Collapsible Boats Bootsbau Workshop 2011

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3 Boote in 3 Tagen Workshop mit Thomas Grรถgler



Bootsbauworkshop mit Thomas Grögler Lake Caddo Bateau Kanadier Grönlandkajak Fotodokumentation von Karina Wendt Projekt Collapsible Boats bei Prof. Guido Englich und David Oelschlägel Sommersemester 2011 Studiengang Industriedesign Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle



3 Tage 3 Boote 10 Studenten Ein Bootsbauworkshop mit Thomas Grรถgler In traditioneller Bauweise werden drei unterschiedliche Bootstypen realisiert. Grรถnlandkajak Kanadier Lake Caddo Bateau


Thomas Grögler 1986 hat Thomas Grögler das Atelier Grögler für Entwurf und Ausführung von Möbeln und Objekten in Hausen bei Nürnberg gegründet. Seitdem nahm Thomas Grögler an zahlreichen Ausstellungen im Bereich Angewandte und Freie Kunst teil und begann im Jahr 2000 mit dem Bootsbau. Die ersten Bootstypen waren Baidarkas und Lake Caddo Bateaus, gefolgt von Kanadiern und maßgefertigten Grönlandkajaks. Seine Tätigkeiten umfassen die Organisation und Leitung von Bootsbaukursen, Einzelanfertigungen und freie Arbeiten zum Thema Bootsbau. Im Herbst 2006/Frühjahr 2007 hat er begleitend zu einer Museumsausstellung in Zürich ein Kajak gebaut.


Teilnehmer

Sandra Hölzl, Anja Wippler Jeho Yoon, Christine Rackel, Elisabeth Seyferth, Carina Fischer Karina Wendt, Julia Brümmer, Yifan Zhang, Frank Niese Guido Englich, David Oelschlägel


Begriffe

Bugsteven

Kielleiste

Dollbord

Oberdeckspant

Masik


S端llauflager

S端llrand

Deckleiste

Hecksteven


Material & Werkzeug

Lake Caddo Bateau

Grönländer

16 mm 3-Schicht-Platte oder Leimholzplatte 1500 x 5000 mm Edelstahlschrauben Dauerelastischer 2-Komponenten-Kleber Dauerelastische Dichtungsmasse Hartholzkeile für Bug und Heck Kupfernieten Tiefenlasur

Bambusleisten Eschenholz für das Dollbord Konische Holzdübel Takelgarn, gewachst 1,2 mm stark Epoxidharz Süllrand Weßes Nylongewebe Holzöl als Oberflächenschutz PU-Lack

Kanadier Bambusleisten Eschenholz für das Dollbord Konische Holzdübel Takelgarn, gewachst 1,2 mm stark Epoxidharz Weißes Nylongewebe Holzöl als Oberflächenschutz PU - Lack


Messen und Anzeichnen

Nähte

Lackierung

Handbohrer Schere Nadel Nagel

Pinsel Baumwolltuch

Fixieren

Holzarbeiten

Bespannung

Klammern Schraubzwingen Fahrradschlauch Spanngurte

Japansäge Hobel Stemmeisen Hammer Schleifpapier Schablonen Feile Messer Bohrmaschine Oberfräse Bandsäge Kreissäge

Schere Lötkolben Bügeleisen

Zollstock Winkel Bleistift


Lake Caddo Bateau Das Lake Caddo Bateau wurde von Wyatt Moore für den Lake Caddo / Texas, für das Fahren auf flachem Gewässer entwickelt. Die Besonderheit im Bootsbau ist der durch zwei gespannte rechteckige Bretter gebildete Rumpf. In 1-2 Tagen kann dieses 50 kg schwere Holzboot leicht von 2-3 Personen mit wenig Werkzeug gebaut werden. Durch den geringen Tiefgang und eine Länge von ca. 4, 80 m ist es hervorragend für Angler und kurze Fahrten für 1-5 Personen im ruhigen Wasser geeignet. Ähnliche Konstruktionen sind beispielsweise Zillen – Boote für Flussfahrten - und Dorys – Ruderboote für die Meeresfischerei.


