11 minute read

Fischereimuseum Bergheim an der Sieg

Mehr als Fisch und Fang Autorin: Dr. Petra Dahlmann

Ein Fischereimuseum, das nicht an der Küste, sondern mitten im bevölkerungsreichen und städtisch geprägten Rheinland liegt? Ja, das gibt es tatsächlich! In Bergheim an der Sieg – letzteres ist wichtig, um eine Verwechslung mit dem nur gut 50 Kilometer entfernten Bergheim an der Erft zu vermeiden – steht das Museum der Fischereibruderschaft, die seit mehr als 1.000 Jahren Fischereirechte an Rhein und Sieg besitzt.

Advertisement

Eine lange und einzigartige Geschichte, die bewahrt und den nachfolgenden Generationen zugänglich gemacht werden muss. Das stellte 2016 auch die UNESCO fest und nahm die traditionelle Flussfischerei an der Mündung der Sieg in den Rhein in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Deutschland auf.

Über 1000 Jahre Fischereirechte an Rhein und Sieg

Die Fischereibruderschaft zu Bergheim an der Sieg ist eine zunftähnliche Vereinigung, die über Fischereirechte an der Siegmündung und im Rhein verfügt. Die 987 entstandene Gemeinschaft von Fischern ist heute die älteste Vereinigung dieser Art in Deutschland. Am 18. Januar 987 verlieh Otto III. (980-1002) dem wenige Jahre zuvor gegründeten Damenstift zu Vilich alle Rechte eines ottonischen Reichsklosters und stellte es damit den reichsunmittelbaren Klöstern Quedlinburg, Gandersheim und Essen gleich. Erste Äbtissin wurde Adelheid (nach 965 / vor 970 bis vermutlich 1015), eine Tochter der Gründerfamilie, die im Kloster St. Ursula in Köln erzogen wurde und dort eine umfassende Ausbildung erhielt.

Zwei zu Eins: Der „dritte Fisch“ für das Stift

Am 25. Dezember 1144 garantierte König Konrad III. dem Vilicher Stift seine Freiheiten und Besitzungen. In der detaillierten Aufzeichnung werden auch die Jagd- und Fischrechte an der unteren Sieg erwähnt. Danach besaß das Stift Vilich im Dorf Bergheim fünf nicht lehnsrührige (abgabepflichtige) Güter. Die Fischerei des Klosters reichte von der Hasenweide (heute Friedrich-BreuerStraße in Beuel) bis zur Mondorfer Heide und die Sieg hoch auf beiden Ufern bis zur Stockfurt. Von allem was dort gefangen wurde, gehörte ein Drittel dem Kloster. Spätere Akten belegen, dass die übrigen zwei Drittel den „Fischern von Bergheim“ zustanden.

Linke Seite, oben: Ein gutes Fundament: Traditionen und Religiosität. Foto: Scheib Rechte Seite, unten links: Wappen der Fischereibruderschaft: 14 Punkte für die 14 Fischerfamilien, links der Hinweis auf den „dritten Fisch“, den man dem Kloster schuldete, rechts die Hl. Adelheid mit ihrem Äbtissinenstab und zwei Broten sowie drei Jakobsmuscheln. Foto: Wuller Rechte Seite, unten rechts: Der „rote Turm“ am Diescholl: Außenansicht des Fischereimuseums Bergheim an der Sieg. Foto: Unger

Brotfisch und Backfisch. Foto: Scheib

Vom Vater auf die Söhne

An der Spitze der Fischereibruderschaft steht der Erste Brudermeister. Eine Mitgliedschaft in der Bruderschaft kann man nicht einfach beantragen, das Recht steht nur legitimen männlichen Nachfahren der 14 Fischerfamilien zu, die von Anfang an zur Bruderschaft gehörten. Inzwischen gibt es nur noch neun Familienstämme, fünf sind, weil ihnen die männlichen Nachkommen fehlten, ausgestorben. Nach alter Tradition treffen sich die Fischerbrüder zweimal jährlich, am ersten Samstag nach dem Dreikönigstag (6.1.) und am Samstag nach Johannes Baptist (24.6.), zum sogenannten „Geding“, einer Versammlung, auf der anstehende Probleme und Fragen erörtert sowie Jungfischer aufgenommen werden.

