NZZ Connect (D)

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Verlagsbeilage Swiss Economic Forum

Samstag, 1. Juni 2024 CH-8021 Zürich Telefon +41 44 258 16 98 nzzone.ch NZZ CONNECT
Unternehmertum braucht Mut. Und unser kompetentes Netzwerk, auf das man sich verlassen kann. Eine Bank wie die Schweiz ubs.com/entrepreneurs © UBS 2024. Alle Rechte vorbehalten. 42423_Adaption of Eine Bank_291x440_2024-04-11.indd 1 11.04.24 12:04

Fünf Fragen an Corine Blesi

Corine Blesi, worauf freuen Sie sich am diesjährigen SEF besonders?

Ich freue mich sehr, dass wir es immer wieder schaffen, einmal im Jahr weit über tausend Schweizer Unternehmerinnen und Unternehmer nach Interlaken ans SEF zu holen und damit einmalige Begegnungen und Diskussionen zu ermöglichen.

Ich freue mich aber auch über die vielen Formate, die wir für junge Unternehmerinnen und Unternehmer anbieten. Dazu gehören die mittlerweile sehr etablierte SEF-Founder-Konferenz, die SEFAcademy und dann am Freitag, 7. Juni, natürlich die Verleihung des SEF.Award in drei Kategorien für die besten Jungunternehmen in der Schweiz.

Nicht vergessen darf man unseren fantastischen Netzwerkabend im Park des Kongresszentrums. Den muss man einfach persönlich erlebt haben, um ihn zu schätzen.

Und natürlich freue ich mich auf eine grossartige Zusammenarbeit im Team. Wir trainieren das ganze Jahr fürs SEF, um dann am Tag X in Höchstform zu sein. Was macht das SEF in ihren Augen so einmalig und beliebt?

Das SEF ist eine Erfolgsgeschichte und heute die bedeutendste Plattform für die Schweizer KMU-Wirtschaft. Das SEF verbindet wie kein anderes Format in der Schweiz die Gebiete Unternehmertum, Politik und Wissenschaft, schlägt aber gleichzeitig auch die Brücke zum Jungunternehmertum und zur nächsten Unternehmergeneration. Das ist in meinen Augen einzigartig und Teil der erfolgreichen SEF-DNA. Schlussendlich liegt unsere Zauberformel in der Ein-

fachheit: Mit dem SEF bauen wir Brücken zwischen Menschen, Ideen und Erfahrungen.

Wir erhalten auch immer wieder das Feedback, dass die Unkompliziertheit am SEF selbst sowie die einfache Kontaktaufnahme mit anderen Teilnehmenden sehr geschätzt wird und einmalig ist. Nicht zuletzt kommen viele Gäste jedes Jahr und das SEF ist damit zu einer Art Klassentreffen für die Schweizer Wirtschaft geworden.

Was macht ein erfolgreiches SEF für Sie aus? Wann sind Sie zufrieden mit der SEF-Ausgabe 2024?

Ich bin zufrieden, wenn wir einen reibungslosen Ablauf an den zwei Tagen in Interlaken garantieren können und wir alle organisatorischen und logistischen Herausforderungen zur Zufriedenheit unserer Gäste im Griff haben.

Das SEF lebt von einem hochwertig kuratierten Programm mit Referenten aus aller Welt und emotionalen SEFMomenten, die noch lange nachhallen. Dafür haben wir ein Jahr lang gearbeitet und wir sehen jeweils erst am SEF selbst, ob wir mit der Themenwahl richtig lagen und ob das Programm gut aufgenommen wird.

Etwas vom Wichtigsten sind mir zufriedene Partner und Gäste, die nächstes Jahr wiederkommen und auch in Zukunft mit uns zusammenarbeiten möchten. Sie gestalten die Zukunft des SEF mit uns und erlauben uns erst, erfolgreich zu sein.

Nicht zuletzt freut mich eine breite Medienberichterstattung, die zu einer positiven Wahrnehmung der Schweizer Wirtschaft in der Öffentlichkeit beiträgt.

«Mit dem SEF bauen wir Brücken zwischen Menschen, Ideen und Erfahrungen.»

Das Motto der diesjährigen Konferenz ist eher ernst: «When the going gets tough.» Wieso haben Sie sich dafür entschieden?

Die Welt ist unsicherer geworden. Die Politik steht unter Druck. Die Wirtschaft und damit die Gesellschaft steht unter Druck. Es gibt keine einfachen Lösungen für die aktuellen geopolitischen Herausforderungen und es besteht die Gefahr, dass wir unseren langjährigen Wertekompass sowie unsere Erfolgssäulen über den Haufen werfen, um kurzfristige Erfolge zu erzielen.

Alle Länder rüsten auf. Die Demokratien befinden sich unter Druck, der Liberalismus ist auf dem Rückzug. Der Protektionismus nimmt zu, das globale Wirtschaftssystem wird durch eine wachsende Zahl von Sanktionen gestört, der stete Zustrom von Asylsuchenden verunsichert Europa. «When the going gets tough» bringt aus unserer Sicht die aktuelle Lage sehr treffend auf den Punkt.

Gibt es für die Lösung der zahlreichen Probleme in der Schweiz einen spezifischen SEF-Ansatz?

Schweizer Unternehmen bilden das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft. Sie vertrauen dabei auf das Erfolgsmodell Schweiz, welches auf einem bestimmten Wertekodex beruht. Dazu gehören:

1. Selbstverantwortung: mehr Eigeninitiative weniger Staat.

2. Unternehmertum: Innovation, Offenheit für Neues, Anpassungsfähigkeit für sich ändernde Umstände.

3. Leistungsprinzip: Nur mit Arbeit und Fleiss werden dauerhafte Werte geschaffen.

4. Bescheidenheit: Wir wollen Werte nicht für uns selbst, sondern für die nächste Generation schaffen.

Es sind diese Faktoren, dank denen die Schweizer Wirtschaft heute zur Weltspitze gehört. Das SEF setzt sich zum Ziel, das Bewusstsein für diese Werte zu stärken.

Interview: Felix E. Müller

Nationale und internationale Programm-Highlights

Das Swiss Economic Forum (SEF) verspricht für den 6. und 7. Juni 2024 erneut ein beeindruckendes Programm mit hochkarätigen Speakern und innovativen Sessions.

NINA MEYER

Unter dem Motto «When the going gets tough» fokussiert sich die Wirtschaftskonferenz dieses Jahr auf die Themen Standhaftigkeit, Charakterstärke und Entschlossenheit, insbesondere in herausfordernden Zeiten. Seit 26 Jahren verbindet und vernetzt das SEF als die Plattform der Schweizer Wirtschaft Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. An der Konferenz werden neue Kontakte geknüpft, Ideen und Innovationen ausgetauscht und Freundschaften geschlossen. Die Speaker vermitteln wertvolle Gedanken und die 1350 Teilnehmenden erhalten neue Perspektiven, Inspiration für die eigene Tätigkeit und Orientierung in herausfordernden Zeiten.

Eröffnet wird das SEF traditionsgemäss von Bundespräsidentin Viola Amherd. Höhepunkte des Programms am Donnerstag sind Sanna Marin, ehemalige Ministerpräsidentin Finnlands, und Michael R. Pompeo, ehemaliger USAussenminister. In den beiden Interviews werden die geopolitische Lage, die globalen Herausforderungen und gemeinsame Lösungsansätze thematisiert. «Wir haben in diesem Jahr den thematischen Schwerpunkt auf die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit und die Entwicklung von Strategien zur Bewältigung von Krisen gelegt», sagt Corine Blesi, Managing Director bei NZZ Connect. «Wir diskutieren aber auch geopolitische Konflikte und die Bedeutung aufstrebender Märkte – dies immer mit Fokus auf die Auswirkungen für die Schweizer Unternehmen.»

Namhafte Speaker

Weitere nationale und internationale Highlights werden die Auftritte von Nassim Nicholas Taleb, Thomas Schäfer, Jeff Rowe und Georges Kern. Während der Essayist und Risikoanalyst Nassim Nicholas Taleb seine Erkenntnisse über den aktuell fragilen Zustand der Weltwirtschaft mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern teilt, geht Thomas Schäfer, CEO der Marke Volkswagen Pkw, der Frage nach, ob die Elektrorevolution bereits an ihr Ende gelangt ist. Jeff Rowe, CEO der Syngenta Group wird den Kampf um die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung beleuchten. Georges Kern, CEO von Breitling, nimmt die Teilnehmenden mit auf eine Reise durch den Wandel der Uhrenindustrie. Neun Finalisten pitchen am Freitag auf der Hauptbühne für den SEF.Award. Mehr über den bedeutendsten Preis für Jungunternehmen in der Schweiz, die Finalisten und das 25-jährige Jubiläum des Awards lesen Sie auf Seite 6.

In den Breakout Sessions unserer Premiumpartner haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich intensiv mit Experten auszutauschen und vertiefende Einblicke in aktuelle Wirtschaftsthemen zu erhalten.

Beziehungen fürs Leben

Das SEF verspricht nicht nur ein spannendes und abwechslungsreiches Programm, sondern auch wertvolle Gelegenheiten, neue Kontakte zu knüpfen, und die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Am und mit dem SEF werden Brücken zwischen Menschen, Ideen und Erfahrungen geschlagen. Dafür bietet NZZ Connect mit all seinen Initiativen und Awards die passende Plattform: das SEF-Universum. Unternehmertum, insbesondere in KMU und Jungunternehmen, wird gefördert und Gründerinnen und Gründer werden mit der nächsten Generation von Führungskräften vernetzt. Renommierte Jungunternehmen und herausragende Unternehmerinnen und Unternehmer erhalten eine Bühne und werden mit anerkannten Preisen ausgezeichnet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können sich auf zwei Tage voller inspirierender Vorträge, intensiver Diskussionen und innovativer Ansätze freuen.

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Samstag, 1. Juni 2024 Swiss Economic Forum NZZ-Verlagsbeilage 3
Swiss Economic Forum ist eine Verlagsbeilage von NZZone in Kooperation mit NZZ Connect. Beilagen werden nicht von der Redaktion produziert, sondern von unserem Dienstleister für journalistisches Storytelling: NZZ Content Creation. Hinweis: Verlagsbeilagen sind komplett von einem Kunden finanziert; Redaktionsmitglieder des Unternehmens NZZ arbeiten freiwillig mit. Konzept Nina Meyer (Marketing Communications Manager, NZZ Connect). Realisation: Felix E. Müller und Maurice Müller. Layout: Armin Apadana. Verkauf: NZZ Connect. Kontakt: NZZone, c/o Neue Zürcher Zeitung AG, Falkenstrasse 11, CH-8021 Zürich, +41 44 258 16 98, sales@nzzone.ch, nzzone.ch. IMPRESSUM
Corine Blesi ist Managing Director von NZZ Connect. NZZ CONNECT Viola Amherd FOTOS: NZZ CONNECT Michael R. Pompeo Sanna Marin Nassim Nicholas Taleb Jeff Rowe Georges Kern

Hinter den Kulissen des SEF

Der Erfolg des Swiss Economic Forum (SEF) beruht auf der sorgfältigen Planung und den Geheimnissen der Organisation. Die Videoreihe «SEF.Insight –Behind the Scenes» veranschaulicht, warum die grösste Wirtschaftskonferenz der Schweiz so erfolgreich ist.

Wann beginnt der Planungsprozess für das Swiss Economic Forum und was hat es eigentlich mit der SEF-Zauberformel auf sich? Um diese und weitere Fragen geht es auf der spannenden Reise durch die Entstehung des Mottos, des Keyvisuals, der Konzeption und des Bühnenbaus des SEF.2024. Vom ersten Funken einer kleinen Idee bis hin zur kreativen Umsetzung ist es ein langer und inspirierender Weg. Es ist faszinierend, zu sehen, wie und wo Ideen entstehen und zu handfesten Konzepten reifen.

«Wir sprechen gerne von der SEFZauberformel, mit der wir sicherstellen, dass spannende Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft

genauso vertreten sind wie Vordenker, Sportlerinnen und Unternehmerpersönlichkeiten aus der Schweiz.», sagt Lorenz Scheibli, Director Ecosystems, NZZ Connect.

Das Moderationsduo

Das Gesicht von SEF-Insight sind die beiden SEF-Moderatoren Carolin Roth und Urs Gredig. Urs Gredig ist ein bekannter Schweizer Journalist und Fernsehmoderator, bekannt durch seine langjährige Tätigkeit beim SRF und seine Sendung «Gredig direkt». Carolin Roth ist eine renommierte Journalistin und Fernsehmoderatorin mit mehrjähriger Erfahrung bei internationalen Nachrichtensendern wie CNBC. Beide bringen viel Erfahrung, Professionali-

tät und den notwendigen Charme in die Wirtschaftskonferenz mit ein.

Der Entstehungsprozess

Die Videoreihe gibt einen ersten Einblick in die Magie des Entstehungsprozesses, der sich hinter den Kulissen abspielt. So viel sei verraten: Der kreative Startschuss des SEF beginnt weit im Voraus. In intensiven Diskussionen und Brainstormings entstehen das Motto und das Keyvisual, das die Teilnehmenden ansprechen und motivieren soll. Jedes Jahr wird ein neues, inspirierendes Konzept für das Programm entwickelt, das auf die aktuellen wirtschaftlichen und politischen Geschehnisse abzielt. Dadurch fördern wir mit dem SEF den aktiven Meinungsaustausch und branchen-

übergreifenden Dialog – mit einem Ziel, die Schweiz gemeinsam in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Ideen für die Bühnengestaltung werden digital visualisiert und ausgearbeitet bis sie schliesslich in Interlaken realisiert werden. Der Entstehungsprozess zeigt, wie wichtig Kreativität und Innovation für den Erfolg der Wirtschaftskonferenz sind. Die Videoreihe zeigt, wie Ideen entstehen, wachsen und schliesslich in die Realität umgesetzt werden. Langjährige Partnerschaften sind in diesem Prozess unverzichtbar und für den Erfolg der Wirtschaftskonferenz unerlässlich. Diese Beziehungen werden nachhaltig gepflegt und sind ein integraler Bestandteil der Organisation. Das SEF ist mehr als nur eine jährliche Veranstaltung: Es ist eine Plattform, die sich

durch langjährige Partnerschaften, sorgfältige Planung und kreative Prozesse auszeichnet. Die Reise bietet nicht nur wertvolle Einsichten und Innovationen rund um das SEF, sondern lässt die Zuschauerinnen und Zuschauer auch die Magie des Entstehungsprozesses hinter den Kulissen miterleben. Die Einblicke in der SEF.Insight-Videoreihe zeigen, wie viel sorgfältige Planung und leidenschaftliche Arbeit hinter der Organisation der führenden Wirtschaftskonferenz der Schweiz steckt.

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Künstliche Intelligenz: Hype oder CEO-Ersatz?

Die Karrierechancen von KI sind gut, aber CEO-Potenzial hat sie nicht. Setzt der CEO sie als strategischen Hebel ein, entstehen Wettbewerbsvorteile.

URS LEHNER

Ist künstliche Intelligenz ein Hype? Generative KI hat einen Hype um KI ausgelöst, ist aber keine brandneue Erfindung. Seit Jahren mischt sie im Gesundheitswesen, in der Forschung oder der Finanzbranche mit. Nicht als CEO. Aber als Werkzeug. Welche Karrierechancen schreibe ich ihr zu? Sie hat beachtliche Fortschritte gemacht in den letzten Jahren. Löste sie früher isolierte Aufgaben, bewältigt sie heute komplexe Problemstellungen. Doch es reicht nicht, kognitive Aufgaben zu lösen, um dem Menschen eben-

bürtig zu sein. Hierzu braucht es auch Kreativität, emotionale Intelligenz und Moral.

KI für die Medizin

Wir Menschen werden auf absehbare Zeit weiterhin der KI überlegen sein.

Dennoch: Das Beratungsunternehmen Gartner geht davon aus, dass KI im Jahr 2025 für 30 Prozent der generierten Marketinginhalte verantwortlich sein wird. 2022 lag dieser Wert bei weniger als 2 Prozent. Heisst: Wir dürfen Hypes nicht überschätzen, aber die Implikationen von technologischen Veränderun-

gen langfristig auch nicht unterschätzen. Dass das Potential für KI erkannt wird, spüren wir bei Swisscom. Die Nachfrage nach Beratung und Umsetzung ist enorm. Unternehmen aus verschiedensten Branchen evaluieren Einsatzgebiete und starten erste Pilotprojekte. Unsere Analysen zeigen: Die Digitalisierung und Automatisierung von Betriebsprozessen erlaubt Kosteneinsparungen. Doch ein konsequenter KI-Einsatz bietet einen viel grösseren Hebel. KI unterstützt die Entwicklung neuer Funktionen und Produkte. So bildet die Analyse grosser Datenmengen beispielsweise die Basis für persona-

lisierte Medizin auf Basis genetischer Eigenschaften von Patienten. Wirklich im Vorteil ist aber, wer mittels KI einen strategischen Wissensvorsprung erlangt. Ein Medikamentenhersteller kann etwa auf Basis von Proteinstrukturmodellen berechnen, wie Medikamente wirken, indem sie sich an diese Proteine binden. Firmen, die solche Hebel nutzen, haben einen Wettbewerbsvorteil. Klar ist: KI ist als strategisches Werkzeug Chefsache! Die Rolle des CEO wird nicht wegfallen. Aber CEOs, die sich nicht mit KI auseinandersetzen, riskieren den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens.

Herkulesaufgabe Daten

Dem Pharmaunternehmen, das auf KIbasierte Medikamentenentwicklung setzt, helfen die Prognosen nur, wenn die Qualität der Daten stimmt. Deshalb gibt es eine wichtige Fitness-Voraussetzung für KI-Projekte: eine zentrale, automatisierte Datenplattform. Das ist eine Herkulesaufgabe, an der die meisten Unternehmen bereits dran sind. Sodann stellen sich die Fragen: Wem vertraue ich meine sensiblen Daten an und wie muss eine passende IT-Strategie aussehen? KI entfaltet ihr volles Potenzial oft erst, wenn sensible Daten mit ihr geteilt werden. Dies erfordert eine souveräne KI-Infrastruktur. Die Data Governance ist entscheidend, gerade auch vor dem Hintergrund des AI Act der Europäischen Union.

KI – Swiss made

5 Tipps, um mit KI loszulegen

1. Sich bewusst machen, dass KI ein wichtiger Wettbewerbsfaktor ist.

2. Ein passendes Framework zur Identifikation von Use Cases einsetzen (siehe Illustration).

3. Ein interdisziplinäres Team aus IT- und Businessvertretern zusammenstellen.

4. Mit einem generativen KI Modell Proof of Concept starten.

5. Die ersten Projekte auf interne Prozesse fokussieren, bevor KI in der Kundenschnittstelle eingesetzt wird.

Die generative KI wird künftig integraler Bestandteil unserer Gesellschaft sein. Die Schweiz muss diese Entwicklung weiterhin aktiv mitprägen. Dies unterstützen wir mit unserer Swiss AI Platform, gemeinsam mit der Forschung und der Wirtschaft in der Schweiz. Für unsere Kunden entwickeln wir massgeschneiderte KI-Anwendungsfälle, basierend auf unternehmenseigenen Daten, und betreiben diese auf einer souveränen High-End-KI-Infrastruktur. Wir bieten von der Hardware übers KI-Modell und die Applikation bis zum Consulting eine hochperformante Infrastruktur mit vertrauenswürdigen Services. Datenhaltung Schweiz garantiert – eine Schweizer Lösung für die Schweizer Wirtschaft.

Urs Lehner ist Head of Swisscom Business Customers und Mitglied der Konzernleitung.

4 NZZ-Verlagsbeilage Swiss Economic Forum Samstag, 1. Juni 2024
NINA MEYER Die beiden SEF-Moderatoren Carolin Roth und Urs Gredig sind die Gesichter von SEF.Insight. NZZ CONNECT
Das Swisscom AI Framework dient zur Identifikation von Use Cases. SWISSCOM

Frau Marin, in den letzten zwanzig Jahren hat das Ausmass von politischer Unsicherheit stark zugenommen. Die Stabilität der internationalen Ordnung ist in Frage gestellt, in Europa vor allem seit dem Angriff Putins auf die Ukraine. Haben Sie eine Erklärung für diese unerfreuliche Entwicklung?