Bordwände

Zwei rechteckige Holzbretter werden durch den MIttelspant gespannt und geben dem Boot seine charakteristische Form. Bei der Auswahl der Bretter sollte man die EigenwĂślbung und Maserung beachten und passend zur Bootsform einsetzen.


Bohren, Schrauben, Spannen

Um die typische Bootsform zu erhalten, werden die Bretter über einen Holzkeil an Bug und Heck gespannt. Der Keil wird mit wasserfestem Kleber verklebt und zunächst provisorisch mit Schrauben befestigt, später werden diese durch Kupfernieten ersetzt. Mit dem Einsetzen des Abstandsholzes wird der Rumpf gespannt, weitere Duchten geben den Außenwänden zusäzlichen Halt. Durch die „Verbiegung“ der Bordwände wird zum einen der Kielsprung, zum anderen die Steifigkeit der Bootsrumpfes erzeugt.


Aufspannen



Duchten

Die Duchten sind die Querverstrebungen in diesem Boot; sie werden genau eingepasst und mit Schrauben befestigt. Später werden auf den Duchten die Sitzbänke angebracht. Die Schlitze in den Duchten ermöglichen eintretendem Wasser das gleichmäßige Verteilen; das Wasser kann also vom Bug bis zum Heck laufen, ohne sich in einer Kammer zu stauen. Im nächsten Schritt wird die Bodenplatte angepasst, zugesägt und angeschraubt.




Bodenplatte

Die Bordwände werden aufgrund der Verwindung mit einem Handhobel auf Gehrung gearbeitet, damit die Bodenplatte genau plan aufliegt. Eine 16 mm 3-Schicht-Platte oder Leimholzplatte 1500 x 5000 mm wird auf den Rumpf gelegt und der Zuschnitt angezeichnet. Die Platte wird mit einer Stichsäge zugesägt und vorgebohrt. Die Bohrlöcher in der Bodenplatte und den Duchten werden mit Dichtmittel gefüllt und ca. alle 10 cm mit Edelstahlschrauben verschraubt. Beim Nacharbeiten werden die Kanten gebrochen und der Form entsprechend geschliffen.


Kleine Arbeitsschritte Die Heck- und Bugleiste wird aus Hartholz als Abschluss mit wasserfestem Kleber angeklebt und dient als Schutz bei Kollisionen. Wenn der Kleber abgebunden ist, werden die Schrauben aus dem Holzkeil an Bug und Heck entfernt und durch Kupfernieten ersetzt; diese werden „eingedengelt“. Bei der Nacharbeit werden die Kanten geschliffen und grobe Splitter entfernt. An Bug und Heck werden Löcher für ein Tau gebohrt, um später das Boot anbinden zu können. Im letzten Schritt wird das Boot mit einem 3-fachen Anstrich lackiert und tiefenimprägniert. Dafür kann Bootslack, eine Tiefenimprägnierung oder Bitumen verwendet werden.


Lackieren





Grönländer Das Grönlandkajak ist ein ursprünglich geschlossenes, zur Jagd verwendetes Boot der Eskimos, heute ein Bootstyp im Kanusport. Es ist hochentwickelt und wurde genau auf das Körpermaß seines Fahrers angepasst. Ursprünglich wurde über einem Rahmengerüst aus Holz, das mit Riemen aus Robbenhaut zusammengebunden ist, rundherum eine Haut aus Seehundfellen gespannt, so dass Mann und Boot eine wasserdichte Einheit wurden. Um das runde „Mannloch“ wird der wasserdichte Anorak des Eskimojägers festgeschnürt, so dass kein Wasser eindringen kann, selbst wenn das Kajak kentert. Perfekt auf die Bedürfnisse und die Körpermaße angepasst, musste es sehr leicht, möglichst lautlos und schnell zu fahren sein.

Über die Holzkonstruktion mit geringem Volumen wird statt Fell heutzutage Stoff gespannt. Durch die Länge von 5,40 m hat es gute Fahreigenschaften und ist schnittig und schnell. Das geringe Gewicht von gerade einmal 10 -13 kg ermöglicht eine sehr gute Beweglichkeit und eine hohe Geschwindigkeit im Wasser. Im Workshop wird das Grönlandkajak mit traditionellen und modernen Materialien gebaut und ist damit laut Thomas Grögler den heutigen Seekajaks bezüglich seiner Fahreigenschaft deutlich überlegen.


