NZZ Connect (D)

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Swiss Innovation Forum

Samstag, 19. November 2022 CH-8021 Zürich Telefon +41 44 258 16 98 nzzone.ch SIF_22-Titelseite-Entwürfe.indd 1 18.10.22 13:51 DALL-E 2 Verlagsbeilage
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Das Titelbild und dieses Bild sind mit künstlicher Intelligenz (KI) geschaffen: DALL-E 2 kreiert auf Basis von Textanweisungen einzigartige Bilder. Der Text-zu-Bild-Generator ist in der Lage, jegliche Konzepte, Attribute und Stile zu verbinden – mögen die Kombinationen noch so absurd erscheinen.

Innovation ist ein Schlüsselfaktor für die Zukunft der Schweiz

GPT-3

(OBEN), HANSJÖRG THALMANN

Die Schweiz ist ein kleines Land mit einer grossen Wirtschaft, die auf Innovation und Exporte angewiesen ist. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft zu sichern, ist es wichtig, dass das Land weiterhin innovative Produkte und Dienstleistungen anbietet. Innovationen können radikal oder inkrementell sein. Radikale Innovationen sind grundlegende Veränderungen, die ein Produkt oder eine Dienstleistung völlig verändern. Inkrementelle Innovationen sind kleinere Verbesserungen, die ein Produkt oder eine Dienstleistung

Und? Hat Ihnen dieser Essay gefallen? Hätten Sie gedacht, dass er nicht von einem Menschen, sondern von einer künstlichen Intelligenz (KI) geschrieben wurde? Genauer gesagt war es die OpenAI GPT-3, eine auf Deep Learning basierte KI, die wie von Menschen geschriebene Texte erzeugen kann und für alle frei zugänglich ist. GPT-3 verwendet ein sogenanntes generatives

Impressum

Innovation ist eine Verlagsbeilage der NZZ. Inhalt realisiert durch NZZ Connect. Verlagsbeilagen werden nicht von der Redaktion produziert, sondern von unserem Dienstleister für journalistisches Storytelling: NZZ Content Creation.

Projektmanagement

NZZ Connect: Botond Kalotay (Gesamtverantwortung);

NZZ Content Creation: Norman Bandi (Inhalt) und Armin Apadana (Layout); Kontakt: NZZ Connect, Viktoriastrasse 72, 3013 Bern, connect@nzz.ch. swiss-innovation.com

verbessern, aber nicht grundlegend verändern. Die Schweiz hat in der Vergangenheit sowohl radikale als auch inkrementelle Innovationen hervorgebracht. Einige der bekanntesten Innovationen der Schweiz sind die Erfindung des Helikopters durch Othmar H. Ammann, die Erfindung des Velcro-Verschlusses durch George de Mestral und die Erfindung des Taschenmessers durch Karl Elsener. Die Schweiz ist auch bekannt für ihre fortschrittliche Politik in Bezug auf Forschung und Entwicklung. Die Schweiz hat eines der höchsten ProKopf-Budgets für Forschung und Entwicklung in Europa. Das Land investiert

Transformermodell, eine Art neuronales Netzwerk, das mit rund 175 Millionen Synapsen auf kreative Weise neue Texte generiert. Schon sehr beeindruckend, oder? Irgendwie etwas unheimlich, denn Kreativität ist doch eigentlich ein menschliches Attribut.

GPT-3 beweist das Gegenteil: Die KI sucht bei existierenden Texten nach Mustern und versucht, daraus Schlüsse zu ziehen. Diese Algorithmen werden durch neue Dateninputs immer besser trainiert und können irgendwann bei zunehmend komplexen Problemstellungen angewendet werden. Wir Menschen machen das sehr ähnlich. Aus gewissen Erfahrungen lernen wir und wenden das Gelernte in neuen Situationen an.

Klar, in «meinem» künstlich generierten Aufsatz finden sich hie und da Wortwiederholungen. Und den Literaturpreis werde ich mit ihm wohl nicht gewinnen.

Wir stehen aber auch noch ziemlich am Anfang in der Entwicklung dieser Technologie und der Release neuer Versionen steht schon vor der Tür. Der Fortschritt wird wahrscheinlich exponentiell sein. Davon bin ich überzeugt.

Allerdings muss erwähnt werden, dass der Einsatz von KI in der Texterstellung keine Neuheit ist. Seit Jahren werden im Journalismus Nachrichten mit einem geringen Komplexitätsgrad und einer gewissen Monotonie, wie

auch viel in die Förderung von Startups und in die Förderung von Innovationen in etablierten Unternehmen.

Allerdings gibt es auch einige Herausforderungen, die die Innovationsfähigkeit der Schweiz herausfordern. Zum Beispiel ist die Schweiz ein teures Land, was es für Start-ups schwieriger macht, Fuss zu fassen. Auch die starke Präsenz von etablierten Unternehmen kann es für Start-ups schwieriger machen, sich durchzusetzen.

Zudem ist es umstritten, ob die Schweiz wirklich so innovativ ist, wie sie oft dargestellt wird. Es stimmt zwar, dass die Schweiz auf eine lange Innovations-

beispielsweise Börsenkurse oder Sportergebnisse, von KIs geschrieben. Jedoch hat GPT-3 seit seiner Erscheinung im Jahre 2022 das Niveau von Algorithmus-basierten Texten um ein Vielfaches gehoben. Denn wie vorher bereits angesprochen, ist dessen Funktionsweise darauf angelegt, dass auch komplexe Inhalte neu miteinander verknüpft werden können. Beispielsweise wurde vor Kurzem sogar eine Rede von Bundespräsident Ignazio Cassis mithilfe von KI geschrieben. Wo bleibt da der Mensch? Müssen wir nicht mehr kreativ denken können? Die Antwort lautet: doch, umso mehr! Nicht-Routine-Aufgaben werden immer wichtiger für unser Leben. Speziell bei Mensch-Computer-Interaktionen wie beim obigen Textbeispiel bedeutet dies, dass wir lernen müssen, kreativ mit der KI zu kommunizieren. Es kann aber auch bedeuten, dass wir uns in Zukunft wieder vermehrt auf kreatives Denken fokussieren dürfen. Journalistinnen und Journalisten beispielsweise könnten die KI als Unterstützung beim Schreiben nutzen und dabei die journalistische Arbeit an sich – sprich interpretieren, investigieren usw. – in den Mittelpunkt stellen. Die oftmals zeitfressende «Meine Gedanken in Worte fassen»-Arbeit würde teilweise wegfallen. Zudem sehe ich etwa auch im Büroall-

geschichte zurückblicken kann, aber es gibt andere Länder, die ebenso innovativ oder sogar noch innovativer sind.

Einige argumentieren, dass die Schweiz nicht mehr so innovativ ist wie früher. Sie verweisen auf die Tatsache, dass viele der Schweizer Industrien, die einst an der Spitze der Innovation standen, wie z. B. die Uhrenindustrie und das Bankwesen, heute mit einer starken Konkurrenz aus anderen Ländern konfrontiert sind.

Andere argumentieren, dass die Schweiz immer noch sehr innovativ ist, aber dass ihre Innovation oft nicht so sichtbar ist wie in anderen Ländern. Sie

tag einige Potenziale: Die KI könnte EMails selbstständig verfassen oder sogar versenden. Sie könnte Meetings automatisch transkribieren oder in Form eines Avatars Telefonate entgegennehmen. Diese Vorstellung wäre toll, oder? Der administrative Aufwand würde stark schwinden, zahlreiche Prozesse könnten sehr effizient gestaltet werden. Und wir Menschen dürften uns auf das konzentrieren, was wirklich Spass macht. Wo Chancen sind, finden sich immer auch Gefahren. Deepfakes – KI-generierte Fotos, Video- und Audioinhalte –sind teilweise so realistisch, dass die Differenzierung zwischen echt und künstlich nur noch schwer gelingt. Derjenige Barack Obama beispielsweise, welcher Donald Trump in einem kürzlich veröffentlichten Video stark beleidigt, ist Fake. Stimme und Aussehen sind allerdings so gut imitiert, dass Laien den Unterschied beinahe nicht erkennen können.

Zudem darf nicht vergessen werden, dass hinter der KI immer Menschen stehen. Die Programmierenden sind Personen mit einer persönlichen Geschichte, einer persönlichen Denkweise und persönlichen Werten. Diese Befangenheit, auch Bias genannt, widerspiegelt sich häufig bei der Interpretation von Resultaten. Produkte einer KI sind daher immer mit Vorsicht zu

verweisen auf die Tatsache, dass viele Schweizer Unternehmen in Spitzenbranchen wie der Nanotechnologie und der Biotechnologie führend sind.

Trotz dieser Herausforderungen und Bedenken ist die Schweiz weiterhin ein führendes Innovationsland. Das Land hat eine starke Tradition der Innovation und eine fortschrittliche Politik in Bezug auf Forschung und Entwicklung, ist aber nicht das einzige Land, das diesen Titel für sich beanspruchen kann. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft in Zukunft zu sichern, ist es wichtig, dass das Land weiterhin in Innovation investiert.

geniessen, denn eine KI ist nie neutral. Genauso wenig wie deren Schöpferinnen und Schöpfer. Doch wie kann man nun eigentlich mit einer KI kommunizieren? Eine Eingabeaufforderung an die KI nennt man einen «Prompt» (vom englischen Begriff «to prompt» = veranlassen, anregen oder vorsagen). Einen zu schreiben, mit welchem wirklich das Gewünschte rauskommt, ist ganz schön schwer. Da braucht es definitiv Gehirnschmalz und viel Kreativität. Wenn ich kein blutiger Anfänger wäre, würde der obige Text vermutlich noch mehr verblüffen. Zudem sind die englischen Resultate um einiges besser als die deutschen, da Englisch die am häufigsten angewandte Sprache ist. Es gibt allerdings immer mehr Profis in diesem Gebiet. Sogenannte Prompt-Designer werden sich in Zukunft wahrscheinlich zu einer neuen Berufsgruppe entwickeln. Möchten Sie selbst einen Prompt designen und GPT-3 ausprobieren? Kein Problem. Scannen Sie den unterstehenden QR-Code, melden Sie sich an und starten Sie mit Ihrer Eingabe. Viel Spass! Der QR-Code führt direkt auf die Webseite von OpenAI. Gleich testen.

Samstag, 19. November 2022 Swiss Innovation Forum NZZ-Verlagsbeilage 3
DALL-E 2

Wie können wir die Welt retten?

Innovation hat in unserem Land viele Gesichter. Wir haben einige unserer erfolgreichsten Innovatorinnen und Innovatoren getroffen, um herauszufinden, was Innovation für sie bedeutet – und wie eine innovative Schweiz in Zukunft aussehen könnte.

89grad

Was ist Innovation für dich?