Die letzten Jahre waren vor allem ein Weckruf für Europa. Zuerst die Pandemie, dann der Angriff auf die Ukraine, dann der Schock, dass Putin Energie als Waffe gegen Europa nutzt. Europa muss seine Autonomie in kritischen Gebieten zurückgewinnen, Medikamente, medizinische Apparaturen, Energie, Verteidigung. Auch Technologie ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Denn in einer voll digitalisierten Welt ist die Technologie zentral, damit unsere Gesellschaften funktionieren können.

Aber warum ist es so weit gekommen, dass wir uns nun um solche Dinge kümmern müssen?

Es haben schon immer verschiedene Ideologien auf der Welt existiert, verschiedene Werte und Weltbilder. Was jetzt in der Ukraine geschieht, ist bloss Vorläufer eines viel umfassenderen, weltweiten Kriegs um Werte. Im Westen ging aber vergessen, dass es diese Unterschiede gibt. Jetzt kommen zahlreiche Konflikte, die darauf zurückzuführen sind, an verschiedenen Orten gleichzeitig an die Oberfläche. Jetzt realisieren wir, dass wir für unsere Werte, für unser Ideal einer regelbasierten, demokratischen und freiheitlichen Weltordnung kämpfen müssen.

Offenbar ging in den letzten dreissig Jahren das Bewusstsein dafür, dass es diese unterschiedlichen Ideologien gibt, weitgehend vergessen, speziell in Europa. Nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Ende des Kalten Kriegs setzte sich die Meinung durch, dass sich die Demokratie und unsere Vorstellung von Werten nun weltweit durchsetzen werde. Nicht zuletzt die Intensivierung der wirtschaftlichen Kontakte und Beziehungen würde dabei helfen, dass sich die Lage stetig verbessert. Doch nun realisieren wir, dass sich unsere Werte nicht so verbreitet haben, wie wir es erwartet oder erhofft haben. Wir haben unsere Werte nicht exportiert, obwohl wir Güter exportiert und die Handelsbeziehungen ausgebaut haben. Wir haben die Wirtschaftsbeziehungen nicht mit Bedingungen verknüpft und nicht sichergestellt, dass die Menschenrechte oder die Rechtsstaatlichkeit eingehalten werden. Erstaunt stellen wir nun fest, wie sehr wir uns getäuscht haben.

Welche Folgerungen sollte Europa aus der jetzigen Situation ziehen? Wir sollten uns auf uns selbst fokussieren. Die Demokratien weltweit sollten enger und intensiver zusammenarbeiten, politisch, wirtschaftlich, einfach auf allen Gebieten, in denen wir gleiche Auffassungen und Überzeugungen teilen. Vor dem Ukraine-Krieg dachte der Westen, dass sich durch einen Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland eine friedliche Beziehung aufbauen liesse, was einen Krieg undenkbar machen würde. In unserer westlichen Logik stand fest, dass jeder Krieg nur schon finanziell unsinnig ist. Wir realisierten nicht, dass Putin die Lage ganz anders beurteilte. Er folgt seiner eigenen Logik, die uns fremd ist und bei der es nicht um Handel oder wirtschaftliche Prosperität geht, sondern um Macht. Wir müssen nun aus unseren Fehlern lernen. Europa darf bei Rohstoffen oder neuen Technologien nicht zu sehr von Dritten abhängig sein, weil wir sonst in die gleiche Situation kommen wie jetzt mit der Abhängigkeit bezüglich Energie. Wir brauchen eine Zusammenarbeit und enge Verbindungen zwischen allen demokratischen Ländern

Sie haben gesagt, dass Putin seinen eigenen Überzeugungen folge. Um welche handelt es sich?

Putin selbst hat zum Beispiel ganz offen gesagt, dass die Ukraine ein Teil Russlands sei. Er hat also die Ukraine nie als souveränes Land gesehen, das selbst über sein Schicksal bestimmen kann. Im Zentrum seines Denkens stehen die Macht und die Geschichte. Er will für Russland einen alten historischen Zustand wiederherstellen. Dabei sind ihm Menschenrechte, die UNO-

Mirella Marin ist heute als Beraterin des Institute of Global Change tätig.

«Europa erwacht viel zu langsam»

Die ehemalige finnische Ministerpräsidentin Sanna Mirella Marin über Putin, Europa und die Gründe des Beitritts ihres Landes zur Nato.

Charta, völkerrechtliche Grenzen oder das Selbstbestimmungsrecht des ukrainischen Volks egal. Wenn die Ukraine verliert, weil wir zu wenig Unterstützung schicken, dann wird Putin etwa in Moldau oder vielleicht im westlichen Balkan gleich vorgehen. Putin wird nicht in der Ukraine stoppen. Ihm geht es nur um Macht. Ihm geht es nur um die Absicht, alle Gebiete zu erobern, von denen er denkt, sie gehörten Russland.

Ist es nicht so, dass die gegenwärtige Situation in Europa viel damit zu tun hat, dass die USA von ihrer Rolle als Partnerin und Verteidigerin Europas abrücken? Primär sollte Europa ein besserer Partner werden. Wir sollten unserer Verteidigungskapazitäten ausbauen, wir sollten unsere wirtschaftlichen und technologischen Potenziale verbessern, wir sollten eigenständiger Handeln, statt uns einfach auf die USA zu verlassen. Unbestritten ist aber, dass wir die USA immer noch brauchen. Deswegen sorge ich mich wie viele andere auch, was bei den kommenden Präsidentschaftswahlen in den USA passiert. Ich wünsche mir, dass die USA in den internationalen Organisationen, in der UNO, der Nato und vielen anderen eine aktive Rolle spielt. Mit einer zweiten Trump-Administration könnte dies gefährdet sein. Aber wir können die Wahlen in den USA nicht beeinflussen. Es ist Aufgabe der amerikanischen Wählerschaft, über die Zukunft ihres Landes zu entscheiden. Deshalb sollten wir Europäer uns auf die Dinge konzentrieren, die wir selbst in der Hand haben.

Sie sagen, dass Putin getrieben sei von der Geschichte, dass er Russland in seiner alten Grösse wiederherstellen möchte. Nun gehörte auch Finnland eine

Zeit lang zu Russland. Fühlt sich Finnland deswegen speziell bedroht?

Finnland gehört zur Nato, wir sind ein souveränes Land und es besteht gegenwärtig keine militärische Bedrohung. Ich sorge mich viel mehr um Europa insgesamt, weil das Schicksal der Ukraine Auswirkungen auf die Zukunft von ganz Europa hat. Es geht hier also nicht nur um die Länder, die einmal von Russland besetzt oder abhängig waren. Ganz Europa sollte besorgt sein über die Folgen, die ein Sieg von Russland hätte.

Welche Folgen sehen Sie?

Es gäbe jahrzehntelange Kriege in Europa. Wir müssen uns jetzt entscheiden, ob wir unsere Werte verteidigen wollen oder nicht. Wir müssen der Ukraine zum Sieg verhelfen, weil wir nur so Putin und anderen autoritären Herrschern zeigen, dass es sich nicht bezahlt macht, souveräne und völkerrechtlich anerkannte Länder anzugreifen. Wir stehen an einem entscheidenden Punkt der Geschichte und ich hoffe, dass alle europäischen Länder, dass alle demokratischen Länder der Welt dies erkennen und entsprechend handeln.

Man gewinnt allerdings den Eindruck, dass nicht alle europäischen Länder den Ernst der Lage sehen. Europa erwacht schon, aber viel zu langsam. Warum? Je weiter entfernt ein Land von Russland ist, desto weniger bedroht fühlt es sich. Wir müssen uns rascher bewegen, müssen aus den gemachten Fehlern lernen. Dazu gehört etwa die Reaktionen auf die Besetzung der Krim durch Russland. Diese waren schwach, fast nicht existent, was Putin zum Schluss verleitete, er könne das gleiche Szenario mit der ganzen Ukraine

durchspielen, ohne dass etwas passieren würde. Ganz generell müssen wir erkennen, dass die Welt nicht so ist, wie wir wünschen, dass sie wäre, sondern wie sie wirklich ist: ein schöner Ort, aber auch ein dunkler und gefährlicher. Es gilt, aufzuwachen und die neuen Realitäten zu sehen. Sonst geraten wir in eine Situation, in der wir wieder erpresst oder geschädigt werden können.

Fanden Sie, als Sie Premierministerin waren, für Ihre Botschaft bei Ihren Kolleginnen und Kollegen in der EU offene Ohren?

Ich habe über strategische Autonomie seit dem Ausbruch der Covid-Pandemie gesprochen, weil diese die Verletzlichkeit unserer Gesellschaften blosslegte. Finnland ist auf Grund seiner Geschichte ein Land, das sich auf alle Eventualitäten vorbereiten will. Aber selbst wir wurden von Corona überrascht. Das weckte uns auf, weshalb ich immer wieder über dieses Thema gesprochen habe. In diesen Jahren hat sich das Bewusstsein dafür verbessert. Aber leider zu langsam.

Die Schweiz war überrascht, wie rasch Finnland sich von der Neutralität verabschiedet hat. Sie spielten eine wichtige Rolle bei diesem Entscheid. Warum haben Sie so gehandelt und sind der Nato beigetreten?

Für uns Finnen ist die Sicherheit und Unabhängigkeit des Landes das wichtigste Anliegen überhaupt. Bis zum russischen Angriff auf die Ukraine sorgten wir selbstständig für unsere Sicherheit. Wir haben immer in das Militär investiert. So kaufte Finnland während meiner Zeit als Regierungschefin 64 neue Kampfflugzeuge des Typs F-35. Wir arbeiteten schon damals eng mit der Nato zusam-

men. Aber als Putin die Ukraine angriff, realisierten wir, dass Russland Grenzen unabhängiger Staaten nicht respektiert. Das finnische Volk fragte sich darauf: Vor welchen Grenzen hat Putin noch Respekt, welche Grenze würde er nicht verletzen? Die Antwort ist: die Grenzen der Nato. Deswegen war der Entscheid, der Nato beizutreten, ein sehr logischer. Vor dem Angriff auf die Ukraine war die Mehrheit im Land gegen einen Beitritt eingestellt. Doch dies änderte mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine fast über Nacht. Ich bin sehr glücklich über diesen Entscheid.

Interview: Felix E. Müller

Zur Person

Sanna Mirella Marin wurde 1985 in Helsinki geboren und ging nach einem Studium der Verwaltungswissenschaften in die Politik. Als Mitglied der Sozialdemokratischen Partei wurde sie mit 27 in den Stadtrat von Tampere gewählt. 2015 zog sie ins nationale Parlament ein. Vier Jahre später übernahm sie in der Regierung von Antti Rinne das Verkehrs- und Kommunikationsministerium. Nach Rinnes Rücktritt wurde sie im Dezember 2019 Ministerpräsidentin. Sie war damals mit 34 Jahren weltweit die jüngste Regierungschefin. Sie führte Finnland nach dem russischen Angriff auf die Ukraine in die Nato. Nach den Parlamentswahlen 2023, bei der die Sozialdemokraten den Anspruch auf den Ministerposten verloren, trat sie zurück. Heute ist sie als Beraterin des Institute of Global Change tätig, das von Tony Blair gegründet worden war.

Samstag, 1. Juni 2024 Swiss Economic Forum NZZ-Verlagsbeilage 5
Sanna ELINA SIMONEN

Neun Jungunternehmen: Die Finalisten

Anlässlich des Swiss Economic Forum (SEF) wird der Swiss Economic Award jährlich an inspirierende Jungunternehmen verliehen. Diese Finalisten präsentieren sich am SEF vor Führungspersönlichkeiten der Schweizer Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Von Nina Meyer

Flowit

Nie mehr von einer Kündigung überrascht werden – der neue, auf generativer KI-basierende «digitale Coach» von Flowit revolutioniert herkömmliche Ansätze unter dem Motto «Flowit AI – made by humans for humans». Das Zürcher Startup entwickelt und nutzt KI gezielt, um nebst Desktop- auch erstmals allen Frontline-Mitarbeitenden den Zugang zu Echtzeit-Feedback und -entwicklung zu ermöglichen. Flowit befreit HR und Führungskräfte vom Administrationschaos und unterstützt im Alltag mit Automatismen, Echtzeitdaten und KI-Dashboards. So bleibt mehr Zeit für Active Leadership und die Bildung einer gesunden Unternehmenskultur. Seit dem Marktstart im September 2021 hat das Unternehmen bereits über 50 Kunden mit insgesamt mehr als 30 000 Mitarbeitenden gewonnen, welche die SaaS-Lösung nutzen und dadurch ihre Fluktuationskosten schon um bis zu 50 Prozent senken konnten. Den jährlich wiederkehrenden Umsatz konnte Flowit bootstrapped auf über 1,5 Millionen Franken. steigern. Flowit verfolgt eine klare Wachstumsstrategie und strebt bis 2030 einen Jahresumsatz von mehr als 100 Millionen an. Die zunehmende Bedeutung von Frontline-Mitarbeitenden und ein bemerkenswertes Wachstum unterstreichen das Erfolgspotenzial von Flowit.

Grosse Bühne für die nächste Generation

Seit einem Vierteljahrhundert werden am SEF vielversprechende junge Unternehmen ausgezeichnet. Zeit für eine Zwischenbilanz aus wirtschaftlicher Sicht.

JOST DUBACHER

Rund 50000 Unternehmen werden in der Schweiz Jahr für Jahr gegründet. Knapp die Hälfte von ihnen verschwindet rasch wieder, viele etablieren sich in einer Nische und einige werden zu dem, was man neuerdings Scale-up nennt; ein schnell wachsendes Jungunternehmen mit dem Potenzial, ganze Märkte, Branchen und Technologiefelder zu beeinflussen oder gar disruptiv zu verändern. Für sie kreierte das SEF vor 25 Jahren den «Swiss Economic Award». 1999 wurde er zum ersten Mal – damals noch unter dem Namen «Jungunternehmerpreis Schweiz» – verliehen. Seither gehört die Bekanntgabe der Sieger zu den traditionellen Höhepunkten des SEF. «Ein Auftritt auf der Hauptbühne in Interlaken verleiht eine hohe Sichtbarkeit in Wirtschaft, Medien und Gesellschaft», sagt Peter Hostettler, Mitgründer und ehemaliger Verwaltungsratspräsident des 2004 ausgezeichneten Medtech-Unternehmens Hocoma. Das Spin-off der Universität Zürich entwickelt Roboter, die Physiotherapeuten

Kategorie «Dienstleistung»

Mobileup

Mobileup wurde 2020 in Bern gegründet und hat sich als eine schnellst wachsende Plattform für wiederaufbereitete Elektronik in der Schweiz etabliert. Die Vision des Unternehmens: die Lebensdauer elektronischer Geräte zu maximieren und wiederaufbereitete Produkte zum neuen Standard zu machen. Dadurch wird nicht nur der Elektroschrott reduziert, sondern auch der CO2-Ausstoss erheblich gesenkt. Ein Algorithmus vergleicht Angebote für gebrauchte Geräte aus über 30 Quellen, um den Kunden das beste Angebot auf dem Markt zu machen. Der Verkauf erfolgt über acht Marktplätze, darunter Digitec und Manor. Partnerschaften mit der Schweizerischen Post, Swisscom, Mobilezone und PostFinance stärken ihre Position. Die Wachstumsstrategie sieht einen Jahresumsatz von 50 Millionen Franken vor, wobei die Marktführerschaft für wiederaufbereitete Elektronik in der Schweiz mit 10000 verkauften Geräten pro Monat und eine langfristige Profitabilität angestrebt werden. Das 18-köpfige Team setzt alles daran, für jedes neue elektronische Gerät eine nachhaltigere Alternative anbieten zu können.

Wagner, Fabrice Aeberhard und Peter Kaeser entwickelten ein Geschäftsmodell, das es ihnen erlaubt, im Hochlohnland Schweiz wettbewerbsfähige Sehhilfen zu produzieren.

Spektakuläre Deals und Börsengänge

Die Mehrzahl der 189 Finalisten befindet sich nach wie vor im Besitz der Gründer und ihrer Investoren. Acht Firmen gingen an die Börse und gut 40 wurden verkauft. Dabei kommt es regelmässig zu spektakulären Deals: Sevensense, ein Robotik-Startup mit Wurzeln in der ETH Zürich, gehört seit diesem Frühling der ABB; und die Basler BiotechFirma T3 Pharma ging letzten Novem-

bei der Bewegungsrehabilitation ihrer Patienten unterstützen. «Der SEF.Award öffnete uns viele Türen», erinnert sich Hostettler. Heute beschäftigt Hocoma über 100 Mitarbeitende und exportiert auf alle fünf Kontinente. Hocoma ist kein Einzelfall. Die knapp 200 Jungunternehmen, die seit 1999 das Finale des SEF.Award erreichten, schufen zusammen mehr als 15 000 Arbeitsplätze; wobei es sich in der Mehrheit um hochqualifizierte Stellen mit weit überdurchschnittlicher Wertschöpfung handelt. Der Preis wird traditionell in drei Kategorien vergeben: Dienstleistung, Deeptech/Lifesciences und Produktion/ Gewerbe. Die Aufteilung des Teilnehmerfeldes sorgt dafür, dass die Gewinner der SEF.Award nicht nur aus startupgetriebenen Branchen wie der Biotechnologie oder der Softwareentwicklung kommen.

Rolf Hiltl und die drei Gebrüder Reto, Christian und Daniel Frei stehen mit ihrer vegetarischen Restaurantkette Tibits für Innovationen im Dienstleistungssektor. Die Viu-Gründer Kilian

Teylor

Teylor, 2018 in Zürich gegründet, steht für eine revolutionäre Neuausrichtung der Finanzierung von KMU. Ihre Mission: den Zugang zu Firmenkrediten schneller und einfacher gestalten. Dadurch bieten sich Finanzinstituten und Kreditgebern attraktive Renditen und mehr Sicherheit. Der traditionelle Kreditmarkt ist geprägt von manuellen und veralteten Prozessen, die Firmenkredite für Banken unrentabel und für KMU bürokratisch machen. Hier setzt Teylor an: Sie digitalisiert und automatisiert den gesamten Lebenszyklus eines Kredits auf ihrer Plattform. KMU erhalten digitalen Zugang zu Finanzierungen, während Banken ihre Kreditprozesse auf der Plattform digitalisieren können. Somit schafft Teylor eine nahtlose Verbindung zwischen KMU, Finanzinstituten und Private-Debt-Investoren, was die Kreditvergabe deutlich effizienter macht. Teylor ist zu Europas grösster Fintech-Kreditplattform für KMU gewachsen. Ihre Software wurde bereits bei über einem Dutzend Finanzinstituten in ganz Europa implementiert. Doch damit nicht genug: Teylor baut ihre Plattform durch die Integration von KI-Funktionen kontinuierlich aus. Ihr Ziel ist die weltweite Marktführerschaft in der KMU-Finanzierung.

ber für einen dreistelligen Millionenbetrag an Boehringer Ingelheim. Rund ein Drittel der bisherigen Finalisten wuchsen oder wachsen organisch. Den anderen weit über 100 Unternehmen gelang es, zur Beschleunigung des Expansion Risikokapital anzuziehen. Auch in dieser Hinsicht ragen die von der SEF-Jury ausgezeichneten Firmen heraus: Business Angels und professionelle Investoren stellten ihnen zusammen gut 1,5 Milliarden Franken Eigenkapital zur Verfügung.

Das SEF honoriert herausragende unternehmerische Leistungen. Es bietet den Prämierten die Chance, Kontakte zu knüpfen und ihre Netzwerke auszubauen. Aber nicht nur das: Seit 2012 haben die Finalisten die Möglichkeit, ihre Expansions-

strategien von Expertinnen und Experten aus dem SEF-Netzwerk durchleuchten zu lassen. Bestehen die Gründerinnen und Gründer das Assessment, erhalten sie das «SEF.Growth High Potential Label»; ein Qualitätssiegel gegenüber Kunden, Partnern und Investoren. Die Wachstumsinitiative unter dem Namen SEF.Growth (siehe auch Artikel Seite 10) unterstützt jährlich gut 40 Jungunternehmen. Ist Knowhow in Sachen Medizintechnik, Corporate Governance und Finanzen gefragt, engagiert sich auch Peter Hostettler. Er und seine Mitgründer hätten enorm vom Finaleinzug der Hocoma profitiert, sagt der heute 57-jährige Award-Alumnus: «Diese Chance gebe ich gern auch an die nächste Unternehmergeneration.»