Exkurs Das Grönlandkajak und seine Maßschneiderung - eine Ergonomiestudie von Sandra Hölzl Der ursprüngliche Bau eines Kajaks wurde in Grönland zu einer Zeit entwickelt, in der noch keine der uns heute geläufigen Werkzeuge vorhanden waren, wie z.B. Messwerkzeuge wie der Massstab oder die Wasserwaage. Weder als Sport- noch als Seekajak genutzt, stellte das Kajak eine Art Jagdfahrzeug dar, von dem aus unterschiedlichste Tätigkeiten vollzogen werden mussten. Waffen und Hilfsmittel mussten auf dem Boot angebracht, der Fang musste an Deck oder im Schlepp an Land transportiert werden. Das Holz für ein Kajak wurde mit primitiven Mitteln, wie Keilen, Steinen und einfachen Holzwerkzeugen in Form bearbeitet sowie durch langwierige Umformprozesse in die erforderlichen Dimensionen gebracht. Nach der Spreizung des Kajakgerüstes wurde zugleich Maß genommen, denn das Kajak musste auf den Besitzer zugeschneidert und angepasst sein.

Die Länge des Bootes ergibt sich aus dem Dreifachen der Größe des Besitzers (drei Manneslängen), die Breite des Bootes entspricht der Breite der Hüfte plus drei bis vier Finger. Von größter Wichtigkeit schien es, dass der Besitzers sich nicht im Boot verdrehen kann, jedoch zugleich sich mit Füßen und Hüften stützen sollte, um die Balance zu halten. Die Höhe der Spanten im Vorschiff wurden durch den ausgestreckten Fuß bzw. die Fußhöhe bestimmt. Sobald diese Maße festgelegt und fixiert waren, wurden die Querstringer im Deck und die Spanten von unten in die Seitenbretter eingefügt. Die Bauteile wurden mit Dübeln aus Holz sowie aus Knochen geschnitzten Stiften und Sehnen befestigt.


Ermitteln der Bootsabmessung Die 3 wichtigsten Maße des Grönländers 1. Die maximale Bootsbreite „B“ (auf Höhe des Masik*) Normal-Boot: Hüfte/Steiss-Mass + 2x Faust Speed-Boot: Hüfte/Steiss-Mass + 2x2 Finger *Masik - breiteste Stelle am Boot 2. Der Tiefgang: „T“ (beim Masik) Normal-Boot: 170 mm (Oberkante Dollbord bis Oberkante Kiel) Speed-Boot: < 160mm (Dollbord ist nur knapp über der Wasserlinie) 3. Die Bootslänge: „L“ 3x ausgestreckte Armlänge


Bootsbreite Zur Ermittlung der Maße „B“ und „L“ werden folgende persönliche Abmessungen genommen:

Bootsbreite „B“ Normal (Anfänger): Hüfte + 2x Faust Experte / Speed-Boot: Hüfte + 2x2 Finger Geübter Paddler (mit etwas Erfahrung): Hüfte + Faust + 2 Finger Booslänge „L“ Allgemein gilt: 3x ausgestreckte Armlänge


Übertragung der Körpermaße Übertragung der Körpermaße auf die späteren Bootsmaße

Danach werden alle relevanten persönlichen Maße auf das Wipp-Brett angetragen, da sie den Ausgangspunkt für alle weiteren Bootsmaße bilden.

Hierzu setzt sich der spätere Besitzer auf eine Art wippendes Brett, worauf die Grundmaße des Bootes angetragen werden. Um die Maximalmaße genau einordnen zu können, werden dem Fahrer drei Bretter an die Oberkante des ausgestreckten Fusses für den Deckspant Nr. 4, an den Masik (etwa eine Daumenbreite von der Vorderkante der Kniescheibe entfernt) und den Rückendeckspant Nr. 7 (etwa 100 mm hinter dem letzten Punkt des Fahrers) gehalten.

