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Anmerkungen des Übersetzers
1 Einfach alles – Dr. Brooks wendet offenbar Freuds Methode der freien Assoziation an. Dabei soll der
Patient während der Sitzung seine Ideen und Gedanken zu Personen, Dingen, Träumen usw. völlig frei äußern, ohne auf irgendetwas Rücksicht zu nehmen. Die freie Assoziation ist neben der Traumdeutung und der Analyse der Fehlleistungen (die berühmten „Freudschen Fehler“ oder „Versprecher“) einer der drei Hauptbestandteile der klassischen Psychoanalyse. Dabei geht Freud davon aus, dass im normalen
Alltag Ich und Über-Ich als Kontrollinstanzen verdrängte Wünsche und Triebe des Es ins sogenannte
Unbewusste abdrängen. Dahinter stehen in aller Regel Strategien, um Konflikte mit moralischen
Normen der Gesellschaft zu vermeiden oder traumatischen Erlebnissen oder Erinnerungen aus dem
Weg zu gehen. Ziel der Psychoanalyse ist die Erkenntnis des Unbewussten durch die bewusste
Entscheidung des Ichs, die Zensur zwischen Unbewusstem und Bewusstem auszuschalten. 2 Als wenn ihr Kleid aus Wolken wär’ – Im Originallibretto lautet die Strophe: When as in silks our Liza goes Then, then, methinks how sweetly flows The liquefaction of her clothes...”
Diese Zeilen entlieh Gershwin Robert Herricks Gedicht „Upon Julia’s Clothes“ (1648): When as in silks my Julia goes, Then, then (methinks) how sweetly flows That liquefaction of her clothes. Next, when I cast mine eyes and see That brave vibration each way free; O how that glittering taketh me! (aus: Robert Herrick, Hesperides; Or, The Works Both Humane and Divine, New York, 1963) 3 Liebesgedicht – Im Originallibretto lautet die Zeile mit Bezug auf die Strophe darüber: „A delicate poem by Herrick“ – Der Dichter Robert Herrick (1591-1674) besuchte ab 1613 die Universität
Cambridge. 1629 wurde er Vikar von Dean Prior in Devonshire. Diesen Posten behielt er mit einer
Unterbrechung bis zu seinem Tod. Er verfasste über 1200 kurze Gedichte, meist religiös beeinflusst, oder vom englischen Landleben und von Dorfsitten berichtend. Eines seiner berühmtesten Gedichte ist „To the Virgins, To Make Much of Time“. Dieses Gedicht spielt eine Schlüsselrolle im Film „Der Club der toten Dichter“, da es das Filmmotto des „Carpe diem“ einführt. 4 Leonardo – Im Originallibretto wird Liza mit der übrigen Frauenwelt verglichen, die gegen sie „Hammacher Schlammorous“ im Gegensatz zu „glamorous“ wirkt. Hammacher Schlemmer ist ein 1848 gegründeter Versandhändler ähnlich dem deutschen Otto-Versand. Als „Lady in the Dark“ geschrieben wurde, hatte Hammacher Schlemmer auch ein Geschäft in New York, das auf innovative
Haushaltsprodukte spezialisiert war und als Gegenteil von Glamour galt. 5 Aldous Huxley (1894-1963) zog 1937 von Großbritannien nach Kalifornien. Nach seinen Welterfolgen „Brave New World“ (1932) und „Eyeless in Gaza“ (1936) wendete er sich dort mystischen und spirituellen Weisheitslehren zu und experimentierte in den fünfziger Jahren mit Drogen – er prägte den
Begriff „psychedelisch“. 6 Igor Fjodorowitsch Strawinski (1882-1971) verließ Russland 1910 und siedelte in die Schweiz über. 1920 bis 1939 lebte er in Frankreich und emigrierte dann in die USA. Dort wurde er nicht zuletzt aufgrund seiner Mitarbeit bei Disneys „Fantasia“ (1940) auch einem breiten Publikum bekannt. 7 Mohandas Karamchand Gandhi (genannt: Mahatma Gandhi, 1869-1948) – politischer und geistiger
Führer der indischen Unabhängigkeitsbewegung und berühmt für sein Prinzip des gewaltfreien
Widerstands. 8 Sir Jacob Epstein (1880-1959) – amerikanisch-britischer Bildhauer und Zeichner.
