Agrippina

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AGRIPPINA

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL

AGRIPPINA

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL (1685–1759)

Official Timepiece Opernhaus Zürich

HANDLUNG

Erster Teil

Agrippina erhält die Nachricht, dass ihr Ehemann Claudio tot sei. Sie informiert ihren Sohn Nerone, Claudios Stiefsohn, und teilt ihm mit, dass er der Nachfolger des verstorbenen Patriarchen werden soll – die Familie herrscht über ein riesiges Imperium.

Bei ihrem Plan spannt Agrippina auch die beiden Angestellten Pallante und Narciso ein. Sie sollen Nerones Namen verbreiten und die Wahl aktiv beeinflussen, während sie ihnen ein Liebesverhältnis in Aussicht stellt und ihnen verspricht, Teil der Herrschaft zu werden, sollte der Plan gelingen.

Agrippina verkündet offiziell den Tod Claudios. Wie verabredet, jubeln Pallante und Narciso Nerone zu, der sich bereits als neuer Herrscher feiern lässt. Doch die Meldung über den Tod des Patriarchen war falsch: Lesbo kündigt die Rückkehr Claudios an, der tatsächlich in Lebensgefahr schwebte, doch überlebt hat. Noch gezeichnet von seinem Todeskampf, will er seinem Lebensretter und besten Freund Ottone die Macht übergeben.

Agrippina behält die Fassung und gratuliert Ottone, der sie daraufhin um ein Gespräch bittet. Er verrät Agrippina, er habe Poppea kennengelernt, sich in sie verliebt und bitte sie um ihre Unterstützung. Agrippina vermutet, dass sich auch Claudio für Poppea interessiert. Sie verspricht Ottone, ihm zu helfen.

Poppea wird nicht nur von Ottone und Claudio, sondern auch von Nerone begehrt. Sie lässt sich vorerst nicht in die Karten blicken, doch tatsächlich ist ihr Ottone am nächsten.

Agrippina verleumdet Ottone bei Poppea: Er habe Claudio im Austausch gegen den Chefposten versprochen, ihm Poppea als Geliebte zu überlassen. Poppea rächt sich an Ottone, indem sie Agrippinas Rat befolgt, Claudio Liebe vorzuspielen und ihn eifersüchtig auf Ottone zu machen. Poppea behauptet Claudio gegenüber, Ottone zwinge sie in seinem Machtrausch, Claudio für ihn zu verlassen.

Als Ottone bei Claudio auf die Übergabe der Macht drängt, entzieht ihm der wütende Patriarch öffentlich die Gunst. Sofort wenden sich alle von Ottone ab. Dieser bleibt niedergeschlagen zurück.

Als Poppea zu Ottone zurückkehrt, konfrontiert sie ihn damit, dass er sie zugunsten seiner neuen Position an Claudio abgetreten habe. Ottone beteuert seine Unschuld. Poppea zögert, schliesslich habe sie die Information von Agrippina erhalten. Ottone ist empört über die Skrupellosigkeit Agrippinas und bittet Poppea, ihm zu glauben. Poppea beginnt, Agrippinas Intrigen zu durchschauen und schwört Rache.

Zweiter Teil

Poppea hat Nerone ein Rendezvous in Aussicht gestellt. Er ahnt nicht, dass dies Teil ihres Racheplans ist.

Agrippina wird von schlimmen Gedanken heimgesucht. Sie ist unsicher, ob ihr Plan gelingen wird. Doch sie fasst sich und spielt Pallante und Narciso gegeneinander aus: Pallante befiehlt sie, Narciso und Ottone zu töten, Narciso wiederum beauftragt sie mit dem Mord an Pallante und Ottone. Claudio redet sie ein, sein Leben sei in Gefahr, da der gekränkte Ottone andere gegen ihn aufwiegle. Um dem entgegenzusteuern, solle er seinen Sohn rasch zum Nachfolger ernennen. Claudio zögert. Doch als Lesbo erscheint und ihn zu seiner Verabredung mit Poppea drängt, stimmt er der Wahl Nerones zu.

Poppea will sich mit Ottone versöhnen. Sie kündigt ihm an, sich für Agrippinas Intrige zu rächen und bittet ihn, sich zu verstecken. Nerone, bereit für das Liebesabenteuer, erscheint. Doch Poppea behauptet, seine Mutter komme gleich und versteckt auch ihn. Als nun Claudio auftaucht, klärt Poppea ein vermeintliches Missverständnis auf: Nicht Ottone, sondern Nerone sei Claudios Rivale. Zum Beweis lässt sie den versteckten Nerone auffliegen. Claudio ist ausser sich und jagt Nerone davon. Nachdem Poppea auch Claudio losgeworden ist, lässt sie Ottone, der alles angehört hat, aus seinem Versteck kommen.

Zutiefst gekränkt, erzählt Nerone seiner Mutter, was ihm soeben passiert ist. Agrippina wirft ihm vor, das gemeinsame Unternehmen durch eine lächerli­

che Affäre gefährdet zu haben. Nerone, der sich erneut gedemütigt fühlt, behauptet, bereits nicht mehr an Poppea interessiert zu sein.

Pallante und Narciso klären Claudio über Agrippinas Intrige auf. Als Claudio Agrippina mit den Anschuldigungen konfrontiert, erklärt sie Narciso und Pallante zu ihren Zeugen: Sie habe mit bestem Wissen und Gewissen gehandelt, nur um zu verhindern, dass das Imperium in unberufene Hände gerate und habe so den Sitz für ihn gerettet. Pallante und Narciso können nicht widersprechen, ohne sich selbst blosszustellen. Agrippina beschuldigt Claudio darauf, sie mit Poppea zu betrügen. Doch Claudio will endlich Ruhe und Frieden. Er verfügt, dass Nerone und Poppea heiraten und Ottone seine Nachfolge antreten soll. Als alle darüber unglücklich sind, revidiert er seine Entscheidung: Nerone soll herrschen, Ottone und Poppea sollen heiraten. Agrippina sieht sich erschöpft am Ziel ihrer Wünsche

VON MACHTGIER UND INTRIGEN

Ein Gespräch mit der Regisseurin Jetske Mijnssen und dem Dirigenten Harry Bicket über Georg Friedrich Händels modernsten Opernstoff

Agrippina wurde jahrhundertelang als schreckliche Frau dargestellt, als herrschsüchtige Person, als Mörderin, zu ihren Lebzeiten vor allem in den Quellen von Sueton und Tacitus. Was gefällt euch an Händels Figur?

Jetske Mijnssen: Sie ist eine moderne Frau, bestimmt und zielgerichtet. Die Art und Weise, wie sie die Fäden in der Hand behält, ist umwerfend. Sie ist schlau, spielt ihre Karten auf einem sehr hohen Niveau und hat immer einen genauen Plan im Kopf. Man muss Händels Agrippina unbedingt von der historischen Agrippina trennen, genau wie die Geschichte dieser Oper nichts mit der Historie zu tun hat.

Harry Bicket: Händels Agrippina ist nie einfach nur eine Tyrannin, sie ist manchmal auch eine verletzliche Frau. Besonders sympathisch ist sie mir aber nicht. Im Grunde hat Händel die Figur der Agrippina als Vehikel benutzt, um bestimmte unveränderliche Dinge des Menschseins auszudrücken: Er schreibt darüber, was es bedeutet, Macht zu haben und wie sie benutzt oder missbraucht wird, was für ein mächtiges Werkzeug in diesem Zusammenhang Sex sein kann und wie Menschen sich gegenseitig manipulieren. Das muss nicht immer auf tyrannische oder gewalttätige Weise geschehen.

Themen also, mit denen wir heute noch immer sehr vertraut sind.

Jetske Mijnssen: Die Oper Agrippina ist eine Geschichte über Begierden, Eifersucht, Kor ruption, öffentliche und private Macht, es geht um ein riesiges Erbe und die Anwärter darauf. Es ist der extrem gefährliche Cocktail aus einer einflussreichen, schwerreichen Familie und deren Verknüpfung mit der

Politik, so, wie wir es etwa aus den Erfolgsserien Succession oder House of Cards kennen. Nehmen wir die Trumps, die Murdochs oder die Le Pens… Es gibt nichts in Agrippina, das überarbeitet oder adaptiert werden müsste, damit es nicht auch im zeitgenössischen Kontext funktioniert. Harry Bicket: Man könnte diese Geschichte aktuell in jedem Land ansiedeln.