MASIK (Deckspant No. 6) Eine Daumenbreite (ca. 25mm) von der Vorderkante Kniescheibe

Muss min. Lichtmaß Süllrand sein

Rücken-Deckspant No. 7

circa

Dieses Maß richtet sich nach der gewünschten Sitzposition beim Paddeln

100

Deckspant No. 4

OK Wipp-Bord bei ausgestrecktem Fuß

6 persönliche Maßpunkte am Wipp-B. antragen. Sie sind der Ausgang für alle weiteren Bootsmaße

Steiss

OK Wipp-Bord ist OK-Kielleiste Ferse Wipppunkt

100

D.Sp. No.7

Fusssohle bei ausgestrecktem Fuss

50-100

Masik

D.Sp. No.4

Ausgangspunkte für die Festlegung der DeckspantenPosition


Wippmethode

Vorbereitung des Wippbrettes für das Abnehmen der persönlichen Maße


Anzeichnung des Maßes für den Deckspant Nr. 4 auf dem Wippbrett

Spannen des Fussbrettchens für die Ermittlung die Position des Deckspants Nr. 4

Ausrichtung von Kniebrettchen und Fußbrettchen für das Maß des Masik


Anzeichnen des Maßes für den Deckspant Nr. 4

Anpassen des Maßes für den Rückenspant Nr. 7

Anlegen des Brettchens für den Rückenspant Nr. 7


Dollbord

Die Dollborde bilden das Basisgerüst, auf die alle weiteren Arbeitsschritte aufbauen. Zuerst werden die Dollborde zugeschnitten und in Form gehobelt. Danach werden alle Maße der Spanten, die mit der Wippmethode ermittelt wurden, angezeichnet. An den genauen Positionen werden mit der Handfräse Nuten für die oberen und die unteren Spanten gefräst. Mit Schablonen und Abstandshaltern werden die Bretter in der gewünschten Form aufgespannt. Um die Dollborde zu verbinden, werden vorne und hinten die Enden eingeschnitten und mit konischen Holzdübeln und Leim fixiert.



Deckspanten

Die geraden Deckspanten werden aus grünen Eschenholz zugeschnitten und eingepasst. Ebenfalls werden die Deckleisten und der Masik eingepasst und, wie fast alle Verbindungen in einem traditionell gebauten Grönländer, eingebunden. Dadurch bleibt das Boot flexibel und widesteht auch stärkerem Wellengang.


Steven und Kielleiste Der Kiel wird provisorisch ausgerichtet und festgeheftet. Die Spanten können nun ungefähr abgemessen und gekürzt werden. Der Steven und die Kielleiste werden durch das Anpeilen von Lineal und Spannen eines Seiles präzise ausgerichtet, denn die Kielleiste bestimmt das spätere Fahrverhalten.


Bambusspanten

Die Bambusleisten werden in einem Dampfbiegeverfahren gebogen. Das zu biegende gedämpfte Holzstück wird auf ein Stahlband aufgespannt und zwar so, dass es sich in Längsrichtung nicht bewegen kann: Nun wird das Holz zusammen mit dem Band gebogen. Da das Holzstück eingespannt ist, werden die Holzfasern nicht nur gebogen, sondern auch gestaucht und dadurch können bedeutend engere Biegeradien erzielt werden. Bei den weniger engen Radien wurden die Bambusleisten frei über die Holzform gebogen. Die gebogenen Bambuspanten werden nun in die gefrästen Nuten gesteckt und ausgerichtet. Es wird darauf geachtet, dass ein möglichst gleichmäßiges Gerüst entsteht, da die Kontur das Fahrverhalten bestimmt.




Senten Die Senten werden auf das Gerüst geklemmt und mit einem Faden wird geprüft, ob die Haut später aufliegt oder nicht. Gegebenfalls wird die Position korrigiert, damit die guten Fahreigenschaften erreicht werden und bei möglichen Kollisionen die Haut nicht beschädigt wird.