9 Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch (1906-1975) war zur Zeit der Uraufführung von „Lady in the
Dark“ aufgrund von Konzerten unter dem Dirigat Toscaninis in den USA äußerst beliebt. 10 Rolls Royce – Im Originallibretto handelt es sich um einen blauen „Duesenberg“. Die Duesenberg
Motor Company war ein US-amerikanischer Automobilhersteller. Die deutschstämmigen Brüder
Friedrich (1876–1932) und August Düsenberg (1879–1955) gründeten 1897 eine Firma, die Fahrräder herstellte. Fred (Friedrich) war auch Rennfahrer und stellte zwei Weltrekorde auf. Die Duesenberg
Motor Company (DMC) wurde 1913 in St. Paul, Minnesota, gegründet. Während des Ersten Weltkriegs lieferte die DMC Motoren für Boote und Flugzeuge der britischen Armee und nach Frankreich. Nach dem Krieg baute Duesenberg auch wieder Automobile. Die Duesenberg-Autos waren zukunftsweisend, auch in den zivilen Versionen, die von Königen, Filmstars und Gangsterbossen gefahren wurden. Es gab und gibt keine zwei gleichen Duesenbergs – jedes Fahrzeug war ein Unikat. Duesenberg konnte es sich leisten, seine Kunden auszusuchen. Als die ersten Duesenberg-Wagen in den Kreisen der Gangster
Chicagos und New Yorks auftauchten und teils Banküberfälle damit verübt wurden, bei denen die unerreichbar schnellen Fahrzeuge als Fluchtautos dienten, waren die Duesenberg-Brüder sehr um den
Ruf ihrer Marke besorgt. 1937 endete die Produktion von Automobilen der Marke Duesenberg, nachdem die Muttergesellschaft Cord Corporation in Konkurs ging. Der Ruf der Duesenberg-Autos in den USA ist in europäischen Maßstäben nur mit den Fahrzeugen von Rolls-Royce vergleichbar, aber neben dem Luxus des hohen Preises zudem mit dem Plus einer hohen Leistung und Sportlichkeit. 11 Pablo Picasso (1881-1973) wurde 1939/40 im New Yorker Museum of Modern Art unter Direktor
Alfred Barr eine umfangreiche Werkschau gewidmet, die ihn in Amerika bekannt machte. 12 Columbus Circle – Der große Kreisverkehr in Manhattan wurde 1905 an der Kreuzung von Broadway,
Central Park West, 59. Straße (Central Park South) und Eighth Avenue fertiggestellt. In den dreißiger und vierziger Jahren war Columbus Circle eine Art öffentlicher Debattierplatz für politische, religiöse und weltanschauliche Themen. Wie an Speaker’s Corner im Londoner Hyde Park stellten sich Redner auf Seifenkisten und teilten der mehr oder minder interessierten Öffentlichkeit lautstark ihre Meinung mit. 13 Drei-Cent-Briefmarke – Vor einer Portoerhöhung wurde Liza in früheren Aufführungen von „Lady in the Dark“ auf einer Zwei-Cent-Briefmarke verewigt. 14 Chanel/Picasso – Im Original hieß es: „Ich glaube fast, die Schiaparelli entwirft ihre meisten
Kreationen auf Wuthering Heights.“ Elsa Schiaparelli (1890-1973) war eine italienische
Modeschöpferin, deren Stil vom Dadaismus und Surrealismus beeinflusst war. Zu ihren Kundinnen gehörten Joan Crawford, Gloria Swanson, Greta Garbo, Norma Shearer und Mae West. Wuthering
Heights („Sturmhöhe“) ist der Titel eines 1847 veröffentlichten Romans von Emily Brontë. Wuthering
Heights ist ein eher rustikaler Gutshof im Hochmoor von Yorkshire, auf dem ein Großteil des Romans spielt. – Der damals vom amerikanischen Publikum verstandene Gag würde in dieser Form beim heutigen deutschsprachigen Publikum verpuffen. 15 Appleton, Wisconsin, ist eine kleine Stadt am Fox River. Selbst heute liegt der Anteil der weißen
Bevölkerung bei über 90%, während Afroamerikaner nur 1% der Einwohnerschaft ausmachen. Die
Familie des Entfesselungskünstlers Harry Houdini kam nach ihrer Emigration aus Ungarn 1878 nach
Appleton. 16 Die Rue de la Paix in Paris ist eine der berühmtesten Einkaufsstraßen der Welt. 17 Alison Du Bois – Die Rolle ist gestaltet nach Modekolumnistin Diana Vreeland (1906-1989), die von 1937 bis 1962 (und somit auch zur Zeit der Uraufführung 1941) Kolumnistin bei der Modezeitschrift
Harper’s Bazaar war. Während der gesamten Zeit schrieb sie ihre Kolumne „Why don’t you?“, deren
Titel durch Hart nur unwesentlich zu „Why not?“ abgeändert wurde. Unter den meistzitierten Ideen, die dieser Kolumne entsprangen, war „Why don’t you wash your blond child’s hair in dead champagne, as they do in France?“ – Auch in dem Filmmusical „Funny Face“ gibt es im Übrigen eine Figur, die nach
Diana Vreeland gestaltet ist, und zwar die von Kay Thompson gespielte Maggie Prescott. (Bruce D.
McClung: Lady in the Dark – Biography of a Musical, Oxford 2007, S. 10) 18 Sir Cecil Beaton (1904-1980) – britischer Fotograf, der für seine glamourösen Portraits von Filmstars und anderen Berühmtheiten und seine Modeaufnahmen bekannt geworden ist. In den dreißiger Jahren
war er in den USA für die Vogue und Harper’s Bazaar tätig. Beaton gilt als Vorbild für die Figur
Paxtons. 19 Charley – im Original spricht Liza Charley mit „Johnson“ an. Dies kollidiert jedoch im Deutschen mit der Entscheidung für das „Du“ in der firmeninternen Kommunikation. 20 Morticia Adams – Im Original heißt es hier: Murder in the Rue Morgue (1841) – erste von drei
Kurzgeschichten von Edgar Allan Poe, die sich um den Pariser Detektiv C. Auguste Dupin drehen. Wie bei „Wuthering Heights“ wird diese Anspielung heute kaum jemand verstehen. 21 in der Elften – Im Originallibretto heißt es: „She was cheer leader in the third year.“ Da es im amerikanischen Schulsystem sowohl Highschools vom 9. bis 12. Jahrgang als auch solche vom 10. bis 12. Jahrgang gibt, ist nicht eindeutig, auf welches Schuljahr sich der Satz bezieht. 22 Goldener Dolch – In Träumen auftauchende Degen oder Dolche sah Freud als Phallussymbole. Die heutige Psychoanalyse interpretiert das Vorkommen von Degen oder Dolchen eher als Symbol für eine herannahende oder befürchtete Trennung. Für Frauen kann der geträumte Degen oder Dolch sowohl
Angst vor Sexualität als auch die Sehnsucht nach einem starken, beschützenden Partner bedeuten.
