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Zweiter Akt, dritte Szene Lizas Büro, eine Woche später
ZWEITER AKT, DRITTE SZENE – Lizas Büro, eine Woche später
(MAGGIE und CHARLEY sind ebenso anwesend wie die vier MANNEQUINS, diesmal in Abendkleidern und Stolen. Alle sind im Raum in verschiedenen Wartehaltungen verteilt.)
MAGGIE
(Am Schreibtisch) Wann habt ihr euren nächsten Termin, Mädels?
EIN MÄDCHEN
Winterpelze, vier Uhr drüben bei der Vogue.
MAGGIE
(Schaut auf die Uhr) Hört mal, Mädels, warum geht ihr nicht runter in den Laden und kauft euch ein Eis? Wenn ihr zurück seid, sollte Miss Elliott eigentlich da sein.
CHARLEY
(Springt auf) Ich werd’ euch einen ausgeben – ihr seid so süß und so hübsch und so dumm.
MAGGIE
Du bleibst hier. Geht schon, Mädels. Leg dich wieder hin, Charley. Du bleibst hier.
CHARLEY
Ich Unglücksrabe! Einsam und verloren in einer Welt der Frauen! (Er kneift einem MÄDCHEN in den Hintern.) Es ist wirklich eine Tragödie. (Das MÄDCHEN schlägt seine Hand weg, während die ANDEREN lachend hinausgehen.) Du bist eine harte Nuss, Maggie.
MAGGIE
Du sagst es. Also, Charley – du wirst dein Wort halten. Du hast es mir versprochen.
Ja.
MAGGIE Du entschuldigst dich. Und keine Witze. Ich bleibe hier und passe auf, dass du es wirklich tust.
CHARLEY
Ja, ist ja gut!
MAGGIE
Warum bist du so ein Blödmann, Charley? Eigentlich bist du doch ganz in Ordnung.
CHARLEY
Schau mal. Ich habe ein paar Dinge gesagt, die ich besser nicht gesagt hätte. Ich hätte einfach kündigen sollen, fertig, aus. Ich werde mich bei ihr entschuldigen. Muss ich noch mehr Kreide fressen? Ich höre hier sowieso auf, also, wo ist der Unterschied?
CHARLEY
Okay.
MAGGIE
CHARLEY
Wie lange war ich hier? Sechs Jahre. Sich sechs Jahre lang von einer Frau schikanieren zu lassen, ist mehr als genug.
MAGGIE
Du leistest selbst einen ordentlichen Beitrag zu dem Ärger, Junge. Und zwar absichtlich. Ich habe lange genug zugeschaut.
Weißt du, warum?
CHARLEY
Nein.
CHARLEY
Weil ich sie mag und sie bewundere. Als Mensch. Als Frau macht sie mich krank. Ich muss dir etwas anvertrauen, Maggie. Nicht, was ich sage oder wie ich es sage, geht ihr auf die Nerven, sondern dass ich ihre Pose durchschaue. Dieses Führungskraft-Gehabe. Das kann sie nicht ausstehen. Es macht ihr Angst. Sie braucht diese dick aufgetragene Autorität – ohne sie hat sie Angst, warum auch immer! Das habe schon an meinem ersten Tag hier in der Redaktion gemerkt – aber ich konnte nie widerstehen, den Lack immer mal wieder anzukratzen, um zu schauen, was drunter ist. Denn darunter ist sie eine echt tolle Frau.
MAGGIE
(Schaut ihn an) Du überraschst mich, Baby.
MAGGIE
CHARLEY
Nein, stimmt nicht. Du hast mich schon lange in Verdacht, du alte Bleispritze. Wie auch immer, halt den Mund. Zungenkuss gefällig?
(Er nähert sich ihr mit gespitztem Mund.)
MAGGIE
Lass es, Charley. Kannst du nicht für einen Moment ernst sein?
CHARLEY
Ich bin viel beliebter, wenn ich einen auf lustig mache. Aber weißt du was, Maggie? Ich hab’s gründlich satt, den komischen Vogel zu spielen. (Er lacht reumütig.) Jep. Hier kommt mein Geheimnis – tief im Innern bin ich hoffnungslos romantisch. Aber nach außen kneife ich den Mädels in den Hintern, weil ... hey ... stopp mich, Maggie! Halt mich auf! Maggie!