Fisch und Fang – Aus dem Fischerleben

Die Nachfrage nach Fisch war früher groß, gab es doch im Jahr über 100 Fastentage. Da generell im katholischen Rheinland freitags kein Fleisch gegessen werden durfte, fischten die Bergheimer Fischer bevorzugt donnerstags. Der Fangtag lief nach einem festgelegten Ritual ab: Morgens gingen die Fischer mit ihren Zugnetzen in die Bergheimer Kirche zur Messe. Anschließend knüpften sie die Zugnetze zu einem bis zu

300 Meter langen Netz zusammen. Kranke Fischer oder Witwen, die ihr Netz zur Verfügung stellten, wurden am Fang beteiligt.

Die Fischer bestimmten eine Ufer- und eine Bootsmannschaft. Das gefaltete, zusammengeknüpfte Netz hatte zwei Zugseile und lag im Boot, einer Schütt. Nachdem die Ufermannschaft eines der Zugseile aufgenommen hatte, lenkte die Bootsmannschaft das Schiff in Richtung Strommitte, und das Netz wurde Meter für Meter ins Wasser gelassen. Danach drehte man das Boot stromabwärts und fuhr in einem großen Bogen zum Ufer, wo inzwischen auch die Ufermannschaft angelangt war. Das Netzwerk bildete somit einen Ring, aus dem die Fische nicht mehr entweichen konnten. Die gefangenen Fische wurden in drei Stapeln aufgeschichtet. Der eine ging an das Kloster in Vilich, dem die Fischer von Bergheim seit alters her den „dritten Fisch“ schuldeten, die beiden anderen wurden gehältert (lebend aufbewahrt) oder gleich verkauft. Abnehmer fanden sich auf den Fischmärkten in Bonn und Köln. Die Frauen, die den Verkauf meistens übernahmen, lieferten aber auch direkt an Gastwirte. Oft wurden die Fische lebend verkauft, da die Kühlmöglichkeiten damals begrenzt waren.

Und heute?

1000 Jahre Geschichte wollten bewahrt und neuen Generationen zugänglich gemacht werden. So reifte die Idee, anlässlich der 1000-Jahr-Feier im Jahr 1987 ein „Fischerhaus“ mit Museum einzurichten: Ein neuer Treffpunkt für die Mitglieder der Bruderschaft und gleichzeitig Ort der Traditionspflege und Präsentation der bewegten Vergangenheit der Bergheimer Fischerfamilien wurde geplant.

Mit erheblichen Eigenmitteln, großem persönlichen Einsatz und Unterstützung des Rhein-Sieg-Kreises und der Stadt Troisdorf gelang es den Mitgliedern der Bruderschaft, dieses „Fischerhaus“ fertigzustellen. Allerdings platzte das erste Museum schon bald aus allen Nähten. Im Rahmen der „Regionale 2010“ – einem Strukturförderprogramm des Landes NRW – konnte das „alte“ Fischerhaus im November 2010 durch das neue Fischereimuseum mit seinem charakteristischen roten Turm oberhalb eines Altarms der Sieg ersetzt werden. Auch dieses Vorhaben unterstützten die Stadt Troisdorf und der Rhein-Sieg-Kreis sowie der Verein zur Förderung des Fischereimuseums der Fischereibruderschaft zu Bergheim an der Sieg e. V., die Fischereibruderschaft und die NRW-Stiftung Natur Heimat Kultur.

Da die Berufsfischerei in den letzten Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung verloren hatte, konzentriert sich die Bruderschaft darauf, überliefertes Wissen weiterzugeben, die historische Bedeutung der Flussfischerei zu veranschaulichen und Natur und Umwelt zu pflegen. Neben der Vermittlung der Geschichte und des Handwerks der Binnenfischer geht es im Museum vor allem um Natur und Kultur an der unteren Sieg, das Verhältnis von Mensch und Natur im Wandel der Jahrhunderte.