Freud knüpft mit der Interpretation länglicher Gegenstände als Symbol für das männliche
Geschlechtsorgan zum Teil an uralte Traditionen in künstlerischen Darstellungen an. (P.W. Hartmann:
Kunstlexikon, Neumarkt 1996) 23 Frank Merriwell – fiktionale Figur in einer Serie von Romanen und Short Stories von Gilbert Patten, der unter dem Pseudonym Burt L. Standish schrieb. Im Anschluss entstanden zahlreiche Hörspiele und
Comics um die Figur Frank Merriwell. Der hervorragende Sportler löst in diesen Geschichten Rätsel und ficht für das Gute. 24 Laurence Olivier (1907-1989) – britischer Schauspieler, Regisseur und Produzent, dreifacher Oscar-
Preisträger. Im Originallibretto [Robert] Anthony Eden (1897-1977) – britischer konservativer
Politiker, Premierminister 1955-1957, dreimal Außenminister zwischen 1935 und 1955. Sein weltweites Renommee als Gegner der Appeasement-Politik und begabter Diplomat wird überschattet von seiner wenig überzeugenden Politik während der Suezkrise 1956. 25 Garten von Semiramis – Die Hängenden Gärten der Semiramis in Babylon gehören zu den Sieben
Weltwundern der Antike. Babylon, die Hauptstadt Babyloniens, gelegen am Euphrat im
Zweistromland, war eine der wichtigsten Städte des Altertums. Ihre Ruinen liegen etwa 90 km südlich von Bagdad im heutigen Irak. Altgriechische Historiker prägten den Namen Semiramis. Er bezieht sich auf eine altorientalische Sagengestalt. Die Verbindung zu den Gärten Babylons wurde erst in der
Neuzeit hergestellt. 26 Ein Wort, das man immer nur falsch buchstabiert – Das Rätsel hörte Ira Gershwin an einem der
Arbeitswochenenden, in denen „Lady in the Dark“ entstand, von Richard Rodgers, der zu Besuch war: „What word of five letters is always spelled wrong?“. Es dauerte dann aber ein paar Wochen, bis er es in „The Princess of Pure Delight“ verwendete. (Bruce McClung: Lady in the Dark – Biography of a
Musical, Oxford 2007, S. 65) 27 Zwanzig Gulden – Ira Gershwin schreibt in seinen „Lyrics On Several Occasions“ (New York 1959) dazu:
Because several of my friends were being analyzed at twenty dollars a session, I couldn’t resist “That will be twenty gulden, please.” 28 Der Stresemann (engl.: morning coat) ist ein nach Gustav Stresemann benannter Anzug. Er wird nur am Tage (bis 17 Uhr) getragen und eignet sich auch für Gelegenheiten wie Trauerfeiern,
Staatsempfänge oder Bankette. Der Stresemann ersetzt den Cutaway, hat aber weit weniger offiziellen
Charakter. Der 1925 eingeführte Anzug besteht aus einer schwarz-grau gestreiften Hose, schwarzen (Lack-)Schuhen, einem schwarzen oder anthrazitfarbenem Jackett mit Spitzkragen (meist einreihig), einer hellgrauen Weste, einem weißen Hemd mit silbergrauer Krawatte mit oder ohne Krawattennadel.
Das Hemd hat Umschlagmanschetten und wird mit Manschettenknöpfen getragen. Reichsaußenminister
Stresemann war es leid, zwischen Büro und Reichstag immer den Anzug wechseln zu müssen.
Während man im Parlament und auch sonst in der politischen Öffentlichkeit nach damaligem (und heute noch in Japan üblichem) Protokoll einen Cutaway tragen musste, dieser aber für den normalen
Regierungsalltag im Büro zu unpraktisch und zu feierlich war, tauschte Gustav Stresemann den Cut, wenn er die Reichskanzlei betrat, gegen eine dem Gehrock ähnliche Jacke aus, die, weil sie mittlerer
Länge war, gerade noch zu den eigentlich würdevollen gestreiften Hosen des Cut-Anzuges getragen werden konnte, aber immer noch ausreichend bequem und schlicht war, um auf der Straße und im Büro getragen zu werden. Stresemann sparte so das Aus- und Anziehen einer anderen Hose und Weste, war doch der „Trick" des Stresemann-Anzuges gerade der, dass man beim Cut nur das Cut-Jackett austauscht. 29 Oh Promise Me – Lied von Reginald De Koven (Musik) und Clement Scott (Text) von 1887. 1890 schrieb De Koven seine erfolgreichste komische Oper, „Robin Hood“. Nach der Premiere verlangte die
Sängerin Jessie Bartlett Davis eine Arie, die ihre Stimme besser zur Geltung bringt. Da sie drohte, anderenfalls die Produktion zu verlassen, fügte De Koven „Oh Promise Me“ für sie ein. Als
Hochzeitslied ist der Song auch heute noch in den USA und Großbritannien beliebt. 30 Mendelssohn/Lohengrin – Die zwei meistverwendeten Begleitmusiken für den Zug des Hochzeitspaars vor den Traualtar stammen von Felix Mendelssohn Bartholdy (aus der Bühnenmusik zu „Ein
Sommernachtstraum“) und Richard Wagner (Brautchor aus „Lohengrin“, „Treulich geführt“).