(RUSSELL stürmt herein.)
RUSSELL
Dieses Aas! Dieses dreckige, fleckige, fiese, miese Luder!
CHARLEY
Ich dachte immer, du liebst deine Mutter, Russell.
RUSSELL
Ach, halt doch den Mund. Maggie, entweder verlässt Alison die Redaktion oder ich. Jetzt ist Schluss, Ende, Aus!
Russell ...
RUSSELL
Es ist mir ernst. Sie hat einem Freund still und heimlich bis Mittwoch meinen Belichtungsmesser geliehen.
CHARLEY
Hey, das ist neu ... „Kommst du mit hoch in mein Apartment? Ich zeige dir meinen scharfen Belichtungsmesser!“
RUSSELL
Versuch doch einmal, nicht witzig zu sein – du machst mich krank.
MAGGIE
Russell, du weißt doch ...
RUSSELL
Maggie, niemand weiß besser als du, dass ich mit Alison immer göttlich ausgekommen bin. Aber jetzt heißt es, sie oder ich. Und kurz bevor ich gehe, verpass ich ihr noch eine Darmspülung und fotografiere sie – in Farbe!
MAGGIE
(Er stürmt hinaus.)
So rasselt er von dannen.
MAGGIE
Er hat ja Recht. Warum zum Teufel tut Alison so etwas?
CHARLEY
(ALISON eilt herein.)
Darling, wo ist Liza?
MAGGIE
Alison, warum hast du dir Russells Belichtungsmesser ausgeliehen? Er ist völlig aus dem Häuschen!
ALISON
Ach, der! Darling, ich habe ihn nicht ausgeliehen. Ich hab’ ihn fallen lassen, und dabei ist er kaputt gegangen. Ich habe ihm nur noch nichts davon gesagt.
ALISON
Oh, Gott!
ALISON
Charles, mein Hübscher, die Leute von Saks96 und Bonwit-Teller warten in meinem Büro. Kommst du bitte und hilfst mir, sie weichzuklopfen?
MAGGIE
Was willst du von ihnen, Honey?
ALISON
Ich habe eine Idee für einen Artikel. Eine männliche Schaufensterpuppe von Bonwit-Teller und eine weibliche von Saks verlieben sich ineinander und wir fotografieren in den Schaufenstern der beiden Kaufhäuser ihre Liebesgeschichte. Ist doch entzückend, nicht wahr, Maggie?
CHARLEY
Ja, das ist chic, Alison.
ALISON
Komm, Charles. Saks ist dermaßen konservativ. Ich glaube, manchmal verwechseln die sich glatt mit der St.-Patrick’s-Kathedrale97 nebenan!
CHARLEY
Alison, ab und zu hast du tatsächlich das gewisse Etwas!
MAGGIE
MAGGIE
(Ruft ihm nach, während sie hinausgehen) Du kommst aber wieder, Charley, sobald du fertig bist! (Sie nimmt das Telefon zur Hand und spricht hinein.) Rufen Sie bei Le Coq d’Or98 an – dem Restaurant. Finden Sie heraus, bis wann Miss Elliott dort war, bitte. Sie erreichen mich in meinem Büro.
(MAGGIE verlässt den Raum. MISS FOSTER erscheint und legt einen neuen Stoß Papiere auf LIZAS Schreibtisch. Als sie wieder hinausgehen will, kommt ihr LIZA in Begleitung von RANDY entgegen.)
LIZA
Komm rein, Randy. Was steht an, Miss Foster?
MISS FOSTER
Die Anrufliste liegt auf dem Tisch, Miss Elliott. Ihre Verabredung mit Daché habe ich auf vier Uhr verlegt.
LIZA
Gut. Danke. (MISS FOSTER geht hinaus.) Verschwinden Sie nun aus meinem Leben, Mister Curtis. Sofort. Danke fürs Lunch, aber Sie sind einfach zu faszinierend. – Deinetwegen habe ich heute Nachmittag alle Termine verpasst. (RANDY lächelt sie an.) Warum lächelst du?