6 NZZ-Verlagsbeilage Swiss Economic Forum Samstag, 1. Juni 2024
SEF.Award-Gewinner 2021: GuestReady, Planted Foods und T3 Pharmaceuticals (v.l.n.r.). NZZ CONNECT
Die

des SEF.Award 2024

Katergorie «Deeptech/Lifesciences»

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Haya Therapeutics

Das 2019 gegründete Unternehmen Haya Therapeutics revolutioniert die Medizin mit Präzisions-RNA-Therapeutika, die das regulatorische Genom nutzen, um krankheitsverursachende Zellzustände umzuprogrammieren. Sein innovativer Ansatz zielt darauf ab, Fibrose und andere Krankheiten zu bekämpfen, indem lange, nicht kodierende RNAs angegriffen werden. Das Ziel ist es, krankheitsmodifizierende Therapeutika zu identifizieren und zu entwickeln, die das Potenzial haben, wirksamer, sicherer und leichter zugänglich zu sein als bestehende Behandlungen.

Das Unternehmen hat ein hervorragendes Team von 38 Mitarbeitenden an zwei Standorten, dem Biopole Campus in Lausanne (Schweiz) und den JLABs in San Diego (USA), aufgebaut und steht mit vielversprechenden Entwicklungen in den Bereichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Onkologie kurz vor dem Eintritt in die klinische Phase. Mit einem beeindruckenden Portfolio und einer starken Wachstumsstrategie ist Haya auf dem besten Weg, die Zukunft der Medizin zu gestalten. Es könnte die Art und Weise, wie wir Krankheiten behandeln, grundlegend verändern.

Neural Concept

Neural Concept wurde 2018 als Spin-off der EPFL in Lausanne gegründet und bietet führende Software, die KI in den Mittelpunkt des Produktentwicklungsprozesses von Ingenieurbüros stellt. Neural Concept nutzt die Rechenleistung von Deep Learning, um Ingenieurteams dabei zu helfen, Entwicklungszeiten um bis zu 75 Prozent zu verkürzen, Produkteigenschaften wie Effizienz, Sicherheit, Geschwindigkeit und Aerodynamik zu verbessern und ihnen zu ermöglichen, ihre Arbeit um das Zehnfache zu beschleunigen. Dies revolutioniert die Art und Weise, wie Ingenieure Produkte entwerfen, konstruieren und validieren, und ermöglicht, radikal innovative Lösungen schneller auf den Markt zu bringen.

Neural Concept wird von weltbekannten Investoren unterstützt und arbeitet mit 40 Prozent der grössten europäischen und asiatischen OEMs und 25 Prozent der 100 grössten Tier-1-Zulieferer zusammen. Das Unternehmen schliesst die Lücke zwischen leistungsstarken Rechenkapazitäten, erstklassigem technischen Know-how und einer Gemeinschaft engagierter und visionärer Anwender.

Kategorie «Produktion/Gewerbe»

Voliro

Mit seiner innovativen und einzigartigen Drohne, die speziell für taktile Arbeiten entwickelt wurde, verändert Voliro die Art und Weise, wie Inspektions-, Wartungs- und Reparaturarbeiten in der Höhe durchgeführt werden. Seit seinem Markteintritt im Jahr 2019 hat sich das Unternehmen als Pionier in der Entwicklung von Flugrobotern profiliert, die physische Arbeiten in der Luft ausführen können. Ihr charakteristisches Merkmal, ein kippbares Rotorsystem, ermöglicht es ihnen, gleichmässigen Druck auf Oberflächen auszuüben, was neue Möglichkeiten für Roboterarbeiten eröffnet. Die fortschrittliche 360°-Konstruktion der Drohne gewährleistet zudem einen stabilen Betrieb auf gekrümmten und geneigten Oberflächen. Mit der Unterzeichnung von 31 Jahresabonnements für seine Robotics-as-a-Service-Lösung in nur 14 Monaten hat Voliro bewiesen, dass seine Technologie nicht nur innovativ und anpassungsfähig ist, sondern auch auf eine starke Nachfrage stösst. Für die Zukunft hat sich Voliro zum Ziel gesetzt, seine Präsenz auf dem US-amerikanischen Markt auszubauen, der bereits grosses Interesse gezeigt hat und sich als das am schnellsten wachsende Segment für seine Angebote erweist.

Pflanzen für alle Daumenfarben – das war die Idee der 2019 gegründeten Feey in Flawil. Mit einem Team von rund 40 Mitarbeitenden bietet Feey nicht nur einen Onlineshop für Pflanzen, sondern auch Beratung und Kurse an. Ihre Vision: Pflanzensterben zu Hause und im Aussenbereich der Vergangenheit angehören lassen. Nach der Auswahl der passenden Pflanze mit dem Pflanzenfinder oder dem AR-Modell wird die Pflanze umgetopft, im passenden Übertopf und mit Pflegeanleitung gesund nach Hause geliefert. Durch eine spezialisierte Logistik, die Produktion von Töpfen und Pflegeprodukten sowie der eigenen «Vertical Farm» hat sich Feey als Marke etabliert, die Qualität, Preis/Leistung und Nachhaltigkeit vereint. Der Umsatz stieg von 500 000 Franken im Jahr 2020 auf 8 Millionen Franken im Jahr 2023. Hinzu kam eine Marktausweitung nach Deutschland und Österreich.

Für zukünftiges Wachstum plant Feey stetige Produkterweiterung sowie die weitere Internationalisierung und Stärkung des Markenwerts. Mit einer ausgewogenen Finanzierungsstrategie und einem Fokus auf Profitabilität und schnelles Wachstum will Feey die Pflanzenindustrie revolutionieren und weiter expandieren.

Neustark

Um das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen, ist neben der Minimierung von Treibhausgasemissionen auch die dauerhafte Entfernung grosser CO2-Mengen aus der Atmosphäre erforderlich. Neustark, 2019 in Bern gegründet, hat sich rasch zu einem führenden Anbieter im «Carbon Removal» entwickelt. Das Unternehmen hat eine hochqualifizierte, skalierbare Lösung erarbeitet, die CO2 in mineralischen Abfallströmen wie Abbruchbeton carbonatisiert. Es arbeitet mit Partnern aus der Biogas-, Recycling- und Bauindustrie zusammen und bietet CO2-Entfernungszertifikate an, um Firmen beim Ausgleichen ihrer schwer vermeidbaren Restemissionen zu unterstützen. Mit Carbon-Removal-Zertifikaten für fast 120 000 Tonnen, verkauft an Firmen wie UBS und Microsoft, zählt Neustark weltweit zu den Top 10. Zudem erzielt das Scale-up schon heute Wirkung: Etwas mehr als ein Jahr nach dem Start der ersten kommerziellen Anlagen hat Neustark bereits 1800 Tonnen CO2 dauerhaft entfernt. Mit dem Ziel, bis 2030 eine Million Tonnen CO2 zu beseitigen, verfolgt Neustark eine Cluster-Wachstumsstrategie in Europa und Nordamerika. Die 50 Mitarbeitenden stehen im Zentrum der Aktivitäten – geleitet von der Vision einer aussichtsreichen Zukunft für alle Generationen auf der Erde.

Qumea

Mit einem innovativen anonymen Überwachungssystem für Patientenzimmer leistet Qumea Pionierarbeit im Gesundheitswesen. Das intelligente System revolutioniert Pflegeprozesse durch proaktives Risikomanagement, Sturzprävention und medizinische Entscheidungsunterstützung. Durch die Bereitstellung frühzeitiger und umsetzbarer Informationen ermöglicht es Qumea dem Pflegepersonal, für die Patienten da zu sein, wenn sie Hilfe benötigen. Qumea wurde 2019 in Solothurn gegründet und ist in der Schweiz und international erfolgreich. 90 Gesundheitseinrichtungen setzen auf Qumea und erzielen nachweisbare Erfolge wie eine Reduktion der Sturzrate um 74 Prozent und Kosteneinsparungen von bis zu 40 000 Franken pro Station und Monat. Hinter diesem Erfolg steht ein engagiertes Team von 37 Expertinnen und Experten mit Sitz in Solothurn, Stockholm und Mannheim, darunter ehemalige Schlüsselmitarbeitende von renommierten Unternehmen wie Kry, Philips und Ascom sowie erfolgreiche Startup-Veteranen. Durch kontinuierliche Forschung und Entwicklung sowie den Ausbau strategischer Partnerschaften will Qumea seine Position als führender Anbieter in der Branche festigen.

Samstag, 1. Juni 2024 Swiss Economic Forum NZZ-Verlagsbeilage 7
Feey FOTOS: PATRIC SPAHNI

Herr Taleb, seit den Terroranschlägen vom 9. November 2001 scheint die Zahl dramatischer negativer Ereignisse stetig zuzunehmen. Die Welt erlebte die Finanzkrise von 2008, die Coronapandemie, die Wahl von Donald Trump, den Ukraine-Krieg und jetzt den Krieg in Gaza. Trifft dieser Eindruck zu und wie erklären Sie sich diese negative Entwicklung?

Der Eindruck ist falsch. Wir haben bloss einen verzerrten Blick auf die Welt. Ein Grund dafür ist, dass die Auswirkungen solcher Ereignisse heute viel stärker geworden sind.

Können Sie dafür ein Beispiel geben? Sicher! So konnte sich noch nie in der Geschichte der Menschheit ein Virus derart rasch ausbreiten wie das Coronavirus. Die Vernetzung der Welt hat Ausmasse angenommen, die historisch einmalig sind. Die Pest benötigte etwa 370 Jahre, bis sie, von Konstantinopel ausgehend, Nordengland erreichte. Corona verbreitete sich innert Wochen auf der ganzen Welt. Vergleichbar ist die Situation in der Wirtschaft. Für einen Musiker, der 1891 in Zürich lebte, stellte ein Musiker in Mailand vielleicht noch eine Konkurrenz dar, aber ein Musiker in Stockholm sicher nicht. Die Wirtschaft war damals lokal organisiert. Das änderte sich mit Herbert von Karajan, einem Dirigenten mit einem gewaltigen Ego. Dieser liess alle seine Konzerte aufnehmen und auf Schallplatten weltweit verbreiten. Damit konnte er seine Einkünfte gewaltig steigern. Diese globale Vernetzung sowie der «Winner takes all»-Effekt spielen in der heutigen Wirtschaft eine zentrale Rolle. Aber weshalb haben wir den Eindruck, dass die Zahl negativer Ereignisse deutlich zugenommen hat? Das ist nur unsere Perzeption. Die Welt hat sich nicht verändert, ausser dass die zunehmende globale Verflechtung die Folgen von Ereignissen innert kürzester Zeit multipliziert. Ich habe mich einmal mit der Frage beschäftigt, wie viele Kriege es auf der Welt gibt. Vor einigen Jahrzehnten hatten die Leute den Eindruck, dass die Zahl der Kriege weltweit abnehme, doch ich fand keinen statistischen Beleg dafür.

Dann befürchten Sie nicht, im Gegensatz zu vielen anderen heute, dass bald ein dritter Weltkrieg ausbrechen könnte?

Sehen Sie diese Tasse hier? Sie wurde in China hergestellt. Sehen Sie diesen Kugelschreiber? Er wurde in China hergestellt. Sehen Sie diesen Computer, über den wir uns gerade unterhalten? Er wurde in China hergestellt. Hätte jemand 1970 die industrielle Macht der USA zerstören wollen – was hätte er getan? Er hätte Orte wie Cincinnati, Buffalo, Cleveland, Detroit bombardiert. Heute müsste man dafür China bombardieren. Wie kann es einen Krieg zwischen den USA und China geben, wenn die USA sich selbst am meisten Schaden zufügen würden?

Aber der Krieg in der Ukraine passt nicht in dieses Bild! Auch da handelt es sich um eine Frage der Perzeption. Global gesehen ist Russland nicht enorm gross und die Ukraine ist noch kleiner. Für Menschen in Afrika oder Asien handelt es sich um einen Regionalkonflikt in Europa, mehr nicht. Dieser Krieg hat allerdings etwas anderes gezeigt: Der Westen hat seine militärischen Kapazitäten verloren. Er gerät rüstungsmässig immer mehr in Rückstand. Warum? Weil die Kosten für Waffensysteme im Westen unvergleichlich viel höher sind als in Russland oder China. Die iranischen Drohnen kosten pro Stück 10 000 Dollar; in den USA müsste man dafür vielleicht eine Million zahlen. Der Ukraine-Krieg zeigt vor allem eines: die Schwäche des Westens. Er hat die Ukraine mit enormen Mitteln unterstützt und dafür bisher nichts erhalten.

Für Sie hat sich die Welt gar nicht zum Schlechten verändert? Schon immer hatten die Menschen den Eindruck, dass die Gegenwart viel unsicherer sei als die Vergangenheit. Per Definition ist die Vergangenheit weniger unsicher als die Gegenwart, weil die Ereignisse ja geschehen sind. Unsicherheit kann da nicht mehr aufkommen. So glauben wir heute, dass der Zweite Weltkrieg eine lineare Abfolge von Ereignis-

«Heute

gilt als unsicher, was früher normal war»

Nassim Nicholas Taleb, Verfasser des legendären Buchs «Der schwarze Schwan», über die Unsicherheiten der heutigen Welt, die sinkende Risikobereitschaft und die Schwäche Europas.

sen war. Das war natürlich nicht so. Die Leute erlebten den Krieg als höchst unsicher und ungewiss.

Aber warum sind die Menschen vom Gegenteil überzeugt?

Unsere Standards von Sicherheit haben sich verändert. Heute gilt als unsicher, was früher normal war. Dies ist eine Folge unseres Perfektionsstrebens, aber auch von Gesetzen, Haftungsklagen, besseren Normen. Das heisst, dass wir heute viel risikoaverser geworden sind. Nicht die Ereignisse sind das Problem, sondern die abnehmende Risikobereitschaft.

Die Risiken schienen früher vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet zu lauern. Heute sind sie primär politischer Natur. China bedroht Taiwan, Russland greift ein Nachbarland an, Iran bombardiert Israel. Hat diese Verlagerung tatsächlich stattgefunden?

Ich glaube, dass Geopolitik überschätzt wird. Die heutige Welt ist enorm komplex. Geopolitik ist wie eine oberflächliche Erklärungsstruktur, welche wir über diese komplexe Welt stülpen. In Tat und Wahrheit wird der Gang der Dinge durch wirtschaftliche Interessen geprägt. Nicht Entscheidungen der Regierung bestimmen die Politik der USA, sondern das Bedürfnis der Leute, günstige Computer kaufen zu können.

«Nicht

die Ereignisse sind das Problem, sondern die abnehmende Risikobereitschaft.»

Aber diese wirtschaftlichen Verflechtungen nehmen doch gerade ab? Donald Trump hat es sich zum Ziel gesetzt, die Abhängigkeit der USA von China zu beenden und die industrielle Produktion wieder in die USA zurückzubringen. Leute sehen Trump als Politiker, der weit rechts aussen steht. Man glaubt auch, dass er die Kontrolle über sein politisches Handeln hat. Er hat aber null Kontrolle über seine Politik. Als Covid ausbrach, handelte er fast wie ein Kommunist. Er war der erste Präsident, der allen Bürgern einfach einen Check ins Haus schickte, schon fast wie ein bedingungsloses Grundeinkommen. Er reagiert wie alle anderen Politiker auf Ereignisse. Und das Rad der Globalisierung hat er nicht zurückgedreht. Diese hatte ja grosse positive Effekte. Millionen von Menschen weltweit gelangten deswegen aus der Armut. Die Schwachstelle allerdings war, und das hat Covid gezeigt: Das Wirtschaftssystem wurde fragiler. Jetzt sehen wir, wie Firmen ihre Lieferketten diversifizieren, um sie robuster zu machen. Früher verfügte eine Firma in der Schweiz vielleicht nur über einen einzigen Lieferanten in Wuhan. Heute arbeitet sie vielleicht immer noch mit diesem zusammen. Aber sie hat zusätzlich einen zweiten in Chile und einen dritten in Vietnam.

Zur Person

Nassim Nicholas Taleb, der in New York lebt, ist ein libanesisch-amerikanischer Schriftsteller und Essayist. Er wurde 1960 in Amioun (Libanon) geboren, studierte in Paris und in den USA und schrieb eine Dissertation über die Mathematik der Preisgestaltung von Derivaten. In seiner ersten Karriere arbeitete er bei verschiedenen Finanzinstitutionen im Bereich Derivate, unter anderem bei der Credit Suisse First Boston. Seine zweite Karriere als Forscher und Essayist startete mit dem Buch «Der schwarze Schwan», in dem es um Wahrscheinlichkeiten und Voraussagen und um den Umgang mit völlig unvorhersehbaren Ereignissen («schwarze Schwäne») geht. Das Buch erschien 2007. Ein Jahr später wurde die Welt von einem solchen schwarzen Schwan erschüttert: die Finanzkrise von 2008. Seither ist Taleb ein weltweit gefragter Forscher, Buchautor und Redner.

Was würden Sie denn einem Unternehmer sagen, der den Eindruck hat, dass die Risiken grösser werden und sein Geschäft schwieriger, weil er von Kriegen und Sanktionen und Protektionismus bedroht wird?

Ich sage ihm: Die Risiken liegen zu Hause, nicht im Ausland. Wir haben uns daran gewöhnt, die Welt durch eine eurozentrische Brille zu betrachten. Nimmt man aber das globale GDP vor hundert Jahren und vergleicht den Anteil der verschiedenen Weltregionen mit ihren heutigen Anteilen, dann sieht man, in welchem Ausmass der Anteil Europas gesunken ist. China hat seit 2009 sein GDP verdreifacht, die USA um 40 bis 50 Prozent. Und Europa? Fast nichts. Vielleicht sind die Europäer glücklicher, Sie haben vielleicht bessere Radwege. China ist dafür das Industriezentrum der Welt.

Diese Abhängigkeit beunruhigt aber die westlichen Länder immer mehr. Deswegen hält man nun dagegen. Die Investitionen in China werden zurückgefahren. Das wird das Wachstum von China bremsen. Aber nur marginal. Die Leute haben das Bewusstsein für Grössenverhältnisse verloren. Auch wenn China seit 2009 effektiv nur 27 Prozent gewachsen wäre und nicht 33, ist China immer noch viel stärker gewachsen als Europa. Und der Westen wird durch die Schuldenlast bei fehlendem Wachstum ruiniert. Die Verschuldung ist so gross geworden, dass Schulden zu immer mehr Schulden führen. Der Schuldendienst verschlingt mittlerweile gigantische Summen in den USA.

Wie soll sich der einzelne Unternehmer, die einzelne Unternehmerin in einer Welt wie der jetzigen verhalten? Gleich wie immer?

Für diese lautet die entscheidende Frage doch: Wo ist mein Markt?

Und wo ist er?

In China, in Südostasien, in Indien und Afrika. Hier wird das Wachstum in den nächsten 15 Jahren am grössten sein. Wenn ich Kugelschreiber produziere, werde ich meine Verkaufsanstrengungen nicht auf Norwegen konzentrieren, sondern auf diese Länder. Das ist eigentlich trivial. Aber die Leute denken nicht so. Sie sind im alten Denken verhaftet.

Zum Schluss eine unausweichliche Frage für einen Spezialisten für schwarze Schwäne: Wird Trump wiedergewählt?

Der Präsident der USA hat vor allem grossen Einfluss auf die Aussenpolitik. Doch die Bedeutung der Aussenpolitik wird überschätzt. Auch Trump wurde in seiner Amtszeit stärker von den Ereignissen getrieben, als dass er sie bestimmt hätte. In der Coronakrise hat er sich nicht viel anders verhalten, als sich Clinton oder Reagan verhalten hätten. Zwar hassten die Trump-Anhänger die Impfung. Aber es war Trump, der eine wichtige Rolle spielte, diese zu entwickeln. Ich glaube folglich, dass es eine weniger starke Rolle spielt, als wir glauben, ob er oder jemand anderes Präsident ist.