Die Lage in der Siegaue ermöglicht immer wieder interessante Ausblicke. Als größtes Museumsobjekt zieht der unterhalb des Hauses liegende restaurierte Aalschokker „Maria Theresia“ alle Blicke auf sich. Von Zeit zu Zeit kann er auch besichtigt werden. Das Museum engagiert sich intensiv im Bereich Umweltbildung und bietet Kindern und Jugendlichen zahlreiche Workshops zu unterschiedlichen Themen an, die im Rahmen des Projektes „FINNE – Fischwelt in Nordrhein-Westfalen neu entdecken“ gefördert werden. Selbstverständlich stehen die nähere Umgebung mit der Auenlandschaft, die Geschichte der Bruderschaft und der Flussfischerei sowie die Erkundung des „Gewimmels im Wasser“ und der Fische dabei im Mittelpunkt.

Gleichzeitig bieten verschiedene Themenführungen Erwachsenen interessante Einblicke in alte Handwerkstechniken, lassen die Geschichte der Bruderschaft und ihr nicht immer friedliches Zusammenleben mit den Mondorfer Fischern auferstehen oder schildern die Entwicklung der Schifffahrt auf Rhein und Sieg. Auch wer mehr über die Grenzen der Fischereirechte der Bergheimer Fischer erfahren möchte, ist bei einer Sonderführung gut aufgehoben. Kaum eine Frage zu den im Rahmen einer Fahrradtour oder einer Etappenwanderung zu besichtigenden Grenzsteinen wird unbeantwortet bleiben.

Linke Seite, oben links: Schild am alten Fischerhaus Foto: Scheib Linke Seite, oben rechts: Der Korbfl echter H. Schell bei der Arbeit. Foto: Museum Linke Seite, unten rechts: Ins Netz gegangen. Foto: Museum Rechte Seite, oben links: Netze werden mit speziellen Nadeln gestrickt. Foto: Museum Rechte Seite, Mitte links: Workshop zum Leben der Krebse Foto: Klinke Rechte Seite, oben rechts: Aalschokker. Foto: Scholl Rechte Seite, unten: Ausstellungsraum. Foto: Wuller

Fischereimuseum Bergheim | Sieg Nachtigallenweg 39 53844 Troisdorf-Bergheim Tel. 0228 - 94589017 info@fi schereimuseum-bergheim-sieg.de https://fi schereimuseum-bergheim.de AUDIOGUIDE FISCHEREIMUSEUM BERGHEIM AN DER SIEG

www.museum.de/m/45030

Deutsches Klingenmuseum digitalisiert historisches Fechtbuch mit speziellem Buchscanner

Für verschiedene Archivalien konzipiert: der Bookeye® 4 V1A-C35 von Image Access Autorin: Jessica Casper

Eingebunden ins bergische Städtedreieck ist die Stadt Solingen in NRW ein weltweiter Hotspot der Klingen. Wer hatte nicht schon einmal ein Messer „Made in Solingen“ in der Hand. Die Stadt wird daher auch Klingenstadt genannt. Was liegt also näher, als das Deutsche Klingenmuseum hier anzusiedeln, um Bestecke, Dolche oder Schwerter zu präsentieren.

1904 aus der „Fachschule für die Stahlwaren-Industrie“ hervorgegangen, existiert das Museum in seiner heutigen Form seit 1954. Immer schon im Solinger Stadtteil Gräfrath gelegen, zog das Museum 1991 in seine jetzigen Räumlichkeiten, das ehemalige Augustiner-Chorfrauen-Stift. Die typischen Kreuzgänge wurden dabei erhalten, in diesen sind die verschiedenen Sammlungen, geordnet nach Jahrhunderten, ausgestellt. Rund 35.000 Exponate umfasst der Gesamtbestand, zu dem auch eine der größten historischen Bestecksammlungen gehört. In der Ausstellung können etwa 8.000 Exponate besichtigt werden.

Linke Seite: Deutsches Klingenmuseum Solingen Rechte Seite, oben: Historische Bestecke Rechte Seite, unten: Felddegen aus dem 17. Jahrhundert Fotos: © Image Access & Deutsches Klingenmuseum

Dr. Sixt Wetzler verbindet hier seine persönliche Passion mit der beruflichen Tätigkeit. Der seit 2020 amtierende Museumsleiter ist kein Unbekannter in der Fecht- und Kampfkunstforschung und verfügt als Kulturanthropologe über den wissenschaftlichen Hintergrund. Schon vor Corona stand für ihn das Thema Digitalisierung im Fokus, die Ausstellung soll interaktiver und mit medialen Elementen verknüpft werden. Zudem werden die Sammlungen in den nächsten Jahren thematisch aufbereitet und nicht mehr nach den verschiedenen Epochen angeordnet. Eingebunden in das Modellprojekt Smart City Solingen erfährt auch die Website einen neuen, modernen Auftritt.