Eskimoknoten plus Halbe Schläge

Die Senten werden an die Spanten mit gewachsten synthetischen Takelgarn genäht und mit einem Eskimoknoten mit einem halben Schlag befestigt. Die Nylonschnur wird immer auf Spannung gehalten und von Spant zu Spant nachgespannt. Fast alle Holzteile werden mit Takelgarnnähten zusammen gehalten. Man erhält ein Boot, das sehr stabil ist, aber nicht starr. Es kann großen Kräften standhalten, diese aufnehmen und weich durch harten Seegang fahren.

Eskimoknoten Benötigt wird Nadel, Schere, Garn und ein Nagel. Um das Garn stramm zu spannen, ist es gut Handschuhe zu benutzen. Manche Holzteile, wie zum Beispiel Kiel und die Spanten, können sofort miteinander verbunden werden, bei den anderen muss zuerst ein ca. 4 mm messendes Loch gebohrt werden. Der Eskimoknoten ist ein spezieller Schlingenknoten, (Bindeart siehe Fotos der Nebenseite). Dabei ist zubeachten, dass die Bindung stramm gezogen wird. Durch das Anziehen der Schlinge zieht sich der Knoten zusammen, so dass die Bindung fixiert ist. Zur Sicherung wird das Ende mit halben Schlägen vernäht.



Sitzfläche

Die Position des Sitzpunktes wird mit der Wippmethode bestimmt, und genau dort müssen Löcher für die Sitzknochen in die Sitzbretter gesägt werden.



Bespannung

Wir verwenden einen weißen, sehr reissfesten unbeschichteten Nylonstoff. Der Stoff wird mit Übermaß zugeschnitten. Das Gewebe wird zuerst auf das Oberdeck gelegt, nass gemacht und dann an den Stringern geklammert und gespannt. Von Bug bis Heck wird der Stoff gespannt und fixiert. Anschließend wird erst die eine Seite gespannt und fest getackert, danach die andere Seite. Nun wird das Kajak umgedreht und die Unterseite faltenfrei bespannt. Das Bespannen erfolgt am besten zu mehreren, damit auch wirklich alle Falten geglättet werden können. Die Stoffkante wird umgelegt und an der oberen Seite festgenäht.



Tackern, Spannen, Schneiden und N채hen



Süllrand Der Süllrand wird nur durch die Bespannung gehalten, so ist er sehr flexibel und kann gut auf Druck oder Spannungen reagieren. Der Süll wird auf das Oberdeck gelegt, positioniert und mit Schraubzwingen fixiert. Mit dem Lötkolben kann sehr schnell und einfach eine Öffnung in den gespannten Stoff geschnitten werden. Nun wird der Süllrand mit ein paar Tackern fixiert und dann sorgsam eingenäht.



Lackieren Das fertig bespannte Boot wird zum Schluss dreimal mit PU-Bootslack mit Lackrollen lackiert. Zwischen den Anstrichen muss der Lack trocknen und kann erst dann überlackiert werden. Durch das Lackieren wird das weiße Nylongewebe transluzent und pergamentartig. Das Boot erhält dadurch ein sehr charaktervolles Aussehen.



Modellfoto





Canadier Der Canadier wurde von nordamerikanischen Indianern für Reisen und Transporte auf kanadischen Seen und Flüssen gebaut. Das Boot ist ein zumeist offenes Kanu, das sitzend oder kniend gefahren und vorwiegend mit Stechpaddeln bewegt wird. Bis zur Mitte des 19. Jahunderts gab es zwei Bootstypen: das stabile und schwere Einbaumkanu und das leichte aber zerbrechlichere Birkenrindenkanu. Das Einbaumkanu wurde aus einem Baumstamm gebaut; das Innere wurde heraus gebrannt und der Stamm wurde ausgehölt.

