Programmbuch

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Die Frau ohne Schatten Richard Strauss


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Die Handlung Vorgeschichte: Die Tochter des Geisterfürsten Keikobad kann sich in verschiedene Tiere verwandeln. Deshalb hat es di Amme schwer, über sie zu wachen. Ausserdem fühlt sich die Feentochter zu den Menschen hingezogen. Eines Tages begegnet sie in der Gestalt einer weissen Gazelle dem Kaiser der südöstlichen Insel, der auf der Jagd zu den sieben Mondbergen vorgedrungen ist. Sein roter Jagdfalke bedeckt der Gazelle die Augen, so dass der Kaiser sie mit einem Pfeil verletzen kann. In höchster Bedrängnis verwandelt sie sicher in ein junges, schönen Weib. Der Kaiser verliebt sich sofort in sie und macht sie zu seiner Frau. Er hält sie jedoch von den Menschen fern. Die Nächte verbringt er mit ihr, tagsüber geht er auf die Jagd und überlässt die Kaiserin der Obhut der Amme. Die Kaiserin hat die Gabe, Tiergestalt annehmen zu können, verloren. Sie ist jedoch noch nicht ganz Mensch geworden: sie hat bisher kein Kind empfangen und wirft keinen Schatten.

Erster Akt 1. Szene: Wie jeden Monat erscheint ein Bote aus dem Geisterreich und fragt die Amme insgeheim, ob die Kaiserin einen Schatten wirft. Es ist der zwölfte Bote; er verkündet der Amme, dass die Kaiserin, wenn sie nach Ablauf von drei Tagen immer noch ohne Schatten ist, ins Geisterreich zurückkehren muss, der Kaiser aber versteinern wird. Der Kaiser geht auf die Jagd. Er will seinen roten Falken suchen, den er in der Erregung der ersten Begegnung mit seiner Frau mit einem Dolch verletzt und vertrieben hatte. Als die Kaiserin erwacht, erscheint der Falke und gemahnt an den Fluch, den die Kaiserin von einem Talisman kennt, jedoch vergessen hatte:Wirft sie nach Ablauf eines Jahres keinen Schatten, wird ihrMann zu Stein. Die Kaiserin bestürmt die Amme, ihr zu einem Schatten zu verhelfen. Widerwillig verrät die Amme, wo ein Schatten zu bekommen wäre: Bei den Menschen, die der Amme verhasst sind. 2. Szene: Der Färber Barak ernährt nicht nur seine junge Frau, eine Waise, die er aus der Armut erlöst hat, sondern auch seine missgestalteten drei Brüder und die Bettelkinder aus der Nachbarschaft, denen er Arbeit gibt. Nichts wünscht er sich sehnlicher als eigene Kinder, die die Färberin jedoch bisher nicht empfangen hat. In Baraks Abwesenheit schleichen sich die Amme und die Kaiserin bei ihr als Dienerinnen ein. Der Amme gelingt es, die Färbersfrau, der sie Reichtümer und erotische Abenteuer leibhaftig vor Augen stellt, zu überreden, einen Handel einzugehen: Wenn sie künftiger Mutterschaft abschwört und damit ihren Schatten preisgibt, werden sich ihre Wunschträume erfüllen. Die Färberin willigt in den Pakt. Ihr Bett wird von dem ihres Mannes geschieden. Damit bei dessen Rückkehr vom Markt das Abendessen fertig ist, zaubert die Amme mit Hilfe eines dienstbaren Geistes fünf Fische auf den Herd. Aus ihnen erklingen auf einmal die klagenden Hilferufe der ungeborenen Kinder der Färberin, denen der Weg in die Welt versperrt zu werden droht. Amme und Kaiserin verschwinden. Als Barak eintritt, muss er zur Kenntnis nehmen, dass seine Frau von nun an getrennt von ihm schlafen will und zwei Dienerinnen angenommen hat. Er geht zu Bett, während die Wächter der Stadt die Gattenliebe als die Brücke, auf der die Toten wiederum ins Leben gehen, preisen.