Ramun Hoffman: Für mich ist Innovation die wirtschaftlich erfolgreiche Umsetzung einer Idee. Innovation ist also viel mehr als nur Kreativität, gute Ideen, farbige Post-its oder stundenlange Brainstormings.

Es gibt eine Vielzahl von Methoden und ich entdecke immer wieder neue, die ich auch mal ausprobieren möchte. Und auch mit einem relativ eingeschränkten Set an Methoden und wenig Zeit ist es möglich, Innovation entstehen zu lassen.

Was ist dein Antrieb, um Innovation voranzutreiben?

Mich motiviert es, Neues entstehen zu lassen. Bei 89grad, unserem Innovationshub in Bern, entwickeln wir zusammen mit Kundinnen und Partnern täglich neue Produkte sowie Services und Prozesse – und ich freue mich, zu sehen, wie innovativ Schweizer KMU und auch Grossbetriebe sind.

Um Innovation strukturiert voranzutreiben, verwenden wir heute oft Design Thinking: Dabei geht es darum, in fünf einfachen Schritten kundenzentriert innovative Ideen zu entwickeln und zu testen, um dadurch einen hohen Mehrwert für Kundinnen und Kunden zu erreichen. Das Interessante an Design Thinking ist, dass es sehr einfach ist und von Teams in kurzer Zeit gelernt und gleich angewendet werden kann. Auch grosse Firmen arbeiten mit Design Thinking und treiben so Innovation über Wochen und Monate hinweg an.

Wie bleibt die Schweiz auch in Zukunft innovativ?

Innovation ist aus meiner Sicht einer der wichtigsten «Rohstoffe» der Schweiz. In Zeiten der Krise – und davon hatten wir in den letzten zwei Jahren wahrlich genug – ist es die falsche Reaktion, den Kopf in den Sand zu stecken und darauf zu warten, dass alles wieder wird wie vorher. Gerade in diesen Zeiten ist es wichtig, Innovation zu betreiben! Es geht darum, die eigenen Produkte, den eigenen Service, vielleicht auch das Geschäftsmodell weiterzuentwickeln und sich im besten Fall sogar selbst neu zu erfinden.

Betreffend Klimawandel: Kann Innovation bzw. der technologische Fortschritt die Welt retten? Wenn ja: Wie? Wenn nein: Wieso?

Der technologische Fortschritt mit Fabriken, Autos und Flugzeugen hat sicher mit dazu beigetragen, wo wir heute stehen. Gleichzeitig denke ich, dass neben einem konsequenten Umdenken auch zielgerichtete Innovation ein wichtiges Puzzlestück ist, um den Klimawandel aufzuhalten. So gibt es im Moment eine Bewegung aus dem Silicon Valley, die Innovation für die «Regenerative Era» sucht. Das führt zu spannenden Ansätzen wie «Project Drawdown» oder «Airminers». Und auch aus der Schweiz gibt es seit ein paar Jahren Startups, welche in diesem Bereich tätig sind.

Creaholic

Was ist Innovation für euch?

Claudia Leu und Tinu Anders: Innovation ist die Kunst sowie das Handwerk, neuen Impact für Menschen und die Umwelt zu ermöglichen. Organisationen können dabei in drei Kontexten innovieren:

1. Kontext Kundschaft: Relevanz – neue Produkte und Dienstleistungen kreieren und bestehende verbessern.

2. Kontext Mitarbeitende: Change – Resilienz durch verbesserte Zusammenarbeit und Prozesse erhöhen.

3. Kontext Unternehmen: Future Proofing – Wachstum durch neue Businessmodelle und Technologien erzielen.

Was ist euer Antrieb, um Innovation voranzutreiben?

Uns prägt ... … das intrinsische Bedürfnis, Zustände zu hinterfragen und sie zu einem Besseren zu verändern, … die Neugier, an scheinbar unlösbaren Problemen zu arbeiten sowie … die Freude am Kreativprozess in einem heterogenen Team – denn das ist für Innovation stets ein Erfolgsfaktor!

Wie bleibt die Schweiz auch in Zukunft innovativ?

Indem wir uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen und weiter in Forschung, Entwicklung und Innovation investieren – denn der Vorteil von Innovation ist immer nur temporär. Indem wir mehr Brücken zwischen Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft bauen und Probleme gemeinsam beginnen zu lösen.

Und dafür müssen wir lernen, alle möglichen Arten von Grenzen –zwischen Abteilungen innerhalb von Unternehmen, zwischen Industrien, Sprachregionen, Kulturen, Landesgrenzen etc. – zu überwinden.

Betreffend Klimawandel: Kann Innovation beziehungsweise der technologische Fortschritt die Welt retten?

Jein. Nein, weil Innovation, resp. der technologische Fortschritt, nur ein Mittel zum Zweck sein kann. Der Klimawandel ist ein zu komplexes Problem, um es einfach mit einem «neuen Hammer» zu lösen.

Entscheidender ist die Frage, ob wir es als globale Gemeinschaft schaffen, die richtigen Entscheidungen und Rahmenbedingungen zu erwirken – und auch einzuhalten –, damit sich das Verhalten von allen Beteiligten nachhaltig und Klima erhaltend verändern wird. Darum auch ja: Zentral ist somit die Frage, wie wir die übergreifende Zusammenarbeit innovieren können?

Creative Kids

Was ist Innovation für dich?

Florian Baumgartner: Über den Begriff Innovation haben sich schon unzählige schlaue Leute den Kopf zerbrochen. Ich finde die Frage nach den Rahmenbedingungen, in denen Innovationen entstehen, viel spannender. Und hier spielt die Haltung, mit der ein Individuum oder eine Organisation mit Veränderung und Unbekanntem umgeht, eine grosse Rolle. Neugier, Risikobereitschaft, Kreativität und Lust an Neuerung sind nur einige der Schlüsselelemente, mit denen Innovation überhaupt erst möglich wird. Die Rahmenbedingungen sollten wir in Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und vor allem auch in der Bildung noch stärker priorisieren und fördern.

Was ist dein Antrieb, um Innovation voranzutreiben?

Ich erlebe es so, dass gerade in der Schweiz viele Menschen Schwierigkeiten haben, mit Veränderung und unbekannten Situationen umzugehen. Wir mögen Beständigkeit. Da sich die ökologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Umwelt jedoch dauernd verändert – und das mit zunehmender Geschwindigkeit – sind wir dazu gezwungen, uns zu verändern. Ob wir wollen oder nicht. Gewissen Menschen und Organisationen gelingt das sehr gut, anderen gar nicht. Ich sehe es als meine persönliche Mission, einen Beitrag zu einem positiven «Innovation Mindset» beizutragen. Das treibt mich tagtäglich an. Wie bleibt die Schweiz auch in Zukunft innovativ?

Wir müssen in der Bildung ansetzen. Da führt kein Weg daran vorbei. Wir können von den Menschen nicht erwarten, dass sie innovativ sind, wenn die schulische Bildung Future Skills wie Kreativität, Handlungsfähigkeit, Sinnfindung und Verantwortungsbewusstsein, Kooperation, Kommunikation und Empathie, Unternehmertum, digitales Mindset sowie systemisches und kritisches Denken nicht hinreichend fördert. Das ist der Boden für die Innovationsfähigkeit der Zukunft. Betreffend Klimawandel: Kann Innovation beziehungsweise der technologische Fortschritt die Welt retten?

Innovationen können uns im Kampf gegen den Klimawandel helfen. Aber nein: Wir sollten uns nicht darauf verlassen, dass uns irgendeine Technologie retten wird. Unser Footprint ist viel zu gross. Daher werden wir wohl nicht darum herumkommen, unser ökonomisches Betriebssystem neu zu entwerfen und unser Konsumverhalten dramatisch zu ändern. Aus meiner Sicht ist dies der Kernpunkt. Damit dies gelingen kann bei verhältnismässig wenig Einbussen von Komfort und Wohlstand, können Innovationen und Technologien durchaus unterstützend wirken.

4 NZZ-Verlagsbeilage Swiss Innovation Forum Samstag, 19. November 2022
Tinu Anders, Managing Partner bei Creaholic. Claudia Leu, Innovation Consultant bei Creaholic. Ramun Hoffmann, CEO und Partner bei 89grad. Florian Baumgartner, Co-Founder und Mitglied im Kernteam bei Creative Kids. FOTOS: PD

Innovationshelden

Was ist Innovation für dich?

Dominik Hanisch und Cyrill Striedner: Innovation ist für mich der Antrieb, immer besser zu werden und die Dinge auf eine neue, bessere Art und Weise zu tun. Dabei gilt es nicht nur die Entwicklung neuer Technologien, Produkte oder Dienstleistungen, sondern auch die Weiterentwicklung sozialer Systeme entlang der veränderten Bedürfnisse zu verbessern. Es ist die Fähigkeit, kreativ zu denken, Probleme auf neue Weise zu lösen und die Bereitschaft, Risiken einzugehen und sich auf Neues einzulassen. Es ist die Fähigkeit, Fehler zu machen, daraus zu lernen und die Hoffnung, dass wir die Welt ein bisschen besser hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben. Der Schlüssel für erfolgreiche Innovation liegt in einer menschenzentrierten Denk- und Handlungsweise.

Was ist dein Antrieb, um Innovation voranzutreiben?

Innovation ist der Schlüssel, um sich im heutigen Geschäftsumfeld zu behaupten. Unternehmen müssen kontinuierlich neue Ideen entwickeln und umsetzen, um Erfolg in bestehenden oder neuen Märkten zu haben. Für mich ist der Antrieb, immer wieder Neues zu entdecken und zu erschaffen. In jeder neuen Idee steckt das Potenzial, Dinge noch besser zu machen.

Wie bleibt die Schweiz auch in Zukunft innovativ?

Um auch in Zukunft innovativ zu sein, ist es wichtig, dass die Schweiz weiterhin ein attraktives Land für Unternehmen und Talente bleibt, indem sie weiterhin ein stabiles politisches und wirtschaftliches Umfeld bietet. Zudem müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden, indem weitere – und schnellere – Förderung von Forschung & Entwicklung, das Schaffen von niederschwelligen Eintrittsmöglichkeiten in neue Berufe sowie die Förderung von experimentellen Geschäftsmodellen und Gesetzgebungen. Wenn wir ein soziales System aufbauen, welches Kreativität und psychologische Wohlbefinden fördert, können wir unser Potenzial auszuschöpfen.

Betreffend Klimawandel: Kann Innovation bzw. der technologische Fortschritt die Welt retten?

Durch den technischen Fortschritt können wir neue und bessere Technologien entwickeln, die uns bei der Verbesserung unseres Klimas unterstützen. Zum Beispiel können wir erneuerbare Energien nutzen, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Ausserdem können neue Technologien dazu beitragen, die Effizienz von Industrien und Fahrzeugen zu steigern, was wiederum die Emissionen senken würde.

Doch technischer Fortschritt allein ist nicht genug. Wir müssen auch unsere Einstellung und unseren Lebensstil ändern. Wir müssen umdenken und nachhaltig leben. Denn nur so können wir den Klimawandel wirklich bekämpfen.

Rhino-Innovation

Was ist Innovation für dich?

Christopher Bargholz: Innovation ist das Verständnis und die Fähigkeit einer Unternehmung, sowohl das Kerngeschäft ständig zu optimieren wie auch an neuen Geschäftsfeldern der Zukunft zu forschen.

Was ist dein Antrieb, um Innovation voranzutreiben?

Das «Warum» von Rhino Innovation besteht darin, den Unternehmergeist in der Schweiz zu fördern, um so den Wohlstand unserer Gesellschaft zu erhalten. Denn erfolgreiche Start-ups und innovative Unternehmungen sind das Rückgrat unserer Wirtschaft, vor allem in einem hochkompetitiven globalen Umfeld.

Wie bleibt die Schweiz auch in Zukunft innovativ?

Indem man Personen, egal von welcher Bildungsschicht, unternehmerische Grundlagen beibringt, die sie dann als Intrapreneure oder Unternehmerinnen und Unternehmer anwenden können.

Betreffend Klimawandel: Kann Innovation beziehungsweise der technologische Fortschritt die Welt retten?

Selbstverständlich kann der technologische Fortschritt die Welt retten. Die Frage ist jedoch eine andere: Sind wir Menschen bereit, unser tägliches Verhalten früh genug zu verändern, um eine hohe Temperaturerhöhung in der Zukunft zu stoppen? Wir in Europa nehmen hierbei eine Vorreiterrolle ein, aber das reicht nicht aus, denn die gesamte Weltbevölkerung muss ihr Verhalten ändern. Die Uhr tickt und ich hoffe, wir können unseren Kindern und Enkelkindern eine bessere Welt hinterlassen.

Superloop Innovation

Was ist Innovation für euch?

Dino Beerli und Miriam Gantert: Eine Lösung für ein relevantes Problem einer realen Zielgruppe. Was ist euer Antrieb, um Innovation voranzutreiben?

Was ist dein Antrieb, um Innovation voranzutreiben?

Der Wille, die Welt zu verbessern sowie der Glaube an die Menschen und weil es rockt, Macherinnen und Macher zu unterstützen, die ihre Ideen wirklich anpacken wollen.

Wie bleibt die Schweiz auch in Zukunft innovativ?

Gemäss Global Innovation Index ist die Schweiz auch 2022 das «innovativste Land». Doch da liegt mehr drin. Insbesondere, wenn man die Indikatoren und Ergebnisse gesamtheitlich betrachtet.

Politik und Leaders: Diese Politikerinnen und Politiker sollten den Wert sinnvoller Innovation besser verstehen. Denn sie fällen Entscheidungen über Gesetze und Rahmenbedingungen, die einen enormen Impact auf die Inno-Fitness der Schweiz haben.

Technische Hochschulen und Start-up-Förderung: Technische Hochschulen sind volkswirtschaftlich betrachtet ein Treiber. Gepaart mit intelligenter Start-up-Förderung, wovon es aktuell mehr fürsorgliche Programm-Belagerung als Start-ups an sich gibt, multipliziert sich dieser Effekt.

Schweizer Innovationskultur: Was wir an den USA cool finden, ist deren Experimentierkultur – nein, nicht Fehlerkultur, denn niemand macht gerne Fehler – mutig sein, ausprobieren, scheitern, anpassen. Davon dürften wir uns eine Scheibe abschneiden. Sowohl in der Bildung, der Verwaltung als auch bei gesellschaftlicher Innovation, die unterm Strich ein Land von anderen differenziert.

Betreffend Klimawandel: Kann Innovation beziehungsweise der technologische Fortschritt die Welt retten?

Nein. Aber der technologische Fortschritt könnte einen grossen Beitrag leisten, sofern der politische und gesellschaftliche Wille wirklich bestehen würde.

Die Frage ist super, denn sie zeigt, welche falschen Hoffnungen in die Kraft der Innovation projiziert werden. Innovation ist weder ein Zauberstab noch ein heiliger Gral. Richtig angewendet kann sie viel, doch sie wirkt nur, wenn sie verstanden und richtig eingesetzt wird.

Zurück zur Welt, die gerettet werden will: Viele Innovationen und technologische Lösungen existieren schon längst. Doch sie kommen nicht zum Einsatz, weil die Politik nicht den Mut hat, die Rahmenbedingungen für deren Förderung zu schaffen und weil wir – die Gesellschaft – nicht bereit sind, den Preis zu bezahlen. Und: Ohne einen gewissen Verzicht wird es nicht gehen. Das nennt man «Exnovation» – weglassen, was wir nicht mehr brauchen und was uns am Fortschritt hindert.

Interviews: Botond Kalotay

Samstag, 19. November 2022 Swiss Innovation Forum NZZ-Verlagsbeilage 5
Cyrill Striedner, Consultant, Coach und Moderator bei Innovationshelden. Miriam Gantert, Managing Partner bei Superloop Innovation. Dominik Hanisch, Inhaber und CEO bei Innovationshelden. Dino Beerli, Gründer & Partner bei Superloop Innovation. Christopher Bargholz, Mitgründer und Geschäftsführer bei Rhino-Innovation. FOTOS: PD

Künstlerische Intelligenz

Das Titelbild dieser Verlagsbeilage ist mithilfe von Dall-E 2 entstanden. Die künstliche Intelligenz (KI) gestaltet auf Basis von Textbeschrieben vollkommen neue Bilder, die es so kein zweites Mal gibt.

Neben dem finalen Cover sind zahlreiche weitere Visualisierungen davon entstanden, wie sich das Team von NZZ Connect «Innovation vorstellt». Hier eine kleine Auswahl an weiteren Varianten.

Die kontrollierte Kernfusion weckt grosse Hoffnungen. Sie verspricht, saubere Energie zu liefern auf ähnliche Weise wie die Sonne, wo WasserstoffAtomkerne unter gewaltigem Druck zu Helium verschmelzen und dabei Energie in rauen Mengen freisetzen. Physikerinnen und Physiker aus aller Welt versuchen seit den 1950er-Jahren, das Sternenfeuer auf der Erde nachzuahmen. Dazu braucht es extrem hohe Temperaturen von bis zu 150 Millionen Grad Celsius – zehn Mal heisser als im Inneren der Sonne. Das liegt daran, dass sich auf der Erde nicht annähernd so viel Druck herstellen lässt, wie er innerhalb unseres Sterns herrscht.

Bei solch hohen Temperaturen wechselt Wasserstoff in den «vierten Aggregatzustand»: Die Atome des Gases zerlegen sich in Elektronen und Kerne; es entsteht ein Plasma, das in den bisherigen Versuchsanlagen allerdings instabil ist. Sobald es die Wand des Reaktors trifft, kühlt es sich ab und die nukleare Reaktion kommt zum Erliegen. Um das

zu verhindern, muss man die Einstellungen der Magnetspulen exakt kontrollieren. Das kann nur eine Software, die in der Lage ist, den Zustand des Plasmas minutiös zu überwachen und die Magnetspulen in Echtzeit anzupassen.

Ein neuer Ansatz dafür kommt von Forschenden der EPFL und der Google-Tochter DeepMind. Sie entwickelten ein Kontrollsystem auf Basis künstlicher Intelligenz, testeten es im experimentellen Kernfusionsreaktor der EPFL in Lausanne und publizierten ihre Befunde im Fachmagazin «Nature». Kern der Lösung ist ein selbstlernender Algorithmus. Dieser soll selbstständig herausfinden, wie man die Magnetspulen am besten steuern kann, um das Plasma in einen gewünschten Zustand zu bringen und zu halten.

Der neue Ansatz soll zur Entwicklung neuer Reaktorkonzepte beitragen. Auf Basis der Erkenntnisse liessen sich Plasmaformen, die Sensorik, das Design der Reaktorwände und die magnetische Steuerung künftiger Reaktoren optimieren, um schliesslich deren Gesamtleistung zu steigern.

DEN 16 SEF.GROWTH HIGH

6 NZZ-Verlagsbeilage Swiss Innovation Forum Samstag, 19. November 2022 DAS WACHSTUMSPROGRAMM
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POTENTIALS 2022
JOËL ORIZET Innovation rettet die Welt DALL-E 2 Innovation is king DALL-E 2 Michelangelos künstliche Intelligenz DALL-E 2 Die Stadt der Zukunft DALL-E 2 Ein Blick in den experimentellen Kernfusionsreaktor der EPFL. EPFL
KI hilft bei der Kernfusion
Forschende der EPFL haben einen Algorithmus darauf trainiert, die Kernfusion zu kontrollieren.

Wider die schwarzen Schwäne

Künstliche Intelligenz kann dem Menschen helfen, bessere Entscheidungen zu treffen. Man muss nur wissen wie.

Der in Hongkong ansässige VC-Fund «Deep Knowledge Ventures» hat es schon 2014 vorgemacht: Das Unternehmen hat einem Algorithmus einen Platz im Board zugewiesen. Die künstliche Intelligenz (KI) hat eine Stimme bei jeder Investmententscheidung, die das Unternehmen trifft. KI-Systeme als Impulsgeber für Managemententscheidungen zu nutzen, das gehört für viele Unternehmen inzwischen zum Alltag. Aber die Entscheidung trifft noch immer der Mensch, sprich: die Führungskraft. Was macht es mit Führungsentscheidungen, wenn KI vieles besser weiss?

Zu der Frage haben wir von der ada Learning GmbH gemeinsam mit Kienbaum Consulting eine Studie durchgeführt. KI sorgt bei vielen Führungskräften für Verunsicherung. Mehr als 60 Prozent der befragten 500 Kader im deutschsprachigen Raum fürchten einen Autonomieverlust im Job, wenn KI-Systeme künftig immer mehr in Entscheidungen einbezogen werden. Künstliche Intelligenz als narzisstische Kränkung der Führungselite?

Unsere Daten zeigen eher, dass wir erst am Anfang eines tiefgreifenden Veränderungsprozesses stehen. Mehr als 60 Prozent der befragten Führungskräfte sagen, dass datenbasierte Analysen von KI-Systemen ihre Entscheidungen verbessern können. Andererseits geben fast 20 Prozent zu, nicht genug von KI-Systemen zu verstehen, um sie sinnvoll in die Entscheidungsprozesse des Unternehmens zu integrieren. Wir brauchen also

dringend mehr Aus- und Weiterbildung rund um KI, und zwar auf allen Ebenen – bis in die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat.

Die Zeit der einsamen Wölfe an der Spitze eines Unternehmens ist allemal vorbei. Mit dem Einzug von Technologie, Datenanalytik und nun KI hat jede Führungskraft viele Quellen, aus denen sie für die Entscheidungsprozesse im Unternehmen schöpfen kann. KI-Systeme können menschliche Entscheidungen ergänzen, anreichern und herausfordern. Fast 70 Prozent der Befragten sagen, dass sie in unsicheren Situatio-

Kreativität mit Spiel und Methodik

nen einer KI mehr vertrauten als ihrer eigenen Einschätzung. Andererseits behaupten fast 80 Prozent, die Entscheidungen einer KI kritisch zu hinterfragen. Mensch und Maschine, das ist wie zu Beginn eines Tanzkurses. Beide Seiten müssen erst lernen, miteinander Tritt zu fassen. Dabei kann das Zusammenspiel von menschlicher und künstlicher Intelligenz echte Vorteile bringen, wenn beide Seiten sich «verstehen» und ihr Bestes zusammenbringen. Bei KI-Systemen kämpfen wir mit Verzerrungen, dem «Bias», der aus historischen Daten in Gegenwart und Zukunft überführt wird. Aber der Mensch ist auch ein ganz schön verrauschtes Wesen. Das haben Daniel Kahnemann, Olivier Sibony und Cass Sunstein in ihrem Buch «Noise» dokumentiert. Menschen tendieren dazu, im Kopf faul zu werden, sich auf Routineentscheidungen zu verlassen und sind viel stärker von situativen Umständen beeinflusst, als sie selbst glauben. So fällt das Urteil von Richter je nach Tageszeit unterschiedlich aus. Wehe dem Angeklagten, der von einem hungrigen Richter verurteilt wird. Er muss länger ins Gefängnis. Wenn müde Kreditprüfer weniger Risiken bei der Genehmigung von Kreditanfragen eingehen, entsteht einer Bank ein Schaden von sechs Millionen Dollar pro Jahr.

KI kann dem Menschen helfen, Entscheidungsoptionen anhand von Daten besser einzuordnen, sich in den eigenen Annahmen herausfordern zu lassen und das Unvorhersehbare, die «unknown unknowns» oder schwarzen Schwäne mit-

zudenken. Es wird nicht mehr lange dauern, da werden sich Führungskräfte verantworten müssen dafür, wenn sie KI zur Verbesserung ihrer Entscheidungen nicht genutzt haben.

ada Learning

Der Mensch wächst selten an sich allein. Deshalb bietet die ada Learning GmbH ein Programm für Community basiertes Lernen sowie persönliches Wachstum und unterstützt Unternehmen auf dem Weg in eine nachhaltigere, digitale Zukunft. Innerhalb des ada | fellowship vertiefen die Teilnehmenden ihre digitalen Kompetenzen, erarbeiten in organisationsübergreifenden Teams neue Ideen für ihre Organisationen und werden Teil eines branchenübergreifenden Expertennetzwerks, mit dem sie regelmässig auf den grossen ada-Events zusammentreffen.

join-ada.com

Als eines der führenden Unternehmen für Engineering und Business-Consulting mit Kopf, Herz und Tatkraft – ist Kreativität für uns das Wichtigste, um nachhaltige, effiziente Lösungen zu entwickeln. Wir brauchen den Mut, neue Wege einzuschlagen. Gemeinsam mit kreativen Köpfen aus den unterschiedlichsten Branchen überraschen wir mit umfangreichem Know-How, langjähriger Erfahrung und ungesehenen Ideen. Dabei setzen wir uns keine Grenzen – sie sind für uns maximal da, um sie zu überschreiten.

Besuchen Sie unsere Website, um mehr über uns und unsere Leistungen zu erfahren: www.helbling.ch

Helbling Technik

www.helbling.ch

Innovation, together we do it

Samstag, 19. November 2022 Swiss Innovation Forum NZZ-Verlagsbeilage 7
Aarau Bern Wil SG Zürich München Boston San Diego Shanghai
PROF. DR. MIRIAM MECKEL Prof. Dr. Miriam Meckel ist Professorin für Kommunikationsmanagement an der Universität St. Gallen sowie Co-Founder und CEO der «ada Learning GmbH». Miriam Meckel unterstützt Unternehmen beim Lernen von und mit KI STEPHANIE PISTEL
«Mit KI bauen wir unsere Zivilisation um. Wer mitgestalten will, muss verstehen, was da passiert.»
Miriam Meckel

Der bedeutendste Technologiepreis der Schweiz

Die Innovationskraft der Schweiz ist ungebrochen – angetrieben von unzähligen erfinderischen Unternehmen. Neun davon können am Swiss Innovation Forum 2022 auf den 34. Swiss Technology Award hoffen. Die Finalistinnen und Finalisten im Porträt. Von Sandrina Estrada-Glaser

Kategorie «Inventors»

Myleg

Das Start-up MYLEG mit Sitz in Zürich wurde von Giacomo Valle, Andrea Cimolato, Stanisa Raspopovic und Greta Preatoni gegründet. Der Verlust peripherer Empfindungen, der sich auf Pathologien wie Amputationen der unteren Gliedmasse und diabetische periphere Neuropathie auswirkt, birgt ein sehr hohes Risiko für eine veränderte Biomechanik des Gangs, Gleichgewichtsstörungen, ein erhöhtes Sturzrisiko und die Entwicklung chronischer Schmerzen.

MYLEG hilft, die Mobilität der Betroffenen zu verbessern, und Schmerzen, verursacht durch den Verlust peripherer Empfindungen, durch eine tragbare Robotereinheit zu verringern, die das sensorische Feedback durch eine angenehme, nicht-invasive elektrische Stimulation der Haut wiederherstellt. Langfristig will das Start-up eine Lösung anbieten, die funktionelle und gesundheitliche Vorteile für alle Pathologien, die einen Empfindungsverlust verursachen, ermöglicht und die Lebensqualität insgesamt verbessert. Damit diese Patientinnen und Patienten ein normales und unabhängiges Leben ohne Einschränkungen und Schmerzen führen können.

Limula

Das Start-up Limula mit Sitz in Lausanne hat es sich zur Aufgabe gemacht, die fortschrittlichste Therapie für Krebspatientinnen und -patienten anzubieten. CAR-T-Zelltherapien sind sehr genau auf die einzelnen Betroffenen zugeschnitten, werden aus deren eigenen Immunzellen hergestellt und dabei genetisch so verändert, dass Tumorzellen gezielt abgetötet werden. Der aktuelle Ansatz zur Herstellung von CAR-T-Zellen beruht in hohem Masse auf offenen manuellen Schritten, was die Herstellung aufwendig, komplex und sehr teuer macht. Die Mitbegründer von Limula – Luc Henry, Yan Pierson und Thomas Eaton – haben mit ihrem Team eine einzigartige PlattformTechnologie entwickelt, mit der jeder Verfahrensschritt in einer Sequenz und mit einem einzigen Gerät durchgeführt werden kann. Die heute in Entwicklung befindlichen 750 CAR-T-Therapien haben das Potenzial, jedes Jahr das Leben von Millionen Menschen zu retten. Aber erst, wenn sie problemlos in grossem Massstab hergestellt werden können. Limula bietet eine intelligente Lösung, die eine kosteneffiziente Markteinführung neuer Zelltherapieprodukte unterstützt.

Kategorie «Start-ups (Rising Stars)»

PreCom Therapeutics

Für alle Krebspatientinnen und -patienten die richtige Therapie. Das hat sich das Start-up PreCom mit Sitz in Hombrechtikon unter der Leitung von Jens M. Kelm, Peter Steiner und Olivier Mauti zum Ziel gesetzt. Krebs ist eine schwere Krankheit, an der jedes Jahr mehr als zehn Millionen Menschen erkranken. Heute stehen viele unterschiedliche Medikamente für verschiedene Krebsarten zur Verfügung. Leider reagieren alle Betroffenen unterschiedlich darauf oder entwickeln eine Resistenz gegen die Behandlung. Die neuartige 3DTwin®-Plattform von PreComb bringt die funktionale Präzisionsmedizin in die Klinik und nutzt die Biopsie der erkrankten Personen zur Vorhersage seines Ansprechens auf ein Medikament und zur Identifizierung wirksamer Therapien. Die Plattform ermöglicht die angenehme Untersuchung von Betroffenen in einem globalen Netzwerk für klinische Arzneimitteltests und fördert den Paradigmenwechsel hin zu datengestützten Empfehlungen für die Krebstherapie. Eine weitere revolutionäre Erfindung, die Krebspatientinnen und -patienten auf der ganzen Welt neue Hoffnung gibt.

Isochronic

Das Start-up Isochronic, ein junges Industrieunternehmen mit Sitz im Kanton Waadt, hat ein neuartiges softwaregesteuertes Robotersystem erfunden. Es ermöglicht der globalen Pick-and-Place-Industrie, ihren Produktionsdurchsatz zu steigern und gleichzeitig die dazu benötigte Produktionsfläche zu verringern.

Der innovative Ansatz wurde von einem Team unter der Leitung von Dr. Melvin Haas, CEO, Dr. Albrecht Lindner, CTO, und Chefingenieur Pierre-Alain Buchs entwickelt. Der Industrieroboter schafft den gleichzeitigen Transfer von verschiedenen Teilen und vervielfacht so die Leistung, wodurch sich der Platzbedarf um bis zu fünfzig Prozent im Vergleich zu aktuellen Lösungen reduziert. Viele Massenherstellungsprozesse, zum Beispiel in der Blech-/Materialschneide- und Verpackungsindustrie, können davon profitieren. Denn: Zeit ist Geld. In einer Welt, in der alles immer schneller umgesetzt werden muss, hat Isochronic mit seinem Robotersystem genau den Puls der Zeit getroffen. Präzise, flexibel und effizient.

TyrEx

Die Forschungsabteilung von Jörn Piel an der ETH Zürich verfolgt zusammen mit Edgars Lakis und Daniel Richter einen neuen chemischen Ansatz bei der Herstellung und Verbesserung von Krebstherapeutika. Dadurch werden Forschende in der Lage sein, die Wirksamkeit einer Klasse von Krebstherapeutika, den sogenannten Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten, zu verbessern. Für viele Krebsarten ist die klassische Chemotherapie häufig noch die einzige verfügbare Behandlungsform. Ein Zellgift tötet Krebszellen ab, schädigt aber auch gesunde Zellen. Moderne Krebstherapien greifen den Krebs gezielter an. Dazu gehört zum Beispiel auch der Ansatz der AntikörperWirkstoff-Konjugate. Der Prototyp der chemischen Reaktion wurde bereits entwickelt. Aktuell arbeitet das Forschungsteam an der Herstellung von Prototyp-Arzneimitteln, die in vorklinischen Versuchen getestet werden. Während der Therapie müssen Krebspatientinnen und -patienten heftige Nebenwirkungen ertragen. Dank dem Ansatz von TyrEx wird diese Behandlung in Zukunft hoffentlich ein wenig leichter.