RANDY
Deinetwegen. Du bist drei Menschen in einem, Liza. Heute beim Lunch warst du jemand, wie ich ihn noch nie getroffen hatte – heiter und ... ich weiß nicht ... völlig anders als neulich. Und sobald du in die Redaktion kommst, bist du wieder eine andere. Wenn du schon von faszinierend sprichst – du bist es!
LIZA
(Lachend) Und? Welche von den drei magst du am liebsten, Randy?
Ich mag sie alle drei.
LIZA
Ach, komm schon. Entscheide dich. Vielleicht kann ich noch an mir arbeiten.
RANDY
Keine Chance, ich mag alle drei. Als hätte ich dich im Katalog99 zusammengestellt.
LIZA
Wie machst du das, stets zur richtigen Zeit das Richtige zu sagen?
RANDY
Na ja, du weißt, was ich meine.
LIZA Ja, das weiß ich. Zum Glück hast du nicht gesagt, du hättest mich bei Woolworth100 erstanden.
RANDY
(Sie lachen beide. Sie setzt sich)
RANDY
Du musst jetzt wirklich an die Arbeit, was?
Allerdings.
RANDY
Willst du dir nicht den Nachmittag freinehmen? Ein Spaziergang im Park – später Cocktails –was du willst. Ich werde faszinierend sein. Den „Faszinierend-Schalter“ habe ich bis jetzt nicht einmal umgelegt. (LIZA lacht.)
LIZA
Randy, du bist wundervoll und jetzt raus hier. Ich muss an die Arbeit.
LIZA
(Sie macht Anstalten, ihn hinauszuschieben.)
Liza ...
(Er nimmt ihre Hand.) Sag ... Es ist nicht so, dass du nur den Kinostar magst, oder? Manchmal weiß ich einfach nicht, wo der Star aufhört und wo ich anfange. Ich weiß, dass viele Leute mich einladen, nicht weil sie mich wollen, sondern einen Namen und ein Gesicht. Und dann merke ich, ich spiele die ganze Zeit nur ... um Erwartungen zu erfüllen. Das ist mein Geschäft. Aber ich bin das nicht. Ich gehe mir durch das ständige Spielen verloren. Und ich will nicht, dass es so läuft – zwischen uns beiden.
RANDY
(Nach einer Pause, leise) Das tut es nicht, Randy.
LIZA
(Er ringt eine Weile mit sich, unfähig zu sprechen. Dann:)
Liza ...
RANDY
Ja?
LIZA
RANDY
Willst du mich heiraten? (Sie starrt ihn sprachlos an.) Sag nichts! Auch für mich ist das was Besonderes. Guck mal, ich bin am Zittern.
Randy ...
RANDY
Liza, gib mir eine Minute. Ich bin mir selbst nicht sicher, was du jetzt sagen sollst – du kennst mich ja gerade eine Woche. Weißt du, eigentlich ist mir die Schauspielerei – Hollywood, diese ganze Welt – völlig gleichgültig. Ich bin da irgendwie hineingeschlittert, und es ist auch ganz nett, wenn man bedenkt, dass ich sonst vermutlich irgendwo in Arizona als Tankwart arbeiten würde. Was ich sagen will: Du müsstest nichts von dem hier für mich aufgeben, Liza.
LIZA
LIZA
Ach herrje. (Sie berührt flüchtig sein Gesicht.) Randy – ich will es. Weißt du das nicht? Ich gebe alles auf für dich. Was du willst – ich will es auch. Du setzt die Teile des Puzzles zusammen.
(Atemlos) Liza – heißt das ... „Ja“? (LIZA nickt.) Oh, mein Gott!
RANDY
(Er wischt sich mit einem Taschentuch die Tränen ab und sinkt auf einen Stuhl.)
(Lachend) Also, Randy!
LIZA
RANDY
Ich muss jetzt schnell raus hier – oder ich explodiere! – Liza ...
Ja?
RANDY
Ach, nichts. Ich weiß verdammt noch mal nicht, was ... ich hab’ es vergessen. (Überschwänglich) Das müssen wir feiern. Heute Abend. Nur du und ich. Ich muss jetzt hier raus. Ich krieg‘ hier keine Luft. Es ist wirklich wahr? Hast du wirklich „Ja“ gesagt? Mensch, erzähl bloß meinen Fans nicht, was für ein lausiger Liebhaber ich in Wirklichkeit bin. Liza, du bist wundervoll.