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Zweiter Akt 1. Szene: Tags darauf wartet die Amme, bis Barak mit seiner Ware aus dem Haus geht. Dann lässt sie von Neuem das Trugbild eines Jünglings erscheinen, von dem die Färberin insgeheim träumt. Die Kaiserin spürt, dass Barak bald heimkehren wird, und die Amme lässt den Spuk schnell wieder verschwinden. Barak hat zusammen mit seinen Brüdern gross eingekauft und die Kinder aus der gesamten Nachbarschaft zu einemFestmahl geladen. Ohnmächtig versucht die Färberin, gegen die Feierstimmung aufzubegehren. 2. Szene: Der Kaiser ist dem Falken nachts zum Falknerpavillon gefolgt. Die Kaiserin hatte ihrem Mann geschrieben, sie werde für drei Tage und Nächte dort sein. Nun beobachtet er, wie Kaiserin und Amme sich heimlich in den Pavillon schleichen; am Geruch ihrer Gewänder erkennt der Kaiser, dass sie bei den Menschen waren. Er fühlt sich hintergangen und will die Kaiserin töten, vermag es jedoch nicht. Verzweifelt folgt er dem Falken, der ihn noch an einen anderen Ort zu führen scheint. 3. Szene: Am Morgen des folgenden Tages gibt die Amme Barak heimlich einen Zaubertrunk, der ihn in Schlaf versetzt. Die Färberin erschrickt zunächst, lässt sich jedoch dann wieder von der Amme in das Gaukelspiel um den begehrten Jüngling hineinziehen. Als ihr Verlangen so stark wird, dass sie schon bereit ist, sich dem Fremden hinzugeben, schreckt sie im letzten Augenblick zurück und weckt ihren schlafenden Mann. Dieser taumelt hoch, greift nach einem Hammer als Waffe gegen die vermeintlichen Einbrecher und zerbricht dabei einen Mörser. Die Angst der Färberin schlägt in Zorn auf ihren Mann um, der nicht begreift, was seine Frau so aufbringt. Sie geht mit der Amme aus; nur die Kaiserin bleibt bei Barak, dessen – von ihr mitverursachtes – Leid sie rührt. 4. Szene: Nachts im Falknerpavillon wird die Kaiserin von Gewissensbissen gegenüber Barak gequält. In einer Vision steht ihr auch das Schicksal ihresMannes vor Augen, der zu Stein wird. Der Handel um den Schatten wird entweder ihn oder das Färberpaar ins Unglück stürzen. 5. Szene: Der dritte Tag geht zu Ende. Unnatürliche Dunkelheit herrscht im Färberhaus. Die Färberin steigert sich in eine wilde Rede hinein und bezichtigt sich selbst der Untreue gegenüber ihrem Gatten. Die ungeborenen Kinder tut sie von sich ab und verkündet, sie habe ihren Schatten verkauft. Die Amme hat ihr Spiel gewonnen; die Kaiserin zögert jedoch, den Schatten an sich zu reissen. Barak gerät in ungeheure Wut, als er feststellen muss, dass seine Frau keinen Schatten wirft. Er will sie töten. Die Brüder können ihn nicht halten. Da wirft sich die Kaiserin dazwischen; sie will keinen Schatten, an dem Blut klebt. Die Färberin, die ihren Mann noch nie so gesehen hat, gibt ihre Lüge zu: den Ehebruch hat sie nicht begangen, den Schatten jedoch hat sie verwirkt. Sie liefert sich Barak aus. Da werden übernatürliche Mächte wirksam: das Färberhaus wird zerstört, und alle werden verschlungen.


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Dritter Akt Alle fünf sind ins Geisterreich verschlagen worden. Dort irren Barak und die Färbersfrau umher, ohne sich gegenseitig hören oder sehen zu können. Beide fühlen Reue und Liebe: die Färberin bekennt sich zum ersten Mal zu ihrem Mann, dessen Verzeihung sie ersehnt; Barak leidet darunter, die ihm anvertraute Frau mit dem Tode bedroht zu haben, anstatt sie zu beschützen. Die Amme und die Kaiserin gelangen zum Eingang eines Tempels, dem Ort des Wassers des Lebens und zugleich der Schwelle des Todes. Die Amme fürchtet Keikobads Zorn, da sich seine Tochter mit den Menschen eingelassen hat. Die Kaiserin fühlt, dass sich mit dem bevorstehenden Urteil nicht nur ihr Schicksal, sondern auch das ihres Mannes und der Färbersleute entscheiden wird. Sie sagt sich von der Amme los und bekennt sich zu den Menschen. Die Amme ruft Keikobads Namen. Der Geisterbote erscheint und verkündet ihr, sie müsse fortan unter den Menschen leben, die sie so sehr hasst. Die Kaiserin trifft auf das goldene Wasser des Lebens. Ein Hüter der Schwelle fordert sie auf, davon zu trinken, dann gehöre der Schatten der Färberin ihr. Von ferne hört man die verzweifelten Stimmen von Barak und seiner Frau. Die Kaiserin weigert sich zu trinken und begehrt, von ihrem Vater gerichtet zu werden. Statt Keikobad wird der Kaiser sichtbar; er ist, bis auf die Augen, zu Stein geworden. Zum zweiten Mal fordert der Hüter der Schwelle sie auf, den Schatten der Färberin in Besitz zu nehmen; dann werde der Kaiser gerettet.Wieder hört man die Stimmen von Barak und seiner Frau. Die Kaiserin weist den Schatten endgültig zurück. Damit hat sie die Prüfungen bestanden: Gerade durch ihreWeigerung ist der Kaiser erlöst. Die Stimmen der Ungeborenen erklingen. Barak und seine Frau finden sich, verzeihen einander und versichern sich gegenseitig ihrer Liebe. Die Angst aller weicht allgemeinem Jubel.


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