Ursprünglich war der Song „It’s Never Too Late To Mendelssohn“ als Schlussnummer des
Hochzeitstraums geplant, wurde aber noch vor der Probeaufführungsserie in Boston gestrichen. Er wurde später in Konzerten von Danny Kaye gesungen und wurde in Kayes Interpretation in die
Studioaufnahme von 1963 (mit Risë Stevens als Liza und Adolph Green als Beekman/Ringmaster unter der musikalischen Leitung von Lehman Engel) inkludiert. 31 F.B.I. – J. Edgar Hoover (1895-1972). Gründete 1924 das F.B.I. (Federal Bureau of Investigation, anfangs B.O.I.=Bureau of Investigation), die amerikanische Bundespolizei, die er bis zu seinem Tod leitete und ab 1939 zum innerstaatlichen Geheimdienste ausbaute. Im Zweiten Weltkrieg arbeitete
Hoover eng mit dem Komitee für unamerikanische Umtriebe und Senator Joseph McCarthy zusammen. – Im Originallibretto scherzt Paxton, er habe „seine eigene kleine Gestapo“ in der Redaktion. Heute erscheint dieser Gag eher geschmacklos und wurde deshalb ersetzt. 32 Bergdorf Goodman – 1899 gegründetes Luxuskaufhaus an der Fifth Avenue in Manhattan. 33 Bonwit Teller – New Yorker Kaufhaus, das 1895 von Paul Bonwit und Edmund D. Teller gegründet wurde. Sein Markenzeichen waren lila Veilchen. Zur Zeit der Spielhandlung befand sich das Kaufhaus an der Fifth Avenue. 34 Stork Club – zwischen 1929 und 1965 New Yorker Nachtclub auf der 53. Straße, Ecke Fifth Avenue, der bei Berühmtheiten aus Mode, Film und Mafia angesagt war. 35 Errol Flynn (1909-1959) spielte für Warner Bros. vor allem Piraten, Abenteurer und Draufgänger. 36 Don Juan – Im Originallibretto „Tommy Manville“: Thomas Franklyn Manville, Jr. (1894-1967) –
New Yorker Salonlöwe und Erbe eines großen Vermögens. Mitte des 20. Jahrhunderts war er auch für die große Zahl seiner Ehen berühmt: Er war insgesamt dreizehn Mal mit elf verschiedenen Frauen verheiratet, was ihm einen Eintrag ins Guiness-Buch der Rekorde einbrachte. 37 schummriger als in einer Hafenkneipe – Im Originallibretto: „gloomy as a Wilkie button“. Wendell
Wilkie (1892-1944) war bei den Präsidentschaftswahlen 1941 der Gegenkandidat von Amtsinhaber
Franklin D. Roosevelt. Der deutschstämmige Willkie war zunächst Demokrat, trat jedoch wegen seiner
Kritik am New Deal zu den Republikanern über. Bei der Kandidatensuche der Republikaner konnte er sich überraschend durchsetzen, verlor dann aber die Präsidentschaftswahl mit 22 gegen 27 Millionen
Stimmen. Warum die Ansteckplaketten Wilkies als besonders „gloomy“ angesehen wurde, konnte nicht ermittelt werden. 38 Twenty-One – New Yorker Bar. 1919 führte der amerikanische Kongress die Prohibition ein, aber nicht alle Kneipen hielten sich an das Verbot des Alkoholausschanks. Bars, die das Verbot trickreich umgingen, nannte man „speakeasy“. Eines der bekanntesten Speakeasys war das New Yorker „Jack and
Charlie’s 21“, benannt nach den Besitzern und der Hausnummer der Kneipe. Heute hat sich das
Twenty-One in eines der bekanntesten und traditionsreichsten Nobel-Restaurants New Yorks gewandelt. Die Bar wurde während der Prohibition 1919 bis 1931 regelmäßig gefilzt, immer aber blieb die Polizei erfolglos. Die Barbesitzer Jack und Charlie mussten die Polizisten auf deren Frage, ob sie im
Haus Alkohol versteckten, nicht einmal anlügen. Ihr alkoholischer Schatz war hinter einer von geräucherten Schinken und Regalen voller Vorräte perfekt getarnten zweieinhalb Tonnen schweren Tür versteckt. Und: die zweitausend Kisten Wein befanden sich de facto in der Hausnummer 19. Das
Herzstück des nah an der Fifth Avenue gelegenen „21 Club“ ist heute noch der legendäre „Bar Room“.
Drinks werden in gediegenen Ledersesseln in der Cocktail Lounge eingenommen. 39 Oben im Restaurant – Eine Etage über der Bar des „21“ befindet sich ein exklusives Restaurant mit 32
Sitzplätzen. 40 Publikumsjoker – Im Originallibretto sagt Alison: „Let me guess – twenty questions“. „Twenty
Questions“ ist ein Gesellschaftsspiel, das Spürsinn und Kreativität erfordert. In den USA der 1940er
Jahre wurde es durch ein wöchentlich gesendetes Radioquiz populär. In Deutschland wurde Robert
Lembke im frühen bundesrepublikanischen Fernsehen mit „Wer bin ich“, einer Variante des Spiels, bekannt. 41 Ernest Hemingway (1899-1961) war regelmäßiger Gast im Stork Club. 42 Tanz der Akrobaten – Der „Dance of the Tumblers“ ist eine Anleihe Kurt Weills bei seinem eigenen, unvollendet gebliebenen Stück „The Ballad of Davy Crockett“, das er nach seinem ersten amerikanischen Stück, „Johnny Johnson“, in Angriff genommen hatte, aber zu Gunsten von „Knickerbocker Holidays“ aufgab. (Bruce D. McClung: Lady in the Dark – Biography of a Musical,
Oxford 2007, S. 60) 43 Operettentext – Im Originallibretto heißt es hier: This is all immaterial and irrelevant –What do you think this is – Gilbert and Sellivant?
William Schwenck Gilbert (1836-1911) und Arthur Sullivan (1842-1900) verfassten zusammen vierzehn komische Opern, die vor allem in Großbritannien und den USA sehr populär waren und sind.
Kennzeichnend für ihre Stücke war das topsy-turvydom, das „Kuddelmuddel“ verschiedener
Handlungsstränge und komischer Verwicklungen. Ira Gershwins hanebüchener dreisilbiger Reim parodiert Gilberts Neigung zu Sprachspielereien. 44 Seine beste Zeit – Die Melodie für „The Best Years of His Life“ entlieh Kurt Weill unter Zeitdruck seiner unvollendeten Operette „Der Kuhhandel“ von 1934. Der Textautor Robert Vambery überarbeitete in den 1970er Jahren mit Lys Symonette sein Libretto zu einer spielbaren Fassung, die 1978 veröffentlicht wurde. Diese wurde 1990 konzertant in Düsseldorf aufgeführt und 1994 am
Deutsch-Sorbischen Volkstheater in Bautzen szenisch uraufgeführt. 2004 wurde „Der Kuhhandel“ bei den Bregenzer Festspielen in einer revidierten Textfassung in der Regie von David Pountney aufgeführt. 45 Tschaikowski – Cary Ginell schreibt in seinem Artikel „Laundry Lists“ in der Rubrik „Smart
Licensing“ der Online-Zeitschrift „Music Reports“ zu diesem Song: Lady in the Dark marked the breakthrough for entertainer/comedian Danny Kaye (1913-1987). Given a minor role in the play with a number of songs to sing, Kaye was dismayed when he found out that all of his songs had been cut from the show except one, Tschaikovsky, a tonguetwisting number in which he had to rattle off the names of 49 Russian composers in a rapid-fire delivery. Lyricist Ira Gershwin got most of the names from advertisements on the back covers of piano music in his brother George's collection. (...) Kaye was able to do all 49 composers’ names in 39 seconds, a performance that brought down the house and propelled him to worldwide fame as a star of motion pictures, television, and recordings (Kaye later beat his own mark when, in a concert in Madrid, he recited the names in 31 seconds).
In Ira Gershwins „Lyrics On Several Occasions“ (a.a.O.) findet man eine Introduktion zu „Tschaikowski“, die im Musical gestrichen ist: Without the least excuse Or the slightest provocation, May I fondly introduce, For your mental delectation,
The names that always give me brain concussion, The names of those composers known as Russian. Gershwin gibt dort auch augenzwinkernd an, den Songtext von einem jungen Dichter namens Arthur Francis „plagiiert“ zu haben – allerdings war Arthur Francis Ira Gershwins Pseudonym in jungen Jahren, als er es für unvorteilhaft ansah, mit seinem berühmten Bruder George in Verbindung gebracht zu werden.
Die russischen Namen der aufgezählten Komponisten wurden in dieser deutschen Fassung, wenn möglich, in die deutsche Transkription gebracht. So wird aus dem amerikanischen Tschaikovsky das deutsche Tschaikowski, usw. 46 Witold Maliszewski (1873-1939) –polnischer Komponist und Musikpädagoge. 47 Anton Grigorjewitsch Rubinstein (1829-1894) – russischer Komponist, Pianist und Dirigent. Bruder des
Pianisten und Komponisten Nikolai Rubinstein. 48 Anton Stepanowitsch Arenski (1861-1906) – russischer Komponist. 49 Pjotr Iljitsch Tschaikowski (1840-1893) – gilt als bedeutendster russischer Komponist des 19.