Interview: Felix E. Müller

Samstag, 1. Juni 2024 Swiss Economic Forum NZZ-Verlagsbeilage 9
Der libanesisch-amerikanische Schriftsteller Nassim Nicholas Taleb ist ein weltweit gefragter Autor und Redner. SARAH JOSEPHINE TALEB

SEF.Growth: Wachstumsunternehmen auf Erfolgskurs

Das SEF.Growth-Programm unterstützt seit seiner Einführung im Jahr 2012 wachstumsorientierte Jungunternehmen und KMU. Durch gezielte Unterstützung und die Bereitstellung von Wachstumskapital hat es über 100 Unternehmen geholfen, ihre Wachstumspläne umzusetzen und erfolgreich auf dem Markt zu agieren.

ALYSSIA KUGLER

Ein Unternehmen langfristig erfolgreich aufzubauen bringt diverse Herausforderungen mit sich. Insbesondere wenn das Wachstum für eine bessere Marktpositionierung oder Internationalisierung angekurbelt werden soll. Das SEF.GrowthProgramm unterstützt Jungunternehmen und KMU strategisch mit Expertise von Fachpersonen sowie Hands-on-Erfahrungswerten von Unternehmern dabei, Wachstumshürden zu überwinden. Sei es für die Wachstumsfinanzierung, die Vertrauensbildung im Markt oder die nötigen Kontakte, um die nächsten Meilensteine erreichen zu können.

200 Millionen Franken für 100 Startups

So haben sich 100 Schweizer Unternehmen mithilfe des SEF.Growth High Potential Label insgesamt über 200 Millionen Franken Wachstumskapital gesichert. Eines der ersten Unternehmen, das 2012 das SEF.Growth High Potential Label erhielt, war Hocoma von Gründer Peter Hostettler. «Im ersten Jahr des Programms haben wir nicht nur wertvolle strategische Einsichten erhalten, sondern auch von den Erfahrungen erfahrener Unternehmer profitiert. Diese direkten Rückmeldungen haben uns geholfen, unsere Geschäftsstrategie zu optimieren und unser Wachstumspotenzial voll auszuschöpfen», sagt er. In den zwölf Jahren seit 2012 hat sich das Angebot stets entlang der Bedürfnisse der Unternehmen weiterentwickelt mit Fach-Events, der SEF.Founder Conference und Netzwerk-Events. Die an den Events teilnehmenden Unternehmerinnen und Unternehmer bringen Wissen, Erfahrungswerte und Kontakte mit, womit sie sich im Rahmen der SEF.Founder Community auch gegenseitig unterstützen und weitervernetzen können. Auf Empfehlung des Gründers von Zippsafe bewarb sich Jerry Dreifuss, Gründer der Swiss Eyewear Group, für das Programm und hat es nicht bereut:

«Die Experten stellten die richtigen Fragen – auch kritische, die wir uns vorher nie gestellt hatten. Sie brachten uns dazu, die eigene Firmenblindheit zu überwinden und unsere Abläufe aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Wir haben nun eine ganze To-do-Liste, die sich aus der Bewertung ergibt, wie z.B. den Aufbau eines Beirats.»

Massgeschneiderte Unterstützung für Unternehmen

SEF.Growth pflegt den persönlichen Kontakt mit den Gründerinnen und Gründern langfristig, wobei es im Falle von Peter Hostettler sogar dazu gekommen ist, dass er selbst zu einem SEF. Growth-Experten wurde. Nach seinem eigenen Erfolg und mit seinem Erfahrungsschatz hilft er in diesem Rahmen nun weiteren Jungunternehmerinnen und Jungunternehmern bei strategischen Themen. «Die wertvollste Ausbildung während des Aufbaus meines Unternehmens war der stetige Austausch mit Unternehmerpersönlichkeiten und anderen Startups. Die grosse Freude an diesem Austausch hat mich nach dem Austritt aus der eigenen Firma dazu bewogen, weiterhin mit jungen Unternehmen zu arbeiten und diese unter anderem auch als Experte für SEF.Growth zu unterstützen. Und dabei auch selber immer wieder viel zu lernen.» Ein zentrales Element von SEF. Growth ist die individuelle Begleitung der teilnehmenden Unternehmen. Die erfahrenen Coaches bringen tiefgehende Branchenkenntnisse und wertvolle Kontakte mit. Diese Experten helfen den Jungunternehmen und KMU, ihre Geschäftsmodelle zu schärfen, Markteintrittsstrategien zu entwickeln und finanzielle Herausforderungen zu meistern. Die Beratung ist dabei stets praxisorientiert und auf die spezifischen Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens zugeschnitten. Ob es um die Optimierung interner Prozesse, die Skalierung des Geschäfts oder die Internationalisierung geht – die Coaches stehen den Unternehmen mit Rat und Tat zur Seite.

Erfolgreiche Zusammenarbeit und Austausch

Das Fintech Yokoy hatte Anfang dieses Jahres das SEF.Growth High Potential Label erhalten und ist somit eines der jüngsten Labelempfänger. Co-Founder und CEO Philippe Sahli unterstreicht die Bedeutung des Netzwerks, das SEF.Growth bietet: «Die Möglichkeit, an Best Practice Events teilzunehmen und sich mit Experten und anderen Gründern auszutauschen, hat uns wertvolle Einblicke gegeben und unsere Perspektive erweitert. Das Label hat nicht nur unsere Glaubwürdigkeit gesteigert, sondern auch neue Kooperationsmöglichkeiten eröffnet.»

Die Erfahrungen von Jungunternehmern, die das begehrte SEF.Growth High Potential Label erhalten haben, sprechen Bände über den Wert des Programms. Michael Born, CEO von PXL Vision und Dacuda, betont: «Das Label war ein wichtiger Meilenstein für uns. Es hat nicht nur unser Profil gestärkt, sondern auch den Zugang zu Kapital und neuen Geschäftsmöglichkeiten erleichtert.» Dies war wohl auch der Grund, warum er sich mit beiden seiner gegründeten Firmen für das Label bewarb.

Die meisten Gründer sind immer noch männlich

Dass die Jungunternehmerszene weiterhin stark männlich dominiert ist, fällt auch im Umfeld von SEF.Growth auf. Ein Bruchteil der evaluierten Unternehmen haben eine Frau im Gründungsteam. Eines von wenigen Unternehmen, die von einer Frau gegründet wurden, ist das Startup Superlab Suisse. Superlab Suisse standardisiert Laborräumlichkeiten, baut ein Netz von solchen Laboren weltweit auf und bietet es zur Co-Nutzung an. Die Gründerin Xi Zhang versteht, warum es so wenig Frauen in der Gründerszene gibt. «Man spürt in der Schweiz, dass die Gesellschaft tendenziell weibliche Gründer kritischer betrachtet. Unternehmertum ist hart, aber

weibliches Unternehmertum ist noch viel härter. Deshalb ist es selten und muss geschützt und unterstützt werden», sagt Xi. Für Xi kommt es daher nicht in Frage, aufzugeben, auch weil ihre Vision und das Umfeld, in welchem sie arbeitet, tägliche Inspiration ist. «Wir sind überzeugt, dass weibliche Gründer in der Jungunternehmerszene entscheidend sind, um mehr weiblich geführte Startups hervorzubringen», sagt Lukas Frösch, bei NZZ verantwortlich für die Jungunternehmerinitiativen. «Startups, die für SEF.Growth qualifizieren, sind bereits zu weit fortgeschritten, um das Gründungsteam nachträglich zu diversifizieren. Unsere Expertinnen und Experten achten aber darauf, zumindest beim Auf- und Ausbau des Advisory Boards oder des Verwaltungsrats Diversität zu fordern und entsprechend mit Kontakten zu unterstützen.»

SEF.Growth Community an der Gründerinnenkonferenz

Die SEF.Founder Conference, der exklusivste Gründer-Event der Schweiz, findet am 6. Juni 2024 in Interlaken statt. Unter dem Motto «When the going gets tough» beleuchtet die Konferenz, wie junge Unternehmen Herausforderungen meistern und sich an ständig wechselnde Bedingungen anpassen können. Dieses Event verspricht wertvolle Einblicke und aussergewöhnliche Networking-Möglichkeiten. Zu den Programm-Highlights gehört die Keynote von Ori Goshen, Co-Founder und Co-CEO von AI21 Labs, der über seine Erfolgsgeschichte und den Umgang mit schwierigen Zeiten spricht.

Im SEF.Growth Fireside Chat teilen Cyrill Gyger und Anna Windisch von Qumea ihre Erfahrungen über Ausdauer und Durchhaltevermögen. Im Mental Health Panel diskutieren Barbara Studer, Levent Künzi und Kevin Baxpehler die Bedeutung von mentaler Gesundheit in der Unternehmensführung. Hanna Olzon Åkerström, Co-Founder, Co-CEO und Creative Director bei

Soeder, präsentiert ihre Founder-Story und zeigt auf, wie man Herausforderungen erfolgreich überwindet. Neben den inspirierenden Vorträgen und Diskussionen bietet die SEF.Founder Conference eine einzigartige Plattform für Networking. Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, neue Partnerschaften zu knüpfen und am exklusiven Netzwerkabend des Swiss Economic Forum teilzunehmen. Die Teilnahme erfolgt nur auf Einladung und richtet sich an Mitglieder der SEF.Founder Community, ausgewählte Startups und Multiplikatoren aus dem Ökosystem.

So unterstützt SEF.Growth

Das SEF.Growth-Programm unterstützt Jungunternehmen und KMU bei der Überwindung von Wachstumshürden. Seit 2012 haben wir über 100 Unternehmen unterstützt und ihnen ermöglicht, mehr als 200 Millionen Franken Wachstumskapital zu sichern. Das Programm bietet eine breite Palette von Dienstleistungen, die auf die Bedürfnisse von Wachstumsunternehmen zugeschnitten sind: von der Validierung über Strategiebeurteilungen bis hin zur Finanzund Rechtsberatung durch erfahrene Experten und Partner. Nach erfolgreicher Evaluierung stärkt die Auszeichnung mit dem SEF.Growth High Potential Label die Marktposition. SEF.Growth organisiert gemeinsam mit Partnern regelmässig Best Practice Events, die exklusive Einblicke, praktische Tipps für den Skalierungsprozess und den Austausch mit Experten und anderen Gründerinnen bieten.

Infos und Anmeldung: sef-growth.ch

10 NZZ-Verlagsbeilage Swiss Economic Forum Samstag, 1. Juni 2024
Hocoma wurde von Peter Hostettler gegründet. ESTHER HOSTETTLER Xi Zhang hat das Startup Superlab Suisse gegründet. SUPERLAB SUISSE
«Ich

erwarte, dass künftige Systeme besser erkennen, was sie nicht wissen»

AI21 Labs, ein 2017 gegründetes israelisches Startup, steht an der Spitze der Entwicklung aufgabenspezifischer Modelle für künstliche Intelligenz (KI). Co-Founder und Co-CEO Ori Goshen skizziert in seiner Keynote an der SEF. Founder Conference Möglichkeiten und Grenzen.

Herr Goshen, generative KI, Large Language Models und Natural Language Procession sind heutzutage in aller Munde. In welchen Bereichen ist AI21 Labs aktiv?

AI21 konzentriert sich auf textbasierte Modelle und geschäftsorientierte Anwendungsfälle zur Steigerung der Produktivität. Unsere Vision ist es, KI in die nächste Phase zu führen: KI für das 21. Jahrhundert. Wir kombinieren neuronale Netze mit symbolischer KI, die deterministischer ist, zu einer neurosymbolischen KI. Unser Ziel ist es, ein Zuverlässigkeitsniveau zu erreichen, das für unternehmenskritische Anwendungen erforderlich ist. Wir erwarten, dass diese Modelle als Finanzoder Gesundheitsberater fungieren, müssen jedoch sicherstellen, dass sie keine Fehlinformationen liefern.

Wie unterscheiden sich ihre Modelle von anderen Modellen wie ChatGPT?

Die gängige Praxis bei generativen KI- und LLM-Modellen besteht heute darin, sehr umfangreiche Modelle zu trainieren, die einem allgemeinen Zweck dienen. Durch diesen Trainingsprozess gewinnen sie allgemeines Wissen. Auch wir bauen diese Grundmodelle auf und destillieren sie in kleinere Versionen, die auf bestimmte Aufgaben spezialisiert sind. Zum Beispiel ein KISystem, das auf die Zusammenfassung von Finanzberichten spezialisiert ist. Es wird keine Gedichte für Sie schreiben, aber es wird Finanzberichte in extrem hoher Qualität zusammenfassen.

Wie stellen Sie sich die Zukunft der Mensch-Computer-Interaktion vor und welche Rolle spielen Sie dabei? Ich halte menschliche Interaktion für sehr wichtig und glaube, dass dieser Bereich noch zu wenig erforscht ist. Heute ist die Interaktion einseitig: Der Nutzer stellt eine Frage, und das System liefert ein Ergebnis, das überprüft werden muss. Ich stelle mir vor, dass diese Werkzeuge dialogisch genutzt werden, mit mehr Kontext und qualitativ besseren Antworten. Zukünftig könnten Wearables alles aufzeichnen und Modelle mit relevantem Kontext versorgen. Künftige Systeme werden besser erkennen, was sie nicht wissen, und nach fehlenden Informationen fragen, um hochwertige Antworten zu liefern. Es gibt jedoch immer eine Verzögerung zwischen technologischer Bereitschaft und Nutzerakzeptanz.

Sie haben Ihr erstes Unternehmen vor etwa 15 Jahren gegründet und eine mobile App zur Messung der Strahlenbelastung auf den Markt gebracht. Sie

Sie haben kürzlich ein neues Produkt in einer Forschungsversion auf den Markt gebracht ... Vor etwa zwei Monaten veröffentlichten wir Jamba als Open-Source-Version, damit Entwickler es nutzen und anpassen konnten. Einen Monat später folgte eine professionelle Version, die Anweisungen befolgt und Dialoge ermöglicht. Jamba steht für Joint Attention und Mamba. «Attention» bezieht sich auf die Transformer-Architektur hinter den meisten Sprachmodellen, die bei grösseren Eingaben an Geschwindigkeit verliert und teuer zu kompensieren ist. Vor sechs Monaten veröffentlichten Forscher der Carnegie Mellon University und der Princeton University die alternative Architektur Mamba, die parallelisiert werden kann und höhere Leistung bietet, aber an Qualität einbüsst. Wir haben eine Methode entwickelt, die die Vorteile beider Ansätze kombiniert.

«Wir sind eine Marke der Stadt Zürich»

«Zukünftig könnten Wearables alles aufzeichnen und Modelle mit Kontext versorgen.»

scheinen im Herzen Ingenieur zu sein und sind jetzt Co-CEO von AI21 Labs. Wie hat sich Ihre Rolle im Laufe der Jahre verändert?

Ich habe einen technischen Hintergrund und eine Leidenschaft für Unternehmertum. 2007 entwickelte ich Fring, eine der ersten VOIP-Messaging-Anwendungen für Mobiltelefone, die am ersten Tag über 100 000 Nutzer erreichte. Diese Erfahrung prägte meine Karriere und zeigte mir die Wirkung zugänglicher Technologie. Später gründete ich CrowdX, eine Software zur Messung von Strahlenbelastung, die jedoch schwer zu monetarisieren war. Wir entwickelten eine Analyseplattform für Netzbetreiber und führten das Unternehmen sieben Jahre, bis es mit einem anderen israelischen Unternehmen fusionierte, das später von Qualcomm übernommen wurde. Danach suchte ich nach der nächsten Technologie, die die Welt verändern würde. 2017 traf ich Yoav Shoham, einen Professor für künstliche Intelligenz, und wir gründeten das Unternehmen. Früh kam Amnon Shashua, Professor für maschinel-

les Lernen und Gründer von Mobileye, als Co-Founder hinzu. Seit wir AI21 gegründet haben, sind Yoav und ich beide als Co-CEO tätig. Das funktioniert sehr gut.

Sie sind eines der wenigen KI-Labors weltweit, aber wahrscheinlich das einzige in Israel. Wie wirkt sich die aktuelle Situation auf Sie und das israelische Ökosystem aus? Es ist eine schwierige Zeit für das Land, aber die Menschen sind widerstandsfähig und engagiert. Wir suchen Wege, mit der Krise umzugehen. Nach dem 7. Oktober wurden Mitarbeiter einberufen, was grosse Unsicherheit und Herausforderungen für die Unternehmensführung mit sich brachte. Die Leute arbeiten tagsüber im Reservedienst und nachts, um das Unternehmen am Laufen zu halten. Es ist beeindruckend, wie die Teams diese Herausforderung meistern. Wir alle im Ökosystem bemühen uns, sicherzustellen, dass israelische Technologie weiterhin funktioniert und sich weiterentwickelt.

Interview: Lukas Frösch

Ein neuer Hauptsitz in Zürich-Altstetten, ein neuer Laden im renovierten Südteil des Zürcher HB und zahlreiche Gespräche über neue Partnerschaften – Soeder ist längst kein Startup mehr.

LUKAS FRÖSCH

Bei Soeder hat sich einiges getan. Das Unternehmen hat sich in den letzten Jahren intern klare Strukturen und Verantwortlichkeiten verpasst und mit dem Umzug nach acht Jahren Zwischennutzung in Schwerzenbach auch in Bezug auf die Räumlichkeiten professionell aufgestellt. Die erfolgreiche Gründerstory begann 2013, als Hanna und Johann Olzon Åkerström Soeder gegründet haben.

Weil sie wissen wollten, woher die Rohstoffe kommen, und die gesamte Herstellungskette verfolgbar sein soll, war für sie klar, dass sie selbst produzieren würden. Welches Produkt, wussten sie zu Beginn aber noch nicht. «Wir hatten viele Ideen: soziale Projekte, Häuser oder auch Wasserflaschen.» Dass es Seife sein soll, war dann das Ergebnis eines 18-monatigen Findungsprozesses. Entscheidend war, dass ihr Produkt ein Verbesserungs-

potenzial beinhaltet und man es täglich braucht. Ausgehend von der Frage, was Seife eigentlich ist, haben die beiden angefangen, mit Öl und Lauge zu experimentieren. Das Resultat ist eine antibakterielle Seife, wie es sie seit 5000 Jahren gibt, die jedoch in der Mitte des 21. Jahr-

hunderts durch Industrievarianten verdrängt wurde. In den Produkten von Soeder sind unter anderem Honig, Weizenproteine und ätherische Öle enthalten. «Uns war wichtig, dass es nicht einfach nur eine Seife ist. Es soll eine Pflege für die Haut sein und einen neuen Genuss beim Händewaschen bringen.»

Heute beschäftigt Soeder rund 80 Personen, hat drei eigene Läden, fünf Shop-in-Shops und beliefert rund 800 weitere Verkaufsstellen mit ihren Produkten. Teil der Kultur von Soeder sind der direkte Kundenkontakt und die schwedische Herkunft der Gründer. Hanna stellt aber klar: «Wir sind eine Schweizer Firma. Wir sind zwar Schweden, die Swissness überwiegt aber – auch in den Werten unserer Produkte.» Damit einher geht auch der hohe Anspruch der beiden an die Nachhaltigkeit. Konsequenz dieser Haltung ist, dass Produkte, die diese Anforderung nicht erfüllen, nicht mehr produziert werden

und höhere Herstellungskosten in Kauf genommen werden: «Wo Soeder draufsteht, ist auch tatsächlich Soeder drin.» Die steigende Nachfrage bestätigt Soeder in dieser Haltung und auch die Trends messen den Themen Nachhaltigkeit, Qualität der Rohstoffe und Transparenz eine zunehmende Bedeutung bei. Daneben wird für Kunden von Soeder neben der visuellen Identität auch eine Duftidentität immer wichtiger. Neben Spezialdüften bei Seifen sind dies Raumdüfte, die aufgrund der flüchtigen ätherischen Öle die Firma

vor ganz neue Herausforderungen stellen, oder auch Putzartikel, die im täglichen Einsatz wiederum andere Anforderungen erfüllen müssen.

Viele Einwohner der Stadt Zürich sehen Soeder als «ihre» Seife, dem will das Unternehmen Rechnung tragen –mit dem Hauptsitz in der Stadt und dem Laden im Hauptbahnhof. Die Verbundenheit mit ihren Kundinnen und Kunden liegt Hanna Olzon Åkerström am Herzen und ins Herz geschlossen haben die Produkte längst nicht nur die Zürcherinnen und Zürcher.