LIZA
(Er geht gerade auf LIZA zu, als MAGGIE hereinkommt.)
Ups! Tschuldigung!
MAGGIE
RANDY
Ich zeige Miss Elliott bloß, wie wir das so machen in Hollywood.
Ein fantastisches Land ist dieses Amerika.
MISS STEVENS
Mister Curtis, ein Telefonanruf für Sie. Wollen Sie ihn hier oder draußen annehmen?
LIZA
Ich komme nach draußen.
RANDY
Hmm. (Er geht.)
MAGGIE
LIZA
(Läuft zu MAGGIE und umarmt sie) Oh, Maggie! Maggie!
Das heißt: Boy met girl?
LIZA
Ja! Ja! Randy hat gerade um meine Hand angehalten, Maggie!
MAGGIE
Liza!
LIZA
Weißt du, ich lerne gerade eine Menge über jemanden, den ich offenbar wenig kannte – mich selbst. Das macht Angst – und es ist wundervoll.
MAGGIE
Aber, Liza ... Was ist mit der Zeitschrift? Allem hier? Wirst du ...?
LIZA
Ja! Es ist vorbei, Maggie – ich höre auf damit. Mit allem! Ich lebe mein Leben als Frau – ich habe genug davon, davonzulaufen.
MAGGIE
Davonzulaufen?
LIZA
Es gibt verschiedene Arten des Davonlaufens, Maggie. Meine gesamte Beziehung zu Kendall war eine Flucht vor etwas, dem ich mich nicht stellen wollte. Nur, dass ich jetzt den Grund kenne – und ich will und brauche Randy, um mich anzulehnen – beschützt zu werden – ich will sein wie andere Frauen. Du kannst dich für mich freuen, Maggie! Ich glaube, ich kenne jetzt die Antwort.
MAGGIE
MAGGIE
(Einfach) Oh, Liza, ich freue mich. Und ich hänge ein riesiges Poster von Freud in mein Büro.
(Ab. RANDY tritt wieder herein.)
Liza, tolle Neuigkeiten!
Was, Randy?
RANDY
Das war Hollywood. Die wollen, dass ich meine eigene Produktionsfirma aufmache – ich hätte die volle Kontrolle – Drehbücher, Produktion, Finanzierung – alles!
LIZA
Das ist ja fantastisch, Randy! Ich kenne mich da nicht so aus, aber ist das nicht das, was du immer wolltest?
RANDY
Ja, klar. Dafür hat mein Agent jahrelang gekämpft. Aber ich muss dich etwas fragen, Liza. –Wenn ich wüsste, dass du hinter mir stehst – Verantwortung übernimmst – dann würde ich sofort zusagen. Wenn ich mir vorstelle, alles selbst managen zu müssen – Mann, ganz schön einschüchternd ... Würdest du das tun, Liza? (LIZA setzt sich.) Du bist sowieso für mich verantwortlich – da kannst du auch gleich die ganze Sache schmeißen. Ich konnte es noch nicht in Worte fassen, aber ich brauche jemanden wie dich, Liza. Ich fürchte, in Wahrheit bin ich im Innern ziemlich ängstlich. Was soll ich denen sagen, Liza? Sollen wir es in Angriff nehmen? Oder besprechen wir heute Nacht alles noch einmal? Ich hätte nicht so mit der Tür ins Haus fallen sollen. Aber ich musste einfach zu jemandem gehen, und zu dir werde ich für den Rest meines Lebens gehen – kannst dich gleich daran gewöhnen. (Er seufzt.) Mensch, es ist wunderbar zu wissen, dass du immer für mich da sein wirst. Ein Kuss – und ich bin raus hier. (Er küsst sie zärtlich.) Halb acht! Und ich verspreche, nicht vorher wieder hier aufzutauchen, selbst wenn ich zum Präsidenten gewählt werde.
RANDY
LIZA
(Und er geht. LIZA sieht ihm fassungslos nach. Sie geht eine Weile auf und ab. Dann geht sie zum Schreibtisch und lehnt sich an ihn, und immer noch sieht sie verblüfft aus. Die Tür geht auf. Es ist RUSSELL PAXTON.)
RUSSELL
Liza, ich verlange einen Showdown – einen sofortigen und erbarmungslosen Showdown!