Agrippina ist wahrscheinlich die erste moderne Oper, jedenfalls eine der ersten kommerziellen Opern, die je geschrieben wurde. Zuvor entstanden die Opern Cestis oder Monteverdis für einen höfischen Kontext und dessen erlauchtes Publikum. Aber Händel und sein Librettist Grimani waren nicht von der Gunst einer reichen Familie abhängig, Grimani war im Übrigen selbst wohlhabend – das kleine Theater in Venedig gehörte seiner Familie. Zudem entstand das Stück für die Karnevalssaison, Händel und Grimani konnten also einiges wagen. Das ist einer der Gründe, warum das Libretto so grossartig und frech ist, wahrscheinlich das beste, das Händel je vertonte. Man könnte es geradewegs als Theaterstück aufführen. Das Publikum erkannte natürlich die Anspielungen auf zeitgenössische Persönlichkeiten – und wir heutigen Menschen erkennen in den Figuren, so unsympathisch und wenig heilsam sie für uns sein mögen, durchaus Nachbarn, Arbeitskollegen, vielleicht sogar angebliche Freunde…

Die Oper ist ein Kammerspiel. Worum geht es genau, Jetske?

Jetske Mijnssen: Die Geschichte beginnt in dem Moment, als Agrippina die Nachricht erhält, ihr Mann, Kaiser Claudio, sei tot. Agrippina, ohne gross zu trauern, bringt sofort ihren Sohn Nerone, den Stiefsohn Claudios ins Spiel, um ihn mit kleinen Tricks auf den Thron zu hieven. Ihre engsten Vertrauten sollen verkünden, dass Claudios Stiefsohn Nerone der ideale Nachfolger sei. Doch Claudio ist überraschenderweise doch nicht gestorben und kommt zurück. Er ist in einem merkwürdigen Seelenzustand und hat durch eine erlittene Todeserfahrung eine neue Sicht auf die Welt gewonnen. Er möchte, dass sein Freund Ottone, der Mann, der ihn gerettet hat, den Thron besteigt. Doch Ottone gehört nicht zur Familie. Agrippina ist zum Handeln gezwungen und verunglimpft Claudio und Ottone. Sie spielt die einen gegen die anderen aus, sie belügt alle. Am Schluss jedoch fliegt die manipulative Agrippina auf…

Wir gehen mit Agrippina durchs Stück. Agrippina mag vielleicht keine Sympathieträgerin sein, aber wir identifizieren uns mit ihr. Man hofft ständig, dass sie am Ende gewinnt.

Harry Bicket: Das ist interessant. So habe ich das noch gar nie betrachtet…

Jetske Mijnssen: Agrippina äussert klar, dass sie den Thron nicht für sich selbst haben möchte, sondern nur für ihren Sohn. Aber ihr Sohn ist ihre Puppe, ihr verlängerter Arm. Dieser Nerone ist ein verwöhnter Junge, ein totaler Versager, der Typ Mensch, der immer die falschen Entscheidungen trifft. Er muss seine Mutter ständig um Hilfe bitten. Man kann sich vorstellen, dass er in diesem Verhältnis zu seiner Mutter auch so etwas Ähnliches wie Aggressionen entwickeln kann.

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Harry Bicket: Nerone ist wegen Agrippina so geworden. Sie ist wie eine Helikopter­Mutter, sagt ihm, was er tun soll, und er hat aufgehört zu versuchen, etwas dagegen zu unternehmen. Weil es keinen Sinn hat. Er weiss, was auch immer er macht, er wird es falsch machen.

Jetske Mijnssen: Das ist ja auch das Tragische von Kindern berühmter oder erfolgreicher Eltern. Je stärker die Eltern sind, desto weniger können die Kinder ihre Erwartungen erfüllen. Es gibt keinen Platz für sie. Händels Nerone ist definitiv eine tragische Figur.

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Abgründige Momente durchlebt aber auch seine Mutter. Am offensichtlichsten ist das in ihrer grossen Arie im zweiten Akt, «Pensieri, voi mi tormentate» (Quälende Gedanken)…

Jetske Mijnssen: In dieser Arie sehen wir ihr wahres Ich. Es ist sicher kein Zufall, dass diese Nummer in der Mitte des Stücks steht. Hier zeigt sie ihre Sorgen, ihre Schuld, ihre Ängste, ihr Bedauern, ihren Schmerz und ihre Einsamkeit. Es ist ein Lady­Macbeth­Moment, wie man ihn aus durchwachten Nächten kennt, wenn uns die Nacht aufsaugt und die Gedanken zu Monstern werden, tief in uns eindringen und wir sie nicht aufhalten können. Agrippina hat hier zum ersten Mal so richtig die Kontrolle verloren.

Harry Bicket: Die Musik spiegelt das deutlich wider. Alle anderen Arien Agrippinas sind sehr direkt und klar formuliert, immer mit einem richtigen daCapo. Grundsätzlich werden in dieser Oper die starren ABA­Formen auch

durchgezogen. Aber in «Pensieri» bricht Händel die Form auf, um Agrippinas geistigen Zusammenbruch zu reflektieren. Alles wirkt fragmentiert. Die Zeit bleibt immer wieder stehen, und die Harmonien werden nie wirklich aufgelöst. Man versteht plötzlich, wie der menschliche Verstand funktioniert: Wenn wir auf der Suche nach einer Antwort sind, sie aber nie wirklich finden.

Jetske Mijnssen: Mitten in der Arie baut Händel ein Rezitativ ein, wieder setzt Agrippina zu neuen Gedanken an, und wir nehmen an, dass das Rezitativ das Ende bedeutet, aber dann kommt erneut die Musik des Anfangs, das Monster ist zurück…

Harry Bicket: Es ist unvorstellbar, wie das auf das damalige Publikum gewirkt haben muss! Für uns, die wir einen Wozzeck kennen, mag das etwas ganz anderes sein. Aber für die Ohren des 18. Jahrhunderts war das ein schockierender Moment, ein grosser Coup.

Noch nicht erwähnt haben wir Poppea, ein starker Charakter in dieser Oper. Wir kennen diese Figur auch aus der Monteverdi-Version, in der sie sich schliesslich Kaiser Nero angelt.

Jetske Mijnssen: Hier ist Poppea eine junge, schöne Frau, die von allen begehrt wird. Sie benutzt ihre Erotik genauso wie ihren Verstand, um zu bekommen, was sie will. Warum taucht sie plötzlich auf? Viel wissen wir nicht über sie. Poppea tritt als Aussenseiterin in dieses kranke Familiensystem und durchschaut immer mehr dessen kompliziertes Geflecht. Sie lernt schnell. Auch wenn sie anfangs einen unschuldigen Eindruck macht, muss sie tief in sich manipulative Persönlichkeitsanteile haben. Agrippina riecht es von Anfang an, dass diese Frau zu ihrer Gegenspielerin wird.

Agrippinas Mann Claudio ist in dieser Geschichte – wie Ottone und Nerone – in Poppea verliebt. Sein königlicher Status hilft ihm bei seinen Eroberungsplänen allerdings wenig. Und dann wird ihm auch noch der Thron streitig gemacht… Was für ein Licht wirft das auf ihn und die Beziehung zu Agrippina?

Jetske Mijnssen: Claudio wird in vielen Inszenierungen als lächerlicher Idiot dargestellt. Auch der historische Kaiser wurde von der Geschichtsschreibung

als Kürbiskopf verhöhnt, obwohl er, wie man inzwischen weiss, zuweilen ein kluger und umsichtiger Herrscher war. Händels Agrippina weiss ganz genau, dass Claudio ein Auge auf Poppea geworfen hat, und so stellt sich die Ehe zwischen Claudio und Agrippina in der Oper zunächst so dar, als ob sie komplett erkaltet wäre. Doch wenn man genau hinschaut ist hier ein Paar, das sich vielleicht auseinandergelebt hat, aber doch noch dieses gegenseitige Verständnis, eine Wärme aus der Vergangenheit hat. Trotz der Irritationen, ja zuweilen dem Ekel zwischen den beiden, ist das stark spürbar.

Harry Bicket: Agrippina und Claudio sind beide Profis, Berufspolitiker. Politiker verbringen einen Grossteil ihrer Zeit damit, auf ziemlich offene Weise unehrlich zu sein. Sie lügen ständig. Das müssen sie auch. Jeder weiss es, sie wissen es. Das Interessante an ihrer Beziehung ist, dass das irgendwie ähnlich ist. Damit meine ich nicht, dass ihre Ehe eine völlig professionelle Beziehung wäre, aber etwas davon schwingt mit. Die beiden haben eine Position inne, die sie aufrechterhalten müssen, ein Image, das sie pflegen müssen. Sie erkennen das beide und lieben sich dafür irgendwie – wenn auch auf eine seltsame Art und Weise.

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Harry, Händel verfasste die Oper 1709. An welchem Punkt in seiner Karriere war er damals?

Harry Bicket: Er war 24 Jahre alt und noch ganz am Anfang. Als Teenager war er zuvor durch Italien gereist, dem Land mit der verrücktesten Musik, dem Zuhause von Gesualdo und dessen harmonisch­rhythmisch irrwitzigen Kompositionen. Händel muss sich damals wie im Wilden Westen gefühlt haben und hat alles in sich eingesogen. Der Erfolg, den er mit Agrippina hatte, war überwältigend, und es war der Startschuss für seine Karriere als Opernkomponist. Wegen Agrippina wurde er später nach London eingeladen, um dort Rinaldo zu machen, und er hat den Rest seines Lebens ja dann auch in England verbracht.