Neben Blankwaffen oder Schneidegeräten diverser Epochen gehört zum Schatz des Museums ein riesiger Bestand historischer Bücher, darunter die sogenannten Bergischen Bibeln. Diese wurden per Kupferstich gefertigt und von den bergischen Kaufleuten als Kataloge benutzt, um Kunden in Europa und Übersee von der Qualität ihrer Waren zu überzeugen.

Ein besonders wertvolles Fechtbuch ist der Thibault von 1630, der nun als erstes digitales Projekt mit dem Buchscanner Bookeye 4 V1A-C35 von Image Access digitalisiert wurde. 1994 mit einer Grafikkarten-Serie begonnen, hat sich das mittelständische Unternehmen mit Hauptsitz in Wuppertal bis heute zu einem der führenden Hersteller von Buch-, Flachbett- und Großformatscannern entwickelt. Ob Bibliotheken und Archive, Vermessungsbüros, Architekten, die Werbeindustrie oder eben auch Museen – unterschiedlichste Kunden vertrauen auf die Scanner-Expertise des „Hidden Champions“. Lokale Lieferanten, ein globales Distributoren-Netzwerk und nicht zuletzt rund 65 engagierte Mitarbeiter*Innen bilden den Kern erfolgreichen Unternehmertums seit mehr als 27 Jahren.

Oben: Der Thibault von 1630 Unten: Dr. Sixt Wetzler digitalisiert am Bookeye 4 V1A-C35 das historische Werk Fotos: © Image Access & Deutsches Klingenmuseum

400 Seiten galt es in höchster Bildqualität und mit viel Fingerspitzengefühl zu scannen. Die perfekte Aufgabe für den DIN A1-Scanner. Bei einer Aufl ösung von 600 dpi schafft er einen Scan in 4,1 Sekunden. Die einzigartige Buchwippenlösung erlaubt das Scannen sowohl im 140 Grad V-Mode ohne Glasplatte als auch fl ach unter der Glasplatte. Die motorisch betriebene Glasplatte unterscheidet drei Modi: ohne Glasplatte, Glasplatte fi xiert und automatischer Modus. Im Automode läuft der Scanprozess vollautomatisch. Drucksensoren in den Buchwippentellern steuern den Andruck. Die Buchwippenteller sind motorisch angetrieben und bewältigen einen Hub von 35 cm oder 50 cm.

„Innerhalb von zwei Tagen konnten wir das gesamte Buch digitalisieren. Der Buchscanner von Image Access steht in einem großen Showroom, die vielen verschiedenen Scanner hier sind wirklich beeindruckend. Wir sind von dem Ergebnis mehr als begeistert“, so Dr. Sixt Wetzler. Nach und nach gilt es nun rund 50.000 Seiten zu digitalisieren, so umfangreich ist die Buchsammlung des Klingenmuseums. Image Access ruht ebenfalls nicht und hat im letzten Jahr die 5. Buchscanner-Generation gelauncht. Verschiedene neue Modelle im DIN A2- und DIN A3-Format stehen derzeit zur Verfügung, weitere größere Scanner sind in der Entwicklung. Zudem ist kürzlich mit dem WideTEK 24F ein neuer Flachbettscanner an den Start gegangen. „Die letzten 1,5 Jahre haben einen enormen Fortschritt in der Digitalisierung bewirkt und Schub für neue mediale Angebote gegeben. Wir freuen uns sehr, an dieser Entwicklung teilzuhaben und mit unserem Scanner-Portfolio nun noch stärker kulturell und historisch wertvolle Werke sichtbar machen zu können“, erklärt Rüdiger Klepsch, Geschäftsführer der Image Access GmbH.

Oben: Exponate des 19. Jahrhunderts Unten: Rüdiger Klepsch, Geschäftsführer Image Access Fotos: © Image Access & Deutsches Klingenmuseum

This article is from: