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3.5 Nachteilsausgleiche
BEISPIEL
Merkzeichen B Schwerbehinderte Menschen, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln behinderungsbedingt regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind, erhalten das Merkzeichen „B“. Berechtigt sind Menschen mit Schwerbehinderung, welche die Voraussetzungen für die Merkzeichen „H, G, Gl“ erfüllen. Ein Anspruch besteht stets für Querschnittsgelähmte, Ohnhänder, Blinde und erheblich Sehbehinderte, hochgradig Hörbehinderte, geistig Behinderte und Anfallskranke, bei denen eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr anzunehmen ist.
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Merkzeichen RF
• Ermäßigung oder Befreiung vom Rundfunkbeitrag • Ermäßigte Telefongebühren
Auf das Merkzeichen RF haben Patienten Anspruch, die behinderungsbedingt von öffentlichen Veranstaltungen ausgeschlossen sind. Dies ist z. B. der Fall bei:
• Blinden oder sehbehinderten Menschen mit einem GdB von wenigstens 60 • Hörbehinderten Menschen mit einem GdB von wenigstens 50 • Menschen mit Behinderung, die einen GdB von mindestens 80 haben • Behinderten Menschen, deren Behinderung als „unzumutbar“ wahrgenommen werden könnte (z. B. durch Entstellung, Geruchsbelästigung, hirnorganische Ausfälle etc.) • Menschen mit Behinderung, die beispielsweise an ansteckender Lungentuberkulose erkrankt sind sowie Patienten, die nach Organtransplantationen über einen Zeitraum von einem Jahr hinaus Medikamente mit immunsuppressiven Wirkstoffen einnehmen und denen empfohlen wird, Menschenmassen zu vermeiden
3.5 Nachteilsausgleiche
Menschen mit Behinderung oder Schwerbehinderung haben in ihrem privaten und beruflichen Alltag mit vielen Nachteilen und Mehraufwendungen zu kämpfen. Um dies abzumildern, können Betroffene in verschiedenen Lebensbereichen sogenannte Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen. So gibt es beispielsweise steuerliche Vergünstigungen, arbeitsrechtliche Sonderregelungen, Vergünstigungen im Bereich der Mobilität und finanzielle Leistungen.
Nachteilsausgleiche werden nur gewährt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. In der Regel müssen die Leistungen beantragt werden. Sie sind zudem abhängig von den Merkzeichen und dem anerkannten GdB, die beide im Schwerbehindertenausweis eingetragen sind.
Übersicht
Abhängig von ihrem GdB stehen Menschen mit Behinderung bestimmte Rechte und Vergünstigungen zu. Die tabellarische Übersicht zeigt die wichtigsten dieser sogenannten vom GdB abhängigen Nachteilsausgleiche. Dabei schließt ein höherer GdB die Rechte und Vergünstigungen, die Betroffene mit einem niedrigeren GdB haben, mit ein.
Neben den gesetzlich festgelegten Nachteilsausgleichen gibt es auch Vergünstigungen auf freiwilliger Basis. Zahlreiche Freizeiteinrichtungen und Institutionen (z. B. Automobilclubs, Telefonanbieter, Schwimmbad- und Kinobetreiber) bieten Ermäßigungen für Menschen mit Schwerbehinderung an.
Beispiele GdB-abhängiger Nachteilsausgleiche
20/30/40 • Gleichstellung: Arbeitsrechtliche Vorteile möglich • GdB 20: Steuerfreibetrag 384 €/GdB 30: Steuerfreibetrag 620 €/GdB 40: Steuerfreibetrag 860 €
50 • Schwerbehinderteneigenschaft mit Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis • Steuerfreibetrag 1.140 € • Im Beruf: Besonderer Kündigungsschutz; eine Arbeitswoche Zusatzurlaub;
Freistellung von Mehrarbeit; Begleitende Hilfen im Arbeitsleben • KfzFinanzierungshilfe für Berufstätige; Vorgezogene Altersrente; Freibetrag beim Wohngeld;
Wohnungsbauförderung; Vergünstigungen bei verschiedenen Telefonanbietern; Beitragsermäßigung bei einigen Automobilclubs; Stundenermäßigung bei Lehrern (bundeslandabhängig)
60
70 • Steuerfreibetrag: 1.440 € • Unter Umständen: verringerte Zuzahlung für chronisch kranke Schwerbehinderte in der gesetzlichen Krankenversicherung
• Steuerfreibetrag: 1.780 € • Mit Merkzeichen G: Abzugsbetrag für Privatfahrten • Werbungskostenpauschale bzw. tatsächliche Kosten für Fahrten zur Arbeitsstätte • Ermäßigungen bei der BahnCard 25 und 50
80 • Steuerfreibetrag: 2.120 € • Freibetrag beim Wohngeld • Abzugsbetrag für Privatfahrten
90 • Steuerfreibetrag: 2.460 € • Sozialtarif der Telekom
100 • Steuerfreibetrag: 2.840 € • Freibetrag beim Wohngeld • Wohnungsbauförderung • Unter Umständen Freibetrag bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer
Steuerermäßigungen
Menschen mit Behinderung sind oft durch zusätzliche Kosten finanziell stärker belastet als Nichtbehinderte. Um diesen Nachteil auszugleichen, erhalten sie eine Reihe von Vergünstigungen bei der Lohn und Einkommenssteuer.
Pauschbetrag für Menschen mit Behinderung
Bei einer Behinderung entstehen regelmäßige Kosten etwa für Medikamente oder den erhöhten Wäschebedarf. Betroffene können für diese Kosten einen Pauschbetrag geltend machen, der vom Einkommen abgezogen wird.
Seit 2021 werden die Steuervorteile bereits ab einem GdB von 20 (bisher 25) gewährt und die Systematik wird in 10er Schritten bis zu einem GdB von 100 fortgeschrieben.
Bei Menschen, die hilflos (Merkzeichen H) oder blind (Merkzeichen Bl) sind, beträgt der Pauschbetrag 7.400 € jährlich, unabhängig vom GdB (§ 33b Abs. 3 EStG).
Den Pauschbetrag erhalten:
• Schwerbehinderte Menschen mit einem Grad der
Behinderung (GdB) von mindestens 50 • Behinderte Menschen mit einem GdB von mindestens 25, wenn ihnen wegen ihrer Behinderung nach gesetzlichen
Vorschriften Renten oder andere laufende Bezüge zustehen • Behinderte Menschen mit einem GdB von mindestens 25, wenn die Behinderung zum dauerhaften Verlust der körperlichen Beweglichkeit geführt hat oder auf einer typischen
Berufskrankheit beruht Die Höhe des Pauschbetrags ist abhängig vom festgestellten Grad der Behinderung:
GRAD DER BEHINDERUNG VON
20
30
40
50
60
70
80
90
100
JÄHRLICHER PAUSCHBETRAG
384 €
620 €
860 €
1.140 €
1.440 €
1.780 €
2.120 €
2.460 €
2.840 €
Kosten für Privatfahrten
Seit 2021 können Menschen mit Behinderung eine behinderungsbedingte Fahrtkosten-Pauschale geltend machen. Eine Pauschale i. H. v. 900 € gilt für Menschen mit einem GdB von mindestens 80 oder einem GdB von mindestens 70 und dem Merkzeichen G. Eine Pauschale in Höhe von 4.500 € erhalten Menschen mit dem Merkzeichen aG, BL oder H.
Werbungskosten
Behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 oder einem GdB von mindestens 50 und zugleich dem Merkzeichen G können anstelle der Entfernungspauschalen ihre tatsächlichen Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und für Familienheimfahrten ansetzen.
Mobilität
Freifahrtenregelung
Schwerbehinderte Menschen können mit den Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs in der 2. Klasse innerhalb Deutschlands kostenlos und ohne Fahrschein reisen. Sie benötigen hierzu einen Schwerbehindertenausweis mit orangefarbenem Flächenaufdruck sowie ein Beiblatt mit einer gültigen Wertmarke. Anspruch auf Freifahrten haben schwerbehinderte Personen mit einem orangefarbenen Flächenaufdruck. Die Vorderseite des Schwerbehindertenausweises ist dann in Grün und Orange gehalten. Dies ist bei folgenden Merkzeichen der Fall:
• Merkzeichen G • Merkzeichen aG • Merkzeichen Bl • Merkzeichen Gl • Merkzeichen H
Zusätzlich zum Schwerbehindertenausweis benötigen die Betroffenen ein Beiblatt mit gültiger Wertmarke:
• Eine kostenlose Wertmarke, die zur Freifahrt für 1 Jahr berechtigt, erhalten schwerbehinderte Menschen mit den Merkzeichen H oder Bl sowie einkommensschwache schwerbehinderte Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen • Schwerbehinderte Menschen mit den Merkzeichen G, aG und Gl müssen eine Wertmarke beim Versorgungsamt erwerben
Eine Wertmarke mit 1 Jahr Gültigkeit kostet 91 €; mit einem halben Jahr Gültigkeit 46 €.
Welche Verkehrsmittel können genutzt werden?