Beim Birkenrindenkanu wurden breite Stücke Birkenrinde auf einen entsprechenden Rahmen aufgespannt, mit dünnen Wurzelsträngen vernäht und von innen mit gebogenen Spanten, Querhölzern und Planken versehen. Diese Kanu dienen heute noch als Vorbilder für Kunststoffvarianten, die andere Anforderungen haben wie Pflegeleichtigkeit, Robustheit, Ästhetik und Gewicht. Ausgehend von der Konstruktion des Birkenrindenkanu kann heute mit Hilfe von reißfestem Stoff und stabilem dauerhaftem Bindematerial ein sehr leichtes und robustes Boot gebaut werden. Dieses Kanu ist bestens für Fahrten mit oder ohne Gepäck auf Flüssen und Seen für 1-4 Personen je nach Bauart geeignet.


Erste Schritte Anders als beim Grönländer wird das Boot nicht freigeformt, sondern es wird ein Schablonengerüst genutzt. Anhand der Schablonen können alle Teile genaustens aufeinander abgestimmt werden und es entsteht eine schön geschwungene Bootsform.


Dollboard In die Dollbordleisten werden später die gebogenen Spanten gesteckt. Dafür werden mit einer Schablone die passenden Maße für die genauen Positionen der Spanten markiert und mit der Handfräse die Nuten gefräst. Die beiden Bretter werden im Dämpfer mit Wasserdampf erhitzt, danach muss schnell gehandelt werden. Die heißen Hölzer werden direkt über die Form gelegt und mit Keilen fixiert. Nun können sie in der gewünschten Position erkalten.



Bambusspanten Für die Spanten wird Bambus verwendet, da dieser in extremen Radien gebogen werden kann und zusätzlich ein sehr leichter Werkstoff ist. Aufgrund seiner Nachgiebigkeit widersteht der Bambus größten Belastungen und hat eine sehr hohe Bruchgrenze. Die Bambusleisten werden zugeschnitten und für ca. 1 Stunde in den Dämpfer gelegt. Wenn die heißen Leisten aus dem Dämpfer geholt werden, muss es schnell gehen. Die Spanten mit den großen Radien können freihand zu zweit über die Form gebogen werden. Kleinere Radien werden mit Hilfe einer Schablone gebogen. Dazu wird die zu biegende Bambusleiste auf ein Stahlband aufgespannt, damit sich das Holz nicht in der Längsrichtung bewegen kann. Die Bambusleisten müssen mindestens 12 Stunden fixiert bleiben, bis sie stabil und trocken sind. Erst dann können sie weiter verarbeitet werden.



Spannten und Senten


Im nächsten Schritt werden die Senten in regelmäßigen Abständen mit Klemmen auf dem Gerüst befestigt und dann mit Eskimoknoten festgenäht. Die Verbindung der Hölzer besteht also nur aus Nylonnähten. Diese Bindetechnik ist in ihrer Stabilität und gleichzeitig in ihrer Flexibilität jeder starren Verbindung überlegen. So kann das Boot auch Stürze aus großer Höhe überstehen. Die Senten werden durchgehend von Bug bis Heck an die Spanten genäht. Der Nylonfaden muss immer nachgespannt und festgezogen werden, damit die Verbindungen absolut fest sind.


Entformen



Duchten

Mit den Duchten werden die beiden Seiten in Form gehalten und fixiert. Durch die Spannung bekommt der Rumpf die endgültige Stromlinienform. DIe Duchten werden passgenau zwischen die Bootswände in konisch, mit dem Stecheisen gearbeitete Löcher im Dollbord eingelassen. Anschließend wird die Ducht mit dem Dollbord vernäht.


Bespannen der Sitze

Die Sitze für den Kanadier bestehen aus dem Holzgerüst und einer Bespannung aus Polyestergurten. Das Holzgerüst wird mit einem Oberflächenschutz lackiert, damit die Holzteile später nicht aufquellen können. Die SItzfläche wird aus Gurten gewebt und festgetackert. Anschließend werden die Sitze mit extra Leisten an den Spanten und Senten vernäht.


Kielleiste

Der Steven und die Kielleiste werden miteinander verbunden und an Bug und Heck gen채ht. Dazu werden die abstehenden Senten gek체rzt und mit konischen Holzd체beln und N채hten befestigt.


Letzte Handgriffe

Der Süllrand wird nach dem Dämpfen auf das Dollbord gespannt und fixiert, um in der Position auszukühlen. Später kommt dieser als Abschlusskante auf den fertig bespannten Kanadier. Der Steven wird angepasst und lackiert, damit er wasserbeständig ist.


