Was den lebendigen Dampfbetrieb betrifft, kann sich Eslohe mit den bedeutenden Dampfmaschinenmuseen im Mutterland der Dampfmaschine, Großbritannien, und dem Museum in Medemblik (Niederlande) messen. Das DampfLandLeute-Museum im Sauerland sucht daher in Deutschland seinesgleichen“. Das schreibt Albert Gieseler, Mitautor des Buchs „Die Geschichte der Dampfmaschine“ und Inhaber einer Datenbank mit einer der größten Dokumentationen über Dampfmaschinen weltweit. Sicher gibt es in Deutschland andere Museen und Sammler, die auch eine umfangreiche Dampfmaschinen-Sammlung besitzen, aber meist sind sie nicht betriebsbereit oder werden mit Druckluft betrieben. Einige Museen präsentieren eine einzelne, größere Dampfmaschine zu bestimmten Gelegenheiten „unter Dampf“.

Herausragende, funktionstüchtige Maschinensammlung

„Herauszuheben ist auch die Vielfalt der gesammelten Maschinen. Insbesondere die beiden ca. 150 Jahre alten Bockmaschinen von Egestorff in Hannover verdienen Beachtung. Eine etwa gleichaltrige Schwestermaschine befindet sich im Deutschen Museum und nur wenige dieser Maschinen blieben in Deutschland erhalten, werden aber meist nicht betrieben. Die liegende Maschine dürfte die einzig erhaltene Dampfmaschine von Stein in Stuttgart sein, eine Firma, die sich insbesondere auf dem Gebiet der Kältetechnik einen Namen gemacht hatte. Dampfpumpen mit und ohne Drehbewegung bzw. Getriebe, eine Schiffsdampfmaschine, zwei Schnellläufer, davon einer zum Generatorantrieb, zeigen die Vielfalt des Dampfantriebs. Dampfmaschinen auf Rädern (u.a. eine Lokomobile), eine Dampfwalze und drei Dampflokomotiven, runden die Sammlung ab. Bemerkenswert ist der gute Erhaltungszustand, der vom großen Einsatz der Museumsleute zeugt und den Besuchern auch die Ästhetik der Technik zeigt,“ so Gieseler.

Eigenes Werkstattteam

Ein eigenes Werkstattteam, das einen Großteil seiner Freizeit im Museum mit der Pflege und Restaurierung alter Ma-

schinen verbringt, macht das möglich. Erst kürzlich gelang es, die Krauss-Dampflok wieder fahrbereit zu machen.

Zurzeit wird ein neues Kapitel „Dampfmaschine“ umgesetzt. – Jahrelang suchte das Museum eine ventilgesteuerte Dampfmaschine. Mehrere Versuche, in den Besitz einer solchen zu kommen, scheiterten. Schließlich gelang der Coup 2017. Bei der Firma Thonet – jeder kennt die berühmten Stühle der Marke – stand eine funktionstüchtige Dampfmaschine dieser Bauart. Schnell war man sich einig und das Werkstattteam baute den „Giganten der Industriegeschichte“ in mühevoller Kleinarbeit – unterstützt von Thonet – ab. Jetzt ist man dabei, die baulichen Voraussetzungen für das Aufstellen und Installieren dieser bislang fehlenden, in Einzelteile zerlegten Dampfmaschinenart zu schaffen. An dieser Stelle sei noch mal ausdrücklich daraufhin gewiesen, dass das gesamte Museum ehrenamtlich betrieben wird.

Praktischer Lernort

Für uns ist es heute selbstverständlich, jederzeit Energie zur Verfügung zu haben: sei es aus der Steckdose, aus der Zapfsäule oder aus dem Heizkörper. Vor 300 Jahren war das keineswegs so: mechanische Energie wurde durch Wasser- oder Windräder oder eben durch Handarbeit erzeugt (alle Energiequellen mussten per Handarbeit zur Verfügung gestellt werden). Erst die Erfindung der Dampfmaschine veränderte den Einsatz von Energie grundlegend. Ihre Nutzung ermöglichte den Beginn der Industriellen Revolution. Körperliche Arbeit konnte erstmals deutlich reduziert werden und der Mensch wurde unabhängig von Wasser- und Windkraft. Diese bedeutende Errungenschaft und ihr Einsatz im täglichen Arbeitsleben erleichterte Produktionsprozesse und zeigt noch heute die Ästhetik und Schönheit solcher alter Maschinen und Industrieanlagen.

Mehr als ein Heimatmuseum

Das Museum Eslohe geht in seiner Bedeutung weit über das Niveau eines klassischen Heimatmuseums hinaus. Allein diese heimatkundliche Ausrichtung wäre schon bedeutsam – herausragend ist jedoch die lebendige Darstellung der Dampfmaschine. Ihren Reiz macht nicht die bloße Bewegung durch Fremdenergie aus, sondern der Dampfbetrieb spricht mit Wärme, Geräuschen und Geruch (durch das Zylinderöl) so gut wie alle Sinne an.

Im Esloher Museum kann man nicht nur die Schönheit dieser Industrie-Dinosaurier erleben, sondern mit instruktiven Info-Tafeln, medialer Aufbereitung in kleinen Filmfrequenzen über die Dampfkraft und die zugehörigen Maschinen sowie dem neu zur Verfügung stehenden Audioguide in Technikgeschichte, Arbeitswelt, Leben und Volkskunde im Sauerland und darüber hinaus in die Lebens- und Arbeitswelt des 19./20. Jahrhundert eintreten.

Der Audioguide führt informativ, aber unterhaltsam an 20 Stationen durch die Dauerausstellung. Das System ist eine fantastische Bereicherung für das Museum. Erstmals wird es dem Besucher ermöglicht, das Museum mittels eines erklärenden Rundgangs für sich selbst zu entdecken und, falls gewünscht, an jeder Station mit Info-Tafeln, Touchscreen oder Video tiefer in die Ausstellungsthematik, die Geschichte oder Anwendung des jeweiligen Exponats einzutauchen. Das macht Führungen nicht überflüssig – sie sind Gruppen vorbehalten – erlaubt aber eine individuelle, spannende Begleitung durch das Museum.

Das DampfLandLeute – Museum Eslohe immer innovativ

1981 wurde das Maschinen- und Heimatmuseum Eslohe eröffnet. Es entstand aus den Aktivitäten einiger rühriger Esloher Bürger, die 1975 den Museumsverein Esbe zudem seine umfangreiche Antriebsmaschinen-Sammlung, darunter funktionstüchtige Dampfmaschinen, Dampf- und Dieselloks, Diesel-, Benzin- und Elektromotoren. Das Wasserrad auf dem Museumsgelände dokumentierte eine weitere Energiequelle.

1993 wurde das Museum durch eine ehemalige Maschinenhalle erweitert, die das damals noch ansässige Unternehmen Ketten Wulf, Weltmarktführer im Bereich Antriebs- und Förderketten, nicht mehr nutzte. Es konnte eine große landwirtschaftliche Ausstellung, eine Dorfschmiede und eine Galerie mit weiteren Dorfhandwerken eingerichtet werden. Dazu kamen Originalteile der alten Industrieschmiede.

lohe e.V. gründeten. Die zunächst eher volkskundlich ausgerichtete Sammlung des Vereins bekam Räumlichkeiten auf dem Gelände der Firma Koenig im Salweytal zur Verfügung gestellt. Eberhard Koenig, Inhaber des Unternehmens, überließ dem Museumverein als Dauerleihga-

Linke Seite: Die liegende Dampfmaschine der Fa. Stein (Bad Cannstatt) läuft noch heute zuverlässig wie vor über 125 Jahren Rechte Seite, oben: Blick von oben in die volkswirtschaftliche Ausstellung Rechte Seite, unten: Schöner Blickfang: die Dampfstraßenwalze, Baujahr 1934 Fotos: © DampfLandLeute – Museum Eslohe