Samstag, 1. Juni 2024 Swiss Economic Forum NZZ-Verlagsbeilage 11
Hanna und Johann Olzon Åkerström haben Soeder 2013 gegründet. FOTOS: PD Die Seife von Soeder ist inzwischen weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Ori Goshen ist Co-Founder und Co-CEO von AI21 Labs. OMER HACOHEN

Was braucht es, um langfristig innovativ zu sein?

Entschlossenheit und Kollaboration.

Die Helbling Gruppe steht als Innovationspartnerin seit über 60 Jahren an der Seite von Unternehmen.

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MIRKO PLÜSS

Es besteht ein Risiko, dass Turbulenzen in den internationalen Handelsbeziehungen auch die Schweizer KMU betreffen. ADOBE STOCK

Für Schweizer KMU ist das Gebot der Stunde, in Szenarien zu denken

Die weltwirtschaftlichen Aussichten sind so volatil wie lange nicht mehr. Wo die Reise hingeht, ist offen. Schweizer Firmen sind Taktnehmer der globalen Wirtschaft, was also können sie überhaupt tun?

Die Analyse über globale Gefahren und Chancen muss immer wieder neu geschrieben werden. Alle paar Monate legt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ein Update der «konjunkturellen Risikolandschaft» vor. Kurz zusammengefasst finden die Experten des Bundes momentan: Die Lage ist einigermassen düster. Es geht um Kriege und Konflikte und das Risiko stark steigender Rohstoffpreise. Es geht um Inflation und restriktive Geldpolitik, welche die globale Nachfrage weiter bremsen könnten. Und es geht um ganz konkrete Gefahren, teils in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. So wird das Szenario durchgespielt, wonach sich die deutsche Industrie nochmals deutlich abschwächen könnte, was diesbezüglich exponierte Bereiche der Schweizer Wirtschaft hart treffen würde. Aktuell hat sich die weltwirtschaftliche Lage laut dem Seco zwar leicht stabilisiert. Doch die Grundherausforderung bleibt: Ein oder zwei unvorhergesehene Ereignisse können momentan das ganze System zum Erzittern bringen. Bereits die Coronapandemie zeigte schmerzlich auf, wie verzahnt die internationalen Produktions- und Lieferketten sind. Der Ukraine-Krieg und seine Folgen haben dies nochmals eindrücklich vor Augen geführt. Und über dieser Risikolandschaft hängen wie ein Damoklesschwert die globale Erwärmung und vor allem die überraschenden Erwärmungssprünge der letzten 14 Monate in den Ozeanen und an Land, zu denen ein renommierter Klimaforscher wie Reto Knutti sagt, er könne sich darauf noch keinen wirklichen Reim machen.

Weniger Abhängigkeit

Ist das zu viel Fatalismus? Nicht unbedingt, findet Martin Wörter, Ökonomieprofessor an der ETH Zürich und Leiter der Division Innovationsökonomik

der Konjunkturforschungsstelle KOF. «Momentan herrscht ein politisches und wirtschaftliches Unsicherheitsmoment vor, das wir schon lange nicht mehr hatten», sagt Wörter. «Corona und die dadurch angeknacksten Handelsbeziehungen hallen weiter nach, hinzu kommen die Kriege in Osteuropa und Nahost, der schwelende Konflikt mit dem Iran und die ökonomischen Verwerfungen zwischen China und den USA.» Es bestehe ein gewisses Risiko, dass Turbulenzen in den internationalen Handelsbeziehungen auch die Schweizer KMU betreffen, sagt Wörter. «Wir sprechen von Entwicklungen, auf welche die KMU nicht unmittelbar Einfluss nehmen können. Sie sind oftmals stark in ihre Lieferketten eingebettet.»

Was also können KMU überhaupt tun? Wörter pocht auf mehr Resilienz. «Wer von einem einzigen Produzenten abhängig ist – und dieser allenfalls noch aus einer problematischen Weltregion stammt, sollte versuchen, die Abhängigkeit zu reduzieren, beispielsweise durch Diversifikation.» Auch wenn die derzeitige Lage stabil sei, müsse man dabei mittel- und langfristig denken: «Diversifizierung macht die Sache natürlich teurer, aber wenn es zu starken Verwerfungen kommt, ist es immer noch günstiger, als die möglichen Folgekosten zahlen zu müssen.»

Einige Unternehmen haben dies bereits in den letzten Jahren erkannt und nach kreativen Ansätzen gehandelt. So gibt es asiatisch ausgerichtete Firmen, die sich nicht mehr nur auf ihren Standort in China verlassen, sondern einen Teil der Produktion ins regionale Umland ausgelagert haben. Beispielsweise nach Vietnam oder Thailand. Man spricht dabei von einer Regionalisierung im internationalen Handel. Der zweite Punkt laut Wörter: die Innovationskraft hochhalten. Hier präzisiert der Ökonom: «Die Schweiz ist bei Innovationsindizes immer noch top, doch wenn man genauer hinsieht,

Bereits die Coronapandemie zeigte auf, wie verzahnt die internationalen Produktions- und Lieferketten sind.

zeigt sich ein differenzierteres Bild.» Eine KOF-Analyse der letzten zwanzig Jahre macht deutlich, dass der Anteil von Schweizer Firmen, die Forschung und Entwicklung betreiben, stetig abnimmt. «Unternehmen müssen im Vergleich zu früher zudem weitaus grössere Anstrengungen erbringen, um ihren Innovationserfolg konstant halten zu können – das vermutlich auch wegen der zunehmenden internationalen Konkurrenz, beispielsweise aus Asien», sagt Wörter. Er ruft dazu auf, Entwicklungen zu antizipieren und in Szenarien zu denken. «Grosse IT-Unternehmen wie Amazon, Apple oder Google diversifizieren immer stärker in andere Branchen hinein. Apple macht Banking, Google geht in den Reisesektor, das sind bedeutende Umwälzungen.» Angestammte Unternehmen in diesen Sektoren sollten diese Entwicklung nicht passiv abwarten, sondern sich bereits jetzt überlegen, wie sie auch in Zukunft neben neuen Branchenriesen bestehen können.

Wo die Schweizer Wirtschaft gesamthaft noch einen Schritt nach vorne machen könne, ist laut Erkenntnissen der Konjunkturforschungsstelle bei der Digitalisierung. Zwar sind viele Industriefirmen bei der Automatisierung vorne mit dabei. Doch ein Hearing mit

60-KMU-Vertretern zeigte auch, dass die Möglichkeiten von Big Data in Unternehmen noch nicht wirklich verstanden werden. Schweizer Firmen sitzen teils auf einem grossen Datenschatz bezüglich ihrer globalen Kundschaft, doch ihnen fehlen qualifizierte Mitarbeiter, welche diese Daten auch auswerten können. «Da ist auch die Politik gefragt, damit die IT-Bildung auf ein neues Niveau gelangt», sagt Wörter.

«Wie langsames Velofahren»

Die grösste Schwierigkeit, insbesondere für die Schweizer Industrie, bestehe zurzeit darin, dass einem die Entscheide so schwer gemacht würden, sagt Fredy Hasenmaile, Chefökonom der Genossenschaftsbank Raiffeisen. «Gesamtwirtschaftlich wächst die Schweiz nur mit halber Kraft – im Dienstleistungssektor läuft’s gut, doch die Industrie steckt in der Rezession», sagt Hasenmaile. «Es ist also wie langsames Velofahren, was ja deutlich schwieriger ist, als still zu stehen oder schnell zu fahren.»

Es gehe um diffizile Fragen wie jene, ob man bereits wieder investieren oder bei schrumpfendem Auftragsbuch tatsächlich Personal freistellen wolle. «Vielleicht lohnt es sich, noch etwas durchzuhalten. Denn in Zeiten des Fachkräftemangels kann man die Leute auch nicht von einem Tag auf den anderen wieder zurückholen.» Resilienz sei wichtig, ebenso das Denken in Szenarien und insbesondere in nicht ganz so optimistischen Szenarien, sagt Hasenmaile. «Aber klar ist: Resilienz kostet. Wer präventiv investiert oder mehr Produkte an Lager halten will, zahlt zunächst drauf.»

Hasenmaile plädiert deshalb für mehr Mut bei Investitionsentscheiden. Denn trotz aller Krisenherde spürt Hasenmaile ein optimistisches Momentum, was die Weltwirtschaft betrifft. «Ja, die Friedensdividende ist aufgebraucht und der Kalte Krieg ist auch wirtschaft-

lich zurück», sagt Hasenmaile. «Aber die globale Wirtschaft scheint für mich derzeit eher auf dem Weg zu einem ‹soft landing› zu sein, ich beobachte eine gewisse Belebung.»

Tatsächlich lassen sich derzeit auch positive Anzeichen finden. So ist unter anderem beim Einkaufsmanagerindex, einem wichtigen Frühindikator der Konjunkturentwicklung, eine Verbesserung zu beobachten. Analysten schauen beispielsweise auch auf die ContainerUmschlagszahlen der grössten Häfen der Welt. Auch diese zeigen seit Anfang 2023 bis in diesen Frühling einen stetigen Anstieg.

Ein halb volles Glas für KMU Im letzten Herbst spürte man davon, zumindest in der Schweiz, wenig. Tausende Menschen verloren hierzulande ihren Job, unter anderem in der Werbewirtschaft und in der Industrie. Droht dieses Jahr kein ähnliches Szenario? Sind die Massenentlassungen passé? «Kurzzeitig war die Stimmung tatsächlich schlecht», sagt Hasenmaile. «Das hat sich aber wieder in ganzer Breite gelegt. Firmen, die gröbere Probleme haben, haben diese meistens schon eine ganze Weile mit sich herumgetragen.» Hasenmaile sieht eine Reihe positiver Signale. Zum Beispiel jenes, dass das Niveau der Strom- und Gaspreise – und zwar insbesondere die Terminpreise – wieder stark gesunken ist. «Das sollte auch den energieintensiven Branchen, die sehr gelitten haben, Luft verschaffen.»

Die globale Wirtschaft sei derzeit ein halb volles Glas, so Hasenmaile. Nun müssten die Schweizer KMU versuchen, aus diesem halb vollen Glas das Optimum herauszuholen. «Ein weiterer Tipp von mir wäre: das Selbstbewusstsein behalten. Gerade Schweizer Firmen haben stets bewiesen, dass sie geschmeidig durch multiple Krisen kommen können.»

Samstag, 1. Juni 2024 Swiss Economic Forum NZZ-Verlagsbeilage 13

Celonis Day Zurich

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13. Juni 2024

Auf die Haltung zur Innovation kommt es an

Die Schweizer Wirtschaft kann darauf bauen, innovativ zu sein. Doch dabei muss sie noch entschlossener und kollaborativer handeln.

NICOLAS SCHÄRER

Innovativ zu sein, das hat die Schweizer Wirtschaft schon früher durch Krisen gebracht und das kann ihr auch künftig helfen. Die Privatwirtschaft stemmt über zwei Drittel der 22 Milliarden Franken, die jährlich dafür ausgegeben werden, zu forschen und zu entwickeln. Das restliche Drittel bringen hauptsächlich Hochschulen auf. Mit diesem wettbewerblich ausgerichteten Innovationssystem positioniert sich die Schweiz international überdurchschnittlich gut.

Helbling begleitet und unterstützt Kunden dabei, entschlossen zu innovieren.

Dennoch gilt es, wachsam zu sein: Unternehmen müssen sich nicht nur vor geopolitischen Risiken wappnen, sondern auch darauf einstellen, dass immer stärker reguliert wird. Es stellt sich zunehmend herausfordernd dar, mit leistungsfähigen internationalen Technologiestandorten zu konkurrieren. Das gelingt nur mithilfe neuer, stark datengetriebener Produkte und Dienstleistungen. Helbling trägt als Innovationspartner dazu bei, in diesem Umfeld erfolgreich zu sein. Denn es ist nur möglich, neue Chancen wahrzunehmen, wenn immer spezialisierter inno-

viert wird. Und dafür müssen Unternehmen insbesondere entschlossen und kollaborativ handeln.

Entschlossen und methodisch

Erstens zählt entschlossenes Vorgehen –das heisst, methodisch und zugleich mutig voranzugehen. Schauen wir auf den technologischen Wandel mit den TopThemen künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit. Um hier eine Idee so weit zu bringen, dass sie marktreif ist, müssen Unternehmen fachkundig agieren, infrastrukturtechnisch aktuell ausgerüstet sein und ihre Innovationskultur lebendig halten. Dazu gehört unter anderem, divers zusammengesetzte und interdisziplinäre Teams methodisch durch einen flexibel gestalteten Innovationsprozess zu leiten. Helbling realisiert genau das, um mehrwert- und kundenorientiert zu arbeiten, und kann dabei auf langjährige Erfahrungen zurückgreifen. In Projekten kooperieren Fachleute aus über 20 Disziplinen. Helbling ist vorne dabei, wenn es um hochmoderne Infrastruktur geht und auch darum, methodisch innovativ zu sein.

Zudem nimmt Helbling Nachhaltigkeit ernst: Schon lange wird dies in allen Prozessen berücksichtigt und wurde zum 60. Jubiläum 2023 noch weiter verankert im Claim «Innovating a sustainable future». Danach arbeiten alle Unternehmensbereiche: Helbling Technik, wo es um konkrete Produktinnovationen geht, die Unternehmensberatung, die Beratung und Bauplanung und der Bereich PLM-Solutions, der sich auf den Produktlebenszyklus fokussiert.

Besserer KI-Einsatz mit Process Mining

Kollaborativ und vertrauenswürdig

Wer innovativ sein will, muss zweitens immer stärker kollaborativ denken und handeln. Mit Dritten zusammenzuarbeiten fördert Ideenvielfalt und hilft, ressourcenschonender zu wirtschaften. In diesem Sinne begleitet und unterstützt Helbling Kunden dabei, entschlossen zu innovieren. Helbling ergänzt Know-how durch dezidiertes Fachwissen, Ressourcen, Prozesse und Infrastruktur. Und das regulatorisch kompetent sowie vertrauenswürdig, um das kundeneigene geistige Eigentum zu schützen. So vorzugehen funktioniert. Über 70 Prozent des Umsatzes wird bei Helbling mit bestehenden und häufig sogar langjährigen Kunden erzielt. Angetrieben wird das Schweizer Innovationsökosystem aber auch durch die dynamische Startup-Szene. Gründerinnen und Gründer können dabei immer stärker darauf bauen, von etablierten Unternehmen unterstützt zu werden. Helbling engagiert sich aktiv in zahlreichen Startup-Initiativen – in diesem Jahr beispielsweise als Partner und Jurymitglied des Swiss Economic Award des Swiss Economic Forum. Viele der hierfür nominierten Unternehmen glänzen dadurch, dass sie sowohl lösungs- als auch netzwerkorientiert arbeiten. Genau dieser Kollaborationsgeist trägt in den letzten Jahren immer mehr dazu bei, innovativ zu bleiben. Es braucht mehr davon, um weiterhin optimistisch in die Zukunft blicken zu können.

Nicolas Schärer ist Mitglied der Geschäftsleitung und Partner bei Helbling.

Process Mining optimiert Geschäftsabläufe. Die neueste Generation der Technologie ermöglicht es nun ausserdem, KI-Anwendungen effizienter zu nutzen.

VINCENT LEBER

Immer mehr Schweizer Unternehmen setzen auf Process Mining, um produktiver zu sein, effizienter zu arbeiten und Lieferketten resilienter zu gestalten –und somit der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein. Der Siegeszug der KI liefert Unternehmen einen weiteren Grund, sich mit der Technologie zu befassen: Denn deren neueste Generation ist zugleich ein Enabler für den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). War Process Mining lange auf die Analyse einzelner Abläufe limitiert, hat sich sein Funktionsumfang mittlerweile drastisch erweitert: Mit der jüngsten Entwicklungsstufe, dem Object-Centric Process Mining (OCPM), können Unternehmen nun ihre gesamten End-to-End-Prozesse betrachten – vom Einkauf und der Beschaffung über die Logistik und die Produktion bis hin zur Auslieferung an den Kunden, den Service und die Finanzprozesse. In Verbindung mit einem einheitlichen Datenmodell ermöglicht es der objektzentrierte Ansatz, jederzeit die Perspektive zu wechseln. So können Unternehmen Abläufe auch aus der Sicht von Maschinen, Gütern oder Rechnungen betrachten und dadurch in Echtzeit Einblicke in den tatsächlichen Prozessverlauf

bekommen. Das so erzeugte Abbild wird zu einem digitalen Zwilling der Organisation, mit dem sich Abläufe prozessübergreifend erfassen, analysieren, modellieren und kontinuierlich optimieren lassen. Daraus resultieren häufig massive Einsparungen, bei grossen Konzernen teils in dreistelliger Millionenhöhe.

Prozessintelligenz als Enabler für KI

Angesichts des Vormarsches von Large Language Models (LLMs) und generativer KI kommt der Prozessintelligenz moderner Process-Mining-Plattformen eine weitere Schlüsselrolle zu: Häufig ist sie es, die den zuverlässigen Einsatz dieser neuen KI-Tools überhaupt erst ermöglicht. Einerseits durch das Bereitstellen des erforderlichen Prozesswissens, andererseits durch ein einheitliches Datenmodell und entsprechende Schnittstellen. Diese beiden Aspekte bilden die Grundvoraussetzung dafür, dass auch LLMs valide Ergebnisse liefern können. Ohne sie drohen falsche oder irreführende Resultate, sogenannte Halluzinationen – ein K.o.-Kriterium für den Einsatz in kritischen Unternehmensbereichen.

Die Einbindung von LLMs kann Anwendern zudem die Interaktion mit der

Process Mining auf einen Blick

Process Mining funktioniert wie ein

Röntgengerät für Prozesse: Die Technologie führt Daten aus zahlreichen Quellsystemen zusammen, reichert sie mit zusätzlichen Informationen aus internen und externen Quellen an und analysiert sie. So erhalten Unterneh-

men in Echtzeit einen ganzheitlichen Überblick über ihre Prozesse. Die Technologie macht Ineffizienzen, Schwachstellen und Engpässe sichtbar und hilft Unternehmen mit (teil-)automatisierten Vorschlägen, ihre Prozesse effizienter zu gestalten.

End-to-End-Prozesse von Unternehmen in Echtzeit betrachten.

Software erleichtern. Dies versetzt auch nicht IT-affine User in die Lage, Process Mining zu nutzen, um Ineffizienzen in Geschäftsabläufen zu beseitigen und das Potenzial der Technologie auszuschöpfen.

Prozessoptimierung:

Top-Priorität für Firmen Nicht zuletzt aufgrund der Chancen, die sich aus dem Zusammenspiel von Prozessintelligenz und KI-Tools ergeben, sehen Experten in Process Mining eine der wichtigsten Zukunftstechnologien für mittelständische und grosse Unternehmen. Dies belegt auch die Tatsache, dass die Analysten von Gartner der Technologie seit vergangenem Jahr

einen eigenen «Magic Quadrant» widmen. Sie prognostizieren, dass bis 2026 rund 25 Prozent aller Unternehmen weltweit Process-Mining-Plattformen als ersten Schritt zur Schaffung eines digitalen Zwillings für Geschäftsabläufe einsetzen und damit den Weg zu autonomen Geschäftsabläufen ebnen.

Am 13. Juni findet der Celonis Day in Zürich statt. Dort geben Kunden und Experten aus den Bereichen Fertigung, Supply Chain Management und Finanzen Einblicke, wie Unternehmen Ineffizienzen in ihren Geschäftsabläufen beheben und das Potenzial von KI nutzen können.

Vincent Leber ist Vice President & Country Leader Schweiz bei Celonis.

Samstag, 1. Juni 2024 Swiss Economic Forum NZZ-Verlagsbeilage 15
durch Entschlossenheit und Kollaboration. HELBLING Bei Prozesseffizienz besteht oft eine Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis. CELONIS
Innovativ

Bringing Swiss Innovation to Life inspire – connect – spark

21. & 22. November 2024 | Kongresshaus Zürich

1000 innovative Köpfe aus der Schweizer Wirtschaft und Wissenschaft

Als wegweisende Innovations-Community und Dialogplattform der Schweiz fördern wir den Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft und zeigen auf, wie die neuesten Forschungserkenntnisse in unternehmerische Angebote integriert werden können.