Bespannung Der Kanadier wird ähnlich wie das Grönlandkajak mit einem weißen Nylonstoff bezogen. Der Stoff wird mit ca. 50 cm Überlänge pro Seite zu geschnitten und über den Rumpf des Canadiers gelegt. Um den Stoff besser spannen zu können wird dieser nass gemacht. Zuerst wird die Längsachse entlang der Kielleiste gespannt, dann werden beide Enden mit Klemmen und Tackerklammern fixiert. Die Tackerklammern sollen nur vorübergehend den Stoff fixieren, längerfristig können sie nicht benutzt werden, da sie schnell rosten; deshalb werden sie zum Schluss gegen Klammern aus Edelstahl ersetzt.



Bespannung

Der Stoff wird nun von der Kielleiste aus zu beiden Seiten gespannt und mit Klammern am Dollbord fixiert. Zum endg端ltigen Fixieren wird das Boot umgedreht und der Stoff an die obere Kante des Dollbordes getackert. Der 端bersch端ssige Stoff an Bug und Heck wird abgeschnitten und ebenfalls mit Tackern befestigt.


Süllrand Der Süllrand ist die Schutzleiste der Bordwand. Besonders bei der Konstruktion des Kanadiers verhindert er, dass die mit Tackern fixierte Bootshaut Schaden nimmt. Auf der oberen Kante des Dollbords wird der Süll mit Klammern provisorisch fixiert. Die endgültige Befestigung erfolgt durch Vernähen; dazu werden Löcher in das Dollbord gebohrt und beide Teile durch eine Dreiecksbindung miteinander vernäht.


Lackieren

Die Boote werden 3-4 mal mit PU-Lack behandelt. Die Bespannung wird zuvor gew채ssert, da PU-Lack bei hoher Feuchtigkeit schneller abbindet. Um an alle Fl채chen einfach heran zukommen, werden die Boote mit Spanngurten aufgehangen. Durch die Lackierung wird das Gewebe wasserdicht verschlossen. Nach dem Trocknen hat die Bootshaut eine besondere Oberfl채che, sie ist pergamentartig und in unserem Fall sehr transluzent, sie l채sst sich aber auch beliebig pigmentieren.



Modellfoto




Präsentation / Bootstaufe Die arbeitsreiche Bootsbauwoche, in der bis in die Nacht hinein geschraubt, gehämmert und gesägt wurde, krönten wir mit einer klassischen Bootstaufe. Die Schiffstaufe ist ein feierliches Ritual, bei dem ein neues Schiff einen Namen verliehen bekommt und gesegnet wird. Laut Überlieferung rührt das Ritual der Schiffstaufe vermutlich von der menschlichen, christlichen Taufe her, deshalb sollte die Taufpatin eine Jungfrau sein (die auf dem Campus nicht ganz einfach zu finden war). Ein männlicher Taufpate wird als ein böses Omen gewertet.

Die kleine Frida ist unsere Taufpatin, die alle klassischen Voraussetzungen einer Patin erfüllt, nur die Taufrede wurde von uns übernommen.


Taufrede Ich taufe Euch ... auf die Namen, ... Lake Caddo Bateau Grönlandkajak Kanadier

SIR MARTHA

- LONG BONNY

- GULLIVER FRANCIS

Ich wünsche der Besatzung allzeit gute Fahrt und Euch stets mehr als eine Handbreit Wasser unter dem Kiel. Ich grüße Euch mit einem dreimaligen Hipp - Hipp - Hipp - Hurra!



Jungfernfahrt




Fotodokumentation zum Bootsbauworkshop 2011

Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle Fachrichtung Industriedesign Neuwerk 7 06108 Halle / Saale

Impressum Text & Gestaltung

Fotografie

Karina Wendt

Julia Br端mmer, Carina Fischer, Karina Wendt, Prof. Guido Englich




Fotodokumentation zum Bootsbauworkshop 2011

Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle Fachrichtung Industriedesign Neuwerk 7 06108 Halle / Saale


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