Zweizylindrische Verbunddampfmaschine mit Fliehkraftregler © DampfLandLeute – Museum Eslohe

Die landwirtschaftliche Ausstellung spiegelt die Entwicklung der Landwirtschaft von Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1990er Jahre wider. Von der Handarbeit ausgehend bis hin zur Vollmechanisierung orientiert sich der Rundgang am Jahresablauf, unter besonderer Berücksichtigung der biologischen und klimatischen Besonderheiten der Mittelgebirgslandschaft des Sauerlandes. Touchscreens bieten die Beschreibung der einzelnen Maschinen und ihrer Funktionsweise in Deutsch, Englisch und Niederländisch.

Originalschauplatz: Industrieschmiede

Am Originalschauplatz, hier ist die alte Industrieschmiede in Teilen erhalten, zeigen die harten Arbeitsbedingungen der Menschen bei der industriellen Herstellung von Werkzeugen und Kettenrädern. Besonders imposant ist der Lärm, den ein Fallhammer macht, wenn der Museumsführer den Hammer zum Laufen bringt. Unschwer vorzustellen, was hier los war, wenn mehrere Fallgewichte niedersausten, von Arbeitsschutzvorrichtungen keine Spur. Fast schon beschaulich wirkt die kleine Dorfschmiede nebenan.

Handwerke originalgetreu

Im Obergeschoss findet sich die Handwerker-Galerie: Nahezu alle Handwerke, die sich in einem Dorf fanden, sind hier mit viel Liebe zum Detail nachgebaut worden. In Zukunft sollen hier ebenfalls Arbeitsweisen und Lebensverhältnisse der Handwerker mit medialer Unterstützung erlebbar gemacht werden.

Eine eigene Halle für die Maschinen

2006 schließlich wurde das Museum in seiner heutigen Form eröffnet. Die alte Maschinenhalle mit Landwirtschaft, Handwerk und Feuerwehr wurde um 1000 m2 Ausstellungsfläche erweitert.

Linke Seite, oben: Eine typische Dorfschmiede, wie sie einst in jedem Dorf anzutreffen war Linke Seite, Mitte: Diese Stechuhr ist nicht nur ein schönes Ausstellungsstück sondern symbolisiert auch den Beginn der Industriearbeit Linke Seite, unten: Der Wald: Erwerbsquelle und Erholungsraum – vorne: Werkzeuge zur Herstellung von Jagdmunition Rechte Seite: Der Lanz-Bulldog aus dem Jahr 1927 fährt tuckernd bei den Dampftagen End Mai und September seine Runden über das Museumsgelände Fotos: © DampfLandLeute – Museum Eslohe

Die Firma Ketten-Wulf hatte sich endgültig von diesem Standort Eslohe verabschiedet, weil sie hier keine Erweiterungsmöglichkeiten besaß. Die freigewordenen Hallen konnten nun für das Museum genutzt und vor allem die große Maschinensammlung Koenig in ihrer ganzen Schönheit und Einzigartigkeit gezeigt werden.

Gleichzeitig wurde das Schienennetz der Werksbahn, die seit Anfang der 1940er Jahre auf dem Werksgelände ihre Runden fuhr, ausgebaut und ermöglicht so heute Rundfahrten auf einem angrenzenden Wiesengelände.

Bahnfahren wie anno dazumal

Heute kann man mit der Museumsbahn durch das beschauliche Salweytal tuckern, frische Luft genießen und dem Damwild des nahen Gastronomiebetriebs beim Äsen zuschauen. Die Fahrt mit der Bahn gehört zu den Höhepunkten eines Museumsbesuchs an jedem ersten und dritten Samstag im Monat von April bis Ende Oktober - vor allem für die Kinder. An normalen Eisenbahnterminen fährt das Museumsteam mit Dieselloks. Zu den Dampftagen wird auch die Dampfl ok von 1896 unter Dampf gesetzt und zieht ihre Runden mit den Fahrgästen.

