Offenblatt 04/2020

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Nr. 4, 8. Februar 2020

Amtsblatt der Stadt Offenburg

www.offenburg.de

Im Fokus der Geschichte

SERIENSTART

Offenburgs Landgericht zwischen Erzberger und Hindenburg – Gedenktafel eingeweiht

Bis zum Besuch der Jury läuft im OFFENBLATT eine siebenteilige Serie zur Landesgartenschaubewerbung der Stadt Offenburg. ❚ Seite 3 BAUBEGINN

16 Straßen und Brücken will die Stadt Offenburg in diesem Jahr sanieren. Hinzu kommen Maßnahmen von Kreis und Land.

Gedenktafel: Landgerichtspräsident Christoph Reichert (l.) und OB Marco Steffens mit Eva Mendelsson

Oberbürgermeister Marco Steffens und Landgerichtspräsident Christoph Reichert haben vor dem Landgericht Offenburg eine Gedenktafel für den Zentrumspolitiker Matthias Erzberger eingeweiht. An der Zeremonie nahmen etwa 120 Menschen teil, unter ihnen die Offenburger Holocaust-Überlebende Eva Mendelsson. Zeitgleich mit der Einweihung der Stele wurden Informationstafeln an den Straßenschildern der Hindenburgstraße angebracht, in der sich auch der Haupteingang des Landgerichts befindet. Sie beleuchten die Rolle des früheren Reichspräsidenten bei der Zerstörung der Weimarer Demokratie. Erzberger, damals Reichsfinanzminister, war 1921 in Bad Griesbach von Rechtsextremisten ermordet worden. Damit geriet das Landgericht Offenburg für über zweieinhalb Jahrzehnte in den Brennpunkt der Geschichte. Offenburger Staatsanwälte verfolg-

ten die flüchtigen Mörder zunächst bis nach München, wurden aber von den bayerischen Behörden daran gehindert, die Täter festzunehmen. Diese flüchteten ins Ausland. Der Kreis zu Paul von Hindenburg schließt sich im Frühjahr 1933. Nach der Machtergreifung der Nazis stellte der Reichspräsident in einem Erlass rechtsterroristische Verbrechen straffrei.

„Unrühmliche Rolle“ Als einem der Täter nach dem Zweiten Weltkrieg doch noch in Offenburg der Prozess gemacht wurde, stellten die Richter nach der Beweisaufnahme das Verfahren ein – unter ausdrücklichem Hinweis auf die Hindenburgverordnung. Eine „unrühmliche Rolle“ habe das Gericht da gespielt, so der heutige Landgerichtspräsident. Erst die Intervention der französischen Militärregierung ermög-

Foto: Lötsch

lichte schließlich die Verurteilung beider Täter. Oberbürgermeister Steffens dankte Stadtrat Ingo Eisenbeiß (Grüne) für die Initiative zur Aufstellung der Erzberger-Stele und erinnerte an die intensive Diskussion um die Hindenburgstraße, an deren Ende die Anbringung der Infotafeln stand. Die Alternative einer Umbenennung, fand keine Mehrheit. „Ich bin froh darüber, dass wir in Offenburg eine differenzierte und lebendige Erinnerungskultur pflegen, bei der wir auch das Landgericht im Boot haben“, sagte der Rathauschef. Mit der Anschrift „Hindenburgstraße“ und der ErzbergerGedenktafel bietet das Landgericht in Offenburg ein weiteres lebendiges Beispiel für das Spannungsfeld historischer Prozesse. Dies war auch Thema des nachfolgenden Podiumsgesprächs im Großen Verhandlungssaal des Offenburger Landgerichts. Mehr auf Seite 9

❚ Seiten 6 und 7 CHEFSACHE Zum 1. Februar wechselte die Zuständigkeit für Anliegen der Ortschaften in das Dezernat von OB Marco Steffens. Es gibt eine zentrale Ansprechpartnerin. ❚ Seite 8


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