Jahrhunderts. 50 Wassili Lwowitsch Sapelnikow (1867-1941) – russischer Komponist und besonders virtuoser Pianist. 51 Nikolai Nikolajewitsch Tscherepnin (1873-1945) – russischer Komponist. 52 Iwan Iwanowitsch Kryjanowski (1867-1924) – russischer Komponist. 53 Leopold Godowsky (1870-1938) – polnisch-amerikanischer Pianist und Komponist. Ira Gershwin traf ihn zu verschiedenen Gelegenheiten in Paris. Später heiratete Godowskys Sohn Leo Gershwins
Schwester. („Lyrics On Several Occasions“, a.a.O.) 54 Nicolas Arteiboucheff (?-?) – russischer Komponist. 55 Stanisław Moniuszko (1819-1872) – polnischer Komponist. 56 Feodor Stepanovich Akimenko (1876-1945) – ukrainischer Komponist. 57 M. Soloviev – russischer Komponist (Artikel der New York Times vom 18. 1. 1886); oder vielleicht auch: Wassili Pawlowitsch Solowjow-Sedoi (1907-1979) – russischer Komponist. 58 Sergei Sergejewitsch Prokofjew (1891-1953) – russischer Pianist und Komponist. Ira Gershwin lernte ihn 1938 bei seinem Verleger kennen und übergab ihm eine Ausgabe von „Porgy und Bess“. („Lyrics
On Several Occasions“, a.a.O.) 59 Dimitri Tiomkin (eigentlich Dimitri Sinowjewitsch Tjomkin, 1894-1979) – russisch/ukrainisch-USamerikanischer Filmkomponist und Dirigent. Zusammen mit Max Steiner, Miklós Rózsa und Franz
Waxman war Tiomkin einer der produktivsten Komponisten Hollywoods. Ira Gershwin hatte ihn bereits in den 1920er Jahren kennengelernt. („Lyrics On Several Occasions“, a.a.O.) 60 Arseni Nikolajewitsch Korestschenko (1870-1921) – russischer Komponist. 61 Michail Iwanowitsch Glinka (1804-1857) – gilt als Schöpfer einer eigenständigen russischen Klassik. 62 Alexandre (Gustav) Aldofowitsch Winkler (1865-1935) – russischer Komponist deutscher Herkunft. 63 Dmitri Stepanowitsch Bortnjanski (1751-1825) – hauptsächlich in Russland wirkender ukrainischer
Komponist. 64 Wladimir Iwanowitsch Rebikow (1866-1920) – russischer Komponist. 65 Alexander Ilyinsky (1859-1919) – russischer Komponist 66 Nikolai Karlowitsch Medtner (1879-1951) – russischer Komponist und Pianist mit deutschen
Vorfahren. Cousin von Alexander Goedicke. 67 Mili Alexejewitsch Balakirew (1836-1910) – russischer Komponist, Pianist und Dirigent. 68 Wassily Zolotareff (1872-1964) – russischer Komponist.
69 Nikolai Alexandrowitsch Sokolow (1859-1922) – russischer Komponist und Hochschullehrer. 70 Alexander Kopylow (1854–1911) – russischer Komponist 71 Wladimir Aleksandrowitsch Dukelski ist der russische Geburtsname von Vernon Duke (1903-1869) –
Nach einem Kompositionsstudium in Kiew u.a. bei Reinhold Glière emigrierte Dukelskis Familie 1919 über Istanbul nach New York. George Gershwin überzeugte ihn 1922, seinen Namen zu amerikanisieren. Als Vernon Duke schrieb er fortan Songs und Musicals, unter dem Namen Dukelski weiterhin erfolgreich Kunstmusik. In Paris wurde er Sergei Prokofjews Freund. Als Songkomponist arbeitete er mit Ira Gershwin bei den „Ziegfeld Follies of 1936“ zusammen, der ihm mit der Aufnahme in „Tschaikowsky“ ein Denkmal setzte. 72 Nikolai Semyonowitsch Klenowski (1853-1915) – russischer Komponist und Dirigent 73 Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch (1906-1975) – russischer Komponist und Pianist. 74 Alexander Porfirjewitsch Borodin (1833-1887) – russischer Komponist, Chemiker und Mediziner. 75 Reinhold Moritzewitsch Glière (1874-1956) – russischer Komponist. Ira Gershwin traf ihn bei einem
Lunch, das von einer kulturellen Organisation ausgerichtet wurde. Nachdem Glière von Gershwins Frau erfahren hatte, dass er in einem seiner Songs auftaucht, kam er zu Gershwin und bedankte sich überschwänglich. Er wusste nicht, dass er nur als einer von neunundvierzig russischen Komponisten erwähnt wurde, und das auch nur um des komischen Effektes Willen. („Lyrics On Several Occasions“, a.a.O.) 76 Anatoli Konstantinowitsch Ljadow (1855-1914) – russischer Komponist. 77 Genari Karganow (1858-1890) – russischer Komponist. 78 Igor Markevitch (1912-1983) – italienischer und französischer Komponist ukrainischer Herkunft. 79 Sergej/Semjon Pantschenko (?-?) – russischer Komponist. 80 Alexander Sergejewitsch Dargomyszki (1813-1869) – russischer Komponist. 81 Nikolai Wladimirowitsch Schtscherbatschew (1853-?) – russischer Komponist. 82 Alexander Nikolajewitsch Skrjabin (1871-1915) – russischer Pianist und Komponist. 83 Sergei Nikiforowitsch Wassilenko (1872-1956) – russischer Komponist und Dirigent. 84 Igor Fjodorowitsch Strawinski (1882-1971) – russisch-französisch-US-amerikanischer Komponist und einer der bedeutendsten Vertreter der „Neuen Musik“. Ira Gershwin traf ihn 1935 in der Metropolitan
Opera während der Pause von Schostakowitschs Oper „Lady Macbeth von Mzensk“ („Lyrics On
Several Occasions“, a.a.O.). Außerdem war er unter den Gästen der Uraufführung von „Lady In The
Dark“ 1941 im New Yorker Alvin Theatre, heute Neil Simon Theatre. (Bemerkungen zu der
Studioaufnahme von „Lady In The Dark“ von 1963; Bruce D. McClung: Lady in the Dark – Biography of a Musical, Oxford 2007, S. 7) 85 Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow (1844-1908) – russischer Komponist. 86 Modest Petrowitsch Mussorgski (1839-1881) – russischer Komponist. 87 Alexander Tichonowitsch Gretschaninow (1864-1956) – russischer Komponist. Emigrierte 1939 von
Paris in die USA. 88 Alexander Konstantinowitsch Glasunow (1865-1936) – russischer Komponist. 89 César Cui (russisch Zesar Antonowitsch Kjui; 1835-1918) – russischer Komponist, Musikkritiker und
Offizier (Militäringenieur) der russischen Armee mit französischen Vorfahren väterlicherseits. 90 Wassili Sergejewitsch Kalinnikow (1866-1901) – russischer Komponist. 91 Sergei Wassiljewitsch Rachmaninow (1873-1943) – russischer Pianist, Komponist und Dirigent.