Ich kann jetzt nicht, Russell.
RUSSELL
Weißt du, was diese Frau getan hat? Sie hat sich klammheimlich meinen Belichtungsmesser eingesteckt und ...
LIZA
Bitte, Russell. Nicht jetzt.
RUSSELL
Nicht jetzt, nicht jetzt! Was muss ich tun, um Aufmerksamkeit zu bekommen – mir die Pulsadern aufschneiden?
LIZA
(Die Tür öffnet sich und CHARLEY schlendert herein.)
CHARLEY
Russell, du wirst von einem Dutzend Zwergpudel erwartet.
RUSSELL
Wie entzückend! Dort fühle ich mich wenigstens verstanden. (Er geht zur Tür.) Und wenn du Dornröschen wachgeküsst bekommst, lass es mich wissen. Ehrlich, ich könnte jemandem die Augen auskratzen!
(Er knallt wütend die Tür hinter sich zu.)
CHARLEY
(Nach einer Weile) Ich sollte mich dafür entschuldigen, was ich neulich gesagt habe – ich hab’s Maggie versprochen. Aber nach reiflicher Überlegung, auf dem Klo, bin ich zu dem Entschluss gekommen, es nicht zu tun. Tut mir leid, ich kann nicht anders. Es ist einfach so, ich bin ein Mann, du bist eine Frau, daraus folgt ... überhaupt nichts ... aber du musstest – immer – der Boss sein, und irgendetwas in mir ist damit überhaupt nicht einverstanden . Ich kann mir nicht helfen. Ich weiß, dass ich dich ziemlich mies behandelt habe, und hinterher hat mir das immer leid getan. Aber zwischen uns gab es ständig diesen heimlichen Kampf – von Anfang an – und ich musste immer gewinnen – weil, na ja, weil ich bin, wie ich bin, schätze ich. Wie auch immer, du sollst wissen – jetzt, wo ich gehe – dass ich dich trotz all deiner miesen Seiten wirklich toll finde. (Er wendet sich ab.) Und wenn es jetzt irgendwie so aussieht, als kämen mir die Tränen, dann liegt das daran, dass ich das Hattie-Carnegie-Layout101 an Paxton abgeben musste. Noch was?
(LIZA hat ihn angestarrt, als sähe sie ihn zum allerersten Mal. Jetzt erwacht sie wieder zum Leben.)
LIZA
Charley, gib mir den Briefbeschwerer zurück und bleib hier.
Was?
LIZA
Ich weiß ja, warum du nicht hier bleiben willst, aber es scheint, als lasse ich mich scheiden –von mir selbst. Ich finde, du solltest hierbleiben und deinen Spaß haben. Was meinst du?
CHARLEY
(CHARLEY schaut ihr lange in die Augen. Dann:)
CHARLEY
Tut mir leid. Das würde nicht funktionieren.
Du meinst, zwei Führungskräfte?
In etwa.
LIZA
CHARLEY
LIZA
Du hast recht. Aber angenommen, wir machen es gemeinsam ... Ich könnte sogar nach einer Weile ausscheiden, vorausgesetzt, du bist nicht völlig machttrunken..
Du meinst das ernst?
LIZA
Ja. Nur – ich hätte jetzt gern den Briefbeschwerer – als Zeichen, dass du hierbleibst. Weil ... ich wirklich sehr gern hätte, dass du bleibst.
CHARLEY
Bitte schön! Fang!
CHARLEY
(Er wirft ihr den Briefbeschwerer zu. Sie fängt ihn auf und geht hinter ihren Schreibtisch.)
Danke.
LIZA
(Nach einer Pause wendet er sich plötzlich um.)
CHARLEY
Also dann – als Erstes will ich das Format ändern – es geht mir schon seit Jahren auf die Nerven. Hast du ein Layout auf dem Schreibtisch?
Ja. Die Juliausgabe.
LIZA
CHARLEY
(Kommt zu ihr) Hier, das meine ich. Zur Hölle mit dem Titel oben auf der Seite. Wir rücken ihn dorthin. Siehst du, was ich meine?
Ja... ja!
CHARLEY
Dann ändern wir die Schriftart – das hast du selbst vor ein paar Monaten vorgeschlagen.