Im Anschluss kann man im Museum erfahren, wie genau eine Dampfl ok funktioniert und warum der Dampf früher eine ganz besondere Bedeutung hatte.

Erlebnisort

Doch ist das nur eine von vielen Möglichkeiten, Erkundungslust und Wissensdurst zu stillen: In unterschiedlichen Arten der Präsentation, auch multimedial, die in einer Dauerausstellung die Themenbereiche Landwirtschaft, Waldwirtschaft, Dorfhandwerker, Volkskunde und Technik zeigen, gibt es reichlich zu entdecken. Über die Dauerausstellung hinaus fi nden im Museum Eslohe Wander- und Sonderausstellungen unterschiedlicher Art sowie Konzerte, Lesungen, Festivals, Oldtimertreffen etc. statt. Endergebnis ist eine überdachte Ausstellungsfl äche von über 2000 m2, ein imposantes Außenareal, eingebettet in die Schönheit des Sauerlandes und ausgestattet mit einem beachtlichen Maschinenpark sowie einem reichhaltigen Fundus an weiteren zeitgeschichtlich relevanten Überbleibseln.

Das DampfLandLeute-Museum Eslohe stellt somit auch einen außerschulischen Lernort für Kinder, Jugendliche und Erwachsene dar, der Langeweile nicht aufkommen lässt.

„Sauerland-Kraftort“

Seit einigen Jahren ist auch das Außengelände des DampfLandleute – Museums Eslohe zu einem besonderen Ort geworden: zu einem „Sauerland-Kraftort“. Umrahmt ist der Platz vom Wohnhaus Koenig (dort auch 1981 im Vorgarten beigesetzt), von alten Gebäuden, stilvollen Arkaden, Türmchen, Bogenfenstern, einem kleinen Fachwerkhäuschen, einer großen Speicherdampfl ok, der alten Werkshalle von 1936 und dem Überlauf des Obergrabens. Wer einmal ganz in Ruhe, auf der Bank vor dem Fachwerkhäuschen gesessen hat, dem Plätschern des Wasserrades nebenan gelauscht oder bei starkem Wasseraufkommen dem Tosen der Wassermassen des Überlaufs zugehört hat, spürt, warum dieser Platz zum „Kraftort“ wurde.

Wander-und Fahrraderlebnis angeschlossen

Das DampfLandLeute – Museum Eslohe ist aber auch Ausgangspunkt für Wanderungen in die reizvolle Umgebung, leichte und schwere Varianten können erwandert werden. Direkt am Museum führt der „Sauerlandradring“ vorbei. Radfahrer parken gerne auf dem großzügigen Parkplatz und starten von hier aus auf verschiedenen Etappen. An vielen Haltepunkten kann man Wissenswertes über die alte Bahntrasse erfahren, auf der der Radweg entlang führt. Viele Radler nutzen anschließend die Möglichkeit das Museum zu besuchen. Das gesamte Museum ist selbstverständlich auch barrierefrei. Ein Besuch im DampfLandLeute – Museum Eslohe lohnt sich also in jeder Hinsicht.

Linke Seite: Ein Glanzstück der Ausstellung „Dampfmaschinen“ ist die Lanz-Lokomobile, Baujahr 1909 Rechte Seite: Die verschiedenen Loks laden immer wieder zu Bahnfahrten auf der Schmalspurbahn ein. Für Groß und Klein ein unvergessliches Erlebnis Alle Fotos : © DampfLandLeute – Museum Eslohe

AUDIOGUIDE DAMPFLANDLEUTE MUSEUM ESLOHE

www.museum.de/m/243

DampfLandLeute – Museum Eslohe Homertstraße 27 59889 Eslohe Tel. 02973 - 2455 info@museum-eslohe.de www.museum-eslohe.de

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