Unser Ziel ist es, führende Schweizer KMU, Start-ups & Investoren, Grosskonzerne, innovative Köpfe aus der Wissenschaft und TopTalente der nächsten Generation zusammenzubringen, um den Weg für Kooperationen zu ebnen und dadurch die führende Rolle der Schweiz als innovativer und erfolgreicher Markt zu sichern.

ETH Industry Day

Entdecke neueste Forschung, vielversprechende Technologien und Top-Spin-offs

Swiss Technology Award

Feiere mit uns die 36. Verleihung des bedeutendsten Technologiepreises der Schweiz

Speaker

Thomas Zurbuchen

Professor und Direktor, ETH Zürich | Space

200

Highlights

Verena Pausder Vorstandsvorsitzende, Startup-Verband Deutschland

Interaktive Erlebnisse

Tauche ein in die 50 innovativsten Projekte der Schweiz in verschiedenen Erlebniszonen

Søren Mose Verwaltungsratspräsident, TWINT AG Content

Gemeinsam mit der Swisscom verlosen wir unter den ersten 100 Käufern eines Konferenz-Tickets 20 x 2 Tickets für das Filmfestival Locarno 2024!

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Herr Michel, das Motto des diesjährigen SEF lautet «When the going get’s tough». Teilen Sie den Eindruck, dass es auch schon einfachere Zeiten gegeben hat?

Unternehmerinnen und Unternehmer müssen stets versuchen, Herr der Lage zu sein. Mit den aktuellen Herausforderungen wie dem starken Schweizer Franken, angespannten Lieferketten, höheren Energiepreisen, Arbeitskräftemangel, immer mehr Vorschriften sowie einer möglichen Erosion der bilateralen Verträge ist es aber zurzeit in der Tat sehr anspruchsvoll. Und dann die unsäglichen Angriffe auf die freie Marktwirtschaft! Viele Unternehmer und Unternehmerinnen in der Schweiz verstehen sich schon lange als soziale Arbeitgeber, die ihre Mitarbeitenden fair und gleich behandeln, die Diversität in den Teams fördern, die ihre Geschäftsmodelle umkrempeln, um nachhaltiger zu werden und CO2 zu reduzieren. Gender-Beauftragte, Gewerkschaften und Klimaüberregulierung bringen wenig und führen zu grossem administrativem Aufwand. Die Balance zu halten zwischen innovativem Unternehmertum und steigenden sozialen und ökologischen Anforderungen ist eine immer grössere Herausforderung.

Die globalpolitischen Probleme sind offensichtlich. Aber wie ist die Lage in der Schweiz? Mir bereitet der Krieg in Europa Sorgen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Schweiz direkt oder indirekt in einen Konflikt verwickelt werden wird, steigt. Neuralgische Punkte wie die Stromdrehscheibe in Laufenburg oder das Rechenzentrum von Swift in Diessenhofen sind – neben gross angelegten Cyberangriffen auf unsere Kerninfrastrukturen – durchaus mögliche Ziele, um Europa weiter zu destabilisieren. Wir müssen also dringend in unsere Sicherheit investieren. Weil die zusätzlichen Auslagen in die Milliarden gehen, können diese trotz Sparprogramm des Bundesrates nicht aus dem normalen Budget finanziert werden. Als verantwortungsvoller Unternehmer bin ich deshalb bereit, hier meinen Beitrag zu leisten und für eine gewisse Zeit höhere Steuern für Sicherheit und Frieden in Europa zu akzeptieren.

Neben dem Wiedererlangen der Verteidigungsfähigkeit brauchen wir langfristig aber auch Lösungen für noch grössere Migrationsströme aus dem Süden. Denn hier sind wir erst am Anfang. Unser wirtschaftlicher Erfolg und die globale Erwärmung werden wie damals während der letzten Eiszeit – einfach umgekehrt – zu Völkerwanderungen führen, wenn wir die Bedingungen vor Ort in Afrika und dem Mittleren Osten nicht verbessern. Das geht nur zusammen in der Staatengemeinschaft. Deshalb war die Klimakonferenz von Paris so wichtig. Ich bin überzeugt, dass wir die Klimaerwärmung durch Umdenken, Dekarbonisierung und Technik in den Griff bekommen werden und so eine Hauptursache für Migration bekämpfen können.

Sie sind Unternehmer. Was bedeutet diese Problemlage für Leute wie Sie? Wer sich nicht anpassen kann oder will, wird über kurz oder lang auf der Strecke bleiben. Man sollte weniger negativ sein und aufhören, sich ständig zu beschweren, sondern selbst Veränderungen herbeiführen. Das bedeutet auch, dass man sich als Unternehmer arrangiert, nicht zuwartet und dass man auch schwierige Entscheide fällt. So haben wir bei Ypsomed vor sechs bis sieben Jahren begonnen, vermehrt im Ausland, in Deutschland, Spanien, Tschechien, China und Mexiko, zu investieren. Die Lohnkosten sind in diesen Ländern zum Teil wesentlich tiefer, man kann bauen, ohne dass es Einsprachen von Nachbarn geben könnte, und es gibt auch keine Diskussionen über zu viele Fachkräfte aus dem Ausland. Gleichzeitig hat Ypsomed mehrere hundert Millionen Franken in die Automatisierung investiert und in der Schweiz vor allem Stellen mit höherer Wertschöpfung, also in der Forschung, in der IT und im Bereich der Digitalisierung geschaffen. So sind in den letzten zehn Jahren gegen 1000 hochwertige Stellen in Burgdorf und Solothurn entstanden.

Sie haben nun einige Male angetönt, dass die Schweiz auch unter hausgemachten Problemen leidet. Welchen?

«Wir müssen dringend in unsere Sicherheit investieren»

Simon Michel ist FDP-Nationalrat und leitet das weltweit führende Familienunternehmen Ypsomed, das sich auf die Herstellung von Infusionssystemen für die Selbstverabreichung von flüssigen Medikamenten spezialisiert hat. Grosse Herausforderungen sieht er in der Balance zwischen Innovation und steigenden sozialen und ökologischen Anforderungen.

Ich stehe hinter unserem demokratischen Staatssystem, es hat viele Vorteile, führt zu breit abgestützten und ausgewogenen Entscheiden. Aber es macht uns auch langsam und träge. Jede und jeder kann immer und überall mitreden. Das bremst. In unserer immer schneller werdenden Welt ist das ein Problem. Die Agilität ist deutlich gesunken. In unserem Geschäft haben wir eine gewisse Planbarkeit, aber Flexibilität bauen wir uns nicht mehr in der Schweiz auf, sondern an Standorten im Ausland.

Aber ist das Leben für Unternehmer und Unternehmerinnen nicht einfacher geworden? Wenn es strub kommt, wird heute doch der Staat alle retten –das Yoga-Studio während Corona, die Grossbanken, wenn das Management versagt?

Ich bin gegen Industrie- und Wirtschaftspolitik. Sie verzerrt und ist nicht nachhaltig. Ich bin noch heute

«Jede und jeder kann immer und überall mitreden. Das bremst.»

mehr der Fall. Von den 246 Parlamentarierinnen und Parlamentarier sind rund 70 Berufspolitiker, 50 Landwirte oder Agronomen, 44 Juristen und bloss 40 Unternehmerinnen und Unternehmer, wobei von denen bloss rund ein Dutzend mehr als einen Mitarbeitenden haben. Unternehmer und insbesondere Vertreter von grossen Unternehmen sind also untervertreten. Auf der anderen Seite repräsentieren viele Kolleginnen und Kollegen im Rat Verbände, die indirekt die Interessen von Wirtschaftszweigen einbringen. Grundsätzlich fühle ich mich von den meisten willkommen geheissen und spüre Freude, dass ich mich engagiere.

Wie wichtig sind die Beziehungen zur EU für Sie als Unternehmer?

Die Schweiz ist keine Insel. Die EU ist mit Abstand unser wichtigster Handelspartner. Freihandelsverträge mit Ländern wie Indien sind wichtig, aber wir dürfen uns nicht einer Illusion hingeben: Wir machen 70 Mal mehr Umsatz mit der EU als mit Indien. Die bilateralen Verträge geben uns ungehinderten Zugang zum grössten Binnenmarkt der Welt, was elementar ist, weil drei Viertel aller in der Schweiz hergestellten Produkte reguliert sind und eine Zulassung benötigen. Aufgrund der Bilateralen I kann ein in der Schweiz zugelassenes Produkt ungehindert in ganz Europa verkauft werden und umgekehrt. Das ist mit simplen Freihandelsverträgen wie mit Indien nicht gegeben, dort muss man immer noch vor Ort aufwendige, zum Teil mehrjährige Zulassungsverfahren durchlaufen. Wenn wir diese gute Zusammenarbeit auch in Zukunft wollen, dann müssen wir der Weiterentwicklung der Bilateralen zustimmen. Wir nennen dieses Vorhaben die Bilateralen III, weil wir, zusätzlich zu den bestehenden, zwei neue Verträge verhandeln. Wichtig ist hier das Stromabkommen, damit wir ungehinderten Zugang zum europäischen Stromnetz erhalten, was unsere Versorgungssicherheit deutlich erhöhen wird. Das ist für unsere Wirtschaft und unser Land überlebenswichtig, stellen wir doch die eigenen AKW in absehbarer Zeit ab. Das SEF-Motto trifft ja auch ein wenig auf Ihre Partei, die FDP, zu. Wo harzt es denn?

Die FDP war jahrzehntelang die treibende Kraft dafür, dass die Schweiz so ist, wie sie ist – ein Land, in welchem Frieden, Wohlstand und Mitsprache herrschen. Die Grundwerte, die seit jeher vom Freisinn vertreten wurden, sind zur DNA unseres Landes geworden. Ich finde aber auch, dass die FDP wieder in die Deutungshoheit kommen muss. Wir müssen proaktiver und mutiger werden. Abwarten und reagieren passt nicht zu einer Partei, die neben dem Mittelstand insbesondere auch Unternehmerinnen und Unternehmer vertreten will. Die FDP ist mit 15% Wähleranteilen aber keine staatstragende Partei mehr, also müssen wir nicht mehr versuchen, es immer allen recht zu machen. Wir wollen lösungsorientiert sein und Kompromisse eingehen, wie das im Wirtschaftsleben auch der Fall ist. Da gibt es auch nur selten Verträge, die zu 100% unsere Wünsche erfüllen.

Interview: Felix E. Müller

schockiert, wenn ich daran denke, wie viele KMU und Gastronomiebetriebe ohne ein Polster von drei bis vier Monaten Liquidität gewirtschaftet haben. Man kann nicht bei jeder Turbulenz nach Vater Staat rufen. Auf der anderen Seite war der Lockdown brutal und dauerte lange. Ich hoffe, dass diese Episode für viele Unternehmen eine Lehre war und sie ihre Reserven und Lager vergrössert haben. Bei den Grossbanken ist das eine andere Sache: Hier wurden über Jahre grobe Fehler gemacht. Die Verwaltungsräte dieser Gesellschaften sind zur Rechenschaft zu ziehen. Das muss aber das Aktionariat entscheiden.

Sie sind neu ins Parlament gewählt worden. Können Sie bereits ein Urteil abgeben, ob dort die Anliegen der Wirtschaft Gehör finden? Parlamente sollen die Bevölkerung repräsentieren. Das ist heute leider nicht

Zur Person

Simon Michel wurde 1977 geboren und lebt in der Stadt Solothurn. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder im Teenageralter. Nach einem Wirtschaftsstudium in St. Gallen trat er 2006 in die Firma seines Vaters Willy Michel ein, der die Firma Ypsomed gegründet hat. Die Firma ist weltweit führend in der Herstellung von Infusionssystemen für die Selbstverabreichung von flüssigen Medikamenten, etwa zur Behandlung von Diabetes. 2014 wurde Simon Michel CEO, später zusätzlich auch Verwaltungsrat von Ypsomed. Die börsenkotierte Firma beschäftigt rund 2100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seit 2023 ist Simon Michel als Mitglied der FDP Mitglied des Nationalrats. Im Militär bekleidet er den Rang eines Majors.

Samstag,
Juni 2024 Swiss Economic Forum NZZ-Verlagsbeilage 17
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PD
Simon Michel ist CEO und Mitglied des Verwaltungsrates von Ypsomed.

Growth-Academy: Wegweiser zum Erfolg für Schweizer Startups

Der Durchbruch eines Startups auf dem wettbewerbsintensiven Markt ist keine Selbstverständlichkeit. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg ist das Erreichen des sogenannten Product-Market-Fit (PMF).

LUKAS FRÖSCH

Dieses Konzept beschreibt den Moment, in dem ein Produkt perfekt auf die Bedürfnisse des Marktes abgestimmt ist und somit das Potenzial für skalierbares Wachstum entfaltet. Allerdings schaffen es nur 10 Prozent der Startups, diesen entscheidenden Punkt zu erreichen. Hier setzt die PMF-Factory an und bietet nun ihre systematische und messbare Methodik im Rahmen einer GrowthAcademy zusammen mit NZZ Connect auch in der Schweiz an.

Die PMF-Factory hat eine Methode entwickelt, die Startups in die Lage versetzt, den Product-Market-Fit selbst zu analysieren und zu optimieren. Anstatt sich auf externe Bewertungen zu verlassen, können Unternehmen ihre eigenen Stärken und Schwächen identifizieren und gezielt an diesen arbeiten. Diese Selbstanalyse ermöglicht es Jungunternehmen, fundierte Entscheidungen zu treffen und den richtigen Zeitpunkt für die Skalierung ihres Geschäfts zu bestimmen. Dies ist besonders wichtig, da eine vorzeitige Skalierung oft zu den Hauptgründen für das Scheitern vieler Startups zählt.

Mit der Growth-Academy bietet die PMF-Factory eine einzigartige Gelegenheit für Schweizer Jungunternehmen, von dieser Methodik zu profitieren. Die Teilnahme an der Academy bedeutet nicht nur den Zugang zu wert-

vollem Wissen und Ressourcen, sondern auch die Möglichkeit, Teil einer wachsenden Community von Unternehmern zu werden, die sich gegenseitig unterstützen und inspirieren.

Förderung von Unternehmertum

Die Förderung von Unternehmertum in der Schweiz ist ein zentrales Ziel der PMF-Factory. Mit der Einführung der Growth-Academy wird dieses Ziel direkt unterstützt. Die Academy ergänzt bestehende Programme wie die SEF.Academy am Swiss Economic Forum und die NZZ Academy, die 2025 lanciert wird. Ein besonderes Highlight der Growth-Academy ist die Einbindung in bestehende Veranstaltungen, was den Teilnehmenden zusätzlich wertvolle Netzwerkmöglichkeiten bietet.

Die Methodik der PMF-Factory zielt darauf ab, die Erfolgschancen von Startups zu verdreifachen und die Misserfolgsquote deutlich zu reduzieren. Eine klare Strategie zur Erreichung des Product-Market-Fit ist entscheidend, und die Growth-Academy vermittelt genau dieses Wissen. Die Teilnehmenden lernen, wie sie ihre Produkte und Dienstleistungen so entwickeln und positionieren können, dass sie den Bedürfnissen des Marktes entsprechen und nachhaltiges Wachstum ermöglichen.

Erneuerbare Mobilität für die Schweiz

Mit der Zusammenführung der Sektoren Energie und Mobilität hat sich die Amag Gruppe als Wegbereiterin einer erneuerbaren Schweizer Mobilitätslandschaft positioniert.

DOMINIK MATE

Als Anbieterin von individueller erneuerbarer Mobilität hat sich die Amag Gruppe zum Ziel gesetzt, eine breite Palette an bedürfnisgerechten, flexiblen und emissionsarmen Mobilitätslösungen anzubieten. Das Mobilitätsbedürfnis der Schweizerinnen und Schweizer wächst seit Jahren, doch gleichzeitig ist der Mobilitätssektor auch einer der grössten Treibhausgasverursacher der Schweiz. Um das vom Bund gesteckte Ziel «Netto-Null» bis zum Jahr 2050 zu erreichen, sind neue Lösungen dringend erforderlich. Die Elektromobilität und erneuerbare Energien sind dabei essenzielle Bestandteile dieser nachhaltigen Veränderung.

Um langfristig ihre Innovationsfähigkeit zu gewährleisten und eine attraktive Arbeitgeberin in der Schweiz zu bleiben, will die Amag Gruppe weiterhin profitabel wachsen. Dabei gilt es, das Kerngeschäft zu sichern sowie neue Geschäftsfelder zu erschliessen. Mit dem Kauf der Helion Energy im Jahr 2022 und deren erfolgreicher Integration in die Amag Gruppe hat die das Unternehmen die Sektoren Energie und Mobilität verbunden und den Weg für die erneuerbare Mobilität in der Schweiz geebnet.

Massnahmen für den Klimaschutz

Erneuerbare Mobilität steht für Mobilität mit erneuerbaren Energien und möglichst geringen Treibhausgasemissionen. Dies beinhaltet nicht nur den Einsatz von Elektrofahrzeugen, die mit Strom aus erneuerbaren Quellen geladen werden, sondern auch eine emissionsarme Produktion und Lieferung, die Nutzung von synthetischen Treibstoffen und bedürfnisgerechter Mobilitätsformen wie Abo-Modellen oder «On-Demand»-Angeboten. Erneuerbare Mobilität erfordert zudem eine

Um das vom Bund gesteckte Ziel «Netto-Null» bis zum Jahr 2050 zu erreichen, sind neue Lösungen dringend erforderlich.

intelligente Vernetzung und Steuerung der verschiedenen Verkehrsmittel. Dies ist entscheidend, um eine optimale Auslastung und Effizienz zu erreichen. Mit all diesen Massnahmen leistet die Amag einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Verbesserung der Lebensqualität. Um Kundinnen und Kunden für die erneuerbare Mobilität zu begeistern, bietet die Amag Gruppe flexible Angebote im Handel an, mit Leasing-, Shared-Mobility- sowie Abo-Lösungen und Vermietung für Private und Unternehmen. Durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur und der Produktion von mehr erneuerbarer Energie durch Photovoltaik werden die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen. Ein Beispiel dafür ist der Solartarif der Helion Energy: Dieser garantiert Besitzerinnen und Besitzern von Solaranlagen die Abnahme des überzählig produzierten Solarstroms zu einem Fixpreis. Unternehmen erhalten dann die Möglichkeit, diesen erneuerbaren So-

Die Growth-Academy adressiert damit eine Lücke in der europäischen Startup-Landschaft: die interne Analyse und Optimierung von Parametern, die vom Unternehmen selbst beeinflusst werden können. Diese Dimension wird in Investitionsüberlegungen oft vernachlässigt, obwohl sie entscheidend für den langfristigen Erfolg ist.

Erfolgsaussichten von Experten beurteilen lassen

Schweizer Jungunternehmen, die sich für die Growth-Academy bewerben, erhalten nicht nur eine fundierte Ausbildung in der Methodik des Product-Market-Fit, sondern profitieren auch von einer externen Expertenbeurteilung ihrer Erfolgsaussichten. Zusammen bietet dies eine ganzheitliche Perspektive und erhöht die Chancen auf zukünftige Finanzierungsrunden erheblich.

In einer Welt, in der 85 Prozent der Startups keine klare Strategie zur Erreichung des Product-Market-Fit haben, bietet die PMF-Factory mit ihrer Growth-Academy eine wegweisende Lösung. Nutzen Sie diese einzigartige Gelegenheit, um Ihr Startup schneller und effizienter skalierfähig zu machen.

Bewerben Sie sich noch heute über den QR-Code für ein Selektionsgespräch und weiterführende Informationen zur Growth-Academy.

larstrom für ihre Bedürfnisse zu erwerben. Als Teil der erneuerbaren Mobilität spielt auch die vernetzte Kommunikation zwischen Auto, Ladestation und Energieanbieter eine zentrale Rolle. Die Ladekartenlösung charge:ON von Helion Energy kann in der Schweiz an über 13 000 und im Ausland an rund 400 000 Ladestationen verwendet werden.

Dominik Mate ist bei der Group Communication der Amag Gruppe tätig.

18 NZZ-Verlagsbeilage Swiss Economic Forum Samstag, 1. Juni 2024
Bei erneuerbarer Mobilität spielt die Kommunikation zwischen Auto, Ladestation und Energieanbieter eine wichtige Rolle. AMAG Jetzt QR-Code scannen und bewerben Der Product-Market-Fit (PMF) beschreibt den Moment, in dem ein Produkt das Potenzial für skalierbares Wachstum entfaltet. ZID, MICHAEL SAUTER

Sie leuchten hell –und bleiben oft unbeachtet

Als heimliche Marktführer produzieren sie Uhren, die ohne Strom Licht abgeben, ästhetische Sonnenstoren oder High-End-Nahrungsmitteltechnologie für Milliarden von Menschen: drei wenig bekannte Schweizer Firmen mit nicht alltäglichen Profilen.