LIZA
Und die Schriftgröße ebenfalls!
CHARLEY
Ja, genau. Schau mal – ich möchte dir was zeigen...!
LIZA
(Sie stecken die Köpfe zusammen – wie zwei Kinder, die aufgeregt gemeinsam etwas aushecken. MAGGIE kommt herein und schaut sie mit wachsender Verwirrung eine Weile an.)
LIZA
(Schaut kaum auf.) Maggie, sei so lieb und sag Miss Foster, sie soll Mister Curtis im Waldorf anrufen. Ich kann heute Abend nicht kommen – ich werd’ morgen früh mit ihm sprechen. Sekunde, Charley – wir kriegen das alles aber nicht schon für die Juliausgabe hin, oder?
CHARLEY
Natürlich kriegen wir das hin! Hör zu, ich habe einen Entwurf in meinem Büro. Ich hole es rasch. Bin gleich wieder da.
(Zu MAGGIE, während er hinausläuft) Sei lieb zu mir, Schatz. Ich bin jetzt dein Chef.
MAGGIE
(Wendet sich langsam LIZA zu) Liza, würdest du mir erklären, was zum Teufel hier los ist?
LIZA
Oh, Maggie, Maggie, ich hätte fast einen großen Fehler gemacht! Ich hätte mein Leben beinahe noch einmal vermurkst. Um ein Haar hätte ich Randy geheiratet! Er schien eine Zuflucht zu sein, eine starke Burg! Und weißt du was, Maggie? Er ist ein zweiter Kendall. Ängstlich und unsicher – er sieht in mir das Gleiche wie Kendall, und er braucht das Gleiche wie Kendall. Und zwar eine Mutter – keine Frau! Ich hätte fast den gleichen Blödsinn noch einmal gemacht. Und ich sag dir noch etwas – ich sah bei Charley zum ersten Mal richtig hin – und ich glaube, ich weiß jetzt die Ursache für viele Dinge.102 (Fröhlich) Mach dir keine Sorgen um mich, Maggie! Bei mir wird alles in Ordnung kommen!
Wenn du meinst – Himmelherrgott!
MAGGIE
(CHARLEY kommt wieder hereingerannt. Er ist mit Stapeln von Papier beladen.)
CHARLEY
(Breitet die Papiere vor LIZA aus) Sieh mal – ich habe nur zum Spaß vor ein paar Wochen diesen Entwurf hier gemacht – merkst du, was das mit der ganzen Zeitschrift macht?
(Stellt sich hinter ihn) Ja... ja... Es ist gut.
LIZA
CHARLEY
Und jetzt guck dir das an... die Anzeigen hier... die farbigen Bereiche hier. Was hältst du davon? Es ist ein Risiko – aber wenn wir es hinkriegen, könnte es fantastisch werden.
(LIZA hat offenbar nicht zugehört. Sie starrt die Papiere in ihrer Hand an und fängt an zu summen. Es ist ihr Lied.)
Mein Schiff (Reprise)
(Singt plötzlich) ES FÄHRT KREUZ UND QUER ÜBERS GROSSE MEER, NEPTUNS STOLZ.
CHARLEY
(Schaut ihn verwundert an) Was ... du kennst das Lied auch?
LIZA
CHARLEY
Ja ... aber ich habe es zum letzten Mal als kleiner Junge gehört. Sing weiter – weißt du noch alles?
(langsam) Ja – ich kenne den ganzen Text – jetzt. (singt)
LIZA
DENN MIR SIND PERLEN UND SEIDE GLEICH
Das ist es. (singt)
OB GOLD IN TRUHEN BLINKT
BEIDE
... WENN MEIN SCHIFF MIR NICHT AUCH DAS HELLSTE LICHT, DIE WAHRE LIEBE BRINGT –WENN DAS SCHIFF MIR NICHT AUCH DAS HELLSTE LICHT, DIE WAHRE LIEBE BRINGT.
CHARLEY
(MAGGIE schaut neugierig von einem zum anderen – dann lässt sie sich in einen Sessel sinken und faltet die Hände. LIZA wirkt beim Singen fröhlich – glücklich. LIZA und CHARLEY nehmen MAGGIE nicht mehr wahr und lächeln einander an. Der Vorhang senkt sich langsam.)