Hört man die Musik von Agrippina, mögen einige Händelfans durchaus ein paar Déjà-vu-Erlebnisse haben.

Harry Bicket: Es stimmt, vieles aus Agrippina stammt aus früheren Stücken

Händels, aus La resurrezione oder aus Il trionfo del tempo e del disinganno. Und einigen Nummern aus Agrippina begegnet man in späteren Werken von ihm wieder. Nerones Arie «Come nube» zum Beispiel wird später zu «Vivi, tiranno» in Rodelinda. Händel war aber auch eine besonders geschickte diebische Elster: Tatsächlich stammen viele Musiknummern aus fremden Werken. Es gab damals noch kein Copyright. Allerdings war es gängige Praxis und sogar eine Ehre für einen Komponisten, von einem Kollegen zitiert zu werden. So übernahm Händel Ideen von Reinhard Keiser, dessen fantastische Stücke er in Hamburg als Geiger in der Oper kennengelernt hatte. Die erste grosse Ensemblenummer in Agrippina stammt von Keiser, Händel hatte das Stück damals selbst gespielt. Es gibt eine Theorie, wonach Händel kein sehr guter Originalkomponist gewesen sei, aber ein brillanter Umarbeiter von musikalischen Ideen. Zunächst war ich empört, als ich davon hörte, doch mittlerweile kann ich das nachvollziehen. Viele seiner Originalwerke sind nicht annähernd so interessant wie die Stücke, die er von anderen Komponisten übernahm und Takt für Takt verfeinerte. Händel kommt dabei direkt auf den Punkt. Beethoven meinte dazu einmal, dass man sich an Händel orientieren solle, wollte man mit der geringsten Anzahl von Noten die grösste Wirkung erzielen…

Jetske und Harry, bei Agrippina habt ihr gemeinsam eine eigene Fassung hergestellt. Das vorhandene Material mit einer Vielzahl an ArienVarianten lädt einen geradezu dazu ein. Es fällt aber auch auf, wie eng ihr auch bei den Regieproben zusammenarbeitet. Harry Bicket: Ich finde das selbstverständlich. Ich habe in den 1980er­Jahren an der Londoner English National Opera angefangen und dort mit vielen jungen, fantastischen Regisseurinnen und Regisseuren gearbeitet. Jede musikalische Geste bedeutet auch szenisch etwas. Als Dirigent versuche ich umgekehrt, die Szene in die Musik zu integrieren. Gerade bei Händel muss man gemeinsam viele Entscheidungen treffen, denn die Musik lässt einem Sänger, einer Sängerin viele Freiheiten, was die innere Haltung dazu angeht. Wir glauben ja immer, dass etwas, das in Moll geschrieben ist, ein trauriges Stück sein müsse und Dur wiederum etwas Glückliches bedeutet. Aber nicht so im

18. Jahrhundert. Händels «Piangerò», eines der traurigsten Stücke, das Händel je geschrieben hat, steht zum Beispiel in Dur. Man muss sich damit auseinandersetzen, was die Musik bedeutet, in welchem narrativen Kontext sie steht und sich dann gemeinsam für eine Aussage entscheiden. Durch die Mischung von Text und Musik ergibt sich oft ein interessanter Subtext.

Jetske Mijnssen: Manchmal hatte ich anfangs eine klare Vorstellung von einer Arie, doch dann haben wir während der Proben gemerkt, dass es im Kontext der Geschichte und für den Charakter der Figur viel aufregender sein kann, eine völlig neue Haltung für diesen Moment zu suchen. Eine auf den ersten Blick quirlige Arie wie «Ogni vento» von Agrippina kann auch ganz nach innen genommen werden und sagt so möglicherweise viel mehr über ihre Seelenstürme aus.

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Eine Besonderheit dieser Oper ist die wilde Mischung aus komischen und tragischen Elementen. Wie gehst du damit um, Jetske?

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Jetske Mijnssen: Tatsächlich wird einem die Schwere des Stoffs oft durch eine gewisse Leichtigkeit vermittelt. Händel war ja auch ein grosser Entertainer. In einem Moment ist es eine Komödie, etwa wenn alle drei Liebhaber nacheinander Poppea aufsuchen und sich verstecken müssen, im Augenblick davor jedoch eine Tragödie in der stärksten Form, wie in Agrippinas Arie «Pensieri». Bei den komischen Einschüben muss man aufpassen, dass es nicht in eine flache Komödie abrutscht. Es gibt in dieser Oper auffällig viele «a parte»Sätze, Sätze, in denen die Darstellenden gerne die vierte Wand zum Publikum durchbrechen und es sich zum Verbündeten machen. Ich möchte das vermeiden und suche hier den inneren Monolog. Den richtigen Ton für diese Spielweise zu finden und sich zu fragen, ob die Figur in diesem Moment als Charakter glaubhaft ist, ist tatsächlich eine Gratwanderung.

Das Gespräch führte Kathrin Brunner

SÜNDENPFUHL IM ALTEN ROM

Um Agrippina die Jüngere ranken sich viele Legenden. Doch wer war sie wirklich?

Birgit Schönau

Was für ein Ungeheuer, diese Frau! Sie ging über Leichen, sie trieb es mit ihrem Bruder wie mit ihrem einzigen Sohn – nur, um ihre Herrschsucht zu befriedigen. Gift und Intrigen, Verleumdungen und Verschwörungen, alles mit dem einen Ziel: Im Zentrum der Macht zu stehen. Agrippina (die Jüngere), Urenkelin des Augustus, Schwester des Caligula, Ehefrau des Claudius und Mutter des Nero gilt als eine der abscheulichsten Gräuelgestalten der Weltgeschichte. Seit 2000 Jahren werden dieser Lady Macbeth des Altertums die schlimmsten Verbrechen angehängt. Eine schwarze Seele, ein Superbiest, durchtrieben und boshaft, dominant und skrupellos. Genau wie ihr Früchtchen Nero, das die Monstermutter am Ende umbringen liess. Ein Stoff, wie geschaffen für die Oper.

Nur folgerichtig also, dass auch Vincenzo Grimani, in Personalunion Kardinal, Vizekönig von Neapel und Theatergründer, der Faszination Agrippinas erlag. Um diese Dramaqueen auf die Bühne zu bringen, beauftragte Grimani mit der Komposition nicht etwa den famosen Alessandro Scarlatti oder dessen Sohn Domenico, sondern einen sächsischen Exoten mit unaussprechlichem Namen. Zum Singen gebracht hatte dieser G.F. Händel das berüchtigte MutterSohn­Duo bereits in seiner Oper Nero, doch das Werk war wegen des schlechten Librettos ein Flop gewesen. Um Agrippina zum Erfolg zu verhelfen, schrieb Seine Eminenz Grimani das Textbuch lieber selbst.

Tatsächlich ist die Opern­Agrippina als Fabelgestalt der historischen Wirklichkeit weit entrückt. Keine der Szenen ist in den antiken Quellen geschildert, die höchst kreativ zu einem blossen Phantasiekonstrukt vermengt wurden. Nur

die tradierten Klischees blieben bestehen: Die machtgeile Intrigantin Agrippina, ihr verschlagenes Muttersöhnchen Nero, der eitle Narr Claudius. Figuren, die von den Chronisten der Antike negativ ausgeschmückt wurden, um die These des Sittenverfalls in der frühen Kaiserzeit zu untermauern. Für Tacitus (58­120 n. Chr.) waren die Herrscher der Vergangenheit fast ausnahmslos Despoten, die den allgemeinen Sittenverfall befördert hatten. Dass Frauen wie Agrippina auf Teilhabe an der Macht bestehen konnten, war in seinen Augen ein staatszersetzendes Übel. Sueton (70­130 n. Chr.) war weniger ideologisch, aber besessen von heissen Sex­&­Crime­Geschichten. Und die christlichen Geschichtsschreiber erzählten die römische Politik sowieso als einzigen Sündenpfuhl. Zu Händels Zeiten waren die historischen Akteure längst zu Archetypen erstarrt, die nur noch dazu taugten, der Realität den Zerrspiegel vorzuhalten. Dabei wäre ihre wahre Geschichte doch mindestens genauso opernhaft gewesen.

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Aber der Reihe nach. Bis auf den Diener Lesbo ist in unserer Oper keine Figur er funden. Tatsächlich war Claudius (10­54 n. Chr.) auf seinem Eroberungsfeldzug nach Britannien kurzzeitig in Seenot geraten. Doch seine Liebesbeziehung zu Poppea Sabina ist pure Fantasie, ebenso wie Agrippinas Versuch, auf die briefliche Ankündigung von Claudius’ Ableben hin ihren Sohn Nero zum Kaiser zu machen. Das war erst fällig, als Claudius in seinem Bett gestorben war, angeblich von seiner Frau vergiftet.