MIRKO PLÜSS

Der deutsche Unternehmer Hermann Simon hat eine besondere Leidenschaft. Er spürt sogenannte «hidden champions» auf. Darunter versteht man KMU oder auch grössere Familienunternehmen, die in ihrer Branche zwar marktführend, aber in der Öffentlichkeit wenig bekannt sind. Stille, aber höchst erfolgreiche Schaffer. Wie Simon schon vor Jahren feststellte, finden sich viele dieser «hidden champions» in der Schweiz. Warum ist das so?

Simon nennt als Erklärung den relativ kleinen Schweizer Heimmarkt, welcher die Unternehmen schon seit jeher dazu zwang, auf eine bedeutende Menge an Export zu setzen. Dass dies die Innovationskraft befeuert, lässt sich an zahlreichen Beispielen belegen. Tatsächlich ist die aus dem Exportgeschäft erwachsene Internationalisierung beachtlich. Über alle Unternehmensgrössen hinweg gesehen, exportieren nur Firmen aus Irland, Tschechien und Belgien mehr als jene aus der Schweiz.

Betrachtet man drei Firmen, die Mb-microtec, die Griesser Group und Bühler etwas genauer, fallen weitere Charakteristika der «hidden champions» ins Auge. In solchen Firmen scheint ein ungebrochener Wille zu Innovation und Diversifizierung zu bestehen.

Mb-microtec: Eine magisch anmutende Technologie

Im Produktionsgebäude der Mb-microtec im bernischen Niederwangen herrscht Unterdruck. Grund ist ein ganz spezielles Gas, welches nicht nach draussen entweichen soll: Tritium. Es ist schwach radioaktiv und wird in den Labors der Firma in Uhren und Apparaturen verbaut, damit deren Anzeigen zu jeder Zeit auch in der Dunkelheit abgelesen werden können.

Konkret hantieren die Angestellten mit kleinen Glasröhrchen. Diese werden mit Zinksulfid beschichtet und anschliessend mit dem Tritiumgas befüllt. So werden die vom Tritium ausgestrahlten Elektronen als helles Leuchten sichtbar. Entsprechend verarbeitete Uhren leuchten stabil über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg, ohne dass man auch nur einmal eine Batterie auswechseln müsste.

Bei der Selbstleuchttechnologie Trigalight im Miniaturformat ist die Firma mit rund 85 Mitarbeitenden Marktführerin. Tausende mit Trigalight befüllte Uhren werden jedes Jahr unter dem eigenen Markennamen Traser in der ganzen Welt verkauft, daneben findet sich Trigalight auch in anderen Uhrenmarken, Flugzeug-Cockpits, in Feldstechern oder in Waffenvisieren. In Sicherheitskreisen ist die Firma seit jeher bekannt, eher selten kommt ihr indes öffentliche Beachtung zuteil.

Der Physiker Oskar Thüler erfand die Technologie in den 1960er-Jahren. Einer der ersten grossen Aufträge: die Versorgung des Schweizer Sturmgewehrs mit Leuchtelementen. Auch 55 Jahre nach ihrer Gründung ist das Aktionariat der Mb-microtec noch immer in Familienhand.

Obwohl CEO Roger Siegenthaler sich konstant eines Umsatzes im zweistelligen Millionenbereich erfreuen kann, sieht er dunkle Wolken aufziehen. «Bezüglich Kaufkraft brechen Märkte wie die USA oder China gerade vor unseren Augen zusammen», sagt Siegenthaler. Vor allem die Uhrenindustrie sei stark betroffen. «Die Exportzahlen bei den Uhren gingen im März und April dieses Jahres um rund 16 Prozent über alle Preisklassen zurück, das haben wir seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr gesehen.»

Die Exporte zu diversifizieren, ist für Mb-microtec schwer, da die Firma bereits in vielen Märkten Fuss gefasst hat.

Deshalb hat Siegenthaler das Projekt Branchendiversifizierung gestartet. «Wir suchen stetig neue Branchen, in denen der Einbau unserer Produkte Sinn machen könnte. Überall dort, wo Dunkelheit herrscht und konstantes, batterieloses Licht gefragt ist.»

Griesser Group: Sonnenschutz mit ästhetischem Anspruch Im thurgauischen Aadorf, gleich an der Grenze zum Kanton Zürich, nahm vor 142 Jahren eine ausserordentliche Firmenhistorie ihren Anfang. Es brauchte einen selbstständigen Handwerker, Anton Griesser, dessen Kauf einer eigenen Werkstatt und die zündende Idee: die Verbreitung von bis dahin praktisch unbekannten Rollläden in der Schweiz. Die Rollläden oder Storen ersetzten nach und nach die Klappläden aus Holz, die zuvor seit der Römerzeit konkurrenzlos Anwendung gefunden hatten. Heute ist die Griesser Group im europäischen Markt für Sonnenschutzlösungen von Fenstern und Terrassen eines der führenden Unternehmen, mit einem aktuellen Umsatz von 324,5 Millionen Franken. Doch selbst in der Ostschweiz, wo die Firma heute noch einen ihrer sechs Produktionsstandorte unterhält, ist die Bekanntheit des Unternehmens überschaubar. Dabei ist sie in 30 Ländern vertreten und beschäftigt über 1500 Mitarbeitende, davon 800 in der Schweiz. Ein prägendes Merkmal der Firma sei die stetige Weiterentwicklung der Produkte, sagt Urs Neuhauser, CEO der Griesser Group. «Mit unserer Solarkollektion lancierten wir kürzlich solarbetriebene Rollläden und Fassadenmarkisen, welche eine stromnetzunabhängige Nutzung ermöglichen.»

Man scheut sich auch nicht vor Grossprojekten. Kürzlich belieferte die Griesser Group das riesige Wohn- und

Geschäftsgebäude «La Citadelle», ein architektonisch gewagtes Bindeglied zwischen der Stadt Strassburg und dem Rheinhafen. Über 300 Lamellenstoren und Rollläden wurden verbaut. Das Sonnenschutzgeschäft ist stark von der Entwicklung im Ausland abhängig. «Gerade im Bausektor sind aufgrund der politischen Lage in Europa, wirtschaftlichen Faktoren wie der hohen Inflation, Zinsanstiegen, des starken Frankens oder ändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen noch immer Unsicherheiten spürbar», sagt CEO Neuhauser. Dennoch rechnet er bald wieder mit einem leichten wirtschaftlichen Aufschwung.

Bühler: Divers wie kaum ein anderer

Ein weiterer «hidden champion» ist der ebenfalls in der Ostschweiz beheimatete Technologiekonzern Bühler. Die Kernbereiche der Bühler Group sind industrielle Prozesstechnologien für den Nahrungsmittelmarkt, für den Automobilmarkt sowie weitere Felder. Dass sich die Bekanntheit des Unternehmens trotz Marktführerschaft in den Kernmärkten in Grenzen hält, ist bemerkenswert. Denn in ihrer historischen Konstanz, der diversen Produktpalette und der geografischen Expansion sucht die Firma in der Deutschschweiz ihresgleichen. Gegründet wurde die Firma Bühler 1860 im schweizerischen Uzwil. Noch heute ist sie im Besitz der Ostschweizer Unternehmerfamilie. Seit 2018 sind Karin, Maya und Jeannine Bühler als fünfte Generation Besitzerinnen und auch im Verwaltungsrat des Konzerns vertreten. Im Jahr 2023 erwirtschafteten rund 12 500 Mitarbeitende weltweit einen Umsatz von drei Milliarden Franken.

Die Bühler Group ist in 140 Ländern tätig und beliefert andere Firmen, bei-

spielsweise mit Komplettlösungen für die Herstellung von Mehl, Schokolade oder verschiedenen Backwaren – vom Rohmaterial bis zum fertigen Endprodukt. Laut Eigenangaben essen täglich zwei Milliarden Menschen Lebensmittel, die auf Anlagen von Bühler hergestellt wurden. «Momentan profitieren wir von einem weltweiten Nachholbedarf an grossen Verarbeitungskapazitäten für die Getreideverarbeitung, darunter zahlreiche Neuanlagen», sagt CEO Stefan Scheiber. «Aktuell werden Aufträge aus der ganzen Welt, unter anderem aus den Vereinigten Staaten, SaudiArabien, Venezuela, Europa, Afrika und Südostasien, abgewickelt.»

Die Firma beschichtet auch Halbleiter für diverse Anwendungen oder deckt jede Phase der tierischen Futtermittelherstellung ab. Technologie von Bühler findet auch bei der Produktion von Brillen, Smartphones, Architekturglas oder Batterien Verwendung. Zudem entwickelt Bühler Anlagen zur Herstellung von Automobil-Bauteilen. «Ein Geschäft, welches unter anderem wegen des Trends hin zu neuen Elektrofahrzeugen einen massiven Wandel erlebt», sagt Scheiber.

Mit der Expansion in zahlreiche Märkte weltweit ist es der Bühler Group gelungen, ihr Geschäft langfristig abzusichern. Dennoch bezeichnen die Verantwortlichen das derzeitige wirtschaftliche Umfeld als herausfordernd. Erschwerend kämen Regulierungen im Inland hinzu. «Wollen wir unsere Wettbewerbspositionen und unsere Ertragskraft halten, müssen wir in der Schweiz massiv an Produktivität zulegen und dabei gleichzeitig die Innovationskraft ausbauen – ein anspruchsvoller Spagat, der keine zusätzlichen Belastungen durch Verschlechterungen der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erträgt», sagt Scheiber.

Samstag, 1. Juni 2024 Swiss Economic Forum NZZ-Verlagsbeilage 19
Stefan Scheiber ist CEO des Technologiekonzerns Bühler. BÜHLER Die Griesser Group ist in Europa eines der führenden Unternehmen für Sonnenschutzlösungen. GRIESSER Bei Mb-microtec in Niederwangen wird mit dem schwach radioaktiven Gas Tritium hantiert. PD

Der Kompass für turbulente Zeiten

Die NZZ Academy startet als neues Executive-Programm für CEOs und Verwaltungsräte im Januar 2025.

Herr Nappo, das Motto der NZZ Academy lautet: Navigating Complexity, Taking Better Decisions – was ist damit gemeint?

Das Motto beschreibt den Kern unserer Mission: Sie zielt darauf ab, Entscheidern zu helfen, die zunehmend komplexen Herausforderungen unserer Zeit zu verstehen, zu kontextualisieren und effektiver zu navigieren. Unser Executive-Programm bietet tiefe, fundierte Einblicke und wirkungsvolle Werkzeuge, um vielschichtige Dynamiken zu analysieren und differenzierte Entscheidungen zu treffen.

Die Ansprüche an Entscheider haben sich geändert. Was ist heute anders als früher?

Heute sind Leader mit einer beispiellosen Menge an Informationen aus allen möglichen Bereichen konfrontiert und müssen sich in einer volatilen Umwelt zurechtfinden. Die Fähigkeit, aus grossen Informationsmengen relevante Einsichten zu gewinnen und diese in strategische Entscheidungen zu übersetzen, ist daher entscheidender denn je.

Warum sollten CEOs und Verwaltungsräte die NZZ Academy besuchen?

teressen unserer Audience eingehen, die ein differenziertes Verständnis globaler Angelegenheiten anstrebt. Zweitens versuchen wir, die Zukunft vorwegzunehmen, indem wir Themen untersuchen, die die globale Agenda in den kommenden Jahren beeinflussen könnten.

Was dürfen die Teilnehmenden erwarten? Teilnehmer der NZZ Academy dürfen Orientierung und Inspiration erwarten. Sie werden ihr Verständnis für die grossen globalen Herausforderungen der heutigen Zeit vertiefen können, indem sie von unseren Experten durch fünf Schlüsselthemen geführt werden: Geopolitik und internationale Beziehungen, Technologie und Innovation, Gesellschaft und Governance, Nachhaltigkeit und Umwelt sowie Wirtschaft und Business. Die Foresight-Methode, die als roter Faden durch das Programm führt, befähigt die Teilnehmer, deren Auswirkungen zu antizipieren und zukünftige Szenarien zu zeichnen.

bieten wir Zugang zu einem einzigartigen Netzwerk von Vordenkern und Entscheidungsträgern.

Was sind die ersten Reaktionen auf die NZZ Academy? Die ersten Rückmeldungen zur NZZ Academy sind überaus positiv. Der Bedarf nach Einordnung von Zusammenhängen, nach Erkenntnisgewinn und Orientierung ist gerade sehr gross. Gelobt wird insbesondere die hohe Relevanz der Themen und Inhalte. Die Möglichkeit, sich mit führenden Experten und anderen hochrangigen Führungskräften auszutauschen, wird auch als besonders wertvoll erachtet.

Interview: Julia Kocher

NZZ Academy

Neugier wecken, nachdenkliche Debatten anregen und zu einem tieferen Verständnis der Feinheiten unserer vernetzten Welt ermutigen.

Wie werden die Themen ausgewählt?

Bei unserer Themenauswahl verfolgen wir zwei Absichten. Erstens möchten wir auf die unmittelbaren Anliegen und In-

Die NZZ Academy bietet eine einzigartige Kombination aus internationalem Expertenwissen und hochwertigem Journalismus, um tiefgehende Einblicke in die Entwicklungen unserer Zeit zu liefern. Unser Programm wird vom liberalen Geist geleitet, den die NZZ verkörpert. Wir priorisieren Themen, die nicht nur aktuelle Ereignisse widerspiegeln, sondern auch intellektuelle

«Wir helfen Entscheidern, Herausforderungen zu navigieren.»

Was unterscheidet die NZZ Academy von anderen Angeboten dieser Art? Unser Anspruch ist, führend zu sein in Glaubwürdigkeit, Inhalt und Erlebnis. Im Vergleich zu anderen Executive-Education-Angeboten zeichnet sich die NZZ Academy durch die Integration der Expertise von exzellenten NZZ-Fachjournalisten in die Lehrinhalte aus. Dies ermöglicht es den Teilnehmenden, aktuelle Ereignisse in Echtzeit zu analysieren und deren Auswirkungen auf globale und lokale Märkte zu verstehen. Darüber hinaus

Die NZZ Academy, ein neues Executive-Programm der NZZ, richtet sich an Leader, CEOs und Board Members in der DACH-Region. Es fokussiert sich auf die grossen Herausforderungen unserer Zeit, um Entscheidern zu helfen, in einer volatilen Welt erfolgreich zu navigieren. Unter der Leitung von Manuel P. Nappo bietet das Programm fundierte Einblicke in Geopolitik, Technologie, Gesellschaft, Nachhaltigkeit und Wirtschaft sowie Werkzeuge zur effektiven Entscheidungsfindung. Die erste Kohorte startet im Januar 2025.

20 NZZ-Verlagsbeilage Swiss Economic Forum Samstag, 1. Juni 2024
Apply now at nzz-academy.com Join fellow Leaders, CEOs and Board Members on the new Executive Program by NZZ Master the challenges of Geopolitics, Technology, Society, Environment and Economics successfully 26 – 31 January 2025 27 April – 2 May 2025 9 – 14 November 2025 NZZ_Academy_24-Verlagsbeilage_NZZ-SEF-291x218mm.indd 1 30.05.24 10:27
Manuel P. Nappo leitet die NZZ Academy. LOUIS RAFAEL ROSENTHAL

Warum die Schweiz sparen muss

Karin Keller-Sutter steht vor der schwierigen Aufgabe, die Finanzen des Bundes zu sanieren. Weshalb dies notwendig ist: fünf Sätze der Finanzministerin und was dahintersteht.

1. «Die Schuldenbremse verlangt von uns, Entscheidungen zu treffen. Die Idee, das Hindernis durch eine Aufweichung zu umgehen, zirkuliert durchaus, doch dieses Korsett zu lockern wäre ein Fehler. International weisen viele Staaten besorgniserregende Schulden auf. Wer jedoch weiterhin Schulden anhäuft, rutscht früher oder später in eine Finanz- und Wirtschaftskrise. Die Geschichte hat gezeigt, dass Schuldenkrisen zu grossen politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen führen können. Dieses Risiko darf die Schweiz nicht eingehen.» Le Temps, 13.2.2024

In den 1990er-Jahren befanden sich die Bundesfinanzen in arger Schieflage. Die Schweiz schrieb Milliardendefizite, die Verschuldung nahm rasch zu. Im Rahmen der Sanierungsbemühungen konzipierte der damalige Finanzminister Kaspar Villiger die Schuldenbremse. Sie besagt, dass der Staat in schlechten Zeiten Schulden machen kann, in den guten diese aber wieder abbauen muss. Somit führt dieser Mechanismus zu einer Stabilisierung der Schulden respektive langfristig – gemessen am BIP – zu einem Rückgang der Schuldenquote. 2001 nahm das Volk mit einer überwältigenden Zustimmung von 85 Prozent dieses Instrument in die Verfassung auf. Die pragmatische Einsicht, dass man auf Dauer nicht mehr ausgeben soll, als man einnimmt, spielte dabei eine grosse Rolle, vermutlich aber auch die Skepsis gegenüber der Sparfähigkeit der Politiker. Seit die Schuldenbremse ab 2003 angewendet wird, hat sich die Finanzlage des Bundes bis zur Coronakrise stark verbessert. Deswegen steht die Schweiz in Bezug auf die Schuldenquote im internationalen Vergleich sehr gut da; kaum ein anderes Land kennt eine ähnlich tiefe Verschuldung. Deswegen verteidigt die heutige Finanzministerin Karin Keller-Sutter dieses Instrument vehement. Wenn in der heutigen schwierigen Finanzlage eine Anpassung der Schuldenbremse oder eine neue Finanzpolitik gefordert wird, heisst das letztlich nur, dass die Schweiz wieder mehr Schulden machen sollte. Das widerspräche dem Geist des Verfassungsartikels von 2001.

2. «Es geht darum, die Bundesfinanzen zu stabilisieren und finanzpolitischen Handlungsspielraum zurückzugewinnen. Damit stärkt man den Staat.» NZZ am Sonntag, 21.1.2024 Eine Entlastung des Bundesbudgets ist notwendig, damit der Bund wieder finanziellen Gestaltungsspielraum erhält und neue politische Projekte angepackt und umgesetzt werden können. Eine solide Finanzpolitik ohne Schuldenwirtschaft ist wichtig, damit die Schweiz auf Krisen reagieren kann. Nichts könnte dies besser illustrieren als zwei Krisen in der jüngsten Zeit: Die Schweiz gab wegen Corona innert kürzester Frist 30 Milliarden Franken aus zur Unterstützung des Gewerbes, der KMU oder der Kulturbranche. Und man konnte die Aufnahme der Schutzsuchenden aus der Ukraine finanzieren. Beides war nur möglich, weil man das Geld zuvor gespart hatte. Die Schuldenbremse hat die Reaktionsmöglichkeiten des Landes erhalten und verbessert. Viele Länder haben es in den Vor-Corona-Jahren unterlassen, die bereits hohen Schulden abzubauen. Wegen der Pandemie sind sie mit noch höheren Schulden belastet. Sie weisen meist ein unterdurchschnittliches Wirtschaftswachstum aus, was ihre Fähigkeit, Schulden zurückzuzahlen, zusätzlich einschränkt. Sie verlieren deswegen an wirtschaftspolitischer Handlungsfähigkeit.