Sevensense Robotics

Sevensense Robotics, ein Spin-off der ETH Zürich, verleiht autonomen mobilen Robotern Augen und Gehirn. CEO Gregory Hitz und sein Team helfen Fahrzeugherstellenden in den Bereichen Logistik und Service-Robotik, drei grundlegende Fragen zu beantworten: Wo sind die Roboter im Moment? Wohin sollen sie als Nächstes gehen? Und wie kommen sie dorthin?

Roboter automatisieren betriebliche Abläufe. Die überwiegende Mehrheit solcher Anwendungen konnte jedoch bisher nicht von der Hilfe von Robotern profitieren, da ihnen die Intelligenz fehlte, in komplexen Betriebsumgebungen zu arbeiten. Hier setzt Sevensense an: Mithilfe von Kameras und leistungsstarken KI-Algorithmen lokalisiert und navigiert ihr Produkt die Roboter zuverlässig und ermöglicht es ihnen, völlig autonom zu arbeiten. Dank den intelligenten Robotern von Sevensense können alle Fahrzeugherstellenden die Automatisierungsrevolution des 21. Jahrhunderts mitgestalten.

8 NZZ-Verlagsbeilage Swiss Innovation Forum Samstag, 19. November 2022
FOTOS: SANDRA BLASER

Kategorie «Industry Innovation»

Die Firma mit Sitz in Oberriet entwickelt, produziert und vertreibt Stahlprofilsysteme sowie Kunststoffprodukte für die Bauindustrie. Der von Priska und Christoph Jansen geführte Familienbetrieb ist auch auf dem Gebiet der Erdwärme technologisch führend. Das schiere Ausmass der Ressourcen unseres Planeten ist immer wieder faszinierend. JANSEN hat einen Weg gefunden, einen Teil dieser Ressourcen schonend und effizient verfügbar zu machen: Mit JANSEN hipress hat die Firma die stärkste Erdwärmesonde der Welt entwickelt. Sie kann bis zu einer Tiefe von 500 Metern vordringen. Ausserdem trotzt sie hohen Druckbelastungen und rauen Baustellenbedingungen und bietet daher maximale Langlebigkeit und Sicherheit. Die Erde ist ein gewaltiger Energiespeicher. JANSEN ist Experte, wenn es darum geht, diesen Speicher zum Heizen oder Kühlen nutzbar zu machen.

DuPont

DuPont ist ein international tätiges Unternehmen mit Sitz im Kanton Schwyz. Es liefert eine Vielzahl von technologiebasierten Produkten und Lösungen für die Automobilbranche. In Elektrofahrzeugen stellen die Antriebsbatterien mit ihrer höheren Energiedichte eine Herausforderung für ein sicheres und effizientes Wärmemanagement dar. Elektrofahrzeugbatterien brauchen eine aktive Kühlung und ein effizientes Wärmemanagement, um eine hohe Leistung zu erreichen.

Unter der Leitung von Dr. Sergio Grunder, leitender Wissenschaftler von DuPont, entwickelte ein Team in der Schweiz BETATECH™, ein Material, das sich durch hohe Wärmeleitfähigkeit auszeichnet. BETATECH™ ist ein dosierbares Material mit hoher Wärmeleitfähigkeit und wird zwischen den Batteriezellen und der Kühlplatte angebracht. Es trägt dazu bei, die Batterie sowohl während des Ladens als auch im Betrieb auf optimaler Temperatur zu halten. Mit der Unterstützung innovativer Lösungen wie BETATECH™ können Elektrofahrzeuge einen wichtigen Beitrag zur Verringerung unserer CO2-Emissionen und der Erreichung globaler Ziele leisten.

Entstehung des Pokals

Die Entwicklung des Pokals fand in Zusammenarbeit mit der Innovationsfabrik Creaholic statt. Die Basis für die Trophäe bildet eine neue Technologie des Baustoffunternehmens CEMEX: der Beton der Zukunft – ein kohlenstoffnegativer Beton, der sowohl recycelten Beton als auch andere Arten von Abbruchabfällen enthält. Drei Schlüsselinnovationen liegen dieser Errungenschaft zugrunde:

1. Ein Zement, der ausschliesslich durch eine innovative, durch Sonneneinstrahlung betriebene Technologie hergestellt wird – ohne fossile Brennstoffe.

Award-Partner

Schleuniger Group

Die Schleuniger Group aus Thun ist ein international führender Technologiekonzern in der Kabelverarbeitungs- und Prüfindustrie. Die Geschäftsführer Dr. Dieter Woschitz, Stefan Büchler und Dr. Frank Breme und ihr Team wissen: Die Fähigkeit, jeden Kabel- und Steckertyp zu nutzen, wird in absehbarer Zukunft unabdingbar sein. Deshalb entwickelte Schleuniger die Transfer Line Family S70. Sie ist die erste Plattform für komplexe Koaxial- und mehradrige Kabelanwendungen auf ein und derselben Maschinenkonfiguration. Dies optimiert den gesamten Bearbeitungsprozess, den Maschinenpark sowie den Personal- und Platzbedarf einer Anlage. Die offene Architektur ermöglicht darüber hinaus einen langjährigen Einsatz der Plattform und schützt so die Investition der Kundschaft. Diese innovative Entwicklung steht in vollem Einklang mit der Vision der Schleuniger Group: «Wir glauben an eine Welt ohne technische Grenzen.»

2. Ein Mineral, das die einzigartige Fähigkeit hat, CO2 zu absorbieren und die Festigkeit des Materials zu erhöhen.

3. Zurückgewonnener Beton und Abbruchabfälle, die dank speziellen chemischen Zusatzmittelen in wiederverwertbare Zuschlagstoffe umgewandelt werden.

Der CO2-freie Zement ist ein neuartiges Mineral, worin recycelter Beton und Abbruchabfälle auf einzigartige Weise kombiniert werden, um die nachhaltigen Eigenschaften des Betons zu verbessern, ohne die technische Leistung und die Lebensdauer zu beeinträchtigen.

Der Swiss Technology Award

Innovationen sind für die Schweizer Wirtschaft die entscheidenden Treiber des Fortschritts; sie sichern unseren Wohlstand. Mit der Verleihung des Swiss Technology Awards wird diese Innovationskultur unterstützt und gefördert. In drei Kategorien werden jedes Jahr herausragende technologiebasierte Innovationen und Entwicklungen von Start-ups, Hoch- und Fachhochschulen sowie etablierten Unternehmen prämiert. Die Finalistinnen und Finalisten der Kategorie «Inventors» haben bei ihren Forschungs- oder Entwicklungsarbeiten einen Durchbruch erreicht und sind auf dem Weg, mit einem Prototyp die Funktionsfähigkeit ihrer Idee zu zeigen. Der Fokus liegt hierbei im Bereich der Technologie und noch weniger beim Businessplan.

Die «Start-ups» («Rising Stars») haben die Umsetzung ihrer Idee bereits mit einer Betriebsstruktur konkret in die Hand genommen. Ihr Produkt ist definiert, Prototypen existieren idealerweise. Sie haben sich eingehend mit den Finanzierungs-, Produktions- und Vermarktungsmöglichkeiten auseinandergesetzt und können einen soliden Businessplan vorweisen.

Die drei Besten der Kategorie «Industry Innovation» entsprechen einer etablierten Firma mit einem bestehenden und erfolgreichen Produktportfolio. Durch ihre F&EAktivitäten bringen sie immer wieder neue, überzeugende Lösungen auf den Markt, welche klare Vorteile in einer oder gar allen Dimensionen der Nachhaltigkeit bringen. swiss-innovation.com

Samstag, 19. November 2022 Swiss Innovation Forum NZZ-Verlagsbeilage 9
Jansen
Schweizerische Eidgenossenschaft C onfédération suisse C onfederazione Svizzera C onfederaziun svizra Innosuisse – Schweizerische Agentur für Innovationsförderung
«Die Auszeichnung mit dem hochrangigsten Technologiepreis der Schweiz war für uns Bestätigung und Wertschätzung unserer Arbeit und Qualität, gleichzeitig ein Verkaufsargument, das sich sowohl extern als auch intern vermarkten lässt. Ich bin gespannt auf die diesjährigen Preisträger.»
Alexander Domahidi, Co-Founder und CTO von Embotech, STA-Preisträger 2021

Der weite Weg zum Kern der Milchstrasse

Der 10. April 2019 war nicht nur für Astronominnen und Astronomen ein denkwürdiger Tag. Millionen von Menschen konnten zum ersten Mal überhaupt das Bild eines Schwarzen Loches betrachten. Doch der Weg von der ersten Theorie bis zum tatsächlichen Beweis war etwas weiter als «nur» 55 Millionen Lichtjahre entfernt und mündete in einer globalen Kollaboration.

BOTOND KALOTAY

Vor etwas mehr als drei Jahren gelang es dem Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die ersten Aufnahmen eines Schwarzen Loches zu erarbeiten. Das Event-Horizon-Telescope-Projekt startete die internationale Zusammenarbeit im Jahr 2017 und sammelte Daten von acht Teleskopen, welche zwischen Spanien und der Antarktis die ganze Welt abdeckten. Mit weltweit über sechzig beteiligten Institutionen arbeitete das Team um Heino Falcke an einem internationalen Riesenprojekt, welches sich dem Erforschen des Weltalls widmete. Dank modernsten Technologien und einem scheinbar wiederentflammten Willen, die weiten des Universums zu erforschen, konnte nun bewiesen werden, was bereits vor knapp 250 Jahren zum ersten Mal vorhergesagt wurde. Dies zeigt, nicht jede Idee, Innovation oder Theorie trifft sofort auf Anklang.

Umdenken braucht Zeit

Bereits im Jahr 1783 berechnete der englische Naturphilosoph und Geologe Reverend John Mitchell, dass es Sterne geben muss, dessen Anziehungskraft stärker ist als die Lichtgeschwindigkeit. Gemäss dieser Theorie musste es also Sterne mit einer solch enormen Masse geben, dass nicht einmal die feinen Lichtpartikel deren Gravitation entfliehen können. Damals stiess die Theorie nicht auf viel Interesse. Erst Einsteins Relativitätstheorie gab der Forschung an Schwarzen Löchern neuen Aufschwung. Obwohl nicht einmal Einstein selbst an deren Existenz geglaubt hatte. Es waren Physiker wie Schwarzschild und Oppenheimer, welche mit Einsteins Modell die ersten Berechnungen als Nachweis für die Entstehung von Schwarzen Löchern aufstellten. Weitere Thesen zu Schwarzen Löchern folgten in den 70er-Jahren durch Stephen Hawking, welcher diese nutzte, um den Widerspruch von Quantenphysik und Relativitätstheorie aufzuzeigen. Doch trotz vermehrten theoretischen Beweisen für die Existenz von Schwarzen Löchern waren sich viele dennoch unsicher, ob sich solche Giganten tatsächlich in unserem Universum formen können. Genauso umstritten war die These, dass sich im Zentrum unserer Galaxie ein solches Objekt befindet.