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In Wirklichkeit hatte der Kaiser auch kein Auge auf die wegen ihrer Schönheit gerühmte Poppea geworfen. Diese war in zweiter Ehe mit dem Patrizier Otho verheiratet, einem Freund Neros. Als Nero Otho zum Statthalter von Portugal machte, liess sich Poppea von ihm scheiden und heiratete den Kaiser. Otho wurde seinerseits nach Neros Tod kurzzeitig Herrscher und versuchte vergebens, das Andenken seines Vorgängers zu retten. Als Intrigant taugte dieser Mann überhaupt nicht.

Poppea starb vermutlich an den Folgen der Misshandlungen von Nero. Ein Opfer männlicher Gewalt, genau wie ihre Schwiegermutter Agrippina. Und wie deren Mutter. Und wie deren Grossmutter. Alle diese Frauen der Kaiserfamilie mussten sterben, weil sie den Männern ihres Clans ausgeliefert waren. Als Töchter, Ehefrauen und Schwestern von Imperatoren standen sie im Mittelpunkt eines Weltreichs, das von Nordafrika bis nach England reichte, von Spanien bis

nach Syrien. Sie waren hoch gebildet, privilegiert und unvorstellbar reich. Sie sprachen Griechisch wie Lateinisch, trugen Juwelen aus kostbaren Edelsteinen und Perlen im Haar, und sie assen in den mit Fresken geschmückten Speisesälen ihrer Paläste von silbernen Tellern. Sie ritten über die Alpen und segelten auf dem Nil, sie dirigierten Heerscharen von Sklaven, empfingen Könige, kommandierten Soldaten. Sie führten ein Leben voller Glanz und Gloria – bis sie in Ungnade fielen. Und aus dem Weg geschafft wurden.

Die Geschichte der Augustusfrauen ist eine Abfolge von Gewalt und Verfolgung. Opernhaft auch sie, düster und erschreckend. Zunächst traf es Julia, die einzige Tochter des Augustus. Mit dem ihr zugewiesenen Ehemann Marcus Agrippa hatte sie fünf Kinder, zwei ihrer Söhne wurden von Augustus adoptiert. Aber dann verstiess der Herrscher seine Tochter, angeblich wegen Ehebruchs, wahrscheinlich aber aus politischen Gründen. Augustus liess Julia auf eine einsame Insel verbannen. Sie starb, ohne Rom und ihre Familie wieder gesehen zu haben, vermutlich den Hungertod.

Nicht besser erging es Julias Tochter, der älteren Agrippina. Zunächst erzog ihr Grossvater Augustus sie als Kronprinzessin. Doch nach Augustus’ Tod war die inzwischen verwitwete Enkelin dem neuen Kaiser Tiberius ein Dorn im Auge. Er liess Agrippina als Staatsfeindin verbannen und auf der Insel Ventotene verhungern.

Auf dieselbe Insel wurde die jüngere Agrippina auf Weisung ihres Bruders Caligula verbannt. Nach Tiberius’ Tod hatte Caligula seine Schwester anfangs als Göttin bejubeln lassen. Aber bald wendete sich das Blatt. Agrippina wurde als Verschwörerin bestraft. Zwei Jahre musste sie am Verbannungsort ihrer Mutter und ihrer Grossmutter ausharren, bis sie ihr Onkel Claudius als neuer Kaiser befreite.

Julia und die Agrippinas waren nicht die einzigen Frauen aus dem julischclaudischen Clan, die verbannt wurden. Aber die jüngere Agrippina war die Einzige, die die Verbannung überlebte. Kaum war sie wieder in Rom, verheiratete Claudius sie. Eine 26­jährige Prinzessin von ihrem Rang, Mutter eines dreijährigen Sohnes, durfte nicht allein leben. Der Kaiser gab sie einem einflussreichen und sehr vermögenden Freund zur Frau, den er durch die Eheschliessung noch enger an sich binden konnte. Dass Gaius Sallustius Crispus Passienus

schon mit Neros Tante väterlicherseits verheiratet war, spielte keine Rolle. In der römischen High Society wurden Ehen weitaus schneller geschieden als geschlossen.

Auch für Agrippina war es die zweite Ehe. Mit 14 hatte sie ihr Grossonkel Tiberius mit Gnaeus Domitius Ahenobarbus verheiratet, einem Enkel der Augustus­Schwester Octavia, mindestens 30 Jahre älter als die Braut. Gneaus starb, als der gemeinsame Sohn Nero drei Jahre alt war.

Ihr erster Mann war reich gewesen, doch Passienus bot Agrippina ein Leben in unvorstellbarem Luxus. Angeblich verfügte er über ein Vermögen von 200 Millionen Sesterzen (1000 bildeten das Jahresgehalt eines Handwerkers) und über Dutzende von Sklaven. Zum Freundeskreis dieses hoch gebildeten Mannes und geschmeidigen Politikers gehörten neben den mächtigsten Patriziern auch berühmte Intellektuelle.

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Anfang 42 zog Agrippina mit ihrem Mann nach Asien, wo Passienus den Posten als Statthalter übernommen hatte – ein Karrieresprung, der das Vertrauen des Kaisers bewies. Zwei Jahre später wurde er von Claudius ins höchste Amt befördert und zum Konsul ernannt. Doch bald darauf, im Jahr 47, starb Passienus: Agrippina war erneut verwitwet. Genau wie alsbald ihr Onkel Claudius, der Herrscher, dessen Frau Messalina im Herbst 48 wegen Hochverrats hingerichtet worden war.

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Messalina war eine Urenkelin von Augustus’ Schwester Octavia gewesen, Claudius’ Grossmutter hingegen war Livia, die Ehefrau des vergöttlichten ersten Kaisers, dessen Geschlecht der Legende nach von der Göttin Venus gegründet worden war. Dynastische Beziehungen waren für die Macht in Rom entscheidend. Eheschliessungen dienten dazu, die wichtigsten Clans miteinander zu verbinden, den Aufstieg im Herrschaftsgefüge zu ermöglichen oder Positionen zu festigen. Altersunterschiede oder persönliche Zuneigung der Brautleute spielten keine Rolle, ebenso wie Verwandtschaftsverhältnisse. Im Zentrum der Macht waren alle irgendwie miteinander verwandt.

Trotzdem riskierte Claudius einen Skandal, als er 49 seine 24 Jahre jüngere Nichte Agrippina heiratete, das einzige überlebende Kind seines Bruders Germanicus. Eine Onkel­Nichte­Beziehung war ein gewaltiger Qualitätssprung in Richtung inzestuöser Machtsicherung. Eigentlich zu eng. Aber der Senat er­

laubte es dann doch. Agrippina war eine gutaussehende Frau, hochgewachsen, kräftig und sportlich – die Quellen beschreiben sie als ausgezeichnete Schwimmerin. Doch sexuelle Attraktivität stellte für einen Römer der Oberschicht keinen Heiratsgrund dar, geschweige denn für den Kaiser. Die Vorstellung, dass die Nichte den Onkel zur Ehe verführt habe, ist unwahrscheinlich. Für derartige Bedürfnisse verfügte der nunmehr zum vierten Mal verheiratete Claudius über genügend Mätressen. Womöglich hatte er die Ehe mit Agrippina nie «vollzogen», denn Schwangerschaften der Kaiserin sind nicht bekannt, wohl aber die Existenz getrennter Schlafzimmer.

Dass Agrippina ihren neuen Ehemann liebte, darf ebenfalls ausgeschlossen werden. Von Kindheit an den Verfolgungen durch Tiberius und seine Häscher ausgesetzt, später den Launen ihres Bruders Caligula ausgeliefert, das schreckliche Schicksal ihrer Mutter stets vor Augen, hatte sie ein hohes Mass an Anpassungsfähigkeit und Selbstbeherrschung entwickeln müssen, um ihr Überleben zu sichern. Nie eine Schwäche zeigen, unbeirrt auf Kurs bleiben, sich im richtigen Moment wegducken, im nächsten neu die Weichen stellen. Das war ihre Überlebensstrategie.

Die Zeit der absoluten Selbstkontrolle war noch nicht vorbei, sie würde nie vorbei sein. Claudius hatte soeben bewiesen, dass er noch nicht einmal vor der Hinrichtung der eigenen Ehefrau zurückschreckte, wenn sie ihn und seine Position gefährdete. Nie war ein Kaiser so weit gegangen, Agrippina war also gewarnt. Sie durfte Claudius nicht provozieren und musste sich gegen die Intrigen seiner Höflinge wappnen. Diese Frau, notiert halb angeekelt, halb bewundernd Tacitus, sei keineswegs leichtfertig und triebgesteuert gewesen: «Sie zog die Zügel straff an, wobei sie gleichsam die Männer zu Sklaven machte. Nach aussen trug sie Strenge, öfter auch Hochmut zur Schau. In ihrem Privatleben verstiess sie nicht gegen die sittlichen Grundsätze, höchstens, wenn dies ihrer Herrschsucht dienlich war.»