Emigrierte 1939 aus der Schweiz nach Amerika. 92 Joseph (Yosef) Rumshinsky (1879/81?-1956) – amerikanischer Komponist und Dirigent, der für das
Second Avenue Yiddish Musical Theatre arbeitete. Ira Gershwin kannte Rumshinsky persönlich aus der
Zeit, als er auf der Second Avenue wohnte; Rumshinsky spielte unter Anderem mit Gershwins Vater
Karten. („Lyrics On Several Occasions“, a.a.O.) 93 Entspannungspolitik – Im Originallibretto demonstriert Jenny den Argentiniern die „good neighbor policy“, also die Politik der guten Nachbarschaft, die bis Ende der 1930er Jahre unter Franklin D.
Roosevelt von den USA gegenüber den lateinamerikanischen Staaten betrieben wurde. Die
Eigenständigkeit dieser Staaten wurde von den USA respektiert, unter anderem um den US-Einfluss gegen europäische und asiatische Konkurrenten zu sichern. 94 Verleumdungsklagen – Hier unterscheiden sich im Original Libretto und Score. Im Textbuch heißt es: So she wrote ’em and she published all her loves and her hates And had libel suits in forty of the forty-eight states.
Dagegen liest man im Klavierauszug (und das ist die offenbar häufiger gesungene Alternative): The very day her book was published hist’ry relates, There were wives who shot their husbands in some thirty-three states.
Die Übertragung im deutschen Textbuch lehnt sich eher an die erste Version an. Alternativ könnte man hier singen: Und kaum erschien ihr Buch, da schrieb die Presse alsbald, Dreißig Frauen hätten ihren Ehemann abgeknallt.
Das Ensemble würde ein paar Zeilen später antworten: Dreißig Frauen haben ihren Ehemann abgeknallt. 95 Mein Schiff – Nach McClung (Lady in the Dark – Biography of a Musical, Oxford 2007, S. 68) ist der
Ausgangspunkt für den Text von „My Ship“ der folgende Kinderreim, der z.B. in der Sammlung „The
Oxford Nursery Rhyme Book“ (New York 1955, Nachdruck 1997) zu finden ist. I saw a ship a-sailing, A-sailing on the sea, And oh, but it was laden with pretty things for thee! There were comfits in the cabin and apples in the hold; The sails were made of silk, and the masts were all of gold. The four-and-twenty sailors, that stood between the decks, Were four-and-twenty white mice with chains about their decks. The captain was a duck with a packet on his back, And when the ship began to move the captain said, Quack! Quack! 96 Saks – Luxuskaufhaus, das 1924 von Horace Saks und Bernard Gimpel auf der New Yorker Fifth
Avenue eröffnet wurde. 97 St. Patrick’s Cathedral – Die größte im neugotischen Stil gebaute Kathedrale in den USA liegt an der fünfzigsten Straße, Ecke Fifth Avenue, und ist Amtssitz des Erzbischofs von New York. 98 Le Coq d’Or – Der Name des Restaurants war eine Idee Weills und ist vermutlich inspiriert durch
Rimski-Korsakows Oper „Der goldene Hahn“ nach dem Märchen von Alexander Puschkin. Durch die
Pariser Inszenierung 1914 (unter dem Namen „Le Coq d’Or“) wurde die Oper bekannt. Bei der
Aufführung saßen die Sänger mit ihren Noten zu beiden Seiten der Bühne, während die Handlung durch die Tänzer der Ballets Russes dargestellt wurde. Diese für damalige Sehgewohnheiten provokante Darstellungsform wirkte durch die Trennung von Darsteller und Figur geradezu revolutionär und erlangte großen Einfluss auf die Entwicklung des Musiktheater im zwanzigsten
Jahrhundert.