Von der Faszination zum Projekt

Die Vorstellung, dass sich im Zentrum der Milchstrasse ein Schwarzes Loch befinden könnte, weckte damals auch das Interesse eines jungen Physikstudenten aus Köln. Heino Falcke wurde durch einen Artikel auf den möglichen Riesen unserer Galaxie aufmerksam. Kurze Zeit später wechselte er zum Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, um seiner neuen Faszination nachzugehen. Anfang der 90er-Jahre war eine äusserst spannende Zeit für die Forschung an unserer Galaxie. Erste Radiobilder vom galaktischen Zentrum der Milchstrasse wurden veröffentlicht. Dieser Bereich, bestehend aus kompakten Radioquellen, wurde Sagittarius (Sgr) A* getauft. Die entstandenen Bilder bildeten aber einen eher unspektakuläre hellen Fleck ab, welcher nicht viel darüber preisgaben, ob sich wirklich ein Schwarzes Loch inmitten von Sgr A* verstecken könnte. Theoretische Nachweise häuften sich zwar, doch der eindeutige Beweis, ein scharfes Bild, schien fast unmöglich. Dennoch entschied sich Falcke, seine Forschung fortan einem solchen Bild zu widmen. Bereits einige Jahre später schien Falcke auf eine Lösung gestossen zu sein. Zwar gab und gibt es kein einzelnes Teleskop, welches fähig war, eine scharfe Aufnahme von Sgr A* zu machen, doch kombiniert man die

Messungen von mehreren Radioteleskopen, könnte man das Unmögliche möglich machen.

Event Horizon Telescope – das Unsichtbare sichtbar machen

Die nächsten fünfzehn Jahre verbrachte Heino Falcke damit, die wissenschaftliche Gemeinschaft von seiner Idee zu überzeugen. Dies war jedoch eine Herausforderung, da es noch nicht viele Teleskope dieser Art gab und die Bestehenden nicht über die finanziellen Mittel verfügten, um sich an einem Projekt zu beteiligen, dessen Erfolg bei Weitem nicht garantiert war. Anfang der 2000er häuften sich schliesslich erste Erfolge bei der Bemessung von Sgr A*. Messungen kontinentaler Radioteleskopverbunde in den USA gaben dem Projekt von Falcke neuen Wind. Unter anderem führten auch diese Erfolge dazu, dass das Vorhaben von Falcke und seinen Partnern im europäischen Strategiepapier zur Zukunft der Astronomie als eine der wichtigsten Ideen des kommenden Jahrzehnts anerkannt wurde. Nur drei Jahre später folgte dann eine ähnliche Anerkennung aus den USA, und im «Astronomy and Astrophysics Decadel Survey» präsentierte sich nun die multinationale Kollaboration das erste Mal unter ihrem neuen Namen. Nach fast 25 Jahren war das Projekt «Event Horizon Telescope» endlich Realität. Welche Herausforderungen der Zusammenarbeit waren erzählt Heino Falcke im Interview.

Was können Sie jungen Forschenden oder Unternehmerninnen und Unternehmern raten, welche zwar eine Idee haben, jedoch auch vielem Widerstand noch trotzen müssen?

Heino Falcke: Skepsis würde ich als etwas Positives entgegennehmen. Denn das Wichtigste in der Wissenschaft, wie auch in der Innovation, ist die Selbstskepsis. Weil so entdeckt man auch die versteckten Möglichkeiten. Andererseits muss man dann aber auch radikal vernünftig sein. Man muss an einer Idee, welche Sinn macht, auch festhalten und diese immer wieder in Diskussionen erproben, Gegenargumente annehmen und von diesen lernen. Denn da

steckt auch immer ein Körnchen Wahrheit mit drin.

Man muss also mit der Kritik spielen. Wenn man dann die richtigen Argumente gefunden hat, kann die Idee auch vorangetrieben werden und sich so Verständnis erarbeiten.

Kommt es also nur auf die richtigen Argumente an?

Das Wichtige ist: Man muss auch die Lücken finden, in welche man vorstossen kann. Manchmal scheitert der direkteste Weg an verkrusteten Strukturen oder veraltetem Denken. Manchmal ist die Gesellschaft noch nicht reif, dann muss man an kleinen Stellen zeigen, dass es geht, und dann in dem Moment, wo der Umschwung kommt, muss man eben auch da sein. Dann, wenn es losgeht, muss man bereit sein, um mitzumarschieren, und zwar ganz vorne mitzumarschieren.

Was kommt dann nach der Überzeugungsarbeit? Was brauchte es, damit das Projekt erfolgreich war?

Da dieses Projekt eigentlich aus mehreren konkurrierenden kleinen Gruppen bestand, war es wichtig, daraus eine grosse Kooperation zu machen, welche an gemeinsamen Interessen ausgerichtet war. Gleichzeitig war es aber auch wichtig, einen Wettbewerb innerhalb der Kollaboration zu pflegen.

Inwiefern brauchte es den Wettbewerb?

Wir wollten gewisse Ansätze mehrfach haben. Wir haben also mit teilweise vier bis fünf verschiedenen Methoden gearbeitet. Denn hat man nur eine Methode, eine Option, dann ist man sehr fehleranfällig. Durch unseren internen Wettbewerb wurden allfällige Fehler aber sehr stark herausgearbeitet. Dieser Ansatz macht die Kollaboration natürlich aber auch sehr anstrengend. Denn man musste ein grosses gemeinsames Ziel definieren und explizit festlegen, dass man dieses Ziel auch gemeinsam erreicht. Gleichzeitig musste man aber auch allen in diesem Prozess die Möglichkeit geben, sich selbst zu profilieren.

Bestand also die Gefahr, dass sich einzelne Teams vom Projekt loslösten?

Genau, die Gefahr bestand immer wieder. Deshalb ist es auch wichtig, ein solches Projekt strategisch zu planen und dabei auch gewisse Abhängigkeiten zu minimieren. Man muss einander aber auch vor Augen halten, dass man gemeinsam mehr Schlagkraft hat. Denn man steht auch immer in Konkurrenz mit anderen wissenschaftlichen Themen und in diesem Umfeld sind einem nicht alle wohlgesonnen. Die kleinsten Fehler im Projekt werden direkt gegen einen verwenden. Hier war es enorm hilfreich, dass man Unstimmigkeiten innerhalb der verschiedenen Gruppen bereits ausdiskutiert hat und anschliessend als geschlossene Einheit das Resultat präsentieren konnte. So hatten wir auch viel weniger Kritik als ursprünglich erwartet.

Und von ausserhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft, gab es da mehr Kritik? Denn Weltraumforschung kann sehr teuer werden. Was ist in Ihren Augen die Rechtfertigung für solche Projekte, wenn das Geld auch für scheinbar dringendere Themen eingesetzt werden könnte?

Rein wissenschaftlich kann man natürlich argumentieren, dass Weltraumforschung Innovationen schafft, neue Generationen von Forschenden inspiriert und dass dadurch auch neue Technologien entstehen. Das ist immer die Standardargumentation. Für mich ist es aber einfach die Beantwortung der Grundfrage. Die Frage nach unseren Ursprüngen. Der Mensch will entdecken und verstehen. Der Mensch ist neugierig und strebt nach neuen Kontinenten und neuen Welten. Selbst wenn das gar nicht nötig ist. Genau diese scheinbar nutzlose Neugier macht den Menschen zu etwas Besonderem.

Was hoffen Sie, mit dem Bild eines Schwarzen Loches für die nächste Generation bewirken zu können?

Das Bild soll inspirieren. So wie ich durch die Mondlandung damals inspiriert wurde. Ich hoffe, dass durch meine Arbeit junge Studierende oder junge Forschende inspiriert werden und dadurch wieder ganz neu denken. Denn dadurch können wiederum neue Innovationen und Erkenntnisse entstehen.

10 NZZ-Verlagsbeilage Swiss Innovation Forum Samstag, 19. November 2022
Die entstandenen Bilder von Sgr A* und M87*. EHT
COLLABORATION
«Jede neue Theorie, jede neue Entdeckung muss sich gegen die natürliche Skepsis durchsetzten, um sich zu beweisen.»
Heino Falcke
BORIS BREUER
Prof. Dr. Heino Falcke Astrophysiker & Autor

Digitalisierung in der Landwirtschaft

Unkrautvernichtung auf Feldern mithilfe intelligenter Technologien. Das ist das Ziel eines von Innosuisse geförderten Schweizer Innovationsprojekts.

Arbeitskräftemangel, steigende Löhne, die Abschaffung vieler Pflanzenschutzmittel und in jüngster Zeit steigende Düngemittelpreise sind nur einige der Herausforderungen, mit welchen sich

Förderung für KMU und Start-ups

Innosuisse ist die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung. Durch die Stärkung von wissenschaftsbasierten Innovationen und des Unternehmertums trägt Innosuisse zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung auf nationaler und globaler Ebene bei. Der Innosuisse Guide führt Sie in wenigen Schritten zum passenden Förderangebot. innosuisse.guide

die landwirtschaftliche Produktion konfrontiert sieht. «Die grösste langfristige Herausforderung ist der Kampf gegen den Klimawandel. Eine Verbesserung der Produktion ist heute unweigerlich mit Innovationen verbunden, mit deren Hilfe sich bestehende Prozesse effizienter gestalten lassen», sagt Patrick Meyer, Projektleiter Innovation and Business Development bei Fenaco.

Zu diesem Zweck bündeln Fenaco, Sunrise, Huawei, Agroscope und die Fachhochschule Ostschweiz (OST) ihr Know-how zur Verwirklichung eines ehrgeizigen Projekts: die Vernichtung von Unkraut, insbesondere Wiesenampfer.

Diese Pflanze hat einen geringen Nährwert, stellt eine Bedrohung für andere Pflanzen dar und verringert die Menge an verfügbarem Futter für die Kühe.

Das Ziel des Projekts ist es, unerwünschte Pflanzen zu kartieren, um sie ohne Verwendung von Pestiziden zu beseitigen. Dafür werden die Kulturen mit einer Drohne fotografiert und die Rohdaten mithilfe von 5G in eine Cloud hochgeladen. Sobald sie in der Cloud sind, werden die Pflanzendaten

in Echtzeit analysiert und identifiziert. Die Ergebnisse werden an einen auf dem Feld stehenden Traktor oder Agrarroboter weitergeleitet, der per GPS zum Unkraut navigiert und es mit heissem Wasser behandelt. «Diese Technologie ist hauptsächlich für Biobetriebe gedacht, kann aber auch von konventionellen Bauernhöfen genutzt werden», sagt Thomas Anken, Gruppenleiter Digital Production bei Agroscope.