Bei Hof hatte Agrippina bereits einen Vertrauten in Pallas, der ihre Kandidatur für die Eheschliessung vorangebracht hatte. Der Ressortverwalter des Fiskus rückte mit ihr weiter ins Zentrum der Macht – und wurde spätestens jetzt zum Konkurrenten des Kanzleileiters Narcissus. Beide Höflinge waren ehemalige Sklaven, die unter Claudius zu Ministern aufstiegen. In Händels Oper

erscheinen sie als Werkzeuge der Intrigantin Agrippina, in Wirklichkeit leiteten sie die hoch komplexe Zentralverwaltung eines Weltreichs, in der auch die Kaiserin selbst ihre Funktion hatte. Und das, obwohl Frauen offiziell gar keine Macht ausüben oder sich auch nur politisch betätigen durften. Das führte zu einem Dauer­Widerspruch in der herrschenden Klasse des Kaiserreichs. Denn Frauen durften erben, ihr eigenes Vermögen haben. Agrippina selbst war am Anfang der Ehe reicher als Claudius, andere Frauen kommandierten ganze Heere von Sklaven und verwalteten riesige Latifundien. Reichtum bedeutete Macht, auch im alten Rom.

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Der Kaiser überliess seiner Frau eine Reihe von Aufgaben. Dazu gehörten die salutatio, also der akribisch protokollierte Empfang von Senatoren und Rittern und das Treffen mit ausländischen Gesandtschaften. Die weltgewandte Agrippina kannte sich mit Aussenpolitik besser aus als ihr Mann, der abgesehen vom Britannienfeldzug Italien nie verlassen hatte. Der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus berichtet etwa von ihrem umsichtigen Eingreifen in einen Konflikt zwischen Juden und Samaritern. Claudius sei dem Rat seiner Frau gefolgt. Sie hatte das Recht, kaiserliche Dokumente zu unterzeichnen und liess sich in einem Prunkwagen zum Kapitol fahren, der eigentlich Priestern zum Transport von Kultgegenständen vorbehalten waren. Die Wirkung dieses Wagens auf den Strassen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ob und wie sie in Kontakt zum Volk trat, ist nicht bekannt. Aber niemand in Rom konnte übersehen, wie mächtig die Kaisergattin war. «Als Tochter eines Imperators und als Schwester, als Gattin und Mutter eines regierenden Prinzeps» habe sie eine einzigartige Position gehabt, stellt Tacitus fest. Genau wie ihr Ehemann ver fasste Agrippina eine längst verschollene Autobiografie. Tacitus und der ältere Plinius nutzten sie als Quelle, letzterer erwähnt Agrippina als einzige weibliche Autorin in seiner Naturgeschichte.

Ein Jahr nach der Eheschliessung liess der Kaiser seine Frau durch den Senat zur Augusta ernennen. Münzen mit ihrem Profil wurden geprägt, Statuen mit ihrem Porträt überall im Reich aufgestellt. Damit nicht genug, benannte Claudius ihren Geburtsort nach seiner Frau. Aus der Siedlung Ara Ubiorum in Germanien wurde die Stadt Colonia Claudia Ara Agrippinensis (CCAA), inzwischen: Köln.

Nie hatte eine Frau in Rom so offenkundig so viel Macht gehabt. Die konservative «Fraktion» im Senat kritisiert Claudius dafür, dass seine Gattin sogar vor Soldaten auftrat. Vor der Prätorianerkaserne waren die Kohorten angetreten, um Senat und Volk die Kriegsbeute aus dem Britannienfeldzug zu präsentieren. Claudius und Agrippina wohnten dem Schauspiel auf zwei getrennten Tribünen bei, wie zwei Feldherren.

In Grimanis Opernlibretto dreht sich alles darum, dass Agrippina ihren Sohn Nero zum Herrscher machen wollte. Tatsächlich scheint sie viel dafür getan zu haben, ihn als Thronfolger aufzubauen, wusste sie doch aus Erfahrung, dass ihr eigenes Schicksal davon abhing, wieviel Macht die Männer der engsten Verwandtschaft haben würden. Und der kränkliche Claudius würde nicht ewig leben. Also sorgte sie dafür, dass Nero vom Kaiser adoptiert und als «Kronprinz» aufgebaut wurde, vorbei an Claudius’ leiblichem Sohn Britannicus. Aus heutiger Sicht ist das sicher schwer nachzuvollziehen. Doch derlei Adoptionen waren in der Schaltstelle der Macht üblich. Claudius wählte Nero, weil dieser in direkter Linie von Augustus abstammte, dem legendären, vom Volk angebeteten Kaiser. Noch wesentlicher: Sein «Konkurrent» und Stiefbruder Britannicus litt unter schwerer Epilepsie. Mit nur 14 Jahren starb er, angeblich an Gift, wahrscheinlich aber an seiner Krankheit. Auch Claudius wurde angeblich ermordet. Bei einem offiziellen Gastmahl soll ihm auf Agrippinas Befehl ein Teller mit Giftpilzen verabreicht worden sein. Doch die Berichte darüber sind wenig überzeugend. Agrippina hätte wohl kaum vor so vielen Zeugen einen Mord begangen, für den sie zudem kein Motiv hatte. Sie befand sich als Kaisergattin bereits im Zentrum der Macht. Als Mutter des erst 17­jährigen Nachfolgers Nero musste sie in die zweite Reihe treten. Dafür sorgten nach wenigen Wochen Neros «Berater», allen voran der Philosoph Seneca. Agrippina hatte Seneca einst aus der Verbannung geholt und seine Karriere am Hof befördert, nun wurde er zu ihrem stärksten Gegenspieler. Sein Einfluss auf Nero war enorm. Bald entfremdete sich der Kaiser von seiner Mutter, verdrängte sie weitgehend aus der Öffentlichkeit und konfiszierte Teile ihres Vermögens. Von Seneca davon überzeugt, dass sie eine Verschwörung gegen ihn plane, liess er Agrippina schliesslich auf brutale Weise ermorden.

Recht so, urteilte die Geschichtsschreibung. Dass Frauen ihren Anteil an der Macht wollten, galt bis weit ins 20. Jahrhundert als widernatürlich. Also wurde weiter der abgestandene Hofklatsch von vor zwei Jahrtausenden verbreitet, über den Trottel Claudius, das Muttersöhnchen Nero und die Giftspritze Agrippina, die vor Inzest und Gattenmord nicht zurückschreckte, wenn es darum ging, ihre finsteren Ziele zu erreichen.

Für Claudius und Nero zumindest scheint sich das Blatt zu wenden. In neuen Biografien erfahren sie ihre Ehrenrettung. Seneca, von christlichen Theologen als «Vorläufer» entdeckt und verehrt, hat bis heute viele Anhänger. Dass Nero sich von ihm abwendete und ihn zum Schluss in den Selbstmord trieb, hat den skrupellosen Machtpolitiker zugunsten des Schöngeistes vergessen lassen. Und Agrippina? Ist unsterblich als Monster, Hexe, Opernfigur. Genauer will man es eigentlich gar nicht wissen.

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Ein kluger Fürst kann und darf demnach sein Wort nicht halten, wenn er dadurch sich selbst schaden würde oder wenn die Gründe weggefallen sind, die ihn bestimmten, es zu geben. Wenn alle Menschen gut wären, wäre diese Vorschrift nicht gut. Da sie aber schlecht sind, und dir die Treue nicht halten würden, brauchst du sie ihnen auch nicht zu halten.

RÖMISCHE DEKADENZ FÜR DIE VENEZIANISCHE BÜHNE

Wenn es um die Schilderung der Zustände im alten Rom ging, war die venezianische Oper seit jeher nicht zimperlich gewesen. Den Anfang hatte einst Francesco Busenello gemacht, dessen Libretto L’incoronazione di Poppea eine böse Satire auf die verrotteten Verhältnisse am römischen Kaiserhof darstellte.

In diesem Libretto war keine der handelnden Personen frei von Schuld – nicht die ebenso verführerische wie durchtriebene Poppea, die erst ihrem Ehemann Ottone, dann dem Kaiser Nero den Verstand raubte, nicht der lasterhafte Kaiser Nero selbst, der seine Gemahlin Ottavia verstiess, um seine Geliebte zur Kaiserin zu machen, aber auch nicht die Opfer dieser Machenschaften, denen doch eigentlich die Sympathie des Publikums hätte gehören müssen. Denn diese machten sich durch Anstiftung zum Mord, durch Mordversuch und durch Beihilfe schuldig. Mit einem Zynismus, der seinesgleichen in der Geschichte der Oper nur noch selten haben sollte, hatte Busenello alle seine Figuren im Laufe des Dramas moralisch demontiert. Es war Claudio Monteverdi zu verdanken gewesen, dass daraus dann doch eher ein musikalisches Lehrstück über menschliche Leidenschaften wurde als eine Anklage gegen die Verwerflichkeit. Vielleicht reizte es ihn, gerade diesen als Fratzen spätrömischer Dekadenz gezeichneten Rollen ihre Würde zurückzugeben und einen Blick auf ihre verborgenen Gefühle zuzulassen, ihre Hoffnungen und Ängste, und mit der Musik um Verständnis auch noch für die monströsesten Taten zu werben.