Eine frühere Version der dritten Szene des zweiten Akts spielte im Restaurant Le Coq d’Or. Liza hat dort eine Verabredung zum Lunch mit Randy. Im Restaurant trifft sie jedoch zunächst auf Kendall, der an der Bar gegen seine Sorgen antrinkt. Außerdem sind Maggie und Charley dort, die sich dort verabredet haben. Charley beglückwünscht Liza zu ihrer Verabredung mit einem so männlichen Partner. Liza versucht Kendall zu erklären, warum sie ihre Beziehung zu ihm beenden will. Randy
erscheint, doch Liza ist nicht mehr in der Stimmung, etwas zu essen. Mit Kendall und Charley genehmigt sie sich einige Drinks und fühlt sich danach etwas ruhiger. Während des Gesprächs mit
Randy hat sie einen Tagtraum (den später gestrichenen sogenannten „Hollywoodtraum“) darüber, wie ihr Leben wäre, wenn sie seine Frau, die eines Hollywoodstars, wäre. Darin kommt u.a. eine große
Hollywoodparty mit vielen Gästen in Randys Villa vor. (Bruce McClung: Lady in the Dark –
Biography of a Musical, Oxford 2007, S. 49 und S. 57f.) 99 Katalog – im Originallibretto sagt Randy hier: „Just as though I’d ordered it from a Sears, Roebuck
Catalogue.“ Sears, Roebuck & Company (heute: Sears Holding Corporation) ist ein großes USamerikanisches Versandhaus mit Sitz in Chicago. Dort steht seit 1974 auch der Sears Tower (seit 2009
Willis Tower), der nach wie vor das höchste Gebäude in den USA ist und bis 1990 den Hauptsitz von
Sears beherbergte. 100 Woolworth – ist eine Kette von Billigwarenhäusern, die 1879 von Frank Winfield Woolworth gegründet wurde. Im Originallibretto ist vom „Keller von Macy’s“ die Rede. Macy’s ist eine 1858 gegründete Warenhauskette. Das New Yorker Stammhaus befindet sich an der Seventh Avenue, Ecke 34. Straße. 101 Hattie Carnegie (1889-1956) – Schmuck- und Modedesignerin. Eröffnete 1909 mit einer Partnerin auf der 49. Straße in New York ein Geschäft für stilvolle, dezente Modeartikel im europäischen Stil. 1925 schloss sie einen Vertrag, der es ihr erlaubte, Filialen in den Macy’s-Kaufhäusern einzurichten. Ihre
Modekreationen wurden von vielen Celebrities getragen und tauchten auch in Hollywoodfilmen auf. –
Für die Originalproduktion von „Lady in the Dark“ entwarf sie die mondänen Modekreationen, die in der Redaktion von „Allure“ zu sehen sind. 102 Ursache für viele Dinge – Moss Hart hat die Struktur des ursprünglich noch „I Am Listening“ benannten Stücks auf Freuds 1913 erschienenem Essay „Das Motiv der Kästchenwahl“ (erschienen in:
Imago, Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften, online beim
Projekt Gutenberg) aufgebaut. Darin untersucht Freud eine Szene aus Shakespeares „Kaufmann von
Venedig“, in der drei Freier das richtige von drei Kästchen wählen müssen, um die schöne und kluge
Portia zur Frau zu bekommen. Die Kästchen sind aus Gold, Silber und Blei, und das richtige enthält ihr
Bildnis. Zwei wählen Gold bzw. Silber und sind damit erfolglos, der dritte wählt, geschmückt von einer wenig glaubwürdigen Lobrede auf das bevorzugte Metall, das bleierne Kästchen und gewinnt Portia damit zur Frau.
Freud erinnert daran, dass Kästchen in der Traumforschung als Symbol für Frauen stehen und interpretiert folglich die Wahl zwischen den drei Kästchen als Wahl eines Mannes zwischen drei Frauen. Für Freud handelt das Motiv der drei Kästchen oder Freier nicht so sehr von der Wahl an sich, sondern von den verborgenen Kräften, unter denen die wählende Person wählen muss. Er analysiert die drei Möglichkeiten als eine Art unbewusster Wunscherfüllung, wobei Liebe für den notwendigen Tod (symbolisiert durch das bleierne Kästchen) steht. Freud sieht die Wahl zwischen den drei Kästchen (= Frauen) als Archetyp für die drei Beziehungen, die ein Mann mit einer Frauen haben kann: die Frau, die ihn gebar (seine Mutter), die Frau, die seine Partnerin ist (die Ehefrau), und die Frau, die ihn zerstört und in der er beerdigt wird (Mutter Erde). Moss Hart adaptierte eine Version aus den „Gesta Romanarum“, einer mittelalterlichen Exempelsammlung, die Shakespeare als Vorlage für die oben erwähnte Szene diente. Dort wählt ein Mädchen unter drei Kästchen, wiederum aus Gold, Silber und Blei, aus, um den Sohn des Kaisers heiraten zu können. Das goldene Kästchen trägt die Inschrift: „Wenn du mich wählst, bekommst du, was du verdienst.“ Aus Bescheidenheit wählt das Mädchen dieses Kästchen nicht. Das silberne Kästchen verspricht: „Wenn du mich wählst, bekommst du, wonach sich deine Natur sehnt.“ Das Mädchen lässt es stehen, da sie sich sagt: „Meine Natur sehnt sich nach fleischlichen Lüsten.“ Das bleierne Kästchen trägt die Inschrift: „Wenn du mich wählst, erkennst du, wozu Gott dich ausersehen hat.“ Sie wählt es, und es enthält wertvollen Schmuck. In Harts Konzeption repräsentiert Kendall Nesbitt das goldene Kästchen, Randy Curtis das silberne und Charley Johnson das bleierne Kästchen. Liza Elliotts Freier symbolisieren also drei Rollen, die Männer in ihrem Leben spielen oder spielen werden, nämlich die des Vaters, die des Liebhabers und die des Ehemanns. (Bruce McClung: Lady in the Dark – Biography of a Musical, Oxford 2007, S. 46f.)