Die Freifahrt kann bundesweit in allen Verkehrsmitteln des Öffentlichen Personennahverkehrs genutzt werden. Hierzu zählen:
• Busse, Straßenbahnen, S-Bahnen und U-Bahnen • Nahverkehrszüge der Deutschen Bahn (RB, RE, IRE) – nur 2. Klasse • Schiffe im Linien-, Fähr- und Übersetzverkehr im Ort- und Nachbarschaftsbereich • Privatbahnen, die Strecken des Öffentlichen
Personennahverkehrs betreiben – nur 2. Klasse
Hinweis: Rentner wegen voller Erwerbsminderung oder schwerbehinderte Menschen mit einem GdB von 70 können bei Fahrten mit der Deutschen Bahn einen ermäßigten Fahrpreis erhalten.
Mitnahme von Begleitpersonen, Begleit- und Blindenhunden
Das Merkzeichen B im Schwerbehindertenausweis berechtigt zur kostenfreien Mitnahme einer Begleitperson im Nah- und Fernverkehr, ausgenommen sind Sonderzüge und wagen. Dies gilt auch dann, wenn die schwerbehinderte Person keine Wertmarke besitzt. Anstelle einer Begleitperson kann auch ein Begleithund kostenlos mitgenommen werden. Blindenhunde werden zusätzlich zu einer Begleitperson unentgeltlich befördert, wenn im Ausweis das Merkzeichen Bl eingetragen ist. Bei Reisen mit der Deutschen Bahn können Personen mit dem Merkzeichen B oder Bl kostenlos bis zu 2 Sitzplätze reservieren.
Parkerleichterungen für schwerbehinderte Menschen
Unter bestimmten Voraussetzungen können Menschen mit einer Schwerbehinderung Parkausweise beantragen, mit denen sie von Parkerleichterungen profitieren. Berechtigte können beispielsweise an Stellen parken, an denen es anderen Verkehrsteilnehmern verboten ist, oder sie haben Anspruch auf einen Behindertenparkplatz.
Betroffene können Parkausweise und Sonderparkplätze bei der örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde oder der Stadt oder Gemeindeverwaltung beantragen.
Blauer EU-Parkausweis
Der blaue EU-Parkausweis ist in allen Mitgliedsstaaten der EU und zahlreichen anderen Ländern gültig.
Diese Ausnahmegenehmigung erhalten:
• Schwerbehinderte Menschen mit einer außergewöhnlichen
Gehbehinderung (Merkzeichen aG) • Menschen mit vorübergehender außergewöhnlicher
Gehbehinderung • Blinde Menschen (Merkzeichen Bl) • Menschen mit beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Beeinträchtigungen (z. B. Amputation beider Arme)
Orangefarbener Parkausweis
Der orangefarbene Parkausweis gilt in ganz Deutschland.
Diese Ausnahmegenehmigung erhalten:
• schwerbehinderte Menschen mit den Merkzeichen G und
Merkzeichen B und einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 80 allein aufgrund von Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen • schwerbehinderte Menschen mit den Merkzeichen G und
B und einem GdB von mindestens 70 allein aufgrund von
Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen und einem GdB von mindestens 50 aufgrund von Funktionsstörungen des Herzens oder der Atmungsorgane • Personen, die an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa erkrankt sind und hierfür einen GdB von wenigstens 60 zuerkannt bekommen haben • Personen mit künstlichem Darmausgang und künstlicher
Harnableitung, wenn hierfür ein GdB von wenigstens 70 vorliegt
Parkerleichterungen, die in Deutschland gelten
Schwerbehinderte Menschen mit einem blauen oder orangefarbenen Parkausweis haben in Deutschland Anspruch auf folgende Parkerleichterungen:
• Parken im eingeschränkten Halteverbot und auf
Anwohnerparkplätzen bis zu drei Stunden mit Parkscheibe • Kostenfreies und zeitlich unbegrenztes Parken an
Parkuhren und Parkscheinautomaten • Überschreitung der zugelassenen Parkdauer im
Zonenhalteverbot • Überschreitung der zugelassenen Parkdauer an Stellen, die als Parkplatz oder Parken auf Gehwegen gekennzeichnet sind • Parken in Fußgängerzonen während der freigegebenen
Ladezeit • Parken in verkehrsberuhigten Zonen auch außerhalb der gekennzeichneten Flächen, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird
Das Parken auf Behindertenparkplätzen (ausgewiesene Behindertenparkplätze mit dem Rollstuhl-Symbol) ist bundesweit ausschließlich mit dem blauen Parkausweis gestattet. Der orangefarbenen Ausweise berechtigt nicht zur Nutzung dieser Parkplätze!