Unter den Libretti, die es an Zynismus mit L’incoronazione di Poppea aufnehmen können, muss Vincenzo Grimanis Agrippina wohl an erster Stelle genannt werden. Am 26. Dezember 1709 in Venedig uraufgeführt, fasst es ver­

schiedene Ereignisse, die bei antiken Autoren wie Tacitus und Suetonius als historische Ereignisse beschrieben werden, zusammen – die Eroberung Britanniens durch Kaiser Claudius samt Seesturm und Triumphzug im Jahre 43 n. Chr., Claudius’ Heirat mit seiner Nichte Agrippina im Jahre 49, die ihren zwölfjährigen Sohn Nero mit in die Ehe brachte, die Adoption Neros durch den Kaiser ein Jahr später, und die Eheschliessung Othos mit Poppaea im Jahre 58, also vier Jahre nach Claudius’ Tod.

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Und es ist wohl kein Zufall, dass auch diesmal Nero, Otho und Poppaea wichtige Rollen spielen und Poppaeas spätere Schwiegermutter Agrippina eine heimtückische Intrigantin ist: Nichts ist ihr zu gemein, um ihren leiblichen Sohn aus einer ersten Ehe anstelle ihres ältlichen kaiserlichen Gemahls auf den Thron zu bringen und dann über ihn zu herrschen. Sie lockt mit ihren weiblichen Reizen, wenn es gilt, Unterstützer für ihren Plan zu gewinnen, sie spielt jeden gegen jeden aus, gaukelt ihrer Nebenbuhlerin Freundschaft vor, um sie dann ins offene Messer rennen zu lassen, verkauft dem Gemahl ihre Ränke als Beweis ihrer Treue, und wird doch am Schluss mit dem Ziel ihrer Wünsche belohnt. Freilich sind all die anderen, die sie, wenn auch mit wechselndem Erfolg, zu manipulieren versucht, nicht besser – der Gemahl ein tumber Schürzenjäger, der Sohn ein Weichling, die Verehrer auf ihren eigenen Vorteil durch die amouröse Verbindung mit einer Kaiserin bedacht, die Nebenbuhlerin ein Flittchen, das es aus Eitelkeit und Ambition mit drei Verehrern gleichzeitig treibt. Ein einziger Held, Ottone, ist gleichsam makellos, vertrauenswürdig und vertrauensselig, ein Spielball der Intrige und so edel, dass er am Schluss um der Liebe willen auf die Macht verzichtet und sie denen überlässt, die sie nur missbrauchen.

Bösartiger konnte eine Karikatur der Zustände im alten Rom kaum sein. In beiden Fällen, in der Incoronazione wie in Agrippina, stand die unverhohlene Kritik an Rom im Vordergrund, und die venezianische Oper wäre nicht sie selbst gewesen, wenn es damit nicht seine Bewandtnis gehabt hätte. Denn zwischen Venedig und Rom – dem päpstlichen wohlgemerkt – herrschte seit Jahrhunderten eine innige Feindschaft, die aus den Unterschieden in der Staatsform und in der Religionsausübung resultierte. Venedig inszenierte sich als liberales, tolerantes Gegenbild zu der vermeintlich reaktionären, orthodoxen, repressiven Kurie in Rom. Die Republik Venedig gewährte Galileo Galilei Auf­

enthalt, währenddessen Bücher in Rom auf den Index gesetzt wurden. Sie stellte die kirchlichen Einrichtungen unter staatliche Aufsicht und Kleriker, die gegen Gesetze verstossen hatten, vor ein weltliches Gericht. Der Papst in Rom reagierte darauf mit einem Kirchenbann über die ganze Stadt. Kein Wunder also, dass Rom in Venedig wenig beliebt war. Als dann die kommerziellen Opernhäuser ab 1637 in Venedig ihre Pforten öffneten und dem Karneval neue künstlerische Facetten hinzufügten, wurde die Papststadt eine beliebte Zielscheibe für (kaum) versteckte Kritik, zumal im Karneval ohnedies das Unterste zuoberst gekehrt wurde und zu sagen erlaubt war, was ansonsten zu diplomatischen Krisen oder gar politischen Konflikten geführt hätte. Und jedermann wusste, dass die satirische Darstellung eines Sündenpfuhls namens Rom, auch wenn es das heidnische war, auf das päpstliche Rom gemünzt war.

Ob Vincenzo Grimani tatsächlich der Verfasser des Agrippina­Librettos war, ist nicht geklärt. Allerdings gehörte ihm und seiner Familie das prächtige Theater S. Giovanni Grisostomo, in dem Agrippina aufgeführt wurde. Und er war, obwohl Kardinal und Diplomat, ein bekennender Papstkritiker. Im Spanischen Erbfolgekrieg, in dem Papst Clemens XI. die französische Seite unterstützte, stand er auf der Seite der Habsburger – Grund genug also, ein romkritisches Libretto wenn schon vielleicht nicht zu verfassen, so doch immerhin zu fördern. Vom Kaiser 1708 zum Vizekönig von Neapel ernannt, kümmerte er sich dort nicht nur um die hungernde Bevölkerung, sondern auch um die kulturellen Belange der Stadt. Hier lernte er Georg Friedrich Händel kennen und erteilte ihm den Kompositionsauftrag für Agrippina.

Was aber machte Händel aus diesem garstigen Sittengemälde eines römischen Herrschergeschlechts? Hat er die politische Brisanz dieses Librettos erkannt? Tatsächlich dürfte er schon in Rom mit der Arbeit an Agrippina begonnen haben. Und auch die kritischen Töne des Librettos dürften ihm nicht verborgen geblieben sein, gehörte er in Rom doch zu jenen Kreisen, in denen die Wut auf einen Papst, der die Opernaufführungen nach Gutdünken erlaubte oder verbot, der keine Sängerinnen duldete, gross war. Händel selbst war in diese Auseinandersetzungen involviert gewesen, als er die Rolle der Maria Magdalena in seinem Oratorium La resurrezione (1708) für Margherita Durastanti schrieb, die als Frau in Rom gar nicht hätte auftreten dürfen. Durastanti be­

gleitete Händel nach Venedig und hob dort die Titelrolle der Agrippina aus der Taufe. Für sie übernahm Händel ein Erfolgsstück aus La resurrezione, die verspielte Arie «Ho un non so che nel cor» in die Oper, komponierte aber auch pathetische Arien neu, um ihr nicht nur die Möglichkeit zu geben, ihre ganze Gesangskunst zu präsentieren, sondern auch, auf der Bühne als Darstellerin zu glänzen. In Rom war die Opernbühne für sie tabu gewesen – nun konnte sie etwa in ihrer grossen Szene im II. Akt «Pensieri voi mi tormentate» unter Beweis stellen, welch eine Schauspielerin in ihr steckte.

Agrippina enthält rund fünfzig Arien – weit mehr als Händels spätere Opern. Es sind hochvirtuose Stücke darunter, vor allem für Poppea und Nerone, aber auch sanfte, seelenvolle Äusserungen wie für Ottone, der sich überwiegend in Molltonarten äussert und in Arien wie «Voi ch’udite il mio lamento» mit der düstersten Tonartenregion f­Moll umgibt.

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Neben der Titelrolle sticht aber besonders die des Claudio hervor, für einen Bass komponiert, was in der Oper der Zeit durchaus nicht selbstverständlich war. Händel schrieb sie Giuseppe Maria Boschi auf den Leib, den er in Neapel schon mit der Rolle des Polifemo in seiner Serenata Aci, Galatea e Polifemo betraut hatte. Boschis Fähigkeiten, grosse Intervalle zu gestalten, kam besonders in seiner triumphalen Arie «Cade il mondo soggiogato» zum Tragen, wo er gleich zu Beginn innerhalb von sechs Tönen zwei Oktaven durchmisst. Grosse Intervalle prägen auch seine polternde Arie «Io di Roma Giove sono», bei der es Händel gelang, die Diskrepanz zwischen dem pompösen Auftritt («Ich bin der Jupiter Roms») und der Lächerlichkeit der Situation durch eine Musik zum Ausdruck zu bringen, die die aufgeblasenen Worte mit schwankenden Hemiolen und einer für den obersten der Götter unpassenden Tonart, nämlich e­Moll konterkariert.