Zunehmend vernetzte Landwirtschaft

Die Kombination von 5G, Big Data und cloudbasierten Technologien ist der entscheidende Faktor für den Erfolg dieses Projekts. «Dieses Projekt steht bei-

spielhaft dafür, wie die Landwirtschaft Ergebnisse erzielen kann, die vor 5G nicht möglich gewesen wären», analysiert Alexander Lehrmann, Senior Director Innovation & Development bei Sunrise. «Die Digitalisierung wirkt sich auf jeden Sektor aus, und das ist in der Landwirtschaft nicht anders. Die Daten können bei der Generierung wichtiger Informationen helfen, damit Landwirte effizienter und nachhaltiger arbeiten können.»

Projekt entwickelt sich weiter

Die Suche nach effizienteren Lösungen erfordert manchmal ein Umdenken. Nach zwei Jahren Forschung stellen sich einige neue Herausforderungen. «Die

Das Familienunternehmen des Jahres

Betriebskosten für den Einsatz einer Drohne sind hoch. Möglicherweise werden wir eine möglichst einfache Alternative für das Erfassen von Bildern finden müssen, die den wirtschaftlichen Anforderungen gerecht wird», sagt Patrick Meyer. Das Projekt läuft bis 2023 und die Ergebnisse daraus werden dazu verwendet, die marktgerechteste Technologie zu produzieren.

Das Video zum Innovationsprojekt finden Sie via QRCode auf YouTube. Gleich scannen. Johanne Stettler ist Kommunikationsspezialistin bei Innosuisse.

Seit 140 Jahren vereint die Griesser AG erfolgreich Innovation und Tradition. Im September wurde die Sonnenschutzanbieterin für ihr besonders nachhaltiges und werteorientiertes Agieren mit dem 11. Family Business Award 2022 ausgezeichnet.

SOPHIE ZELLWEGER

Den Familienunternehmen kommt in der Schweiz eine ausserordentliche wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung zu. Sie machen rund neunzig Prozent aller hiesigen Unternehmen aus und beschäftigen etwa zwei Drittel aller Erwerbstätigen.

Mit dem Family Business Award wird jedes Jahr ein besonders verantwortungsbewusstes und unternehmerisch handelndes Familienunternehmen honoriert. Im diesjährigen Finale standen die CTA AG aus Münsingen, die Nachbur AG aus Holderbank und die Griesser AG aus Aadorf. Letztere durfte den Award am 14. September im Rahmen der festlichen Preisverleihung im Berner Kursaal entgegennehmen.

Seit Generationen innovativ

Die Erfolgsgeschichte des Betriebs für Sonnenschutzlösungen beginnt 1882: Mit dem Kauf einer Mühlebauwerkstatt im thurgauischen Aadorf und der Gründung einer Rollladenfabrik legt Anton Griesser den Grundstein für das Unternehmen. Diesem Standort bis heute verbunden, nutzt die Griesser AG ihre langjährige Erfahrung für die Herstellung innovativer und hochwertiger Sonnenschutzprodukte.

Von klassischen Fensterläden, edlen Faltscherenläden über Lamellenstoren für die flexible Tageslichtregulierung bis hin zu handgefertigten Markisen: Griesser gehört heute in Europa zu den führenden Unternehmen für hochstehenden und ästhetischen Sonnenschutz an Fenstern und auf Terrassen.

Täglich sorgen in der Griesser Gruppe rund 1500 Mitarbeitende mit grossem Engagement und Begeisterung dafür, dass die Kundschaft den Komfort hervorragender Sonnenschutzlösungen geniessen kann. Die vielfältigen Pro-

dukte fertigt Griesser in eigenen Werken am Hauptsitz in Aadorf sowie in Frankreich (Carros und Wolschwiller) und in Österreich (Nenzing).

Selbstverständlich nachhaltig

Nachhaltigkeit ist dabei als zentraler Wert in Griessers Genen verankert. Auf ökonomischer Ebene zeigen das die konstanten Eigentümerverhältnisse. Die Familie Strässle ist Inhaberin in vierter Generation, welche Walter Strässle als Verwaltungsratspräsident vertritt. Seit 2019 leitet Urs Neuhauser als CEO Griesser operativ.

Die Griesser AG hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 komplett klimaneutral zu werden.

Im Sozialen äussert sich die nachhaltige Unternehmenspolitik nicht nur im respekt- und verantwortungsvollen Umgang über alle Hierarchiestufen hinweg. Griesser fördert ihre Mitarbeitenden in der hauseigenen Academy aktiv durch Weiterbildungen und Kurse.

Auf ökologischer Ebene hat sich Griesser das Ziel gesetzt, bis 2050 komplett klimaneutral zu werden. Eine Massnahme zur Erreichung dieses Ziels ist die Umstellung der gesamten Unternehmensflotte bis 2030 auf einen emissionsfreien Elektroantrieb. Bis 2035 werden zudem alle Produktionsstandorte klimaneutral sein.

Mit ihrem Pioniergeist reiht sich die Griesser AG als vorbildliches Unternehmen zu den bisherigen Gewinnerinnen und Gewinner des Family Business Award ein: Killer Interior AG (2021), Metzler & Co. AG (2020), Wilhelm Schmidlin AG (2019), 1a hunkeler fenster AG & 1a hunkeler holzbau AG (2018), Jucker Farm AG (2017), Fraisa SA (2016), Wyon AG (2015), Entreprises et Domaines Rouvinez (2014), SIGA Holding (2013) und Trisa AG (2012).

Der Family Business Award

Die AMAG hat den Family Business Award zu Ehren ihres Gründers und Patrons Walter Haefner ins Leben gerufen. Er hat sich stets für eine echte, gelebte und nachhaltige Firmenkultur eingesetzt.

Mit dem Award werden besonders verantwortungsbewusste und unternehmerisch wirkende Familienunternehmen aus der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein prämiert. Zudem verfolgt der Award den Zweck, auf die grosse volkswirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen in der Schweiz aufmerksam zu machen.

Für die Wahl des siegreichen Unternehmens ist eine zehnköpfige Jury verantwortlich, die aus erfahrenen, fachlich bestens ausgewiesenen Persönlichkeiten besteht. Präsidiert wird die Jury von Gabriela Manser, Co-CEO und Verwaltungsratspräsidentin der Goba AG, Mineralquelle und Manufaktur und Präsidentin der Handels- und Industriekammer AI.

Samstag, 19. November 2022 Swiss Innovation Forum NZZ-Verlagsbeilage 11
Wirtschaft und Forschung arbeiten Hand in Hand – drei der fünf Projektpartner bei der Arbeit «auf dem Feld». INNOSUISSE Die Griesser AG mit der Jurypräsidentin Gabriela Manser (4. v. r.), dem Verwaltungsratspräsidenten der AMAG Group AG Martin Haefner (6. v. r.) und dem CEO der AMAG Group AG Helmut Ruhl (links). SANDRA BLASER

Welche Bedeutung hat Innovation für Sie persönlich und wie übertragen Sie Ihre Philosophie auf den Europa-Park?

Michael Mack: Mein Verständnis von «Innovation» überschneidet sich mit dem Leitspruch unseres Stammhauses MACK Rides: «Die weite Welt ist mein Feld.» Diesen Gedanken leben wir im Unternehmen, egal ob im Bereich unserer Attraktionen, die von MACK Rides in Waldkirch aus in die ganze Welt exportiert werden, über unser europäisches Themenkonzept bis hin zu unseren neuesten Produktionen im Bereich digitaler Filmproduktionen oder VR-Erlebnissen.

Wir sind stolz darauf, als Familienunternehmen auf eine lange Tradition zurückzublicken und die daraus gewonnenen Werte und Erfahrungen mit Fortschritt und Innovation zu verknüpfen. Der Zusammenhang von wirtschaftlichem Erfolg und der Bereitschaft zur Erneuerung prägt unser Leitbild seit jeher. Wir scheuen nicht davor zurück, uns immer wieder neu zu erfinden und dabei nicht nur mit der Zeit zu gehen, sondern uns auch auf bislang unbekanntes Terrain zu begeben. Unsere Besucherinnen und Besucher können mit YULLBE beispielsweise in ein atemberaubendes VRAbenteuer eintauchen und haben die Möglichkeit, sich selbst und ihre Familie in einer neuen Wirklichkeit zu erleben.

Bei dieser einzigartigen «Full Body Tracking Free Roaming VR-Experience» können erstmals weltweit bis zu acht Personen gemeinsam und 32 Nutzer gleichzeitig ein fantastisches Abenteuer erleben und sich spannenden Herausforderungen stellen. Sie können wie in einem Traum Naturgesetze aufheben, fantastischen Wesen begegnen und überirdische Kräfte erlangen.

Wie können Entwicklungen in der Virtual Reality zu Innovationen im EuropaPark führen?

Wir arbeiten konsequent daran, unsere Besucherinnen und Besucher mit neuen Erlebnissen und Technologien zu begeistern. Mittlerweile können wir klassisches Achterbahnvergnügen mit virtuellen Welten vereinen, unsere Gäste können diese Fusion im «Eurosat – CanCan Coaster» erleben. Oder wir lassen den Traum vom Fliegen im «Voletarium» wahr werden. Besonders stolz bin ich aber darauf, dass wir unseren Gästen mit der VR Experience YULLBE absolut ungeahnte Erfahrungen ermöglichen können.

Der Visionär hinter den digitalen Innovationen im Europa-Park

Michael Mack, geschäftsführender Gesellschafter Europa-Park und Gründer von MACKNeXT, ist im Europa-Park Erlebnis-Resort für digitale Innovationen zuständig. Er hat seine Leidenschaft für moderne Technik, Filme und Computerspiele perfektioniert und daraus eine ganz eigene Welt in der Freizeitbranche erschaffen. Der Visionär aus Rust erzählt, was Innovation für ihn bedeutet und welche Rolle neue Innovationen in der Freizeitbranche in Zukunft spielen werden.

Auch bei unseren Attraktionen «Alpenexpress Coastiality» und «Eurosat Coastiality» haben wir abermals neue Massstäbe gesetzt und virtuelle Welten eingebaut. Achterbahnfans können die bekannten Bahnen auf eine neue Weise erleben. Die Gäste nehmen in der Bahn Platz, setzen eine VR-Brille auf und vor ihren Augen eröffnet sich eine animierte, fantastische 3D-Welt!

Warum sollten Besucherinnen und Besucher in Zukunft noch in den EuropaPark gehen, wenn sie mit den neuesten Innovationen Freizeitparks in der virtuellen Welt besuchen können?