3. «Für eine kleine, offene Volkswirtschaft wie die Schweiz ist die finanzpolitische Stabilität zentral. Ein tiefer Schuldenstand gibt uns politische Souveräni-

Bundesrätin Karin Keller-Sutter ist seit Januar 2023 Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements. EFD

tät und Spielraum, wenn es nötig ist. Wir müssen uns selbst helfen können. Das können wir heute, die Bonität des Bundes ist Triple A – daran änderte selbst der Untergang der CS nichts. Auch die Stabilität unseres Frankens hängt von einer gesunden Finanzlage ab.» NZZ, 27. 12.2023

Solide Staatsfinanzen sind für eine offene und international vernetzte Volkswirtschaft mit eigener Währung besonders wichtig. Niedrige Schulden signalisieren eine solide Verfassung der Staatsfinanzen und stärken so das Vertrauen der internationalen Wirtschaft in den Standort Schweiz. Eine Schuldenkrise in der Schweiz gilt als extrem unwahrscheinlich, sodass das Land auch in internationalen Finanzkrisen als sicher gilt. Es verfügt über ausreichenden Manövrierraum, solche Situationen aus eigenen Kräften zu bewältigen. Ein finanziell gesundes Land ist attraktiv für Investoren aus dem Ausland, was zum Wirtschaftswachstum beiträgt. Gestärkt wird die Stellung der Schweiz als internationales Finanzzentrum. All das resultiert in einer starken Währung, was sich, allen kurzfristigen Problemen für die Exportwirtschaft zum Trotz, lang-

«Der Bund hat kein Problem bei den Einnahmen, sondern bei den Ausgaben.»

fristig als grosser Vorteil für die Schweizer Wirtschaft erwiesen hat.

4. «Der Bund hat kein Problem bei den Einnahmen, sondern bei den Ausgaben.» Watson, 13.4.2024 In den Vor-Corona-Jahren erzielte die Schweiz mehrere Jahre nacheinander jeweils einen Überschuss in der Rechnung. Dieser wurde einerseits für den Schuldenabbau genutzt, andererseits aber für zusätzliche Investitionen. In dieser Hinsicht befand sich die Schweiz, international gesehen, in einer Ausnahmesituation: Nicht nur sank die Schuldenquote, gleichzeitig konnte das Land im internationalen Vergleich überdurchschnittlich vor allem in den öffentlichen Verkehr, die Bildung, die soziale Sicherheit investieren. Die Schuldenbremse hemmte solche Investitionen folglich nicht. Das scheint in den Köpfen vieler Parlamentarierinnen und Parlamentarier den Eindruck hinterlassen zu haben, dass der Bund anhaltend im Geld schwimme. Verstärkt wurde dieser durch die Coronanotmassnahmen, als es gelang, Sonderausgaben von rund 30 Milliarden scheinbar locker zu tätigen. Es kann nicht erstaunen, dass die Ausga-

benfreude des Parlaments in letzter Zeit massiv zunahm. Einige Beispiele:

„ Erhöhung Armeeausgaben auf 1 Prozent des BIP bis 2030 geht auf eine Motion aus dem Parlament zurück. Der Bundesrat möchte diese Zunahme erst bis 2035 realisieren, was Mehrausgaben von 20 Mrd. Franken bedeutet.

„ Ausbau familienergänzende Kinderbetreuung. Die Variante des Nationalrats würde rund 800 Mio. Franken Mehrausgaben pro Jahr für den Bund bedeuten. Eine moderatere Version des Ständerats hätte noch Mehrausgaben von rund 30 Mio. Franken pro Jahr zur Folge.

„ Kapitalzuschuss SBB 1,2 Mrd. Franken wegen Verlusten im Fernverkehr während der Pandemie. Der Anstoss dafür kam aus dem Parlament.

„ Mehrausgaben für den Güterverkehr von rund 125 Mio. Franken Mehrausgaben pro Jahr. Der Anstoss kam aus dem Parlament.

„ Indirekter Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative führt zu Ausgaben von rund 450 Mio. Franken pro Jahr bzw. kumulierten Mehrausgaben von 3,2 Mrd. Franken über die nächsten Jahre.

„ Erhöhung Absatzförderung Wein um 6,2 Mio. Franken auf insgesamt 9 Mio. Franken. Die Idee stammte aus dem Parlament und wurde gegen den Willen des Bundesrats bewilligt.

„ Die Hochbreitbandstrategie, die auf einen Vorstoss aus dem Parlament zurückgeht, könnte Zuschüsse aus der Bundeskasse von bis zu 1,4 Mrd. Franken zur Folge haben.

„ Frauenfussball EM 2025: Bundesrat spricht 4 Mio. Franken, der Ständerat will 15 Mio. Franken.

„ Das Parlament stockt die Bundesgelder für den regionalen Personenverkehr gegenüber heute um 50 Mio. Franken auf. Der Bundesrat hatte eine Kürzung um 5 Mio. Franken vorgeschlagen.

Diese Liste liesse sich problemlos verlängern. Nicht die Einnahmen sind das Problem, bewegen sich diese doch im Gleichschritt mit dem BIP stetig nach oben –Krisen wie Corona oder die Finanzkrise von 2008 einmal ausgenommen.

5. «Wir brauchen einfach zu viel Geld. Jetzt einfach die Steuern zu erhöhen, ist darum unangemessen. Jede Steuererhöhung belastet die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft.» Tages-Anzeiger, 16.2.2024

Die Alternativen zu Sanierungsmassnahmen für den Staatshaushalt sind Schulden oder Steuererhöhungen. Mit Schulden erhöht man die Zinslasten, die mittels Steuergeldern finanziert werden und in Form von Zinsen an schweizerische und internationale Kreditgeber fliessen. Je grösser die Schuldenlast, desto massiver die Auswirkungen von Zinserhöhungen, was Staaten destabilisieren kann. Höhere Steuern belasten den einzelnen und führen zu einer unerwünschten volkswirtschaftlichen Reduktion des Konsums. Aber auch für Firmen sind höhere Steuern schlecht, weil sie zu höheren Preisen führen und damit deren Marktstellung verschlechtern können. Mit höheren Schulden bürdet man der kommenden Generationen unsere Lasten auf. Mehr Schulden und höhere Steuern schaden dem Wirtschaftsstandort Schweiz. Der Franken könnte geschwächt werden, was nicht im Interesse des Finanzplatzes ist. Das beste Erfolgsrezept für eine erfolgreiche Volkswirtschaft lautet immer: Verschuldung nur mit Mass und nur, wenn diese einen langfristigen volkswirtschaftlichen Nutzen verspricht (z.B. Infrastruktur). Und tiefe Steuern.

Samstag, 1. Juni 2024 Swiss Economic Forum NZZ-Verlagsbeilage 21

Verwerfungen als Chancen: Wie Unternehmen mit Risiken umgehen

Die jüngsten globalen und nationalen Verwerfungen in Wirtschaft und Gesellschaft sitzen uns immer noch tief in den Knochen. Sie haben einmal mehr gezeigt, was es heisst, mit Situationen umzugehen, die weit über normale Krisensituationen hinausgehen.

Unternehmen sind ständig mit Veränderungen konfrontiert. Dass Schweizer Unternehmen damit recht gut umgehen können, haben genau die erwähnten Verwerfungen gezeigt. Fakt ist, dass der durch die Coronapandemie verursachte wirtschaftliche Rückschlag bei Schweizer Unternehmen nur halb so gross war wie in den umliegenden Ländern der Eurozone. In einer kürzlich von uns bei 2500 Schweizer Firmen durchgeführten Umfrage sind wir der Frage nachgegangen, warum Schweizer Unternehmen so widerstandsfähig, so resilient

sind. Und die Antwort ist so simpel wie überzeugend: weil Schweizer Unternehmen einen grossen Respekt vor Verwerfungen haben und daher bei zwei Dritteln der befragten Firmen das Thema Resilienz, bzw. wie man mit solchen unerwarteten Schockereignissen umgeht, höchste Priorität geniesst, noch vor Aspekten wie Profitabilität und Wachstum. Es lohnt sich also direkt, wenn Unternehmen sich mit der Frage beschäftigen, wie sie denn eben das «Abprallen» beherrschen. Resilienz kommt ja bekanntlich vom lateinischen Verb «resilire», und das heisst eben «abprallen». Nur wenn man rasch und beherzt nega-

tive Auswirkungen von Krisen abprallen lassen kann, können solche Verwerfungen zu Chancen werden. Somit bereiten sich erfolgreiche Unternehmen auch auf mögliche Schadenspotenziale vor. Die heute wichtigsten Bedrohungen sind gemäss unsere Studie Cyberkriminalität, Energieknappheit und Lieferkettenstörungen sowie finanzielle Verwerfungen.

Mut zu Führung und Kommunikation

Wichtig ist dabei, dass Unternehmen, die erfolgreich durch vergangene Krisen ge-

gangen sind, Veränderungen als Chancen sehen und Verwerfungen nicht in erster Linie negativ bewerten. Sie pflegen eine offene Diskussionskultur und sehen in qualifizierten, engagierten Mitarbeitenden einen Schlüsselfaktor für Resilienz. Dazu braucht es Kommunikationsbereitschaft und den Mut, Führung zu übernehmen. Führung heisst, Positionen zu beziehen und klare Ziele zu setzen. Nur dann kann sich daran eine Diskussionskultur entwickeln. Wenn Mitarbeitende nicht wissen, wohin die Reise gehen soll, können sie sich schlecht einbringen. Ein resilienter Ansatz basiert folglich auf qualifizierten Mitarbeiten-

Generationenübergreifender Austausch im Unternehmertum

Im SEF.NextGen-Zelt am Swiss Economic Forum (SEF) freut sich die nächste Generation auf den Dialog mit erfahrenen Unternehmerinnen und Unternehmern.

CEOs, Gründerinnen und Gründer aufgepasst: Die nächste Generation interessiert sich für das Unternehmertum und freut sich auf den generationenübergreifenden Austausch am SEF. Die SEF. NextGen Community wird am diesjährigen SEF mit einem Zelt vertreten sein. Um den Dialog übers Unternehmertum zu fördern, sind verschiedene Challenges geplant. An beiden Konferenztagen begrüssen die NextGens Interessierte im Zelt und freuen sich, wenn der erste Schritt auf sie zu gemacht wird.

Initiative

An beiden Konferenztagen begrüssen die NextGens interessierte im Zelt und freuen sich auf den Austausch. Die Initiative, die anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des SEF ins Leben gerufen wurde, bietet Nachwuchsunternehmenden die Möglichkeit, in die Welt des Unternehmertums einzutauchen. Zukünftige Unternehmerinnen und Unternehmer werden mit denen von heute vernetzt.

Camps

Pro Jahr werden zwei Camps für jeweils 30 offene, mutige, neugierige junge Erwachsene angeboten. Seit 2021 wird zusätzlich das Hospitality Camp zur spezifischen Förderung der Hotel- und Gastrobranche durchgeführt. Nach dem Camp werden die Teilnehmenden Teil der SEF. NextGen Community und profitieren von einem spannenden Jahresprogramm. Dazu gehört auch die Teilnahme in der einen oder anderen Form am SEF und anderen Konferenzen von NZZ Connect.

«Wir helfen den jungen, ambitionierten Unternehmerinnen und Unternehmern von morgen beim Entfachen des Feuers für die Umsetzung ihrer besten Ideen.»

Sven Ziörjen, Geschäftsleitung Globetrotter Travel Service

den, klarer Führung und offener Kommunikation. Sie sind ein Schlüssel zum Erfolg in einer sich ständig verändernden Welt.

Qualifizierte Mitarbeitende erhält man durch den Fokus auf Bildung: ein wichtiger Pfeiler einer rohstoffarmen Schweiz. Darum engagieren wir uns als UBS für Bildung und unterstützen Bildungsinstitutionen. Meine persönliche Erfahrung dabei ist aber auch, dass noch so viel Wissen das aktive Vorleben im Unternehmen nicht ersetzen kann. Firmen, die sich für Bildung und Innovation einsetzen und gleichzeitig zielgerichtete Führung aktiv vorleben, meistern nicht nur Krisen erfolgreicher, sondern tragen auch zur Entwicklung einer resilienten Gesellschaft bei.

Verantwortung und Transparenz

Echter Dialog kann jedoch nicht nur innerhalb der Unternehmensgrenzen stattfinden. Wie Unternehmen sich äussern und welche Positionen sie vertreten, beeinflusst das Vertrauen der Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit. Daher schätze ich das Swiss Economic Forum (SEF) sehr als Plattform des Austausches und des gegenseitigen Lernens von Erfahrungen anderer. Diskurs ist wichtig – auch wenn er manchmal unangenehm ist. Als UBS nehmen wir daran teil und wollen so mithelfen, positive Veränderung in der Gesellschaft voranzutreiben.

Sabine Keller­ Busse ist President UBS Switzerland.

SEF.NextGen Camps

Das sind die Daten der nächsten Camps:

Mit verschiedenen Challenges soll der Dialog gefördert werden.

Zukünftige Unternehmende werden mit denen

Herbstcamp 2024 9. bis 13. September

Frühlingscamp 2025 31. März bis 4. April

22 NZZ-Verlagsbeilage Swiss Economic Forum Samstag, 1. Juni 2024
SABINE KELLER­BUSSE
NINA MEYER Schweizer Firmen sind widerstandsfähig. TOBIAS RYSER FOTOGRAFIE Sabine Keller-Busse, President UBS Switzerland. UBS Am SEF wird die NextGen Community mit einem Zelt vertreten sein. FOTOS: NZZ CONNECT von heute vernetzt.
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Ein Futurist, der die Kraft der Wikinger aktivieren will

Der norwegische Wirtschaftsphilosoph Anders Indset plädiert für ein Leistungsprinzip, das von innen kommt.

Sein Rat an KMU: «Antizipieren Sie die nächste Kurve!»

«Was tun Sie gerade?» Die simple Frage mag zu Beginn eines Gesprächs üblicherweise zu etwas eisbrechendem Small Talk führen. Nicht so bei Anders Indset. Bald spricht der Autor und Wirtschaftsphilosoph von der Verschmelzung von Mensch und Maschine, bald über das Moore’sche Gesetz und dessen Vorwegnahme der digitalen Revolution.

In seinem Zuhause im Raum Frankfurt hat der 46-Jährige, der in Norwegen geboren ist, soeben ein weiteres Buch finalisiert. Dabei geht es um künstliche Intelligenz und eine mögliche technologische Singularität. Darunter versteht man den Zeitpunkt, an dem die KI die menschliche Intelligenz übertreffen könnte.

Gestützt auf Erkenntnisse der modernen Wissenschaft versucht Indset abzustecken, in welchen anderen Bereichen sich gerade ein exponentielles technologisches Wachstum abzeichnet. Er ähnelt in seiner Vorgehensweise dabei dem USamerikanischen Futuristen Ray Kurzweil, dessen Zukunftsthesen seit Jahrzehnten für Furore sorgen und dessen Vorhersagen sich ebenfalls von einem unerschütterlichen Glauben ans wirtschaftliche Wachstum nähren.

Ein Fazit von Indset: «Insbesondere bei den erneuerbaren Energien glaube ich in den kommenden Jahren an massive Überraschungen.» Der technologische Fortschritt werde die Speicherprobleme von Wind- und Solarkraft in naher Zukunft beseitigen, ist Indset überzeugt. «Jedes neue AKW, das jetzt gebaut wird, ist in wenigen Jahren schon gar nicht mehr wettbewerbsfähig. Denn die erneuerbare Energie wird dermassen günstig und leicht erhältlich sein.»

Es sind solche visionären Aussagen, die Indset in der Sparte der Wirtschaftsliteratur zu regelmässigen Spitzenplätzen verhelfen. Für Glaubwürdigkeit sorgen seine Verbindungen zur Wissenschaft und seine eigene unternehmerische Tätigkeit. Indset sitzt in mehreren Verwaltungsräten, gründete ein Institut für Führungskräfte und ist Initiator der Quantum Economy Alliance.

«Antizipierte Zukunft»

Indset zieht Verbindungslinien von Quantencomputern zu den grossen philosophischen Denkern und schliesslich zum Geheimnis norwegischer Hochleistungssportler. Doch all seine wirtschaftsphilosophischen Überlegungen basieren auf einem klaren Mindset. Er selber nennt es die «antizipierte Zukunft». Wer strategisch und in Szenarien denkt, kann quasi die Zukunft vorwegnehmen. Das ist auch sein Rat, den er Schweizer KMU mit auf den Weg geben will, wenn er am SEF als Keynote Speaker auftreten wird. «Wir müssen beginnen, in verschiedenen Zukünften zu denken. In Abu Dhabi oder China wird das längst gemacht, in Europa – und insbesondere in Deutschland – sind Unternehmen hingegen noch viel zu reaktiv.» Als Beispiel nennt Indset das Cloud Computing, also das Speichern grosser Datenmengen in externen Servern über das Internet. «Vor wenigen Jahren wollten Unternehmen in Deutschland für viel Geld eine eigene Serverinfrastruktur aufbauen, um

das Gefühl zu haben, sie wären sicherer aufgestellt als mit der gebotenen Leistung und dem Preisniveau von Silicon-ValleyFirmen mit ihrer jahrelangen Erfahrung.»

Als Unternehmerin und Unternehmer müsse man sich im Jahr 2024 definitiv davon verabschieden, auf ausgetretenen Pfaden zu wandeln. Vielmehr gehe es darum, die nächste Kurve zu antizipieren, wie Indset es nennt: «Man muss keinen Server bauen und auch nicht versuchen, eine KI neu zu programmieren, sondern damit arbeiten und auf jene Bereiche setzen, wo sich eine nächste exponentielle Entwicklung abzeichnet. Nicht nur bei der Energie, sondern beispielsweise auch im Gesundheitswesen, in der Bildung oder in der Finanzbranche.»

Es ist eine Denkart, die ihre Bezugspunkte in andauerndem Fortschritt und der Innovationskraft der Menschen hat. Und auch in Zeiten von Krisen, wie den Kriegen in der Ukraine und in Gaza oder auch der verschärften Blockbildung zwischen den Grossmächten USA und China, sei das Denken in Szenarien unumgänglich.

«Ich wurde nach Kiew eingeladen, um einen Vortrag zu halten über die Zukunft der Wirtschaft und war beeindruckt davon, wie sich Unternehmen dort mitten im Krieg Gedanken um die Zukunft machen», sagt Indset. «Was passiert, wenn der Krieg dereinst zu einem Ende kommt und die Ukraine bestehen bleibt?» Indset sieht grosses Potenzial: «Von neuen TechFirmen bis hin zu selbstständigen Ingenieuren, die angefangen haben, Drohnen zu bauen, zeigt sich in der Ukraine der möglichen Beginn einer hochtechnologischen, durchdigitalisierten Gesellschaft. Vielleicht findet ja mitten im grössten Leid auch die Geburtsstunde einer neuen Zukunftsvision statt, ähnlich dem Silicon Valley oder dem deutschen Wirtschaftswunder.»

Der Wikinger Kodex

Doch wohin bewegen sich westeuropäische, wirtschaftlich gesättigte Gesellschaften in den Augen Indsets? Er spricht sich diesbezüglich für eine neue Auffassung der Leistungsgesellschaft aus. Kürzlich erschien in der Schweiz sein Buch: «Wikinger Kodex – Warum Norweger so erfolgreich sind». In diesem zeigt er auf, was wir von einer Leistungskultur lernen können, «die klar in Werten verwurzelt ist». Das vorherrschende Leistungsprinzip sei reaktiv, sagt Indset dazu. «Es wird uns von aussen übergestülpt und vermittelt das Gefühl, dass wir ständig leisten müssen, ohne es eigentlich selber zu wollen.» Dies führe zu einer Ermüdung, aber auch zu einer falschen Auffassung von Erholung: «In Selbstfindungsübungen verlieren wir uns irgendwann selber. Ich glaube, die menschliche Natur ist grundsätzlich höchst aktiv und will von sich aus etwas leisten. Erfolg ist, wenn der Mensch wahrnimmt, dass er weiterkommt.»

Den «Wikinger Kodex» versteht Indset als Blaupause für eine aktivere, unternehmerisch gestaltende Gesellschaft. Die Wikinger stehen dabei nicht als Barbaren, sondern als Vorbilder für ein aktives, lebendiges Leben. In diesem Leben sei Leistung, in Form von andauerndem stetigem Fortschritt, etwas so Selbstverständliches wie der morgendliche Kaffee.

Zukunft macht sich am besten gemeinsam

Nichts kann mehr Energie entfalten als Menschen, die ihr Wissen und ihre Sichtweisen zusammenbringen, um neue Wege und Lösungen zu finden.

Wir von Axpo unterstützen sie dabei und wünschen allen Teilnehmenden am Swiss Economic Forum einen bereichernden Austausch!

Samstag, 1. Juni 2024 Swiss Economic Forum NZZ-Verlagsbeilage 23
The Power of Energy MIRKO PLÜSS Anders Indset ist Autor und Initiator der Quantum Economy Alliance. ALEX KRAUS ANZEIGE

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