Bevor die Opera seria eine Dramaturgie entwickelte, in der Da­Capo­Arien die Handlung beherrschten und ein Duett am Ende des II. Aktes den musikalischen Höhepunkt bildete, erlaubten die Handlungskonstellationen weit mehr Abwechslung als in späteren Jahren. In Agrippina finden sich diverse Ensembles, darunter ein Quartett und ein Terzett, die freilich nicht von der musikalischen Form her entworfen sind, sondern dem Gang der Handlung folgen. So wird die Ausrufung Neros als Kaiser im I. Akt, an der sich Agrippina, Nero und die

beiden Freigelassenen Pallante und Narciso beteiligen, von der Ankündigung jäh unterbrochen, Claudius sei doch nicht tot, sondern auf dem Weg nach Rom. Auch diese Szene entbehrt nicht der Ironie, denn die Nachricht von Claudius’ Errettung platzt just in den Moment herein, als Nero sich mit einer halsbrecherischen Koloratur den kaiserlichen Lorbeerkranz aufsetzen will. Der Absturz könnte musikalisch kaum grösser sein. Dass Händel sich der Bosheit mancher Szenen durchaus bewusst war, zeigt auch seine musikalische Charakterisierung der beiden Freigelassenen, die doch Rivalen um die Gunst Agrippinas sind, aber dennoch immer wieder im Duett deklamieren müssen.

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Mit Agrippina erlebte Händel seinen ersten grossen Erfolg als Opernkomponist. Das Publikum feierte den jungen Komponisten aus dem Norden frenetisch, und die Oper wurde in wenig mehr als zwei Monaten 27 mal gespielt, in den darauffolgenden Jahren ausserdem in Neapel, Hamburg und Wien. Mit Agrippina legte Händel auch den Grundstein für seine Londoner Karriere. Durastanti, Boschi und dessen Ehefrau, die Altistin Francesca Vanini­Boschi, die in Agrippina den Ottone gesungen hatte, folgten dem Komponisten nach England und waren künftig aus seinen italienischen Opern in London kaum mehr wegzudenken.

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DAS STREBEN NACH MACHT

Der Machtmensch will Macht um ihrer selbst willen. Er will Macht an und für sich. Macht verspricht ihm Sicherheit im Leben. Mächtig­Sein und Oben­Sein gelten ihm gleich. Im Streben nach Macht sieht der Machtmensch die Lösung aller Lebensfragen. Entsprechend seiner Lebensorientierung bildet der Machtmensch Charakterzüge, Gewohnheiten, Körperhaltungen, Gedanken, weltanschauliche Positionen, Beziehungsstrukturen und Wertungen aus.

Macht ist für uns alle im Leben von Bedeutung – entweder als selbsterlebtes Machtgefühl oder als Erlebnis fremder Machtfülle. Die lebensweltlichen Zusammenhänge, innerhalb derer und über die hinaus ein Mensch nach Macht strebt, sind allerdings sehr unterschiedlich. Macht und Ohnmacht bedeuten im Leben der Menschen keineswegs immer das gleiche.

Ein Menschentyp, den wir als den «politischen» bezeichnen können, wählt das Streben nach Macht zum zentralen Lebensmotiv. Die Bejahung des Willens zur Macht macht den Kern seiner Charakterstruktur aus. Es hängt vom jeweiligen Kontext und von den Wertungen der Umwelt ab, ob im konkreten Fall dieses egoistische Streben nach Macht akzeptiert oder abgelehnt wird, ob es «gut» oder «böse» ist.

Ohne Wertungen steht man dem Streben nach Macht einzelner, von Gruppen, Institutionen und Völkern hilflos gegenüber. Für mich stellt sich jeweils die Frage, ob das konkrete Streben nach Macht in Geschichte und Gegenwart der Ausbildung einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung dient, innerhalb derer möglichst viele Menschen selbständig wirksam werden können, oder ob es in einen sadomasochistischen Autoritarismus mündet, der eine wie auch immer geartete Versklavung von Menschen zur Folge hat.

Macht bezeichnet die Einflussmöglichkeiten eines Menschen auf Einstellungen, Emotionen, Verhalten und Wahrnehmungen anderer. Zugleich ist Macht die Potenz, über gesellschaftlich wertvolle Güter zu verfügen.

Macht ist abstrakt betrachtet eine wertneutrale Eigenschaft einzelner Menschen und gesellschaftlicher Gruppierungen. Mächtig wird, wer die Fähigkeiten dazu hat und seine Chancen kreativ zu nutzen weiss. Der Psychoanalytiker Hans Strotzka zählt in seinem Buch «Macht» Ich­Stärke, eine gewisse Rücksichtslosigkeit und eine hohe Frustrationstoleranz zu diesen Fähigkeiten. Der Mächtige ist in Massen kompromiss­ und konsensfähig. So kann er seine Macht erhalten.

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Macht und Ohnmacht sind subjektive existentielle Erfahrungen eigenen Vermögens oder Unvermögens, die den Menschen von frühester Kindheit an bestimmen. Mutter, Vater, Geschwister und andere Beziehungspersonen vermitteln dem Kind ein Gefühl von Macht und Ohnmacht, indem sie ihm in der Befriedigung seiner Bedürfnisse entgegenkommen oder nicht. Das Kind bildet im Wechselspiel mit den Menschen seiner näheren und weiteren Umwelt Verhaltensweisen aus, die ihm geeignet erscheinen, seine Machtfülle zu steigern. In der Seele des Kindes entstehen Gleichförmigkeiten, die ihm in seinem Streben nach Macht dienlich sind. So entsteht ein ganzheitlich strukturierter Lebensstil, innerhalb dessen Gefühle, Affekte und Gedanken, Wollen und Wille, Wissen und Tüchtigkeiten sinnvoll aufeinander bezogen sind.

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Macht ist persönliches Vermögen und eine Systemeigenschaft. Jeder Lebenswert vermittelt zugleich das Gefühl von Macht. Wissen ist Macht, auch Schönheit ist Macht: wir sprechen zum Beispiel von der Macht der Liebe und von der Macht gesellschaftlicher Organisationen.

Jeder Mensch, das haben Sigmund Freud, Alfred Adler und andere Pioniere der Tiefenpsychologie deutlich herausgearbeitet, bildet in seiner Kindheit Charakterstrukturen aus, die als Antwort auf das psychophysische Milieu der Kinderstube verstanden müssen. Das unbewusst ohnmächtige Kind, vollständig auf die Hilfe seiner Beziehungspersonen angewiesen, sucht in seinen ersten Jahren gefühlsmässig eine Wertorientierung, von der es sich Sicherheit im Leben verspricht. Wenn wir den Charakter oder den Lebensstil eines Menschen verstehen wollen, müssen wir die Wertorientierung erkennen, der ein Mensch nachstrebt. Es war Alfred Adler, der diese teleologische (finale, zielorientierte)

Betrachtungsweise neben die kausale der Psychoanalyse Sigmund Freuds stellte. Einen Menschen erkennen heisst, das Ziel erkennen, auf das hin er seine Minderwertigkeitsgefühle und Minderwertigkeitskomplexe kompensiert.

Machttypen sind in aller Regel narzisstische Menschen. Narzisstische Menschen haben kaum Beziehungen zu anderen Menschen, Dingen und Ideen. Ihr Selbstwertgefühl ist in aller Regel überwertig. Wie der Jüngling Narziss in der antiken Sage, sind narzisstische Menschen nur in ihr eigenes Spiegelbild verliebt, das heisst in sich selbst. Dieses idealisierte Selbst ist aber leicht zu kränken, so dass der narzisstische Mensch schnell in seinen Minderwertigkeitskomplex zurückfällt.

In der Partnerschaft oder Ehe, in Freundschaften und in sonstigen sozialen Beziehungen spielen für den Machtmenschen Treue, Verbindlichkeit und aufeinander gefühlvoll bezogene Kommunikation keine Rolle, da er hierzu gar nicht fähig ist. Er ist stets auf sich selbst bedacht, kann nicht von sich absehen, ist egoistisch im negativen Sinn des Wortes.

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Was beim narzisstischen Machtmenschen zählt, ist Bewunderung, die ihm seitens seiner Umwelt und der Massen zuströmt. Das Bad in der Menge, der egozentrische Auftritt auf grosser Bühne, die Fernsehshow, der Medienrummel, die Parteitage sind für ihn Mittel, das innerlich leere Selbst affektiv aufzuladen. Als Subjekt konstelliert der narzisstische Machtmensch eine Beziehungsstruktur, in der die anderen zu Objekten seiner Lust und Sucht gemacht werden, ganz oben zu sein.

Machtmenschen haben in der Regel das Bedürfnis, andere zu dominieren, sie zu kontrollieren, zu manipulieren, auszubeuten oder gar zu vernichten. Aus Minderwertigkeitskomplexen heraus kompensieren sie ihre innere Leere in einem narzisstischen Gottähnlichkeitsstreben und streben eine Überlegenheitsposition an, von der sie meist selbst «überzeugt» sind.