Ein Besuch im Freizeitpark ist ein soziales Ereignis, was zu Hause im Wohnzimmer mit VR-Brillen nicht nachempfunden werden kann. Unsere Gäste kommen mit ihren Familien, ihren Freunden oder Bekannten und erleben einen Tag voller Eindrücke, die man digital nicht erleben kann. Gerüche, Pflanzen und spontane Begegnungen werden auch in Zukunft nicht so einfach virtuell erlebbar sein, weshalb ein Besuch im Freizeitpark auch weiterhin ein reales Erlebnis bleiben wird. Wir investieren weiterhin viel Zeit und Energie in neue Innovationen und werden unseren Gästen auch

in Zukunft viele Neuheiten präsentieren, sowohl in der virtuellen als auch in der realen Welt. Damit bleiben wir auch einem Eckpfeiler unserer Unternehmenswerte treu: Innovation wagen, ohne Tradition zu vergessen.

Wie macht man den Spagat zwischen Tradition und Innovation?

Unser Familienunternehmen blickt auf eine mehr als 240-jährige Geschichte zurück, mein Bruder Thomas, meine Schwester Ann-Kathrin und ich bilden die achte Generation. Besonders der Mut, sich immer wieder selbst neu zu erfinden ist es, was Familienunternehmen wie unseres so stark macht. Wir stehen stets vor der Herausforderung, neue und kreative Ideen zu entwickeln, während wir unseren traditionellen Werten, die uns bis heute ausmachen, treu bleiben wollen. Zu Beginn dieses Jahres haben wir beispielsweise unsere eigene Streaming-Plattform VEEJOY etabliert, dort gibt es unter anderem Filme, Serien und auch Podcasts für Kinder und Erwachsene. Digitalisierung ist für mich das Tor in eine Welt voller Fantasie und unbegrenzter Möglichkeiten. Unsere Zukunft ist nur durch Innovationen gesichert, denn wir müssen die Zukunft aktiv gestalten.

Welche Vision haben Sie für die Zukunft einer der erfolgreichsten Freizeitparks der Welt?

Schon mein Vater pflegte zu sagen: «Wir denken nicht in Quartalen, sondern in Generationen.» Dieser Meinung bin ich auch! Eine Vision muss Bestand haben, benötigt gleichzeitig aber auch Raum, um sich entfalten zu können. Ich bin der Meinung, dass die Zukunft der Freizeitbranche weit über die Grenzen des eigentlichen Erlebnisses hinausgehen wird. Es reicht nicht mehr, unseren Gästen nur ein Erlebnis vor Ort zu bieten, sie wünschen sich ein Rundum-Paket. Das «EuropaPark-Feeling» soll bereits vor dem Besuch fühlbar sein und auch lange nach der Heimreise bestehen bleiben. Das ist unser Ziel und daran arbeiten wir täglich intensiv. Mit unserer StreamingPlattform VEEJOY haben wir bereits eine Möglichkeit geschaffen, dass unsere Besucher das Europa-Park Erlebnis-Resort direkt im Wohnzimmer erleben können.

Der wichtigste Megatrend, der in Zukunft in unserer Branche immer mehr an Bedeutung gewinnen wird, ist die Digitalisierung. Wir können uns diesen rasanten Entwicklungen nicht entziehen, wir müssen und werden jeweils

zeitnah passende Angebote für unsere Gäste entwickeln. Wir sind bereits die ersten Schritte gegangen: Über unsere App können die Gäste sich mit einem VirtualLine Ticket kostenlos virtuell in Warteschlagen stellen. Wenn sie dann zur gewählten Zeit an der Attraktion sind, können sie die Bahn direkt fahren. Unsere Gäste werden täglich digitaler, dann müssen wir es auch!

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Wann und wo kommen Ihnen die besten Ideen?

Der persönliche Austausch mit anderen Personen – Mitarbeitenden, externen Partnern und natürlich vor allem innerhalb der Familie – ist in meinen Augen ein zentraler Bestandteil unseres Erfolgs. Bevor wir ein grosses Projekt angehen, wird es in allen Details intensiv in unserer Familie besprochen. Natürlich gibt es in diesen Gesprächen verschiedenste Blickwinkel, aber wir profitieren von den vielfältigen Meinungen und Fachgebieten, die im Familienkreis zusammenkommen. Nur durch diese wertvollen Inputs entstehen am Ende auch unsere erfolgreichen Innovationen.

Zur Person

Mit der Mitgründung von VR Coaster setzte Mack 2015 den ersten Grundstein für die Integration von virtuellen Welten in die Geschäftsfelder des Europa-Park Erlebnis-Resort sowie von MACK Rides. Ein Jahr später kam der Schritt zum geschäftsführenden Gesellschafter des Europa-Park, wo er bis heute für die Bereiche Research & Development, Marketing, Sales & Digital, IT und die strategische Ausrichtung des Europa-Park sowie die Beteiligungsfirmen MACKNeXT, MACK Animation, VR Coaster und MACK Rides zuständig ist. Darüber hinaus verantwortet Michael Mack die Entwicklung und Integration neuer Geschäftsfelder. Mit seinen Ideen und Innovationen setzt er weltweit neue Massstäbe, nicht zuletzt deswegen erhielt Michael Mack mit MACKNeXT 2020 die Auszeichnung «Innovator des Jahres», den grössten Publikumspreis der deutschen Wirtschaft.

12 NZZ-Verlagsbeilage Swiss Innovation Forum Samstag, 19. November 2022
Michael Mack, geschäftsführender Gesellschafter Europa-Park und Gründer MACKNeXT. EUROPA-PARK

Wenn Algorithmen Verträge prüfen

Der Fachkräftemangel setzt Rechtsabteilungen unter Druck. Entlastung versprechen KI-Anwendungen. Künstliche Intelligenz kürzt aufwendige Vertragsprüfungen ab.

PAUL HENKEL

In keiner anderen Branche in Deutschland fehlten 2021 laut KfW-Ifo-Fachkräftebarometer so viele Fachkräfte wie in der Rechts- und Steuerbranche. Eine Folge: Unternehmen gewinnen in vielen Geschäftsbereichen zwar Effizienz durch digitale Tools und Automatisierung, verlieren das Tempo aber in ihren Rechtsabteilungen: Juristische Prüfungen brauchen Zeit, Konzentration und Fachwissen. Sie gehörten bisher zu den Aufgaben, die sich nicht digital beschleunigen liessen. Das ändert sich jetzt allerdings. Künstliche Intelligenz (KI) hält Einzug in die Rechtsabteilungen. Wo sich Juristinnen und Juristen früher stundenlang durch Dokumente und Aktien lesen mussten, sollen smarte Algorithmen auf Knopfdruck Erkenntnisse liefern – und obendrein menschliche Schwächen ausgleichen: Denn anders als Personen mit juristischer Ausbildung ermüdet eine KI nicht. Sie liefert – einmal konfiguriert – gleichbleibende Qualität, Fehler nahezu ausgeschlossen.

Bis zu 40 Prozent schneller Wird künstliche Intelligenz Juristinnen und Juristen also bald ersetzen? Nein, aber sie kann zeitintensive Prüfungen bereits heute signifikant abkürzen. Vor allem in der Vertragsprüfung liefern KI-Anwendungen erstaunliche Verbesserungen.

Das Karlsruher KI-Unternehmen thingsTHINKING gehört mit seiner Lösung semantha® zu den Vorreitern in der «Para»-Legal-Tech-Szene. «Mit semantha® sparen Juristen bis zu 40 Prozent der Zeit, die sie sonst für Vertragsprüfungen einplanen mussten», betont CEO und Gründer Sven Körner. Das Geheimnis hinter dem Effizienzgewinn: Der KI-Algorithmus ist in der Lage, Dokumente auf Bedeutungsebene zu verstehen und kann so bei verschiedenen Prozessen mit Dokumenten bzw. Text unterstützen.

KI-Anwendung versteht Texte

Ändern geschäftliche Kontakte Vereinbarungen oder Verträge, mussten Juristinnen und Juristen bestehende und neue bisher manuell abgleichen. Zwar existieren Tools, die identische oder abweichende Passagen in digitalen Dokumenten anzeigen, doch die Ergebnisse sind bis dato meist nicht verlässlich. Denn die Anwendungen gleichen

Texte Wort für Wort ab. Sobald Inhalte anders formuliert sind als im Begriff-Set der Software vorgesehen oder an einer anderen Position im Dokument stehen, werden diese nicht erkannt.

Hier spielen KI-Anwendungen wie semantha® ihre Stärke aus: Da die Software die Bedeutung von Worten versteht, erkennt sie Inhalte in jeder Formulierung. Nutzende können alte und neue Textdokumente analysieren und definierte Passagen prüfen lassen, oder sich Neuerungen und Änderungen aufzeigen lassen.

Der Mensch hat das letzte Wort Auch bei völlig neuen Verträgen hilft künstliche Intelligenz, Risiken zu erkennen: Verknüpfen Unternehmen das Tool mit internen und externen Datenbanken, kann semantha® Verträge zum Beispiel auf Einhaltung von DIN-Normen oder Vertriebsvereinbarungen prüfen. Problematische Passagen kennzeichnet die Software. semantha® folgt dem Human-in-the-Loop-Ansatz, die finale Prüfung bleibt immer bei der Anwenderin oder beim Anwender. «Aber die KI leis-

tet Vorarbeit, die den Weg zur Entscheidung radikal abkürzt», so Körner.

In Zukunft Mainstream

Die Qualität dieser Vorarbeit ist das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zwischen den derzeit erhältlichen KI-Vertragsprüfungstools. Viele Algorithmen müssen erst über Monate hinweg trainiert werden, damit der Abgleich zwischen Unternehmensvorgaben und neuen Dokumenten gelingt. Einige Tools bieten vortrainierte KI, was die Dauer

und Kosten des Trainings reduziert. Bei semantha® entfällt diese Lernphase aber komplett. Denn die KI liest und versteht Texte ähnlich wie ein Mensch. Das macht die Anwendung kosteneffizient und zudem vielseitiger als andere Lösungen. Geschäftsführungen haben ihre anfängliche Skepsis gegenüber KI mitt-

lerweile abgelegt. Stattdessen läuft das Wettrennen, wer die noch junge Technologie am geschicktesten zu seinem Vorteil einsetzt, auch im Rechtsbereich. Analystinnen und Analysten prognostizieren, dass der Legal-Tech-Markt von 27,6 Milliarden Euro (2021) auf 35,6 Milliarden Euro 2028 wachsen wird. Sven Körner ist sich sicher: KI wird bald Standard in der Rechtsarbeit: «Die Digitalisierung treibt das Tempo derart an, dass Rechtsabteilungen ohne KI zu Wachstumsbremsen werden. Das kann sich kein Unternehmen leisten.»

Paul Henkel ist freier Autor.

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Sven Körner, Gründer von thingsTHINKING. THINGSTHINKING
«KI leistet Vorarbeit, die den Weg zur Entscheidung radikal abkürzt»
Sven Körner

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