Im Familienstreit über die Zukunft des weltumspannenden Firmenimperiums von Medienmogul Rupert Murdoch (93) hat der milliardenschwere Geschäftsmann Berichten zufolge einen Rückschlag erlitten. Ein Nachlassgutachter im US­Bundesstaat Nevada wies demnach Murdochs Vorhaben zurück, seinem ältesten Sohn Lachlan (53) die alleinige Kontrolle über das weitläufige Firmengeflecht mit dem rechtskonservativen US­Sender Fox News und dem in mehreren Ländern agierenden Verlag News Corp. zu übertragen. Seine Empfehlung an das zuständige Nachlassgericht ist zwar nicht bindend, aber eine wichtige Zwischenetappe in dem komplizierten Rechtsstreit. Die New York Times zitierte aus dem 96­seitigen Schreiben des Gutachters, in dem eine Strukturreform der Familienstiftung zugunsten Lachlan Murdochs als unzulässig eingestuft wird – ein Erfolg für dessen Geschwister James, Elisabeth und Prudence, die sich gegen das Vorhaben des alternden Familienpatriarchen Rupert Murdoch stemmen, ihnen faktisch das Stimmrecht zu entziehen –und damit die konservative Ausrichtung des Medienimperiums auch nach seinem

Tod abzusichern. Während die drei Kinder sich durch das Gutachten bestätigt fühlen, sagte ein Anwalt ihres Vaters und Bruders der New York Times, seine Mandanten seien enttäuscht und würden den Rechtsstreit weiterführen. Murdochs Einfluss und politisches Geschick sind legendär. Rupert Murdoch hatte die Leitung der Fox­Gruppe und des Verlags News Corp., zu dem neben Klatschblättern auch renommiertere Titel wie das amerikanische Wall Street Journal und die britische Times gehören, schon im vergangenen Jahr an seinen Sohn Lachlan übergeben. Dieser gilt als stramm rechtskonservativ, während etwa sein Bruder James liberalere Ansichten vertritt. Unberührt vom Beschluss über den Chefposten blieben die Entscheidungsbefugnisse innerhalb der federführenden Familienstiftung, über die nun gestritten wird. Bislang sind die vier Geschwister hier gleichberechtigt. (dpa, 11.12.2024)

AGRIPPINA

GEORG FRIEDRICH HÄNDEL (1685-1759)

Dramma per musica in drei Akten

Libretto vermutl. von Kardinal Vincenzo Grimani

Fassung Opernhaus Zürich 2024/25

Personen

Claudio, Kaiser von Rom Bass

Agrippina, Gemahlin des Claudio Sopran

Nerone, Agrippinas Sohn aus erster Ehe Countertenor

Poppea, eine Römerin Sopran

Ottone, Heerführer des Kaisers Countertenor

Pallante, ein Höfling Bass

Narciso, ein Höfling Countertenor

Lesbo, Diener des Claudio Bass

Ort und Zeit:

Rom, um die Mitte des ersten Jahrhunderts

ATTO PRIMO

SCENA I

Gabinetto d’Agrippina.

RECITATIVO

AGRIPPINA

Nerone, amato figlio! È quest’il tempo, In cui la tua fortuna

Prender potrai pe ’l crine ed arrestarla; Oggi propizio fato

La corona de’Cesari ti porge.

Svelo a te ciò che ignoto

È a tutti ancor: prendi, leggi! E vedrai, E ciò che la mia mente

Dispone a tuo favor poscia saprai.

NERONE Legge il foglio.

«Col duolo al cuor e con il pianto al ciglio

Questo foglio t’invio, sovrana augusta; Claudio, il tuo consorte, Nostro Dio comun, provò la morte.»

Claudio morì! Che sento!

AGRIPPINA

Vuoto è il trono del Lazio, e a riempirlo

Per te suda mia mente;

Già maturo all’impero,

Del quinto lustro oggi al confin sei giunto; In questo dì fatal voglio che Roma

Cinga il Cesareo allòr alla tua chioma.

NERO

Che far degg’io?

AGRIPPINA

Senti!

Occulta quanto sai, L’alterigia deponi, umil diventa.

Va’tra le turbe, e con modesto ciglio

Ognuno accogli; a’poveri dispensa

L’or, che nascosto tieni; Commisera il lor stato, e s’hai nel core

O senso di vendetta

O stimolo d’amore,

Copri l’un, l’altro cela; e non fia grave

La finzione all’interno:

Se vuoi regnar, i tuoi desir correggi, Ch’al desio di regnar cedon le leggi.

ERSTER AKT

1. SZENE

Agrippinas Gemächer

REZITATIV

AGRIPPINA

Nero, lieber Sohn! Dies ist der Augenblick, da du dein Glück beim Schopfe packen und festhalten kannst. Das günstige Schicksal reicht dir heute die Kaiserkrone. Dir enthülle ich, was allen noch verborgen ist. Nimm, lies! Danach sollst du erfahren, was ich für dich ersonnen habe.

NERO liest die Nachricht «Schweren Herzens und mit Tränen sende ich Euch diesen Brief, Herrscherin. Claudius, dein Gatte, unser aller Gott, fand den Tod.» Claudius tot! Was höre ich!

AGRIPPINA

Der römische Thron ist verwaist, und du sollst ihn an seiner Stelle besteigen. Du bist nun alt genug und reif für die Herrschaft. An diesem Schicksalstag soll Rom dich mit dem Kaiserlorbeer krönen.

NERO

Was soll ich tun?

AGRIPPINA

Höre!

Verschweige, was du weisst, leg deinen Hochmut ab, gib dich bescheiden. Geh unters Volk, wohlwollend höre jeden an; verteile an die Armen das Gold, das du verborgen hältst.

Bedaure ihr Schicksal. Wenn du in deinem Herzen Rachegefühle oder Liebe fühlst, verbirg sowohl das eine als das andere.

Lass dich nicht von Gefühlen leiten: Wenn du regieren willst, so widerstehe der Versuchung. Vor dem Willen zur Macht beugt sich das Recht.

ARIA

NERONE

Col saggio tuo consiglio

Il trono ascenderò.

Men Cesare che figlio

Te, madre, adorerò.

SCENA II

RECITATIVO

AGRIPPINA

Per così grand’impresa

Tutto si ponga in opra. Io ben m’accorsi

Che Narciso e Pallante, Sia per genio o interesse, han nella mente

Un nascosto desio

Di vincer il mio cor; ciò che sprezzai

Or con arte s’abbracci.

Olà, venga Pallante!

Esce un paggio.

M’assistete, arte e frode, in questo istante.

Si pone in atto malinconico.

SCENA III

PALLANTE

A’cenni tuoi sovrani

Ecco il fido Pallante.

Alla tua legge augusta

Hai prove del mio cor, e tu ben sai

ARIE

NERO

Dank deinem weisen Rat werde ich den Thron besteigen. Weniger als Kaiser denn als Sohn, Mutter, werde ich dich verehren.

2. SZENE

REZITATIV

AGRIPPINA

Für dieses grosse Ziel muss man alles in Bewegung setzen. Ich weiss wohl, dass Pallas und Narziss, sei es aus Liebe oder aus Kalkül, insgeheim mein Herz zu erobern hoffen. Was ich bisher verachtet habe, will ich nun mit List angehen. Hola, man rufe Pallas!

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Quanto fido egli sia, quanto costante.

AGRIPPINA

Ah Pallante, Pallante!

PALLANTE

E perché mai

Agrippina sospira?

A toglier le tue pene

Vorrei esser bastante.

AGRIPPINA

Ah Pallante, Pallante!

È morto Claudio.

PALLANTE Claudio?

Ein Page holt Pallas. Mögen List und Tücke mir in diesem Augenblick beistehen.

Ihr Gesicht nimmt einen schwermütigen Ausdruck an.

3. SZENE

PALLAS

Auf einen Wink von Euch ist hier der treue Pallas. Ihr kennt mein Herz, es fügt sich Euren Wünschen, und Ihr wisst, wie treu und standhaft es ist.

AGRIPPINA

Ach Pallas, Pallas!

PALLAS

Was seufzt denn Agrippina so? Ich wünschte, ich könnte Euren Kummer lindern.

AGRIPPINA

Ach Pallas, Pallas! Claudius ist tot.

PALLAS Claudius?

Programmheft AGRIPPINA

Dramma per musica in drei Akten von Georg Friedrich Händel Premiere am 2. März 2025, Spielzeit 2024/25

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Herausgeber Opernhaus Zürich Intendant Andreas Homoki Zusammenstellung, Redaktion Kathrin Brunner Layout, Grafische Gestaltung Carole Bolli Anzeigenverkauf Opernhaus Zürich, Marketing Telefon 044 268 66 33, inserate@opernhaus.ch Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Fineprint AG

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Textnachweise:

Die Inhaltsangabe, das Interview mit Jetske Mijnssen und Harry Bicket sowie die Artikel von Birgit Schönau und Silke Leopold sind Originalbeiträge für dieses Heft. – Thomas Kornbichler, «Das Streben nach Macht», aus: Die Sucht, ganz oben zu sein, Frankfurt a. M. 1996. – Niccolò Machiavelli: Il Principe, Stuttgart o. J. – Zeitungsartikel Rupert Murdoch, dpa 11.12.2024.

Bildnachweise:

Monika Rittershaus fotografierte das «Agrippina»-Ensemble während der Klavierhauptprobe am 22. Februar 2025.

Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.

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